LG Hamburg, Urteil vom 04.12.2015 - 315 O 265/14
Fundstelle
openJur 2016, 9426
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist für die Beklagte wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit vorliegender Klage Zulassung zum G.-Adwords-Programm. Der Kläger führt unter der Account-Nummer 1. (a.@g- p..org) sowie unter der Account-Nummer 4. (a.@e.-p..org) zwei Adwords-Accounts bei der Beklagten und schaltete Anzeigen hinsichtlich der Domains e.- p. .org und e.- p..com. Die Anzeigenschaltungen wurde von der Beklagten zunächst abgelehnt, da die Internetseite des Klägers bzw. sein Angebot nicht der so genannten „Policy“ der Beklagten entspreche. Die streitgegenständliche Passage, auf die sich die Beklagte stützt, zitiert der Kläger wörtlich auf Seite 4 der Klagschrift, auf die hinsichtlich des Wortlauts Bezug genommen wird. Der Kläger änderte sodann die Seite und der Account wurde kurzfristig freigeschaltet. Letztendlich teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Adwords für Services für das E.-Programm grundsätzlich nicht geschaltet werden könnten.

Diese Ablehnung bzw. Zurückweisung hält der Kläger für diskriminierend. Dazu behauptet er: diese Ablehnung betreffe nur ihn, den Kläger, während die Beklagte seinen Mitbewerbern beispielsweise der S. GmbH weiterhin die Schaltung von adwords gestatte. Dazu legt der Kläger auf Seite 5 der Klagschrift auf die Bezug genommen wird, einen Screenshot des Angebots dieser Firma vor. Am 23.5.2014 habe die Beklagte des Weiteren unter dem Keyword „esta“ ebenfalls eine Anzeige im Werbeprogramm Adwords geschaltet zu Gunsten eines Mitbewerbers, der E. USA LIMITED. Dazu legt der Kläger auf Seite 6 der Klagschrift einen Screenshot dieses Angebot vor. Auf diese Seite der Klage wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 08.05.2014 (Anlage K 1) und E-Mail vom 19.05.2014 (Anlage K 2) verlangte der Kläger die Freischaltung der begehrten Anzeigenschaltungen. Auf die Anlagen wird Bezug genommen.

Der Kläger behauptet: die Beklagte habe eine marktbeherrschende Stellung im Sinne der §§ 18 ff. GWB. Ausweislich der Monats-Statistik für den Monat März 2014 habe die Beklagte unter den Suchmaschinen einen Marktanteil von 92,2 %. Dies ergebe sich aus der Internetseite web-stats.info, die von der Firma RTL Interactive GmbH betrieben werde. Diese Seite liefere auf monatlicher Basis aktuelle Daten über die Suchmaschinen-, Betriebssystems- und Browser-Nutzung in Deutschland. Grundlage dieser Daten bildeten die Portale der Mediengruppe RTL, mit denen gut jeder dritte Deutsche im Web erfasst werde (Beweis: Zeugnis des M. N.).

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Ablehnung der Anzeigenschaltungen die Beklagte sowohl gegen die §§ 19,20 die WB wie auch gegen Art. 102 AEUV verstoße. Nach Art. 102 Satz 2lit. c AEUV solle verhindert werden, dass durch marktbeherrschende Unternehmen nicht zu rechtfertigende Diskriminierung vorgenommen würden.

Der Kläger beantragt

die Beklagte zu verurteilen, dass G. Adwords-Werbeprogramm auf ihren Internetseiten und den Internet Seiten ihrer Werbepartner kontextbezogene Werbeanzeigen zu Gunsten der Internet-Domains des Klägers e.- p..org sowie e.- p..com mit Anzeigentexten wie zum Beispiel

US ReisegenehmigungProgramm für visumfreies Reisenin die vereinigten Staatenwww.e.-p..org

und den Keywords

„esta“, „esta us“, „esta antrag“, „Einreiseformular“, „esta USA“, „EST Reisegenehmigung“, „esta beantragen“, „Reisegenehmigung USA“, „ ESTA Beantragung“, „Esta USA Einreiseformular“, „Elektronische Einreiseerlaubnis“, „Esta USA“, „Einreisegenehmigung“, „Reisegenehmigung esta“, „usa Reisegenehmigung“

nach einem von der Klägerin in der Höhe zu bestimmenden Tagesbudget für die Kampagne zu schalten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, ein marktbeherrschendes Unternehmen auf dem Gebiet des Werbemarktes zu sein. Der hier relevanten Markt sei keineswegs nur die Werbemöglichkeit auf den Internetseiten des Suchmaschinen, sondern der gesamte Werbemarkt. Für diesen trage der Kläger keine marktbeherrschende Stellung der Beklagten vor. Sie werde ausdrücklich in Abrede genommen. Sie, die Beklagte, sei nicht Normadressaten von § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB. Selbst wenn der relevante Markt insoweit auf Deutschland oder den deutschsprachigen Raum beschränkt sein sollte, läge der Marktanteil der Beklagten geschätzt immer noch unter 15 % und sei damit von einer Marktbeherrschung weit entfernt. Auch auf dem enger abgegrenzten Online-Werbemarkt habe sie, die Beklagte, keine marktbeherrschende Stellung. Insoweit sei auf den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 16.12. 2013 (Geschäftsnummer 3 W 129/13 Kart) zu verweisen, in dem der Senat bezweifele, dass die Beklagte auf dem relevanten Werbemarkt marktbeherrschend sei.

Es liege insbesondere aber keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers vor. Der Kläger verstoße mit seinen Werbeanzeigen und den dafür geschalteten so genannten Keywords gegen die selbstverpflichtenden Richtlinien der Beklagten. Nach diesen Richtlinien seien Anzeigen für unseriöse Angebote, bei denen Benutzern Dienstleistungen in Rechnung gestellt würden, die in der Regel kostenlos oder deutlich kostengünstiger angeboten würden, untersagt. So verlange der Kläger von seinen Kunden 42 €, damit diese über seine Webseite einen ESTA-Antrag stellen können, obwohl die Antragsteller einen solchen Antrag auch ohne Schwierigkeiten und bei völlig ausreichender und vergleichbarer Serviceleistung für weniger als ein Viertel dieses Preises über das offizielle Internet Portal der US-Heimatschutzbehörde DHS stellen könnten. Die Leistungen des Klägers brächten ersichtlich keinerlei Mehrwert und seien deshalb in diesem Sinne als unseriös abzulehnen. Es gebe auch keine unterschiedliche Behandlung von Werbetreibenden. Richtig sei, dass sie, die Beklagte, eine kurze Zeit benötige, um solche geschalteten Anzeigen aus demAdword-Programm zu tilgen. Dies sei zwischenzeitlich Parteien von der Klägerin vorgetragenen Werbeanzeigen unterschiedslos geschehen. Die eingetretene Zeitverzögerung, die dazu geführt habe, dass der Kläger die vorgelegten Screenshots habe machen können, seien lediglich den technischen Abläufen geschuldet.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze und die zur Akte gereichten Anlagen ergänzend Bezug genommen (§ 313 Abs. 2 ZPO).

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch aus den §§ 19, 20 GWB, Art. 102 AEUV gegen die Beklagte auf Schaltung der beantragten Anzeigen mit den im Antrag genannten so genannten Keywords.

1. Es ist bereits zweifelhaft, dass die Beklagte auf dem hier relevanten richtig abgegrenzten Markt eine marktbeherrschende Stellung im Sinne der zitierten Vorschriften innehat. Nach § 18 GWB ist ein Unternehmen marktbeherrschend, wenn es bei einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt 1.ohne Wettbewerber ist, 2.keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder 3. eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat. Bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern ist insbesondere Folgendes zu berücksichtigen: 1.sein Marktanteil, 2.seine Finanzkraft, 3.sein Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten, 4.Verflechtungen mit anderen Unternehmen, 5.rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen, 6. der tatsächliche oder potenzielle Wettbewerb durch Unternehmen, die innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ansässig sind, 7.die Fähigkeit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzustellen, sowie 8.die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen.

Gemäß § 18 Abs.4 GWB wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens 40 Prozent hat.

Für Angebotsmärkte hat sich dabei in der Praxis das Bedarfsmarktkonzept oder das Konzept der funktionellen Austauschbarkeit aus der Sicht der Abnehmer durchgesetzt: „Sämtliche Erzeugnisse, die sich nach ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahe stehen, dass der verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet in berechtigter Weise abwägend miteinander vergleicht und als gegeneinander austauschbar ansieht, sind marktgleichwertig“ (KG v. 18.2.1969 WuW/E OLG 995, 996 „Handpreisauszeichner“; KG v. 1.12.1976 WuW/E OLG 1745, 1748 „Kfz-Kupplungen“; KG v. 28.8.1979 WuW/E OLG 2182, 2183 „hydraulischer Schreitausbau“; KG v. 19.7.2000 WuW/E DE-R 628 „Stellenmarkt für Deutschland II“; BGH v. 3.7.1976 WuW/E BGH 1435, 1440 „Vitamin-B-12“; BGH v. 16.12.1976 WuW/E BGH 1445, 1447 „Valium“; BGH v. 22.9.1987 WuW/E BGH 2433 „Gruner + Jahr – Zeit II“; BGH v. 25.6.1985 WuW/E BGH 2150, 2153 „Edelstahlbestecke“; BGH v. 24.10.1995 WuW/E 3026, 3028 „Backofenmarkt“; BGH v. 19.3.1996 WuW/E 3058, 3062 „Pay-TV-Durchleitung“; eingehend auch Monopolkommission Hauptgutachten V Tz. 606 ff.; Kleinmann/Bechtold § 22 Rdnrn. 11 ff.; C. Müller, S. 54 ff. m. w. N; Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band II, GWB § 18 Rn 33).

Es kommt auf eine funktionelle Austauschbarkeit. Maßgebend für die funktionelle Austauschbarkeit ist die tatsächliche Handhabung durch die Abnehmer. Soweit der Kläger hierzu vorträgt, dass insbesondere er mit seinem Geschäftsmodell lediglich über Suchmaschinen überhaupt auffindbar sei und er deshalb diese Werbung in der Suchmaschine schalten müsse, folgt daraus nach Meinung der Kammer keine Beschränkung des relevanten Werbemarkts auf die Anzeigenschaltung in den Adowrds-Anzeigen der Suchmaschine G., denn es besteht eine objektive funktionelle Austauschbarkeit dieser Werbemöglichkeit mit den ungezählten Werbemöglichkeiten im Internet, vermutlich auch darüber hinaus in anderen Werbeträgern wie elektronische Massenmedien, den sozialen Netzwerken und auch den Printmedien. Dies gilt auch für den Kläger, der auch ohne die Werbemöglichkeit der Beklagten „produktnah“ werben kann, zB. auf den Portalen von Reiseveranstaltern, die die Flugreisen, die die um Genehmigung nachsuchenden Kunden ebenfalls buchen müssen, um die USA zu erreichen, anbieten, Seiten über die USA, allgemeine mit Einreisebestimmungen, Visa usw. befassten Portalen. Es entscheidet eine verständige Sicht der Abnehmer nach einem verobjektivierten Maßstab (KG v. 18.2.1969 WuW/E OLG 995, 996 „Handpreisauszeichner“; KG v. 14.4.1978 WuW/E OLG 1983, 1984 m. w. N. „Rama-Mädchen“; Immenga/Mestmäcker, a.a.O., Rn 33).

Dazu trägt die Beklagte vor, dass sie auf dem Werbemarkt in Deutschland einen Marktanteil von weniger als 15 % innehabe. Soweit der Kläger sich darauf bezieht, dass die Suchmaschine G. unter den Suchmaschinen einen Marktanteil von über 92 % habe, ist dies nach dem oben Ausgeführten nicht hinreichend, um den relevanten Markt abzugrenzen und eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten substantiiert vorzutragen. Denn zum einen ist die Beklagte nicht selbst Betreiber der Suchmaschine, andererseits ist die Werbemöglichkeit dort nicht der gesamte relevante Markt im Sinne der §§ 18ff. GWB. Die Kammer geht mit dem - einen Beschluss der Kammer bestätigenden - Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 16.12.2013, in dem es auch um Werbung der Beklagten ging, davon aus, dass der hier relevanten Markt im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB nicht auf die Werbung in Suchmaschinen beschränkt ist, sondern der relevante Markt weiter zu ziehen ist (Geschäftszeichen des HansOLG 3 W 129/13 Kart). Für den weiter gefassten Markt der Online-Werbung d.h. auf Internetseiten anderer Anbieter, trägt der Kläger nichts vor. Insofern kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger auf einem solchen weiter gezogenen kartellrechtlich maßgeblichen Markt marktbeherrschend ist oder auch nur einen Anteil von mindestens 40 % erreicht, wie § 18 Abs. 4 GWB seit der 8. GWB-Novelle verlangt. Ob der gesamte Werbemarkt oder nur der deutschsprachige Werbemarkt als relevanter Markt anzusehen ist, oder auch nur der enger begrenzte Online-Werbemarkt, kann hier dahinstehen, da auch hinsichtlich des enger abgegrenzten Online-Marktes eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten vom Kläger nicht vorgetragen ist.

Schließlich stehen dem Kläger ausreichende weitere Alternativen, Werbung insbesondere zielgruppengerichtet zu schalten, neben dem Angebot der Beklagten zu. Der Kläger kann beispielsweise auf Seiten, die typischerweise von Einreisewilligen genutzt werden (müssen), seine Leistung anbieten, dazu zählen, da die Einreise per Flugzeug oder Schiff zu erfolgen hat, insbesondere die Seiten von Reiseveranstaltern oder Fluglinien und Portalen, die sich mit den USA beschäftigen oder allgemein Seiten, die sich mit Einreisebestimmungen für bestimmte Länder beschäftigen. Dass das Werbeangebot der Beklagten besonders effektiv sein mag, führt weder zu einer so engen wie vom Kläger behaupteten Marktabgrenzung noch zu einer Abhängigkeit des Klägers im Sinne des § 19 GWB.

2. Die Weigerung der Beklagten, die begehrten Anzeigen mithilfe der im Antrag genannten Keyboards zu schalten, stellt jedenfalls keine unbillige Behinderung dar, sondern sie ist sachlich gerechtfertigt. Unter Behinderung anderer Unternehmen i. S. von Abs. 2 Nr. 1 ist in einem rein objektiven Sinne jede Beeinträchtigung ihrer Betätigungsmöglichkeiten im Wettbewerb zu verstehen, gleichgültig, ob dabei „wettbewerbsfremde“ oder in sonstiger Weise anfechtbare Mittel angewendet werden (St. Rspr. des BGH, z. B. BGH, 22.9.1981, WuW/E BGH 1829, 1832 „Original-VW-Ersatzteile II“ = BGHZ 81, 322; 12.11.1991, WuW/E BGH 2762, 2768 „Amtsanzeiger“ = BGHZ 116, 47; 14.7.1998, WuW/E DE-R 201, 203 „Schilderpräger im Landratsamt“; 6.11.2012, WuW/E DE-R 3879, 3887 „Gasversorgung Ahrensburg“; hM im Schrifttum, z. B. Ulmer GRUR 1977, 574 f.; Nw. bei Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 19 Rz. 102) Die Frage der Bewertung des eingesetzten Mittels kann sich daher erst im Rahmen der Beurteilung stellen, ob die Beeinträchtigung der Betätigungsmöglichkeiten anderer Unternehmen im Wettbewerb unbillig ist(Immenga/Mestmäcker a.a.O.)

Ob Behinderungen anderer Unternehmen im Wettbewerb als unbillig und deren ungleiche Behandlung als sachlich nicht gerechtfertigt zu beurteilen sind, ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nach dem einheitlichen Maßstab der Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB zu entscheiden (Immenga/Mestmäcker a.a.O. § 19 Rz. 123 m.w.Nw.) Dieser in der Rechtsprechung des BGH (BGH, 22.9.1981, WuW/E BGH 1829, 1837 f. „Original-VW-Ersatzteile II“ = BGHZ 81, 322, 339 ff.; 25.10.1988, WuW/E BGH 2535, 2540 „Lüsterbehangsteine“; v. Ungern-Sternberg S. 988 f) und im Schrifttum (Nw. Immenga/Mestmäcker a.a.O.) vertretene Beurteilungsmaßstab ist daher unter Berücksichtigung der wertsetzenden Vorgaben des GWB ausfüllungsbedürftig.

Die Ablehnung der Schaltung der Werbeanzeigen des Klägers ist vorliegend von nachvollziehbaren und allgemein angewandten Kriterien getragen, die auf einem berechtigten Interesse der Beklagten beruhen und auch unter Berücksichtigung der auf die Förderung des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB nicht als unbillig anzusehen. Die Beklagte bezieht sich insoweit auf ihre „Policy“, der zu Folge Angebote als unseriös angesehen werden, die Leistungen entgeltlich anbieten, die gewöhnlich unentgeltlich oder zu wesentlich niedrigeren Preisen zu erlangen sind. Dazu ist unstreitig, dass auf der offiziellen Homepage der US-Heimatschutzbehörde die Reisegenehmigung gegen eine wesentlich geringere Gebühr - die auch bei der Buchung über den Kläger anfällt - unmittelbar online vom Reisewilligen selbst beantragt werden kann, und zwar auch auf Deutsch. Die Erwägungen der Beklagten, dass die vom Kläger auf Beschaffung einer US-Einreisegenehmigung angebotene Dienstleistung deshalb unnötig sei und dem Kunden keinen wirklichen und mit einem Mehrfachen der Kosten zu vergütenden Mehrwert bringen, sind nachvollziehbar und stellen keine unbillige Behinderung des Klägers dar. Die Interseite der US-Heimatschutzbehörde ist leicht verständlich, die Beantwortung der Fragen für jeden Durchschnittsreisenden ohne weiteres möglich. Wenn der Kläger insbesondere vorträgt, dass er den Reisenden bei der wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen Hilfestellung leistet, ist dies kein Mehrwert für den Kunden, da der Kläger hinsichtlich der vom Kunden wahrheitsgemäß zu machenden Angaben selbst über keinerlei eigene Informationen verfügt, mit denen sie dem Reisenden weiterhelfen kann. Soweit der Kläger den Kunden beispielsweise abzuraten vorträgt, anzugeben, Straftäter zu sein, handelt es sich einerseits um eine verschwindende Minderheit von Betroffenen, die nicht maßgeblich ist, andererseits darf eine solche wahrheitsgemäße Angabe mit Rücksicht auf die dann zu erwartende Verweigerung der Einreisegenehmigung gerade nicht unterschlagen werden. Gerade in einem solchen Fall wäre das Angebot des Klägers im Sinne der Richtlinien der Beklagten als „unseriös“ einzustufen. Auch die Gruppe der Reisenden, die aus Gründen von Unaufmerksamkeit oder Leichtfertigkeit diese und andere Fragen fälschlich bejahen, stellt eine geringe Minderheit dar und ist vorliegend für die Interessenabwägung einer an das allgemeine Publikum gerichteten Anzeige nicht maßgebend. Die Verdreifachung des Entgelts für die Einreisegenehmigung rechtfertigt das nicht. Auch die weiteren von der Klägerin ins Feld geführten Vorzüge ihrer Leistung stellt sich bei genauer Betrachtung einerseits als unerheblich, andererseits allenfalls für eine Minderheit von die Suchmaschine der Schwestergesellschaft der Beklagten nutzenden Einreisewilligen interessant dar. Das gilt umso mehr, wenn, wie der Kläger behauptet, er auf die Schaltung von Anzeigen im Adwords-Programm der Beklagten insofern angewiesen sei, als er bei der Generierung der Suchmaschinenergebnisse regelmäßig nicht auf der – gewiss überproportional bedeutsamen – ersten Seite platziert zu werden pflegt, stellt sein Angebot ein im Sinne der Richtlinien der Beklagten „unseriöses“ Angebot dar. Gerade wenn nach Entfernung der Anzeigen des Klägers sein Umsatz praktisch auf Null zurückgegangen ist, wie er behauptet, belegt dies zwar die Bedeutung dieser Anzeigen oberhalb der ersten Ergebnissen der G.-Suchmaschine für die Werbetreibenden, aber zeigt auch, dass die Leistung des Klägers bei normalem Ranking in den Ergebnissen der Suchmaschine ohne die hervorgehobene Platzierung vor den echten Suchergebnissen den Kunden weniger nachgefragt, nämlich als unattraktiv angesehen wird, weil sie die direkte und wesentlich preiswertere Antragstellung bei der US-Heimatschutzbehörde von ihnen naturgemäß vorgezogen wird. Der Kläger profitiert insbesondere davon, dass ohne Rücksicht auf einen inhaltlichen Leistungsvergleich eine hohe Zahl von „Googelnden“ diese Werbeanzeigen schlicht mit den ersten echten Ergebnisse verwechselt und deshalb für besonders attraktiv, hilfreich und wertvoll halten, da sie scheinbar überwiegend „angeklickt“ und die Leistung des Klägers von einer großen Zahl von Kunden in Anspruch genommen zu werden scheint.

Das Interesse der Beklagten, solche „unseriöse“ Angebote von den Anzeigen in Ihrem Adwords-Programm auszuschließen, ist auch deshalb gerechtfertigt, weil der Werberaum der Beklagten beschränkt ist, andererseits die Beklagte ein nachvollziehbares und nicht unbilliges Interesse daran, von Kunden, hier also den Reisewilligen, als „unseriös“ angesehene Angebote nicht zusätzlich in so prominenter Art und Weise wie der Kläger selbst vorträgt zu promoten und sie zu enttäuschen. Denn ein erheblicher Teil der Nutzer der G.-Website wird wie dargelegt die vor die normalen Suchergebnisse platzierten Anzeigen bei oft nicht genügender Aufmerksamkeit für erstplatzierte echte Suchergebnisse halten, denen er besonderes Vertrauen entgegen bringt. Das Interesse der Beklagten daran, dieses Vertrauen der Kunden nicht zu enttäuschen, ist, sofern alle Werbetreibenden gleichbehandelt werden, nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie alle Kunden gleichbehandelt und nunmehr keinerlei Konkurrenten des Klägers im Adwords Programm mit den entsprechenden Keywords Anzeigen schalten können. Insofern ist ein kurzer Zeitraum für die Prüfung und die Beseitigung von Anzeigen der Beklagten zuzugestehen und führt nicht dazu, dass der Kläger auch nur eine Zeitlang unbillig behindert wurde. Auch nach dem Vortrag des Klägers befinden sich nunmehr keinerlei Anzeigen von Konkurrenten im Adwords-Programm der Beklagten mit den streitgegenständlichen Keywords.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus Paragraph 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 ZPO.