VG Cottbus, Beschluss vom 14.09.2016 - 5 L 377/16.A
Fundstelle
openJur 2016, 8989
  • Rkr:

Die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsandrohung gemäß § 36 Abs. 1 AsylG setzt nicht voraus, dass die Versagung subsidiären Schutzes im Bescheidtenor als offensichtlich unbegründet erfolgt.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

Der auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO gerichtete Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage vom 1. August 2016 gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Az.: 5758645-262) vom 19. Juli 2016 anzuordnen,

hat keinen Erfolg.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig aber unbegründet.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat den Asylantrag zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus liegen offensichtlich nicht vor. Gleiches gilt für die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.

Gemäß Artikel 16 a Abs. 4 S. 1 GG, § 34 Abs. 4 S. 1 AsylG ist die gerichtliche Prüfung im Rahmen der im Eilverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung gem. § 80 Abs. 5 VwGO auf die Frage beschränkt, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Gem. § 36 Abs. 1 AsylG darf die in der Abschiebungsandrohung gesetzte Ausreisefrist nur dann eine Woche betragen, wenn der Asylantrag unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet ist. Damit beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle darauf, ob die Einschätzung des Bundesamtes, dass die Unbegründetheit des Asylantrages offensichtlich ist, ernstlichen Zweifeln unterliegt. Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält. Geringe Zweifel reichen hierfür nicht aus.

BVerfGE 94, 166/194.

Dabei bleiben Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig, § 36 Abs. 4 S. 2 AsylG.

Die Antragsgegnerin, vertreten durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, hat den Antragsteller zu Recht gem. §§ 34 und 36 Abs. 1 AsylG zur Ausreise innerhalb einer Woche aufgefordert und die Abschiebung nach Kamerun angedroht.

Die Ablehnung seines Asylantrages als offensichtlich unbegründet erweist sich jedoch auf der Grundlage des § 30 Abs. 1 AsylG als zutreffend. Gem. § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen.

So liegt der Fall hier. Auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Bescheid wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die angeblich drohende Verfolgung schon nicht an flüchtlingsschutzrelevante Merkmale i.S.d. des § 3b AsylG anknüpft. Nach eigenem Vortrag soll der Armeeoberst dem Antragsteller aus Rache nachgestellt haben, weil der Antragsteller ein Verhältnis zur Ehefrau des Bruders des Obersten unterhalten haben will, was letztlich den Bruder in den Selbstmord getrieben habe. Merkmale des § 3b AsylG werden damit offensichtlich nicht berührt.

Subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AsylG scheidet ebenfalls - offensichtlich - aus, weil sich der Antragsteller weder auf drohende Todesstrafe noch auf einen internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikt beruft. Gleiches gilt für den subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Offen bleiben kann, ob die befürchtete Rachehandlung die Züge von Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung annehmen könnte. Jedenfalls könnte sich der Antragsteller durch Fortzug in eine andere Stadt – z.B. Duala – etwa drohenden Nachstellungen entziehen. In Kamerun können sich Betroffene selbst einer staatlichen Verfolgung relativ leicht entziehen. Bürger, die auf Veranlassung einer lokalen Persönlichkeit hin verfolgt werden, können dem durch Umzug in eine andere Stadt eines entfernten Landesteils Kameruns entgehen (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht, Stand: Oktober 2014, Seite 13). Dies entspricht auch den Erfahrungen des Antragstellers, der sich nach seinem Umzug von Jaunde nach Bamenda dort über einen Monat lang unbehelligt hat aufhalten können, wo der junge und gesunde Antragsteller auch seinen Lebensunterhalt hat sichern können. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln als gesichert gilt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht, Stand: Oktober 2014, Seite 15).

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG scheiden nach dem Vorstehenden ebenfalls offensichtlich aus.

Des Weiteren bestehen gegen die Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet auch keine unionsrechtlichen Bedenken, obwohl der Bescheid die Ablehnung des subsidiären Schutzes nicht explizit als offensichtlich unbegründet qualifiziert.

Zum einen liegt dies schon daran, dass sich der Antragsteller offensichtlich nicht auf den subsidiären Schutz berufen kann, so dass ihn eine etwa unzulängliche Umsetzung nicht in seinen Rechten beeinträchtigen könnte.

Zum anderen entsprachen die Regelungen des Asylgesetzes bereits beim Erlass des Bescheides, also noch vor dem Inkrafttreten des Integrationsgesetzes am 6. August 2016, den Vorgaben der Richtlinie 2013/32/EU. Etwas anderes folgt insbesondere nicht aus Art. 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU. Danach gestatten die Mitgliedstaaten unbeschadet des Absatzes 6 den Antragstellern den Verbleib im Hoheitsgebiet bis zum Ablauf der Frist für die Ausübung des Rechts der Antragsteller auf einen wirksamen Rechtsbehelf und, wenn ein solches Recht fristgemäß ausgeübt wurde, bis zur Entscheidung über den Rechtsbehelf. Ein Antragsteller kann also grundsätzlich bis zur Entscheidung über seine Klage gegen einen ablehnenden Asylbescheid im Bundesgebiet verbleiben, es sei denn, dass dieses Recht nach Absatz 6 zulässig eingeschränkt worden ist. So liegt es aber hier. Denn die Bundesrepublik Deutschland hat das sich aus dieser Bestimmung (Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU) ergebende verfahrensrechtliche Bleiberecht in zulässiger Weise nach Art. 46 Abs. 6 lit. a Richtlinie 2013/32/EU durch nationales Recht eingeschränkt. Art. 46 Abs. 6 der Richtlinie 2013/32/EU räumt den Mitgliedstaaten insoweit die Möglichkeit ein, das durch Art. 46 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU eingeräumte (vorläufige) Bleiberecht unter den in Art. 46 Abs. 6 lit. a bis d aufgeführten Fällen zu beenden und verpflichtet sie gleichzeitig, wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, ein gerichtliches Antragsverfahren, gerichtet auf Verschaffung eines solchen verfahrensrechtlichen Bleiberechts, einzuräumen. Hiervon ist durch die Beschränkung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 75 Abs. 1, 36 AsylG und die Möglichkeit des Eilrechtsschutzantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) Gebrauch gemacht worden. Die Beschränkung des Bleiberechts ist nach der Richtlinie 2013/32/EU für die hier allein in Betracht zu ziehende Variante der Ablehnung nach Art. 46 Abs. 6 lit. a 1. Alternative auch zulässig. Art. 46 Abs. 6 lit. a Richtlinie 2013/32/EU setzt insoweit eine Entscheidung voraus, einen Antrag im Einklang mit Artikel 32 Absatz 2 als offensichtlich unbegründet (1. Alternative) oder nach Prüfung gemäß Artikel 31 Absatz 8 als unbegründet (2. Alternative) zu betrachten, es sei denn, diese Entscheidung ist auf die in Artikel 31 Absatz 8 Buchstabe h aufgeführten Umstände gestützt.

Das verfahrensrechtliche Bleiberecht nach Art 46 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU ist in zulässiger Weise nach Art. 46 Abs. 6 lit. a 1. Alternative der Richtlinie 2013/32/EU eingeschränkt worden. Art. 32 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU, der von Art. 46 Abs. 6 lit. a 1. Alternative der Richtlinie 2013/32/EU in Bezug genommen wird, ermächtigt dabei die Mitgliedstaaten, unbegründete Anträge, bei denen einer der in Art. 31 Abs. 8 der Richtlinie 2013/32/EU aufgeführten Umstände gegeben ist, als offensichtlich unbegründet zu betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Art. 32 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU erfordert insoweit lediglich das Vorliegen von zwei Voraussetzungen nämlich (erstens) einen unbegründeten Antrag und (zweitens) das Vorliegen einer der in Art. 31 Abs. 8 Richtlinie 2013/32/EU aufgeführten Umstände, die die Mitgliedstaaten ermächtigen, Anträge als offensichtlich unbegründet zu betrachten. Hierzu gehört auch der vorliegend in Rede stehende Umstand nach Art. 31 Abs. 8 Buchstabe a, dass der Antragsteller bei der Einreichung seines Antrags und der Darlegung der Tatsachen nur Umstände vorgebracht hat, die für die Prüfung der Frage, ob er als Flüchtling oder Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU anzuerkennen ist, nicht von Belang sind.

Da gemäß Art. 2 Buchstabe b der Richtlinie 2013/32/EU der Antrag grundsätzlich sowohl die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch die Gewährung des subsidiären Schutzstatus umfasst, setzt eine im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 Richtlinie 2013/32/EU stehende nationale Regelung voraus, dass der Antrag sowohl in Bezug auf die Flüchtlingsanerkennung als auch in Bezug auf den subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet betrachtet wird.

Eine solche nationale Regelung ergibt sich vorliegend aus § 30 Abs. 1 AsylG. Hiernach ist der Asylantrag eines Ausländers als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Von diesem Offensichtlichkeitsverdikt ist auch der subsidiäre Schutz erfasst. Denn nach § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG umfasst ein Asylantrag sowohl die Anerkennung als Asylberechtigter als auch die Zuerkennung von internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nummer 2 AsylG, also den Flüchtlingsschutz und subsidiären Schutz (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 03. Mai 2016 – 4 L 182/16.A –, Rn. 10, juris).

Auch wenn insoweit die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes (§ 30 AsylG) nicht vorsehen, dass der Asylantrag im Bescheid des Bundesamtes auch hinsichtlich des internationalen subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird, so steht dies nicht im Widerspruch zu der Richtlinie 2013/32/EU (so aber: VG Münster, Beschluss vom 02. Februar 2016 - 7 L 118/16.A - Juris; Beschluss vom 15. März 2016 - 5 L 309/16.A -, soweit ersichtlich nicht veröffentlicht; VG Kassel, Beschluss vom 23. März 2016 -6 L 375/16.KS.A -, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Dezember 2015 - 7 L 3863/15.A -, juris). Die in den genannten Entscheidungen aufgestellte Prämisse, dass in der Entscheidung des Bundesamtes nicht nur tenoriert werden müsse, der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft werde als offensichtlich unbegründet abgelehnt, sondern es müsse auch noch ausdrücklich die Ablehnung des Antrages auf subsidiären Schutz als „offensichtlich unbegründet“ ausgesprochen werden, um im Einklang mit der Richtlinie 2013/32/EU die Folgen des § 30 AsylG mit einer verkürzten Ausreisefrist von einer Woche nach § 36 Abs. 1 AsylG und den Wegfall der aufschiebenden Wirkung (§ 75 AsylG) zu bewirken, trägt nicht. Die Richtlinie 2013/32/EU fordert nämlich schon nicht, dass die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ vom Bundesamt im Tenor des Bescheides ausdrücklich ausgesprochen wird; sie fordert auch keine diesbezügliche nationale Regelung, mit der die Behörde ermächtigt oder verpflichtet wird, die Ablehnung eines unbegründeten Antrags hinsichtlich des subsidiären Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ auszusprechen. Nach Art. 32 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU können die Mitgliedsstaaten unbegründete Asylanträge u.a. bei einem Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat (Art. 31 Abs. 8 Buchstabe b Richtlinie 2013/32/EU) als offensichtlich unbegründet „betrachten“. Eine Verpflichtung, dass die Mitgliedstaaten Regelungen vorsehen müssen, dass die offensichtliche Unbegründetheit auch im Tenor der Entscheidung (des Bescheides) der jeweiligen nationalen Behörde über den Asylantrag ausdrücklich als solche bezeichnet wird, lässt sich dem nicht entnehmen. Auch die weiteren Sprachfassungen der Richtlinie 2013/32/EU belegen dieses Verständnis. So spricht Art. 32 Abs. 2 der englischen Sprachfassung von „consider“ und die französische Sprachfassung von „considérer“. Schließlich ist auch sonst an keiner Stelle festgelegt, dass ein Mitgliedsstaat nur in der Weise von der durch Art. 32 Abs. 2 Richtlinie 2013/32/EU eingeräumten Ermächtigung, einen Asylantrag als offensichtlich unbegründet zu betrachten, Gebrauch machen kann, indem die nationale Regelung eine Ablehnung des Asylantrags im Tenor des ablehnenden Bescheides als insgesamt „offensichtlich unbegründet“ fordert. Vielmehr ist nach Artikel 288 Abs. 4 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, (nur) hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich; die Wahl der Form und der Mittel ist jedoch den innerstaatlichen Stellen überlassen (VG Cottbus, Beschluss vom 03. Mai 2016 – 4 L 182/16.A –, Rn. 11, juris).

An der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung hat sich auch durch das Inkrafttreten des Integrationsgesetzes am 6. August 2016, dessen Neuregelungen bezüglich des Asylgesetzes gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG im gerichtlichen Verfahren beachtlich werden, nichts geändert (so auch VG Köln, Beschluss vom 24. August 2016 – 3 L 1612/16.A –; VG Stuttgart, Beschluss vom 01. September 2016 – A 7 K 3628/16 – beide zit. nach Juris).

Insoweit schließt sich das Gericht den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Köln (a.a.O) an:

„Nach § 30 Abs. 1 AsylG in der gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG hier zu Grunde zu legenden, seit dem 06.08.2016 geltenden Fassung ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Der internationale Schutz umfasst dabei gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Hs 2 AsylG neben der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch den subsidiären Schutz, was zur Folge hat, dass sich jedenfalls nunmehr das Offensichtlichkeitsverdikt auch auf das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes erstrecken muss (vgl. zur Frage, ob § 30 Abs. 1 AsylG auch schon vor der Gesetzesänderung dementsprechend auszulegen war Kluth/Heusch, in: BeckOK Ausländerrecht, Stand: 01.02.2016, § 30 Rn. 9 m.w.N.)

a) Gem. § 75 Abs. 1 AsylG hat die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 AsylG sowie der §§ 73, 73b und 73c AsylG aufschiebende Wirkung. Fehlt im Bescheid eine ausdrückliche Feststellung der Offensichtlichkeit in Bezug auf den subsidiären Schutz, führt dies indes nicht dazu, dass deshalb automatisch ein Fall der sonstigen Ablehnung im Sinne von § 38 Abs. 1 AsylG mit der Folge der aufschiebenden Wirkung der Klage vorliegt (Ebenso VG Köln, Beschluss vom 19.08.2016 - 13 L 1880/16.A -; a.A. VG Münster, Beschluss vom 07.08.2016 - 6 L 618/16.A -, NRWE, Rn. 4). Will das Bundesamt einen Asylantrag in der Sache ablehnen, muss es eine Entscheidung treffen zwischen der Ablehnung als (einfach) unbegründet im Sinne von § 38 Abs. 1 AsylG und der Ablehnung als offensichtlich unbegründet im Sinne von § 30 AsylG bzw. (im Fall eines sicheren Herkunftsstaates) § 29a AsylG. Diese Entscheidung hat neben der Frage der aufschiebenden Wirkung der Klage auch Rechtsfolgen im Hinblick auf die dem Ausländer oder der Ausländerin zu setzende Ausreisefrist (vgl. § 38 Abs. 1 AsylG: 30 Tage, § 36 Abs. 1 AsylG: eine Woche). Es handelt sich mithin um zwei völlig verschiedene Regelungsregime. Welche Art der Ablehnung das Bundesamt vornehmen will, muss sich deshalb - schon aus Gründen der Bestimmtheit - dem Bescheid entnehmen lassen. Dies ist vorliegend der Fall: Es ergibt sich bei verständiger Würdigung bereits aus dem Tenor des Verwaltungsaktes, der jedenfalls hinsichtlich der Asylzuerkennung und der Flüchtlingsanerkennung die Ablehnung als offensichtlich unbegründet sowie eine Ausreisefrist von einer Woche enthält, dass das Bundesamt eine Ablehnung des Asylantrags als (insgesamt) offensichtlich unbegründet vorgenommen hat. Dies spiegelt sich auch in der Rechtsbehelfsbelehrung wider, in der angegeben ist, dass der Klage gegen die Abschiebungsandrohung keine aufschiebende Wirkung zukommt. Wenn sich der entsprechende Wille des Bundesamtes eindeutig bereits aus dem Bescheidtenor ergibt (vgl. zur besonderen Bedeutung, die dem Tenor des Asylbescheides zukommt, weil nur dieser übersetzt wird, VG Kassel, Beschluss vom 02.09.2015 - 6 L 1606/15.KS.A -, juris, Rn. 26), bleibt kein Raum für die Annahme, es handele sich um einen Fall der sonstigen Ablehnung im Sinne von § 38 Abs. 1 AsylG. Ob die Entscheidung der Ablehnung als offensichtlich unbegründet mit den entsprechenden einschneidenden Rechtsfolgen rechtmäßigerweise getroffen werden konnte, mithin die erforderlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, ist eine davon zu unterscheidende Frage. Ist dies nicht der Fall, hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

b) Auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage kommt vorliegend nicht in Betracht, weil das fehlende Offensichtlichkeitsurteil in Bezug auf die Ablehnung des subsidiären Schutzes im Bescheid vom 28.06.2016 nicht zu ernstlichen Zweifeln an dessen Rechtmäßigkeit (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG) führt. Die ausdrückliche Feststellung der offensichtlichen Unbegründetheit in Bezug auf alle zu bescheidenden Elemente (vgl. § 31 Abs. 2 AsylG) ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Bescheides. Dem Bescheidtenor kommt insofern keine konstitutive Wirkung zu, wenngleich eine einheitliche Tenorierung durch das Bundesamt wünschenswert sein und der Gesetzeskonzeption eine entsprechende Vorstellung zugrunde gelegen haben mag (vgl. VG Regensburg, Beschluss vom 17.09.2014 - RO 4 S 14/30650 -, juris, Rn. 13). Gem. § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Dabei handelt es sich um Tatbestandsvoraussetzungen, die gerichtlich voll überprüfbar sind (…). Nur insofern geht das Gesetz von einem "einheitlichen" Asylantrag und demzufolge auch einer "einheitlichen" Entscheidung aus. Weiter verlangt § 31 Abs. 2 und 3 AsylG ausdrückliche Feststellungen im Bescheidtenor zur Frage der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Gewährung subsidiären Schutzes sowie in Bezug auf Abschiebungsverbote. Diese liegen hier ebenfalls vor. Die Annahme eines weitergehenden Rechtmäßigkeitserfordernisses der ausdrücklichen einheitlichen Offensichtlichkeitsentscheidung des Bundesamtes findet im Gesetz hingegen keine Stütze. Die fehlende Ablehnung des subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet führt deshalb nicht per se zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung, sondern nur dann, wenn sich daraus die mangelnde Bestimmtheit des Bescheides ergibt oder die Voraussetzungen einer Ablehnung als offensichtlich unbegründet nicht vorliegen.“

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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