ArbG Ulm, Beschluss vom 07.03.2016 - 4 BV 19/15
Fundstelle
openJur 2016, 6031
  • Rkr:

Zum Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrates bei der Einstellung im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres wegen mangelnder Arbeitsmarktneutralität der Maßnahme.

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Arbeitgeber (Beteiligter Ziffer 1/Antragsteller) begehrt mit dem Antrag vom 11.09.2015 die Ersetzung der verweigerten Zustimmung zur Einstellung von Frau H. im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) sowie, die Feststellung, dass ihre vorläufige Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Der Beteiligte Ziff. 1 ist ein Verein, der im Landkreis mehrere Rettungswachen unterhält und dort Rettungsdienst betreibt. Der Beteiligte Ziffer 1 hat hierfür rd. 10 Rettungswägen und 3 Krankentransportfahrzeuge im Einsatz. Beim Antragsteller sind 60 bis 65 hauptamtliche Mitarbeiter im Rettungsdienst tätig sowie 40 bis 45 Ehrenamtliche im Umfang von insgesamt ca. 10 Vollzeitkräften. Darüber hinausgehend sind über 30 Personen im Wege des Bundesfreiwilligendienstes bzw. freiwilligen sozialen Jahres im Rettungsdienst eingesetzt im Umfang von insgesamt rund 25 Vollzeitbeschäftigten.

Der Antragsgegner/Beteiligter Ziffer 2 ist der beim Beteiligten Ziffer 1 gewählte Betriebsrat.

H. schloss eine dreiseitige Vereinbarung über die Ableistung des FSJ mit dem Beteiligten Ziff. 1 als Einsatzstelle und dem DRK Kreisverband Aalen als Träger (§ 10 Abs. 1 JFDG) (Bl. 55 d.A.).

Die im Rahmen des FSJ beim Beteiligten Ziffer 1 Beschäftigten durchlaufen zunächst zu Beginn des regelmäßig einjährigen FSJ die Ausbildung zum Rettungssanitäter, die zunächst die Absolvierung des entsprechenden Fachlehrgangs voraussetzt sowie anschließend Rettungswachen- und Klinikpraktika. Die Qualifizierung endet mit Erreichen der Qualifikation des Rettungssanitäters. Die im Rahmen des FSJ Eingesetzten werden sodann in den regulären Dienstplan des Rettungsdienstes aufgenommen und wie ihre hauptamtlichen Kollegen eingesetzt, also als Besatzung der regelmäßig mit zwei Personen besetzten Fahrzeuge.

Dementsprechend werden sie im Krankheitsfalle vertreten. Krankentransportwägen werden auch ausschließlich mit ausgebildeten Freiwilligen besetzt.

Mit Schreiben vom 10.08.2015 (Bl. 15 der Akte) beantragte der Beteiligte Ziffer 1 beim Beteiligten Ziffer 2 die Zustimmung zur Einstellung im Rahmen des FSJ für H. und darüber hinaus weiterer 11 Freiwilliger nach BFDG bzw. JFDG. Mit Schreiben vom 11.08.2015 (Bl. 16 der Akte) verweigerte der Beteiligte Ziffer 2 aufgrund seiner Sitzung am 11.08.2015 die Zustimmung zur beantragten Maßnahme nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 und 3 BetrVG. Mit Schreiben vom 31.08.2015 unterrichtete der Beteiligte Ziffer 1 den Beteiligten Ziffer 2 von der vorläufigen Durchführung der personellen Maßnahme aus sachlichen Gründen (Bl. 18 der Akte). Der Beteiligte Ziffer 2 bestritt mit Schreiben vom 08.09.2015 (Bl. 20 d.A.), beim Beteiligten Ziffer 1, eingegangen am selben Tag, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. Die Antragschrift nach § 99 Abs. 4 BetrVG und § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG vom 11.09.2015 ging bei Gericht am selben Tage ein.

Der Beteiligte Ziffer 1 hat vorgetragen bzw. ist der Auffassung,

die Zustimmungsverweigerung sei ein Bruch der im Güterichterverfahren nach langen Gesprächen und Verhandlungen erzielten Einigung. Der Beteiligte Ziffer 2 übe seine Mitbestimmungsrechte missbräuchlich aus, es gehe primär um die Verhinderung des Einsatzes von im Freiwilligendienst Tätigen. Der Einsatz von Freiwilligen sei Teil des historisch gewachsenen Selbstverständnisses des Antragstellers und werde in Kreisverbänden in Baden-Württemberg in vielfältiger Form seit 50 Jahren durchgeführt. Auch aus dem Blickwinkel der Öffentlichkeit gehörten die Freiwilligen seit jeher zum Rettungsdienst. Der Freiwilligendienst habe eine hohe Bedeutung sowohl für die Gewinnung Ehrenamtlicher als auch hauptamtlich Beschäftigter im Rettungsdienst. Die für den Mitarbeiter vorgesehene Stelle sei durch das Bundesamt für Familie als Einsatzdienststelle im Sinne § 6 BFDG anerkannt und genehmigt. Für eine Prüfung der Entscheidung durch den Betriebsrat sei kein Raum. Die Eingliederung in den Betrieb über Rettungswachenpraktika erfolge so zeitversetzt, dass gleichzeitig maximal 10 Freiwillige auf die Rettungswachen verteilt beschäftigt seien. Beim Kreisverband gibt es 11 Fahrzeuge, auf die die Freiwilligen als dritte Kraft verteilt werden könnten. Die Eingliederung sei daher ohne Weiteres machbar ohne überobligatorische Belastung für hauptamtliche Mitarbeiter. Im Durchschnitt komme es zu lediglich vier Schichten/Monat mit Freiwilligen für hauptamtliche Mitarbeiter in Vollzeit. Im Übrigen seien die Freiwilligen nicht einfach eine Belastung für die hauptamtlichen Mitarbeiter sondern auch eine Entlastung.

Bei der Vorenthaltung von Diensten in zuschlagspflichtigen Zeiten liege kein Zustimmungsverweigerungsgrund vor. Die vorläufige Durchführung des Einsatzes der Freiwilligen im Rettungsdienst und Krankentransport ab 01.09.2015 sei aus betrieblichen Gründen dringend erforderlich. Der Einsatz sei fest eingeplant und notwendig zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes und Krankentransports. Der Beteiligte Ziff. 1 hat insoweit seinen Vortrag aus den Parallelverfahren zum Bundesfreiwilligendienst übernommen.

Der Beteiligte Ziffer 1 hat beantragt,

1. Die verweigerte Zustimmung des Antragsgegners zur Einstellung von Frau H. wird ersetzt.

2. Es wird festgestellt, dass die vorläufige Einstellung von Frau H. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Der Beteiligte Ziffer 2 hat beantragt,

die Anträge werden zurückgewiesen.

Der Beteiligte Ziffer 2 hat vorgetragen bzw. ist der Auffassung,

soweit der Beteiligte zu 1 vortrage, dass die erhebliche Anzahl von 27 Freiwilligen notwendig zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes und Krankentransportes sei, stelle sich die Frage, bis inwieweit hier die geforderte Arbeitsmarktneutralität tangiert werde. Der Beteiligte zu Ziffer 2 hat bestritten, dass die streitgegenständliche Stelle genehmigt nach § 6 BFDG sei. Es handle sich auch nicht lediglich um zusätzliche Hilfstätigkeiten, insoweit seien die Voraussetzungen § 3 Abs. 1 BFDG nicht gewahrt. Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben überprüfe nicht, ob die gesetzlichen Bedingungen hinsichtlich § 3 Abs. 1 BFDG eingehalten würden. Vielmehr sei aus Sicht der Behörde die jeweilige Dienststelle selbst in der Pflicht. Eine Überprüfung durch das Bundesamt erfolge regelmäßig nur, wenn Hinweise auf Verstöße eingingen. Insoweit sei es Aufgabe des Betriebsrates die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen ebenfalls zu überwachen. Für die beschäftigten Rettungsassistenten sei die erhebliche Anzahl von Freiwilligen, die gleichzeitig ihre Rettungswachenpraktika ableisten müssten, eine unzumutbare Belastung.

Bei 27 Mitarbeitern würden sich 108 Praktikumswochen ergeben, die in engem zeitlichen Zusammenhang abzuleisten seien. Mit den vorhandenen Rettungsdienstfahrzeugen bestünde allenfalls die Möglichkeit bis zu 17 Freiwilligen die Praktika zeitgleich zu ermöglichen. Es bestünde eine Gefahr für die bestehenden Stellen der Hauptamtlichen, weil mehr Freiwillige beschäftigt werden sollten, als Bedarf an Fahrern bestünde. Die Hauptamtlichen würden zudem um zuschlagspflichtige Arbeitszeiten gebracht, was für diese Einkommensnachteile bedeute. Zudem würden die Hauptamtlichen zum großen Teil im Krankentransport und nicht mehr in der Notfallrettung eingesetzt. Soweit der Beteiligte Ziff. 1 Krankentransportwägen auch mit zwei Freiwilligen besetze, müsse ein Freiwilliger dann eigenverantwortlich im Sinne § 9 Abs. 2 RDG die Patienten medizinisch betreuen. Die Umsetzung der Maßnahme sei nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich. Genehmigte aber nicht besetzte Bundesfreiwilligendienststellen könnten zu keinem Zeitpunkt dazu führen, dass die Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes nicht aufrecht erhalten werden könne. Auch der Beteiligte Ziff. 2 hat seinen Vortrag zum Bundesfreiwilligendienst aus den Parallelverfahren übernommen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Anhörungen vom 21.10.2015 und 07.03.2016 verwiesen.

II.

Die Anträge sind teilweise zulässig, insoweit jedoch unbegründet.

1. Die verweigerte Zustimmung zur Einstellung nach § 99 Abs. 4 BetrVG war nicht zu ersetzen.

a) Für den Begriff der Einstellung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG kommt es nicht entscheidend auf das Rechtsverhältnis an, in dem die im Betrieb tätigen Personen zum Arbeitgeber stehen. Vielmehr löst die Eingliederung dieser Personen in den Betrieb das Mitbestimmungsrecht aus. Der Arbeitgeber muss (zumindest) die für ein Arbeitsverhältnis typischen Weisungen über den Arbeitseinsatz treffen. Das Arbeitsverhältnis der Personen kann auch zu einem Dritten bestehen. Die Anwendung des § 99 BetrVG kommt auch in Betracht, wenn die fraglichen Personen überhaupt nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen (BAG 19.06.2001, 1 ABR 25/00).

Danach handelt es sich auch bei der Einstellung einer Freiwilligen im Rahmen des FSJ um eine personelle Maßnahme im Sinne § 99 Abs. 1 BetrVG (BAG 02.10.2007 1 ABR 60/06 zu Ein-Euro Jobbern; Arbeitsgericht Ulm 18.07.2012, 7 BV 10/11 zur Einstellung nach BFDG).

b) Der Beteiligte Ziffer 1 hat den Beteiligten Ziffer 2 mit Schreiben vom 10.08.2015 nebst Anlagen ausreichend über die geplante personelle Maßnahme unterrichtet, das ist unstreitig. Der Beteiligte Ziffer 2 hat mit Schreiben vom selben Tag der Zustimmung widersprochen und damit innerhalb der Frist § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

c) Zumindest einer der vom Beteiligten Ziffer 2 im Widerspruchsschreiben vom 11.08.2015 benannten Widerspruchsgründe greift durch. Die vom Beteiligten Ziffer 2 verweigerte Zustimmung war im Hinblick auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nicht zu ersetzen, da die Einstellung der Freiwilligen gegen Ziff. 4.2 Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums zur Durchführung und Förderung von Maßnahmen im Freiwilligen Sozialen Jahr in Baden-Württemberg (VwV FSJ) verstößt.

aa) Nach § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, wenn die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde.

Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer personellen Maßnahme gem. § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG nur dann verweigern, wenn die Maßnahme selbst gegen ein Gesetz, einen Tarifvertrag oder eine sonstige Norm verstößt (BAG 21.07.2009, 1 ABR 35/08). Das ist hier der Fall.

bb) Nach § 3 Abs. 1 JFDG wird das FSJ in gemeinwohlorientierten Einrichtungen abgeleistet. Als Träger ist der DRK - Kreisverband Aalen e.V. als Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege Träger kraft Gesetzes gem. § 10 Abs. 1 JFDG, wie sich aus der dreiseitigen Vereinbarung FSJ vom 23.04./27.04./26.05.2015 ergibt, ohne Zulassungsverfahren nach § 10 Abs. 2 und 3 JFDG. Nach Ziff. 4.2 VwV FSJ stellt der Träger im Verhältnis zur Einsatzstelle, hier dem Beteiligten Ziff. 1, sicher, dass die Einsatzstelle die Freiwilligen zusätzlich einsetzt, bestehende Arbeitsplätze nicht ersetzt und deren Neueinrichtung nicht verhindert (Arbeitsmarktneutralität).

cc) Der Einsatz von Freiwilligen im Rettungsdienst im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes ist nicht arbeitsmarktneutral i.S. Ziff. 4.2 VwV FSJ. Arbeitsmarkneutralität ist verschiedentlich definiert worden:

Die in Zivildienst und Jugendfreiwilligendiensten praktizierte Arbeitsmarktneutralität hat sich bewährt und bestimmt auch den Bundesfreiwilligendienst. Die Freiwilligen verrichten unterstützende, zusätzliche Tätigkeiten und ersetzen keine hauptamtlichen Kräfte (BR-Drucksache 849/10 S. 24; BT-Drucksache 17/4803 S. 15). Der Bundesfreiwilligendienst ist arbeitsmarktneutral. Es dürfen keine Plätze anerkannt werden, wenn sie nachweislich einen bisherigen Arbeitsplatz ersetzen oder eine Einrichtung eines neuen Arbeitsplatzes erübrigen sollen. Die Arbeitsmarktneutralität ist insbesondere gewährleistet, wenn die Arbeiten ohne Freiwillige nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würden oder auf dem Arbeitsmarkt keine Nachfrage besteht (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; Anerkennungsrichtlinien BFD S. 4). Von der Arbeitsmarktneutralität des Zivildienstes kann gesprochen werden, wenn dieser Dienst grundsätzlich keine bestehenden Arbeitsplätze substituiert und die Einrichtung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten nicht verhindert, d. h. Zivildienstplätze zusätzlich zum Stellenplan eingerichtet und die sogenannten „Regelaufgaben“ in den Beschäftigungsstellen nicht durch Zivildienstleistende übernommen werden, die Dienstpflichtigen additiv und ergänzend zum ehrenamtlichen und hauptamtlichen Personal eingesetzt werden und sie hierbei beide Mitarbeitergruppen unterstützen sowie von notwendigen und stark nachgefragten Tätigkeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist, entlasten, für diese Arbeiten kein entsprechendes und geeignetes Arbeitskräfteangebot auf dem regulären Arbeitsmarkt besteht und durch den Einsatz von Zivildienstleistenden Lücken geschlossen werden, die wegen der knappen finanziellen Ressourcen nicht vermeidbar wären, weil die Träger nicht über die erforderlichen Finanzmittel zur Errichtung dieses Arbeitsplatzes verfügen („Arbeitsmarkt und Zivildienst“ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (Hrsg. 2002: Zivildienst und Arbeitsmarkt. Stuttgart: Kohlhammer, 2002 - zitiert nach Peter Klenter www.b-b-e.de).

Danach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Einsatz von Freiwilligen beim Beteiligten Ziffer 1 im Rettungsdienst arbeitsmarktneutral ist.

Nach § 2 RDG bw schließt das Innenministerium mit den dort genannten Rettungsdienstorganisationen Rahmenvereinbarungen über die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Einrichtungen des Rettungsdienstes ab. Der Bereichsausschuss (§ 3 Abs. 3 RDG bw) erstellt nach Maßgabe des Rettungsdienstgesetzes, des Rettungsdienstplanes des Landes, der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften sowie der Empfehlung des Landesausschusses für den Rettungsdienst einen Bereichsplan, der für die Leistungs- und Kostenträger verbindlich ist. … Im Bereichsplan werden … folgende verbindliche Festlegung getroffen: die Zahl und Standorte der Rettungswachen für den Bereich der Notfallrettung, die für die notärztliche Versorgung erforderlichen Vorhaltungen einschließlich der Bestimmung an welchen Standorten Notarztstandorte/Notarztsysteme bedarfsgerecht einzurichten sind sowie deren jeweilige personelle und sachliche Ausstattung (Innenministerium Baden-Württemberg 18.02.2014 - Rettungsdienstplan 2014 Baden-Württemberg S.29). In § 9 Abs. 1 und 2 RDG bw ist die Besetzung der im Krankentransport/Rettungsdienst eingesetzten Fahrzeuge und die erforderliche Qualifikation der dort eingesetzten Personen vorgegeben.

Die beim Beteiligten Ziffer 1 eingesetzten Freiwilligen werden nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung wie ihre haupt- und ehrenamtlichen Kollegen im Dienstplan eingeteilt und nach Maßgabe der rettungsdienstlichen Bestimmungen auf den einzelnen Rettungswachen und zur Besetzung der dort eingesetzten Fahrzeuge herangezogen. Sie werden dabei nicht als zusätzliche Kräfte den einzelnen Fahrzeugen zugeteilt, sondern die gesetzlichen (Mindest-) Vorgaben werden durch die Heranziehung von Freiwilligen eingehalten. Stehen keine Freiwilligen zur Verfügung, wäre der vorgegebene Bedarf durch hauptamtliche oder ehrenamtliche Kräfte auf dem vorhandenen Arbeitsmarkt zu decken.

Dabei ist nicht entscheidend, ob sich für den Beteiligten Ziffer 1 aus dem Einsatz der Freiwilligen finanzielle Vorteile ergeben, was im Hinblick auf die Finanzierung des Rettungsdienstes nach §§ 26, 28 RDG bw fraglich sein mag. Entscheidend ist auch nicht, dass der Einsatz von Freiwilligen für den Beteiligten Ziffer 1 Teil des historisch gewachsenen Selbstverständnisses ist und primär von großer Bedeutung für die Gewinnung von hauptamtlichen aber auch ehrenamtlichen Mitarbeitern ist. Maßgeblich ist allein, dass sich der Einsatz von Freiwilligen beim Beteiligten Ziffer 1 nicht arbeitsmarktneutral verhält.

Der Beteiligte Ziffer 2 kann sich deswegen auf den Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Ziffer 1 BetrVG berufen, weil die Einstellung der Freiwilligen gegen Ziff. 4.2.VwV FSJ verstößt.

dd) Ob darüber hinausgehend weitere Widerspruchsgründe gegeben sind, kann dahinstehen.

2. Der Feststellungsantrag nach § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG, dass die Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, war als unzulässig zurückzuweisen.

Die Beteiligte Ziff. 1 hat den Antrag innerhalb der dreitägigen Frist § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG beim Arbeitsgericht Ulm gestellt.

Die Maßnahme darf jedoch schon dann nicht fortgesetzt werden, wenn die Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht ersetzt wird, § 100 Abs. 3 S. 1 BetrVG. Da der Arbeitgeber aber schon berechtigt ist, die vorläufige personelle Maßnahme aufrechtzuerhalten, wenn er das Arbeitsgericht anruft, hat sich der Feststellungsantrag dann erledigt (Thüsing in Richardi-BetrVG § 100 Rn. 37).

Eine Erledigungsklärung der Beteiligten liegt nicht vor. Das Verfahren kann deswegen nicht gem. § 83a Abs. 2 BetrVG eingestellt werden (HaKo - ArbGG - Roos § 83a Rn. 33).

Es kann aber auch nicht eingestellt werden, weil die Rechtshängigkeit des Feststellungantrages nach Abweisung des Zustimmungsersetzungsantrages automatisch geendet hätte (BAG 26.10.2004 - 1 ABR 45/03; 16.11.2014 - 1 ABR 48/03). Die Entscheidung ist insoweit nicht rechtskräftig. Im Hinblick auf die Erledigung war der Feststellungsantrag deswegen zurückzuweisen (BAG 27.06.2002 2 ABR 22/01).

III.

Eine Entscheidung über die Kosten war nicht veranlasst.

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