VG Aachen, Urteil vom 08.06.2016 - 6 K 558/15
Fundstelle
openJur 2016, 11104
  • Rkr:

1. ein deutliches Hervortreten des Phänotyps eines American Staffordshire Terriers führt zur Einstufung des Hundes als gefährlich i.S.d. § 3 Abs. 2 LHundG NRW

2. an das Vorliegen eines besonderen privaten oder öffentlichen Interesses i.S.d. § 4 Abs. 2 LHundG NRW sind strenge Anforderungen zu stellen

3. ein öffentliches Interesse entfällt nicht nur, wenn der Hundehalter tatsächlich keine Kenntnis von der Rassezugehörigkeit hatte, sondern bereits dann, wenn er die Kenntnis grob fahrlässig nicht erworben hat

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i. H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Ordnungsverfügung der Beklagten, mit der ihm die Haltung seines Hundes „B.“ untersagt wurde.

Der Kläger hält seit März 2014 eine im Dezember 2013 geborene Hündin namens „B.“, die er - ausweislich des Kaufvertrags vom 9. März 2014 - als der Rasse „Ca de Bou“ angehörend erworben hatte. Nachdem der Kläger am 17. März 2014 von zwei Außendienstmitarbeitern der Beklagten sowohl mit seiner angemeldeten Hündin „O.“ als auch mit seiner zweiten - unangemeldeten - Hündin „B.“ angetroffen worden war, schrieb die Beklagte den Kläger an und bat ihn um Nachweis der für das Halten eines großen Hundes nach § 11 des Hundegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeshundegesetz - LHundG NRW) erforderlichen Voraussetzungen.

Nach zweimaliger Mahnung reichte der Kläger sodann eine Anzeige über die Haltung eines großen Hundes ein. Weil jedoch weiterhin der Nachweis des Abschlusses einer Haftpflichtversicherung sowie der Nachweis darüber, dass „B.“ mit einem Mikrochip fälschungssicher gekennzeichnet ist, fehlten, wurde gegen ihn unter dem 13. November 2014 ein Bußgeldbescheid i.H.v. 128,50 € erlassen.

Da der Kläger bislang keine Abstammungsnachweise eingereicht hatte, forderte ihn die Beklagte ferner mit Anhörungsschreiben vom 13. November 2014 dazu auf, „B.“ zur Rassenbestimmung bei einem Amtstierarzt des Kreisveterinäramts Düren vorzustellen. Hierzu setzte sie ihm eine Frist bis zum 21. November 2014 und äußerte ihre Absicht, anschließend eine entsprechende Ordnungsverfügung zu erlassen.

Am 24. November 2014 stellte der Kläger seinen Hund „B.“ bei einer Amtstierärztin des Kreisveterinäramts Düren vor. Ausweislich ihres am selben Tag gefertigten Gutachtens habe der Hund „B.“ eine Widerristhöhe von ca. 40 cm und ähnele hinsichtlich des Körperbaus einem „Ca de Bou“, es gebe allerdings deutliche Abweichungen am Kopf und Hals, in der Farbe sowie in der Größe. Ein „Ca de Bou“ sei doggenartig, ähnele vor allem am Kopf einem Mastiff und habe meist eine schwarze Maske. Weibliche Hunde hätten eine Widerristhöhe von 52-55 cm. „B.“ ähnele phänotypisch daher einem „American Staffordshire Terrier“.

Mit Schreiben vom 5. Dezember 2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, Hunde der Rasse „American Staffordshire Terrier“ würden nach dem Landeshundegesetz als gefährliche Hunde eingestuft (§ 3 Abs. 2 LHundG NRW). Sie bat ihn daher, die für die Erlaubnis des Haltens eines gefährlichen Hundes erforderlichen Unterlagen einzureichen sowie sein besonderes privates Interesse an der Hundehaltung zu begründen.

Unter dem 26. Dezember 2014 reichte der Kläger sodann einen Antrag auf Erteilung der Erlaubnis für das Halten gefährlicher Hunde gemäß § 3 Abs. 2 LHundG NRW ein. Dem Antrag fügte er die Begründung seines besonderen privaten Interesses an der Hundehaltung sowie eine Darstellung seiner Wohnverhältnisse bei.

Mit Schreiben vom 5. Januar 2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Angaben, er habe sich direkt in „B.“ verliebt und sie sei ihm aufgrund ihres tollen Charakters mittlerweile sehr ans Herz gewachsen, ein besonderes privates Interesse nicht begründen könnten. Zur Begründung verweise sie auf Nr. 4.2 der Verwaltungsvorschriften zum Landeshundegesetz, wonach ein besonderes privates Interesse nur in Ausnahmefällen anzuerkennen sei. Ein Ausnahmefall liege danach vor, wenn ein bestimmter Hund aufgrund seiner Ausbildung oder Abrichtung eine besondere Funktion erfülle, die ohne unverhältnismäßig hohen Aufwand nicht auf andere Art und Weise oder kurzfristig durch andere Hunde erfüllt werden könne. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Das „normale“ Interesse an der Hundehaltung reiche für eine Erlaubnis nicht aus. Sie wies darauf hin, dass sie daher beabsichtige, dem Kläger die Haltung seines Hundes zu untersagen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Januar 2015 machte der Kläger darauf aufmerksam, dass „B.“ der Rasse „Ca de Bou“ angehöre und diese nicht zu den gefährlichen Hunderassen zähle. Diese Hunderasse, deren Ursprung in Spanien liege, sei auch vom Verband für das deutsche Hundewesen anerkannt. Lediglich eine phänotypische Ähnlichkeit zu einem „American Staffordshire Terrier“ könne nicht dazu führen, dass „B.“ als gefährlicher Hund eingestuft werde. Sein besonderes privates Interesse an der Hundehaltung begründe er zudem weitergehend damit, dass er „B.“ auch für die Vornahme von Zuchtmaßnahmen verwenden wolle, da die Rasse „Ca de Bou“ in Deutschland nur eine geringe Zuchtbasis habe.

Die Beklagte bat daraufhin das Veterinäramt des Kreises Düren mit Schreiben vom 16. Januar 2015 um Stellungnahme, ob „B.“ anhand ihres Phänotyp als „American Staffordshire Terrier“ einzustufen sei. In diesem Zusammenhang wies sie darauf hin, dass bei der Einstufung entscheidend sei, dass der Phänotyp der Rasse deutlich hervortrete, was der Fall sei, wenn nahezu alle maßgeblichen Merkmale des Rassestandards erfüllt seien und insbesondere Größe sowie Gewicht ähnlich ausfallen würden.

Unter dem 22. Januar 2015 teilte die Amtstierärztin, die „B.“ zuvor auch begutachtet hatte, mit, „B.“ sei anhand des Phänotyps als „American Staffordshire Terrier“ einzustufen. Weitergehende Ausführungen machte sie nicht.

Mit Schreiben vom 16. März 2015 erließ die Beklagte sodann eine Ordnungsverfügung, mit der sie dem Kläger die Haltung seiner Hündin „B.“ untersagte, ihn zur Abgabe des Hundes innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung der Ordnungsverfügung im Tierheim E.   aufforderte (Ziffer 1) sowie ihm für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung ein Zwangsgeld i.H.v. 500,- € androhte (Ziffer 2). Zur Begründung führte sie ergänzend aus, der Kläger erfülle die Voraussetzungen für die Haltung eines gefährlichen Hundes nicht. Insbesondere habe er ein besonderes privates Interesse an der Hundehaltung nicht nachweisen können. Soweit der Kläger sein besonderes privates Interesse auf eine von ihm beabsichtigte Züchtung stütze, sei auf § 9 Satz 2 LHundG NRW zu verweisen, wonach der Halter eines gefährlichen Hundes sicherzustellen habe, dass eine Verpaarung des Hundes mit anderen Hunden nicht erfolgt. Weiterhin setzte sie eine Gebühr gemäß Tarifstelle 18a.1.12 der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung für das Land Nordrhein-Westfalen i.H.v. 90,- € fest.

Am 25. März 2015 hat der Kläger Klage erhoben.

In der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2016 ist dem Kläger mit Auflagenbeschluss aufgegeben worden, binnen einer Woche Angaben zur Herkunft des Hundes „B.“ zu machen, d.h. insbesondere Name und Anschrift des Verkäufers zu benennen, sowie Angaben zum Stammbaum des Hundes zu machen.

Aufgrund des Beweisbeschlusses vom 22. Februar 2016 ist über die Tatsache, ob bei „B.“ der Phänotyp einer der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW genannten Rassen - insbesondere der eines „American Staffordshire Terrier“ -, deutlich hervortritt, durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens der Amtsveterinärin Frau N.   des Veterinäramtes der Städteregion Aachen Beweis erhoben worden. Diese hat zugleich zu den in dem klägerischen Gutachten des Herrn D. vom 1. Juni 2015 dargestellten Einwänden gegen die Einstufung von „B.“ als der Rasse „American Staffordshire Terrier“ angehörend Stellung genommen. Die Lebensgefährtin des Klägers hat „B.“ am 14. März 2016 im Veterinäramt der Städteregion Aachen zur Rassenbestimmung vorgestellt.

Zur Begründung seines Hauptantrags führt der Kläger aus, die zunächst durch die Amtstierärztin des Kreisveterinäramtes Düren vorgenommene Begutachtung von „B.“ könne nicht als Gutachten über die Rasse des Hundes angesehen werden. Die von ihr im Schreiben vom 24. November 2014 gemachten Angaben seien unzureichend, mangelhaft und teilweise widersprüchlich. So habe die Tierärztin „B.“ noch nicht einmal vermessen, sondern deren Größe lediglich geschätzt und mit dem Kläger „vereinbart“. Die im Schreiben vom 24. November 2014 getroffenen Aussagen seien daher nicht verwertbar. Zudem habe die Amtstierärztin weder in diesem Schreiben noch in der späteren Stellungnahme konkret dargelegt, aus welchen Gründen „B.“ phänotypisch einem „American Staffordshire Terrier“ ähnele. Sie habe lediglich ausgeführt, dass dem so sei. Daraus lasse sich dann aber auch ableiten, dass es sich bei dem klägerischen Hund nicht um einen reinrassigen „American Staffordshire Terrier“ handele, sondern allenfalls um eine Kreuzung. Bei einer Kreuzung verlange § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW aber, dass der Phänotyp eines „American Staffordshire Terrier“ deutlich hervortrete. Diese Feststellung sei vorliegend von der Amtstierärztin weder getroffen worden noch entspräche diese darüber hinaus der Realität. Ausweislich eines durch den Kläger in Auftrag gegebenen Gutachtens des Herrn D. vom 1. Juni 2015 weise „B.“ keine überwiegenden Merkmale eines „American Staffordshire Terrier“ auf.

In diesem Gutachten stellt Herr D., der nach eigener Aussage Sachverständiger i.S.d. § 10 LHundG NRW sowie freiberuflicher Hundetrainer sei und daher mit den verhaltens-, phäno- und rassetypischen Eigenschaften der in § 3 Abs. 2 LHundG NRW aufgezählten Rassen vertraut sei, die beiden von der Fédération Cynologique International (FCI) anerkannten Rassen zunächst dar und vergleicht sodann deren Merkmale mit dem Phänotyp von „B.“. „B.s“ Kopf entspreche danach weder den typischen Charakteristika eines „American Staffordshire Terrier“ noch denen eines „Ca de Bou“. Hierzu führt er aus:

„Die Ohren von „B.“ sind nicht so hoch angesetzt, wie bei einem „American Staffordshire Terrier“, sondern liegen weit auseinander, sind mehr seitlich angesetzt. Die Belefzung ist eher lose anliegend und nicht straff. Genauso fehlt bei „B.“, die „trockene“ und sehr ausgeprägte Wangenmuskulatur, wie sie „American Staffordshire Terrier“ haben. Die Wangen von „B.“ hängen und sind locker, d.h. es liegt keine ausgeprägte „plastische“ Muskulatur der Wangen vor, wie sie bei „American Staffordshire Terriern“ vorherrscht bzw. charakteristisch ist. Insgesamt ist der Kopf von „B.“ deutlich schmaler und zierlicher als bei einem typischen „American Staffordshire Terrier“. Genauso ist es im Bereich des Halses: „B.“ hat eine recht lose Kehlhaut, die man greifen kann. Der Hals eines „American Staffordshire Terrier“ hat keine lose Kehlhaut, sondern ist straff und muskulös. Der Kopf von „B.“ hat daher nicht die typische Charakteristika eines „American Staffordshire Terrier“.“

Weiterhin entspreche „B.“ hinsichtlich des Körperbaus im weitesten dem eines „Ca de Bou“. Zudem weise „B.“ ausweislich des tierärztlichen Schreibens vom 8. Juni 2015 eine tatsächliche Widerristhöhe von 45,5 cm auf und liege damit nur knapp im Standard eines weiblichen „American Staffordshire Terrier“. „B.s“ Färbung sowie ihr Gewicht (21 kg) entsprächen zwar nicht ganz dem eines klassischen „Ca de Bou“, jedenfalls die Färbung weise aber dennoch Merkmale auf, die laut den Rassestandards durchaus erlaubt und möglich seien. Da laut dem Rassestandard des „American Staffordshire Terrier“ jede Farbe zulässig sei, sei seiner Ansicht nach, die Färbung von „B.“ kein aussagekräftiges Kriterium für eine phänotypische Beurteilung. Außerdem seien Größe, Gewicht und Körperbau eines Hundes immer auch abhängig von der Erblichkeit innerhalb einer Rasse, so dass auch die Größe der Elterntiere in Betracht zu ziehen sei, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob ein Hund dem Standard entspreche oder nicht. Insgesamt sei eine eindeutige Zuordnung einer Rasse bei „B.“ nicht möglich. Da nur die Mutterhündin bekannt sei und es sich hierbei um eine Hündin der Rasse „Ca de Bou“ handele, müsse eine phänotypische Beurteilung zu dem Ergebnis kommen, dass es sich bei „B.“ um einen „Ca de Bou“-Mischling handele.

Schließlich sei auch das von der Sachverständigen im Klageverfahren eingeholte Gutachten der Amtsveterinärin Frau N.   vom 21. März 2016 nicht verwertbar. So gehöre der „American Staffordshire Terrier“ nicht wie dort aufgeführt zur Gruppe der Molosser, sondern zur Gruppe der Terrier, bei denen es sich um mittelgroße, eher für die Jagd verwandte Tiere handele. Da als Molosser massige, doggenartige Hunde bezeichnet würden, gehöre lediglich der „Ca de Bou“ hierzu. Daher könnten etwaige körperliche Übereinstimmungen nichts damit zu tun haben, dass beide Hunderassen zur Gruppe der Molosser gehörten, so wie es in dem Gutachten der Amtsveterinärin vom 21. März 2016 dargestellt werde.

Des Weiteren sei der Tenor in Ziffer 1 der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung zu unbestimmt. Zudem sei die angeordnete Abgabefrist von fünf Tagen unverhältnismäßig kurz und die Anordnung, „B.“ im Tierheim E.    abzugeben, ermessensfehlerhaft, da es ebenso rechtmäßig sei, den Hund an eine andere haltungsberechtigte Stelle abzugeben.

Auf den in der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2016 ergangenen Auflagenbeschlusses hin, hat der Kläger mit Schreiben vom 21. Februar 2016 angegeben, „B.“ sei von einem Herrn B.     N.      , C.         Str.     , in P.   erworben worden. In dem beigefügten - auf den 9. März 2014 datierten ? Kaufvertrag sei „B.“ als der Rasse „Ca de Bou“ angehörend ausgewiesen worden.

Zur Begründung der Hilfsanträge führt der Kläger aus, der erste Hilfsantrag sei bereits nach § 75 VwGO zulässig, da die Beklagte bislang nicht förmlich über seinen am 5. Januar 2015 gestellten Antrag auf Erteilung einer Haltererlaubnis entschieden habe. Des Weiteren habe er einen Anspruch auf Erteilung einer Haltererlaubnis, da die hierzu erforderlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Insbesondere läge ein öffentliches Interesse deswegen vor, weil so ein Tierheimaufenthalt von „B.“ vermieden werde. Bei dem vorliegenden Fall handele es sich nicht um eine Umgehung des § 4 Abs. 2 LHundG NRW, da er aufgrund der Umstände des Kaufs (die beim Kauf von „B.“ anwesende Mutterhündin habe dem Erscheinungsbild eines molossoiden Hundes entsprochen, im Kaufvertrag sei „B.“ als der Rasse des „Ca de Bou“ zugehörend deklariert worden) davon ausgegangen sei, einen „Ca de Bou“ zu erwerben. Zudem habe seine Lebensgefährtin gegenüber der Amtsveterinärin am 14. März 2016 keinesfalls angegeben, das Vatertier von B. sei ein „Ca de Bou“ gewesen. Schließlich habe er beim Kauf des Tieres auch zu keinem Zeitpunkt den Eindruck gewonnen, der Verkäufer sei als unseriös einzustufen.

Der Kläger beantragt,

die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. März 2015 aufzuheben,

hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für die Haltung seiner Hündin B. (Chip-Nr. 276098104889247) eine Haltererlaubnis gem. § 4 LHundG NRW zu erteilen,

weiter hilfsweise,

die Beklagte unter Aufhebung ihrer Ordnungsverfügung vom 16. März 2016 zu verpflichten, dem Kläger für die Haltung seiner Hündin B. (Chip-Nr. 276098104889247) eine Haltererlaubnis gem. § 4 LHundG NRW zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags führt sie aus, im Hinblick auf die besonderen Fähigkeiten sowie der langjährigen Erfahrungen der Amtstierärztin des Kreisveterinäramtes Düren bestünden keine Zweifel an der korrekten Rasseeinstufung von „B.“. Zudem konstatiere die - während des Klageverfahrens - eingeholte ergänzende Stellungnahme dieser Amtstierärztin vom 24. Juni 2015 wiederum, „B.“ ähnele phänotypisch insgesamt am ehesten einem „American Staffordshire Terrier“. Nach dieser ergänzenden Stellungnahme entspreche der Kopf von „B.“ hinsichtlich der Form nicht den rassespezifischen Merkmalen eines „Ca de Bou“, insbesondere trage sie nicht die charakteristische schwarze Maske im Gesicht. Diese deutlichen Abweichungen könne man auf den der Stellungnahme beigefügten Bildern auch „ohne Worte“ erkennen (vgl. Bl. 68 - 69 d. GA, auf die hiermit Bezug genommen wird). „B.s“ Größe sei auf etwa 40 cm geschätzt worden, wobei der Kläger der Schätzung zugestimmt habe. Die in der Stellungnahme festgestellte Ähnlichkeit zu einem „American Staffordshire Terrier“ spiegele das gesetzlich geforderte deutliche Hervortreten des Phänotyps einer der in § 3 Abs. 2 LHundG NRW genannten Rassen wieder. Die phänotypische Zuordnung ergebe sich vorliegend insbesondere aus der Färbung der klägerischen Hündin. „B.“ entspreche zudem in der kräftig muskulösen Statur einem kleineren Exemplar einer „American Staffordshire Terrier“-Kreuzung. Dies ergebe sich sowohl aus dem klägerischen Gutachten als auch aus der Rassenbestimmung des Kreisveterinäramts. Soweit sich der Kläger auf das von ihm eingereichte Gutachten beziehe, werde schließlich auch dort festgestellt, dass „B.“ ebenfalls nicht dem Standard eines „Ca de Bou“ entspreche. Ferner komme es für die Bejahung des Tatbestandsmerkmals „deutliches Hervortreten des Phänotyps einer genannten Rasse“ nicht auf alle rassespezifischen äußerem Merkmale an, sondern nur auf die maßgeblichen, wie beispielsweise Größe, Gewicht, Muskel- und Beißkraft sowie die Sprungkraft. Ausweislich des klägerischen Gutachtens habe „B.“ eine kräftigen Kiefer und kräftige Kiefermuskeln, was zu den charakteristischen wesentlichen Merkmalen eines „American Staffordshire Terriers“ gehöre. Darüber hinaus sei Herr D. auch kein Sachverständiger, der eine Beurteilung nach § 3 Abs. 2 LHundG NRW durchführen könne, sondern „lediglich“ Sachverständiger i.S.d. § 10 LHundG NRW. Schließlich obliege vorliegend auch dem Kläger, den Nachweis zu erbringen, dass eine Kreuzung mit einem „American Staffordshire Terrier“ nicht vorliege. Dies sei ihm bislang aber nicht gelungen.

Des Weiteren seien auch die vom Kläger zum Verkäufer des Hundes gemachten Angaben nicht korrekt gewesen. Nach Rücksprache mit dem Ordnungsamt der Stadt P.    sei weder unter dem Namen B.     N.      ein Hund nach den Vorschriften des Landeshundegesetzes gemeldet noch sei unter der Anschrift C.         Str. ein Herr B.     N.      gemeldet. Zudem sei ein Herr B.     N.      auch weder als Hundezüchter noch in sonstiger Weise beim Veterinäramt registriert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie auf die von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet.

Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 16. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Ermächtigungsgrundlage für die in der Ziffer 1 der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung getroffenen Anordnungen sind § 12 Abs. 2 Sätze 1 und 4 LHundG NRW, auf die die Beklagte die Maßnahmen auch gestützt hat. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW soll das Halten eines gefährlichen Hundes u.a. dann untersagt werden, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt sind, eine erforderliche Erlaubnis nicht innerhalb einer behördlich bestimmten Frist beantragt oder eine Erlaubnis versagt wurde. Im Falle der Untersagung kann angeordnet werden, dass der Hund dem Halter entzogen wird und an eine geeignete Person oder Stelle abzugeben ist (Satz 4).

Bei dem Hund „B.“ handelt es sich um einen gefährlichen Hund nach § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW. Gefährliche Hunde sind danach Hunde der Rassen Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bull Terrier und Bullterrier und deren Kreuzungen untereinander sowie deren Kreuzung mit anderen Hunden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW). Kreuzungen nach Satz 1 sind Hunde, bei denen der Phänotyp einer der dort genannten Rassen deutlich hervortritt (Satz 2 der Vorschrift). In Zweifelsfällen hat der Halter nachzuweisen, dass eine Kreuzung nach Satz 1 nicht vorliegt (Satz 3 der Vorschrift).

Von einem „deutlichen“ Hervortreten des Phänotyps einer der dort genannten Rassen ist nur dann auszugehen, wenn ein Hund nach seiner äußeren Erscheinung trotz der erkennbaren Einkreuzung anderer Rassen in markanter und signifikanter Weise die Merkmale einer oder mehrerer der genannten Rassen zeigt, insbesondere Größe und Gewicht ähnlich ausfallen.

Vgl. Haurand, LHundG NRW, 6. Aufl., § 3 Anm. 2; LT-Drs. 13/2387, S. 20.

Gemessen an diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Hund „B.“ um eine Kreuzung mit einem Hund der Rasse eines „American Staffordshire Terrier“. „B.“ weist nach ihrer äußeren Erscheinung in markanter und signifikanter Weise zahlreiche Merkmale eines „American Staffordshire Terriers“ auf.

Die Kammer stützt ihre Überzeugung insoweit in erster Linie auf das Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme. Die zur Beantwortung der zwischen den Beteiligten allein streitigen Frage, ob bei „B.“ der Phänotyp eines „American Staffordshire Terrier“ deutlich hervortritt, hinzugezogene Sachverständige, die Amtsveterinärin Frau N.     , hat in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 21. März 2016 festgestellt, dass bei „B.“ das Erscheinungsbild eines „American Staffordshire Terrier“ überwiegt und bestätigt damit das Ergebnis des bereits am 24. November 2014 erstellten amtstierärztlichen Rassegutachtens des Kreisveterinäramtes Düren sowie der hierzu ergangenen ergänzenden Stellungnahme vom 24. Juni 2015. Ferner ist das vom Kläger eingereichte Gutachten nicht geeignet, um den gesetzlichen Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW gerecht zu werden und nachzuweisen, dass vorliegend eine Kreuzung i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW nicht vorliegt.

Die Kammer hat keine Veranlassung, an der Richtigkeit des von der Sachverständigen Frau N.      gefundenen Ergebnisses zu zweifeln. An der Unvoreingenommenheit und Neutralität der Sachverständigen bestehen keine Zweifel. Solche sind auch von den Beteiligten nicht erhoben worden. Ebenso geht die Kammer ohne weiteres davon aus, dass die Sachverständige aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Amtsveterinärin über die für die Beantwortung der Streitfrage erforderliche Sachkunde verfügt. Auch insoweit haben die Beteiligten keine Zweifel angemeldet. Die Sachverständige hat das Erscheinungsbild von „B.“, insbesondere ihre Färbung, ihren Kopf sowie ihre Körperproportionen begutachtet sowie ihr Gewicht (24 kg) und ihre Schulterhöhe (44 cm) gemessen. Ausgehend von diesen tatsächlichen Feststellungen sowie den im Rassestandard der FCI aufgeführten Merkmalen hat sie ihre Bewertung vorgenommen. Methodische Fehler sind dabei nicht festzustellen. Da die Elterntiere nicht bekannt sind, konnte ein erbbiologisches Gutachten anhand einer DNA-Analyse, dass allein eine hundertprozentige Gewissheit über Abstammung und Rassezugehörigkeit erlaubt, nicht durchgeführt werden. Die im Vergleich zur Rassebestimmung über eine DNA-Analyse geringere Gewissheit bei der vorliegend vorgenommenen Rassebestimmung anhand des äußeren, phänotypischen Erscheinungsbildes hält die Kammer vorliegend, insbesondere auch aufgrund der gesetzlichen Wertung des § 3 Abs. 2 Satz 2 LHundG NRW, für ausreichend.

Ausweislich des Sachverständigengutachtens der Amtsveterinärin Frau N.      vom 21. März 2016 überwiegt bei „B.“ das Erscheinungsbild eines „American Staffordshire Terriers“. Da bei beiden Rassestandards der FCI unbestimmte Beschreibungen und zum großen Teil nicht standardisierte Begriffe verwendet würden, seien die einzelnen Beschreibungen tabellarisch gegenüber gestellt und numerisch ausgewertet worden. Dabei sei bei „B.“ festgestellt worden, dass sie 11 der genannten gemeinsamen Merkmale eines „Ca de Bou“ und eines „American Staffordshire Terrier“ aufweise, 13 eines „American Staffordshire Terrier“ und 5 eines „Ca de Bou“. Auch eine weitere hinzugezogene Tierärztin, Frau Dr. X., habe unabhängig von der Sachverständigen konstatiert, bei „B.“ trete das Erscheinungsbild eines „American Staffordshire Terriers“ markant und signifikant hervor, insbesondere betreffend die Kopfform, der Nasenlinie, Körpergröße und Ohren. Das in ihrem schriftlichen Gutachten gefundene Ergebnis bestätigte sie ebenfalls im Rahmen der Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juni 2016. Hier konstatierte sie, sie könne nach der Begutachtung sicher davon ausgehen, dass „B.“ jedenfalls von einer Eltern-Seite von einem „American Staffordshire Terrier“ abstamme. Zudem sei es relativ unwahrscheinlich, dass „B.“ auch von einem „Ca de Bou“ abstamme. Denn zum einen seien diese Tiere äußerst selten und kämen in reinrassiger Form praktisch nicht mehr vor und zum anderen seien Kampfhunderassen in der Vergangenheit immer über Rassengrenzen hinweg gezüchtet worden.

Den vom Kläger geäußerten Einwand hinsichtlich der Eingruppierung des „American Staffordshire Terrier“ zur Gruppe der Molosser konnte die Sachverständige im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 8. Juni 2016 mit der Begründung ausräumen, dass ursprünglich alle Kampfhunde aus der Gruppe der Molosser stammen würden. Im Laufe der Zeit seien jedoch Terrier eingekreuzt worden und man habe den Begriff des Terriers insoweit übernommen. Korrekter wäre es daher gewesen, den Begriff Molosser und Terrier zu verwenden. Auf das Ergebnis des Gutachtens wirke sich dies jedoch nicht aus.

Das Sachverständigengutachten der Amtsveterinärin Frau N.      bestätigt auch das Rassegutachten der Amtstierärztin des Kreisveterinäramtes Düren vom 24. November 2014 und ihre ergänzende Stellungnahme vom 24. Juni 2015, worin bereits die Feststellung getroffen worden ist, „B.“ ähnele vom Phänotyp her am ehesten der Rasse eines „American Staffordshire Terriers“. Als maßgebende Kriterien zieht die Amtstierärztin hier insbesondere die Größe von „B.“ und deren Färbung sowie die ihrer Ansicht nach im Vergleich zu der vom Kläger angegebenen Rasse „Ca de Bou“ vorhandenen deutlichen Abweichungen am Kopf und Hals der Hündin heran. „B.“ habe vor allem keine schwarze Maske, die für einen „Ca de Bou“ typisch sei.

Das vom Kläger eingereichte Gutachten vom 1. Juni 2015 des Herrn D. kann diese Einstufung nicht erschüttern. Das Gutachten kommt im Wesentlich zu dem Ergebnis, „B.“ sei nicht eindeutig der Rasse eines „American Staffordshire Terriers“ zuzuordnen, da der Kopf nicht die typischen Charakteristika eines „American Staffordshire Terriers“ habe. Zwar entspreche „B.“ hinsichtlich ihrer Größe und Färbung sowie ihres Gewichts nicht ganz dem eines klassischen „Ca de Bou“, jedoch entspreche der Körperbau im weitesten dem eines „Ca de Bou“ und auch „B.s“ Färbung weise Merkmale auf, die laut dem Rassestandard durchaus erlaubt und möglich seien.

Diesen Erwägungen begegnet die Amtsveterinärin Frau N.      in ihrem Gutachten vom 21. März 2016 damit, das aus dem klägerischen Gutachten zunächst nicht hervorgehe, inwieweit die Identität des beurteilten Hundes sichergestellt worden sei. Die Dokumentation einer elektronischen Kennzeichnung oder Tätowierung sei nicht gefunden worden. Zudem seien hängende Wangen und eine schwach ausgebildete Muskulatur nicht beobachtet worden. Die Lefzen stellten sich bei „B.“ weiterhin als anliegend dar und nicht - wie im klägerischen Gutachten festgestellt - als lose. Zudem habe die Lebensgefährtin des Klägers der Amtsveterinärin auf Nachfrage berichtet, dass der Vater von „B.“ ein „Ca de Bou“ gewesen sei, während in dem klägerischen Gutachten ausgeführt wurde, bei der Mutterhündin habe es sich um einen „Ca de Bou“ gehandelt. Bereits diese Unstimmigkeiten lassen Zweifel an dem Aussagegehalt des klägerischen Gutachtens entstehen. Doch auch wenn man dies unberücksichtigt lässt, gelingt dem Kläger mithilfe dieses Gutachtens nicht der in § 3 Abs. 2 Satz 3 LHundG NRW geforderte Nachweis, dass „B.“ keine Kreuzung mit einem „American Staffordshire Terrier“ darstellt. Denn in diesem Gutachten trifft Herr D. ausweislich des Gutachtens der Amtsveterinärin Frau N.      vom 21. März 2016 lediglich Feststellungen zu 6 der insgesamt 27 (Nr. 249) bzw. 23 (Nr. 286) in den Rassestandards der FCI aufgeführten Merkmalen. Dies reicht aber angesichts der zwei unabhängig voneinander erstellten amtstierärztlichen Gutachten, die unter Anführung zahlreicher äußerer Erscheinungsmerkmale feststellen, dass bei „B.“ der Phänotyp eines „American Staffordshire Terrier“ deutlich hervortritt, nicht aus, um den Nachweis zu führen, das „B.“ keine Kreuzung i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW darstellt. Entsprechend der Beweislastregelung des § 3 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW obliegt es hier dem Kläger entsprechende Nachweise vorzulegen, die geeignet sind, die von der Amtstierärztin und der Amtsveterinärin unabhängig voneinander getroffenen Feststellungen derart zu erschüttern, dass die Kammer erhebliche Zweifel an deren Richtigkeit erlangt. Dies ist dem Kläger vorliegend aus den zuvor dargestellten Gründen nicht gelungen.

Das Ergebnis der beiden amtstierärztlichen Gutachten wird auch durch die in den Rassenstandards der FCI angeführten Merkmale hinsichtlich der Größe und des Gewichts untermauert. Laut dem Rassestandard Nr. 286 vom 9. Januar 1998 für „American Staffordshire Terrier“ liegt die Größe von Hündinnen zwischen 43 und 46 cm. Das Gewicht ist dort nicht angegeben. Ausweislich des Rassestandards der FCI Nr. 249 vom 20. Mai 1997 für eine „Mallorca Dogge (Perro Dogo Mallorquin, Ca de Bou)“ hat eine Hündin eine Widerristhöhe von 52-55 cm und wiegt 30-34 kg. „B.“ wog im Zeitpunkt der Vorführung am 14. März 2016 24 kg und wies eine Widerristhöhe von 44 cm auf, so dass bereits Größe und Gewicht dafür sprechen, dass „B.“ phänotypisch einem „American Staffordshire Terrier“ ähnelt. Gerade die Größe und das Gewicht sind dabei äußere Erscheinungsmerkmale, die bei der Einstufung des Hundes, u.a. insbesondere ins Gewicht fallen.

Vgl. Haurand, LHundG NRW, 6. Aufl., § 3 Anm. 2; LT-Drs. 13/2387, S. 20.

Schließlich stützen auch die dem amtstierärztlichen Gutachten vom 21. März 2016 beigefügten Fotos von „B.“ sowie denen eines „American Staffordshire Terriers“ (vgl. Bl. 116 bis 125 d. GA, auf die hiermit Bezug genommen wird) die in den beiden amtstierärztlichen Gutachten getroffene Feststellung.

Weiterhin verfügt der Kläger auch weder über die für die Haltung seines Hundes nach § 4 Abs. 1 Satz 1 LHundG NRW erforderliche Erlaubnis noch erfüllt er sämtliche Voraussetzungen - hier insbesondere die des § 4 Abs. 2 LHundG NRW - zur Erteilung einer derartigen Erlaubnis. Eine solche wird nach § 4 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW u.a. nur dann erteilt, wenn ein besonderes privates Interesse nachgewiesen wird oder ein öffentliches Interesse an der weiteren Haltung besteht. Nach Satz 2 der Vorschrift kann ein besonderes privates Interesse vorliegen, wenn die Haltung des gefährlichen Hundes zur Bewachung eines gefährdeten Besitztums des Halters unerlässlich ist.

An die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 LHundG NRW sind strenge Anforderungen zu stellen. Ein besonderes privates Interesse ist nur in Ausnahmefällen anzuerkennen. Ein solcher Ausnahmefall liegt z.B. vor, wenn ein bestimmter Hund aufgrund seiner Ausbildung oder Abrichtung eine besondere Funktion erfüllt, die ohne unverhältnismäßig hohen Aufwand nicht auf andere Art und Weise oder kurzfristig durch andere Hunde erfüllt werden kann. Das üblicherweise an der Hundehaltung bestehende Interesse - etwa aus Tierliebe oder aus einem Bedürfnis der Steigerung der persönlichen Sicherheit - ist dagegen grundsätzlich nicht ausreichend. Das Ziel des Gesetzgebers, durch diese „Hürde“ der Hundehaltung den Bestand an Tieren zu vermindern, deren Haltung er für besonders gefährlich hält, ist legitim.

Vgl. VG Köln, Beschluss vom 25. Januar 2010 - 20 L 1806/09 -, juris Rn. 9; LT-Drs. 13/2387, S. 22; Haurand, LHundG NRW, 6. Aufl., § 4 Anm. 4.

Gemessen an diesen Kriterien liegen konkrete Anhaltspunkte für ein besonderes privates Interesse des Klägers an der Haltung des Hundes „B.“ nicht vor. Seine Ausführungen, „B.“ sei ihm wegen ihres tollen Charakters besonders ans Herz gewachsen und gehöre schon zu seiner Familie, reichen zur Begründung eines besonderen privaten Interesses genauso wenig aus, wie die vage Angabe, er wolle „B.“ für Zuchtmaßnahmen verwenden.

Auch besteht vorliegend kein öffentliches Interesse an der weiteren Hundehaltung. Ein solches kann beispielsweise aus Gründen des Tierschutzes gegeben sein, wenn ein Hund aus einem Tierheim oder einer vergleichbaren Einrichtung an eine Privatperson vermittelt werden soll.

Vgl. LT-Drs. 13/2387, S. 22.

Jedoch ist auch in diesen Fällen dem gesetzgeberischen Ziel einer Minimierung des Bestandes an Tieren, deren Haltung er für besonders gefährlich hält, Rechnung zu tragen. Daher scheidet ein derartiges öffentliches Interesse aus, wenn die Vorgaben des § 4 Abs. 2 LHundG NRW bewusst umgangen werden. Dem gleichgestellt sind zudem auch solche Fälle, in denen zunächst ein gefährlicher Hund angeschafft wird, um ihn dann - zur Vermeidung oder Beendigung eines Tierheimaufenthaltes - legal behalten bzw. wieder aufnehmen zu können. In der Rechtsprechung ist umstritten, ob in einem solchen Fall darüber hinaus noch weiter gehende subjektive Kriterien in der Person des Halters - wie etwa die Kenntnis von der Rassezugehörigkeit des Hundes oder die Kenntnis von der Gesetzeslage - erfüllt sein müssen. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW,

vgl. Beschluss vom 12. Juni 2014 - 5 B 446/14 -, NRWE Rn. 12 ff.,

und des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen,

vgl. Urteil vom 15. Juli 2010 - 16 K 199/09 -, NRWE Rn. 29 ff.,

liegt ein solcher dem Fall der bewussten Umgehung der Regelung des § 4 Abs. 2 LHundG NRW gleichgelagerter Fall nur dann vor, wenn ein Betroffener einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss. Hingegen kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Köln,

vgl. beispielhaft Beschlüsse vom 29. Januar 2015 - 20 L 2583/14 -, NRWE Rn. 13 ff. und vom 31. März 2015 - 20 L 205/15 -, juris Rn. 13 ff., Urteil vom 12. August 2010 - 20 K 7961/09 -, juris Rn. 21 ff. m.w.N.,

sowie des Verwaltungsgerichts Düsseldorf,

vgl. beispielhaft Beschlüsse vom 22. September 2015 - 18 L 2817/15 -, NRWE Rn. 10 und vom 22. August 2014 - 18 L 1463/14 -, juris Rn. 13,

hinsichtlich des Vorliegens eines öffentlichen Interesses allein auf objektive Kriterien an. Letztere begründen ihre Ansicht damit, dass allein ein an objektive Gegebenheiten und nicht an die subjektive Vorstellung des Hundehalters im Sinne einer Umgehungsabsicht anknüpfendes Verständnis des Begriffs des öffentlichen Interesses mit dem im Ordnungsrecht allgemein geltenden Grundsatz, dass die Inanspruchnahme als Störer im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr kein Verschulden voraussetzt, korrespondiere. Zudem dürften belastbare Beweise für derartige subjektive Kriterien gerade in den Fällen einer gezielten Umgehung des § 4 Abs. 2 LHundG NRW nur schwer zu finden sein, da praktisch jeder Hundehalter gegenüber der Ordnungsbehörde ein derartiges Wissen abstreiten dürfte. Eine solche Einlassung dürfte im konkreten Fall auch kaum zu widerlegen sein, was wiederum die der Ordnungsbehörde speziell bei den gefährlichen Hunden eingeräumten Eingriffsbefugnisse weit gehend leerlaufen lassen würde.

Eine Streitentscheidung kann vorliegend dahin stehen, da vorliegend auch subjektive Anhaltspunkte in der Person des Klägers gegeben sind, die der Annahme eines öffentlichen Interesses entgegen stehen. Entsprechend der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW ist subjektiv nicht nur die positive Kenntnis der Gefährlichkeit des Hundes, sondern bereits auch die grob fahrlässige Unkenntnis ausreichend, um die Voraussetzung des Vorliegens eines öffentlichen Interesses i.S.d. § 4 Abs. 2 LHundG NRW als nicht erfüllt anzusehen. Denn mit dem Fall einer bewussten Umgehung der Vorgaben des § 4 Abs. 2 LHundG NRW gleichzusetzen, ist der Fall, dass ein Hundehalter einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2014 - 5 B 446/14 -, NRWE Rn. 12 m.w.N.

Der Kläger ist vorliegend bereits seiner Pflicht, die Haltung seines Hundes „B.“ der Beklagten anzuzeigen, nicht nachgekommen und hat trotz mehrfacher Anforderung durch die Beklagte weder den nunmehr im Klageverfahren vorgelegten, auf den 9. März 2014 datierten Kaufvertrag noch einen Abstammungsnachweis von „B.“ bei der Beklagten eingereicht, obwohl ihm diese Pflichten - da er bereits Halter eines großen Hundes („O.“) war - bekannt gewesen sein mussten. Der Kläger hat demgemäß verhindert, die Eigenschaft seines Hundes als gefährlich zeitnah in Erfahrung zu bringen. Bereits dies reicht aus, um von einer grob fahrlässigen Unkenntnis beim Kläger auszugehen. Ausgehend davon, dass an die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 LHundG NRW aufgrund des mit dieser Regelung verfolgten gesetzgeberischen Zwecks - nämlich den Bestand an Tieren, deren Haltung der Gesetzgeber für besonders gefährlich hält, zu minimieren - strenge Anforderungen zu stellen sind, ist damit korrespondierend die Schwelle, in welchen Fällen von einer grob fahrlässigen Unkenntnis der Gefährlichkeit des Hundes beim Käufer auszugehen ist, nicht allzu hoch anzusetzen.

Die Regelung des § 4 Abs. 2 LHundG NRW dient nämlich nicht dazu, die Haltung eines privat erworben Hundes nachträglich zu legalisieren, nachdem der Hund wegen Fehlens der Erlaubnisvoraussetzung weggenommen und in einem Tierheim untergebracht worden ist. Andernfalls könnte der Hundehalter, der mit der nicht erlaubten Haltung eines gefährlichen Hundes selber die Ursache dafür gesetzt habe, dass der Hund in einem Tierheim verbracht werde, nach seinem Belieben ein öffentliches Interesse erzeugen. Auf diese Weise würde § 4 Abs. 2 LHundG NRW letztlich bedeutungslos.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2014 - 5 B 446/14 -, NRWE Rn. 14.

Für das Vorliegen eines der Umgehung des § 4 Abs. 2 LHundG NRW gleichgelagerten Falls fällt hier weiterhin - wenn auch nicht maßgebend - ins Gewicht, dass die Umstände des Kaufs bis heute nebulös sind. Der im Kaufvertrag benannte Verkäufer ist weder melderechtlich gemeldet noch hat dieser einen Hund - von dem „B.“ laut des vom Kläger eingereichten Kaufvertrags abstammen soll - bei der zuständigen Behörde angemeldet.

Die angefochtene Haltungsuntersagung ist auch im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere angesichts ihres klaren Wortlauts hinreichend bestimmt.

Bei dieser Sachlage ist die Untersagung der Hundehaltung ermessensfehlerfrei erfolgt, weil gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW die Haltung eines Hundes u.a. untersagt werden soll, wenn die Erlaubnis Voraussetzung nicht erfüllt sind. Für einen atypischen Fall, der eine Ausnahme von dieser Regel begründen könnte, sind hier weder Anhaltspunkte vorgetragen noch ersichtlich.

Ebenso erweist sich die Anordnung der Abgabe des Hundes im Tierheim E.    binnen einer Frist von fünf Tagen nach § 12 Abs. 2 Satz 4 LHundG NRW als rechtmäßig. Bei dieser Maßnahme handelt es sich um die gesetzlich vorgesehenen Folgen der Untersagung der Hundehaltung. Da die Untersagung für sich gesehen noch nicht zur Beendigung der Haltung führt, sondern die sich aus der illegalen Hundehaltung ergebende Gefahr tatsächlich erst mit der Abgabe des Tieres beseitigt wird, hat die Beklagte von der gesetzlichen Ermächtigung ermessensfehlerfrei Gebrauch gemacht. Die von ihr bestimmte Frist von fünf Tagen ist angesichts der von einem gefährlichen Hund ausgehenden Gefahren angemessen und reicht aus, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, sich von seinem Hund zu verabschieden. Soweit der Kläger einwendet, die Beklagte habe deswegen ermessensfehlerhaft gehandelt, weil sie angeordnet habe, „B.“ im Tierheim E.   abzugeben, ist dem entgegenzuhalten, dass eine konkrete Bezeichnung der Stelle, an der der Hund abzugeben ist, erforderlich ist, um die Anordnung hinreichend zu konkretisieren.

Vgl. Haurand, LHundG NRW, § 12 Anm. 6.

Bedenken gegen die auf §§ 63, 60, 57 Abs. 1 Nr. 2, 55 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW) beruhende Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung bestehen nicht.

Rechtsgrundlage für die Gebührenfestsetzung i.H.v. 90,- € ist § 11 Abs. 1 Satz 2 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW). Hiernach entsteht die Gebührenschuld dem Grunde und der Höhe nach mit Beendigung der gebührenpflichtigen Amtshandlung. Die einzelnen Amtshandlungen, für die Gebühren erhoben werden, sowie die Gebührensätze bestimmt gemäß § 2 Abs. 1 GebG NRW die Allgemeine Verwaltungsgebührenordnung (AVerwGebO NRW). Der Erlass eines Verwaltungsakts zur Untersagung der Hundehaltung nach § 12 Abs. 2 LHundG NRW - wozu auch die streitgegenständliche Ordnungsverfügung zählt - ist gemäß § 1 AVerwGebO NRW i. V. m. Tarifstelle 18a.1.12 gebührenpflichtig. Die Gebühr beträgt 90,- € bis 250,- €. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die streitgegenständliche Gebührenfestsetzung, die am unteren Rand des Gebührenrahmens liegt, rechtmäßig sowie der Höhe nach angemessen.

Hinsichtlich der Hilfsanträge kann dahinstehen, welcher von beiden zulässig ist, da die Klage jedenfalls auch insoweit unbegründet ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Haltererlaubnis nach § 4 LHundG NRW hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Vorliegend sind nicht alle für die Erteilung einer Haltererlaubnis nach § 4 LHundG NRW erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Es scheitert bereits aus den oben dargestellten Gründen an dem Nachweis eines besonderen privaten Interesses sowie dem Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der weiteren Hundehaltung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2 ,711 der Zivilprozessordnung (ZPO).