Niedersächsisches OVG, Urteil vom 27.06.2016 - 9 LB 193/15
Fundstelle
openJur 2016, 8225
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 3. Kammer - vom 4. Juni 2015 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 17. September 2013 wird aufgehoben, soweit er die Heranziehung des Klägers zur Zweitwohnungsteuer betrifft.

Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2013.

Er war in diesem Zeitraum Alleineigentümer einer ca. 130 km von seinem Hauptwohnsitz entfernten Wohnung im Gebiet der Beklagten. Die Wohnung hatte er im Jahr 1998 gemeinsam mit seinem Bruder geerbt. Sein Bruder hatte ihm im Jahr 2008 seinen Eigentumsanteil übertragen.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 12. Juni 2009 mit, dass sie eine Zweitwohnungsteuer erhebe. Weiter heißt es in dem Schreiben:

„Um über Ihre Steuerpflicht entscheiden zu können und ggf. die Höhe der Zweitwohnungsteuer zutreffend ermitteln zu können, bitte ich Sie, den beigefügten Fragebogen vollständig auszufüllen und innerhalb von drei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens an mich zurückzusenden. Es handelt sich dabei um eine Steuererklärung, die von Ihnen nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977) abzugeben ist.“

Im Juli 2009 setzte die Beklagte dem Kläger unter Hinweis auf eine andernfalls erforderliche Schätzung der Bemessungsgrundlage erneut eine Frist zur Abgabe der Steuererklärung. Der Kläger antwortete, die Wohnung werde weiterhin als Ferienwohnung vermietet.

Die Beklagte bat ihn mit Schreiben vom 13. August 2009, Umstände vorzutragen, aus denen sich die subjektive Zweckbestimmung einer reinen Kapitalanlage ableiten lasse. Andernfalls müsse sie davon ausgehen, dass eine solche nicht vorliege. Es gelte die Vermutung, dass ein Zweitwohnungsinhaber das Objekt (auch) für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorhalte, solange er keine Umstände vortrage, die - wie die Lage der Hauptwohnung innerhalb desselben Feriengebiets, der Abschluss eines Dauermietvertrags oder die Übertragung der Vermietung an eine überregionale Agentur unter Ausschluss der Eigennutzung und unter Nachweis ganzjähriger Vermietungsbemühungen - diese Vermutung erschütterten. Der Kläger teilte der Beklagten daraufhin im Fragebogen „Zweitwohnungsteuer“ mit, die Wohnung werde durchschnittlich an 26 Wochen im Jahr an Feriengäste vermietet und ganzjährig privat angeboten.

Die Beklagte verwies mit Schreiben vom 6. Oktober 2009 auf ihr vorangegangenes Schreiben und bat um Vorlage entsprechender Nachweise. Der Kläger mailte ihr die Internetseite, auf der er die Wohnung zur Vermietung anbot. Er fügte eine Aufstellung bei, wonach die Wohnung im Jahr 2009 bis dahin an 184 Tagen vermietet worden war.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2009 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger:

„aufgrund Ihrer Angaben gehe ich davon aus, dass Sie die o.a. Ferienwohnung in Cuxhaven ausschließlich an Feriengäste vermieten und Sie selbst oder Ihre Angehörigen die Wohnung nicht nutzen, sodass eine reine Kapitalanlage vorliegt. Eine Zweitwohnungsteuerpflicht ist somit zur Zeit nicht gegeben. Sofern sich die Verhältnisse ändern sollten, bitte ich Sie, mir dies anzuzeigen, damit Ihre eventuelle Zweitwohnungsteuerpflicht erneut geprüft werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn Sie die Wohnung für Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs i. S. v. § 2 Abs. 2 der Zweitwohnungsteuersatzung (siehe Rückseite) nutzen. Daher bitte ich Sie, mir bis zur ersten Februarwoche eines jeden Jahres unaufgefordert eine detaillierte Aufstellung sowie entsprechende Nachweise zukommen zu lassen, die erkennen lassen, wann die Wohnung vermietet, an welche Personen und zu welchem Preis oder selbst in Anspruch genommen wurde. In diesem Zusammenhang darf ich Sie auf die §§ 7 ff. der Cuxhavener Zweitwohnungsteuersatzung hinweisen.“

Der Kläger übermittelte der Beklagten nachfolgend im Kurabgabenerhebungsverfahren quartalsweise per E-Mail Auflistungen über die Vermietungen der Wohnung.

Mit Schreiben vom 17. August 2013 gab der Kläger in einem im Zusammenhang mit Kurabgaben stehenden Ordnungswidrigkeitsverfahren an, er habe die Vermietung der Wohnung eingestellt. Die Beklagte teilte ihm daraufhin mit, sie nehme an, dass er die Wohnung künftig zu persönlichen Zwecken nutze wolle und damit zweitwohnungsteuerpflichtig sei. Ferner gehe sie davon aus, dass der Kläger seit dem Eigentumserwerb zweitwohnungsteuerpflichtig gewesen sei, weil er die Wohnung in Eigenregie an Feriengäste vermietet habe. Sie beabsichtige daher, ihn rückwirkend ab dem 1. Januar 2009 zur Zweitwohnungsteuer zu veranlagen. In einem Vordruck gab der Kläger an, die Wohnung sei seit dem Jahr 2002 ausschließlich an Feriengäste vermietet worden und werde nun zum Verkauf angeboten.

Mit Bescheid vom 17. September 2013 zog die Beklagte den Kläger für die Jahre 2009 bis 2013 zur Zweitwohnungsteuer in Höhe von insgesamt 3.013,09 EUR sowie zum Jahreskurbeitrag heran.

Der Kläger hat Klage erhoben und zur Begründung unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung im Wesentlichen geltend gemacht: Weder er noch seine Angehörigen hätten die Wohnung je genutzt, seit sie in seinem Alleineigentum stehe. Er habe die Wohnung bis zum Jahr 2005 über ein Vermittlungsbüro ganzjährig zur Vermietung angeboten. Aufgrund schlechter Erfahrungen habe er sie dann in Eigenregie ganzjährig im Internet zur Vermietung angeboten. Die Verwaltungssoftware habe ein Vorhalten von Zeiträumen für eine Eigennutzung nicht ermöglicht. Die Wohnung sei im Jahr 2009 an 184 Tagen, im Jahr 2010 an 202 Tagen, im Jahr 2011 an 195 Tagen, im Jahr 2012 an 194 Tagen und in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2013 an insgesamt 80 Tagen vermietet gewesen. Da er beruflich stark eingespannt sei und an den Wochenenden seinen schwerbehinderten Sohn aus erster Ehe betreue, habe er die Wohnung an den übrigen Tagen nicht für Kurzurlaube nutzen können. Der Umstand der Eigenvermietung dürfe nicht dahingehend gewertet werden, dass er die Wohnung zur Eigennutzung vorhalte. Andernfalls werde er gegenüber solchen Wohnungsinhabern ungleich behandelt, die ihre Wohnung über eine Vermittlungsagentur anböten. Die Beklagte müsse sich an ihrem nach Prüfung des von ihm ausgefüllten Fragebogens und der von ihm für das Jahr 2009 vorgelegten Nachweise über die Auslastung der Wohnung erlassenen Schreiben vom 22. Oktober 2009 festhalten lassen, mit dem sie festgestellt habe, dass er nicht zweitwohnungsteuerpflichtig sei, sofern sich die Verhältnisse nicht änderten. Eine Veränderung, die Anlass zu einer erneuten Prüfung hätte geben können, sei in der Folgezeit nicht eingetreten, da die Auslastung der Wohnung gestiegen sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 17. September 2013, soweit er die Festsetzung der Zweitwohnungsteuer betrifft, aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe die Wohnung zur persönlichen Lebensführung vorgehalten. Er habe die dahingehende Vermutung nicht entkräftet. Seine innere Absicht, die Wohnung trotz Leerstands nicht zu nutzen, sei aufgrund der Eigenvermietung jederzeit änderbar gewesen. Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, seine Wohnung selbst über das Internet anzumieten. Er habe die Wohnung aufgrund der schnellen Erreichbarkeit von seiner Hauptwohnung sehr wohl für Kurzurlaube nutzen können. Ihr Schreiben vom 22. Oktober 2009 entfalte keine Bindungswirkung. Sie verzichte darin nicht auf Steueransprüche. Vielmehr enthalte das Schreiben die Aufforderung, Aufstellungen über die Vermietung der Wohnung nebst Nachweisen vorzulegen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4. Juni 2015 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei zweitwohnungsteuerpflichtig, weil er neben seiner Hauptwohnung eine Wohnung im Geltungsbereich der Satzung der Beklagten innehabe und über diese auch zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs verfüge. Er habe die Vermutung, dass im Fall einer - wie hier - selbst durchgeführten Vermietung einer Ferienwohnung in aller Regel eine Vorhaltung der Wohnung auch für den persönlichen Lebensbedarf anzunehmen sei, nicht entkräftet. Er könne seiner Zweitwohnungsteuerpflicht auch nicht mit Erfolg die Erklärung der Beklagten in ihrem Schreiben vom 22. Oktober 2009 entgegenhalten. Denn hierbei handele es sich nicht um einen begünstigenden Verwaltungsakt im Sinne einer Freistellung von der Zweitwohnungsteuer, sondern um eine Nichtveranlagungsmitteilung.

Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 30. Dezember 2015 (9 LA 116/15) wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der letztgenannten Auffassung des Verwaltungsgerichts gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Berufung gegen das Urteil zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und macht ergänzend geltend: Er habe die Wohnung auch in den beiden letzten Quartalen des Jahres 2013 weiterhin an Feriengäste vermietet. Das Schreiben der Beklagten vom 22. Oktober 2009 sei als Freistellungsbescheid zu werten. Er habe das Schreiben nur so verstehen können, dass eine Prüfung der Zweitwohnungsteuerpflicht erfolgt und mit dem Ergebnis abgeschlossen worden sei, dass sie solange nicht bestehe, wie sich die angezeigten Verhältnisse nicht änderten. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Schreiben ein förmliches Steuerveranlagungsverfahren mit einem umfangreichen Schriftwechsel vorangegangen sei. Die Verhältnisse hätten sich bis zur Veräußerung der Wohnung am 1. Oktober 2014 nicht geändert.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.

Die Beklage beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertieft ebenfalls ihr bisheriges Vorbringen und verteidigt ihre Rechtsansicht, dass ihr Schreiben vom 22. Oktober 2009 eine unverbindliche Nichtveranlagungsmitteilung sei. Die Formulierung „Eine Zweitwohnungsteuerpflicht ist somit zur Zeit nicht gegeben“ habe sich auf ein inzwischen überholtes Urteil des 13. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (13 L 4530/99) bezogen. Darin sei vertreten worden, Fälle einer tatsächlichen Nichtnutzung bei Vermietungszeiten von ca. einem Drittel des Jahres führten dazu, dass keine Zweitwohnungsteuerpflicht bestehe. Diese Voraussetzungen habe sie mit Blick auf die Vermietungszeit allein bezogen auf das Jahr 2009 angenommen. Nicht hingegen habe sie in ihrem Schreiben zum Ausdruck bringen wollen, dass das Vorhalten der Wohnung auch in der Zukunft nicht steuerpflichtig sein solle. Gegen eine Rechtsverbindlichkeit des Schreibens spreche das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung. Auch ende nicht jedes Besteuerungsverfahren mit einem Verwaltungsakt. Einem Abgabenschuldner komme ein objektiv geschütztes Vertrauen nur dann zu, wenn er einen Antrag auf eine verbindliche Auskunft gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 lit. a NKAG in Verbindung mit § 89 Abs. 1 Satz 2 AO gestellt habe. Der Kläger sei indes von Amts wegen aufgefordert worden, sich zur Zweitwohnungsteuerpflicht zu erklären. Gegen eine Rechtsverbindlichkeit ihres Schreibens spreche ferner die darin enthaltene Aufforderung, in der Folgezeit detaillierte Aufstellungen über die Vermietungen nebst Nachweisen vorzulegen. Selbst wenn das Schreiben vom 22. Oktober 2009 als Verwaltungsakt auszulegen sein sollte, wäre dieser nichtig. Denn das Schreiben beziehe sich auf einen unbestimmten Zeitraum. Allenfalls betreffe es den Veranlagungszeitraum 2009. Denn mit der Aufforderung zur Vorlage von Vermietungsnachweisen habe sie bekundet, jedes Jahr erneut prüfen zu wollen, ob eine Zweitwohnungsteuerpflicht gegeben sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Inhalte der Gerichtsakte und der Beiakte verwiesen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Unrecht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17. September 2013 über die Heranziehung des Klägers zur Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§§ 125 Abs. 1, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Allerdings ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger in den genannten Jahren in materiell-rechtlicher Hinsicht zweitwohnungsteuerpflichtig war.

Der Kläger hatte in diesem Zeitraum neben seiner Hauptwohnung in F. eine Wohnung im Gebiet der Beklagten im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 ihrer rückwirkend zum 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Zweitwohnungsteuersatzung vom 23. Juni 2011 inne, da er als Alleineigentümer die rechtliche Verfügungsbefugnis und die tatsächliche Verfügungsmacht über die nicht dauerhaft vermietete Wohnung hatte.

Er hatte die Wohnung in den Jahren 2009 bis 2013 auch im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten „zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs“ inne. Nicht hingegen handelte es sich um eine zweitwohnungsteuerfreie reine Kapitalanlage. Für die im Ausgangspunkt subjektive Bestimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung ist nicht die - unüberprüfbare - innere Absicht des Zweitwohnungsinhabers maßgeblich. Vielmehr kann diese innere Tatsache nur auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.10.2014 – 9 C 5.13 – juris Rn. 12 m.w.N.). Die steuererhebende Gemeinde darf an das Innehaben einer Zweitwohnung bei bestehendem Nutzungsrecht und der offen gehaltenen Nutzungsmöglichkeit grundsätzlich zunächst die Vermutung knüpfen, dass die Wohnung zumindest auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.10.2014, a.a.O., Rn. 13 m.w.N.). Der Zweitwohnungsinhaber kann diese Vermutung durch objektive Umstände erschüttern. Im vorliegenden Fall ergibt eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls, dass der Kläger die Vermutung des Vorhaltens der Zweitwohnung für Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs nicht erschüttert hat. Der Kläger hat in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 29. April 2014 im Wesentlichen lediglich erklärt, weder er noch seine Angehörigen hätten die Wohnung seit dem 9. April 2008 jemals zu Zwecken der persönlichen Lebensführung genutzt. Nicht hingegen ergibt sich aus dieser nachträglich erstellten eidesstattlichen Versicherung, dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des Beginns eines jeden Erhebungsjahres die Wohnung nicht für Zwecke seiner persönlichen Lebensführung oder der persönlichen Lebensführung seiner Angehörigen vorgehalten hat. Die Umstände, dass die Wohnung in den betreffenden Jahren durchweg an zahlreichen Tagen nicht vermietet war und sich der Kläger nach seinen Angaben in der eidesstattlichen Versicherung und in der mündlichen Verhandlung - ungeachtet der von ihm vorgetragenen beruflichen Einspannung und der Betreuung seines Sohns - regelmäßig, nämlich anlässlich der Wohnungsübernahmen und Vorbereitungen der Wohnung für die nächsten Mieter sowie nach der eidesstattlichen Versicherung zudem anlässlich von Besuchen bei Kunden im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit im Gebiet der Beklagten aufhielt, sprechen in Anbetracht der Entfernung seiner Hauptwohnung von immerhin 130 km vielmehr eher für ein Vorhalten der Zweitwohnung (auch) zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs, um diese gegebenenfalls doch einmal für eine Übernachtung in Anspruch zu nehmen, auch wenn es dazu letztlich tatsächlich nicht gekommen sein mag.

Jedoch steht der Heranziehung des Klägers zur Zweitwohnungsteuer entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts eine bestandskräftige Freistellung von der Zweitwohnungsteuer für die streitgegenständlichen Jahre durch das Schreiben der Beklagten vom 22. Oktober 2009 entgegen.

Bei diesem Schreiben handelt es sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 118 Abs. 1 AO, durch den die Beklagte rechtsverbindlich erklärt hat, dass sie den Kläger ab dem Jahr 2009 nicht zur Zweitwohnungsteuer veranlagen wird, solange er seine Wohnung ausschließlich an Feriengäste vermietet und sie nicht selbst oder durch Angehörige nutzt. Das Schreiben stellt eine sog. Nichtveranlagungsverfügung dar, die im vorliegenden Fall als Freistellungsbescheid im Sinne des § 155 Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 AO auszulegen ist.

34Der in der Verwaltungspraxis für unterschiedliche Fallgestaltungen verwendete Begriff der Nichtveranlagungsverfügung umfasst sowohl den bloßen innerdienstlichen Vermerk der steuerhebenden Behörde als auch die schriftliche Mitteilung an den Steuerpflichtigen, dass eine Veranlagung nicht durchgeführt werde (BFH, Urteil vom 22.10.1986 - I R 254/83 - juris Rn. 14 m.w.N.).

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs lassen sich die Rechtsnatur, der Regelungsgehalt und die verfahrensrechtliche Bedeutung einer - wie hier - schriftlichen Mitteilung an den Steuerpflichtigen, dass eine Veranlagung nicht durchgeführt werde, nicht abstrakt, sondern nur nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen (vgl. BFH, Urteil vom 12.5.1989 - III R 200/85 - juris Rn.11; Beschlüsse vom 17.4.2007 - VI B 136/06 - juris Rn. 4; vom 16.7.2008 - VI B 25/08 - juris Rn. 3). Es kann sich sowohl um eine formlose Mitteilung, die nur eine unverbindliche Auskunft ohne Regelungscharakter beinhaltet, als auch um einen förmlichen Bescheid mit verbindlicher Regelung des Einzelfalls handeln (BFH, Urteil vom 12.5.1989, a.a.O., Rn. 13; Schuster, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, FGO, Stand: März 2011, § 155 Rn. 30).

Eine Nichtveranlagungsmitteilung kann im Einzelfall als Verwaltungsakt in Form eines Freistellungsbescheids im Sinne des § 155 Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 AO auszulegen sein (BFH, Urteile vom 22.10.1986, a.a.O., Rn. 13; vom 12.5.1989, a.a.O., Rn. 12; Rüsken, in: Klein, AO, 11. Aufl. 2012, § 155 Rn. 35; Seer, in: Tipke/Kruse, AO, Stand: Aug. 2013, § 155 Rn. 13).

Ein Freistellungsbescheid ist begrifflich ein Steuerbescheid, der nach dem Willen der Steuerbehörde den Steuerpflichtigen verbindlich davon unterrichtet, dass eine Steuer von ihm aufgrund des geprüften Sachverhalts dem Grunde nach überhaupt nicht oder für einen bestimmten Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum nicht gefordert werde (vgl. BFH, Urteile vom 16.10.1991 - I R 65/90 - juris Rn. 13; vom 13.11.1996 - I R 152/93 - juris Rn. 31; vom 8.2.2001 - VII R 59/99 - juris Rn. 12; vom 9.4.2008 - II R 31/06 - juris Rn. 12). Ob die Steuer förmlich auf Null Euro festgesetzt wird oder lediglich zum Ausdruck gebracht wird, es werde keine Steuer geschuldet, ist ohne Bedeutung (Cöster, in: Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 155 Rn. 29; Schuster, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 155 Rn. 26).

Bei der Auslegung, ob eine Behörde einen Freistellungsbescheid erlassen hat, der eine verbindliche Feststellung über die Steuerpflicht enthält, kommt es darauf an, ob der Adressat aus der Mitteilung selbst oder aus den Umständen ihres Erlasses objektiv schließen muss, dass eine einseitige, verbindliche, der Rechtsbeständigkeit fähige Regelung kraft hoheitlicher Gewalt gewollt ist (vgl. BFH, Urteile vom 22.10.1986, a.a.O., Rn. 14; vom 9.4.2008, a.a.O., Rn. 12). Unbeachtlich ist demgegenüber, ob die Behörde tatsächlich den Willen hatte, einen Verwaltungsakt zu erlassen. Es genügt, wenn der Anschein eines entsprechenden Entscheidungswillens erweckt wird (vgl. BFH, Urteile vom 22.10.1986, a.a.O., Rn. 12; vom 9.4.2008, a.a.O., Rn. 13; Beschluss vom 9.10.2013 - X B 239/12 - juris Rn. 8 f.). Denn ein Verwaltungsakt wird nach § 124 Abs. 1 Satz 2 AO mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekanntgegeben wird. Nach den für die Ermittlung des Erklärungsgehalts der behördlichen Äußerung im öffentlichen Recht entsprechend anzuwendenden §§ 133, 157 BGB kommt es insoweit nicht auf den inneren Willen des Erklärenden, sondern darauf an, wie die Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtungsweise zu verstehen ist. Maßgebend ist der geäußerte Wille des Erklärenden, wie er aus der Erklärung und sonstigen Umständen für den Erklärungsempfänger erkennbar wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.9.2010 - 8 C 21.09 - juris Rn. 36; vom 27.6.2012 - 9 C 7.11 - juris Rn. 18).

39Die Auslegung hat unter Berücksichtigung aller dem Erklärungsempfänger objektiv erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben zu erfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.9.2010, a.a.O., Rn. 36; vgl. auch BFH, Urteil vom 16.2.1990 - VI R 40/86 - juris Rn. 23; Beschluss vom 9.10.2013, a.a.O., Rn. 9). Insbesondere kann sich aus der Abfolge und dem Inhalt eines zwischen der Steuerbehörde und dem Steuerpflichtigen geführten Schriftwechsels ergeben, dass eine Mitteilung der Steuerbehörde die Annahme rechtfertigt, es liege ein Freistellungsbescheid vor (vgl. BFH, Urteil vom 9.4.2008, a.a.O., Leitsatz 1; Cöster, in: Koenig, a.a.O., § 155 Rn. 31). Verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten der Steuerbehörde (BFH, Urteil vom 16.2.1990, a.a.O., Rn. 25; Beschluss vom 9.10.2013, a.a.O., Rn. 9; Rüsken, in: Klein, a.a.O., § 155 Rn. 4; Seer, in: Tipke/Kruse, a.a.O., § 155 Rn. 7).

In Anwendung dieser Maßstäbe ist das Schreiben der Beklagten vom 22. Oktober 2009 bei Würdigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls als Freistellungsbescheid anzusehen. Der Kläger musste bei objektiver Betrachtungsweise nach Treu und Glauben davon ausgehen, dass die Beklagte mit dem Schreiben verbindlich erklären wollte, dass er ab dem Jahr 2009 nicht zur Zweitwohnungsteuer veranlagt wird, solange er seine Wohnung ausschließlich an Feriengäste vermietet und die Wohnung weder durch ihn noch durch seine Angehörigen genutzt wird.

Denn das von der für die Zweitwohnungsteuer zuständigen Dienststelle der Beklagten verfasste Schreiben vom 22. Oktober 2009 wird mit den Worten „aufgrund Ihrer Angaben“ eingeleitet. Sodann wird der vom Kläger der Beklagten zuvor mitgeteilte Sachverhalt wiedergegeben, nämlich, dass er die Wohnung ausschließlich an Feriengäste vermietet und er selbst oder seine Angehörigen die Wohnung nicht nutzen. Es folgt der unterstrichene und in fett gedruckter Schrift hervorgehobene Satz „Eine Zweitwohnungsteuerpflicht ist somit zur Zeit nicht gegeben.“ Dieses Zusammenspiel der Wiedergabe der Angaben des Klägers und der Verneinung seiner Zweitwohnungsteuerpflicht konnte dieser bei objektiver Betrachtung nur so verstehen, dass die für die Zweitwohnungsteuer zuständige Dienststelle der Beklagten aufgrund seiner Angaben eine materiell-rechtliche Prüfung seiner Zweitwohnungsteuerpflicht vorgenommen und mit dem Ergebnis abgeschlossen hatte, dass er nicht zweitwohnungsteuerpflichtig ist.

Aus dem sich anschließenden Satz „Sofern sich die Verhältnisse ändern sollten, bitte ich Sie, mir dies anzuzeigen, damit Ihre eventuelle Zweitwohnungsteuerpflicht erneut geprüft werden kann“ musste der Kläger aus Sicht eines objektiven Empfängers im Umkehrschluss folgern, dass er nach Feststellung der Beklagten nicht der Steuerpflicht unterliegt, solange sich an den von ihm mitgeteilten und von der Beklagten in dem Schreiben wiedergegebenen Verhältnissen nichts ändern würde, d.h. solange er seine Wohnung weiterhin ausschließlich an Feriengäste vermieten und die Wohnung weder durch ihn noch durch seine Angehörigen genutzt werden würde.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist es insoweit unbeachtlich, ob sie mit der Formulierung „Eine Zweitwohnungsteuer ist somit zur Zeit nicht gegeben“ auf die damalige Rechtsprechung des 13. Senats (Urteil vom 17. April 2002 - 13 L 4530/99) Bezug nehmen wollte. Entscheidend ist, wie die Formulierung vom Adressaten zu verstehen war. Eine Kenntnis der geltenden Rechtsprechung war beim juristisch nicht vorgebildeten Kläger nicht vorauszusetzen.

Der Kläger musste auch von der Rechtsverbindlichkeit der Erklärung der Beklagten ausgehen. Denn dem Schreiben vom 22. Oktober 2009 war ein Steuerveranlagungsverfahren in formalisierter Form mit dem ausdrücklich geäußerten Zweck einer Entscheidung über seine Zweitwohnungsteuerpflicht vorangegangen. So enthält die Aufforderung der für die Zweitwohnungsteuer zuständigen Dienststelle der Beklagten an den Kläger im Schreiben vom 12. Juni 2009, den beigefügten Fragebogen ausgefüllt zurückzusenden, den Zusatz „um über Ihre Steuerpflicht entscheiden zu können“. In dem Schreiben wird zudem in fettgedruckter Schrift darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Fragebogen um eine Steuererklärung handele, die vom Kläger nach den Vorschriften der Abgabenordnung abzugeben sei. Mit einem weiteren Schreiben vom 23. Juli 2009 wurde der Kläger an die Abgabe der Steuererklärung erinnert und auf die Folgen eines Verstoßes hingewiesen. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass nicht jedes Steuerveranlagungsverfahren zwingend mit einem Verwaltungsakt enden muss. Wird aber in dem Steuerveranlagungsverfahren - wie hier - ausdrücklich hervorgehoben, dass dieses einer Entscheidung über die Steuerpflicht dient, so darf eine am Ende dieses Steuerveranlagungsverfahrens ergehende Mitteilung über die Steuerpflicht vom Empfänger auch als Mitteilung eines verbindlichen Ergebnisses gewertet werden. Insoweit ist es ohne Bedeutung, ob das Veranlagungsverfahren von Amts wegen durchgeführt wurde oder vom möglicherweise zu Veranlagenden selbst initiiert wurde.

Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Behörde und der möglicherweise zu Veranlagende im Rahmen eines solchen, auf eine verbindliche Entscheidung über die Steuerpflicht angelegten förmlichen Steuerveranlagungsverfahrens - wie hier - über materiell-rechtliche Fragen austauschen, die Behörde zunächst mehrfach die diesbezüglichen Angaben des möglicherweise zu Veranlagenden für unzureichend erklärt und schließlich nach dessen ergänzendem Vortrag und der Einreichung von Unterlagen eine Erklärung der genannten Art abgibt.

Der Auslegung des Schreibens vom 22. Oktober 2009 dahin, dass die Beklagte rechtsverbindlich festgestellt hat, dass der Kläger nicht der Zweitwohnungsteuerpflicht unterliegt, solange er seine Wohnung ausschließlich an Feriengäste vermietet und die Wohnung weder durch ihn noch durch seine Angehörigen genutzt wird, kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegen halten, dass ihr Schreiben zudem die Aufforderung enthalte, ihr bis zur ersten Februarwoche eines jeden Jahres unaufgefordert eine detaillierte Aufstellung sowie Nachweise darüber zukommen zu lassen, wann die Wohnung an welche Personen zu welchem Preis vermietet oder selbst in Anspruch genommen wurde. Zwar lässt diese Aufforderung darauf schließen, dass die Beklagte zu kontrollieren beabsichtigte, ob sich an den in ihrem Schreiben für das Nichtbestehen der Zweitwohnungsteuerpflicht als maßgeblich herausgestellten Verhältnissen - ausschließliche Vermietung der Wohnung an Feriengäste, keine Nutzung der Wohnung durch den Kläger oder dessen Angehörige - in der Folgezeit etwas ändert. Der Aufforderung ist aber keine zeitliche Einschränkung der Feststellung zu entnehmen, dass der Kläger nicht der Zweitwohnungsteuerpflicht unterliegt, solange er seine Wohnung ausschließlich an Feriengäste vermietet und die Wohnung weder durch ihn noch durch seine Angehörigen genutzt wird. Die Beklagte hätte es in der Hand gehabt, deutlich herauszustellen, dass ihre Erklärung ausschließlich auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt sein sollte und sie jedes Jahr erneut über die Zweitwohnungsteuerpflicht des Klägers entscheiden werde (was sie im Übrigen - soweit ersichtlich - nicht getan hat). Dass sie hiervon abgesehen hat, muss sie zu ihren Lasten gegen sich gelten lassen.

Auch der weitere Einwand der Beklagten, ihr Schreiben vom 22. Oktober 2009 enthalte keine Rechtsbehelfsbelehrung, steht der Rechtsverbindlichkeit ihres Schreibens nicht entgegen. Es ist keine unerlässliche Voraussetzung für die Annahme eines Freistellungsbescheids, dass eine Nichtveranlagungsmitteilung mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist (vgl. Rüsken, in: Klein, a.a.O., § 155 Rn. 37), zumal der hiervon Begünstigte Rechtsbehelfe wohl kaum ergreifen wird. Zwar kann es insoweit bedeutsam sein, ob eine Nichtveranlagungsmitteilung mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist, weil die Behörde mit einer derartigen Belehrung unmissverständlich zu erkennen gibt, dass sie eine Mitteilung als Regelungsverfügung verstanden wissen will (vgl. BFH, Urteile vom 22.10.1986, a.a.O., Rn. 17; vgl. auch BFH, Urteil vom 12.5.1989, a.a.O., Rn. 13). Dem Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung kommt aber allenfalls eine indizielle Bedeutung gegen das Vorliegen eines Verwaltungsakts zu, ohne dass bereits allein dadurch der Regelungscharakter genommen würde (vgl. BFH, Urteil vom 19.5.2004 - III R 18/02 - juris Rn. 30; Beschluss vom 9.10.2013, a.a.O., Rn. 9). Eine entscheidende Bedeutung kommt der äußeren Form eines Schreibens nur dann zu, wenn der erklärte Wille der Steuerbehörde, wie ihn der Adressat bei objektiver Würdigung verstehen konnte, den Charakter der Verfügung als verbindliche Regelung eines Einzelfalls nicht hinreichend klar erkennen lässt (vgl. BFH, Urteil vom 22.10.1986, a.a.O., Rn. 17; BFH, Urteil vom 9.4.2008, a.a.O., Rn. 15). Hier ergibt sich jedoch aus dem Inhalt des Schreibens vom 22. Oktober 2009 unter Berücksichtigung des vorangegangenen Schriftwechsels der Beteiligten in dem auf eine Entscheidung über die Steuerpflicht des Klägers angelegten förmlichen Steuerveranlagungsverfahren hinreichend klar der rechtsverbindliche Charakter des Schreibens.

Auch der Einwand der Beklagten, der Kläger habe bei ihr keine verbindliche Auskunft gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 lit. a, Abs. 5 NKAG in Verbindung mit § 89 Abs. 1 Satz 2 AO beantragt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Nach den genannten Vorschriften erteilt die Körperschaft, der die Abgabe zusteht, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten. Die Auskunftserteilung gemäß § 89 Abs. 1 Satz 2 AO erfolgt nur über die verfahrensrechtlichen Pflichten und Rechte, nicht über das materielle Recht; hierfür ist die - von der Beklagten wohl auch gemeinte - verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO vorgesehen (vgl. Rätke, in: Klein, a.a.O., § 89 Rn. 10). Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 lit. a, Abs. 5 NKAG in Verbindung mit § 89 Abs. 2 Satz 1 AO kann die Körperschaft, der die Abgabe zusteht, auf Antrag verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. Aus dieser gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit kann nicht der Umkehrschluss gezogen werden, jegliche in einem anderen Zusammenhang verfasste Schreiben derjenigen Körperschaft, der die Abgabe zusteht, seien rechtlich unverbindlich. Vielmehr ist - wie ausgeführt - in der Rechtsprechung geklärt, dass Nichtveranlagungsmitteilungen außerhalb von Verfahren nach § 89 Abs. 2 AO je nach den Umständen des Einzelfalls als Freistellungsbescheid im Sinne des § 155 Abs. 1 Satz 3 AO auszulegen sein können.

Schließlich greift auch der Einwand der Beklagten, ihr Schreiben vom 22. Oktober 2009 beziehe sich nicht auf einen hinreichend bestimmten Zeitraum mit der Folge, dass ein nichtiger Verwaltungsakt vorliege, nicht durch. Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 lit. b NKAG in Verbindung mit § 125 Abs. 1 AO nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Verwaltungsakt inhaltlich nicht hinreichend bestimmt ist (§ 119 Abs. 1 AO) (BFH, Urteil vom 30.9.2015 - II R 31/13 - juris Rn. 10). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Zwar wird die Zweitwohnungsteuer nach der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten als Jahressteuer erhoben. Dies bedeutet aber entgegen der Annahme der Beklagten nicht, dass ein Freistellungsbescheid sich stets auf einen jährlichen oder sonst durch Daten festgelegten Besteuerungszeitraum beziehen muss, um hinreichend bestimmt zu sein. Vielmehr können Freistellungsbescheide nach der oben aufgezeigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sowohl die Mitteilung enthalten, dass für einen bestimmten Zeitraum keine Steuer erhoben werde, als auch die Mitteilung, dass dem Grunde nach keine Steuer erhoben werde. Wie die Auslegung des Schreibens der Beklagten vom 22. Oktober 2009 ergeben hat, ist hier letzteres der Fall. Insoweit handelt es sich bei dem Schreiben um einen sog. Dauerverwaltungsakt. Aus dem Umstand, dass dieser naturgemäß keine zeitliche Beschränkung enthält, folgt keine Nichtigkeit. Andernfalls wären sämtliche Dauerverwaltungsakte als nichtig anzusehen.

Die Beklagte muss sich an ihrem als Freistellungsbescheid auszulegenden Schreiben vom 22. Oktober 2009 für sämtliche Streitjahre festhalten lassen. Denn nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 lit. b NKAG in Verbindung mit § 124 Abs. 2 AO bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Nach den Angaben des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Freistellungsbescheid nicht aufgehoben. Dieser hat sich bis zum Ablauf des letzten hier maßgebenden Steuerjahres 2013 auch nicht auf sonstige Weise erledigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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