FG Düsseldorf, Urteil vom 10.04.2003 - 11 K 678/99 E
Fundstelle
openJur 2011, 22720
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht die von den Klägern erklärten negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht bei der Steuerfestsetzung für die Streitjahre berücksichtigt. Denn die Kläger haben keine Einkünfte i. S. d. § 21 Abs. 1 i. V. m. Abs.2 EStG erzielt.

Grundsätzlich ist für alle steuerrechtlich relevanten Einkunftsarten die Gewinnerzielungsabsicht, d. h. die Absicht, einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erzielen zu wollen, desjenigen erforderlich, der behauptet, Einkünfte aus einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen. Dieser Grundsatz gilt auch für die in § 21 Abs. 1 EStG geregelten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, allerdings mit der sich aus § 21 Abs. 2 EStG ergebenden Einschränkung, wonach bei einer Nutzungsüberlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken diese in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist, wenn das Entgelt für die Wohnungsüberlassung weniger als 50% der ortsüblichen Marktmiete beträgt. Der unentgeltliche Teil der Nutzungsüberlassung soll dann nicht steuerbar sein. Aber auch hinsichtlich des entgeltlichen Teils des Rechtsgeschäfts soll die Einkunftserzielungsabsicht bei Anwendung des § 21 Abs. 2 EStG regelmäßig nicht geprüft werden (vgl. Heuermann, DB 2003, 112 m.N.d. Rechtsprechung des BFH; vgl. auch BFH Urteil vom 05.11.2002 IX R 48/01, DStR 2003,73-76, wonach bei einer erzielten ortsüblichen Markmiete zwischen 50% und 75% die Einkunftserzielungsabsicht grundsätzlich zu überprüfen ist.)

Unabhängig davon setzt die Anwendung des § 21 Abs. 2 EStG jedoch immer voraus, dass es sich um einen Fall handelt, in dem eine Wohnung zu grundsätzlich marktgerechten Bedingungen zu Wohnzwecken überlassen wird. Dies bedeutet, dass der Eigentümer (Vermieter) sich bei der Nutzung seiner Wohnung durch einen Dritten (Mieter) an der "ortsüblichen Marktmiete" orientiert. Die Marktmiete - und nicht die Kostenmiete - als Richtwert für die nach 21 Abs.2 EStG erforderlichen Unterscheidungen besagt, dass der Gesetzgeber § 21 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht als reine Subventionsnorm verstanden wissen will.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist § 21 Abs. 2 EStG im Streitfall nicht anwendbar, weil durch die fragliche Nutzungsüberlassung weder eine marktübliche Wohnung betroffen ist, noch die Bedingungen der Nutzungsüberlassung marktüblichen Gegebenheiten bzw. normtypischem Verhalten entsprechen: Die Kläger haben ihrem Sohn und dessen Ehefrau ein Einfamilienhaus mit mehr als 300 m² Wohnfläche (ohne Berücksichtigung der Flächen für Terrasse und der mitvermieteten 85 m² großen Schwimmhalle) einschließlich einer Einbauküche im Werte von mindestens 108.000 DM überlassen, dessen Herstellungs- und Ausstattungskosten sich auf mehr als 1,6 Mio. DM beliefen. Die vom Betriebsprüfer für dieses Objekt errechnete Kostenmiete von 18.000 DM monatlich ist unstreitig am Markt nicht zu erzielen. Auch die außerordentliche Differenz zwischen dieser Kostenmiete und der vom Betriebsprüfer ermittelten marktüblichen Miete i. H. v. 4.043 DM monatlich bestätigt, dass es sich hier um eine Nutzungsüberlassung ohne jeden Bezug zu marktgerechtem, normtypischen Verhalten handelt.

Ferner belegen die übrigen Regelungen in dem von den Klägern als Mietvertrag bezeichneten Vertrag, dass hier eine Nutzungsüberlassung zu Ausnahmebedingungen geregelt werden sollte: Der Mietvertrag wurde zwei Jahre vor Bezugsfertigkeit zu Bedingungen geschlossen, die auf 15 Jahre festgeschrieben wurden, mit der Verlängerungsmöglichkeit um jeweils 10 Jahre ohne Anpassung der Mietzahlungen. Die festgelegte Mietzahlung mit 1.500 DM ohne ausdrückliche Regelung der bei einem Objekt dieser Art erheblichen Nebenkosten, einer Mietzahlung also, die gerade die monatlichen, vom Betriebsprüfer für die Streitjahre mit 1.272 DM für die Streitjahre ermittelten, tatsächlichen Betriebskosten übersteigt.

Somit ist im Streitfalle kein im Sinne des § 21 Abs. 2 EStG normtypischer Fall gegeben mit der Folge, dass eine Anwendung dieser Vorschrift nicht in Betracht kommt.

Ist aber die durch § 21 Abs. 2 EStG normierte Einschränkung der Gewinnerzielungsabsicht im Zusammenhang mit der Nutzungsüberlassung von Wohnungen zu Wohnzwecken für den Streitfall nicht anwendbar, gelten die Grundsätze des § 21 Abs. 1 EStG uneingeschränkt mit der Folge, dass bei der Nutzungsüberlassung des Einfamilienhauses die Gewinnerzielungsabsicht zu prüfen ist, wenn negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung steuerlich geltend gemacht werden. Eine Gewinnerzielungsabsicht liegt im Streitfall nicht vor, weil unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen und Berechnungen unter keinen Umständen, auch auf sehr lange Sicht nicht, mit einem Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten gerechnet werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 FGO zugelassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Regelung des § 21 Abs. 2 EStG und sogenannten nicht normtypischen Mietverhältnissen eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erforderlich erscheinen lässt.

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