LG Bonn, Urteil vom 17.04.2002 - 1 O 370/01
Fundstelle
openJur 2011, 19167
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der E Bank, unter dem 30.07.1993 einen Darlehensvertrag über 210.000,00 DM zur Finanzierung des Erwerbs eines Einfamilienhauses in M/H. Das Darlehen war durch Eintragung eines Grundpfandrechts auf dem zu erwerbenden Objekt abgesichert und nach den Vertragsbedingungen bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist bis 30.09.2003 nicht kündbar.

Zusammen mit dem Darlehensvertrag erhielt der Kläger eine "Belehrung über das Widerrufsrecht nach dem Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften", die folgenden Wortlaut hat:

"Der Darlehensnehmer ist berechtigt, seine auf den Abschluss des oben bezeichneten Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen einer Frist von einer Woche, gerechnet ab dem Wirksamwerden der auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Erklärung, frühestens mit Aushändigung dieser Widerrufsbelehrung schriftlich zu widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Willenserklärung. Ein etwaiger Widerruf ist an die E Bank ... zu richten."

Unter dem 05.01.1994 wurde der Vertrag hinsichtlich der Tilgungsvereinbarung sowie der Darlehenssicherung abgeändert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vom Kläger am 07.08.1993 unterzeichnete Widerrufsbelehrung (Bl. 79 d.A.) sowie die Änderungsvereinbarung vom 05.01.1994 (Bl. 77 f d.A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 25.02.1997 (Anlage B 1, Bl. 23 d.A.) wandte der Kläger sich an die E Bank und erklärte, das Darlehen vorzeitig zurückzahlen zu wollen, da er nunmehr entsprechende Rücklagen habe bilden können, und bat um Mitteilung, welche Beträge hierzu anzuweisen seien.

Die E Bank teilte mit Schreiben vom 04.03.1997 mit, dass eine vorzeitige Kündigung des Vertrages aufgrund der Zinsbindungsfrist nicht möglich sei, sie aber bereit sei, einer vorzeitigen Vertragsaufhebung zuzustimmen gegen Zahlung eines Ablöseentgelts, welches sie mit 25.091,06 DM bezifferte zuzüglich 126,50 DM Notargebühren und 150,00 DM Gebühr für grundbuchliche Erklärung. Unter dem 04.03./10.03.1994 trafen die Parteien eine entsprechende Vertragsaufhebungsvereinbarung (Bl. 6 d.A.) und der Kläger glich den angeforderten Betrag aus.

Im Hinblick auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.11.2000 (ZIP 2001, 20) zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, mit der der BGH seine bisherige Rechtsprechung zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung teilweise geändert hatte, verlangte der Kläger von der E Bank mit Schreiben vom 22.02.2001 eine Neuberechnung der Vorfälligkeitsentschädigung entsprechend der in diesem Urteil aufgestellten Grundsätzen.

Mit Schriftsatz vom 07.03.2002 erklärte er im Anschluss an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 13.12.2001 in der Rechtssache C-481/00 "I....." (ZIP 2002, 31) den Widerruf des Darlehensvertrages, der Änderungsvereinbarung sowie der Aufhebungsvereinbarung vom 10.03./04.03.1997. In dieser Entscheidung hatte der Europäische Gerichtshof auf eine Vorlage des Bundesgerichtshofs das Widerrufsrecht der Haustürgeschäfterichtlinie des Rates der EG (Richtlinie 85/577/EWG vom 20.12.1985, ABl. L 372, 31) auch auf grundpfandrechtlich gesicherte Kreditverträge (Realkredite) für anwendbar erklärt und gleichzeitig die Befristung des Widerrufsrechts bei unterbliebener Belehrung auf ein Jahr nach Abgabe der auf Abschluss des Vertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers (§ 7 Abs. 2 S. 3 Verbraucherkreditgesetz in der bis 30.09.2000 geltenden Fassung) als nicht im Einklang mit der Haustürgeschäfterichtlinie stehend angesehen.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet, das Vorfälligkeitsentgelt entsprechend der Grundsätze des BGH-Urteils vom 07.11.2000 neu zu berechnen und den Differenzbetrag an ihn auszukehren. Eine einvernehmliche Vertragsaufhebung liege nicht vor, da die Beklagte dem Kläger unmissverständlich mitgeteilt habe, dass sie bei Nichtunterschreiben der "Vereinbarung" einer vorzeitigen Vertragsaufhebung nicht zustimme, so dass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als auf die Bedingungen der Beklagten einzugehen, um das Darlehen vorzeitig abzulösen. Zu Verhandlungen sei die Beklagte nicht bereit gewesen. Der Kläger behauptet hierzu, Grund für die vorzeitige Rückführung des Darlehens sei gewesen, dass er im August 1996 eine Rechtsanwalts-Sozietät gegründet habe und von der Sozietät ein Objekt in H angeschafft worden sei. Aus diesem Grund habe es sehr wohl in seinem berechtigten Interesse gelegen, dafür Sorge zu tragen, dass das bei Beklagten finanzierte Objekt lastenfrei werde.

Hinsichtlich des Widerrufs behauptet der Kläger, sowohl der Darlehensvertrag, als auch die Änderungsvereinbarung und die Aufhebungsvereinbarungen seien von der Beklagten dem Kläger in seine Wohnung übersandt worden, wo er sie auch unterzeichnet habe. Daher finde das Haustürwiderrufsgesetz Anwendung. Nach der Rechtsprechung des EuGH in der "I....."- Entscheidung gelte das Widerrufsrecht nunmehr auch für Realkreditverträge und könne - sofern keine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht erfolgt sei - unbefristet ausgeübt werden. Er ist der Ansicht, die Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag genüge nicht den Anforderungen, da sich aus ihr nicht hinreichend deutlich ergebe, wann die Frist zu laufen beginne. Der Änderungsvertrag und die Aufhebungsvereinbarung hätten eine Widerrufsbelehrung nicht enthalten.

Der Kläger hat ursprünglich eine Neuberechnung des Vorfälligkeitsentgelts begehrt und beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, die mit Schreiben vom 04.03.1997 in Rechnung gestellte Vorfälligkeitsentschädigung entsprechend der Rechtsprechung des BGH neu zu berechnen, insbesondere indem als Wiederanlagezins die Rendite von Hypothekenpfandbriefen zugrunde gelegt werden,

2.

die Beklagte zu verurteilen, den sich aus der Neuberechnung gegenüber der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung ergebenden Differenzbetrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes vom 09.06.1998 seit dem 06.03.2001 zu zahlen.

Nunmehr verlangt er Rückzahlung der gesamten gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.828,85 EURO nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (30.01.2002) zu zahlen;

hilfsweise

a)

die Beklagte zu verurteilen, die mit Schreiben vom 04.03.1997 in Rechnung gestellte Vorfälligkeitsentschädigung entsprechend der Rechtsprechung des BGH neu zu berechnen, insbesondere indem als Wiederanlagezins die Rendite von Hypothekenpfandbriefen zugrunde gelegt werden;

und

b)

die Beklagte zu verurteilen, den sich aus der Neuberechnung gegenüber der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung ergebenden Differenzbetrag nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG vom 09.06.1998 seit dem 06.03.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie widerspricht der Klageänderung.

Im übrigen ist sie der Auffassung, die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gelte nicht für den Fall einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung und eines in diesem Zusammenhang vereinbarten Ablöseentgelts. Die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung sei aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen Vertragsaufhebungsvereinbarung erfolgt. Diese Vereinbarung habe nach wie vor Bestand. Dem Kläger habe auch kein Anspruch auf vorzeitige Vertragserfüllung zugestanden. Sie bestreitet den Vortrag des Klägers dazu, dass die Rückführung des Darlehens im Hinblick auf den Erwerb eines anderen Objektes erfolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen, wegen der vom Gericht erteilten Hinweise auf die Verfügung vom 10.01.2002 (Bl. 46 d.A.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.03.2002 (Bl. 80 d.A.).

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Klageänderung ist zulässig, da sie jedenfalls sachdienlich ist, § 263 ZPO. Denn der zugrunde liegende Tatsachenstoff ist im wesentlichen unverändert geblieben und kann ohne weiteres verwertet werden. Die Zulassung der Klageänderung führt auch nicht zu einer Verfahrensverzögerung.

Die Klage ist indes in der Sache nicht begründet. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Vorfälligkeitsentgelts noch ein Anspruch auf Neuberechnung des Vorfälligkeitsentgelts nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 07.11.2000 zu.

I.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Vorfälligkeitsentgelts von 25.091,06 DM, das entspricht der jetzigen Klageforderung von 12.828,85 EURO, aus § 812 Abs. 1 1. Alt. BGB oder § 3 Abs. 1 des Haustürwiderrufsgesetzes (HTWiG) in der bis zum 30.09.2000 geltenden Fassung zu.

1)

Ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB (Leistungskondiktion) besteht nicht, da die Zahlung des Vorfälligkeitsentgelts durch den Kläger nicht ohne Rechtsgrund erfolgt ist. Rechtsgrund für die Zahlung ist die Aufhebungsvereinbarung vom 04.03.1997.

Der Rechtsgrund fehlt nicht deshalb, weil nach Ziffer 5.1 der Finanzierungsbedingungen der Beklagten bei vorzeitiger Beendigung des Darlehensverhältnisses das Darlehen (lediglich) in Höhe des Nennbetrages zurückzuzahlen wäre. Hieraus ergibt sich schon nicht, dass auf das Darlehen keine Zinsen zu zahlen sind, sondern lediglich, dass nicht nur der Nettokreditbetrag, sondern der Nennbetrag zurückzuzahlen ist.

Unabhängig davon würde allein der Umstand, dass eine Vereinbarung von den AGB's der Beklagten abweicht noch nicht zur Nichtigkeit dieser Vereinbarung führen.

Die Vereinbarung ist auch nicht nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Gründe, die zur Sittenwidrigkeit führen, sind nicht ersichtlich. Eine Sittenwidrigkeit der Vereinbarung käme lediglich dann in Betracht, wenn das von der Beklagten geforderte Ablöseentgelt die ihr nach der Rechtsprechung zustehende Vorfälligkeitsentschädigung soweit übersteigen würde, dass ein krasses Missverhältnis vorläge. Hiervon kann nur dann ausgegangen werden, wenn entweder das geforderte Vorfälligkeitsentgelt die nach den Vorgaben der Rechtsprechung berechnete Vorfälligkeitsentschädigung um 100 % übersteigt (Bruchner, in: Schimansky u.a., Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 78 Rdnr. 122) oder jedenfalls eine erhebliche Überschreitung vorliegt und weitere, subjektive Momente hinzukommen, da insgesamt die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung zu begründen vermögen (Rösler/Wimmer, Zahlungsverpflichtungen bei vorzeitiger Beendigung von Darlehensverträgen, WM 2000, 164, 167). Für beide Fallgruppen sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Dem Gericht ist aus anderen Verfahren bekannt, dass der Unterschied in den Berechnungsmethoden nicht so hoch ist, dass sich hieraus eine Überschreitung von 100 % ergäbe. Auch eine nur erhebliche Überhöhung des geforderten Ablöseentgelts ist nicht ersichtlich; unabhängig davon fehlt es aber auch an subjektiven Elementen der Sittenwidrigkeit. Denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das verlangte Vorfälligkeitsentgelt nicht der damaligen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zumindest im wesentlichen entsprochen hat.

2)

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Rückzahlung des Vorfälligkeitsentgelts aus § 3 HTWiG a.F. zu. Nach dieser Vorschrift ist im Falle eines wirksamen Widerrufs des Vertrages jeder Teil verpflichtet, dem anderen Teil die empfangenen Leistungen zurück zu gewähren (jetzt §§ 357 Abs. 1, 346 BGB). Dieser Anspruch besteht nicht, da der Kläger weder den Darlehensvertrag noch die Aufhebungsvereinbarung wirksam widerrufen hat.

Allerdings ist nach der "I....."-Entscheidung des EuGH vom 13.12.2001 (WM 2001, 2434) und der im Anschluß hierzu ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09.04.2002 (XI ZR 91/99) davon auszugehen, dass auch bei einem grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen entgegen § 3 Abs. 2 Ziffer 2 des Verbraucherkreditgesetzes (VerbrKrG) in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung das Widerrufsrecht nach § 2 HTWiG gilt und für dieses Widerrufsrecht auch nicht die Befristung des § 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG a.F. von einem Jahr nach Abgabe der auf den Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung Anwendung findet. Denn diese Beschränkungen des Widerrufsrechts nach dem Haustürwiderrufsgesetz widersprechen den geltenden EG-Vorschriften, nämlich der Haustürgeschäfterichtlinie vom 20.12.1985 (Richtlinie 85/557 EWG, Amtsblatt L 372, S. 31).

Das Widerrufsrecht ist aber ausgeschlossen, weil der Widerruf nicht rechtzeitig erfolgt ist.

Der Widerruf des ursprünglichen Darlehensvertrages ist schon deshalb unwirksam, weil er nicht innerhalb der Widerrufsfrist von einer Woche erklärt wurde. Der Kläger ist bei Abschluss des Kreditvertrages hinreichend gem. § 2 HTWiG in der bis 30.09.2000 geltenden Fassung über sein Widerrufsrecht belehrt worden. Zusammen mit dem Vertrag hat der Kläger unstreitig eine Belehrung über das Widerrufsrecht nach dem Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften erhalten und unterzeichnet. Die schriftliche Belehrung entspricht auch den Anforderungen des § 2 Abs. 1 S. 2 HTWiG a.F., da Lauf und Beginn der Frist dort hinreichend angegeben sind.

Die Widerrufsfrist für den Verbraucher beginnt nach § 1 HTWiG a.F. mit Aushändigung der Belehrung an den Kunden, aber nicht vor Wirksamwerden seiner auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung, d.h. mit Zugang seiner Vertragserklärung beim Vertragspartner (Palandt-Putzo, BGB, 59. Aufl., § 2 HTWiG Rdnr. 3). Genau diese Erläuterung des Fristbeginns enthält auch die dem Kläger übersandte und von ihm unterzeichnete Belehrung über das Widerrufsrecht. Aus dem Zusammenhang ergibt sich hinreichend deutlich, dass mit der "auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Erklärung" die entsprechende Erklärung des Kunden, mithin des Klägers gemeint ist.

Der Widerruf der Änderungsvereinbarung sowie der Vertragsaufhebungsvereinbarung würde nicht zu einem Anspruch auf Rückzahlung des Vorfälligkeitsentgelts führen, sondern zum Wideraufleben des ursprünglichen Darlehensvertrages.

Letztlich kann aber dahinstehen, ob die Belehrung ausreichend und ob für den Änderungsvertrag und die Aufhebungsvereinbarung eine erneute Widerrufsbelehrung erforderlich waren. Denn auch bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung besteht kein Widerrufsrecht des Klägers mehr. Nach § 2 Abs. 1 S. 4 HTWiG a.F., welcher auf die seinerzeit geschlossenen Verträge anwendbar ist, erlischt das Widerrufsrecht des Kunden bei unterlassener Belehrung einen Monat nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung. Diese Frist ist verstrichen. Mit Abschluss der Aufhebungsvereinbarung und Zahlung des Vorfälligkeitsentgelts durch den Kläger war der Darlehensvertrag vollständig abgewickelt.

Es kann auch dahinstehen, ob diese Regelung, wonach das Widerrufsrechts einen Monat nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung erlischt, mit EG-Recht, nämlich der Haustürgeschäfterichtlinie vereinbar ist (hierzu Hoffmann, Realkredite im europäischen Verbraucherschutzrecht, ZIP 2002, 145, 150). Denn auch wenn die Vorschrift EG-Recht widerspräche wäre sie deshalb noch nicht unwirksam. Die Richtlinie entfaltet im Verhältnis zwischen Privaten keine unmittelbare Wirkung, sondern bedarf der Umsetzung durch den Mitgliedstaat in nationales Recht. Das ergibt sich aus Art. 249 Abs. 3 des EG-Vertrages (EGV), wonach die Richtlinie hinsichtlich des zu erreichenden Ziels für jeden Mitgliedstaat verbindlich ist, den innerstaatlichen Stellen indes die Wahl der Form und der Mittel zur Erreichung dieses Ziels überlassen bleibt.

Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 2 HTWiG a.F. kommt angesichts des klaren Wortlauts dieser Vorschrift nicht in Betracht. Bei einem Widerspruch zwischen nationalem und Gemeinschaftsrecht ist grundsätzlich die Auslegung zu wählen, die dem Gemeinschaftsrecht entspricht (richtlinienkonforme Auslegung). Die nationalen Gerichte sind als Träger öffentlicher Gewalt nach Art. 10 EGV dazu verpflichtet, ihre Auslegung des nationalen Rechts soweit wie möglich an Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise der Verpflichtung aus Art. 249 Abs. 3 EG-Vertrag - wonach die EG-Richtlinien für die Mitgliedstaaten verbindlich und von ihnen umzusetzen sind - nachzukommen. Allerdings ist eine Auslegung, die die aus dem nationalen Recht folgenden Schranken übersteigt, auch gemeinschaftsrechtlich nicht gefordert. Davon betroffen ist insbesondere eine den Gesetzeswortlaut übersteigende Rechtsfortbildung (Habersack/Mayer, Der Widerruf von Haustürgeschäften nach der "I......"-Entscheidung des EuGH, WM 2002, 253, 258). Die Befristung des Widerrufsrechts nach § 2 HTWiG ist ihrem Wortlaut nach eindeutig und nicht auslegungsfähig, so dass auch bei einem angenommenen Verstoß gegen EG-Recht kein Widerrufsrecht des Klägers besteht (ebenso Hoffmann, aaO, ZIP 150).

II.

Die Hilfsanträge sind ebenfalls nicht begründet.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Neuberechnung des Vorfälligkeitsentgelts aufgrund der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage oder aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB zu. Durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.11.2000 sind weder der Rechtsgrund noch die Geschäftsgrundlage für das zwischen den Parteien vereinbarte Vorfälligkeitsentgelt entfallen.

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung betrifft nur den Fall, dass der Bank ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch zusteht, der (lediglich) die der Bank durch die vorzeitige Beendigung des Kreditvertrages tatsächlich entstehenden Nachteile ausgleichen soll. Sie gilt aber nicht für eine einvernehmliche Vertragsaufhebung gegen Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts. Der Rechtsgrund für die Zahlung des vereinbarten Vorfälligkeitsentgelts ist nicht bereits dadurch weggefallen, dass der BGH zur Berechnung des Schadens der Bank aus einer vorzeitigen Vertragsbeendigung nunmehr neue Grundsätze aufgestellt hat (ebenso: Rösler/Wimmer, Zahlungsverpflichtungen und Zahlungsströme bei vorzeitiger Beendigung von Darlehensverträgen, WM 2000, 164, 166, 167; Häuser, in: Schimansky u.a., Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 83 Rdnr. 161).

Demgegenüber kann der Kläger sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte zu einer Verhandlung über die Höhe des Vorfälligkeitsentgelts nicht bereit gewesen wäre. Denn dies ändert nichts daran, dass es die freie Entscheidung des Klägers war, ob er die Aufhebungsvereinbarung abschließt oder an dem ursprünglichen Vertrag festhält.

Der Kläger kann sich ferner nicht darauf berufen, dass ihm auch ein Recht auf Einwilligung zur vorzeitigen Ablösung des Darlehens zugestanden habe.

In den Fällen, in denen der Kunde ein berechtigtes Interesse an einer vorzeitigen Darlehnsaufhebung und einen Anspruch auf Einwilligung in eine vorzeitige Kreditablösung gegen Zahlung einer angemessenen Vorfälligkeitsentschädigung hat, ist die Bank auch lediglich berechtigt, eine Entschädigung in Höhe des ihr tatsächlich entstehenden Nachteils zu verlangen (BGH; NJW 1997, 2875, 2878; Bruchner, in: Schimansky u.a., aaO, § 78 Rdnr. 121). In derartigen Fällen kann ein Anspruch auf Rückzahlung des darüber hinausgehend verlangten Entgelts nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung in Frage kommen (Bruchner, in: Schimansky, aaO).

Voraussetzung für einen solchen Anspruch auf vorzeitige Vertragsaufhebung und damit auch einen entsprechenden Bereicherungsanspruch bei Verlangen eines überhöhten Vorfälligkeitsentgelts ist aber, dass der Kunde ein berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Ablösung des Kredits hat, welches die Interessen der Bank an der vertragsgemäßen Fortsetzung des Darlehensverhältnisses überwiegt. Dies ist nach der Rechtsprechung des BGH der Fall, wenn das Festhalten am Darlehensvertrag den Verkauf oder die sonstige Verwertung des Grundpfandobjektes faktisch unmöglich machen würde und dies einen Eingriff in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Kreditnehmers zur Folge hätte. Einen solchen wichtigen Grund, der zu einer vorzeitigen Ablösung des Darlehens berechtigen würde, hat der Kläger indes nicht dargelegt. Allein der Umstand, dass für die neu gegründete Anwaltssozietät ein weiteres Objekt angeschafft worden ist, führt noch nicht dazu, dass dem Kläger ein Festhalten an der ursprünglich mit der Beklagten getroffenen Darlehensvereinbarung nicht mehr zumutbar gewesen wäre oder er durch das Festhalten an dieser Vereinbarung in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit unzumutbar beeinträchtigt worden wäre. Es ist nicht erkennbar, inwieweit die Aufrechterhaltung des Vertrages und die Beibehaltung der zugunsten der Beklagten bestellten Grundpfandrechte die Gründung der Sozietät und die Anschaffung eines weiteren Grundstücks durch die Sozietät in Frage gestellt hätten. Unabhängig davon hat der Kläger gegenüber der Beklagten nicht zu erkennen gegeben, dass ihm ein wichtiger Grund zustehe, sondern er hat ohne sich auf ein Recht zur vorzeitigen Vertragsaufhebung zu berufen eine entsprechende Vereinbarung mit der Beklagten getroffen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 25.091,06 DM/12.828,85 EUR