VG Köln, Urteil vom 25.02.2016 - 13 K 5017/13
Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides der Bundesnetzagentur vom 8. Juli 2013 verpflichtet, dem Kläger gemäß Ziffer 2 seines Antrags vom 10. Dezember 2012 zu der Frage, „Um welchen jährlichen Betrag waren gemäß Beschluss BK8-09/1016-12 vom 7. Dezember 2009 die mit Bescheid vom 3. Februar 2009 (Az.: BK8- 08/1016-11) festgelegten kalenderjährlichen Erlösobergrenzen für die Jahre 2010, 2011 und 2012 im Hinblick auf die Mehrerlösabschöpfung zu reduzieren?“, betreffend die Beigeladene Auskunft zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; diese sind nicht erstattungsfähig und von der Beigeladenen selbst zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 bei der Bundesnetzagentur, ihm Informationszugang zu verschiedenen Fragen betreffend die Beigeladene (das Gas- und Stromenergieversorgungsunternehmen in München, 100%-ige Tochter der Stadtwerke M... GmbH, welche im Eigentum der Landeshauptstadt München steht und insoweit sog. „natürliche Monopolistin") zu gewähren. Zum einen wollte er erfahren, welche Erlösobergrenzen für die Kalenderjahre 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 festgelegt (Frage 1) und zum anderen welche Anpassungen der Erlösobergrenze jeweils für die Jahre 2010, 2011 2012 und 2013 verfügt worden seien (Frage 3). Schließlich wollte er wissen,

„2. Um welchen jährlichen Betrag waren gemäß Beschluss BK8-09/1016-12 vom 7.12.2009 die mit Bescheid vom 3.2.2009 (Az.: BK8-08/1016-11) festgelegten kalenderjährlichen Erlösobergrenzen für die Jahre 2010, 2011 und 2012 im Hinblick auf die Mehrerlösabschöpfung zu reduzieren?"

Betreffend die Beigeladene hatte die Bundesnetzagentur in dem in Bezug genommenen Beschluss BK8-09/1016-12 vom 7. Dezember 2009 betreffend den Mehrerlös im Bereich Strom verfügt, dass die Beigeladene verpflichtet sei, „zum 1. Januar eines Kalenderjahres, die mit Bescheid vom 03.02.2009 (Az.: BK8-08/1016-11) festgelegten kalenderjährlichen Erlösobergrenzen für die Jahre 2010, 2011 und 2012 im Hinblick auf die Mehrerlösabschöpfung um jeweils ...€ zu reduzieren.“

Mit seinem Antrag wies der Kläger darauf hin, dass die entsprechenden Daten in anderen Bundesländern veröffentlicht würden, so von der Landesregulierungsbehörde Baden-Württemberg. Auch seien die Entscheidungen der Bundesnetzagentur auf deren Internetseite und im Amtsblatt nach § 74 Satz 1 EnWG zu veröffentlichen.

Die Bundesnetzagentur beteiligte die Beigeladene, die mitteilte, der Antrag beziehe sich auf den Informationszugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen; eine nähere Begründung erfolgte nicht. Mit Bescheid 20. Februar 2013 gab die Bundesnetzagentur dem Antrag vollständig statt; Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse lägen nicht vor. Gegen diesen Bescheid legte die Beigeladene fristgerecht ausdrücklich Widerspruch ein, soweit er die Übermittlung der mit dem Antrag zu 3 gewünschten Daten betraf. Nach Ablauf der Widerspruchsfrist stellte sie auf Hinweis der Bundesnetzagentur klar, dass der Widerspruch sich nur auf den Antrag zu 2 beziehe und nicht gegen die Übermittlung der in den Anträgen zu 1 und 3 genannten Daten gerichtet sei. Diese Informationen wurden in der Folgezeit an den Kläger übermittelt. In seiner Stellungnahme im Widerspruchsverfahren wies der Kläger erneut darauf hin, dass die Höhe der Mehrerlösabschöpfung bereits gemäß § 74 Satz 1 EnWG veröffentlichungspflichtig sei. Im Übrigen seien dem gemäß § 345 HGB veröffentlichungspflichtigen Jahresabschluss der Beigeladenen und der darin enthaltenen Gewinn- und Verlustrechnung detaillierte Werte zur Profitabilität zu entnehmen. Die Kenntnis der jährlichen Mehrerlösabschöpfung würde demgegenüber keine detaillierteren Rückschlüsse auf die Kosten und Ertragslage ermöglichen. Weiter könne eine Wettbewerbsfähigkeit der Beigeladenen ohnehin nicht beeinflusst werden, weil es sich um eine natürliche Monopolistin handele.

Mit dem hier angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2013 gab die Bundesnetzagentur dem Widerspruch der Beigeladenen hinsichtlich des noch verbliebenen Antrags zu 2 statt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, die Angaben zu dem jährlichen Betrag, um den die Erlösobergrenze für die Jahre 2010, 2011 und 2012 im Wege der Mehrerlösabschöpfung zu reduzieren gewesen sei, stellten schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen i.S.v. §6 Satz 2 IFG dar. Mangels Einwilligung bestehe insoweit kein Informationszugangsanpruch. Es handele sich bei den begehrten Informationen um Unternehmensdaten aus dem Kernbereich des unternehmerischen Handelns der Beigeladenen, die Rückschlüsse auf die Kosten und Ertragslage insgesamt und in Teilen ermöglichten. Auch ein Monopolist habe Anspruch auf Wahrung seiner Geschäftsgeheimnisse, soweit daran - wie hier anzunehmen sei - ein berechtigtes Interesse bestehe. Da die Beträge zur Mehrerlösabschöpfung gerade nicht aus zulässigen und erreichbaren Quellen entnommen werden können, handele es sich nicht um offenkundige Tatsachen. Auch wenn den einschlägigen Jahresabschlüssen zu entnehmen sei, dass die jährliche Mehrerlösabschöpfung für Strom und Gas zusammen 18.417.000,00 EUR betragen habe, woraus eine geschätzte jährliche Mehrerlösabschöpfung Strom auf ca. 12 Mio. Euro abzuleiten sei, seien die konkreten Beträge jedenfalls gerade nicht bekannt und offenkundig. Die konkreten Beträge zur Mehrerlösabschöpfung seien nicht veröffentlichungspflichtig nach § 74 EnWG, weil Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nach der Kommentarliteratur von der Veröffentlichung ausgenommen werden müssten. Es bestehe damit keine uneingeschränkte Veröffentlichungspflicht aus § 74 EnWG, die jeglichen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen grundlegend aushebeln würde. Der Widerspruchsbescheid wurde am 17. Juli 2013 zugestellt.

Am 15. August 2013 hat der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Bei den Beträgen der Mehrerlösabschöpfung handele es sich nicht um ein nach Art. 12 Abs. 1 GG schützenswertes Betriebs- und Geschäftsgeheimnis. Insofern fehle es der Beigeladenen als Unternehmen in öffentlicher Hand bereits an der Grundrechtsfähigkeit. Auch sei der Mehrerlösabschöpfungsbetrag keine „Kennzahl aus dem Kernbereich des unternehmerischen Handelns“ der Beigeladenen. Die Mehrerlöse seien nichts anderes als das Resultat überhöhter, mithin rechtswidrig erlangter Netzentgelte, vorliegend im Zeitraum 29. Oktober 2005 bis 12. Dezember 2006. Vor diesem Hintergrund und bei objektiver Betrachtung sei nicht ersichtlich, dass das schützenswerte Interesse der Beigeladenen darin liegen könnte, die Höhe der aus unzulässig überhöhten Netzentgelten erzielten Erlöse geheim zu halten. Zudem handele es sich nicht um Kennzahlen des wirtschaftlichen Betriebs der Beigeladenen, sondern um den behördlich ermittelten Differenzbetrag zwischen den tatsächlichen und den zulässigen Erlösen. Darüber hinaus gehe auch die Beigeladene davon aus, dass nicht der Mehrerlösabschöpfungsbetrag, sondern allein die zugrunde liegenden Daten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seien, wie sich aus ihrem Widerspruchsschreiben ergebe. Die Ermittlung der Erlösobergrenze und die dieser zugrunde liegenden Daten seien aber nie Gegenstand des Informationsbegehrens gewesen.

Auch im gemäß § 345 HGB veröffentlichungspflichtigen Jahresabschluss der Beigeladenen und in der darin enthaltenen, auf das Stromnetz bezogenen Gewinn- und Verlustrechnung seien ins Einzelne gehende Werte zur Profitabilität enthalten. Es sei weder ersichtlich noch von der Beigeladenen dargelegt, dass die Kenntnis der jährlichen Mehrerlösabschöpfung detailliertere „Rückschlüsse auf Kosten und Ertragslage insgesamt und in Teilen“ ermöglichen könne, als dies bereits durch die in den Jahresabschlüssen offengelegten detaillierten Angaben zu den Erlösen, Kosten und Erträgen möglich sei. Auch sei weder ansatzweise erkennbar noch dargelegt worden, auf welche Weise die Mitteilung der konkreten Höhe der jährlichen Beträge zur Mehrerlösabschöpfung geeignet sei, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu beeinflussen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Beigeladenen lasse sich ohnehin nicht beeinflussen, weil es sich bei ihr um eine natürliche Monopolistin handele - dies schließe die Existenz von Wettbewerb notwendig aus. Deswegen habe die Beigeladene keinen Grund gesehen, die Größenordnung der jährlichen Mehrerlösabschöpfung geheim zu halten.

Des Weiteren müsse beachtet werden, dass sich die Beigeladene als natürliche Monopolistin keinem, auch keinem potentiellen Wettbewerb gegenüber sehe. Die Regulierungsentscheidungen beruhten viel mehr auf einem reinen „als-ob-Wettbewerb“. Insbesondere das Stromnetz sei ein wettbewerbsresistentes Monopol, weil die Markteintritts-barriere sehr hoch sei, ein sog. monopolistischer Engpassbereich, was auch im Evaluie-rungsbericht 2015 der Bundesnetzagentur zur Anreizregulierung so bestätigt werde. Deswegen sehe sich die Beigeladene keinen Wettbewerbern ausgesetzt, die durch das Bekanntwerden etwaiger Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Vorteile hätten. Jedenfalls werde die rechtliche und wirtschaftliche Position durch die Offenlegung der Mehrerlösabschöpfungsbeträge nicht nachteilig berührt.

Schließlich lasse die Offenbarung der auf drei Jahre verteilten Mehrerlösabschöpfungsbeträge keine Rückschlüsse auf die Ertragslage oder andere betriebswirtschaftliche Kennzahlen zu; der diesbezügliche Vortrag der Bundesnetzagentursei zu pauschal und nicht hinreichend entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen substantiiert resp. bewege sich im Bereich der Spekulation. Eine nachteilige Auswirkung auf den Effizienzvergleich sei nicht erkennbar oder schlüssig vorgetragen. Die Mehrerlösabschöpfungsbeträge seien keine Kennzahlen im Rahmen des Effizienzvergleichs.

Unabhängig davon sei wegen der mangelnden Transparenz der Entgeltregulierung durch die Bundesnetzagentur im Hinblick auf den Gesetzeszweck des Informationsfrei-heitsgesetzes, die Kontrolle staatlichen Handelns, ein den Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse überwiegendes Informationsinteresse gegeben. Dem korrespondiere die weitgehende Publizitätspflicht der Bundesnetzagentur: Die hier einschlägige vollständige Veröffentlichungspflicht der Bundesnetzagentur - auch betreffend Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse - bestehe bereits nach § 74 Satz 1 EnWG, die sich nach einhelliger Meinung jedenfalls auf den vollständigen und ungeschwärzten Tenor der Entscheidung beziehe; dieser Verpflichtung sei die Behörde betreffend die Beigeladene bislang nicht nachgekommen, veröffentlicht worden sei nur eine im maßgeblichen Punkt, der Höhe der jährlichen Mehrerlösabschöpfung, geschwärzte Fassung. Demgegenüber kämen andere Regulierungsbehörden der Verpflichtung vollumfänglich nach. § 74 Satz 1 EnWG stelle eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 30 VwVfG dar, der eine Veröffentlichung rechtfertige.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides der Bundesnetzagentur vom 8. Juli 2013 zu verpflichten, ihm gemäß Ziffer 2 seines Antrags vom 10. Dezember 2012 zu der Frage, „Um welchen jährlichen Betrag waren gemäß Beschluss BK8-09/1016-12 vom 7. Dezember 2009 die mit Bescheid vom 3. Februar 2009 (Az.: BK8- 08/1016-11) festgelegten kalenderjährlichen Erlösobergrenzen für die Jahre 2010, 2011 und 2012 im Hinblick auf die Mehrerlösabschöpfung zu reduzieren?", betreffend die Beigeladene Auskunft zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Bundesnetzagentur tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und trägt vertiefend vor, es sei nicht entscheidend, ob die Beigeladene angesichts ihrer Eigentümerstruktur Trägerin der Grundrechte aus Art. 12, 14 GG sein könne. Die Pflicht der Bundesnetzagentur zur Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen folge jedenfalls aus § 30 VwVfG, § 71 EnWG. Zudem sei nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen der Geheimnisschutz des § 6 Satz 2 IFG auch auf nicht grundrechtsfähige öffentliche Stellen anwendbar, die wie ein privater Dritter mit der Absicht der Gewinnerzielung am Markt auftreten würden. Danach sei auch die Beigeladene vom Geheimnisschutz des § 6 Satz 2 IFG erfasst. Sie biete ihre Leistungen wie ein im Eigentum privater Hand stehender Netzbetreiber an. Sie werde mit der Absicht der Gewinnerzielung tätig, ihre Markttätigkeit unterscheide sich im Verhältnis zu Netzzugang begehrenden Dritten nicht von der eines Privaten.

Die Mehrerlösabschöpfungsbeträge stellten auch ein Geschäftsgeheimnis dar. Es seien jene Erlöse, die von der Beigeladenen zwischen dem Oktober 2005 und dem Zeitpunkt der ersten Entgeltgenehmigung durch die vereinnahmten - zu hohen - Netzentgelte zu viel erzielt worden seien und die - jeweils zu 1/3 - in den Jahren 2010, 2011 und 2012 die durch Stromnetzentgelte erzielbaren, zulässigen Erlöse minderten. Es handele sich damit um Beträge, die unmittelbar die Umsätze der Beigeladenen beträfen. Als Umsatz und Erlöskennzahlen seien sie unmittelbar unternehmensbezogen. Die Beträge der Mehrerlösabschöpfung seien auch nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich und damit nicht offenkundig. Insbesondere ergebe sich keine Offenkundigkeit aus der Veröffentlichung der Jahresabschlüsse durch die Beigeladene. Zwar sei in den Jahresabschlüssen 2010 und 2011 unter der Überschrift „Sonstige betriebliche Erträge“ jeweils die Information enthalten, dass als Erträge auch die annuitätische Tilgungsleistung der Mehrerlösabschöpfung (18.417.000 EUR) enthalten sei. Eine weitere Konkretisierung, insbesondere die Aufteilung dieses Betrages auf den Betrieb der Gasverteilnetze und der Stromverteilnetze ergebe sich aus den Jahresabschlüssen hingegen nicht. Das Geschäftsgeheimnis sei auch schutzwürdig: Aus einer Kenntnis der Mehrerlösabschöpfungsbeträge für die Jahre 2010 bis 2012 ergäben sich in Zusammenschau mit den dem Kläger bereits übermittelten Informationen die exakten Umsätze, die die Beigeladene über Stromnetznutzungsentgelte in den Jahren 2010 - 2012 zulässigerweise habe erlösen dürfen. Diese Kenntnis könnte sich unmittelbar beispielsweise auf etwaige Finanzierungskosten der Beigeladenen auswirken, da die zulässigen Umsätze in diesen Jahren bekannt werden würden und damit die Liquidität der Beigeladenen konkret für die Stromverteilung, Weiter lasse dies unter Einbeziehung der Preisblätter (Höhe der Netzentgelte) Rückschlüsse auf die durch die Beigeladene für ihr Stromverteilnetz prognostizierten Durchleitungsmengen zu. Die Ermöglichung derartiger Rückschlüsse sei auch ausreichend, um die Beträge als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis einzuordnen, selbst wenn man die Mehrerlösabschöpfungsbeträge isoliert betrachtet nicht als Geschäftsgeheimnisse qualifizieren wollte: Für den Schutz des § 6 Satz 2 IFG sei es nicht erforderlich, dass schon die Information als solche ein Geschäftsgeheimnis darstelle. Auswirkungen auf ein Geschäftsgeheimnis habe die Offenlegung einer Information auch, wenn diese Information ihrerseits Rückschlüsse auf Geschäftsgeheimnisse, hierz.B. die Jahresgesamterlöse und die Durchleitungsmengen, zulasse.

Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf sei ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beigeladene eine natürliche Monopolistin sei; insofern sei auf einen potentiellen Wettbewerb abzustellen.

Auch nach § 74 Satz 1 EnWG bestehe keine Veröffentlichungspfiicht und damit mangelnde Schutzwürdigkeit der Beträge der Mehrerlösabschöpfung. Die Vorschrift verpflichte schon nicht zu einer Veröffentlichung der konkreten Mehrerlöse, da sie die Bundesnetzagentur nicht zur Veröffentlichung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ermächtige. Vielmehr sei die Bundesnetzagentur gern. § 30 VwVfG, § 71 EnWG zur Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auch von Netzbetreibern wie der Beigeladenen verpflichtet. § 74 Satz 1 EnWG gebe keine Befugnis zur Offenbarung; dies folge aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Telos.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Sie hält die Klage für unbegründet. Die maßgeblichen Informationen seien schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Insoweit seien nach der Rechtsprechung der Kartellsenate auch potentielle Wettbewerber in den Blick zu nehmen, so dass ihr allein mit dem Hinweis darauf, dass sie „natürliche“ Monopolistin sei, der Schutz des § 6 Satz 2 IFG insoweit nicht versagt werden könne. Die Mehrerlösabschöpfungsbeträge flössen in ihre Entgeltkalkulation - den Kernbestand eines schützenswerten Geschäftsgeheimnisses - ein. Auf die Praxis der Regulierungsbehörde des Landes Baden-Württemberg könne sich der Kläger nicht berufen, die Praxis der Landesbehörden sei durchaus unterschiedlich.

In der mündlichen Verhandlung ist für die Beigeladene niemand erschienen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bundesnetzagentur Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen mündlich verhandeln und entscheiden, da die Beigeladene mit der Ladung hierauf gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hingewiesen worden und die Ladung ordnungsgemäß erfolgt ist.

Die zulässige Klage hat im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts auch Erfolg. Der hier nach § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO angegriffene, teilweise ablehnende Widerspruchsbescheid der Bundesnetzagentur vom 8. Juli 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat Anspruch auf den noch nicht gewährten Informationszugang gemäß Frage 2 des Antrags vom 10. Dezember 2012.

Der Kläger ist anspruchsberechtigt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722)s zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Betrag der Mehrerlösabschöpfung, den die Beigeladene verteilt auf drei Jahre zu entrichten hat, ist eine bei der auskunftsverpflichteten Bundesnetzagentur vorhandene, amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, und damit unabhängig von der Art ihrer Speicherung eine amtliche Information gemäß § 2 Nr. 1 IFG.

Dem Anspruch steht auch nicht § 6 Satz 2 IFG - Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen - entgegen. Der annuitätisch verteilte Betrag der Mehrerlösabschöpfung ist nicht als Geschäftsgeheimnis vom Informationszugang nach § 6 Satz 2 IFG ausgeschlossen; danach darf der Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, soweit die Betroffenen eingewilligt haben, woran es hier seitens der Beigeladenen fehlt.

Dies folgt zwar - anders als der Kläger meint - nicht schon aus § 74 Satz 1 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG), wonach die Bundesnetzagentur ihre Entscheidungen, die wie hier auf der Grundlage des Teiles 3 - Regulierung des Netzbetriebs - des Energiewirtschaftsgesetzes (nämlich § 29 Abs. 1 EnWG) getroffen worden sind, auf der Internetseite und in ihrem Amtsblatt zu veröffentlichen hat. Es kann offen bleiben, ob die einfachgesetzliche Vorschrift dazu geeignet ist, den aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen,

vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14. März 2006 -1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03-, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) 115, 205 (229 ff.) = juris Rn. 81 ff.

zu relativieren. Dagegen spricht die parallele Vorschrift in dem vergleichbaren Bereich der Regulierung des Telekommunikationsmarktes. § 26 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 23. Januar 2016 (BGBl. I S. 106) - TKG - bestimmt insoweit klarer, dass die Bundesnetzagentur die nach diesem Abschnitt getroffenen Maßnahmen unter Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen der betroffenen Unternehmen veröffentlicht. Die einschränkende Regelung in § 26 TKG, dass die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der betroffenen Unternehmen zu wahren sind, wird als eine rein deklaratorische Verweisung auf die die Bundesnetzagentur allgemein bindenden verfassungsrechtlichen Rechtsgrundsätze verstanden. Nichts Anderes ist vor dem Hintergrund des Schutzes durch Art. 12 Abs. 1 GG auch zu erwarten,

Geppert/Attendorn, in: Beck’scher TKG-Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 26 Rn. 7; auf die verfassungsrechtliche Dimension verweisend Arndt/Fezer/Scherer/Graulich, Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2015 §26 Rn. 12.

Für § 74 Satz 1 EnWG kann im Grundsatz - trotz der gegebenen Besonderheiten für den hier betroffenen Markt der Strom- und Gasnetzentgeltregulierung - nichts Abweichendes gelten. Dies wird auch deutlich in § 31 Abs. 1 und 3 der Verordnung über die Anreizregulierung der Energieversorgungsnetze (Anreizregulierungsverordnung - ARegV) vom 29. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2529), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2498). Danach sind zwar bestimmte zentrale Werte - wie die nach den §§ 12 bis 15 ARegV ermittelten Effizienzwerte - netzbetreiberbezogen ebenso in nicht anonymisierter Form im Amtsblatt der Bundesnetzagentur und auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen (Abs. 1). Jedoch bestimmt § 31 Abs, 3 ARegV explizit, dass eine Veröffentlichung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht erfolgt. § 74 Satz 1 EnWG ist demnach - jedenfalls in verfassungskonformer Auslegung - kein Ansatz für eine vollständige Veröffentlichung.

Dies kann jedoch dahinstehen, zumal die letztverbindliche Auslegung des § 74 Satz 1 EnWG den damit betrauten Zivilgerichten Vorbehalten bleiben muss. Denn zum einen kann sich die Beigeladene nicht auf den verfassungsrechtlichen Schutz eventueller Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen. Zum anderen handelt es sich bei dem Betrag der Mehrerlösabschöpfung nicht um ein Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 6 Satz 2 IFG; selbst wenn, ist es für die Beigeladene als natürliche Monopolistin nicht schützenswert.

Allerdings kann, anders als der Kläger meint, der Schutz etwaiger Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen nicht durch das Transparenzgebot im Strom- und Gasregulierungsrecht sowie ein daraus resultierendes allgemeines Informationsinteresse vor dem Hintergrund des Zwecks des Informationsfreiheitsgesetzes überwunden werden. Nach der klaren Regelung des § 6 Satz 2 IFG kann der Zugang zu Betriebsund Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, soweit die Betroffenen eingewilligt haben, woran es hier fehlt. Anders als im Umweltinformationsrecht (§ 9 Abs. 1 Satz 1 UIG) entfällt der Schutz nach § 6 Satz 2 IFG nicht im Wege der Abwägung,

Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 24. November 2014-7 C 12.13-, juris Rn. 30.

Jedoch greift der Schutz des § 6 Satz 2 IFG für die Beigeladene nicht, sie kann sich schon deshalb nicht auf den Schutz aus § 6 Satz 2 IFG hinsichtlich des Betrags der Mehrerlösabschöpfung berufen, weil insofern jedenfalls kein Grundrechtsschutz aus Art. 12 Abs. 1 GG besteht.

Zwar ist Art. 12 Abs. 1 GG in seinem sachlichen Schutzbereich berührt, wenn im Rahmen der Entgeltkontrolle Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch den Staat offen gelegt werden oder er deren Offenlegung verlangt,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006, a.a.O., BVerfGE 115, 205 (230) = juris Rn. 84 für das Telekommunikationsrecht.

Auch gilt der durch Art. 12 Abs. 1 GG bewirkte Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gleichermaßen für die ab dem 29. Oktober 2005 materiell rechtswidrig erhobenen Entgelte, die durch die Mehrerlösabschöpfung eingezogen werden sollen,

vgl. BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Nichtannahmebeschluss vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 2738/08 juris Rn. 21 - Vattenfall.

Jedoch kommt der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG der Beigeladenen von vorneherein nicht zu, sie ist insoweit als juristische Person in staatlicher Hand nicht grundrechtsfähig.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt Folgendes: Grundrechtsträger sind nach Art. 19 Abs. 3 GG auch inländische juristische Personen, soweit Grundrechte betroffen sind, die ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Die Grundrechtsfähigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ist vor diesem Hintergrund grundsätzlich dann zu verneinen, wenn diese öffentliche Aufgaben, insbesondere der Daseinsvorsorge, wahrnimmt

vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2. Mai 1967 -1 BvR 578/63-, BVerfGE 21, 362 (369 f.); vom 7. Juni 1977 - 1 BvR 108, 424/3 und 226/4-, BVerfGE 45, 63 (78); vom 8. Juli 1982 -2 BvR 1187/80-, BVerfGE 61, 82 (101); des Ersten Senats vom 31. Oktober 1984 -1 BvR 35, 356. 794/82-, BVerfGE 68, 193 (206); vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 449, 523, 700, 728/82 -, BVerfGE 70, 1 (15); vom 14. April 1987 -1 BvR 775/84 -, BVerfGE 75, 192 (197); vom 10. März 1992 -1 BvR 454, 470, 602, 616, 905, 939 - 955, 957 - 963, 1128, 1315 - 1318, 1453/91 -, BVerfGE 85, 360 (385); stRspr, vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2014-1 BvR 2142/11 -, BVerfGE 138, 64 = juris Rn. 60.

Gleiches gilt für juristische Personen des Privatrechts, die von der öffentlichen Hand vollständig gehalten oder maßgeblich beherrscht werden,

vgl. BVerfG a.a.O., BVerfGE 45, 63 (79 f.); BVerfGE 68, 193 (212 f.); Beschluss vom 22, Februar 2011 -1 BvR 699/06- BVerfGE 128,226 (245 f., 247) - Fraport.

Denn eine juristische Person des Privatrechts, deren alleiniger Aktionär oder Inhaber eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, kann sich ebenso wenig wie diese auf Individualgrundrechte berufen. Anderenfalls wäre die Frage der Grundrechtsfähigkeit der öffentlichen Hand in nicht geringem Umfang abhängig von den jeweiligen Organisationsformen; es käme darauf an, ob eine Aufgabe der Daseinsvorsorge von ihrem Träger selbst oder von einer diesem gegenüber rechtlich verselbständigten, privatrechtlich organisierten Verwaltungseinheit erfüllt wird. Ein Betrieb, der ganz der öffentlichen Aufgabe der (gemeindlichen) Daseinsvorsorge gewidmet ist und der sich in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung befindet, stellt daher nur eine besondere Erscheinungsform dar, in der öffentliche Verwaltung ausgeübt wird; er ist in der Frage der Grundrechtssubjektivität in dem hier gegebenen Zusammenhang nicht anders zu behandeln als der Verwaltungsträger selbst,

so explizit für die Stadtwerke Hameln AG das BVerfG in der Grundsatzentscheidung vom 7. Juni 1977, a.a.O., BVerfGE 45, 63 (80).

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt für solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die von den ihnen durch die Rechtsordnung übertragenen Aufgaben her unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sind, wie Universitäten und Fakultäten, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und Kirchen. Handelt es sich um eine juristische Person des Privatrechts, deren Gesellschafter ausschließlich Städte und Gemeinden sind und nimmt sie als von der öffentlichen Hand gehaltenes Unternehmen nimmt sie typische öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge wahr, ohne einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet zu sein, ist ihr hingegen der Grundrechtsschutz zu versagen,

so jüngst für Art. 14, Art. 2 Abs. 1 , Art. 3 Abs. 1 GG bei Wahrnehmung von Aufgaben der Wohnraumversorgung und der Förderung des Wohnungsbaus, insbesondere des sozialen Wohnungsbaus: BVerfG, 2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 3. November 2015 -1 BvR 1766/15, 1782/15, 1815/15-, juris Rn. 6 f. m. w. Nachw.

Die Voraussetzungen für den Ausschluss einer juristischen Person des Privatrechts vom Schutz des hier für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einschlägigen Grundrechts des Art. 12 Abs. 1 GG liegen vor: Die Beigeladene ist ein Energieversorgungsunternehmen in München und nimmt mit der Gas- sowie der hier in Rede stehenden Stromversorgung klassische Aufgaben der Daseinsvorsorge wahr. Sie ist eine 100 %ige Tochter der Stadtwerke München GmbH,

vgl. den Geschäftsbericht Stadtwerke München GmbH 2014 https://www.swm.de/dam/jcrb58aaf00-ce64-46e4-b4f1-043fba68c9dc/geschaeftsbericht-2014.pdf, S. 90: 100 % Anteil am Stammkapital der Beigeladenen.

Die Stadtwerke München GmbH seht ihrerseits im Alleineigentum der Landeshauptstadt München, denn die Landeshauptstadt München ist deren Alleingesellschafterin.

Auch nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ist für die vorliegende Konstellation kein abweichendes Ergebnis anzunehmen: Zwar hat das Gericht in einem den Informationszugang gegenüber der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) betreffenden Verfahren den Grundrechtsschutz für öffentliche Stellen bejaht, soweit diese wie ein privater Dritter mit der Absicht der Gewinnerzielung am Markt auftreten,

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 19. März 2013 - 8 A 1172/11 -, juris Rn. 127 ff.

Dies ist aber hinsichtlich der Beigeladenen hier gerade nicht der Fall: Während die BIMA genau wie ein Makler am Markt tätig ist und daher in Angebotsbildung etc. sich der Konkurrenz anderer Makler und Anbieter gegenüber sieht, ist dies bei der Beigeladenen als natürlicher Monopolistin gerade nicht der Fall, wie noch dazuzulegen sein wird.

Eine andere Bewertung ist auch nicht vor dem Hintergrund gefordert, dass die Bundesnetzagentur zur Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen gemäß § 30 VwVfG, § 71 EnWG verpflichtet ist. Auch die dort geregelten Schutzpflichten basieren auf der Prämisse, dass dem Beteiligten des energieregulierungsrechtlichen Verwaltungsverfahrens der Grundrechtsschutz aus Art. 12 Abs. 1 GG zukommt.

Des Weiteren handelt es sich bei dem Betrag der Mehrerlösabschöpfung nicht um ein Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 6 Satz 2 IFG. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse umfassen alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig sind, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat; Betriebsgeheimnisse betreffen im Wesentlichen technisches Wissen, Geschäftsgeheimnisse - wie hier - vornehmlich kaufmännisches Wissen,

vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 -1 BvR 2087/03-, BVerfGE 115, 205 (230 f ); BVerwG, stRspr, vgl. zuletzt Vorlagebeschluss vom 4. November 2015 - 7 C 4.14 -, juris Rn. 16.

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter werden nur geschützt, wenn der Geheimnisträger ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung hat. Ein solches Interesse ist anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Konkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Hierfür muss die prognostische Einschätzung nachteiliger Auswirkungen im Fall des Bekanntwerdens der Informationen nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden,

BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 juris Rn. 2, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 7 B 45.12. -, juris Rn. 10, 16, sowie Urteil vom 24. September 2009 - 7 C 2.09 Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 135, 34 (45, 46) = juris Rn. 52, 58 f.

Daran gemessen ist nicht feststellbar, dass es sich bei dem Betrag der Mehrerlösabschöpfung um ein Geschäftsgeheimnis oder um eine den Rückschluss auf ein solches zulassende Information handelt.

Dies liegt - isoliert betrachtet - für den Betrag der Mehrerlösabschöpfung auf der Hand. Dieser wird als „nackte Zahl“ von der Bundesnetzagentur rein rechnerisch ermittelt und bei der hier mit Bescheid vom 3. Februar 2009 (Az.: BK8-08/1016-11) verfügten Mehrerlösabschöpfung durch drei geteilt und von den festgelegten kalenderjährlichen Erlösobergrenzen für die Jahre 2010, 2011 und 2012 subtrahiert - um eine konkrete, einem bestimmten Jahreszeitraum zuordnungsfähige, von der Beigeladenen gelieferte Zahl handelt es sich nicht. Darüber hinaus wird schon wegen der Drittelung auch ein konkreter Rückbezug zu den Jahren 2005 bis 2006 ausgeschlossen.

Des Weiteren sind hier im Hinblick auf die ehemals betroffenen Jahre 2005 und 2006 -aber auch für die Jahre 2010 bis 2012 - die Darlegungsanforderungen an das Vorliegen eines schützenswerten Geschäftsgeheimnisses höher anzusetzen. Die Information betrifft die Mehrerlösabschöpfung für den Zeitraum vom 29. Oktober 2005 bis zum Wirksamwerden der ersten Entgeltgenehmigung für die Beigeladene Ende des Jahres 2006, mithin die Jahre 2005 und 2006 sowie zumindest vier Jahre zurückliegende Erwerbsperioden. Nach einem im Europarecht zu findenden Ansatz beträgt die „Halbwertszeit“ für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse fünf Jahre, danach steigt die Darlegungslast der auskunftsverpflichteten Behörde resp. des Drittbetroffenen deutlich an. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der Praxis der Kommission wird davon ausgegangen, dass Angaben, die geheim oder vertraulich waren, aber mindestens fünf Jahre alt sind und daher nicht mehr als aktuell anzusehen sind, weder geheim noch vertraulich sind, wenn nicht ausnahmsweise der Betroffene nachweist, dass sie trotzdem ein noch wesentlicher Bestandteil seiner eigenen oder der wirtschaftlichen Stellung eines Dritten sind,

vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 4. November 2015 -7C 4.14-, juris Rn. 32. Vgl. auch zu einer Übertragung der europarechtlich fundierten Fünfjahresfrist OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Januar 2014 - OVG 12 B 50.09 juris Rn. 50; VG Berlin, Urteil vom 19. Juni 2014-2 K221.13 juris Rn. 54.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass nunmehr zum einen ein Systemwechsel eingetreten ist, nämlich der Übergang von der kostenorientierten Entgeltregulierung zur Anreizregulierung, und zum anderen - wie die Bundesnetzagentur in der mündlichen Verhandlung angegeben hat - mittlerweile ab 2014 eine neue Regulierungsperiode begonnen hat.

Aber auch wenn unter dem Blickwinkel des Geschäftsgeheimnisses auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beigeladenen für die Jahre 2010, 2011 und 2011 zu berücksichtigen sind, ist nach dem Vortrag der Bundesnetzagentur und der Beigeladenen nicht erkennbar, dass der Informationszugang zu dem Betrag der Mehrerlösabschöpfung Rückschlüsse auf diese Jahre selbst und das noch in genügend konkreter, geheimnisverletzender Weise zulässt.

So führt die Beigeladene selbst bereits in ihrem Widerspruchsschreiben aus, „Die der Ermittlung der Erlösobergrenze zugrunde liegenden Daten stellen dabei Kennzahlen aus dem Kernbereich des unternehmerischen Handelns der Beigeladenen dar, die Rückschlüsse auf Kosten und Ertragslage insgesamt und in Teilen ermöglichen.“ Darauf ist das Informationszugangsbegehren des Klägers aber nicht gerichtet. Die Mehrerlösabschöpfung betrifft einen betragsmäßigen Abzug von den Erlösobergrenzen. Letztere sind dem Kläger als Antwort auf seine Frage 1 aus dem Verwaltungsverfahren zwar bekannt, aber schon aus der Natur der Information als Erlösobergrenze ist nicht feststellbar oder plausibel dargelegt, inwieweit verlässlich aus der Subtraktion des einen Drittels des abzuschöpfenden Mehrerlösbetrags für jeweils die Jahre 2010, 2011 und 2012 auf weitere wirtschaftliche Kennzahlen der Beigeladenen geschlossen werden kann. Maßstab für die Festlegung der zulässigen Erlösobergrenze ist § 21 Abs. 2 EnWG. Die behördliche zu genehmigende Erlösobergrenze wird danach auf der Grundlage der Kosten einer Betriebsführung, die denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen müssen, unter Berücksichtigung von Anreizen für eine effiziente Leistungserbringung und einer angemessenen, wettbewerbsfähigen und risikoangepassten Verzinsung des eingesetzten Kapitals gebildet. Es handelt sich um eine Obergrenze, die Beigeladene kann auch darunter liegende Erlöse erzielen. Jedenfalls bietet die Anreizregulierung genügend Spielraum, inwieweit die Erlösobergrenze und wodurch sie erreicht wird, kann nicht verlässlich aus der Subtraktion von Erlösobergrenze minus Betrag der Mehrerlösabschöpfung geschlossen werden.

Auch die behauptete Gefahr der Herleitung von Stromverteilnetzumsätzen aus der Mehrerlösabschöpfung besteht nicht. Denn diese Daten sind ihrerseits keine Geschäftsgeheimnisse. Die Beigeladene veröffentlicht die Umsatzerlöse im jährlichen Geschäftsbericht und teilt diese dabei aufgeteilt nach Sparten (auch für Strom) mit. Nach § 6b EnWG veröffentlicht die Beigeladene als Stromnetzbetreiberin ohnehin jährlich im elektronischen Bundesanzeiger deutlich detailliertere Unternehmensdaten, nämlich ihre nach handelsrechtlichen Maßstäben aufgestellten Gewinn- und Verlustrechnungen zu ihrem Stromnetzbetrieb. Sie kann vor diesem Hintergrund kein berechtigtes Interesse daran haben, ihre Umsätze - ob generell oder nach Sparten aufgeteilt - als geheime Unternehmensdaten behandelt zu wissen.

Im Übrigen bleibt die Behauptung der Bundesnetzagentur, dass sich die Kenntnis von den Mehrerlösabschöpfungsbeträgen unmittelbar auf die Finanzierungskosten auswirken könne, sehr vage und unpräzise. Bei dem Betrag der Mehrerlösabschöpfung handelt es sich um Daten, die ex post betrachtet zu einer Korrektur der ex ante vorgenommenen Entgeltregulierung führen.

Kein anderes Ergebnis ergibt sich daraus, dass die annuitätische Verteilung des Gesamtbetrags der Mehrerlösabschöpfung auf der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beigeladenen für die Jahre 2010 bis 2012 beruht, auch diese Einschätzung ist weit von einem konkreten „Geheimnis“, von den eigentlichen Unternehmenskennzahlen entfernt, sodass auch insoweit ein Rückschluss auf ein Geschäftsgeheimnis ausgeschlossen erscheint. Dies ergibt sich auch daraus, dass die den Erlösobergrenzen zugrunde liegende Kostenbasis regelmäßig in der Vergangenheit liegt.

Schließlich spricht entscheidend gegen die Einstufung des hier maßgeblichen Betrages der Mehrerlösabschöpfung - auch im Zusammenhang mit den weiteren, dem Kläger bekannten Daten -, dass weder die Beigeladene noch die Bundesnetzagentur darin ein Problem gesehen haben, dass für das Jahr 2013 dem Kläger die ohne einen Mehrerlösabschöpfungsbetrag verfügten Erlösobergrenzen resp. deren Anpassungen aufgrund seines Informationszugangsbegehrens vom 10. Dezember 2012 bekannt gegeben worden sind. Dabei handelt es sich aber um die identische Art von Unternehmensdaten, die sich nach Abzug der hier im Streit stehenden Mehrerlösabschöpfungsbeträge ergeben werden. Diese sind zudem wesentlich jüngeren Datums. Vor diesem Hintergrund ist das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses für die Jahre 2010 bis 2012, geschweige denn für länger zurückliegende Zeiträume, nicht plausibel dargelegt. Dies gilt umso mehr, wenn man weiter in den Blick nimmt, dass 2014 eine neue Regulierungsperiode begonnen hat.

Selbst wenn es sich um ein schützenswertes Geschäftsgeheimnis handeln würde, ist aufgrund der Besonderheiten des (Gas- und) Stromnetzmarktes ein Wettbewerbsvorteil der Konkurrenten ausgeschlossen. Dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen liegt der Ansatz zugrunde, dass nur wenn eine den Wettbewerb beeinflussende staatliche Maßnahme die Betroffene in ihrer beruflichen Tätigkeit behindert, dies eine Beschränkung ihres Freiheitsrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG darstellt,

BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006, a.a.O., BVerfGE 115, 205 (230) = juris Rn. 84 für das Telekommunikationsrecht.

Hier aber besteht unwidersprochen ein sog. „natürliches“ Monopol, es besteht keine ernsthafte Wettbewerbslage und die „Wettbewerber“ haben keinen Vorteil aus der Kenntnis etwaiger Geschäftsgeheimnisse. Denn ein natürliches Monopol ist dadurch gekennzeichnet, dass es ohne regulierenden Einfluss besteht; es entsteht, wenn ein Unternehmen die hohen Ersterschließungskosten, etwa für aufwendige flächendeckende Infrastrukturmaßnahmen aufwendet, insbesondere bei Eisenbahnnetzen, Versorgung mit Strom, Gas, Wasser; insoweit bestehen für Konkurrenten aufgrund der hohen Kosten, mit denen der Aufbau eines zweiten Netzes verbunden wäre, eine so hohe Markteintrittsbarriere, dass es zu einem echten Wettbewerb nicht kommt und nicht kommen kann. Anders gewendet handelt es sich um einen monopolistischen Engpassbereich. Darunter verstehen Ökonomen, dass eine Netzinfrastruktur - wie hier insbesondere des Stromnetz - aufgrund von Kostenvorteilen, hohen Marktzutrittsschranken und geringen Innovationspotentialen für einen längeren Zeitraum weder duplizierbar (neues Netz neben dem alten) noch substituierbar (Verdrängung durch Mitbewerber) ist. Bei den Energieversorgungsnetzen handelt es sich - im Unterschied zu anderen Netzindustrien, wie dem Telekommunikations- oder Post-Sektor - um tatsächliche natürliche Monopole, die auch durch die Regulierung nicht aufgelöst werden können. Jeder Netzbetreiber versorgt allein ein bestimmtes Gebiet. Potentieller Wettbewerb - der entscheidende Argumentationsansatz für die kartellrechtliche Rechtsprechung, auch natürlichen Monopolisten den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zuzugestehen - durch benachbarte Netzbetreiber ist kaum geeignet, die marktbeherrschende Stellung zu beeinträchtigen; diese erhalten durch Veröffentlichung von Kennzahlen des jeweils anderen Monopolisten keinen Wettbewerbsvorteil. Ein Infrastrukturwettbewerb gehört nicht zu den durch die Bundesnetzagentur zu verwirklichenden Zielen des Energiewirtschaftsgesetzes.

Der „Wettbewerb“ für die Beigeladene als natürlicher Monopolistin wird nur durch die Entscheidungen der Bundesnetzagentur als ein „als-ob-Wettbewerb“ gestaltet, mithin simuliert, um eine regulatorische Entscheidungsgrundlage zu bilden. Dass, wie in der mündlichen Verhandlung seitens der Bundesnetzagentur vorgetragen, für diese regulatorische Entscheidung eine Kenntnis von „Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ der Beigeladenen durch andere Stromnetzbetreiber ausgeschlossen sein sollte, ist nicht der Schutzweck des Art. 12 Abs. 1 GG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für nicht erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen Sach-antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage, ob und inwieweit vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand stehende juristische Personen des Privatrechts, die Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnehmen, sich auf Grundrechtsschutz, insbesondere durch Art. 12 Abs. 1 GG, berufen und daher den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen geltend machen können, grundsätzliche Bedeutung hat, § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf

5.000.00 EUR

festgesetzt.

Gründe:

Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 GKG).