OLG Celle, Urteil vom 22.09.2016 - 11 U 13/16
Fundstelle
openJur 2016, 9239
  • Rkr:
Tenor

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das am 6. Januar 2016 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.174,94 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. April 2015 Zug um Zug gegen Übertragung der Gesellschaftsanteile an der der König & Cie. Immobilienfonds IV „Pakhuis Amsterdam“ GmbH & Co. KG mit einem Nominalwert von 20.000 € zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte sich seit dem 18. April 2015 im Annahmeverzug bezüglich der Rückübertragung der Kapitalbeteiligung des Klägers an der König & Cie. Immobilienfonds IV „Pakhuis Amsterdam“ GmbH & Co. KG befindet.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen Schäden und Nachteilen – insbesondere von Rückforderungsansprüchen nach § 172 Abs. 4 HGB – freizustellen, die unmittelbar oder mittelbar auf der vom Kläger am 25. April 2008 gezeichneten Beteiligung an der König & Cie. Immobilienfonds IV „Pakhuis Amsterdam“ GmbH & Co. KG beruhen und die ohne diese Beteiligung nicht eingetreten wären.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.

Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 20.507 € bis zum 31. August 2016 und auf 18.340,97 € ab dem 1. September 2016 festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz aufgrund angeblich fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds.

Wegen des Sach- und Streitstands erster Instanz sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zugunsten des Klägers hat es unterstellt, dass dieser weder mündlich noch durch rechtzeitige Übergabe des Emissionsprospekts über das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB sowie das Währungsrisiko, das sich aus einer von der Fondsgesellschaft geschlossenen Swap-Vereinbarung auf Schweizer Franken ergeben habe, belehrt worden sei. Das Landgericht ist indes der Auffassung, dass sich der Kläger auf den ihm aus der streitgegenständlichen Anlage entstandenen Schaden die Vorteile anrechnen lassen müsse, die er durch die von der Beklagten taggleich empfohlene und gezeichnete Beteiligung an dem geschlossenen Immobilienfonds MPC Canada 7 erlangt habe, mithin einen Kapitalzuwachs von 22.928,32 €. Nach dessen Verrechnung verbleibe kein Schaden mehr aus der streitgegenständlichen Anlage.

Gegen dieses Urteil, auf dessen Begründung im Einzelnen ebenfalls verwiesen wird, richtet sich die rechtzeitig und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers. Er meint, dass die Voraussetzungen einer Vorteilsanrechnung nicht vorlägen. Das Landgericht habe zudem verkannt, dass ihm bei Fortbestand seiner Beteiligung an der Fondsgesellschaft weitere Belastungen durch die Verwaltung des Fondsanteils erwüchsen. Außerdem habe das Landgericht ihm eine angemessene Verzinsung des Anlagebetrags vorenthalten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger eingeräumt, dass ihm die zunächst ausgezahlten und zwischenzeitlich von ihm an die Fondsgesellschaft zurückgezahlten Ausschüttungen in Höhe von 4.332,06 € erneut ausgezahlt worden seien. Er hat den mit dem Berufungsantrag zu 1. a) ursprünglich geltend gemachten Zahlungsanspruch deshalb in dieser Höhe „reduziert“.

Der Kläger beantragt nunmehr,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 6. Januar 2016, Az. 11 O 118/15:

1. a)  die Beklagte zu verurteilten, an die Klägerseite 16.174,94 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. April 2015 Zug um Zug gegen Rückübertragung der Gesellschaftsanteile an der der König & Cie. Immobilienfonds IV „Pakhuis Amsterdam“ GmbH & Co. KG mit einem Nominalwert von 20.000 € zu zahlen,

b)  festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 18. April 2015 im Annahmeverzug bezüglich der Rückübertragung der Kapitalbeteiligung der Klägerseite an der König & Cie. Immobilienfonds IV „Pakhuis Amsterdam“ GmbH & Co. KG befindet,

c)  die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite einen Zinsausfallschaden in Höhe von 2,03 % auf 20.507 € für den Zeitraum vom 26. April 2005 bis zum 17. April 2015 zu zahlen,

d)  festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerseite von allen Schäden und Nachteilen - insbesondere von Rückforderungsansprüchen nach § 172 Abs. 4 HGB - freizustellen, die unmittelbar oder mittelbar aus der von der Klägerseite am 25. April 2005 gezeichneten Beteiligung an König & Cie. Immobilienfonds IV „Pakhuis Amsterdam“ GmbH & Co. KG resultieren und die ohne Zeichnung dieser Beteiligung nicht eingetreten wären,

e)  die Beklagte zu verurteilen, die Klägerseite von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwaltskanzlei … in Höhe von 1.570,80 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der Einzelheiten des beidseitigen Parteivorbringens und des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist im Wesentlichen begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1, § 278 BGB Anspruch auf Schadensersatz, weil die von der Beklagten erbrachte Anlageberatung, in deren Folge der Kläger sich an dem im Tenor bezeichneten Immobilienfonds beteiligte, unzureichend war.

1. Das Landgericht hat zutreffend unterstellt, dass die Beklagte den Kläger über die streitgegenständliche Beteiligung nicht in ausreichendem Umfang aufklärte. Auch der Senat muss davon ausgehen, dass der für die Beklagte tätige Handelsvertreter R. den Kläger weder über das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung aufklärte noch über das sich aus der Vereinbarung eines auf Schweizer Franken bezogenen Swaps ergebende Währungsrisiko.

a) Beide Risiken erforderten eine ausdrückliche Aufklärung.

aa) In Bezug auf das Anlageobjekt muss der Anlageberater rechtzeitig, richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig beraten. Insbesondere muss er den Interessenten über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (ständige Rechtsprechung, vgl. unter anderem BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - III ZR 82/04, juris, Rn. 9 m. w. N.)

bb) Über das aus § 172 Abs. 4 HGB folgende Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung ist deshalb grundsätzlich aufzuklären (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 10 f. m. w. N.). Das Risiko ist im Streitfall nicht einmal durch eine im Handelsregister eingetragene Herabsetzung des Haftkapitals begrenzt.

cc) Auch über das Währungsrisiko ist aufzuklären. Die Einzelheiten der von der Fondsgesellschaft geplanten Fremdfinanzierung waren für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung. Die Summe des Fremdkapitals sollte die Summe des einzuwerbenden Eigenkapitals um gut 2 Mio. € übersteigen (vgl. Anlage K 6, Anlagenband Kläger). Die Höhe der Fremdfinanzierungskosten wirkt sich daher auf den wirtschaftlichen Erfolg der Fondsgesellschaft in erheblichem Maße aus. Die Höhe kann sich, wie auf Seite 45 und 46 des Emissionsprospekts (Anlage K 5) auch dargestellt, jedoch durch Währungsschwankungen verändern.

b) Die Beklagte hat die Behauptung des Klägers, über die beiden Risiken nicht mündlich aufgeklärt worden zu sein, nicht bestritten. Sie hat (auf Seite 7 der Klageerwiderung, Bl. 34 d. A.) hierzu nur vorgetragen, der Kläger sei auf das Risiko des möglichen Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung „durch die Risikohinweise auf Seite 12 sowie 44 des Emissionsprospekts hingewiesen“ worden. Zum Währungsrisiko hat die Beklagte überhaupt keinen Vortrag gehalten.

c) Der Kläger ist auch nicht auf schriftlichem Wege aufgeklärt worden. Die Beklagte kann insoweit nicht auf den Emissionsprospekt und die darin enthaltenen Risikohinweise verweisen.

aa) Eine ordnungsgemäße Anlageberatung kann nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung auch durch die Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. April 2014 - III ZR 389/12, juris, Rn. 9 m. w. N.; Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, juris, Rn. 32 m. w. N.).

bb) Die Nichtübergabe des Emissionsprospekts vor dem Zeitpunkt der Zeichnung muss der jeweilige Anleger darlegen und beweisen. Denn ihn trifft als Anspruchsteller nach den allgemeinen zivilprozessualen Regeln die Darlegungs- und Beweislast für die behaupteten Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzungen. Allerdings handelt es sich bei der Nichtübergabe um eine für ihn negative Tatsache. Die mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden - gerade im Bereich der Aufklärungs- und Beratungspflichten - nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll; dem Kläger obliegt sodann der Nachweis, dass diese Gegendarstellung nicht zutrifft (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - III ZR 84/10, juris, Rn. 17; vom 24. Januar 2006 - XI ZR 320/04, juris, Rn. 15 m. w. N.; Unterstreichungen durch den Senat; ebenso zuletzt Senat, Urteil vom 14. Juli 2016 - 11 U 221/15, n. v.).

cc) Der Kläger hat die Nichtübergabe bereits in der Klageschrift (dort Seite 7, Bl. 7 d. A.) dargelegt, indem er behauptet hat, der Prospekt sei ihm „erst am Zeichnungstage“ übergeben worden, mithin keinesfalls so rechtzeitig, dass er den Prospektinhalt noch vor der Abgabe der Beitrittserklärung zur Kenntnis nehmen konnte. Diese Darlegung ist ausreichend. Es handelt sich bei der Prospektübergabe um einen einfachen alltäglichen Vorgang, der zu einem bestimmten Zeitpunkt entweder stattgefunden hat oder nicht.

dd) Die Behauptung des Klägers ist der Entscheidung des Rechtsstreits gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zugrunde zu legen. Die Beklagte hat sie nämlich in prozessual nicht zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten.

(1) Die Behauptung des Klägers, er habe den Emissionsprospekt nicht vor dem Termin, in dem er die Beitrittserklärung zu dem streitgegenständlichen Fonds unterzeichnete, erhalten, betrifft eine negative Tatsache. Der Kläger behauptet, dass sich ein bestimmtes Geschehen nicht zugetragen habe.

(2) Negative Tatsachen darf der Anspruchsgegner nicht mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) bestreiten (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - IX ZR 45/08, juris, Rn. 2). Insbesondere beeinflusst die Frage, ob ihr eine Darlegung des Positivums möglich und zumutbar ist, die Zulässigkeit eines Bestreitens mit Nichtwissen nicht.

Den Anspruchsgegner, der die Behauptung einer negativen Tatsache nicht hinnehmen möchte, trifft nämlich eine eigene Darlegungslast, nicht nur eine Bestreitenslast. Dabei handelt es sich nicht um eine sekundäre Darlegungslast im üblichen Sinne, sondern um einen Sonderfall der sekundären Darlegungslast. Eine sekundäre Darlegungslast im üblichen Sinne trifft eine Partei, wenn die (eigentlich) darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 19. April 1999 - II ZR 331/97, juris, Rn. 7 m. w. N.). Eine solche Situation liegt in Anlageberatungsfällen regelmäßig nicht vor, weil der Anspruch stellende Anleger nicht außerhalb des von ihm vorzutragenden Geschehensablaufs steht, sondern im gleichen Umfang wie das Beratungsunternehmen Einblick in den Aufklärungsablauf hat(te) und es sich somit gerade nicht um Informationen handelt, auf die der Aufklärungsverpflichtete leichter zugreifen könnte als der Anleger selbst (vgl. Ahrens in: Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kapitel 10, Rn. 128, dort Fußnote 9 m. w. N.). Es handelt sich vielmehr um eine eigenständige prozessuale Rechtsfigur, die zwar besonders häufig einschlägig ist, wenn die Parteien um Aufklärungs- oder Beratungspflichten streiten, auf solche Fälle aber nicht beschränkt ist. Immer dann, wenn ein Anspruchsteller eine negative Tatsache behauptet, muss der Anspruchsgegner, der das Vorliegen der Tatsache bestreitet, aktiv darlegen, wann und wie sich die Tatsache verwirklicht haben soll.

Zwar darf sich nach der - allerdings sehr vom Einzelfall geprägten (vgl. Zöller/ Greger, ZPO, 31. Aufl., Vor § 284, Rn. 34d) - höchstrichterlichen Rechtsprechung auch derjenige Anspruchsgegner, den eine sekundäre Darlegungslast trifft, auf ein Bestreiten mit Nichtwissen zurückziehen, wenn ihm ein substantiiertes Bestreiten nicht zumutbar ist. Auch wenn es einer Partei grundsätzlich gemäß § 138 Abs. 4 ZPO verwehrt ist, eigene Handlungen und Wahrnehmungen mit Nichtwissen zu bestreiten, kommt ein solches Bestreiten ausnahmsweise in Betracht, wenn die Partei nach der Lebenserfahrung glaubhaft macht, sich an gewisse Vorgänge nicht mehr erinnern zu können (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, juris, Rn. 20 m. w. N.). Eine Partei, die mit Nichtwissen bestreiten möchte, trifft dann zunächst eine Informationspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1998 - VIII ZR 100/97, juris, Rn. 14 m. w. N.). Sie ist verpflichtet, die ihr zugänglichen Informationen in ihrem Unternehmen und von denjenigen Personen einzuholen, die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2001 - I ZR 238/98, zitiert nach juris, Rn. 30). Diese Erkundigungspflicht bezieht sich auch keineswegs von vornherein nur auf solche Mitarbeiter oder Drittunternehmen, die für die Partei nach wie vor noch tätig sind, sondern auch auf frühere Mitarbeiter (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2001, a. a. O.: Pflicht zur Erkundigung bei ausgeschiedenem Geschäftsführer). Bleiben diese Bemühungen indes erfolglos, ist das Bestreiten mit Nichtwissen zulässig.

Diese Rechtsprechung ist aber gerade nicht einschlägig, wenn den Anspruchsgegner nicht eine sekundäre Darlegungslast im üblichen Sinne trifft, sondern der Anspruchsteller eine negative Tatsache behauptet hat und der Anspruchsgegner, der diese Behauptung nicht hinnehmen möchte, deshalb das Positivum darlegen muss. Das Nichtvorliegen einer - negativen - Tatsache zu bestreiten, ist dem Anspruchsgegner nur erlaubt, wenn er aus eigener Kenntnis oder aufgrund von Nachforschungen positiv behaupten kann, dass die Tatsache eingetreten ist (vgl. nochmals BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011, a. a. O.). Ist er dazu - aus welchen Gründen auch immer - nicht in der Lage, trifft ihn die gleiche prozessuale Folge, die sonst einen Anspruchsteller trifft, der nicht alle Tatbestandsmerkmale des einschlägigen Anspruchstatbestandes darlegen kann: Sein Vortrag wird als unschlüssig bzw. unerheblich behandelt. Zu seinem Nachteil ist dann davon auszugehen, dass die darzulegende - positive - Tatsache nicht vorliegt. Im Streitfall ist mithin davon auszugehen, dass der Emissionsprospekt nicht - jedenfalls nicht vor dem Zeichnungstermin - übergeben wurde.

(3) Im Streitfall hat die Beklagte die Behauptung des Klägers mit Nichtwissen bestritten. Sie hat in ihrer Klageerwiderung (dort Seite 5, Bl. 33 d. A.) zunächst eingeräumt, nicht „positiv“ zu wissen, dass der Kläger den Emissionsprospekt schon vor dem Zeichnungstermin erhalten habe. In ihrer Duplik vom 7. Oktober 2015 (dort Seite 2, Bl. 57 d. A.) und in ihrer Berufungserwiderung (dort Seite 3, Bl. 161 d. A.) hat sie sodann ausdrücklich klargestellt, dass sie die Behauptung des Klägers mit Nichtwissen bestreite. Das ist nach den vorstehenden Ausführungen unzulässig.

ee) Soweit die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung (a. a. O.) trotz eingestandener Unkenntnis über den Geschehensablauf zugleich behauptet hat, der Kläger habe den Emissionsprospekt in einem weiteren Beratungstermin erhalten, der vor dem Tag der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung am 25. April 2005 abgehalten worden sei, handelt es sich um eine bloße Spekulation (ins Blaue hinein), die prozessual ebenfalls unbeachtlich ist.

(1) Zwar ist eine Partei grundsätzlich nicht gehindert, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält; ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt erst dann vor, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist jedoch Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte vorliegen (vgl. unter anderem BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, juris, Rn. 40, 43 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02, juris, Rn. 15, jeweils m. w. N.).

(2) Diese Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall indes nicht einschlägig. Geht es, wie hier, um die Darlegung und das Bestreiten von Aufklärungspflichtverletzungen, trifft den Anspruchsgegner eine besondere sekundäre Darlegungslast (vgl. die vorstehenden Ausführungen unter c) bb)). An die Substanz des Vortrags der sekundär darlegungsbelasteten Partei sind deshalb Anforderungen zu stellen, die über die im Regelfall bestehenden prozessualen Anforderungen deutlich hinausgehen.

(3) Diesen gesteigerten Anforderungen wird der Vortrag der Beklagten nicht gerecht. Sie hat nicht, wie vom Bundesgerichtshof verlangt (vgl. nochmals die Urteile vom  5. Mai 2011, a. a. O., Rn. 17, und vom 24. Januar 2006. a. a. O., Rn. 15), im Einzelnen dargelegt, wie ihr Handelsvertreter R. den Kläger beriet. An einer klaren Darlegung, wann genau, bei welcher Gelegenheit, in welcher Weise (postalisch oder direkt?) und mit welchen Erläuterungen R. den Prospekt an den Kläger übergab, fehlt es. Eben dieser Darlegung bedürfte es indes, damit der Vortrag den zitierten höchstrichterlichen Anforderungen genügt.

Die Beklagte hat auch keine sonstigen Einzelheiten vorgetragen, die den Rückschluss auf die von ihr darzulegende Tatsache einer frühzeitigen Übergabe des Emissionsprospekts zulassen.

Die in der als Anlage K 7 vorgelegten Beitrittserklärung vom 25. April 2005 enthaltene – vorformulierte – Bestätigung, den Emissionsprospekt erhalten zu haben, lässt es lediglich als wahrscheinlich erscheinen, dass der jeweilige Anleger den Prospekt überhaupt erhalten hat. Ein über diese Information hinausgehender Erklärungswert kommt der Bestätigung nämlich schon dem Wortlaut nach nicht zu. Den Erhalt des Prospekts stellt der Kläger indes überhaupt nicht in Abrede. Die entscheidende Streitfrage lautet, ob er den Prospekt deutlich - nach der ständigen Senatsrechtsprechung: im Regelfall zwei Wochen - vor dem Zeichnungstermin erhielt. Diesbezüglich enthält die Empfangsbestätigung im Streitfall keine Aussage. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 6. Dezember 2012 (III ZR 66/12, juris, Rn. 17) zum Erkenntniswert einer solchen Erklärung Folgendes ausgeführt: „Diese ‘Empfangsbestätigung‘ besagt zum einen nichts (Näheres) über eine rechtzeitig vor der (Unter-)Zeichnung erfolgte Prospektübergabe […]“.

Die Beklagte darf auch nicht einfach, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von ihr vorgebracht und schon in ihrer Klageerwiderung angedeutet (dort Seite 5, Bl. 33. d. A.), aus der auf dem Handelsvertretervertrag beruhenden Verpflichtung ihrer Handelsvertreter zur Belehrung der Kunden über die Kernrisiken einer Beteiligung oder aus einer von ihr erteilten allgemeinen Anweisung auf die regelhafte Einhaltung dieser Verpflichtungen schließen. Dieser allgemeine Schluss ermöglicht ihr zum einen, wie auch der vorliegende Fall zeigt, ohnehin nicht den erforderlichen detaillierten Vortrag zu den Umständen der Übergabe. Zum anderen widerspricht der von der Beklagten gezogene Schluss sowohl allgemeiner Erfahrung als auch im Besonderen der Erfahrung des Senats mit dem Beratungsverhalten der Handelsvertreter der Beklagten. Genügten Vorschriften und Verbote, um Rechtssubjekte in allen Fällen zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen, bedürfte es keiner Gerichte.

ff) Eines weiteren Hinweises des Senats hat es nicht bedurft. Aus den Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 17. August 2016 ergibt sich, dass der Beklagten die Rechtsansicht des Senats zur Unzulässigkeit des Bestreitens mit Nichtwissen bekannt geworden war und ihr trotz weiterer Recherchen kein weiterer Sachvortrag zur Übergabe des Prospekts möglich ist.

gg) Darf sich die Beklagte hinsichtlich des Zeitpunkts der Prospektübergabe nicht mit Nichtwissen erklären und ist ihr sonstiger Vortrag zu dieser Frage unerheblich, muss die Behauptung des Klägers, den Prospekt erst nach der Zeichnung des streitgegenständlichen Immobilienfonds erhalten zu haben, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig behandelt werden. Es fehlte mithin an einer objektgerechten Aufklärung des Klägers.

2.  Der Senat muss davon ausgehen, dass der Beratungsfehler für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlich war.

a)  Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung besteht eine tatsächliche Vermutung, dass ein Anleger sich gegen die ihm empfohlene Kapitalanlage entschieden hätte, wenn er umfassend über alle wesentlichen Risiken aufgeklärt worden wäre (vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 – XI ZR 262/10, juris, Rn. 28, 33 m. w. N.). Bei der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens handelt es sich nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 29).

b) Die Beklagte hat im ersten Rechtszug (auf Seite 8 ihrer Klageerwiderung, Bl. 36 d. A.) behauptet, dem Kläger sei es auf die erheblich über den bisherigen Renditen liegende prognostizierte Ausschüttung angekommen. Da er - so ihre weitere Behauptung - eine Vielzahl von Risiken in Kauf genommen habe, wäre er der streitgegenständlichen Beteiligung auch beigetreten, falls er pflichtwidrig womöglich über eines der mit der Beteiligung einhergehenden Risiken nicht in Kenntnis gesetzt worden sei. Darauf deute auch hin, dass er die Beteiligung an dem Siebte Sachwert-Rendite Fonds Canada behalten wolle, obwohl dort die gleichen Risiken wie bei der streitgegenständlichen Beteiligung bestünden.

c) Mit diesem Vorbringen vermag die Beklagte die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht zu erschüttern.

aa) Es fehlt ihm ersichtlich an jeder Tatsachengrundlage. Die Beklagte hat zuletzt in ihrem Schriftsatz vom 17. August 2016 (Bl. 171 ff. d. A.) offen eingeräumt, dass der damals für sie tätige Handelsvertreter R. keine Erinnerung mehr an die Beratung des Klägers habe. Die Beklagte trägt auch nicht vor, dass andere ihrer Handelsvertreter oder Angestellten mit dem Kläger in Kontakt gestanden hätten. Die Beklagte verfügt daher über keinerlei eigene oder ihr vermittelte Erkenntnisse über die Person des Klägers, sein damaliges Anlageverhalten und seine damaligen Anlageziele. Ihre Behauptung erhebt sie daher vollständig ins Blaue hinein.

bb) Der Rückschluss von der - auch nur behaupteten, nicht bewiesenen - Inkaufnahme anderer Risiken auf die Hinnahme des Risikos des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung ist überdies mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung unvereinbar. Der Bundesgerichtshof lehnt ihn ausdrücklich ab (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014, a. a. O. Rn. 10).

cc) Die Beklagte behauptet nicht, dass der Kläger von dem auch bei dem Siebte Sachwert-Rendite Fonds Canada bestehenden Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung wesentlich früher Kenntnis erlangt habe. Nur bei sehr frühzeitiger Kenntniserlangung stellte die Entscheidung des Klägers, den anderen Fonds trotz gleicher Risiken zu behalten, ein Indiz dar, das möglicherweise gegen die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens spricht. Zudem verlief die andere Beteiligung positiv. Behält ein Anleger eine über viele Jahre gehaltene Beteiligung, die sich erfolgreich entwickelt hat, trotz nachträglicher Kenntnisnahme von ihm bislang unbekannten Risiken, lässt sich aus diesem Verhalten nicht der Schluss ableiten, diese Risiken seien ihm gleichgültig. Es spricht dann vielmehr alles dafür, dass sich die Risiken wegen des bereits eingetretenen Anlageerfolgs nicht mehr oder nur noch in geringem Umfang verwirklichen können und der Anleger sie deshalb hinnimmt.

Die Beklagte behauptet außerdem nicht, dass bei dem Siebte Sachwert-Rendite Fonds Canada gleichfalls ein Währungsrisiko infolge eines von der Fondsgesellschaft auf Schweizer Franken geschlossenen Swap-Geschäfts bestanden habe. Es gibt deshalb keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass der Kläger dieses Risiko bei diesem Fonds in Kauf nahm. Folglich lässt sich aus dem Behalten dieses Fonds ein Rückschluss für den streitgegenständlichen Fonds von vornherein nicht ziehen.

3. Die Schadensersatzansprüche wegen der Nichtaufklärung über die beiden vorstehend unter 1. a) genannten Risiken sind nicht verjährt. Es entspricht zwar der langjährig gefestigten Rechtsprechung des Senats, dass sich ein Anleger grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorhalten lassen muss, wenn er ihm zur Unterschrift vorgelegte Beratungsprotokolle wie den im vorliegenden Rechtsstreit als Anlage B 6 vorgelegten persönlichen Beraterbogen und insbesondere die darin knapp und übersichtlich zusammengefassten Risikohinweise nicht liest. Weder das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung noch das sich aus der Vereinbarung eines auf Schweizer Franken bezogenen Swaps ergebende Währungsrisiko ist in diesem Bogen indes erwähnt.

4. Die Beklagte hat den Kläger nach alledem so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er die streitgegenständliche Beteiligung nicht gezeichnet hätte.

a) Zu diesem Zweck hat sie ihm das eingesetzte Kapital einschließlich Agio und der unstreitig gebliebenen Steuerzahlungen (vgl. Seite 4 des Schriftsatzes des Klägers vom 20. August 2015, Bl. 46 d. A.), mithin 21.107 €, Zug um Zug gegen Übertragung seiner (mittelbaren) Kommanditbeteiligung zu erstatten.

Außerdem sind in den Schadenssaldo diejenigen Vorteile einzustellen, die der Kläger aus der Beteiligung gezogen hat. Dabei handelt es sich zum einen um die Ausschüttungen, die der Kläger von der Fondsgesellschaft erhalten hat. Der Kläger lässt sich - mittlerweile wieder (vgl. seinen Schriftsatz vom 20. August 2015, Bl. 43 ff. d. A. einerseits, seine Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 1. September 2016, Bl. 178 d. A., andererseits) - Ausschüttungen in Höhe von 4.332,06 € anrechnen. Die Beklagte behauptet Ausschüttungen in Höhe von 6.200 € (Seite 9 der Klageerwiderung, Bl. 37 d. A.), bietet dafür aber kein Beweismittel an. Da es sich bei der Behauptung, der Kläger habe höhere Ausschüttungen erhalten, um eine (teilweise) rechtsvernichtende Einwendung handelt, trifft die Darlegungs- und Beweislast nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die Beklagte. Sie bleibt daher beweisfällig.

Zum anderen hat der Kläger unstreitig eine Erstattung des Agios in Höhe von 600 € erhalten.

Aus den vorstehenden Angaben folgt ein Saldo von 16.174,94 € zugunsten des Klägers.

b) Der Kläger hat außerdem Anspruch auf Zahlung von Zinsen seit dem 18. April 2015 aufgrund Verzuges, der nach Ablauf der im als Anlage K 8 (Anlagenband Kläger) vorgelegten außergerichtlichen Aufforderungsschreiben vom 25. März 2015 gesetzten Frist eintrat (vgl. § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB).

c) Den mit dem Berufungsantrag zu 1. c) geltend gemachten Zinsverlust hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt.

aa) Zwar umfasst der Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung eines Beratungsvertrages gemäß § 252 Satz 1 BGB auch den entgangenen Gewinn. Dazu gehören grundsätzlich auch entgangene Anlagezinsen. Der Anleger kann sich hierbei gemäß § 252 Satz 2 BGB auf die allgemeine Lebenserfahrung berufen, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt liegen bleibt, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt wird (vgl. BGH, Urteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, juris, Rn. 64; vom 24. April 2012 - XI ZR 360/11, juris, Rn. 11, jeweils m. w. N.). Indes trägt der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast dafür, ob und in welcher Höhe ihm durch das schädigende Ereignis ein Gewinn entgangen ist. § 252 Satz 2 BGB enthält für den Geschädigten lediglich eine die Regelung des § 287 ZPO ergänzende Darlegungs- und Beweiserleichterung. Der Geschädigte kann sich deshalb zwar auf die Behauptung und den Nachweis der Anknüpfungstatsachen beschränken, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB geregelte Vermutung eingreift. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung im Sinne von § 252 BGB aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung des Geschädigten und deren Umfang kann jedoch nur anhand seines Tatsachenvortrages dazu beurteilt werden, für welche konkrete Form der Kapitalanlage er sich ohne das schädigende Ereignis entschieden hätte (vgl. BGH, Urteile vom 28. Mai 2013 - XI ZR 184/11, juris, Rn. 43; vom 24. April 2012, a. a. O. Rn. 13).

bb) Der Kläger hat zu dieser Frage nichts Konkretes vorgetragen, sondern auf Seite 16 seiner Klageschrift nur pauschal behauptet, „die Klägerseite hätte bei fehlerfreier Beratung durch die Beklagte ihr Geld zinsträchtig anlegen können. […] Die Klägerseite macht geltend, dass sie als anlagewillige Kapitalinhaberin alternativ wenigstens die durch Festgeld erreichbare Durchschnittsrendite mit Wahrscheinlichkeit erzielt hätte […]“. Der in den Anträgen angegebene Zinsbetrag entspreche dem durchschnittlichen Festgeldzinssatz zwischen dem Zeichnungstag und dem 17. April 2015.

Dieser Vortrag ist nicht nur zu pauschal. Der Kläger legt sich auch nicht einmal fest, wie er das eingesetzte Kapital anderweitig verwendet hätte. Das genügt nicht den vorstehend genannten Anforderungen. Gegen die Richtigkeit der ersichtlich textbausteinartig vorgetragenen Behauptung spricht im Übrigen, dass der Kläger sein (auch) auf die streitgegenständliche Anlage verwandtes Kapital zuvor zu einem großen Anteil in Aktien, einer Sparbuchart und auf einem Girokonto angelegt hatte (vgl. Seite 3 der Klageschrift). Die erstgenannte Anlage garantierte keine feste Verzinsung, die beiden letztgenannten Anlagen erbringen typischerweise entweder gar keine oder eine nur sehr geringe Verzinsung.

d) Die Beklagte ist zur Freistellung des Klägers von etwaigen künftigen Nachteilen verpflichtet, die sich aus der streitgegenständlichen Beteiligung ergeben können. Nachdem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig geworden ist, dass dem Kläger die Ausschüttungen abermals ausgezahlt worden sind, besteht jedenfalls das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung.

e) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Er hat nämlich nicht vorgetragen, dass er seinem Prozessbevollmächtigten zunächst nur einen auf die außergerichtliche Vertretung beschränkten Auftrag bzw. nur einen bedingten Prozessauftrag für den Fall des Scheiterns einer außergerichtlichen Einigung erteilte (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 - XI ZR 421/10, juris, Rn. 33). Er hat vielmehr als Teil der Anlage K 8 das von seinem Prozessbevollmächtigten üblicherweise genutzte Vollmachtsformular vorgelegt, das dem Senat aus Parallelverfahren bereits bekannt ist. Aus diesem ergibt sich, dass der jeweilige Anspruchsteller diesen Prozessbevollmächtigten von vornherein ohne Einschränkungen auch mit der Prozessführung beauftragte. Ein solch unbegrenzter Auftrag steht der Ersatzfähigkeit vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten entgegen. Die Geltendmachung einer Gebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG ist dann ausgeschlossen, weil die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG auch Tätigkeiten umfasst, welche die Klage oder die Rechtsverteidigung vorbereiten (vgl. OLG Celle, Urteil vom 20. November 2013 - 3 U 65/13, juris, Rn. 83 m. w. N.).

5. Der Kläger muss sich auf den Schaden, der ihm durch die Zeichnung des streitgegenständlichen Fonds entstanden ist, nicht die Rendite als Vorteil anrechnen lassen, die er mit dem am selben Tag gezeichneten Immobilienfonds MPC Canada 7 erzielt hat.

a) Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind dem Geschädigten diejenigen Vorteile anzurechnen, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zufließen (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2015 - XI ZR 378/13, Rn. 85; vom 16. Januar 1990 - VI ZR 170/89, juris, Rn. 10).

Dies beruht auf der Erwägung, dass ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt und der Geschädigte nicht besser gestellt werden soll, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis begründeten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, sondern nur solche, deren Anrechnung dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet. Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, juris, Rn. 17 m. w. N.).

b) Die fehlerhafte Beratung über mehrere verschiedene Fondsbeteiligungen und der sich daran anschließende Beitritt des Anlegers zu jeder einzelnen der ihm empfohlenen Fondsgesellschaften sind grundsätzlich kein einheitliches Schadensereignis, sondern mehrere jeweils für sich selbstständige Schadensereignisse. Das gilt auch dann, wenn die Beratung über die Beteiligungen in einem Gespräch erfolgt. Das Schadensereignis besteht nämlich nicht nur aus der fehlerhaften Beratung. Sie allein begründet keinen Schadensersatzanspruch des Anlegers. Bleibt sie folgenlos, weil der Anleger die ihm empfohlene Beteiligung nicht zeichnet, kann der Anleger keinen Schadensersatz beanspruchen. Damit der den Schadensersatzanspruch begründende Tatbestand vollständig ist, müssen vielmehr zwei weitere Tatbestandsmerkmale vorliegen: Der Anleger muss die ihm im Rahmen der fehlerhaften Beratung empfohlene Beteiligung tatsächlich zeichnen und diese Anlageentscheidung muss auf der fehlerhaften Beratung beruhen.

Das zweite Tatbestandsmerkmal wird indes bei der Zeichnung verschiedener Beteiligungen regelmäßig nicht durch denselben Lebenssachverhalt ausgefüllt werden. Zeichnet der Anleger zwei Beteiligungen, trifft er zwei verschiedene Anlageentscheidungen und unterzeichnet dementsprechend zwei verschiedene Beitrittserklärungen. Anschließend hat er mehrere Bestandteile seines Vermögens - eine Fehlerhaftigkeit der Beratung unterstellt - auf den Erwerb zweier Beteiligungen verwendet, die seinen Anlagezielen widersprechen.

Unterscheiden sich die Lebenssachverhalte aber durch die Verschiedenheit der Anlageentscheidungen und der aufgewendeten Vermögensbestandteile, können sie nicht ein einheitliches Schadensereignis darstellen, sondern allenfalls gleichzeitig entstandene Schadensereignisse, die durch ein gemeinsames Tatbestandsmerkmal, nämlich die fehlerhafte Beratung, miteinander verbunden sind.

c) Eine Vorteilsausgleichung kann indes, wie eingangs ausgeführt, grundsätzlich nur erfolgen, wenn die auszugleichenden Vorteile gerade auf demjenigen Schadensereignis beruhen, aus dem auch die Nachteile erwachsen sind, mit denen der Ausgleich vorgenommen werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2015 – XI ZR 378/13, juris, Rn. 85: „Nämlichkeit des Schadensereignisses“ erforderlich).

d)  Der Anwendungsbereich der Grundsätze der Vorteilsausgleichung muss auch nicht in wertender Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) über seinen eigentlichen Anwendungsbereich hinaus auf die hier zur Entscheidung stehende Fallkonstellation ausgedehnt werden.

aa) Der Bundesgerichtshof hat (a. a. O., Rn. 88) für den Bereich sog. Swap-Geschäfte, welche aufgrund eines Rahmenvertrags abgeschlossen wurden, bereits darauf hingewiesen, dass nicht einmal die in dem Rahmenvertrag ausdrücklich festgelegte Behandlung aller einzelnen Geschäfte als "einheitlicher Vertrag" und die für alle einzelnen Geschäfte anzustellende einheitliche Risikobetrachtung die Anrechnung von Gewinnen aus den einen Geschäften auf die Verluste aus den anderen Geschäften zu rechtfertigen vermag (BGH, a. a. O., Rn. 88). Zwar lag der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall insofern anders als der vorliegende Fall, als der Bundesgerichtshof dort unter anderem auf die verschiedenen Zeitpunkte der Swap-Geschäfte abgestellt hat (BGH, a. a. O., Rn. 85). Der Bundesgerichtshof hat aber jedenfalls auch darauf abgestellt, dass dort ausdrückliche Regelungen über eine Anrechnung in dem Rahmenvertrag fehlten (BGH, a. a. O., Rn. 88).

bb) Die beiden im Streitfall von der Beklagten empfohlenen Beteiligungen beruhen - anders als die Swap-Geschäfte in dem vom Bundesgerichthof (a. a. O., Rn. 2 f.) entschiedenen Fall - nicht auf einem Rahmenvertrag, in dem die Einzelheiten etwa der Zeichnungsvorgänge und der anschließenden Abwicklung durch die Beklagte geregelt wurden. Sie sind lediglich durch einen einheitlichen Beratungsvertrag miteinander verbunden. Diese Verbindung ist noch weniger eng als die durch einen Rahmenvertrag geschaffene. Daher kommt insofern eine Vorteilsausgleichung erst recht nicht in Betracht.

cc) Verhält sich der geschädigte Kunde in seiner Reaktion auf die gleiche Pflichtverletzung (hier: fehlerhafte Beratungsleistung) unterschiedlich, indem er an für ihn günstig verlaufenden Geschäften festhält, während er ihm nachteilige Geschäfte rückabzuwickeln sucht, kann diesem Verhalten zwar eine Indizwirkung bei der Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität zukommen (vgl. dazu die nachstehenden Ausführungen unter 3.). Ist die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens unter Berücksichtigung dieses Umstands aber nicht widerlegt, kann dem Kunden der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens nicht gemacht werden. Der Verzicht auf eine entsprechende Anwendung der Grundsätze der Vorteilsausgleichung sichert insofern den Anreiz, Beratungspflichten stets und immer zu genügen (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 87).

dd) Auch aus dem Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 15. Januar 2013 (II ZR 90/11, juris, Rn. 26 f.) ergibt sich nichts anderes. Der II. Zivilsenat ist in diesem Urteil zwar davon ausgegangen, dass eine analoge Anwendung der Grundsätze der Vorteilsausgleichung zu erfolgen hat, wenn aus einer Reihe von (rechtswidrigen) Spekulationsgeschäften sowohl Verluste als auch Gewinne entstehen. Diese Entscheidung beruht aber auf der Besonderheit, dass ein Organmitglied der geschädigten Gesellschaft auf Ersatz der Verluste in Anspruch genommen wurde. Deshalb hätte sich die Gesellschaft treuwidrig verhalten, wenn sie das Organmitglied einerseits für einen Fehler ersatzpflichtig macht, aber andererseits den Gewinn behält, wenn das Organ den gleichen Fehler erneut begeht. Wie auch schon in dem vom XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs durch das Urteil vom 28. April 2015 (a. a. O., Rn. 86) entschiedenen Fall geht es auch im Streitfall um solche aus der besonderen Natur der Organstellung folgende Treuepflichten nicht.

e) Der Senat hat erwogen, ob eine Vorteilsausgleichung in vergleichbaren Fällen ausnahmsweise geboten ist, wenn sich der Schaden des Anlegers nicht aus der Zeichnung mehrerer Beteiligungen ergibt, die jeweils für sich nicht seinen Anlagezielen entsprechen, sondern aus der Kumulation der Beteiligungen. Das könnte etwa der Fall sein, wenn der Anlageberater nicht zu einer ausreichenden Diversifikation der Beteiligungen geraten hat oder wenn er dem Anleger im Rahmen eines einheitlichen, aber fehlerhaften Anlagekonzepts mehrere unterschiedliche Beteiligungen vorgeschlagen hat. Diese Rechtsfrage bedarf jedoch im vorliegenden Fall keiner Antwort.

Der Kläger erhebt den Vorwurf sowohl unzureichender Diversifikation als auch allgemein nicht anlegergerechter Beratung zwar auch im Streitfall. Der darauf gestützte Schadensersatzanspruch ist indes gemäß § 199 Abs. 1 BGB kenntnisabhängig verjährt. Anhand des von ihm am Tag seines Beitritts zu der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft unterschriebenen persönlichen Beraterbogens (Anlage B 6) konnte und musste der Kläger nämlich erkennen, dass die Beklagte ihm nur solche Anlagen empfahl, die nicht zu seiner im vorliegenden Prozess behaupteten Anlegermentalität passten.

aa) Der behauptete Fehler der nicht anlegergerechten Beratung drängt sich auch dem nur oberflächlichen Leser des Beraterbogens auf. Denn die darin vermerkte Anlegermentalität „begrenzt risikobereit“, die ausdrücklich wie folgt definiert wird: „Höheren Ertragserwartungen stehen angemessene Risiken gegenüber“, passt nicht zu dem vom Kläger behaupteten Ziel, „keine riskanten Anlagen zu tätigen, die zu einem spürbaren Verlust des Kapitals führen könnten“ und „ausschließlich an sicheren Anlagen interessiert“ gewesen zu sein (vgl. Seite 3 der Klageschrift, Bl. 5. d. A.). Der Kläger konnte und musste also erkennen, dass der Handelsvertreter R. ihm eine Beteiligung empfahl, die nicht denjenigen Erwartungen entsprach, die damals gehabt zu haben der Kläger nunmehr behauptet.

Diese Möglichkeit genügt, um den Lauf der kenntnisabhängigen Verjährung auszulösen.

Mithin sind auch Schadensersatzansprüche kenntnisabhängig verjährt, die der Kläger auf die Behauptung stützt, die Beklagte habe nicht für eine ausreichende Diversifikation der Anlagen gesorgt. Auch insofern konnte der Kläger schon bei Abgabe der einzelnen Beitrittserklärungen durch eine Lektüre der Beraterbögen von allen den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangen. Denn nicht nur aus dem Beraterbogen, den der Kläger für den streitgegenständlichen Fonds unterzeichnete, sondern auch aus demjenigen, den er für den gleichzeitig gezeichneten Immobilienfonds MPC Sachwert Canada 7 unterzeichnete (Anlage B 2), ergibt sich unmissverständlich, dass es sich um eine risikobehaftete Anlageform handelte und dass die Beklagte von einer jedenfalls nicht sicherheitsorientierten Anlegermentalität des Klägers ausging, sondern von einer erhöhten oder gar hohen Risikobereitschaft (vgl. die Eintragung im letztgenannten Beraterbogen: „Risikobewusst – Ertragserwartungen über Kapitalmarktniveau, gesteigerte Risikobereitschaft“). Da der Kläger – ausgehend von seinem Vortrag im vorliegenden Rechtsstreit – demgegenüber eine sicherheitsorientierte Anlage ohne Verlustrisiko wünschte, waren ihm alle Tatsachen bewusst oder mussten ihm jedenfalls bewusst sein, aus denen sich das Fehlen der Anlegergerechtheit der Anlageempfehlungen mangels Diversifikation ergab. Denn aus der vom Kläger behaupteten Erwartungshaltung folgte, ihre Richtigkeit unterstellt, dass die Beklagte ihm keinesfalls den Beitritt zu beiden streitgegenständlichen Fondsgesellschaften raten durfte. Musste der Kläger nämlich erkennen, dass schon jede einzelne Anlage für sich genommen ein von ihm unerwünschtes Verlustrisiko bis hin zum Totalverlustrisiko mit sich brachte, musste er erst recht zwingend erkennen, dass die Zeichnung von zwei solcher Anlagen ein vielfaches Verlustrisiko mit sich brachte, das in der Kumulation seinem - behaupteten - Anlageziel noch mehr widersprach als die Zeichnung nur einer Beteiligung. Allein daraus konnte der Kläger auf den behaupteten Beratungsfehler schließen.

bb) Es entspricht, wie bereits unter 3. erwähnt, der langjährig gefestigten Rechtsprechung des Senats, dass sich ein Anleger grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorhalten lassen muss, wenn er ihm zur Unterschrift vorgelegte Beratungsprotokolle wie die im Vorstehenden erwähnten und insbesondere die darin knapp und übersichtlich zusammengefassten Risikohinweise nicht liest.

Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt demnach vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung vorzuwerfen sein, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben, er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat. Hierbei trifft den Gläubiger generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falles als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BGH, Urteil vom 27. September 2011 - VI ZR 135/10, juris, Rn. 10).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war es jedenfalls angesichts der beiden „persönlichen Beraterbögen“ vom 25. April 2005 (Anlagen B 2 und B 6) grob fahrlässig, wenn der Kläger die Augen vor den darin enthaltenen Risikohinweisen und Vermerken verschloss und weiter auf die behaupteten Erklärungen des Anlageberaters R. vertraute, dass die Anlagen sicher seien. Diese behaupteten Erklärungen sind mit den schriftlichen Hinweisen nicht in Einklang zu bringen, was dem Kläger unmittelbar hätte auffallen müssen.

Selbst wenn der Kläger die Hinweise in dem „Beraterbogen“ nur überflogen oder gar überhaupt nicht gelesen hätte, stünde dies der Annahme grober Fahrlässigkeit der möglichen Unkenntnis von Beratungsfehlern nicht entgegen (allgemein zum ungelesenen Unterschreiben vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - IX ZB 167/09, juris, Rn. 9). Zwar kann von einem Anleger regelmäßig nicht erwartet werden, umfangreiche Prospektangaben durchzulesen, deren Detailfülle, angereichert mit volks- und betriebswirtschaftlichen sowie steuerrechtlichen Fachausdrücken, viele Anleger von einer näheren Lektüre abhält. Wenn er auf den Rat und die Angaben „seines“ Beraters vertraut, stellt die mangelnde Durchsicht eines Anlageprospekts deshalb grundsätzlich kein „grobes Verschulden gegen sich selbst“ dar (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, juris, Rn. 33).

Hiermit sind die von der Beklagten für die Vermittlung des streitgegenständlichen Fonds und des gleichzeitig empfohlenen Immobilienfonds „MPS Sachwert Rendite Canada 7“ verwendeten Beraterbögen jedoch nicht vergleichbar. Sie enthalten vielmehr unter der Überschrift „Risiken der Beteiligung“ knapp zusammengefasst Hinweise auf die Mehrzahl der maßgeblichen Anlagerisiken und außerdem eine schnell erfassbare und eingängige Dokumentation der Anlageziele und der Anlegermentalität des Klägers. Diese Hinweise führen jedem Anleger deutlich vor Augen, dass ein Verlust des eingesetzten Kapitals möglich ist. Die besondere Bedeutung des Beraterbogens wurde hier dadurch betont, dass der Kläger ihn - zusätzlich zu der Beitrittserklärung - unterschreiben sollte und unstreitig unterschrieben hat. Allein dieses Unterschriftserfordernis musste den Kläger veranlassen, sich über den Inhalt der Notiz zu vergewissern. Wer im Zusammenhang mit einer für ihn wirtschaftlich bedeutsamen Entscheidung gleichsam „blind“ ein handschriftlich ausgefülltes Formular, mithin eine ersichtlich personalisierte Erklärung, von übersichtlichem Umfang unterzeichnet, lässt dasjenige außer Acht, was in der gegebenen Situation jedem einleuchten würde. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung nimmt der Senat Bezug auf sein veröffentlichtes Urteil vom 23. Juni 2016 (11 U 9/16, juris, Rn. 34 ff.).

cc) Die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) beginnt mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Beratung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, bei der gebotenen wertenden Betrachtung bereits durch den Erwerb der Kapitalanlage geschädigt, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob und wann die Kapitalanlage gegebenenfalls später im Wert gefallen ist (vgl. etwa BGH, Urteil 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, juris, Rn. 24 m. w. N.; vom 26. Februar 2013 - XI ZR 498/11, juris, Rn. 25).

Da der Kläger dem streitgegenständlichen Fonds und dem MPC Sachwert Rendite-Fonds Canada 7 bereits im Jahr 2005 beitrat und die Angaben in den Beraterbögen schon bei der Zeichnung hätte zur Kenntnis nehmen müssen, begann die Verjährung am 31. Dezember 2005 und endete am 31. Dezember 2008. Die vorliegende Klage ist erst seit dem 27. April 2015 anhängig. Der Kläger trägt nicht vor, Maßnahmen ergriffen zu haben, die die Verjährung rechtzeitig hemmten.

dd) Da jeder Beratungsfehler materiell-rechtlich selbstständig zu beurteilen ist und der aus ihm folgende Schadensersatzanspruch jeweils für sich verjährt (vgl. unter anderem BGH, Urteil vom 10. Dezember 2015 - III ZR 128/14, juris, Rn. 12 m. w. N.; Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, juris, Rn. 10), ruft jeder Beratungsfehler - zusammen mit der auf ihm beruhenden Anlageentscheidung - jeweils ein materiell-rechtlich selbstständiges Schadensereignis hervor. Deshalb beschränkt sich eine etwaige mehrere Anlageentscheidungen verklammernde Wirkung des Beratungsfehlers, der in einer unzureichenden Diversifikation oder einem aus anderen Gründen untauglichen Anlagekonzept besteht, auf denjenigen Schaden, der gerade durch ihn entstanden ist. Soweit einzelne Teilbereiche dieses Schadens auch zusätzlich durch anderen Beratungsfehler - etwa eine hinsichtlich einzelner Beteiligungen nicht objektgerechten Beratung - hervorgerufen wurden, liegt kein materiellrechtlich einheitliches Schadensereignis vor.

Ein auf Schadensersatz in Anspruch genommener Anlageberater verhielte sich im Übrigen auch entgegen dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) widersprüchlich, wenn er einerseits gegenüber Schadensersatzansprüchen, die auf Beratungsfehlern mit möglicher Verklammerungswirkung beruhen, erfolgreich die Verjährungseinrede erhebt, und andererseits gerade die diesen Beratungsfehlern möglicherweise zukommende Verklammerungswirkung nutzte, um Schadensersatzansprüche, die auf anderen Beratungsfehlern beruhen, im Wege der Vorteilsausgleichung abzuwehren.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Der Senat sieht die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom Kläger abgegebene Erklärung, der Berufungsantrag zu 1. a) sei um 4.332,06 € zu reduzieren, als Teilrücknahme der Berufung an. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO. Als Wert des Berufungsantrags zu 1. d) ist gemäß der ständigen Rechtsprechung des Senats ein Betrag in Höhe von 50 % der vom Kläger vorgetragenen Ausschüttungen, mithin (4.332,06 € / 2 =) 2.166,03 €, festzusetzen. Dem Anspruch auf entgangenen Gewinn ist gemäß § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO kein eigenständiger Wert beizumessen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2015 - III ZR 228/14, juris, Rn. 3 m. w. N.). Vor Beginn der mündlichen Verhandlung hat der Berufungsantrag zu 1. d) allerdings keinen Streitwert gehabt, weil der Kläger behauptet hat, er habe die Ausschüttungen zurückgezahlt. Dafür ist der Wert des Berufungsantrags zu 1. a) um 4.332,06 € höher gewesen.

3. Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Die Rechtsfrage, ob bei taggleich erfolgter Empfehlung und Zeichnung zweier Beteiligungen an jeweils einem geschlossenen Immobilienfonds die aus der einen Beteiligung erwachsenen Renditen mit den aus der anderen Beteiligung erwachsenen Verlusten zu verrechnen sind, ist - soweit ersichtlich - bislang nicht höchstrichterlich entschieden worden.