LAG Köln, Urteil vom 21.08.2001 - 13 (8) Sa 14/01
Fundstelle
openJur 2011, 15083
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 1 Ca 2462/00
Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.08.2000 - 1 Ca 2462/00 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum 01.07.1997 bis 31.03.2000 12.303,39 DM nebst 4 % Zinsen aus monatlich 372,83 DM zu zahlen. 2. Im Ãœbrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/3 und die Be-klagte 2/3. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe des Ruhegeldanspruchs des Klägers.

Der am 15.06.1937 geborene Kläger war vom 01.04.1960 bis zum 30.06.1996 im Konzern der Beklagten, zuletzt bei D S I GmbH (D GmbH) tätig.

Mit Wirkung vom 23.01.1977 war dem Kläger eine Versorgungszusage erteilt worden, für die seit November 1977 die Leistungsordnung des E Verbandes mit ihrer jeweils gültigen Fassung maßgebend ist.

Am 23.08.1994 schloss der Kläger mit der D GmbH einen Aufhebungsvertrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.1996. Mit Schreiben vom 27.06.1996, das dem Kläger am 01.07.1996 zugegangen ist, erklärte die D GmbH den Widerruf von Teilen der betrieblichen Altersversorgung. Zum Zeitpunkt des Widerrufs war der K Konzern überschuldet. Die frühere Arbeitgeberin des Klägers, die D GmbH konnte demgegenüber in den Jahren 1995 und 1996 Gewinne in einem zwischen den Parteien streitigen Umfang ausweisen. Der Teilwiderruf der Versorgungszusage ist Bestandteil eines von der Konzernleitung im Juni 1996 erstellten Sanierungskonzeptes.

Seit dem 01.07.1997 bezieht der Kläger nach Vollendung des 60. Lebensjahres Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von 825,80 DM. Der E Verband legte bei der Berechnung dieses Rentenbetrages dem beim Ausscheiden des Klägers am 31.12.1994 geltenden Gruppenbetrag der Gruppe "G" von 3.175,00 DM sowie eine Sozialversicherungsrente von 1587,50 DM zu Grunde. Zum Stichtag 30.06.1996 ermittelte er einen Unverfallbarkeitsfaktor von 435 zu 507 Monaten (= 85,8 %). Den sich ergebenden Betrag von 1587,50 DM kürzte er wegen der um 60 Monate vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente um einen versicherungsmathematischen Abschlag von 30 %.

Der Kläger hat die von der Beklagten vorgenommene Betriebsrentenberechnung aus mehreren Gründen für unrichtig gehalten: Die Aufhebungsvereinbarung sei so auszulegen, dass dem Kläger dynamisierte Leistungen zugesagt worden seien. Der von der Beklagten erklärte Widerruf sei unwirksam. Der frühere Arbeitgeber des Klägers, die D GmbH, habe 1995 und 1996 Gewinne in Höhe von 160 und 180 Mio. DM erzielt. Auf die negative Situation der Muttergesellschaft oder des Konzerns, komme es nicht an.

Der Kläger hat den Standpunkt eingenommen, es müsse von einem Gruppenbetrag von zur Zeit 3.550,00 DM ausgegangen werden, von dem nach Abzug der Hälfte seiner Sozialversicherungsrente lediglich noch ein versicherungsmathematischer Abschlag von 12 % vorzunehmen sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

an den Kläger für den Zeitraum vom 01.07.1997 bis 30.06.1998, den Betrag von 6.985,32 DM nebst 4 % Zinsen aus monatlich jeweils 582,11 DM zu zahlen; an den Kläger für den Zeitraum vom 01.07.1998 bis zum 30.06.1999 7.154,28 DM nebst 4 % Zinsen aus monatlich je 596,19 DM zu zahlen; an den Kläger für den Zeitraum vom 01.07.1999 bis zum 31.03.2000 5.493,69 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Leistungsanspruch des Klägers nehme entsprechend dem Teil II der Leistungsordnung an der Dynamik der Gruppenbeträge seit seinem Ausscheiden nicht mehr teil. Steigerungen der Gruppenbeträge habe sie jedenfalls ab dem 01.01.1995 entsprechend der Beschlusslage des Vorstandes des E Verbandes nicht mehr weitergeben müssen, weil bereits zu diesem Zeitpunkt eine schwierige wirtschaftliche Lage vorgelegen habe. Jedenfalls scheide auf Grund des erklärten Widerrufs eine weitere Steigerung der Gruppenbeträge aus. Die Gewinne der D GmbH hätten lediglich 42,5 bzw. 4 Mio. DM betragen. Mit dem Widerruf habe die D GmbH alle unverfallbaren Teile der Versorgungszusage widerrufen. Dies seien die laufenden Steigerungen der Gruppenbeträge, der Verzicht auf ratierliche Kürzung und der Verzicht auf einen größeren versicherungsmathematischen Abschlag als 12 %.

Das Arbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 10.08.2000 der Klage stattgegeben und dies unter anderem damit begründet, dass eine wirtschaftliche Notlage der D GmbH nicht vorgelegen habe.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 05.12.2000 zugestellte Urteil am 05.01.2001 Berufung eingelegt und diese am 02.02.2001 begründet.

Sie vertritt weiter die Auffassung, dass die D GmbH im Falle der Insolvenz des Mutterunternehmens und derer übrigen Tochtergesellschaften nicht überlebensfähig gewesen wäre. Die D GmbH sei als reine Vertriebsgesellschaft für den Konzern tätig gewesen und habe die Ersatzteile auch von den Konzerngesellschaften bezogen, diese könnten nicht von anderen Unternehmen auf dem Markt eingekauft werden. Die D GmbH sei darüber hinaus auf Grund ihrer finanziellen Verflechtung mit der Beklagten sowie dem D -Konzern im Falle deren Konkurses nicht überlebensfähig gewesen. Der Konkursverwalter hätte die im Jahr 1996 bestehenden Verbindlichkeiten der D GmbH in Höhe von 275 Mio. gegenüber der Konzernmutter sowie der Tochtergesellschaft M AG sofort fällig gestellt. Die Forderungen der D GmbH gegenüber den Gesellschaften des D -Konzerns wären uneinbringlich gewesen. Die Finanzierung der D GmbH hätte nicht auf Grund einer Kreditaufnahme gesichert werden können.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 10.08.2000 - 1 Ca 2.462/00 - wird die Klage insgesamt kostenpflichtig abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, dass die D GmbH im Falle des Konkurses der Beklagten und der Tochtergesellschaften überlebensfähig gewesen wäre. Sie sei organisatorisch selbstständig gewesen. Sie hätte auch im Falle der Einstellung der Motorenproduktion das Servicegeschäft gegenüber ihrem eigenen Kundenstamm mindestens 30 Jahre weiter betreiben können. Die Ersatzteile habe die D GmbH zu über 80 % bei Fremdfirmen und nur zu 20 % im Konzern eingekauft. Die konzernbezogenen Ersatzteile hätten problemlos und ebenso günstig auch bei anderen Unternehmen am Markt eingekauft werden können.

Die D GmbH wäre auch finanziell überlebensfähig gewesen. Eine Finanzierung der gegenüber der Muttergesellschaft bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von 275 Mio. DM wäre durch eine Kreditaufnahme bei der D B oder einer anderen Bank möglich gewesen. Es sei nicht zwingend, dass die Forderungen der D GmbH gegenüber dem Konzern uneinbringlich gewesen wären. Der Gewinn der D GmbH habe 1995 148,5 Mio. DM und 1996 180 Mio. DM betragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgetragenen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat auf Grund des Beweisbeschlusses vom 21.08.2001 die Zeugen B , P und Dr. W vernommen. Wegen des Beweisbeschlusses und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518, 519 ZPO).

Das Rechtsmittel hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Der Teilwiderruf der D GmbH ist zum 01.07.1996 wirksam geworden. Die Beklagte hat jedoch bei der Berechnung der Betriebsrente von den dynamisierten Gruppenbeträgen des E Verbandes auszugehen und ist auch gehindert, einen höheren versicherungsmathematischen Abschlag als 12 % vorzunehmen.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass nach den Bestimmungen der Leistungsordnung des E Verbandes und nach dem Aufhebungsvertrag der Parteien für die Berechnung des betrieblichen Versorgungsanspruchs des Klägers der jeweils geltende Gruppenbetrag der Gruppe "G" der Leistungsordnung des E Verbandes zu Grunde zu legen ist. Dem Kläger war insoweit eine Versorgung nach Maßgabe des Teils I der Leistungsordnung "A" des E Verbandes zugesagt. Hinsichtlich der Begründung wird für die Auslegung der Leistungsordnung und des bezüglich der Betriebsrentenregelung gleichlautenden Aufhebungsvertrages sowie des Beschlusses des Vorstands des E Verbandes vom 16.01.1995 auf die Entscheidungsgründe des den Parteien bekannten Urteils des Bundesarbeitsgerichts in der Parallelsache Clausen ./. D AG - 3 AZR 851/98 - vom 25.01.2000 unter I. 1. bis 3. der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Teilwiderruf der D GmbH in keinem Fall etwas an dem Verzicht der Beklagten auf einen höheren versicherungsmathematischen Abschlag als 12 % geändert hat. Die Beklagte kann deshalb den Betriebsrentenanspruch des Klägers wegen dessen vorzeitiger Inanspruchnahme bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres nicht um 30 %, sondern nur um 12 % kürzen. Auch insoweit wird hinsichtlich der Begründung auf das Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 25.01.2000 unter II. 1 bis 2. der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Der Teilwiderruf der D GmbH ist im unter 1. und 2. beschriebenen Umfang zum 01.07.1996 wirksam geworden.

Der Widerruf konnte frühestens zum 01.07.1996, dem festgestellten Zeitpunkt des Zugangs wirken.

Der Wirksamkeit des Teilwiderrufs vom 27.06.1996 steht nicht entgegen, dass die Verbesserungen der Versorgungszusage in einem Aufhebungsvertrag vereinbart worden sind. Denn die dem Kläger dort zugesagten und durch das Schreiben vom 27.06.1996 teilweise widerrufenen verfallbaren Bestandteile der Versorgungszusage stehen nicht in dem Sinne im Synallagma des Aufhebungsvertrages, dass hierdurch ein auf diesen Teil des Aufhebungsvertrages beschränkter Teilwiderruf ausgeschlossen wäre. Wegen der weiteren Begründung wird auf die genannte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Entscheidungsgründe III. 2.) verwiesen.

Der Teilwiderruf der Versorgungszusage ist materiell wirksam, da sich die D GmbH am 27.06.1996 in einer wirtschaftlichen Notlage befunden hat.

Dabei geht das Gericht von den höchstrichterlich entwickelten Grundsätzen aus, wonach bei einzelvertraglichen Versorgungszusagen ohne allgemeine Widerruf- oder Abänderungsvorbehalte wegen der im Betriebsrentenrecht bestehenden Besonderheit entgegen der Grundwertung des § 279 BGB unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Widerruf wegen wirtschaftlicher Notlage grundsätzlich rechtlich möglich ist. Ein Widerruf kommt nur dann in Betracht, wenn der Bestand des Unternehmens infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten ernsthaft gefährdet ist und wenn der Widerruf sich in ein umfassendes Sanierungskonzept einpasst (BAG 05.05.1955, BAGE 2,18; 05.11.1965, BAGE 17,331; 10.12.1971, BAGE 24, 63; 25.01.2000 unter III. 3. a) der Entscheidungsgründe).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt die Anerkennung einer wirtschaftlichen Notlage, die den Widerruf einer Versorgungszusage wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage rechtfertigt, voraus, dass der Bestand des Unternehmens wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten ernsthaft und nachhaltig gefährdet und die Einstellung oder Kürzung der Versorgungsleistungen ein geeignetes Mittel ist, zur Sanierung beizutragen. Im Regelfall ist die wirtschaftliche Notlage durch die Betriebsanalyse eines Sachverständigen unter Darstellung ihrer Ursachen zu belegen. Weiter muss ein Sanierungsplan erstellt werden, der eine gerechte Lastenverteilung unter Heranziehung sämtlicher Beteiligter vorsieht (BAG 25.01.2000 aaO.3. b); 16.03.1993 BAGE 72, 329, 336; Blomeyer/Otto BetrAVG, 2. Auflage, Vorb. § 7 Rn. 82 ff. mwN.).

Der Wirksamkeit des Teilwiderrufs steht nicht entgegen, dass vor dem Widerruf kein umfangreiches unabhängiges Sachverständigengutachten über die wirtschaftliche Lage im Unternehmen und Konzern erstellt worden ist. Angesichts der krisenhaften Situation, in welcher die Hauptursache des Verlustes, die Bilanzmanipulationen bei einem anderen Tochterunternehmen, bereits bekannt war, genügten die kurzfristig erstellten Stellungnahmen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zur Lage des Konzerns den Anforderungen der Rechtsprechung. Denn zum einen ergeben sich die für die wirtschaftliche Notlage maßgeblichen Umstände aus dem testierten Jahresabschluss und Geschäftsbericht und zum anderen hat der PSV einem auf diesen Feststellungen aufbauenden Sanierungsplan zugestimmt und sich mit dem erheblichen Aufwand von rund 200 Mio. DM an der Sanierung beteiligt (so auch BAG 25.01.2000 aaO. III. 1.).

Die Wirtschaftsprüfer haben das erstellte Sanierungskonzept, in dessen Vollzug der Widerruf gegenüber dem Kläger erklärt worden ist, auch für tragfähig erklärt (vgl. dazu BAG aaO. 2.).

Der für den K -Konzern ausgearbeitete Sanierungsplan sieht schließlich eine angemessene und gerechte Lastenverteilung unter Heranziehung sämtlicher Beteiligter vor, so dass auch diese Voraussetzung für einen wirksamen Widerruf wegen wirtschaftlicher Notlage erfüllt ist (so auch BAG aaO. 3.).

Für die Wirksamkeit des Widerrufs kommt es nicht darauf an, ob der PSV vor Ausspruch zugestimmt hat. Einer vorherigen Einschaltung des PSV vor Ausspruch eines Widerrufs wegen wirtschaftlicher Notlage bedarf es aber dann nicht, wenn mit dem Widerruf nur in Besitzstände eingegriffen werden soll, die nicht insolvenzgeschützt (BAG 25.01.2000 aaO. III. 3. b) aa) mwN.). Hiernach war eine Zustimmung des PSV vor dem Widerruf nicht erforderlich, da dieser lediglich die nicht insolvenzgeschützte Bestandteile des Versorgungsanspruchs des Klägers betraf.

Es kommt dann, wenn die wirtschaftliche Lage für Bestand und Entwicklung eines betrieblichen Versorgungsanspruchs von Bedeutung ist, grundsätzlich auf die Situation beim Versorgungsschuldner an, regelmäßig also beim früheren Arbeitgeber. Im Rahmen der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG ist daher in aller Regel die Leistungsfähigkeit des Versorgungsschuldners maßgebend, auch wenn dieser Konzern gebunden ist (BAG 04.10.1994 BAGE 78, 87, 100 f.; 25.01.2000 aaO. 3.b) aa)). Entsprechend ist auch bei einem Widerruf wegen wirtschaftlicher Notlage durch ein Tochterunternehmen dessen wirtschaftlicher Lage maßgeblich. Jedoch kann eine wirtschaftliche Notlage des Mutterunternehmens auf Grund von Rechtspflichten oder tatsächlichen Abhängigkeiten des Tochterunternehmens auf dieses "durchschlagen". Sie kann so zu einer wirtschaftlichen Notlage und zur Widerrufsberechtigung des Tochterunternehmens führen (BAG 25.01.2000 aaO.).

Eine wirtschaftliche Notlage des Mutterunternehmens kann dann zu einer wirtschaftlichen Notlage der Tochter führen, wenn die Versorgungsschuldnerin auf Grund einer durch Arbeitsteilung begründeten Abhängigkeit vom Mutterunternehmen bei dessen Konkurs oder Liquidation nicht mehr lebensfähig wäre. Dies würde etwa für Serviceunternehmen gelten, die bestimmte Dienstleistungen im Wesentlichen nur für den Konzern verrichten. Eine wirtschaftliche Notlage des Tochterunternehmens kann auf Grund der wirtschaftlichen Situation des Mutterunternehmens aber auch bei anderweitiger sehr enger wirtschaftlicher Verflechtung der beiden Unternehmen entstehen. Wird das Tochterunternehmen im Wesentlichen durch das Mutterunternehmen finanziert, würde bei Wegfall dieser Finanzierungsmöglichkeit ggf. verbunden mit der Pflicht zur Rückführung erhaltener Darlehen an das Mutterunternehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit Insolvenz auch beim Tochterunternehmen eintreten. In beiden Fällen kann das Tochterunternehmen seine Ertragssituation und damit seine Möglichkeit, Gewinne an das notleidende Mutterunternehmen abzuführen, verbessern, indem es Versorgungsanwartschaften widerruft, die hierfür gebildeten Rückstellungen auflöst und durch Abführung an das Mutterunternehmen zu dessen Sanierung und seiner eigenen Überlebensfähigkeit beiträgt (BAG 25.01.2000 aaO.).

Nach der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des vorgetragenen unstreitigen Sachverhalts steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die D GmbH im Sommer 1996 bei einer Insolvenz der Beklagten nicht überlebensfähig gewesen wäre. Sie befand sich daher ebenso wie das Mutterunternehmen und die übrigen Konzerntöchter in einer wirtschaftlichen Notlage. Der Teilwiderruf der D GmbH ist somit indem vom Bundesarbeitsgericht beschriebenen Umfang zum 01. Juli 1996 wirksam geworden.

aaa) Zwar wäre die D GmbH im Sommer 1996 bei einer Insolvenz der Beklagten aus organisatorischen Gründen noch überlebensfähig gewesen. Die Zeugen B und Dr. W haben insoweit den Klägervortrag bestätigt: Die D GmbH war eine selbstständige Vertriebsgesellschaft mit eigenem Reparaturbereich und einem weltweiten Service- Stützpunktsystem. Sie hatte einen eigenen, von den anderen Konzerngesellschaften unterschiedlichen Kundenkreis, nämlich die Betreiber und Nutzer von Maschinen und Anlagen, in denen D -Motoren liefen. Diese Kunden hätte sie im Falle einer Insolvenz der übrigen Konzerngesellschaften noch über einen langen Zeitraum entsprechend der Lebensdauer der Motoren von teilweise über 30 Jahren betreuen können. Sie hätte sich dazu auch die erforderlichen Ersatzteile, auch die bisher vom Konzern bezogenen Ersatzteile im Umfang von ca. 20 % bei anderen Zulieferern auf dem Markt besorgen können. Denn sie verfügt über sämtliche Zeichnungen der zeichnungsgebundenen Ersatzteile und hätte diese auch selbst herstellen oder bei Nachahmern oder Lizenznehmern einkaufen können. Ob sie dies rechtlich auch gedurft hätte, d. h. die Beklagte der D GmbH im Falle ihrer Insolvenz die Rechte an den zeichnungsgebundenen Teilen übertragen hätte, konnten die vom Kläger benannten Zeugen nicht eindeutig beantworten.

Die D GmbH wäre jedoch im Sommer 1996 bei einer Insolvenz der Beklagten aus wirtschaftlichen Gründen nicht überlebensfähig gewesen. Das Gericht folgt insoweit der Aussage des Zeugen P , der den Beklagtenvortrag überzeugend bestätigt hat. Die Konzernmutter war im Mai 1996 überschuldet. Innerhalb von 14 Tagen wurde zur Abwendung des Konkurses ein Sanierungskonzept für den gesamten Konzern entwickelt. Eine Schwierigkeit dabei war vor allem, mit den 35 kreditgebenden Banken über das Volumen von 1 Mrd. DM ein Stillhalteabkommen zu erreichen. Dies gelang, neben Beiträgen des PSV und der Mitarbeiter, vor allem durch einen Kredit der Deutschen Bank in Höhe von 550 Mio. DM und den Verzicht der anderen Banken auf Zinsen. Dieses Sanierungskonzept konnte nur für den Gesamtkonzern gelingen, eine isolierte Lösung für einzelne Unternehmen auch die D hätte es nicht gegeben. Die Banken hätten den Konzerngesellschaften über die geleisteten Beträge hinaus keine Mark Kredit mehr gegeben. Die D GmbH hätte in dieser Situation keine Kredite von Banken oder anderen Unternehmen erhalten und wäre daher im Falle der Insolvenz des Mutterunternehmens in ihrer Existenz selbst unmittelbar gefährdet gewesen.

Zwar handelte es sich bei der D GmbH, was sämtliche Zeugen übereinstimmend aussagen, um ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen. Der Zeuge P spricht von einer Ertragsstärke von 130 bis 140 Mio. vor Provisionszahlung. Diese Ertragslage minderte sich jedoch durch die Provisionszahlungsverpflichtungen gegenüber dem Konzern. Die D GmbH war gegenüber der Konzerntochter M als Ausgleich dafür, dass ihr bei der Verselbstständigung das Ersatzteilgeschäft zu Null übertragen worden ist, verpflichtet, jährlich einen Fixbetrag in Höhe von 71,1 Mio. DM zu zahlen. Dieser Vertrag war erst 1996 kündbar. Gegenüber der Konzerntochter D M musste die D GmbH einen variablen Betrag, abhängig von dem Geschäftsergebnis zahlen. Auf Grund dieser im Zeitpunkt der drohenden Insolvenz bestehenden Provisionsverpflichtungen wäre eine kreditgebende Bank nicht von dem Betriebsergebnis von 130/140 Mio. DM, sondern lediglich von einer Ertragsstärke von 10 Mio. DM ausgegangen. Der Kreditbedarf der D GmbH im Sommer 1996 ergibt sich daraus, dass diese unstreitig gegenüber der K -Gruppe Verbindlichkeiten in Höhe von 275 Mio. DM hatte. Bei einer Saldierung dieser Verbindlichkeiten mit den unstreitig seitens der D GmbH gegenüber dem Konzern bestehenden Forderungen in Höhe von 111 Mio. DM, verbleibt es bei einer Verbindlichkeit von 165 Mio. DM. Das Eigenkapital betrug nach der Aussage des Zeugen P mit Stand 31.12.1995 und nach Verminderung um die Forderungen der D GmbH gegenüber dem Konzern 19 Mio. DM. Im Falle eines Konkurses der Beklagten hätte die DSI GmbH sich die Verbindlichkeit in Höhe von 165 Mio. DM kreditieren müssen. Im Hinblick auf ihr Eigenkapital von 19 Mio. DM und die Ertragsstärke von geschätzt 10 Mio. DM hätte es nach Aussage des Zeugen P keine Bank gegeben, die der D GmbH einen Kredit gegeben hätte. Dafür spricht weiter, dass dieser Kredit an den Konkursverwalter der K AG oder der Tochtergesellschaften weitergeleitet worden wäre, dieses Geld dann an die Gläubiger nach einer bestimmten Quote hätte verteilt werden müssen und der Kreditgeber sein Geld nicht mehr zurückbekommen hätte. Es kommt hinzu, dass sich die D GmbH den Kredit unter dem Zeitdruck von 14 Tagen hätte besorgen müssen. Unter diesem Zeitdruck wäre es nach Aussage des Zeugen P auch nicht gelungen, einen anderen Kreditgeber als eine Bank, etwa ein Unternehmen, das auf demselben Gebiet tätig ist, zu finden.

Das Gericht folgt dieser Einschätzung des Zeugen P . Er war Bereichsleiter des gesamten Rechnungswesens im Konzern und unterstand unmittelbar dem Finanzvorstand. Auf Grund dieser Stellung war er bestens vertraut mit der wirtschaftlichen Situation im Gesamtkonzern. Seine besondere Sachkompetenz zur Beantwortung der Beweisfrage ergibt sich zudem daraus, dass er im Mai 1996 neben dem Vorstandsvorsitzenden, dem Finanzvorstand, dem Finanzchef und dem Chefsyndikus zu der Verhandlungsgruppe, die in Zusammenarbeit mit der D B das Sanierungskonzept entwickelt hat, gehörte. Auf Grund dieses "Insiderwissens" hat der Zeuge die wirtschaftliche Situation des Konzerns und der D GmbH im Einzelnen überzeugend geschildert. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Zeuge P bei seiner Aussage nicht von seiner Sachkompetenz und dem Bemühen um eine objektive Einschätzung hat leiten lassen. Er hat selbst keinerlei eigene Interessen am Ausgang des Rechtsstreits. Bei der Beklagten ist er ausgeschieden. Er erhält wie die Kläger eine Betriebsrente, die auf Grund des Teilwiderrufs gekürzt worden ist. Die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen P wird auch nicht durch die Aussage des Zeugen Dr. W erschüttert. Zwar hat der Zeuge Dr. W ausgesagt, er gehe davon aus, dass die D GmbH im Falle der Insolvenz der Beklagten wegen ihrer Ertragskraft einen Kredit, entweder von Banken oder jedenfalls von Firmen, wie zum Beispiel den Zulieferanten erhalten hätte. Der Zeuge Dr. W verfügt als ehemaliger Geschäftsführer der D GmbH insoweit jedoch nicht über die Sachkompetenz des Zeugen Peucker. Insbesondere gehörte es nicht zu seinen Aufgaben, über Kredite in dieser Größenordnung zu verhandeln. Er selbst hat dazu ausgesagt, dass dies Konzernsache gewesen sei. Im Unterschied zu dem Zeugen P war er an der Verhandlung zum Sanierungskonzept nicht beteiligt gewesen. So konnte er auch nichts dazu sagen, ob es nach seiner Meinung möglich gewesen wäre, innerhalb des damaligen Zeitdrucks von 14 Tagen einen Kredit von einer Bank oder einem Unternehmen zu bekommen.

Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die D GmbH im Sommer 1996 bei einer Insolvenz der Beklagten aus wirtschaftlichen Gründen nicht überlebensfähig gewesen wäre.

Der Teilwiderruf der Beklagten ist somit zum Zeitpunkt des Zugangs am 1.7.1996 wirksam geworden.

Die Betriebsrente berechnet sich nach den vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätzen wie folgt:

Ausgangspunkt ist der Gruppenendbetrag des E Verbandes vom 01.07.1996 in Höhe von 3.175,00 DM. Davon ist die Sozialversicherungsrente des Klägers in Höhe von 1587,50 DM in Abzug zu bringen, so dass sich ein Rentenbetrag von 1587,50 DM ergibt. Hiervon ist die zwölfprozentige Kürzung wegen vorzeitiger Inanspruchnahme in Höhe von 190,50 DM abzuziehen. Von dem verbleibenden Betrag von 1397,00 DM ist die ratierliche Kürzung mit dem Faktor 85,8 %in Höhe von 198,37 DM in Abzug zu bringen. Es verbleibt demnach eine monatlich zu zahlende Betriebsrente in Höhe von 1198,63 DM. Der Differenzbetrag bemisst sich unter Berücksichtigung des freiwillig gezahlten Betrages in Höhe von 825,80 DM Brutto demnach auf 372,83 DM. Dem Kläger steht somit für den geltend gemachten Zeitraum von 33 Monaten (1.7.1997 bis 31.3.2000) ein Zahlungsantrag von 12.303,39 DM zu.

Der Zinsanspruch folgt aus § 284 in Verbindung mit §§ 288, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO und entspricht dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Parteien.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen, da das Bundesarbeitsgericht über die grundsätzlichen Fragen bereits entschieden hat, nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Dr. von Ascheraden Barth Brinkmann

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