OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.11.2012 - 8 A 430/10
Fundstelle
openJur 2016, 5014
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 13. Januar 2010 geändert.

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom 15. Januar 2009 verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 29. Februar 2008 auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids für die Errichtung einer Windenergieanlage auf dem Flurstück , Flur , Gemarkung I. , unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen.

Der Kläger trägt ½ der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Der Beklagte und die Beigeladene tragen je ¼ der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen; eine Kostenerstattung zwischen Beklagtem und Beigeladener findet nicht statt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Nutzungsberechtigter des landwirtschaftlich genutzten Grundstücks Gemarkung I. , Flur , Flurstück , Stadt Bad X. . Im Flächennutzungsplan der Beigeladenen ist das Grundstück als landwirtschaftliche Nutzfläche ausgewiesen.

Durch die am 5. September 1996 vom Rat der Beigeladenen beschlossene und am 26. Februar 1997 öffentlich bekanntgemachte 24. Änderung des Flächennutzungsplanes wurden erstmals Flächen für die Windkraftnutzung ausgewiesen. Diese liegen südlich der Ortschaft I. beidseitig der Bundesautobahn und weisen eine Größe von ca. 43 ha auf.

Mit der 30. Änderung des Flächennutzungsplanes, die am 12. Februar 1998 vom Rat der Beigeladenen beschlossen und am 24. Juni 1998 öffentlich bekanntgemacht wurde, wurden weitere entlang der Bundesautobahn gelegene Flächen sowie eine weitere Fläche nordöstlich der Ortschaft F. mit einer Gesamtfläche von ca. 267 ha für die Nutzung der Windkraft ausgewiesen.

Für den Bereich der vorgenannten Flächen beschloss der Rat der Beigeladenen in seiner Sitzung vom 13. April 2000 die Aufstellung eines Bebauungsplanes. Unter Berücksichtigung des vorhandenen Bestandes wurden die Anlagenstandorte verschiedenen Kategorien zugeordnet und die zulässige Höhe der Anlage je nach Kategorie auf max. 133 m begrenzt. Der am 31. Oktober 2002 beschlossene Bebauungsplan "Windvorranggebiet" wurde am 20. November 2002 öffentlich bekanntgemacht. Danach werden 34 Standorte auf Flächen von insgesamt 310 ha festgeschrieben.

Mit am 29. Februar 2008 bei dem Beklagten eingegangenen Antrag vom 30. Januar 2008 beantragte der Kläger die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids für die Errichtung einer Windenergieanlage auf dem vorgenannten Grundstück. Der Antrag zielte auf die Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit bauplanungs-, bauordnungs- und immissionsschutzrechtlichen Belangen.

Der geplante Standort der Windenergieanlage liegt südlich der Bundesautobahn. In nordwestlicher, nordöstlicher und südöstlicher Richtung mit einem Abstand von ca. 500 - 600 m befinden sich mehrere Windenergieanlagen, die innerhalb von im Zusammenhang mit der 24. bzw. 30. Änderung des Flächennutzungsplanes der Beigeladenen ausgewiesenen Flächen für die Windkraftnutzung liegen.

Mit Schreiben vom 25. Juni 2008 versagte die Beigeladene das gemeindliche Einvernehmen, weil der geplante Standort nicht innerhalb einer für die Windkraftnutzung ausgewiesenen Fläche liege.

Die Wehrbereichsverwaltung West teilte mit Schreiben vom 2. Dezember 2008 mit, dass dem Vorhaben nicht zugestimmt werde.

Die untere Landschaftsbehörde des Beklagten stimmte dem Vorhaben unter dem 3. Dezember 2008 aus landschafts- und naturschutzrechtlichen Gründen nicht zu. Die Errichtung einer Windenergieanlage an diesem Standort wäre eine erhebliche und nachhaltige Beeinträchtigung von Natur und Landschaft. Es sei auch davon auszugehen, dass eine oder mehrere Windenergieanlagen an diesem Standort avifaunistische Beeinträchtigungen mit sich brächten.

Mit Bescheid vom 15. Januar 2009 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, öffentliche Belange stünden dem Vorhaben entgegen. Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen sehe die Ausweisung von Flächen für die Nutzung der Windenergie an anderer Stelle vor. Die Beigeladene habe ihr Einvernehmen deshalb zu Recht versagt. Dem Vorhaben stünden auch Belange des Landschafts- und Naturschutzes entgegen. Weiterhin werde die Funktionsfähigkeit einer Radaranlage beeinträchtigt.

Der Kläger hat am 12. Februar 2009 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Der Flächennutzungsplan der Beigeladenen stehe seinem Vorhaben nicht entgegen, weil er nicht geeignet sei, Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet zu entfalten. Er sei wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB nichtig. Eine sachliche Rechtfertigung für die Unterbrechung der Flächen für die Windkraftnutzung um den geplanten Standort herum sei nicht erkennbar. Allenfalls könne die Höhenlage der Flächen für die Auswahl und die Abgrenzung der Flächen ausschlaggebend gewesen sein. Im Übrigen stehe die Ausweisung von Flächen für die Windkraftnutzung an anderer Stelle seinem Vorhaben nur "in der Regel" entgegen. Der geplante Standort werde hufeisenförmig von vorhandenen Windenergieanlagen umschlossen. Die zur Genehmigung gestellte Anlage überrage diese nicht. Eine Beeinträchtigung der als störungsempfindlich und schutzwürdig eingestuften Funktionen des Landschaftsraumes sei deshalb nicht zu besorgen. Ebenso wenig werde durch die Zulassung einer Windenergieanlage an diesem Standort das gesamträumliche Planungskonzept der Beigeladenen tangiert. Eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der militärischen Großradaranlage sei ausgeschlossen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 15. Januar 2009 aufzuheben und diesen zu verpflichten, ihm einen Vorbescheid für die Errichtung einer Windenergieanlage entsprechend dem Antrag vom 30. Januar 2008 zu erteilen.

Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf die Begründung im ablehnenden Bescheid beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, dass der geplante Standort außerhalb der mit der 24. und 30. Flächennutzungsplanänderung festgesetzten Flächen für die Windkraftnutzung liege und damit öffentliche Belange i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beeinträchtige. Es liege auch kein Ausnahmefall vor. Eine Ausweisung des klägerischen Grundstücks als Fläche für die Windkraftnutzung sei nicht nur unterblieben, weil es zum Zeitpunkt der Planaufstellung nicht für die Windkraftnutzung geeignet gewesen sei, sondern auch deshalb, weil in diesem Bereich, der "Papenschlucht", ein namenloses Gewässer verlaufe und Ufer und Randbereich dieses Gewässers von jeglicher Bebauung freigehalten werden sollten. Eine Ausweitung der hufeisenförmigen Zone nach Westen sei auch deshalb unterblieben, weil in einem Abstand von ca. 200 m Waldflächen vorhanden seien. Dieser Abstand würde unterschritten, wenn das Vorhaben auf dem geplanten Standort zugelassen würde. Das Vorhaben könne auch nicht genehmigt werden, weil bisher weder eine artenschutzrechtliche Prüfung noch eine Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG stattgefunden habe. Ebenfalls fehle es an einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls i. S. d. § 3c UVPG.

Die Wehrbereichsverwaltung West hat unter dem 11. November 2009 ausgeführt, dass gegen die Errichtung der Windenergieanlage aus militärischer Sicht keine Bedenken mehr bestünden.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Der Kläger habe Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids. Die Genehmigungsvoraussetzungen lägen im Hinblick auf die zur Prüfung gestellten Fragen vor. Das Vorhaben beeinträchtige keine öffentlichen Belange i. S. d. § 35 Abs. 3 BauGB. Durch das Vorhaben würden Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege oder die natürliche Eigenart der Landschaft nicht beeinträchtigt. Bei seiner Realisierung werde auch nicht die Funktionsfähigkeit von Radaranlagen gestört. Schließlich stünden ihm die Darstellungen des Flächennutzungsplans der Beigeladenen nicht entgegen. Es liege ein Ausnahmefall im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vor. Weder eine mangelnde Windhöffigkeit noch ein im Vergleich zu den Flächen innerhalb der Konzentrationszone vorhandenes höheres Konfliktpotenzial zum Landschaftsschutz stünden der Zulassung einer Windenergieanlage am geplanten Standort entgegen, sodass das Planungskonzept der Beigeladenen nicht in Frage gestellt werde. Bei der Größe der geplanten Anlage mit einer Gesamthöhe von 179,40 m spiele die Lage des Standortes in einer Geländemulde für eine ausreichende Windhöffigkeit keine Rolle mehr. Ebenfalls sei nicht ersichtlich, dass die Zulassung einer Windenergieanlage am geplanten Standort dem sich aus dem Flächennutzungsplan ergebenden Planungskonzept der Beigeladenen entgegenstehen könnte. Die Erteilung eines Vorbescheids scheitere auch nicht daran, dass eine positive Gesamtbeurteilung des Vorhabens nicht möglich sei. Insbesondere bedürfe das Vorhaben keiner standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3c Satz 2 UVPG. Ebenso wenig scheitere eine positive Gesamtbeurteilung des Vorhabens an einer fehlenden Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG i. V. m. § 48d LG NW.

Mit Beschluss vom 2. April 2012 hat der Senat die hiergegen gerichteten Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen zugelassen.

Der Beklagte trägt zur Begründung seiner Berufung vor: Die Beigeladene habe durch die 24. und 30. Änderung des Flächennutzungsplans im Rahmen eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzeptes rechtswirksam Flächen für die Windkraftnutzung ausgewiesen. Der Standort der streitgegenständlichen Anlage liege außerhalb dieser Konzentrationsflächen. Das beantragte Vorhaben sei nicht atypisch im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Wenn das Vorhaben in der Nähe der Konzentrationszonen errichtet werden solle, müsse es besondere Merkmale aufweisen, welche es aus dem Kreis der Anlagen heraushöben, deren Zulassung der Planungsträger habe steuern wollen. Außerdem dürfe das Vorhaben den als schutzwürdig eingestuften freigehaltenen Landschaftsraum aufgrund topografischer oder sonstiger Besonderheiten nicht beeinträchtigen. Dies sei hier nicht der Fall. Allein die Höhe der Anlage mache sie gegenüber den seinerzeit in die Planung einbezogenen Anlagen nicht zu einer besonderen. Dem Vorhaben stünden weitere öffentliche Belange entgegen, insbesondere der Artenschutz nach § 44 BNatSchG.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene trägt zur Begründung ihrer Berufung vor: Sie habe durch die 24. und 30. Änderung ihres Flächennutzungsplanes wirksame Windkonzentrationszonen dargestellt. Dies stehe gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB der Erteilung einer Genehmigung für eine Windenergieanlage "in der Regel" entgegen. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulässigkeit lägen nicht vor. Die Zulassung einer Abweichung stelle ihre planerische Konzeption in Frage. Der streitgegenständliche Standort liege nicht innerhalb des Hufeisens, das im Westen durch den Wirtschaftsweg begrenzt werde. Diese Grenze sei nicht willkürlich, sondern auf der Grundlage eines planerischen Konzeptes gewählt worden. Ein immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid könne zudem nur erteilt werden, wenn die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden könnten. Sie habe in den Jahren 2010 und 2011 eine Erfassung der artenschutzrechtlich relevanten Tierarten im Gemeindegebiet durchführen lassen. Die Ergebnisse dieser Erfassung habe das Planungsbüro für Landschafts- und Tierökologie, X1. M. , in dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zur Flächennutzungsplanung Teil 1 (Erfassung der Avifauna) und Teil 2 (Erfassung der Fledermäuse) niedergelegt (Stand September 2012). Hieraus ergebe sich, dass sich in nur ca. 450 m Entfernung südlich der geplanten Anlage im Wacholderbusch ein Rotmilan-Brutplatz befinde. Die Kartierung zeige auch das Vorhandensein von Raubwürgern in unmittelbarer Nähe der Anlage. Um Brutstandorte von gegenüber Windenergieanlagen empfindlichen Vogelarten wie dem Rotmilan sei ein Abstand von mindestens 1.000 m einzuhalten. Die Erfassung der Fledermausarten habe ergeben, dass insbesondere am nördlichen und östlichen Rand der bewaldeten Fläche "Wacholderbusch" zahlreiche Fledermausarten vorkämen.

Die Beigeladene beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Er hat in der mündlichen Verhandlung seinen Antrag vom 29. Februar 2008 auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids dahin präzisiert, dass sich die Feststellung der immissionsschutzrechtlichen Vereinbarkeit des Vorhabens nur auf Fragen des Lärms und Schattenwurfs beziehen solle. Er hat ergänzend eine naturschutzfachliche Stellungnahme des Büros T. vom 24. Februar 2011 vorgelegt. Er ist der Ansicht, die naturschutzfachliche Stellungnahme, wonach in 450 m Entfernung zum Anlagenstandort ein Rotmilanbrutplatz kartiert worden sei, sei mit dieser naturschutzfachlichen Kartierung und Stellungnahme aus dem Jahre 2010 nicht vereinbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.

Gründe

Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind zulässig. Insbesondere ist auf das Rechtsmittel der Beigeladenen in vollem Umfang nachzuprüfen, ob bezogen auf das hier streitgegenständliche Außenbereichsvorhaben die Voraussetzungen des § 35 BauGB gegeben sind. Die Beigeladene kann geltend machen, dass öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB verletzt sind.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 8 A 2357/08 -, juris Rn. 39 ff. m. w. N.

Die Berufungen haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet. Der Kläger hat Anspruch auf erneute Bescheidung seines Antrags vom 29. Februar 2008 auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Aus der maßgeblichen Sicht des Zeitpunkts der letzten mündlichen Verhandlung lässt sich nicht im Sinne einer Spruchreife nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO feststellen, ob das streitgegenständliche Vorhaben wegen einer erheblichen Beeinträchtigung von Belangen des Naturschutzes in der Gestalt des Vogel- und Fledermausschutzes gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Var. 1 BauGB verstößt. Die auf die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des begehrten Vorbescheids gerichtete Klage ist daher abzuweisen (dazu unter I.). Da sich ein Anspruch des Klägers auf Vorbescheidserteilung nach dem derzeitigen Erkenntnisstand andererseits nicht verneinen lässt, unterliegt die Klage aber nicht insgesamt der Abweisung. Der Beklagte ist vielmehr unter Heranziehung der zum "steckengebliebenen" Genehmigungsverfahren entwickelten Grundsätze gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu einer Neubescheidung des Vorbescheidsantrags des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten (dazu unter II.).

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des beantragten Vorbescheids.

1. Auf Antrag soll gemäß § 9 Abs. 1 BImSchG durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage verbindlich entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheids besteht. Die Vorschriften der §§ 6 und 21 BImSchG gelten sinngemäß (§ 9 Abs. 3 BImSchG). Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und den aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten erfüllt werden (Nr. 1), und andere öffentlichrechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegen stehen (Nr. 2).

Soweit der Vorbescheid über das Vorliegen bestimmter Genehmigungsvoraussetzungen entscheidet, bindet er als Ausschnitt aus dem feststellenden Teil der Genehmigung die Genehmigungsbehörde für das weitere Genehmigungsverfahren und nimmt insoweit die Entscheidung vorweg. Die festgestellten Genehmigungsvoraussetzungen müssen schon bei der Bescheidung des Antrags auf Erteilung eines Vorbescheids abschließend geprüft werden. Erforderlichenfalls ist ? um keine rechtswidrige Genehmigung in Aussicht zu stellen - die Bindungswirkung des Vorbescheids durch Vorbehalte, insbesondere durch Angabe von Nebenbestimmungen zu der späteren Genehmigung einzuschränken.

Ein Vorbescheid kann zu jeder für die Genehmigung relevanten Frage ergehen, die im Vorgriff auf sie rechtlich und tatsächlich auch geklärt werden kann. Dies schließt umgekehrt für den Antragsteller auch das Recht ein, einzelne für die Genehmigung relevante Fragen aus der Prüfung auszuklammern.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 ? 8 D 12/08.AK -, DVBl. 2010, 719 (juris Rn. 146); VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15. Februar 1990 ?10 S 2893/88 -, juris Rn. 23.

Voraussetzung für die Erteilung des Vorbescheids ist weiter, dass die "Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können". Aufgrund einer vorläufigen Prüfung anhand der vollständigen und insoweit endgültigen Pläne muss feststehen, dass die gesamte Anlage am vorgesehenen Standort genehmigungsfähig ist (sog. vorläufige positive Gesamtbeurteilung). Die in diesem Zusammenhang geläufige Formulierung, dass dem Gesamtvorhaben "keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse" entgegenstehen dürften (vgl. § 8 Satz 1 Nr. 3 BImSchG), darf allerdings nicht dahin missverstanden werden, dass das vorläufige positive Gesamturteil erst dann fehlt, wenn die Verwirklichung des Vorhabens bei kursorischer Prüfung mit Sicherheit ausgeschlossen ist. Eine positive Gesamtbeurteilung setzt vielmehr eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Genehmigungsfähigkeit der Gesamtanlage voraus.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Juni 2012 - 8 D 38/08.AK -, NuR 2012, 722 (juris Rn. 109 ff.);Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 8 Rn. 12, m. w. N.

Bei der abschließenden Genehmigung des Gesamtvorhabens dürfen sich nur noch solche Probleme stellen, die der Vorhabenträger durch Modifikationen des Vorhabens oder ggf. die Genehmigungsbehörde durch Beifügung von Nebenbestimmungen bewältigen kann und voraussichtlich bewältigen wird.

Die an die vorläufige positive Gesamtbeurteilung anknüpfende Bindungswirkung steht unter zwei Einschränkungen, die sich aus der Vorläufigkeit der dem Urteil zugrundeliegenden Prüfung ergeben. Sie entfällt einmal, wenn die spätere Detailprüfung eines noch zu genehmigenden Anlagenteils ergibt, dass dieser so, wie ursprünglich geplant, nicht ausgeführt werden kann. Sie entfällt weiter, wenn infolge einer Änderung der Sach- oder Rechtslage an die noch nicht genehmigten Anlagenteile neue Anforderungen gestellt werden müssen. Wegen dieser beiden Vorbehalte ist die Bindungswirkung des vorläufigen positiven Gesamturteils notwendigerweise eingeschränkter als die Bindungswirkung von Feststellungen des Vorbescheids, die die endgültige Prüfung von Genehmigungsvoraussetzungen betreffen.

2. Nach Maßgabe der unter 1. dargestellten Grundsätze besteht ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Erteilung des Vorbescheids, weil die Bindungswirkung des Vorbescheids geeignet ist, sein Investitionsrisiko zu verringern, indem hinsichtlich der zur Überprüfung gestellten Fragen, insbesondere der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit hinsichtlich des Standortes, vorab eine verbindliche Klärung erreicht werden kann. Ob die Errichtung und der Betrieb der Windenergieanlage gegen § 35 BauGB verstoßen, lässt sich aus derzeitiger Sicht nach den im bisherigen Verfahren gewonnenen Erkenntnissen nicht abschließend feststellen (a). Dem Vorhaben stehen bauordnungsrechtliche Hindernisse nicht entgegen (b). Von der Anlage gehen weder unzumutbaren Geräuschbelästigungen noch Schattenwurf aus (c). An der vorläufigen positiven Gesamtbeurteilung fehlt es nicht (d).

a) Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des im Außenbereich geplanten Vorhabens richtet sich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB.

Nach dieser Vorschrift ist im Außenbereich ein Vorhaben, das der Nutzung der Windenergie dient, nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist.

Zwar steht die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB der Errichtung und dem Betrieb der Windenergieanlage nicht entgegen (dazu aa). Ob das Vorhaben des Klägers gegen § 35 BauGB verstößt, weil ihm wegen einer erheblichen Beeinträchtigung geschützter Vogel- oder Fledermausarten Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Var. 1 BauGB entgegenstehen, lässt sich aus derzeitiger Sicht nach den im bisherigen Verfahren gewonnenen Erkenntnissen jedoch nicht feststellen (dazu bb).

aa) Die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB steht der Errichtung und dem Betrieb der Windenergieanlage nicht entgegen.

aaa) Für Windenergieanlagen und andere Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB bestimmt § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, dass ihnen in der Regel auch dann öffentliche Belange entgegenstehen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Der Ausschluss solcher Anlagen auf Teilen des Plangebiets lässt sich nach der Wertung des Gesetzgebers aber nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dem Plan muss daher ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 ? 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287 (juris Rn. 36); zum gesamträumlichen Entwicklungskonzept vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 57.84 -, BVerwGE 77, 300 (juris Rn. 26).

Das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet. Im Weiteren ist es verletzt, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 ? 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 (juris Rn. 29).

Ausgehend von diesen allgemeinen Anforderungen des Abwägungsgebots muss die gemeindliche Entscheidung nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten. Die Ausarbeitung eines Planungskonzepts ist auf der Ebene des Abwägungsvorgangs angesiedelt. Sie vollzieht sich abschnittsweise. Im ersten Abschnitt sind diejenigen Bereiche als "Tabuzonen" zu ermitteln, die sich für die Nutzung der Windenergie nicht eignen. Die Tabuzonen lassen sich in zwei Kategorien einteilen, nämlich in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen sind ("harte" Tabuzonen), und in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen zwar tatsächlich und rechtlich möglich sind, in denen nach den städtebaulichen Vorstellungen, die die Gemeinde anhand eigener Kriterien entwickeln darf, aber keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen. Nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen bleiben sog. Potenzialflächen übrig, die für die Darstellung von Konzentrationszonen in Betracht kommen. Sie sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d. h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. September 2009 - 4 BN 25.09 -, BauR 2010, 82 (juris Rn. 8).

Allerdings ist es einer Gemeinde verwehrt, den Flächennutzungsplan als Mittel zu benutzen, das ihr dazu dient, unter dem Deckmantel der Steuerung Windenergieanlagen in Wahrheit zu verhindern. Bei einer bloßen "Feigenblatt"-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, darf sie es nicht bewenden lassen. Vielmehr muss sie der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen und für die Windkraftnutzung in substanzieller Weise Raum schaffen. Wo die Grenze zur Verhinderungsplanung verläuft, lässt sich nicht abstrakt bestimmen. Beschränkt sich die Gemeinde darauf, eine einzige Konzentrationszone auszuweisen, so ist dies, für sich genommen, noch kein Indiz für einen fehlerhaften Gebrauch der Planungsermächtigung. Das gilt auch dann, wenn es im Gemeindegebiet weitere Flächen gibt, die sich von ihren Standortbedingungen her im Vergleich mit der ausgewiesenen Konzentrationszone für die Errichtung von Windenergieanlagen ebenso gut oder noch besser eignen. Die Feststellung, dass sich diese oder jene Fläche für Zwecke der Windkraftnutzung eignet, ist nur ein Gesichtspunkt, der bei der planerischen Abwägung gebührend zu berücksichtigen ist, bei der Standortwahl aber nicht zwangsläufig den Ausschlag geben muss. Auch Größenangaben sind, isoliert betrachtet, als Kriterium für eine missbilligenswerte Verhinderungstendenz ungeeignet. Die ausgewiesene Fläche ist nicht nur in Relation zu setzen zur Gemeindegröße, sondern auch zur Größe der Gemeindegebietsteile, die für eine Windkraftnutzung, aus welchen Gründen auch immer, nicht in Betracht kommen. Dazu gehören nicht zuletzt die besiedelten Bereiche, zusammenhängende Waldflächen sowie Flächen, die aufgrund der topographischen Verhältnisse im Windschatten liegen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, in welchem Umfang Teile des Gemeindegebiets förmlich unter Landschaftsschutz gestellt, damit dem planerischen Zugriff der Gemeinde weitgehend entzogen und einer baulichen Nutzung auch sonst nicht ohne weiteres zugänglich sind. Denn durch derartige Unterschutzstellungen sind den Entfaltungsmöglichkeiten der Windkraftnutzung in den betroffenen Bereichen enge Grenzen gesetzt.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2002 ? 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287 (juris Rn. 29, 32), und vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33 (juris Rn. 42).

Für die Rechtmäßigkeit der Flächenauswahl sind die Erwägungen maßgeblich, die tatsächlich Grundlage der Abwägungsentscheidung des Rats der Gemeinde waren. Entscheidend für die gerichtliche Überprüfung sind damit in erster Linie die Verlautbarungen in dem Erläuterungsbericht, der bei der abschließenden Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan bzw. dessen Änderung mitbeschlossen wird, sowie die Erwägungen, denen der Rat der Gemeinde bei seiner abschließenden Beschlussfassung gefolgt ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2004 ? 7 A 3368/02 -, NuR 2004, 690 (juris Rn. 57); zur Bedeutung des Erläuterungsberichts vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 57.84 -, BVerwGE 77, 300 (juris Rn. 28).

Diese Maßstäbe gelten auch für Planungsentscheidungen, die wie hier bereits in den Jahren 1995/1996 getroffen wurden. Die für solche Abwägungsentscheidungen maßgeblichen normativen Grundlagen - §§ 1 Abs. 7, 5 ff. BauGB - beanspruchten auch in dieser Zeit schon Geltung. Die später ergangene Rechtsprechung zur Planung von Konzentrationszonen hat diesbezüglich im Wesentlichen keine neuen Anforderungen gestellt, sondern lediglich die sich aus diesen Bestimmungen, insbesondere dem Abwägungsgebot, ergebenden Voraussetzungen in Bezug auf die Festlegung solcher Zonen konkretisiert. Dass die Planung jedenfalls ein gesamträumliches Entwicklungskonzept für das gesamte Gemeindegebiet verfolgen muss, lässt sich bereits der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1987 zu Konzentrationszonen für Abgrabungsflächen zur Kiesgewinnung in einem Flächennutzungsplan entnehmen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 57.84 -, BVerwGE 77, 300 (juris Rn. 26).

bbb) Ausgehend von diesen Grundsätzen steht dem Vorhaben des Klägers die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht entgegen. Die 24. und 30. Änderung zum Flächennutzungsplan der Beigeladenen schließen eine Windenergienutzung außerhalb der Konzentrationszonen nicht wirksam aus.

Zwar hat die Beigeladene mit ihrer 24. und 30. Änderungsplanung zum Flächennutzungsplan - entgegen der Ansicht des Klägers - durch die Darstellung von Flächen für die Windenergienutzung beabsichtigt, derartige Vorhaben außerhalb der sog. Konzentrationszonen künftig auszuschließen. In der Vorlage 1/4/3 vom 22. Februar 1995 ist ausdrücklich festgehalten, dass die Ausweisung eines "Vorranggebiets" für Windkraftanlagen die Genehmigung kommerzieller Anlagen außerhalb dieses Gebietes ausschließe. Dies ergibt sich auch aus der Vorlage 1/8/4 vom 7. September 1995, in welcher ausgeführt wird, dass im Flächennutzungsplan "ein Windvorranggebiet" ausgewiesen werde, um "eine Errichtung von Windkraftanlagen ausschließlich in diesem Gebiet zuzulassen". Der Ausweisung einer solchen Konzentrationszone steht entgegen der Ansicht des Klägers nicht entgegen, dass die 24. Änderung bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs vom 30. Juli 1996 (BGBl. I S. 1189) beschlossen wurde. Die Festsetzung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan war bereits vor der mit diesem Gesetz erfolgten Ergänzung des § 35 Abs. 3 BauGB um eine dem heutigen Satz 3 entsprechende Regelung möglich und zulässig.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 57.84 -, BVerwGE 77, 300 (juris Rn. 25 ff.).

Jedoch steht die - von der Beigeladenen gewollte - Ausschlusswirkung dem klägerischen Vorhaben deswegen nicht entgegen, weil diese Darstellungen - jedenfalls soweit sie privilegierten Vorhaben an anderen Standorten als öffentlicher Belang entgegengesetzt werden sollen - unwirksam sind.

Die Flächennutzungsplanung der Beigeladenen ist abwägungsfehlerhaft. Ihr liegt bezogen auf die Nutzung der Windkraft kein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde. Die gemeindliche Entscheidung über die Ausweisung von Flächen für die Windkraftnutzung im Flächennutzungsplan gibt weder verlässlich Auskunft darüber, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, noch macht sie hinreichend deutlich, welche städtebaulichen Gründe es gerechtfertigt haben, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten. Für den Umstand, dass die Beigeladene zu irgendeinem Zeitpunkt des Planungsverfahrens das gesamte Gemeindegebiet unter Anlegung der oben genannten Kriterien in den Blick genommen hat, finden sich im gesamten Planungsverfahren keine Anhaltspunkte.

Der für die 24. Änderung vorgegebene Suchbereich für Standorte für Windenergieanlagen umfasste - ohne dass die Kriterien für die Auswahl deutlich werden - ein Gebiet entlang der Bundesautobahn. Dies ergibt sich unter anderem aus der Vorlage 1/8/4 vom 7. September 1995, in welcher ausgeführt wird, dass "das Suchgebiet auf die Fläche begrenzt" werde, in denen die Abstandsflächen eingehalten werden könnten. Hierbei handelte es sich um das bereits mit der Vorlage 1/4/3 vom 22. Februar 1995 bezeichnete Gebiet, das nunmehr nochmals verkleinert wurde. Die Suche war auch allein auf die Ausweisung eines (einzigen) Gebiets gerichtet. So ist dem Erläuterungsbericht vom 25. November 1995 zur 24. Änderung zu entnehmen, dass, "um nicht alle Bereiche der freien Landschaft mit Windkraftanlagen zu belasten,... ein Gebiet für die Nutzung der Windenergie dargestellt werden" solle. Zwar enthält der Erläuterungsbericht auch Kriterien für die Gebietsermittlung. Die Kriterien werden allerdings nur abstrakt dargelegt; der Darstellung lässt sich nicht entnehmen, dass sie überhaupt und - wenn ja - in welcher Weise auf andere Teile des Gemeindegebiets außerhalb des Teilgebiets entlang der Bundesautobahn angewandt worden wären. Gegenteiliges hat die Beigeladene weder in ihrer vom Senat erbetenen Stellungnahme vom 29. August 2012 noch auf ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung substantiiert vorgetragen.

Der Beigeladenen ging es bei ihrer 24. Änderungsplanung entscheidend darum, die künftige Ansiedlung von Windenergieanlagen für einen gewissen Zeitraum zunächst auf ein Gebiet zu bündeln, um sich später - bei wachsendem Bedarf - nochmals auf die Suche nach für die Windenergienutzung geeigneten Flächen machen zu können. Dies belegt der Auszug aus der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Rats der Beigeladenen vom 28. September 1995, wonach eine Erweiterung oder die Ausweisung eines neuen Standortes geprüft werden solle, wenn ein entsprechender Bedarf gegeben sei; zur Zeit sollten keine Aktivitäten entwickelt werden. Auch im Erläuterungsbericht zur 24. Änderung wird darauf abgestellt, dass die Planänderung bei Veranschlagung von zwei neuen Windenergieanlagen pro Jahr im Stadtgebiet rein rechnerisch den Bedarf von zehn Jahren decke. Anlässlich der öffentlichen Sitzung des Rats der Beigeladenen vom 30. Mai 1996 führten Bürgermeister T1. und Stadtdirektor N. aus, dass Rat und Verwaltung offen seien für jede beabsichtigte bzw. berechtigte Erweiterung des "Vorranggebiets", wenn dies durch die Träger öffentlicher Belange gestattet werde. Ebenso sollte neben der Ausweisung neuer Flächen für die Windkraftnutzung die Möglichkeit des Anschlusses an die im Hochsauerlandkreis gelegenen und an das Gemeindegebiet angrenzenden Konzentrationszonen geprüft werden.

Die 30. Änderung des Flächennutzungsplans enthält ebenfalls keine wirksame Darstellung von Konzentrationszonen, die die Errichtung von Windenergieanlagen außerhalb dieser Zonen ausschließt. Sie hat lediglich der bereits bestehenden Konzentrationszone weitere Flächen hinzugefügt, ohne ihrerseits (erstmals) ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zu entwickeln. Ausgangspunkt für die 30. Änderung war (lediglich) die Überlegung, weitere Flächen zur Nutzung der Windenergie auszuweisen (Erläuterungsbericht vom 27. Juni 1997), ohne das gesamte Gemeindegebiet in den Blick zu entnehmen und in die Überlegungen einzubeziehen.

Unerheblich ist, dass zwischenzeitlich ein die Konzentrationszonen erfassender Bebauungsplan erlassen worden ist; denn die anderweitige Festsetzung einer Konzentrationszone in einem Bebauungsplan ist kein nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beachtlicher Belang.

ccc) Der dargelegte Abwägungsmangel ist nach Maßgabe des § 233 Abs. 2 Satz 2 BauGB in der ab dem 20. Juli 2004 gültigen Fassung des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau vom 24. Juni 2004 (BGBl. I S. 1359) - BauGB n. F. - i. V. m. § 215 BauGB in der bis zum 31. Dezember 1997 gültigen Fassung des Gesetzes über das Baugesetzbuch vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I, S. 2191) - BauGB a. F. - beachtlich (1) und erheblich (2).

(1) Zwar werden nach § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. Mängel der Abwägung, worunter sowohl solche des Abwägungsvorgangs als auch des Abwägungsergebnisses fallen, unbeachtlich, wenn diese nicht innerhalb einer Frist von sieben Jahren seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplanes gerügt werden. Der Verlust des Rügerechtes setzt aber nach § 215 Abs. 2 BauGB a. F. voraus, dass bei Inkrafttreten des Flächennutzungsplanes auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften und von Mängeln der Abwägung sowie deren Rechtsfolgen hingewiesen wurde. Das ist hier nicht geschehen; denn sowohl in der Bekanntmachungsanordnung der 24. Änderung als auch der 30. Änderung des Flächennutzungsplanes wird nur auf die Unbeachtlichkeit der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, nicht aber auf die Unbeachtlichkeit von Abwägungsmängeln hingewiesen.

(2) Die oben dargelegte unzureichende Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials ist als Mangel im Abwägungsvorgang im Sinne des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB a. F. erheblich, weil der Mangel offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Letzteres ist dann der Fall, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann. Es kommt also einerseits nicht auf den positiven Nachweis eines Einflusses auf das Abwägungsergebnis an. Auf der anderen Seite genügt aber auch nicht die (wohl stets zu bejahende) abstrakte Möglichkeit, dass ohne den Mangel anders geplant worden wäre.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2003 ? 4 BN 47.03 -, BauR 2004, 1130 (juris Rn. 4), und Urteil vom 21. August 1981 - 4 C 57.80 -,BVerwGE 64, 33 (juris Rn. 26 ff.).

Eine solche konkrete Möglichkeit besteht vorliegend. Die mit der 24. Änderung des Flächennutzungsplanes beschlossene Darstellung von Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen hätte unter zutreffender Einbeziehung des gesamten Gemeindegebiets in die Planungserwägungen in mehrfacher Hinsicht auch in anderer Weise ausfallen können. Dies zeigt schon der Umstand, dass bereits eineinhalb Jahre nach dem Beschluss des Rates über die 24. Änderung mit der 30. Änderung weitere Gebiete als Konzentrationsflächen für die Windenergienutzung ausgewiesen worden sind, die bei der kurz zuvor erfolgten Planung nicht näher in den Blick genommen worden waren.

bb) Ob die Errichtung und der Betrieb der Windenergieanlage gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Var. 1 BauGB verstoßen, weil wegen einer erheblichen Beeinträchtigung geschützter Vogel- oder Fledermausarten Belange des Naturschutzes entgegenstehen, lässt sich aus derzeitiger Sicht nach den im bisherigen Verfahren gewonnenen Erkenntnissen nicht abschließend feststellen.

Ob einem durch § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben öffentliche Belange i. S. v. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegenstehen, ist grundsätzlich im Wege einer "nachvollziehenden" Abwägung zu ermitteln.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Oktober 1967 - 4 C 86.66 -, BVerwGE 28, 148 (juris Rn. 12), vom 19. Juli 2001 - 4 C 4.00 -, BVerwGE 115, 17 (juris Rn. 20), und vom 27. Januar 2005 - 4 C 5.04 -, BVerwGE 122, 364 (juris Rn. 18).

Privilegierte Vorhaben sind nicht an jedem beliebigen Standort im Außenbereich zulässig. Auch für privilegierte Anlagen gilt das Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs. Mit § 35 Abs. 1 BauGB hat der Gesetzgeber den Außenbereich insbesondere nicht generell als Baubereich für privilegierte Vorhaben freigegeben, sondern ihre Zulässigkeit vielmehr von der Einzelfallprüfung abhängig gemacht, ob ihnen an einem konkreten Standort öffentliche Belange entgegenstehen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Januar 1984 - 4 C 43.81 -, BVerwGE 68, 311 (juris Rn. 19), vom 22. Mai 1987 - 4 C 57.84 -, BVerwGE 77, 300 (juris Rn. 22), und vom 19. Juni 1991 - 4 C 11.89 -, NVwZ-RR 1992, 401 (juris Rn. 31).

Im Einzelnen bestimmt sich das Gewicht sowohl der Privilegierung als auch das der öffentlichen Belange anhand einer Bewertung des Einzelfalles.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juni 1991 - 4 C 11.89 -, NVwZ-RR 1992, 401 (juris Rn. 31).

Im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Var. 1 BauGB ist als Unterfall des Naturschutzes der Belang des Vogel- und Fledermausschutzes zu berücksichtigen. Im Zuge der hierbei vorzunehmenden "nachvollziehenden" Abwägung sind die Schutzwürdigkeit der betroffenen Art und ihres jeweiligen Lebensraumes sowie die Intensität und die Auswirkungen des Eingriffs dem Interesse an der Realisierung des privilegierten Vorhabens gegenüberzustellen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 8 A 2357/08 -, juris Rn. 93 m. w. N.

Der Belang des Naturschutzes in der Gestalt des Vogel- und Fledermausschutzes setzt sich gegen die mit einem gesteigerten Durchsetzungsvermögen im Abwägungsvorgang ausgestatteten privilegierten Außenbereichsvorhaben durch, wenn diesem Belang im Einzelfall ein höheres Gewicht zukommt. Dies ist dann der Fall, wenn die Notwendigkeit des Lebensraum- und Artenschutzes für die zu betrachtenden Vogel- und Fledermausarten an dem betreffenden Anlagenstandort eine so große Intensität erreicht, dass die Errichtung der im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB bevorzugt zulässigen Windkraftanlage den öffentlichen Belang des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB erheblich beeinträchtigt.

Maßstabgebend sind insoweit die naturschutzrechtlichen Vorschriften zum Gebiets- (§§ 31 ff. BNatSchG, §§ 48a ff. LG NRW) und Artenschutz (§§ 39 ff. BNatSchG, §§ 60 ff. LG NRW) und hier insbesondere die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG. Dabei stehen zwingende naturschutzrechtliche Verbote einem im Außenbereich privilegierten Vorhaben als öffentliche Belange i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB grundsätzlich entgegen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 8 A 2357/08 -, juris Rn. 101 ff.; NdsOVG, Urteile vom 10. Januar 2008 ? 12 LB 22/07 -, juris Rn. 59, und vom 12. November 2008 - 12 LC 72/07 -, juris Rn. 87.

Ausgehend hiervon lässt sich nach den im bisherigen Verfahren gewonnenen Erkenntnissen nicht abschließend feststellen, ob sich das streitgegenständliche Vorhaben auf im Umfeld des für diese Anlage vorgesehenen Standorts lebende Vogel- und Fledermausarten in einer Art und Weise auswirkt, dass Belange des Naturschutzes diesem Vorhaben entgegenstehen.

aaa) Ob Errichtung und Betrieb der Windenergieanlage sich auf die von ihr betroffene lokale Rotmilanpopulation in einer derartigen Intensität auswirken, dass das Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BNatSchG - andere Verbotstatbestände sind nicht einschlägig - verstößt, lässt sich nicht abschließend beurteilen.

(1) Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.

Zu den "besonders geschützten Arten" gehören gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 b) bb) BNatSchG "europäische Vogelarten". Bei dem Rotmilan handelt es sich um eine europäische Vogelart i. S. d. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 (ABl. L 20 vom 26. Januar 2010, S. 7) - Vogelschutz-Richtlinie (VS-RL). Er ist im Anhang I zur Vogelschutz-Richtlinie aufgeführt, was gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 VS-RL überdies zur Folge hat, dass auf diese Art besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden sind, um ihr Überleben in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.

Vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 16. März 2006 ? 1 A 10884/05 -, NVwZ-RR 2007, 309 (juris Rn. 41 f.); OVG LSA, Urteil vom 16. August 2007 ? 2 L 610/04 -, juris Rn. 31.

Dass es durch Errichtung und Betrieb von Windenergieanlagen zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungs- und Verletzungsrisikos für die lokale Rotmilanpopulation kommen kann, hat der Senat bereits in anderen Verfahren unter Auswertung sachverständiger Stellungnahmen ausgeführt.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 30. Juli 2009 - 8 A 2357/08 -, juris Rn. 150 ff.; dort auch zur Bestimmung der lokalen Population, Rn. 148.

Bei der Beurteilung der Frage, ob das Tötungs- und Verletzungsrisiko durch Errichtung und Betrieb der Windenergieanlage für die lokale Rotmilanpopulation signifikant erhöht wird, ist ferner zu berücksichtigen, dass der Rotmilan artspezifisch zu den Arten gehört, die häufiger als andere Vogelarten als Schlagopfer von Windenergieanlagen auffallen.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 30. Juli 2009 - 8 A 2357/08 -, juris Rn. 153 m. w. N., und vom 11. September 2007 - 8 A 2696/06 -, NuR 2008, 49 (juris Rn. 116); OVG LSA, Urteil vom 16. August 2007 - 2 L 610/04 -, juris Rn. 30, und Beschluss vom 21. Januar 2008 - 2 L 126/07 -, juris Rn. 10; NdsOVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LC 72/07 -, juris Rn. 85.

Ferner ist auch die besondere Schutzbedürftigkeit dieser Vogelart in die Betrachtung, ob sich das Tötungs- und Verletzungsrisiko signifikant erhöht, mit einzubeziehen. Aufgrund dieser besonderen Schutzbedürftigkeit kann bereits der vorhabenbedingte Verlust einzelner Exemplare zu der Annahme einer signifikanten Erhöhung des Tötungs- und Verletzungsrisikos führen.

Vgl. hierzu im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 8 A 2357/08 -, juris Rn. 153 m. w. N.

Schließlich ist auch zu berücksichtigen, ob einer signifikanten Erhöhung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch geeignete Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen begegnet werden kann. Dem Senat ist aus der Vorbefassung mit vergleichbaren artenschutzrechtlichen Problemlagen bekannt, dass bezogen auf den Rotmilan verschiedene solcher Maßnahmen in Betracht kommen. So können für Jahreszeiten mit hohem Konfliktpotential für die Windenergieanlagen Abschaltpläne vorgesehen werden. Denkbar ist auch die gezielte Steuerung der landwirtschaftlichen Nutzung im Umfeld der Anlagen, um nach dem Flüggewerden der jungen Greifvögel eine Nutzung des Umfelds der Windenergieanlagen möglichst unattraktiv zu gestalten. Diese Maßnahme kann mit einer Attraktivitätssteigerung durch die Schaffung von Stoppeläckern im weiteren Abstand zu den Anlagen verbunden werden. Bei Unsicherheiten über die Wirkungsprognose oder den Erfolg der noch zu formulierenden Vermeidungsmaßnahmen können worstcase-Betrachtungen angestellt und/oder ein vorhabenbegleitendes Monitoring vorgesehen werden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 8 A 2357/08 -, juris Rn. 174 f.

Ob Errichtung und Betrieb der streitgegenständlichen Anlage unter Berücksichtigung aller dieser Umstände zu einer signifikanten Erhöhung des Kollisions- und damit des Tötungs- und Verletzungsrisikos für die lokale Rotmilanpopulation führen, steht nach derzeitigem Erkenntnisstand noch nicht abschließend fest.

Die Möglichkeit der signifikanten Erhöhung des Tötungs- und Verletzungsrisikos für die lokale Rotmilanpopulation ergibt sich im vorliegenden Fall namentlich aus dem im Auftrag der Beigeladenen erstellten artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zur Flächennutzungsplanung des Planungsbüros für Landschafts- und Tierökologie M. (Stand September 2012). Dieser hat u. a. für das gesamte Gemeindegebiet das Vorkommen derjenigen planungsrelevanten Vogelarten dargestellt, von denen bekannt ist, dass sie durch den Betrieb von Windenergieanlagen beeinträchtigt werden können. Der dort beigefügten Karte lässt sich entnehmen, dass sich - wie von der Beigeladenen vorgetragen - in ca. 450 m Entfernung südlich der geplanten Anlage im Wacholderbusch ein Rotmilan-Brutplatz befindet (laut Anhang zum Fachbeitrag "sicher brütend").

Selbst hiervon ausgehend bedarf es jedoch zumindest der näheren Prüfung, ob die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens durch aus naturschutzfachlicher Sicht geeignete Vermeidungs- oder Schutzmaßnahmen im Einzelfall unterhalb der Signifikanz- bzw. Erheblichkeitsschwelle gehalten werden können.

Da die fachbehördliche Prüfung zu Vermeidungs- und vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen sowie die Entwicklung eines entsprechenden Auflagenprogramms, das einem etwaigen nachfolgenden Genehmigungsbescheid beigefügt werden könnte, noch aussteht, kann die Frage des Vorliegens eines Verbotstatbestandes nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG und ob das in Rede stehende klägerische Vorhaben demgemäß eine erhebliche Beeinträchtigung von Belangen des Vogelschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Var. 1 BauGB hervorruft, aus derzeitiger Sicht weder abschließend bejaht noch verneint werden.

(2) Ob Errichtung und Betrieb der Windenergieanlage im Hinblick auf den Rotmilan einen Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG darstellen, lässt sich derzeit gleichfalls noch nicht abschließend beurteilen. Hiernach ist es verboten, wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der Europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Es ist im jetzigen Verfahrensstand offen, ob diese Voraussetzungen gegeben sind und ob eventuelle fortbestehende Bewertungsrisiken durch Vermeidungs- und vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden können.

bbb) Soweit noch andere geschützte Arten durch die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlage beeinträchtigt werden können, werden auch diese bei den ausstehenden naturschutzfachlichen Erhebungen und Bewertungen in den Blick zu nehmen sein. Dies gilt vornehmlich für die Fledermausarten, die jedenfalls nach Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen nach dem derzeitigen Erkenntnisstand von dem Vorhaben des Klägers beeinträchtigt werden könnten.

Fledermäuse unterfallen den gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 b) aa) BNatSchG besonders geschützten und nach § 7 Abs. 2 Nr. 14 b) BNatSchG streng geschützten Arten (vgl. Anhang IV a) der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 ? zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 305 vom 8. November 1997, S. 42) zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/105/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. L 363 vom 20. Dezember 2006, S. 21) - FFH-RL -.

Nach jetzigem Kenntnisstand ist nicht ausgeschlossen, dass das Vorhaben - sollte nach Durchführung etwaiger ergänzender naturschutzfachlicher Erhebungen ein Bewertungsrisiko verbleiben - unter Beifügung von Auflagen genehmigt werden könnte. Es wäre insoweit zu prüfen, ob die gegebenenfalls nachteiligen Wirkungen des Vorhabens durch aus naturschutzfachlicher Sicht geeignete Vermeidungs- oder Schutzmaßnahmen, wie z. B. durch Abschaltpläne oder unattraktive Gestaltung des Umfeldes der Anlagen, im Einzelfall unter der Signifikanz- bzw. Erheblichkeitsschwelle gehalten werden könnten.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. Juli 2009 - 8 A 2357/08 -, juris Rn. 173 f.

Die Beigeladene hat zwar in dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag von M. (Stand Februar 2012) den Bestand der Fledermäuse erfasst. Bezogen auf den potenziellen Konflikt in Teilflächen ist dort (S. 24) allerdings ausgeführt, dass die Kollisionsgefährdung durch die Festlegung von Abschaltzeiten deutlich reduziert werden kann. Unter der Annahme, dass eine solche Abschaltzeitenregelung den Konflikt unter die Schwelle zur erheblichen Beeinträchtigung senke, würde das Vorkommen dieser Arten der Planung von Windenergieanlagen nicht entgegenstehen. Konfliktpotenziale könnten voraussichtlich durch einschlägige Maßnahmen (vor allem Einhaltung von Mindestabständen zum Wald und Festlegung von Abschaltzeiten) auf ein vertretbares Maß gesenkt werden (S. 26). Aus der aktualisierten Fassung (Stand September 2012) ergibt sich nichts Abweichendes.

b) Dem Vorhaben stehen keine bauordnungsrechtlichen Hindernisse entgegen. Bedenken in dieser Hinsicht sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

c) Das Vorhaben ist immissionsschutzrechtlich mit Blick auf den von der Windenergieanlage ausgehenden Lärm und Schattenwurf nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat diesbezüglich nichts geltend gemacht; hierfür ist auch sonst angesichts der großen Entfernung zur nächstgelegenen Wohnbebauung nichts ersichtlich.

d) Es fehlt nicht an der vorläufigen positiven Gesamtbeurteilung. Dem Vorhaben stehen keine sonstigen von vornherein unüberwindlichen rechtlichen Hindernisse entgegen. Das geplante Vorhaben beeinträchtigt keine Richtfunktrassen, und es bestehen keine luftverkehrsrechtliche Hinderungsgründe.

Die vorläufige Gesamtbeurteilung erstreckt sich schließlich grundsätzlich zwar auch auf die Frage, ob für das Vorhaben die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Es kann hier aber offen bleiben, ob das Vorhaben - wovon Kläger und Beklagter übereinstimmend ausgehen - nicht UVP-pflichtig gemäß § 3c UVPG ist. Gegebenenfalls wäre eine solche Prüfung im Rahmen des nachfolgenden Vorbescheidsverfahren nachzuholen.

II. Da sich ein Anspruch des Klägers auf Erteilung des Vorbescheids mit hinreichender Sicherheit weder spruchreif bejahen noch spruchreif verneinen lässt, weil sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach dem derzeitigen Erkenntnisstand als offen darstellt, ist der Beklagte unter Heranziehung der zum "steckengebliebenen" Genehmigungsverfahren entwickelten Grundsätze gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu einer Neubescheidung des Vorbescheidsantrags des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten.

In der Situation eines "steckengebliebenen" Genehmigungsverfahrens entfällt die Verpflichtung des Gerichts zur Herbeiführung der Spruchreife, wenn ansonsten im Verwaltungsverfahren noch nicht behandelte komplexe technische oder naturschutzfachliche Fragen erstmals im gerichtlichen Verfahren erschöpfend geprüft werden müssten. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung im Allgemeinen nicht ohne zahlreiche Nebenbestimmungen erteilt wird. Grundsätzlich könnte zwar auch das Gericht mit Hilfe kundiger Sachverständiger ein Auflagenprogramm entwickeln und ihm mit dem Tenor eines Verpflichtungsurteils Verbindlichkeit verschaffen. Im Allgemeinen sind jedoch individuelle Einschätzungen und Zweckmäßigkeitserwägungen dafür erheblich, ob diese oder jene gleichermaßen geeignete Auflage oder sonstige Nebenbestimmung anzufügen ist. Es ist in derartigen besonders gelagerten Fällen nicht Aufgabe der Gerichte, ein "steckengebliebenes" Genehmigungsverfahren in allen Einzelheiten durchzuführen. Es kann daher ausnahmsweise gerechtfertigt sein, dass das Tatsachengericht davon absieht, die Sache spruchreif zu machen. In diesem Falle kann es ein Bescheidungsurteil i. S. v. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO erlassen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 1989 - 4 C 52.87 -, NVwZ 1990, 257 (juris Rn. 18), und Beschluss vom 25. November 1997 - 4 B 179.97 -, NVwZ-RR 1999, 74 (juris Rn. 3); OVG NRW, Urteile vom 30. Juli 2009 - 8 A 2357/08 -, juris Rn. 207 f., vom 19. Juni 2007 - 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 (juris Rn. 28), und vom 28. August 2008 - 8 A 2138/06 -, NWVBl. 2009, 110 (juris Rn. 87).

Diese Erwägungen gelten grundsätzlich auch für das Vorbescheidsverfahren. Insoweit bestehen keine relevanten Unterschiede zwischen einem Genehmigungs- und einem auf Erteilung eines Vorbescheids gerichteten Verfahren.

Im Vorbescheidsverfahren ist bislang nicht näher geprüft worden, ob dem Vorhaben des Klägers Belange des Naturschutzes i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Var. 1 BauGB entgegenstehen. Die im Zuge des Berufungsverfahrens durchgeführten Ermittlungen haben nicht zur Spruchreife geführt. Es sind noch weitergehende naturschutzfachliche Erhebungen und Bewertungen anzustellen, auf deren Grundlage der Kläger unter Umständen zum Ausschluss artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände gegebenenfalls ein Vermeidungs- und Ausgleichskonzept zu entwickeln hat. Sodann wäre gegebenenfalls ein von fachbehördlichen Einschätzungen getragenes Auflagenprogramm zu entwickeln, durch das eine etwaige erhebliche Beeinträchtigung von Belangen des Naturschutzes unter der Erheblichkeits- bzw. Signifikanzschwelle gehalten werden könnte.

Bei dieser Sachlage entfällt die Verpflichtung des Gerichts, die Sache weiter spruchreif zu machen.

Das vorliegende Neubescheidungsurteil, durch das der Beklagte zu einer abschließenden Prüfung des Vorbescheidsantrags unter erneuter Beteiligung der Beigeladenen verpflichtet ist, ersetzt das gemeindliche Einvernehmen nur im Umfang der planungsrechtlichen Entscheidungsreife.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juni 2003 - 4 B 14.03 -, NVwZ-RR 2003, 719 (juris Rn. 8).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und berücksichtigt das wechselseitige Unterliegen der Beteiligten. Es entspricht der regelmäßigen Praxis des Senats, in Fällen, in denen die Klage lediglich hinsichtlich des Bescheidungsbegehrens Erfolg hat, das Unterliegen mit dem hälftigen wirtschaftlichen Interesse zu bewerten. Der Beigeladenen können Kosten auferlegt werden, weil sie einen Antrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 132 VwGO liegen nicht vor.