LG Freiburg, Beschluss vom 15.02.2016 - 3 OH 29/15
Fundstelle
openJur 2016, 6098
  • Rkr:

1. Zu den Sorgfaltspflichten des Notars, wenn er durch einen Makler ohne schriftliche Eigentümervollmacht mit der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags beauftragt wird.

2. Die Notarkostenhaftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht richtet sich nach § 179 BGB analog. Dabei kommt auch § 179 Abs. 2 BGB zur Anwendung.

3. Haftet der Vertreter ohne Vertretungsmacht gem. § 179 Abs. 2 BGB nur auf das negative Interesse, so begründet allein der Arbeitsaufwand des Notars noch keinen Vermögensschaden.

Tenor

1. Der Antrag der Beteiligten Ziff. 1, 2 und 4 auf gerichtliche Entscheidung wird verworfen.

2. Die Kostenrechnung der weiteren Beteiligten Ziff. 1 Nr. 217320 wird aufgehoben.

3. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um Notarkosten im Zusammenhang mit einem nicht zustande gekommenen Grundstückskaufvertrag.

Die Antragsteller Ziff. 1 und 2 hatten Anfang 2015 Interesse am Kauf eines Grundstücks vom Antragsteller Ziff. 4. Als Maklerin fungierte die von den Antragstellern Ziff. 1 und 2 beauftragte Antragstellerin Ziff. 3. Unter ihrer Vermittlung schlossen die übrigen Antragsteller eine privatschriftliche „Reservierungsvereinbarung“ über eine Anzahlung von 2.500,00 EUR, die bei Nichtzustandekommens des Vertrags als Aufwandserstattung bei der Antragstellerin Ziff. 3 verbleiben sollte. Diese wandte sich mit E-Mail vom 10.2.2015 an die weitere Beteiligte Ziff. 1 (im Folgenden: Notarin) und bat um einen notariellen Beurkundungstermin für den Kaufvertrag, ferner übersandte sie ein - teils von ihr selbst komplettiertes - Formular mit Angaben zum beabsichtigten Kaufvertrag. Die Notarin nahm Grundbucheinsicht und übersandte den Antragstellern Ziff. 1, 2 und 4 einen Kaufvertragsentwurf. Die Antragsteller Ziff. 1 und 2, die den Maklerauftrag am 16.2.2015 gekündigt hatten, teilten daraufhin mit, sie hätten kein Interesse mehr an dem Erwerb des Grundstück und widersetzten sich - ebenso wie der Antragsteller Ziff. 4 - den daraufhin an sie gerichteten Notarkostenrechnungen, weil die Antragstellerin Ziff. 3 ohne entsprechende Vollmacht gehandelt habe. Die Notarin stornierte die Rechnungen und stellte die Notarkosten stattdessen der Antragstellerin Ziff. 3 in Rechnung, die gleichfalls widersprach und darauf verwies, dass sie nur als Bevollmächtigte gehandelt habe. Daraufhin forderte die Notarin die Antragstellerin Ziff. 3 auf, ihre Bevollmächtigung zu belegen, woraufhin diese den Makler-Alleinauftrag und die Reservierungsvereinbarung übersandte. Die Notarin stellte daraufhin wiederum den übrigen Antragstellern ihre Gebühren in Rechnung und wies sie mit Schreiben vom 9.7.2015 darauf hin, dass nach den vorgelegten Unterlagen die Kosten je hälftig von Käufer- und Verkäuferseite zu tragen seien. Als diese erneut widersprachen und der Bezirksrevisor bezweifelte, ob sich aus den Unterlagen eine Vollmacht ergebe, stornierte die Notarin diese Rechnungen und stellte ihre Kosten stattdessen wieder der Antragstellerin Ziff. 3 mit der unter 2. des Beschlusstenors genannten Kostennote, auf die verwiesen wird, in Rechnung.

Die Antragsteller Ziff. 1, 2 und 4 beantragen eine klarstellende gerichtliche Entscheidung gem. § 127 GNotKG, wonach sie nicht Kostenschuldner seien, und sind der Auffassung, eine Entscheidung des Gerichts sei nötig, solange die Notarin keinen endgültigen Verzicht erkläre. Die Notarin sieht sich an einem Verzicht gehindert und verweist auf § 125 GNotKG. Der Dienstherr - vertreten durch den Bezirksrevisor - ist der Auffassung, dass die Einwände gegen nicht existente Kostenrechnungen ins Leere gingen, die Antragsteller Ziff. 1, 2 und 4 aber noch in Anspruch genommen werden könnten, falls die gerichtliche Überprüfung die Vollmacht der Antragstellerin Ziff. 3 ergebe, und dass ein Verzicht deshalb nicht zu erklären sei.

Die Antragstellerin Ziff. 3 beantragt, die im Beschlusstenor genannte Kostenrechnung aufzuheben, da sie nur als Vertreterin gehandelt und Vollmacht gehabt habe, und weil sie keinen isolierten Entwurf in Auftrag gegeben habe und nach der Entscheidung des BGH, Beschluss vom 16. März 2015 - NotSt (Brfg) 9/14, eine Entwurfsgebühr deshalb ohnehin nicht entstanden sei. Auch sei ein Vertrauensschaden der Notarin (§ 179 Abs. 2 BGB) nicht gegeben. Die Notarin ist der Auffassung, die Antragstellerin Ziff. 3 hafte entsprechend § 179 BGB. Dass die Antragstellerin Ziff.3 sich für bevollmächtigt gehalten habe und deshalb nur auf den Vertrauensschaden hafte (§ 179 Abs.2 BGB) sei nicht vorstellbar. Der Dienstherr - vertreten durch den Bezirksrevisor - ist derselben Auffassung. Er macht ferner geltend, der genannte Beschluss des BGH sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, und die Haftungsbegrenzung des § 179 Abs. 2 BGB sei hier unanwendbar; der Vertrauensschaden der Notarin liege im Übrigen in der Erbringung ihrer geldwerten Leistungen.

Ergänzend wird auf den Akteninhalt verwiesen.II.

Der Antrag der Antragsteller Ziff. 1, 2 und 4 ist unzulässig.

1.

Der Antrag ist gegenstandslos. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens nach § 127 GNotKG sind die Einwände des Kostenschuldners gegen eine konkrete Kostenforderung. Die gegen die Antragsteller Ziff. 1, 2 und 4 ergangenen Kostenrechnungen wurden aber von der Notarin storniert und stattdessen an die übrige Antragstellerin gerichtet. Korrigiert der Notar seinen Standpunkt nachträglich, so ist allein der neue Kostenansatz automatisch - ohne dass es eines förmlichen Verzichts auf den bisher geltend gemachten Betrag bedarf - alleinige Grundlage des gerichtlichen Verfahrens (Korintenberg/Sikora GNotKG § 127 Rn 22, beck-online). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung geht daher, wie vom Bezirksrevisor zutreffend ausgeführt, ins Leere. Jedenfalls sind die Antragsteller Ziff. 1, 2 und 4 nicht beschwert. Die für den Antrag nach § 127 GNotKG erforderliche Beschwer liegt in der Kostenrechnung (Korintenberg/Sikora GNotKG § 127 Rn. 21, beck-online) und entfällt mit dieser.

2.

Soweit die Antragsteller Ziff. 1, 2 und 4 demgegenüber einen endgültigen Verzicht der Notarin fordern, ehe ihrem Anliegen Genüge getan sei, ist ein solcher Verzicht weder zulässig (§§ 17 BNotO, 125 GNotKG) noch Voraussetzung dafür, dass das der Verfahrensgegenstand bzw. die Beschwer entfallen sind. Eine „Fortsetzungsfeststellungsklage“ ist dem Verfahren nach § 127 GNotKG fremd. Auch außerhalb der Spezialvorschriften der §§ 125, 127 GNotKG ist im Übrigen anerkannt, dass das Rechtsschutzinteresse an eine gerichtlicher Feststellung des Nichtbestehens einer Forderung nicht allein deshalb bejaht werden kann, weil der Gegner sich in der Vergangenheit eines Anspruchs berühmt und auf diesen nicht förmlich verzichtet hat. Vielmehr besteht ein Feststellungsinteresse nur, wenn aktuell und konkret noch eine Inanspruchnahme zu befürchten ist (LG Hamburg NJW-RR 1998, 1681 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die Notarin teilt den Standpunkt der Antragsteller Ziff. 1, 2 und 4 und hält eine Vollmacht für nicht nachgewiesen. Soweit sie und der Bezirksrevisor auf die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der Antragsteller Ziff. 1, 2 und 4 hinweisen, falls die Vollmacht der Antragstellerin Ziff. 3 sich im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung bestätigen sollte, begründet allein diese - abstrakte - Gefahr kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, zumal die Kammer im Rahmen der Überprüfung der - allein noch existenten - Kostenrechnung gegen die Antragstellerin Ziff. 3 keinen Grund hatte, das Vorliegen der Vollmacht aufzuklären (s.u.).III.

Der Antrag der Antragstellerin Ziff. 3 ist zulässig und begründet.

1.

Allerdings ist deren Einwand, sie habe jedenfalls keinen isolierten Entwurfsauftrag erteilt, unerheblich. Der von ihr zitierte Beschluss des BGH vom 16. März 2015 - NotSt (Brfg) 9/14 erging zu § 145 KostO und ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da hier - eine Haftung dem Grunde nach vorausgesetzt - jedenfalls eine Gebühr für die vorzeitige Auftragserledigung entstanden ist (GNotKG KV-Nr. 21302). Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen der Notarin und des Bezirksrevisors verwiesen.

Jedoch sprechen andere Gründe gegen eine Haftung der Antragstellerin Ziff. 3:

2.

Eine Haftung der Antragstellerin Ziff. 3 aus einem Eigengeschäft ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Es ist anerkannt, dass ein Makler in einer solchen Situation aus Empfängersicht im Zweifel nur im Namen seiner Auftraggeber handelt (z.B. OLG München, Beschluss vom 17.06.2014 - 32 Wx 213/14, Beschluss vom 12.04.2012 - 32 Wx 37/12; OLG Frankfurt, Beschluss vom 04. Juli 2013 - 20 W 273/12 -, RN 15 juris; OLG Dresden, Beschluss vom 29.08.2003 - Aktenzeichen 3 W 231/03, BeckRS 2003, 17815, beck-online; LG Aachen BWNotZ 2011, 84). Dass der Makler wirtschaftliches Eigeninteresse am Zustandekommen des von ihm vermittelten Vertrages hat, genügt für ein Auftreten im eigenen Namen nicht (OLG Dresden a.a.O.; missverständlich Korintenberg, Gerichts- und Notarkostengesetz: GNotKG, 19. Auflage 2015, § 29 Rn 10 richtig dagegen Rn 23). Die Notarin hat das Verhalten der Antragstellerin Ziff. 3 auch nicht als Handeln in eigenem Namen verstanden, sondern die Kostenrechnungen zunächst an die übrigen Antragsteller gerichtet. Auch ist allgemein anerkannt, dass das bloße Provisionsinteresse keine Eigenhaftung des Vertreters begründet.

3.

Ob die Antragstellerin Ziff. 3 ohne Vollmacht handelte, kann dahin stehen und war nicht weiter aufklärungsbedürftig. Denn die Kammer neigt dazu, dass eine Haftung der Antragstellerin Ziff. 3 jedenfalls gem. § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist (dazu sogleich unter 4.). Im Übrigen haftet die Antragsgegnerin Ziff. 3 allenfalls auf das negative Interesse (§ 179 Abs. 2 BGB); ein Vertrauensschaden ist jedoch nicht entstanden (dazu unter 5. - 7.).

4.

Es spricht vieles dafür, dass eine Haftung gem. § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist, weil der Mangel der Vollmacht (falls er bestand) bei einer Rückfrage bei den Parteien aufgefallen wäre und eine solche wohl geboten war. Die Notarin nahm den Auftrag stattdessen auf Basis eines nicht unterschriebenen, am 9.2.2015 gefaxten Fragebogens sowie einer E-Mail der Antragstellerin Ziff. 3 vom 10.2.2015 an. Angesichts dessen, dass ein Makler im Namen seiner Auftraggeber handelt (so hat die Notarin es auch verstanden), bestand im vorliegenden Fall wohl Anlass zur Klärung der Auftragslage (ähnlich OLG Frankfurt, Beschluss vom 04. Juli 2013 - 20 W 273/12 -, Rn 18, 19 juris), zumal die E-Mail offen ließ, ob Käufer, Verkäufer oder beide Seiten Auftraggeber sein sollten. Auch hätte eine vorherige Rückfrage zumindest beim Eigentümer (Antragsteller Ziff. 4) schon deshalb nahegelegen, weil nur der beauftragte Notar das Grundbuch einsehen darf (§ 43 Grundbuchverfügung) und außerdem mit dem Kaufvertragsentwurf Grundbuchinhalte an Dritte preisgegeben werden, was aus Datenschutzgründen eine Einwilligung des Eigentümers erfordert. Der E-Mail vom 10.2.2015 war indes nicht einmal zu entnehmen, ob die Antragstellerin Ziff. 3 namens des Eigentümers (oder nur der Käufer) handelte; auch eine schriftliche Äußerung des Eigentümers (oder wenigstens der Käufer) lag nicht vor.

Ob deshalb § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB greift (u.U. auch § 21 GNotKG), kann aber offen bleiben. Denn die Kostenrechnung war jedenfalls aufzuheben, weil gegen die Antragstellerin Ziff. 3 allenfalls ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens besteht (§ 179 Abs. 2 BGB), ein solcher aber nicht eingetreten ist:

5.

Die Antragstellerin Ziff. 3 war, als sie am 10.2.2015 an die Notarin herantrat, gutgläubig i.S.v. § 179 Abs. 2 BGB, d.h. sie glaubte, von den Käufern bevollmächtigt zu sein.

a) Hiervon geht die Kammer bei Würdigung aller verfügbarer Erkenntnisquellen aus, weil nur so erklärlich ist, weshalb die Antragstellerin Ziff. 3 überhaupt an die Notarin herantrat. Wäre sie von einer Abstandnahme der Käufer ausgegangen, so hätte sie nach Überzeugung der Kammer davon abgesehen, sinnlosen Aufwand zu betreiben und sich einem auch für juristische Laien offenkundigen Kostenrisiko auszusetzen. Im Übrigen hatten die Käufer eine von ihnen offenkundig für bindend gehaltene Reservierungsvereinbarung über 2.500,00 EUR geschlossen, die bei Nichtzustandekommen des Kaufs bei der Antragstellerin Ziff. 3 verbleiben sollten. Auch dies legt - unbeschadet der Frage, wie die Reservierungsvereinbarung bei genauer Lektüre auszulegen ist - nahe, dass die Antragstellerin Ziff. 3 glaubte, im Sinne und im Auftrag der Käufer zu handeln. Dafür spricht im Übrigen, dass selbst die Notarin den Makler-Alleinauftrag und die Reservierungsvereinbarung zunächst im Sinne einer Vollmacht verstand und die übrigen Antragsteller nach Prüfung dieser Unterlagen zur Begleichung der Gebühren aufforderte, weil die Vollmacht sich aus diesen Unterlagen ergebe (s. Schreiben der Notarin vom 9.7.2015).

b) Soweit die Antragsteller Ziff. 1, 2 und 4 demgegenüber mit Anwaltsschriftsatz vom 10.12.2015 darauf hinweisen, dass noch keine Finanzierungsbestätigung vorgelegen und die Antragstellerin Ziff. 3 dies gewusst habe, war dies kein Anlass für eine Sachaufklärung. Daraus würde nämlich allenfalls folgen, dass die Antragstellerin Ziff. 3 pflichtwidrig davon ausging, bevollmächtigt zu sein. Darauf kommt es aber aus Rechtsgründen nicht an. Die fahrlässige oder sogar grob fahrlässige Unkenntnis des Vollmachtsmangels ist unschädlich (MüKoBGB/Schubert BGB § 179 Rn. 48 beck-online), die Haftungsbeschränkung des § 179 Abs. 2 BGB entfällt erst, wenn der Vollmachtsmangel unübersehbar auf der Hand liegt. So war es hier nicht, auch wenn eine Finanzierungszusage noch nicht vorlag. Es ist durchaus verbreitet, dass der Käufer eine Finanzierungszusage - die i.d.R. ohnehin nicht vorbehaltlos formuliert ist - erst zum Beurkundungstermin mitbringt oder bis dahin nachreicht.

c) Auch die Kündigung des Maklervertrages durch die Käufer spricht nicht gegen die Gutgläubigkeit der Antragstellerin Ziff. 3 bei Beauftragung der Notarin. Die Kündigung erfolgte erst am 16.2.2015. Die Antragstellerin Ziff. 3 war aber bereits am 9./10.2.2015 an die Notarin herangetreten.

6.

Soweit der Bezirksrevisor geltend macht, die Haftungsbeschränkung des § 179 Abs. 2 BGB sei hier aus Rechtsgründen unanwendbar, und die Erfüllungshaftung folge aus § 179 Abs. 1 BGB aufgrund des öffentlich-rechtlichen Verhältnisses zwischen Notar und Kostenschuldner, folgt die Kammer dem nicht.

a) Die Notarkostenhaftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht folgt nach zutr. hM aus einer Analogie zu § 179 BGB. Soweit teils stattdessen eine „allgemeine Veranlasserhaftung“ behauptet wird, bleiben deren Rechtsquelle und Inhalt im Dunkeln. Die einzigen gesetzlichen Regelungen, auf die eine Rechtsanalogie gestützt werden könnte, sind jedenfalls die §§ 179 BGB, 89 ZPO. Zu beiden Bereichen ist aber anerkannt, dass der vollmachtlose Vertreter nur dann auf das positive Interesse haftet, wenn er den Mangel der Vollmacht kannte (so explizit § 179 Abs. 2 BGB; zur „Veranlasserhaftung“ nach § 89 ZPO BGH NJW 1993, 1865, BAG NJW 2006, 461 und OLG Karlsruhe BeckRS 2004, 10649). Begründen somit alle vergleichbaren Regelungen eine Haftung des gutgläubigen vollmachtlosen Vertreters nur auf das negative Interesse, so kann dieser nicht unter Berufung auf „allgemeine Grundsätze“ für das positive Interesse haftbar gemacht werden.

b) Dementsprechend wird - soweit ersichtlich - nirgends explizit vertreten, dass die analoge Anwendung des § 179 BGB im Rahmen des § 29 GNotKG sich auf den ersten Absatz beschränke (offenlassend nur KG Berlin, Beschluss vom 20. Oktober 1997 - 25 W 7095/96 -, Rn. 8, juris). Dies wäre auch nicht einleuchtend. Dass Notargebühren nicht auf einem Vertrag, sondern einer öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung beruhen, ist nach Auffassung der Kammer kein Grund, § 179 Abs. 2 BGB von der Analogie auszunehmen, denn es ist nicht ersichtlich, weshalb gerade dieser Absatz allein auf eine gescheiterte Vertragsbeziehung zugeschnitten sein sollte. Im Gegenteil gilt dies wohl eher für § 179 Abs. 1 BGB, da die dort angeordnete Erfüllungshaftung wohl nur mit der enttäuschten Profiterwartung des gescheiterten Vertragsgegners erklärbar ist und es für alle übrigen Konstellationen durchaus sach- und systemgerecht erscheint, wenn der Vertreter ohne Vertretungsmacht sämtlichen durch sein Auftreten angerichteten Schaden ersetzen muss, aber eben auch nur diesen. Die Frage, ob § 179 Abs. 1 BGB im vorliegenden Kontext überhaupt analog anwendbar wäre, kann jedoch dahin stehen. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, weshalb nicht auch § 179 Abs. 2 BGB analog anwendbar sein sollte. Nach dieser Norm scheidet eine Haftung hier aber aus:

7.

Ein Vertrauensschaden i.S.v. § 179 Abs. 2 BGB liegt nicht vor.

a) Ob Gläubigerin der streitigen Gebührenforderung die Notarin ist oder - wie sie trotz § 10 LJKG meint (Stellungnahme vom 8.2.2016) - das Land Baden-Württemberg, kann dahin stehen, da beiden kein Vertrauensschaden entstanden ist. Die Notarin (bzw. das Land Baden-Württemberg) ist so zu stellen, als sei kein Auftrag erteilt worden. Dann wären die verfahrensgegenständlichen Gebühren nicht entstanden. Ein Vertrauensschaden wäre nur gegeben, wenn es infolge des Auftretens der Antragstellerin Ziff. 3 zu einer Vermögenseinbuße gekommen wäre. Nach der Differenzhypothese ist ein Vergleich der tatsächlichen Vermögenslage anzustellen mit derjenigen, die bestünde, wenn das haftungsbegründende Ereignis nicht vorangegangen wäre. Nach diesen Grundsätzen ist ein Vermögensverlust weder geltend gemacht noch ersichtlich.

b) Die streitigen Gebühren können auch nicht unter dem Aspekt des Aufbringens eigener, marktwerter Leistungen als „Schaden“ abgerechnet werden, und zwar weder in Höhe der einschlägigen Gebühren nach GNotKG noch in Höhe des tatsächlichen Aufwandes. Denn die bloße Erbringung von Arbeitsleistungen führt nicht zu einer Vermögenseinbuße. Soweit die Rechtsprechung gleichwohl dem Geschädigten das Recht zubilligt, eigene Leistungen im Rahmen des Schadensersatzes zu marktüblichen Konditionen abzurechnen, ist nach Anspruchsgrundlagen zu differenzieren (zutr. OLG Frankfurt, Urteil vom 18.3.2013 - 1 U 179/12, Rn 56 nach juris) und eine Ausnahme von der Differenzhypothese weder anzuerkennen noch von der Rechtsprechung - soweit ersichtlich - je gemacht worden. Vielmehr wird die Liquidation von Eigenleistungen dem Geschädigten nur zugestanden im Rahmen des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung, und wenn ein Sachschaden bereits eingetreten war, vom Geschädigten aber in Eigenarbeit behoben wurde (Nachweise bei OLG Frankfurt a.a.O.; Palandt, § 249 Rn 67 m.w.N.). Ersteres folgt aber direkt aus der Differenzhypothese, und letzteres liegt daran, der Schädiger die zur Schadensbehebung „erforderlichen Kosten“ schuldet und Eigenleistungen des Geschädigten ihm daher nicht zugute kommen sollen (fiktive Abrechnung, § 249 BGB). Im vorliegenden Fall geht es hingegen darum, ob ein Schaden überhaupt entstanden ist. Dies ist nach der Differenzhypothese, aber auch weil sonst der Unterschied zu § 179 Abs. 1 BGB eingeebnet würde, zu verneinen.

6.

Da die gegen die Antragstellerin Ziff. 3 ergangene Kostenrechnung auch nicht unter anderen Gesichtspunkten aufrecht erhalten werden konnte, war sie antragsgemäß aufzuheben.IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 130 Abs. 3 S. 1 iVm § 80 S. 1 FamFG.