LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.09.2016 - L 4 R 2218/15
Fundstelle
openJur 2016, 10015
  • Rkr:

Juristische Personen (hier: Unternehmergesellschaft - UG) können nicht abhängig beschäftigt im Sinne des Sozialversicherungsrechts sein.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 20. April 2015 abgeändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2012 wird aufgehoben, soweit darin festgestellt wird, dass die Tätigkeit des Beigeladenen bei der Klägerin auch über den 5. Februar 2012 hinaus im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird und über den 5. Februar 2012 hinaus Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen bei der Klägerin zwischen dem 6. Februar und dem 5. November 2012 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und in diesem Zeitraum keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund abhängiger Beschäftigung bestand.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen tragen die Klägerin zu drei Vierteln und die Beklagte zu einen Viertel.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf EUR 5.000,00 festgesetzt.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft den sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin zwischen dem 9. März 2010 und dem 5. November 2012.

Die Klägerin erbringt ingenieurtechnische Dienstleistungen auf dem Gebiet der technischen Gebäudeausrüstung. Davon umfasst sind die Inbetriebnahme, Funktionsprüfung und Regulierung aller Komponenten der Klimatechnik, Wärme- und Kälteversorgung. Zu den Dienstleistungen gehört auch das technische Gebäudemanagement einschließlich Wartung.

Der Beigeladene ist am 1960 geboren. Er ist Elektromeister und Inhaber der Firma „E. [Beigeladener], Fernmelde und Netzwerktechnik“. Diese Firma ist seit dem 6. Februar 2012 als Unternehmergesellschaft (UG) in das Handelsregister eingetragen. Der Beigeladene ist Alleingesellschafter der UG.

Vom 9. März 2010 bis zum 5. November 2012 war der Beigeladene als Fernmelde- und Netzwerktechniker für die Klägerin tätig. Grundlage war ein „Rahmen-Werkvertrag“ (im Folgenden Rahmenvertrag) zwischen der als Auftraggeberin bezeichneten Klägerin und dem als Auftragnehmerin bezeichneten Beigeladenen, der unter anderem folgenden Wortlaut hatte:

§ 1 Vertragsgegenstand

(1) Die Auftragnehmerin verpflichtet sich, für die Auftraggeberin folgende Werkleistungen auf Abruf durchzuführen:

- Inbetriebnahme und Einregulierung von haustechnischen Anlagen

(2) Der Auftragnehmerin wird der für die Durchführung dieses Rahmen-Werkvertrages maßgebliche Leistungsort und die hiermit verbundenen technischen Einzelheiten im Abruf bekannt gegeben. Die Auftraggeberin stellt der Auftragnehmerin alle zur Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen Informationen, Hilfsmittel und Unterlagen zur Verfügung. Im Übrigen ist die Gestellung von Werkzeugen, Messgeräten etc. Angelegenheit der Auftragnehmerin.

(3) Die Auftragnehmerin hat für die Durchführung der in Absatz (1) beschriebenen Tätigkeit bis zur Beendigung des Abrufes fortwährend mindestens einen Mitarbeiter abzustellen.

(4) Die Auftragnehmerin ist im Übrigen hinsichtlich der Art der Durchführung des ihr erteilten Auftrags frei. Sie unterliegt keinen Weisungen seitens der Auftraggeberin.

§ 2 Dauer, Tätigkeitszeitraum

(1) Das Vertragsverhältnis für den Abruf endet mit der vollständigen Erledigung der der Auftragnehmerin übertragenen Tätigkeiten.Die Kündigung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Die Auftraggeberin ist zu einer außerordentlichen Kündigung insbesondere dann berechtigt, wenn die Auftragnehmerin ihre Pflichten nach §§ 4 und 5 dieses Vertrages nachhaltig verletzt.

(2) Die mit diesem Rahmen-Werkvertrag übertragenen Leistungen sind auftragsspezifisch zu erbringen entsprechend Termin- und Qualitätsvorgaben der Auftraggeberin.

§ 3 Vergütung, Rechnungsstellung

(1) Im Hinblick auf die Besonderheiten des Auftrags vereinbaren die Vertragspartner eine Vergütung auf Zeitbasis. Die Vergütung beträgt EUR 30,00 pro bestätigter Arbeitsstunde während der Tätigkeit der Auftragnehmerin. Sämtliche Nebenkosten wie Fahrtkosten, Kosten für Unterbringung, Versicherung, etc. sind mit der Vergütung nach Satz 1 abgegolten.

(2) Die in Absatz (1) festgelegte Vergütung versteht sich exklusive Mehrwertsteuer. Soweit Mehrwertsteuer anfällt[,] wird die Auftragnehmerin diese gesondert in Rechnung stellen. Die Auftragnehmerin übergibt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung sowie eine Freistellungsbescheinigung zum Steuerabzug bei Bauleistungen gemäß §48b Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) des für sie zuständigen Finanzamtes.

(3) Die Auftragnehmerin erstellt im Hinblick auf die Rechenschaftspflicht der Auftraggeberin zeitnah Tätigkeits- und Stundennachweise über die von ihr erbrachten Leistungen. Diese sind wöchentlich im Nachhinein zu übergeben und werden nach Abzeichnung durch einen Geschäftsführer der Auftraggeberin für die Vertragspartner verbindlich.

(4) Die Abrechnung durch die Auftragnehmerin erfolgt im Turnus von jeweils zwei Wochen, Die Vergütung ist 30 Kalendertage nach Eingang der Rechnung bei der Auftraggeberin zur Zahlung fällig. Für vorfristige Zahlungen bis 21 Tage nach Rechnungseingang wird ein Skonto von 3 Prozent zur Rechnungssumme vereinbart.

§ 4 Ausführung der Werkleistungen

(1) Die nach diesem Rahmenwerkvertrag von der Auftragnehmerin geschuldeten Werkleistungen sind nach den einschlägigen technischen und rechtlichen Fachvorschriften (DIN-, VDE-, VDIA/DMA-Normen etc.) durchzuführen. Im Einzelfall bzw. in Zweifelsfällen sind rechtzeitig Absprachen mit der Auftraggeberin vorzunehmen, um die Sicherheit und Betriebsbereitschaft der betroffenen Anlagen bzw. Gebäudeteile zu gewährleisten, Die Auftragnehmerin verpflichtet sich ausdrücklich zur Einhaltung und Überwachung der einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften.

(2) Die Auftragnehmerin sichert darüber hinaus zu, alle von ihr zu erbringenden Werkleistungen nach dem aktuellen Stand der Technik auszuführen.

(3) Erkennt die Auftragnehmerin in Ausführung der von ihr zu erbringenden Werkleistungen weiterführende Mängel oder Schäden oder drohen nach Erkenntnis der Auftragnehmerin derartige Mängel oder Schäden, hat sie sich unverzüglich mit der Auftraggeberin ins Benehmen zu setzen, damit die Auftraggeberin in die Lage versetzt wird, die erforderlichen Schritte zeitnah einzuleiten.

§ 5 Gewährleistung

(1) Die Auftragnehmerin verpflichtet sich, die in § 4 Absatz (1) aufgeführten technischen Standards in Ausführung ihrer Werkleistung einzuhalten sowie die Werkleistungen in Einklang mit dem aktuellen Stand der Technik zu erbringen.

(2) Die Auftragnehmerin ist verpflichtet, der Auftraggeberin einen Mangel ihrer eigenen Leistungsbringung oder des durch sie verwendeten Materials unverzüglich in schriftlicher Form anzuzeigen.

(3) Sind Werkleistungen der Auftragnehmerin mangelhaft, hat die Auftragnehmerin diese Mängel unverzüglich im Wege der Nacherfüllung zu beseitigen oder, falls dies nach Art der Leistung nicht möglich sein sollte, die Werkleistung nochmals mangelfrei zu erbringen. Nach fruchtlosem Ablauf einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung ist die Auftraggeberin berechtigt, den Mangel selbst oder durch einen Dritten beseitigen zu lassen und der Auftragnehmerin die hierdurch entstandenen Kosten in Rechnung zu stellen.

(4) Ist in den in Abs. (3) dargelegten Fällen die durch die Auftraggeberin gesetzte Nachfrist fruchtlos verstrichen, ist die Auftraggeberin befugt, vom Werkvertrag zurückzutreten und den zusätzlich entstehenden Schaden ersetzt zu verlangen. Die Auftraggeberin ist zudem berechtigt, in diesen Fällen anstatt des Rücktritts von der Auftragnehmerin Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen.

(5) Zudem steht der Auftraggeberin das Recht zu, für den Zeitraum, während dessen eine mangelbehaftete Leistung nicht beseitigt oder in anderer Weise behoben wird, ihre Zahlungspflicht gegenüber der Auftragnehmerin in dem Verhältnis anteilig zu mindern, das dem Interesse der Auftraggeberin an der mangelfreien im Verhältnis zur mangelbehafteten Leistung entspricht.

(6) Die Auftragnehmerin hat die vertraglich bestimmten Werkleistungen termingerecht zu erbringen. Wird die geschuldete Werkleistung nicht zu dem vorgesehenen Zeitpunkt erbracht, ist die Auftraggeberin berechtigt, nach fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist vom Werkvertrag zurückzutreten oder Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen.

(7) Ansprüche der Auftraggeberin auf Schadenersatz und Gewährleistung verjähren in 24 Monaten ab Abnahme der Werkleistung der Auftragnehmerin. Findet eine solche nicht statt, beginnt die Verjährungsfrist mit vollständiger Beendigung der Leistung der Auftragnehmerin. Die vorstehende zeitliche Begrenzung der Verjährung gilt nicht in den Fällen, in denen die Auftragnehmerin den Mangel oder Schaden arglistig verschweigt.

(8) Die übrigen Regelungen des BGB bleiben, neben den vorstehenden Bestimmungen, insbesondere im Hinblick auf Vertragsrecht und Gewährleistung, anwendbar.

§ 6 Haftung

(1) Die Haftung der Auftragnehmerin für die von ihr zu vertretenden Schäden ist der Höhe nach beschränkt nach den Deckungssummen der von ihr abgeschlossenen Betriebshaftpflichtversicherung. Diese Versicherung muss folgende Deckungssummen aufweisen:

Personenschäden je Schadensfall bis zu EUR 2.000.000,00,

Sachschäden je Schadensfall mit bis zuEUR 1.000.000,00,

Vermögensschaden je Schadensfall mit bis zu EUR 500.000,00.

Die Auftragnehmerin verpflichtet sich, eine entsprechende Betriebshaftpflicht-versicherung abzuschließen und während der Vertragslaufzeit aufrecht zu erhalten. Die Auftraggeberin kann den Nachweis des Bestehens dieser Betriebshaftpflichtversicherung verlangen.

(2) Vorstehende Haftungsbeschränkung und -ausschluss gilt nicht für solche Schäden, die die Auftragnehmerin wegen grob fahrlässigem oder vorsätzlich verursachtem Verhalten zu vertreten hat.

§ 7 Verschwiegenheit und Herausgabe von Unterlagen

(1) Die Auftragnehmerin ist verpflichtet, über die Verhältnisse der Auftraggeberin, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, Ergebnisse ihrer Tätigkeit und insbesondere über die im Rahmen des Vertragsverhältnisses bekannt werdenden Informationen Stillschweigen zu bewahren, Diese Verschwiegenheitsverpflichtung gilt auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses und bezüglich aller Informationen, etc. des Vertragspartners der Auftraggeberin.

(2) Die Auftragnehmerin wird sämtliche Unterlagen und Informationen, die ihr im Zusammenhang mit der Durchführung dieses Vertrages übergeben werden, Dritten nicht zugänglich machen und sie unmittelbar nach Beendigung dieses Vertrages an die Auftraggeberin herausgeben. Ein Zurückbehaltungsrecht steht der Auftragnehmerin nicht zu.

§ 8 Wettbewerbsverbot

(1) Die Auftragnehmerin hat im Rahmen der Durchführung des Rahmen-Werkvertrages und der Erbringung der Werkleistungen gegenüber Dritten ausschließlich die Interessen der Auftraggeberin zu vertreten.

(2) Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es der Auftragnehmerin untersagt ist, während der Laufzeit dieses Vertrages Eigenwerbung gegenüber den Vertragspartnern der Auftraggeberin oder sonstige Andienungsmaßnahmen zu betreiben, die dazu geeignet sind, eine gleichartige Wirkung zu erzielen. Die Auftragnehmerin hat sich insoweit jeglicher Konkurrenztätigkeit gegenüber der Auftraggeberin zu enthalten.

(3) Ein Verstoß gegen die vorstehenden Verpflichtungen berechtigt die Auftraggeberin zu einer außerordentlichen Kündigung des Rahmen-Werkvertrages. Weitergehende Ansprüche der Auftraggeberin bleiben hiervon unberührt.

§ 9 Sonstiges

(1) Änderungen und Ergänzungen des Vertrags bedürfen der Schriftform.

(2) Die Vertragsparteien bekräftigen hiermit die Absicht, sich im Falle des Auftretens von Streitigkeiten in partnerschaftlicher Weise um eine gemeinsame Lösung zu bemühen.

(3) Erfüllungsort für die Verpflichtungen aus diesem Vertrag und Gerichtsstand – soweit gesetzlich zulässig – für alle sich aus diesem Vertrag ergebenden Streitigkeiten ist Sch.

(4) Sollte in diesem Vertrag eine der Bestimmungen aus formellen oder materiellen Gründen ganz oder teilweise rechtsungültig sein oder werden, so soll die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dadurch nicht berührt werden. Die Vertragsparteien verpflichten sich vielmehr, die ungültigen Bestimmungen von dem Beginn der Ungültigkeit an durch eine diesen Bestimmungen im wirtschaftlichen Erfolg nach Möglichkeit gleichkommende Regelung zu ersetzen. Sollte sich herausstellen, dass der Vertrag eine Regelungslücke enthält, verpflichten sich die Vertragspartner, den Vertrag durch eine angemessene Regelung zu ergänzen, die sie nach Sinn und Zweck des Vertrages vereinbart hätten.

Die Klägerin beauftragte den Beigeladenen schriftlich mit dem Betreff „Auftrag, Abruf…“ zu den Bedingungen des Rahmenvertrages mit Tätigkeiten bei näher bezeichneten Bauvorhaben zu einem genannten, mit Leistungsbeginn bezeichneten Datum und bat ihn, den genauen Arbeitsumfang sowie die möglichen täglichen Arbeitszeiten mit dem jeweils namentlich benannten Bauleiter ihres Hauptauftraggebers abzustimmen und sich die geleisteten Arbeitsstunden bestätigen zu lassen. Der Beigeladene stellte der Klägerin seine Tätigkeit jeweils in Rechnung (ohne Umsatzsteuer). Er stellte auch geliefertes Arbeitsmaterial der Klägerin in Rechnung. Die Arbeitsstunden wurden mit einem Satz von EUR 30,00 berechnet.

Am 28. März 2011 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Seine Tätigkeit bestehe in der Inbetriebnahme und Einregulierung von raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen) sowie den damit verbundenen anderen Arbeiten. Die Aufträge würden selbständig ausgeführt. Arbeitszeiten bzw. Anwesenheitszeiten seien von dem normalen Arbeitsalltag (Gegebenheiten der Arbeitsstelle) abhängig. Von der Klägerin gebe es keine Vorgaben. Der Arbeitsort sei abhängig von dem zu erledigenden Auftrag. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin liege nicht vor. Er habe eine eigenständige Firma mit einer Preisgestaltung. Er führe auch Aufträge im Namen anderer Firmen aus. Das Unternehmerrisiko bestehe wie bei jedem eigenen Auftrag. Bei seiner Tätigkeit handele es sich vorrangig um Komplettaufträge, die er für die Klägerin ausführe. Die Arbeitszeiten würden von ihm selbst bestimmt, je nach den Gegebenheiten und Anforderungen des zu betreuenden Objektes. Jedoch versuche er sich immer, an der Regelarbeitszeit zu orientieren. Die Arbeitszeiten orientierten sich an dem tatsächlichen Aufwand an Arbeitszeit, welche er beim jeweiligen Kunden erbringe. Hierbei orientiere er sich an einer Regelarbeitszeit von ca. 40 Stunden je Woche. In der Regel sei er durchschnittlich im Monat 22 Tage, also ca. 177 Stunden beschäftigt. Er verwende firmeneigene Werkzeuge und Geräte bei der Ausübung seiner Tätigkeit.

Die Klägerin teilte der Beklagten auf Anfrage mit, dass die Beauftragung über Abrufe erfolge. Diese könnten schriftlich oder mündlich erfolgen. Der Beigeladene könne diese Abrufe aus freien Stücken annehmen bzw. bei terminlicher oder sonstiger Vereinbarung ablehnen. Die Tätigkeit bestehe in der Schaltschranküberprüfung, der Inbetriebnahme von Feldgeräten von haustechnischen Anlagen, der Prüfung und Inbetriebnahme von elektrotechnischen Anlagen, der Einregulierung von Massenströmen der Haus- und Klimatechnik auf wechselnden Baustellen entsprechend der Auftragslage. Der Beigeladene werde auf Baustellen im gesamten Bundesgebiet eingesetzt. Es gebe baustellenübliche Arbeitszeiten. Dies sei durch den Beigeladenen frei entscheidbar. Es gebe keine Vorgaben. Eine Abnahme erfolge durch ihren Geschäftsführer oder ihren für die jeweilige Baustelle verantwortlichen Mitarbeiter. Bei Annahme eines Auftrages müsse mindestens ein Mitarbeiter vom Beigeladenen gestellt werden. Bei einer Verhinderung des Firmeninhabers werde eine qualifizierte Fachkraft als Vertretung akzeptiert.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2011 kündigte die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen an, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und das Vorliegen von Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zu erlassen.

Die Klägerin trug vor, dass das Gewährleistungsrisiko für elektrotechnische Prüfungen gemäß § 5 Abs. 3 des Rahmenvertrages beim Beigeladenen liege. Es liege also sehr wohl ein Verlustrisiko beim Beigeladenen. Dieser erhalte auch keine Lohnfortfortzahlung im Krankheitsfall. Ebenso fehle es an einer Einbindung in die Urlaubsplanung der Klägerin. Eine Eingliederung in ihre Arbeitsorganisation sei nicht gegeben, da die Termine vom Hauptauftraggeber, der Firma Lindner AG, vorgegeben würden und die Arbeitszeiten vor Ort vom Kunden selbst, der Universität Tübingen, bestimmt würden. Hierüber bestehe keine Berichtspflicht ihr gegenüber. Der Beigeladene unterliege auch nicht ihren Weisungen, da diese die fachliche Steuerung und Überwachung der Tätigkeiten des Beigeladenen gar nicht leisten könne. Dem Beigeladenen sei es auch grundsätzlich möglich gewesen, eigenes Hilfspersonal einzusetzen.

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2011 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen als Fernmeldenetzwerktechniker bei der Klägerin seit dem 9. März 2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ab dem 9. März 2010. Merkmale für eine abhängige Beschäftigung seien, dass die Vergütung auf Grundlage einer Stundenpauschale erfolge, die kein Gewinn- oder Verlustrisiko erkennen lasse, dass bei Annahme eines Auftrages Tätigkeitsort und -zeit durch den Auftrag der Klägerin vorgegeben seien, dass die Aufgabenstellung klar umrissen und keiner weiteren Weisung bedürfe und dass ein Tätigkeitsumfang von 177 Stunden im Monat einer abhängigen Beschäftigung gleichstehe. Merkmal für eine selbständige Tätigkeit sei, dass der Beigeladene eigene Mitarbeiter einsetzen könne. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort als auch Art und Weise der Tätigkeit seien bei tatsächlicher Leistungserbringung maßgeblich eigene Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne einer selbständigen Tätigkeit nicht vorhanden. Der Beigeladene werde im Namen und im Auftrag der Klägerin tätig. Die Modalitäten der Leistungserbringung würden zwischen der Klägerin und deren Kunden vereinbart und lediglich an den Beigeladenen delegiert. Er erfülle die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem jeweiligen Kunden der Klägerin und sei den jeweiligen Projektplänen unterworfen. Im Rahmen des Rahmenvertrages seien bei der Durchführung und Erbringung der Werkleistung gegenüber Dritten ausschließlich die Interessen der Klägerin zu vertreten. Zur Ausübung der Tätigkeit werde kein eigenes Kapital in erheblichem Umfang eingesetzt. Die Arbeiten würden von der Klägerin anhand zu führender Stundennachweise kontrolliert bzw. nachgewiesen. Es sei somit kein für eine selbständige Tätigkeit typisches Unternehmerrisiko zu erkennen. Unternehmerrisiko bedeute auch, für den Einsatz der eigenen Arbeitskraft ein Entgelt nicht zu erhalten.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 28. Dezember 2011 Widerspruch. Es liege ein Unternehmerrisiko vor. Unternehmerrisiko sei alleine das Risiko, ein Entgelt nicht zu erhalten. Dies müsse sich nicht erst verwirklichen, damit es vorliege. Ein Unternehmer sei auch der, dessen Kunde insolvent sei. Der Beigeladene trage das volle Unternehmerrisiko. Dies bestehe beispielsweise im Insolvenzrisiko hinsichtlich seiner Auftraggeber. Werde ein Auftraggeber insolvent, erhalte er für seine erbrachten Leistungen allenfalls eine Zahlung in Höhe der Insolvenzquote. Ein Arbeitnehmer hingegen trage dieses Risiko nicht. Er sei als Massegläubiger privilegiert und zusätzlich durch das rechtliche Institut des Insolvenzgeldes geschützt. Unternehmerrisiko heiße auch, dass das eigene Einkommen nicht gesichert sei. Der Beigeladene müsse Aufträge akquirieren, um Einkommen zu erzielen. Sein Anspruch auf Bezahlung sei – anders als bei einem abhängig Beschäftigten – eben gerade nicht unabhängig von der Auftragslage. Genau hierin liege ein sehr großes Risiko. Der Beigeladene wisse nie, wie es nach Abschluss einer Baustelle weitergehen werde. Insbesondere sei nicht vereinbart, ob und wann ein Abruf durch sie erfolge. Hierauf könne sich der Beigeladene also nicht verlassen. Sie bediene ein gänzlich anderes Marktsegment (Luftströme und Klima) als der Beigeladene, welcher auf dem Gebiet der Daten- und Fernmeldetechnik und Elektroinstallationen tätig sei. Auch die Annahme, die Abrechnung auf Stundenbasis lasse kein unternehmerisches Risiko erkennen, sei schwer nachvollziehbar. Zum einen wisse der Beigeladene nicht, wie viele Stunden er für die Herstellung seines Werkes abrechnen können werde, denn das sei gerade nicht vertraglich vereinbart. Zum anderen habe er keinerlei Sicherheit, wie sein Einkommen nach erfolgter Abnahme auf der Baustelle aussehen werde. Der Beigeladene trage ein unternehmerisches Risiko auch insofern, dass er Bauteile, Werkzeuge etc. für die von ihm zu erbringenden Leistungen auf eigene Rechnung beziehe. Der Beigeladene unterliege hinsichtlich Tätigkeitsort und -zeit auch keinen Weisungen. Weisungen seien Ermessensentscheidungen des Berechtigten gegenüber dem Verpflichteten, wodurch die arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten inhaltlich konkretisiert würden. Hiervon zu unterscheiden sei der Bauzeitplan. Jeder Baustelle liege ein Bauvertrag zugrunde. Dieser werde in der Regel zwischen dem Bauherrn und dem Generalunternehmer geschlossen. Teil dieses Bauvertrages sei regelmäßig auch ein Bauzeitplan, worin sämtlich Bauabschnitte mit den dazugehörenden Fertigstellungs- und Abnahmezeitpunkten vereinbart würden. Ein weiterer Teil des Bauvertrags sei überdies auch der konkrete Ort der Baustelle. Es entspreche daher der Natur der Sache, dass ein Unternehmer in der Baubranche im Rahmen seiner Beauftragung mitgeteilt bekomme, wo die Baustelle sei. Außerdem bekomme er mitgeteilt, bis wann sein konkretes Werk fertiggestellt und zur Abnahme angeboten werden müsse. Dies seien jedoch keine Weisungen des jeweiligen Auftraggebers, denn dieser habe regelmäßig keinen Entscheidungsspielraum hinsichtlich Ort und Zeitpunkt der Fertigstellung. Genauso wie Ort und Zeitpunkt der Fertigstellung erfolge auch ein klarer Umriss der konkreten Aufgabenstellung aus dem jeweiligen Bauvertrag. Der Bauhandwerker schulde stets die Herstellung eines mangelfreien Werkes. Zur Mangelfreiheit gehöre in erster Linie, dass das Werk sämtliche im Bauvertrag vereinbarte Eigenschaften besitze. Deshalb stelle jeder auf einer Baustelle tätige Bauunternehmer sein Werk genau nach Vorgaben des Bauvertrages her. Ein klarer Umriss der Aufgabestellung sei deshalb auf einer Baustelle unausweichlich und deshalb üblich. Die bloße Anzahl der durchschnittlich gearbeiteten Stunden lasse keinen Rückschluss darauf zu, ob der Beigeladene sich freiwillig diesem Arbeitspensum verordnet habe oder bei dieser Stundenzahl aufgrund Weisungen gearbeitet habe. Der Beigeladene könne auch eigene Mitarbeiter für die Tätigkeit einsetzen. Er trage ein Einkommensrisiko sowie das Insolvenzrisiko in Bezug auf die Rechnungen an sie als Auftraggeber. Er unterliege keinerlei Weisungen, wie er seine Arbeit zu verrichten habe. Vorgegeben sei allein das Ziel. Er sei frei in seiner Arbeitszeiteinteilung und hafte persönlich für die rechtzeitige Fertigstellung des Werkes. Die Abnahme der Arbeiten erfolge nicht durch sie, sondern durch den Bauherren. Der Beigeladene benutze ausschließlich eigene Werkzeuge und bestelle benötigte Bau- und Ersatzteile selbst und auf eigene Rechnung.

Der Beigeladene, dem der Bescheid erst am 24. Januar 2012 zuging, erhob am 26. Januar 2012 Widerspruch, ohne diesen zu begründen.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2012 zurück. Bei der Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles sei der Umstand, dass der Beigeladene für mehrere Auftraggeber tätig sein könne, für die Beurteilung dieses Vertragsverhältnisses nicht maßgeblich. Aus der Tätigkeit für mehrere Vertragspartner könne nicht zwangsläufig auf das Nichtvorhandensein einer abhängigen Beschäftigung geschlossen werden, da dieses auch bei abhängigen Beschäftigten üblich sei. Für die Entscheidung, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliege, sei die Dauer des Auftragsverhältnisses sowie der Umfang der ausgeübten Tätigkeit unerheblich. Hinsichtlich der Ausführung der zu erbringenden Leistung unterliege der Beigeladene Einschränkungen durch Vorgaben bezüglich des Arbeitsortes. Der Arbeitsort ergebe sich aus dem jeweiligen Auftrag. Der Beigeladene unterliege somit dem Weisungs- und Direktionsrecht der Klägerin. Obwohl die vertraglichen Regelungen eine freie Gestaltung der Arbeitszeit vorsähen, sei die Gestaltungsmöglichkeit der Arbeitszeit faktisch durch die von der Klägerin bzw. deren Kunden vorgegebenen einzelnen Aufträge bestimmt. Die Vertragsmodalitäten würden durch die Klägerin und deren Kunden ausgehandelt. Hierauf habe der Beigeladene keinerlei Einfluss. Die vertraglichen Regelungen würden dem Beigeladenen zur Erfüllung weitergeleitet. Hieran sei er gebunden. Der Beigeladene unterliege somit bezüglich der Arbeitszeit dem Weisungs- und Direktionsrecht der Klägerin. Ein Unternehmerrisiko liege nicht vor. Die eigene Arbeitskraft werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da eine Vergütung nach Abnahme der Arbeit erfolge (vereinbartes Stundenhonorar). Die Vergütung werde somit erfolgsunabhängig gezahlt. Die Möglichkeit, keine weiteren Aufträge zu erhalten, entspreche dem Beschäftigungsrisiko eines Arbeitnehmers. Auch der Beigeladene trage lediglich das Entgeltrisiko. Der Beigeladene könne zwar frei entscheiden, ob er Aufträge annehme oder ablehne, bei Annahme sei er jedoch in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert.

Hiergegen erhob die Klägerin am 4. Dezember 2012 Klage beim Sozialgericht Mann (SG). Der Beigeladene sei nicht in ihre Betriebsorganisation eingegliedert gewesen. Ihm seien auch keine Weisungen erteilt oder Vorgaben hinsichtlich der Ausführung der ihm erteilten Aufträge gemacht worden. Die Arbeitszeit sei vom Beigeladenen frei bestimmt worden. Ein unternehmerisches Risiko habe bestanden. Die Bescheide berücksichtigten mit keinem Satz die Besonderheiten der Baubranche und die in diesem Bereich typischen Subunternehmerverträge. Sie berücksichtigten außerdem nicht, dass der eigentliche Bauherr den Beigeladenen direkt hätte kontrahieren können. Bauherren bevorzugten es gerade jedoch bei Großprojekten üblicherweise, wenige Generalunternehmer mit verschiedenen Gewerken zu beauftragen, die dann wiederum mit den entsprechenden Fachexperten Unterverträge schlössen. In den entsprechenden Verträgen fänden sich deshalb regelmäßig Klauseln, die den Einsatz von Subunternehmern gestatteten. Statt einer juristischen Person als Subunternehmer könnten selbstverständlich auch Einzelunternehmer eingesetzt werden. Für die Beurteilung der Frage, ob eine abhängige Beschäftigung vorliege, dürfe überdies nicht außer Acht gelassen werden, dass die Tätigkeit des Beigeladenen oder eines anderen alternativen Elektromeisters im Vorfeld zu ihrer daran anknüpfenden Tätigkeit erledigt werden müsse. Es gebe daher im Tätigkeitsfeld der beiden keinerlei Überschneidungen. Aus diesem Gesichtspunkt heraus werde außerdem deutlich, weshalb eine enge Kooperation aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten für zwei unterschiedliche Gewerbebetreibende von Vorteil sei. Dass die beiden Tätigkeiten voneinander unabhängig betrachtet werden könnten, erkläre auch, dass sie zahlreiche Aufträge ohne den Einsatz des Beigeladenen realisiere. Der Beigeladene sei nach § 6 Abs. 1 des Rahmenvertrages verpflichtet, eine eigene Betriebshaftpflicht abzuschließen und zu unterhalten. Der Beigeladene unterhalte eigene Büroräume, führe seine Steuern ab und erledige seine Buchhaltung. Sie gehe davon aus, dass der Beigeladene nur die tatsächlich erbrachten Leistungen abgerechnet habe. Die Stunden seien nicht von ihr kontrolliert worden, sondern von den Bauleitern, also fremden Dritten, gegengezeichnet worden. Der Arbeitsumfang sei ebenfalls durch diese bestimmt worden. Ein Handwerker dürfe zwischen dem Abrechnen nach Pauschalen oder Abrechnen nach Stundenlohn wählen und daraus könne nicht der Schluss gezogen werden, er sei abhängig Beschäftigter. Auch dürfe nicht aus dem Auge verloren werden, dass dem Auftragnehmer ein Nachbesserungsrecht zustehe, sollte es Mängel geben. Diese Stunden würden selbstverständlich nicht erneut vergütet und daher auch nicht dokumentiert. Der Beigeladene habe seine Arbeitsleistung auch nicht persönlich geschuldet. Im Übrigen wiederholte und vertiefte die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.

Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf ihren Widerspruchsbescheid entgegen.

Das SG hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 26. Februar 2015 erörtert. Zu den Einzelheiten wird auf die Niederschrift dieser Sitzung Bezug genommen.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. April 2015 ab. Der Beigeladene sei im streitigen Zeitraum bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen. Ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung sei der Umstand, dass der Vertragsgegenstand derart unbestimmt gewesen sei, dass er erst durch weitere Vorgaben der Klägerin oder eine Eingliederung in den Projektbetrieb der Klägerin habe konkretisiert werden können. Nach dem Rahmenvertrag, auf dem die Tätigkeit des Beigeladenen beruht habe, habe die Leistung, zu der er verpflichtet gewesen sei, in der Inbetriebnahme und der Einregulierung von haustechnischen Anlagen bestanden. Gemäß den Ausführungen im Rahmen des Erörterungstermins habe der Beigeladene damit Einzeldienste bzw. Arbeitseinsätze für die Klägerin zu erbringen gehabt, ohne dass diese nach Anzahl, Dauer und zeitlicher Lage bereits abschließend festgestanden hätten. Bereits damit habe sich der Beigeladene in eine entsprechende Weisungsabhängigkeit der Klägerin begeben, die regelmäßig einen Arbeitnehmerstatus begründe. Eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin für die Dauer des jeweiligen Projektes zeige sich vor allem in der in § 1 Abs. 1 des Rahmenvertrages vereinbarten Abrufbereitschaft des Beigeladenen. Für eine abhängige Beschäftigung spreche ferner, dass der Beigeladene die mit dem Rahmenvertrag übertragene Leistung auftragsspezifisch entsprechend den Termin- und Qualitätsvergaben zu erbringen gehabt habe. Hierin sei eine umfassende Einflussnahme der Klägerin auf die Arbeit des Beigeladenen zu sehen, die mit einem Weisungsrecht vergleichbar sei. Der Beigeladene sei auch einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht unterlegen. Es habe dem Beigeladenen nicht freigestanden, im Rahmen der Beauftragung seinen Arbeitsort selbst zu bestimmen, da sich der Einsatzort bereits aus der Beauftragung ergeben habe. Dieses Kriterium sei jedoch nicht überzubewerten, da auch bei einer selbständigen Tätigkeit der Einsatzort festgelegt werden könne. Dies ergebe sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen bereits aus der Natur der durchzuführenden Leistungen, worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen habe. Allerdings habe der Beigeladene im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erbringung seiner Leistung nicht solche Freiheiten gehabt, wie dies die Klägerin dargestellt habe. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene im Wesentlichen seine Arbeitskraft und keine Arbeitsmittel mit der ungewissen Aussicht darauf, Einkommen zu erzielen, eingesetzt habe. Zudem habe der Beigeladene als Gegenleistung für seine Tätigkeit einen festen Stundensatz bzw. eine feste Pauschale entsprechend seinem Zeitaufwand erhalten. Die Vereinbarung eines festen Stundenlohns entspreche der typischen Entlohnung eines abhängig Beschäftigten. Auch spreche der Umfang der Tätigkeit für eine abhängige Beschäftigung. Im Hinblick auf die genannten Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen, sei es nur von untergeordneter Bedeutung, dass typische Merkmale einer abhängigen Beschäftigung wie z.B. festes Monatsgehalt, Urlaubsregelung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall fehlten.

Gegen den ihr am 24. April 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26. Mai 2015, dem Dienstag nach Pfingsten, Berufung eingelegt. Das SG habe verkannt, dass der Beigeladene seit Februar 2012 als juristische Person auftrete. Schon allein dies spreche für eine selbständige Tätigkeit. Das SG habe auch die Tatsache unbeachtet gelassen, dass der Beigeladene für die erbrachten Leistungen ein weit höheres Entgelt als ihre beiden Geschäftsführer erhalte. Er leiste im Vergleich zu diesen aber keine höheren Dienste. Er sei dadurch in der Lage gewesen, sich selbst sinnvoll abzusichern. Schutzgründe für den Arbeitnehmer spielten im vorliegenden Fall daher keine Rolle. In dem angegriffenen Gerichtsbescheid würden zudem die Besonderheiten von Großbaustellen verkannt. Der Beigeladene habe auf Großbaustellen Sachmängel bei bereits geleisteten Elektroarbeiten von Fremdfirmen beseitigen sollen. Er habe letztlich die Nachbesserungsarbeiten übernommen, entweder weil die Fremdfirmen bereits insolvent oder schlichtweg zur Nachbesserung nicht mehr in der Lage gewesen seien. Er habe somit von ihren Kontakten profitiert, da er ansonsten keine Aufträge für die Baustellen erhalten hätte. Sie selbst könne mit ihrer Tätigkeit allerdings erst beginnen, wenn die Elektroarbeiten ordnungsgemäß fertiggestellt worden seien. Sie selbst biete keine Elektroarbeiten an und benötige für die mit ihr abgeschlossenen Werkverträge keine Elektriker. Sie schulde lediglich ingenieurtechnische Dienstleistungen. Sie sei daher gerade nicht dazu verpflichtet gewesen, Elektroarbeiten im Generalunternehmerverträgen abzudecken. Vereinbarungen zu Elektroarbeiten seien lediglich vereinzelt mit Generalunternehmen geschlossen worden, die mit ihren Nacherfüllungsverlangen gegen die ursprünglich beauftragten Elektrofirmen gescheitert seien. Ob der Beigeladene nun von ihr oder vom Generalunternehmer als Subunternehmer eingesetzt werde, mache für die Tätigkeit keinen Unterschied. Ein Elektromeister hätte wohl nicht eingesetzt werden müssen, um vorhandene Mängel zu beseitigen. Eine selbständige Tätigkeit auf Großbaustellen wäre nach der Logik des SG bei natürlichen Personen nicht möglich. Das SG verkenne, dass eine nähere Bestimmung des Vertragsgegenstandes nicht möglich gewesen sei, da sich der genaue Inhalt der Tätigkeit erst auf der jeweiligen Baustelle ergeben habe. In den Einzelabrufen an den Beigeladenen seien die Leistungen darüber hinaus präzisiert worden. Entgegen der Auffassung des SG sei § 2 Abs. 2 des Rahmenvertrages kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Dem Beigeladenen seien keine Weisungen erteilt worden. Die Vorschrift sei nicht gelebt worden. Sie habe nur den Leistungsbeginn, nicht aber das Leistungsende vorgegeben. Dass mit Handwerkern typischerweise Stundenlohnvereinbarungen getroffen würden, werde als gerichtsbekannt unterstellt. Dies spreche nicht für eine abhängige Beschäftigung. Auch die Tatsache, dass sie und der Beigeladene umgehend nach Erlass des Widerspruchsbescheides die Kooperation eingestellt hätten, zeige, dass beide Seiten von der Selbständigkeit des Beigeladenen ausgegangen seien. Dieser habe im Übrigen problemlos Anschlussaufträge erhalten. Das SG konstruiere eine abhängige Beschäftigung, in dem es aus der Angebotsaufnahme der Einzelabrufe des Beigeladenen herleite, dass dann eine Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb vorläge. Aus der Annahme könne eine solche Schlussfolgerung nicht gezogen werden. Es habe auch keine Tätigkeit in einem fremden Betrieb vorgelegen, da der Beigeladene nicht in ihrem Betrieb tätig gewesen sei. Der Beigeladene sei in der Handwerksrolle Gera eingetragen sei. Das Gewerk des Beigeladenen sei sicherheitsrelevant und erfordere zwingend den Meisterabschluss.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mann vom 20. April 2015 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene für sie vom 9. März 2010 bis zum 5. November 2012 nicht in einer abhängigen und versicherungspflichtigen Tätigkeit beschäftigt gewesen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist auf die Gründe des angegriffenen Gerichtsbescheides und ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG; denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.

2. Die Berufung ist nur teilweise begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 28. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2012, mit dem festgestellt wurde, dass die Tätigkeit des Beigeladenen als Fernmeldetechniker bei der Klägerin seit dem 9. März 2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt und Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand, ist nur für den Zeitraum bis zum 5. Februar 2012 rechtmäßig. Für die Zeit vom 6. Februar 2012 bis zum 5. November 2012 ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; insofern ist die Berufung begründet. Für die Zeit ab dem 6. November 2012 haben sich die Bescheide durch die Beendigung der Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin auf sonstige Weise erledigt (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]).

a) Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hat im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs. 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Mit dem rückwirkend zum 1. Januar 1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. 2000 I S. 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit der Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (Bundestags-Drucksache 14/1855, S. 6).

Die Beklagte war für die von dem Beigeladenen beantragte Feststellung zuständig, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung am 28. März 2011 kein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet war.

b) Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23; BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 15, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – juris, Rn. 6 ff.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 ff. – jeweils m.w.N.).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 11 RAr 49/94 – juris, Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rn. 17 – jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 16).

d) Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 – juris, Rn. 17 – auch zum Folgenden). Dazu ist zunächst deren Inhalt konkret festzustellen (dazu unter aa). Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind (dazu unter bb). Diese sind ebenfalls nur maßgeblich, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen „Etikettenschwindel“ handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen (dazu unter cc). Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen (hierzu unter dd).

aa) Aufgrund des schriftlichen und mündlichen Vorbringens der Klägerin und des Beigeladenen im gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren steht zur Überzeugung des Senats Folgendes fest:

Der Beigeladene zwar zwischen dem 9. März 2010 und dem 5. Februar 2012 aufgrund des zwischen ihm und der Klägerin geschlossenen Rahmenvertrages verpflichtet, auf Anforderung der Klägerin und nach deren näheren Weisung hinsichtlich Ort und Zeit der Tätigkeit als Fernmelde- und Netzwerktechniker tätig zu werden. Der Beigeladene war nicht berechtigt, die Tätigkeiten zu verweigern. Die Klägerin war verpflichtet, tatsächliche erbrachte Arbeitsstunden mit EUR 30,00 zu vergüten.

Die Rechte und Pflichten des Beigeladenen aus dem Rahmenvertrag sind mit Wirkung ab 6. Februar 2012 auf seine UG übergegangen.

bb) Die festgestellten mündlichen und konkludenten Vereinbarungen der Klägerin und des Beigeladenen sind auch zulässig, das heißt mit zwingendem Recht vereinbar. Grenzen für die privatrechtlichen Vereinbarungen, die Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungen sind, können sich sowohl aus zwingendem Privatrecht als auch aus dem öffentlichen Recht ergeben (Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2015 – L 4 R 3874/14 – juris, Rn. 59). Im vorliegenden Fall bestehen derartige Konflikte zwischen dem Vereinbarten und den gesetzlichen Vorgaben nicht.

cc) Anlass zu Zweifeln an der Wirksamkeit der mündlich und konkludent getroffenen vertraglichen Vereinbarungen der Klägerin und dem Beigeladenen bestehen auch mit Blick auf § 117 BGB nicht. Ein Scheingeschäft liegt nicht vor.

dd) Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen ist der Senat unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalles zu der Überzeugung gelangt, dass der Beigeladene zwischen dem 9. März 2010 und dem 5. Februar 2012 bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen ist (dazu unter (1)). Zwischen dem 6. Februar 2012 und dem 5. November 2012 bestand ein solches abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht mehr, da Vertragspartner der Klägerin nun die UG des Beigeladenen war (dazu unter (2)).

(1) Zwischen dem 9. März 2010 und dem 5. Februar 2012 war der Beigeladene bei der Klägerin abhängig beschäftigt.

Insbesondere bestand ein Weisungsrecht der Klägerin. Dabei ist darauf abzustellen, ob die Klägerin im Verhältnis zum Beigeladenen über diesbezügliche Rechtsmacht verfügte (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 84). Dies entspricht insbesondere der jüngeren Rechtsprechung des BSG, in der die Maßgeblichkeit von Rechtsmacht gegenüber bloß rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten betont wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R – juris, Rn. 30; BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 R 1/15 R – juris, Rn. 25).

Ein (arbeitsrechtliches) Weisungsrecht bestand zum einen in zeitlicher Hinsicht. Weisungsgebundenheit in zeitlicher Hinsicht liegt nur vor, wenn der Betroffene grundsätzlich ständiger Dienstbereitschaft unterliegt und der Auftraggeber die Lage der Arbeitszeit einseitig bestimmen kann (vgl. Urteil des Senats vom 15. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 86; Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Mai 2015 – L 11 R 4586/12 – juris, Rn. 58; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 32). Dies war hier der Fall, denn die Klägerin war aufgrund des Rahmenvertrages befugt, jederzeit die Dienstleistung des Beigeladenen zu verlangen. Ein Recht des Beigeladenen, das Tätigwerden aufgrund eines Abrufes seitens der Klägerin nach Maßgabe des Rahmenvertrages abzulehnen, bestand nicht. Ein solches Ablehnungsrecht wäre in der Tat ein gewichtiger Gesichtspunkt, der für eine selbständige Tätigkeit spräche, da Arbeitnehmer nicht berechtigt sind, ihnen im Rahmen eines Arbeitsvertrages zugewiesene Arbeit abzulehnen. Ein solches Ablehnungsrecht des Beigeladenen lässt sich hier aber nicht feststellen.

Mit dem zeitlichen Weisungsrecht war ein örtliches Weisungsrecht verbunden. Die Orte des Tätigwerdens ergaben sich zwar aus der Natur der Sache, weil nur an den jeweiligen Baustellen die technischen Arbeiten verrichtet werden konnten. Die Orte des Tätigwerdens waren aber gerade nicht vorab vertraglich festgelegt, sondern die Klägerin war aufgrund des Rahmenvertrages berechtigt, dem Beigeladenen seine Arbeitsorte zuzuweisen, was auch durch den schriftlichen Abruf erfolgte.

Auch in fachlicher Hinsicht bestand ein Weisungsrecht. Eine Weisungsabhängigkeit des Beigeladenen kann allerdings nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Durchführung seiner Arbeiten mit Stundennachweisen kontrolliert worden wären. Es handelt sich um eine gerade bei selbständigen Dienstleistern übliche Vorgehensweise (Urteil des Senats vom 19. Juni 2015 – L 4 R 2821/14 – nicht veröffentlicht). Es bestand aber ein fachliches Weisungsrecht insofern als die Klägerin dem Beigeladenen jeweils vorgab, welche Tätigkeiten er zu verrichten hatte. Mangels vorheriger Festlegung der zu verrichtenden Tätigkeit war dieses Weisungsrecht Ausfluss des Direktionsrechts der Klägerin und nicht Gegenstand des Rahmenvertrages.

Angesichts dieses umfassenden Weisungsrechts der Klägerin fällt dem Umstand, dass der Beigeladene nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert war, kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Das Gleiche gilt für das Recht des Beigeladenen, Dritte mit der Verrichtung der ihm übertragenen Aufgaben zu betrauen. Dies spricht zwar als solches erheblich für eine selbständige Tätigkeit (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R – juris, Rn. 35). Dem kommt aber nicht zuletzt deswegen kein ausschlaggebendes Gewicht zu, weil der Beigeladene über keine Mitarbeiter verfügte, die er hätte einsetzen können. Das Fehlen solcher Arbeitnehmer lässt allerdings keinen Umkehrschluss zu, sondern ist neutral. Es entspricht auch der Wertung des Gesetzgebers selbst, Selbständige ohne versicherungspflichtigen Arbeitnehmer anzuerkennen (vgl. § 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 9 lit. a SGB VI).

Sprechen die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte aufgrund des umfassenden Weisungsrechts durchgreifend für eine abhängige Beschäftigung, kann anderen Gesichtspunkten keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Frage, ob der Beigeladene ein Unternehmerrisiko, das im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist (BSG, Beschluss vom 16. August 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris, Rn. 10 m.w.N.; zuletzt etwa Beschluss des Senats vom 20. August 2015 – L 4 R 861/13 – juris, Rn. 65 m.w.N.), getragen hat, denn das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist nicht schlechthin entscheidend (BSG, Beschluss vom 16. August 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris, Rn. 10 m.w.N.; Urteil des Senats vom 16. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 93; Beschluss des Senats vom 14. Oktober 2015 – L 4 R 3874/14 – juris, Rn. 61).

Selbständige tragen ein Unternehmerrisiko allerdings unter anderem dann, wenn der Erfolg des Einsatzes ihrer Arbeitskraft ungewiss ist; das gilt namentlich, wenn ihnen kein Mindesteinkommen garantiert ist (BSG, Urteil vom 27. März 1980 – 12 RK 26/79 – juris, Rn. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2015 – L 11 R 5165/13 – juris, Rn. 72). Ein Mindesteinkommen war dem Beigeladenen zwar vertraglich nicht garantiert, denn seine Vergütung hing davon ab, dass er tatsächlich tätig wurde. Die Vergütung nur tatsächlich geleisteter Stunden spricht gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung (BSG, Urteil vom 27. März 1980 – 12 RK 26/79 – juris, Rn. 23; BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R – juris, Rn. 24; Urteil des Senats vom 16. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 94; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 4761/13 – juris, Rn. 34). Entsprechend ist entgegen der Auffassung der Beklagten eine pauschale Stundensatzvereinbarung kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Jedoch ist bei Arbeit auf Abruf eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festzulegen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge [TzBfG]); anderenfalls gilt eine wöchentliche Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart (§ 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG) mit der Folge, dass Mindestvergütungsansprüche des Arbeitnehmers entstehen. Zugunsten des Beigeladenen griff hier also § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG mit der Folge ein, dass er Mindestvergütungsansprüche gegen die Klägerin hatte.

Die Beklagte verkennt allerdings die arbeitsrechtliche Rechtslage, wenn sie die Auffassung vertritt, auch Arbeitnehmer trügen das Risiko, bei weniger Arbeitsaufkommen Einnahmen einzubüßen; denn regelmäßig besteht ein Entlohnungsanspruch von Arbeitnehmern bereits dann, wenn sie ihre Arbeitskraft anbieten, und nicht erst dann, wenn der Arbeitgeber dies auch annimmt. Der Arbeitgeber käme anderenfalls in Annahmeverzug mit der Folge, dass der Entlohnungsanspruch fortbesteht (§§ 293, 615 BGB; vgl. dazu etwa Geisler, in: jurisPK-BGB, Band 2, 7. Aufl. 2014, § 293 Rn. 40 ff.). Ein „Entgeltrisiko“ besteht bei Arbeitnehmern also nicht.

(2) Zwischen dem 6. Februar und dem 5. November 2012 war der Beigeladene hingegen nicht mehr bei der Klägerin abhängig beschäftigt.

Der Beigeladene war in diesem Zeitraum gar nicht mehr Vertragspartei. Vielmehr gingen seine Rechte und Pflichten auf die von ihm gegründete UG über. Hierbei handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit einem gegenüber einer „klassischen“ GmbH niedrigem Haftungskapital (§ 5a Abs. 1 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung [GmbHG]). Bei der UG handelt es sich damit um eine juristische Person (vgl. § 13 Abs. 1 GmbHG). Abhängig beschäftigt können aber stets nur natürliche, nicht aber juristische Personen sein (vgl. Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 11. April 2000 – 9 AZR 94/99 – juris, Rn. 20; Müller-Glöge, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 611 Rn. 229; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. Aufl. 2016, § 611 BGB Rn. 181). Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten geht daher in doppelter Hinsicht für den genannten Zeitraum an der Sach- und Rechtslage vorbei. Der Beigeladene war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bei der Klägerin beschäftigt. Die UG, deren alleiniger Gesellschafter er war, kann aber als juristische Person nicht abhängig beschäftigt gewesen sein; der Verfügungssatz im streitgegenständlichen Bescheid sagt auch über die Tätigkeit der UG nichts aus.

Diese Rechtslage hat die Beklagte während des Widerspruchsverfahrens auch richtig erkannt, wie sich der Entscheidungsvorlage des Sachbearbeiters vom 29. März 2012 (Bl. 155 der Akte der Beklagten) entnehmen lässt. Dieser Rechtslage wurde dann aber im Widerspruchsbescheid entgegen Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz nicht Rechnung getragen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Beigeladene ist als Grundrechtsträger aufgrund der Bescheide der Beklagten und der Klage der Klägerin in den Rechtsstreit hineingezogen worden, so dass es billig ist, seine außergerichtlichen Kosten den Beteiligten im Umfang ihres jeweiligen Unterliegens aufzulegen, auch wenn der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat.

4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 47 Gerichtskostengesetz.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.