FG Nürnberg, Urteil vom 24.10.2014 - 7 K 1704/13
Fundstelle
openJur 2015, 9498
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für die Reinigung von Berufskleidung.

Der verheiratete Kläger wurde im Streitjahr 2012 mit seiner Ehefrau zusammen veranlagt. Er erzielte als Wachmann Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In der Einkommensteuererklärung 2012 machte der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach einer von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V., Bonn, im Jahr 1993 durchgeführten und im Jahr 1997 aktualisierten Erhebung Aufwendungen für die Reinigung von Berufskleidung von 692 € geltend. Diese berechnete er wie folgt:

5 Hemden je Waschgang à 5 kg à 56 Waschgänge = 280 kg x 0,92 € =         257,60 €4 Pullover je Waschgang à 2,5 kg à 25 Waschgänge = 63 kg x 1,02 € =         64,26 €3 Diensthosen je Waschgang à 2,5 kg à 13 Waschgänge = 33 kg x 1,02 € =         33,66 €2 Dienstjacken je Waschgang à 2,5 kg à 5 Waschgänge = 13 kg x 1,02 € =         13,26 €Wäschetrocknen 389 kg x 0,69 € =         258,41 €Bügeln 389 kg x 0,14 € =           54,46 €Gesamtbetrag        691,65 €Das Finanzamt berücksichtigte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2012 die Reinigungskosten mit 110 € und erließ am 25.03.2013 einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid.

Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 14.11.2013, mit der das Finanzamt den angefochtenen Einkommensteuerbescheid zugunsten des Klägers änderte, führte es aus, die Kosten für die Reinigung der typischen Berufskleidung in der privaten Waschmaschine seien im Rahmen einer Schätzung anhand konkreter Angaben zu ermitteln. Der Kläger könne sich daher nicht auf die Ansätze eines „Uniformträgers im öffentlichen Personalverkehr“, die auf Erfahrungssätzen der Verbraucherverbände e.V. Bonn beruhten, berufen. Die vom Kläger angegebene Menge der jährlich zu reinigenden typischen Berufskleidung von 389 kg entspreche nicht den Erfahrungswerten der „Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.“. Nach deren Erkenntnissen fielen für einen 3-Personen-Haushalt im Jahr insgesamt 510 kg Wäsche an. Ausgehend von den Erfahrungswerten der „Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.“ sei der Umfang der jährlich zu waschenden Berufskleidung mit der Hälfte des Wäscheanfalls eines 1-Personen-Haushalts und damit mit 100 kg anzunehmen. Danach ergäben sich folgende Wäschepflegekosten:

Waschen 100 kg x 0,53 € =        53 €Trockenen 100 kg x 0,26 € =        26 €Bügeln 100 kg x 0,05 € =          5 €Summe der Kosten für Reinigung der Berufskleidung        84 €Dagegen hat der Kläger Klage erhoben.

Er bringt sinngemäß vor, das Finanzamt habe zu Unrecht die Aufwendungen für die Reinigung von Arbeitskleidung nicht in voller Höhe als Werbungskosten berücksichtigt.

Der Kläger habe sich hinsichtlich der Höhe der Reinigungskosten seit Jahren auf eine Ermittlung der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. berufen, die grundsätzlich auch von der Finanzverwaltung angewendet werde. Die dabei angenommenen Werte bezögen sich auf den Stand 1997.

Die im Einzelnen dargelegte Menge der gereinigten Wäsche sei bei einem im Wach- und Sicherheitsdienst tätigen Arbeitnehmer üblich. Der vom Beklagten angenommene Wert werde daher bestritten.

Die vom Kläger beantragten Reinigungskosten seien bisher vom Finanzamt anerkannt worden und würden bei Arbeitskollegen des Klägers nach wie vor berücksichtigt. Der Beklagte habe weder in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass er künftig von dieser Handhabung abweichen werde, noch seien nachvollziehbare Anhaltspunkte erkennbar, die eine Abweichung im Streitjahr rechtfertigten.

Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die Besteuerungsgrundlagen für den Zeitraum neu zu prüfen seien. Zudem genieße der Kläger rechtsstaatlich und grundrechtlich gewährleisteten Vertrauensschutz. Nach diesen rechtsstaatlichen Grundsätzen dürften Behörden bei ihren Entscheidungen nicht willkürlich handeln, sondern hätten stets den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Daher dürfe der Beklagte in verschiedenen Veranlagungszeiträumen gleiches ohne angemessenen Grund nicht ungleich behandeln und im gleichen Veranlagungszeitraum unterschiedliche Staatsbürger mit gleichem Sachverhalt ohne angemessenen Grund ungleich behandeln. Es gebe keinen Grund, hinsichtlich der Höhe der Reinigungskosten von der bisherigen Behandlung und von der bei anderen Staatsbürgern abzuweichen.

Der Hinweis des Beklagten auf den Grundsatz der Gleichbehandlung im Recht aber nicht im Unrecht lasse unberücksichtigt, dass die Anwendung von Erfahrungswerten den Kern des Belastungsgrundes zu erfassen habe und eine Belastungsgleichheit zu gewährleisten sei. Im Rahmen der Belastungsfreiheit sei dabei der Kläger nach dem Gleichheitsgrundsatz so wie seine Arbeitskollegen zu behandeln. Es widerspreche jeglichen rechtsstaatlichen Grundsätzen, wenn sich der Beklagte im Rahmen einer generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Fallbearbeitung bestimmte Steuerpflichtige herausgreife und diesen eine Einzelfallgerechtigkeit angedeihen lasse. Der Beklagte könne nicht ohne Grund und ohne vorherige Ankündigung Steuergesetze von Veranlagungszeitraum zu Veranlagungszeitraum und bei jedem Steuerpflichtigen individuell nach Belieben auslegen. Bei einer typisierenden Betrachtungsweise seien Gesetze nach sozialtypischen Befunden verallgemeinert und bei Massenerscheinungen und deren Abwicklung am Gleichheitsgrundsatz orientiert in verschiedenen Veranlagungszeiträumen und für alle Steuerpflichtigen gleich auszulegen.

Der Kläger halte nach wie vor an der Ermittlung des Gesamtbetrags von 691,65 € fest.

Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 25.03.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.11.2013 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Aufwendungen für die Reinigung der Arbeitskleidung mit insgesamt 692 € berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er führt sinngemäß aus, Steuerpflichtige könnten sich bei der Ermittlung ihrer Aufwendungen für die Reinigung von Berufskleidung auf die Erfahrungswerte von Verbraucherverbänden berufen, soweit diese nicht zu unzutreffenden Ergebnissen führten. Im Streitfall habe der Beklagte zugunsten des Klägers angenommen, dass der jährliche Wäscheanfall von Berufskleidung - bezogen auf die Erfahrungswerte der „Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.“ - die Hälfte eines 1-Personen-Haushalts und damit 100 kg betragen habe. Hieraus errechneten sich nach den Erfahrungswerten der „Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.“ (Stand Dezember 2002) jährliche Kosten von 84 €. Der Kläger habe die gegen den Ansatz dieser Werte erhobenen Einwendungen nicht hinreichend konkretisiert. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers sei das Prinzip der Abschnittsbesteuerung zu beachten. Außerdem gelte der Grundsatz der Gleichbehandlung im Recht nicht aber im Unrecht.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter zugestimmt.

Auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt wird verwiesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Das Finanzamt hat zu Recht die Kosten für die Reinigung der typischen Berufskleidung pauschaliert mit 84 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt. Die über den vom Beklagten bereits anerkannten Betrag hinausgehenden Kosten hat der Kläger nicht nachgewiesen.

1. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Darunter fallen Aufwendungen, die objektiv durch die spezifischen beruflichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen veranlasst sind und subjektiv zur Förderung seines Berufs getätigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 29.06.1993, VI R 77/91, BStBl. II 1993, 837).

Aufwendungen für die Anschaffung, Instandsetzung und Reinigung von Bekleidung sind grundsätzlich nicht den Werbungskosten, sondern den gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht berücksichtigungsfähigen Kosten für die allgemeine Lebensführung zuzurechnen. Dies gilt sowohl dann, wenn die Bekleidung nahezu ausschließlich während der Berufsausübung getragen wird (BFH-Urteil vom 20.11.1979 VI R 143/77, BStBl II 1980, 73 zum Trachtenanzug eines Restaurant-Geschäftsführers), als auch dann, wenn die bürgerliche Kleidung durch die berufliche Tätigkeit verschmutzt worden sein sollte, es sei denn, diese Verschmutzung wäre ausnahmsweise von einer gewöhnlichen Verschmutzung nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzbar (BFH-Urteil vom 24.07.1981 VI R 171/78, BStBl II 1981, 781).

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt gemäß § 9 Abs.1 Satz 3 Nr. 6 EStG nur dann, wenn es sich um typische Berufskleidung handelt, also um Bekleidung, die ihrer Beschaffenheit nach objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Verwendung bestimmt und wegen der Eigenart des Berufs nötig ist (wie etwa bei Uniformen, Amtstrachten, Kittel und Schutzkleidung, vgl. die Zusammenstellung der Rechtsprechung im BFH-Urteil vom 18.04.1991 IV R 13/90, BStBl II 1991, 751). Zwar dient auch die typische Berufskleidung neben ihrer besonderen beruflichen Zweckbestimmung regelmäßig ebenfalls dem allgemeinen menschlichen Bedürfnis, bekleidet zu sein, und damit der allgemeinen Lebensführung. Nach der ausdrücklichen Regelung des § 9 Abs.1 Satz 3 Nr. 6 EStG tritt der berufliche Bezug jedoch bei typischer Berufskleidung derart in den Vordergrund, dass der Bezug zur allgemeinen Lebensführung hier nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers zu vernachlässigen ist. § 9 Abs.1 Satz 3 Nr. 6 EStG stellt insofern eine konstitutive Regelung dar, die die typische Berufskleidung in den Werbungskostenbereich verlagert und die Anwendbarkeit des Aufteilungsund Abzugsverbots des § 12 EStG insoweit als spezialgesetzliche Norm verdrängt (vgl. BFH-Urteile vom 06.12.1990 IV R 65/90, BStBl II 1991, 348, und vom 20.11.1979 VI R 143/77, BStBl II 1980, 73).

Ist ein Kleidungsstück typische Berufskleidung, so sind nicht nur die Anschaffungskosten, sondern auch sonstige Aufwendungen zur Instandhaltung oder zur Reinigung als Werbungskosten zu qualifizieren (Akzessorietät der Folgekosten, BFH-Urteile vom 09.03.1979 VI R 171/77, BStBl II 1979, 519, und vom 23.02.1990 VI R 149/87, BFH/NV 1990, 765). Dabei kommt es nicht darauf an, ob bei der Instandhaltung oder Reinigung nur Aufwendungen in einer Höhe entstehen, die ohnehin auch den Trägern gewöhnlicher bürgerlicher Bekleidung entstanden wären. Denn § 9 Abs.1 Satz 3 Nr. 6 EStG lässt auch den Abzug von Kosten der Anschaffung typischer Berufskleidung zu, obwohl sie die Beschaffung sonst erforderlicher bürgerlicher Kleidung entbehrlich macht. Das Entstehen eines berufsbedingten Mehraufwands setzt das Gesetz nicht voraus. Die Folgekosten teilen vielmehr das rechtliche Schicksal der Anschaffungskosten.

Die Aufwendungen für die Reinigung typischer Berufskleidung können auch dann als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn sie im eigenen Haushalt anfallen. Abziehbar sind sowohl die unmittelbaren Kosten des Waschvorgangs (Wasser- und Energiekosten, Wasch- und Spülmittel), als auch die Aufwendungen in Form der Abnutzung sowie Instandhaltung und Wartung der für die Reinigung eingesetzten Waschmaschine. Dies gilt, wenn die Waschmaschine auch für die Reinigung privater Wäsche eingesetzt wird, unabhängig davon, ob die Berufswäsche gemeinsam mit Privatwäsche in einem Waschgang gereinigt wird oder in aufeinander folgenden Waschgängen. Denn das Aufteilungs- und Abzugsverbot kann gemäß der Rechtsprechung des BFH nach seinem Sinn und Zweck in den Fällen nicht anzuwenden sein, in denen es aus Gründen der Rechtssicherheit vertretbar erscheint, an bisheriger langjähriger Rechtsprechung festzuhalten, und eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nicht zu befürchten ist (BFH-Beschluss vom 19.10.1970 GrS 2/70, BStBl II 1971, 17; BFH-Urteil vom 25.10.1985 III R 173/80, BFH/NV 1986, 281). Dem folgt das erkennende Gericht für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Die durch das Waschen von typischer Berufskleidung verursachten Aufwendungen können auf der Grundlage der Kosten einzelner Waschmaschinenläufe geschätzt werden, die z.B. anhand repräsentativer Daten von Verbraucherverbänden oder Herstellern ermittelbar sind. Das Gericht hält eine Schätzung auch in der Form für möglich, dass ausgehend von der jährlich anfallenden Menge der zu reinigenden typischen Berufskleidung die dafür insgesamt erforderliche Zahl zusätzlicher Waschmaschinenläufe bestimmt und mit den Kosten eines Waschmaschinenlaufs vervielfältigt wird (vgl. z.B. Finanzgericht Berlin, Urteil vom 22.10.1981 I 220/80, EFG 1982, 463).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Ermittlung der Aufwendungen des Klägers für die Reinigung der Berufskleidung durch das Finanzamt nicht zu beanstanden.

Da dem Gericht eine Überprüfung der von den Klägern geltend gemachten Kosten für die Reinigung der Dienstkleidung nicht möglich ist, hat es die Kosten anhand repräsentativer Daten der Verbraucherverbände oder Hersteller unter Berücksichtigung der Angaben der Kläger gem. § 96 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz FGO i.V.m. § 162 AO zu schätzen (vgl. FG Baden-Württemberg v. 23.11.2005, 3 K 202/04, EFG 2006, 811). Die Schätzung beruht im Streitfall auf der Erhebung der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (Stand: Dezember 2002), die nach wie vor angewendet werden kann. Nach den Angaben der Kläger werden die Hemden täglich und die Hosen wöchentlich gewechselt. Die Weste wird durchschnittlich viermal und die Jacke zweimal jährlich gewaschen. Auf dieser Grundlage errechnen sich die Kosten für die Reinigung der typischen Berufskleidung des Klägers wie folgt:

5 Hemden x 206 g x 22 Wo =        22,66 kg5 Hemden x 243 g x 23 Wo =        27,95 kgHosen 504 g x 45 Wo =        22,68 kgWeste 153 g x 4 =        0,62 kgJacke 1.509 g x 2 =         3,02 kgjährlicher Wäscheanfall        76,93 kgWäschepflege (3-Personen)x 0,43 € =33,08 €Trocknungskosten (3-Personen)x 0,29 € =22,30 €Bügelkosten (3-Personen)x 0,05 € =3,85 €Reinigungskosteninsgesamt59,23 €Ausgehend von dem Gewicht der einzelnen Kleidungsstücke beträgt das Gewicht der jährlich zu waschenden Berufskleidung ca. 77 kg. Bei einem Haushalt mit drei Personen sind die Kosten für die Kochwäsche mit 0,43 €, die Trocknungskosten mit 0,29 € und die Bügelkosten mit 0,05 € jeweils je kg anzusetzen. Danach entstanden dem Kläger im Streitjahr für das Waschen seiner typischen Berufskleidung Gesamtkosten von 59,23 €.

Demgegenüber ist das Finanzamt von einem jährlichen Wäscheanfall an Berufskleidung von 100 kg (200 kg eines 1 Personen-Haushalts lt. Verbraucherzentrale x %) ausgegangen. Der Umfang der tatsächlich gewaschenen Berufskleidung von 77 kg liegt damit wesentlich unter dem vom Finanzamt angenommenen Wäscheanfall.

Die dagegen von den Klägern begehrten Reinigungskosten führen nach Auffassung des Gerichts bereits deshalb zu einer unzutreffenden Besteuerung, weil die Kläger ihrer Berechnung einen (unrealistischen) Wäscheanfall von jährlich 389 kg zugrunde gelegt haben. Dieser Wäscheanfall weicht erheblich von der anhand der Angaben der Kläger ermittelten Menge von ca. 77 kg ab und entspricht damit nicht den tatsächlichen Verhältnissen des Streitfalls. Im Ergebnis ist die vom Finanzamt angestellte Kostenermittlung vertretbar. Da der vom Beklagten bereits als Werbungskosten berücksichtigte Betrag von 84 € den ermittelten Betrag von ca. 60 € überschreitet, kann nach der gebotenen Schätzung dem darüber hinausgehenden Klagebegehren nicht entsprochen werden.

Die unbeanstandete Übernahme der Werbungskosten für die Reinigung der typischen Berufskleidung in der begehrten Höhe bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit durch das Finanzamt in den Vorjahren begründet keinen nach Treu und Glauben zu beachtenden Vertrauenstatbestand. Denn nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung i.S. des § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG ergibt sich allein aus der früheren Beurteilung des Sachverhalts keine Bindung des Finanzamts für die Zukunft.

Nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung hat das Finanzamt in jedem Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung muss es zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgeben, auch wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut haben sollte (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteile vom 13.04.1967 V 235/64, BStBl III 1967, 442; vom 19.11.1985 VIII R 25/85, BStBl II 1986, 520; vom 07.06.1988 VIII R 296/82, BStBl II 1988, 886; vom 29.09.1988 V R 53/83, BStBl II 1988, 1022; vom 15.12.1988 IV R 36/84, BStBl II 1989, 363; vom 28.02.1990 I R 120/86, BStBl II 1990, 553; Beschlüsse vom 29.05.2007 III B 37/06, BFH/NV 2007, 1865; vom 12.07.2006 IV B 9/05, BFH/NV 2006, 2028). Dies ist sogar dann angenommen worden, wenn die Finanzbehörde über eine längere Zeitspanne eine rechtsirrige, für den Steuerpflichtigen günstige Auffassung vertreten hat (BFH-Urteil vom 22.06.1971 VIII 23/65, BStBl II 1971, 749). Danach kann eine (fehlerhafte) Rechtsanwendung zugunsten eines Steuerpflichtigen alleine keine Grundlage für einen Vertrauensschutz bilden (BFH-Urteil vom 07.10.2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865). Die Finanzbehörde ist damit an die Sach- und Rechtsbehandlung in früheren Veranlagungszeiträumen nicht gebunden. Entgegen der Auffassung der Kläger begründet die Sachbehandlung in einem Kalenderjahr keinen Vertrauensschutz für die nachfolgenden Veranlagungszeiträume.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, abweichend vom Gesetz besteuert zu werden. Denn Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vermittelt keinen Anspruch auf Anwendung einer - was hier zugunsten der Kläger unterstellt wird - rechtswidrigen Verwaltungspraxis; insoweit gibt es keine "Gleichheit im Unrecht" (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 12.10.2000 V B 66/00, BFH/NV 2001, 296; vom 18.07.2002 V B 112/01, BStBl II 2003, 675; vom 11.01.2006 II R 12/04, BStBl II 2006, 615; vom 13.02.2007 II B 32/06, BFH/NV 2007, 966).

Der Kläger kann sich daher nicht mit Erfolg auf die Sachbehandlung bei den Arbeitskollegen durch die für diese zuständigen Finanzämter berufen. Der Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung betrifft grundsätzlich nur die Anwendungen gleichen Rechts bei vergleichbaren Sachverhalten. Er greift grundsätzlich nicht bei abweichenden Sachverhalten bzw. bei - wie in den Bezugsfällen - zu Unrecht gewährten steuerlichen Vorteilen durch die Berücksichtigung von - nach Auffassung des Gerichts - weit überhöhten beruflich veranlassten Reinigungskosten.

Soweit der Kläger meint, er sei vom Beklagten ohne nachvollziehbaren Grund als einzelner herausgegriffen und im Verhältnis zu anderen Steuerpflichtigen schlechter gestellt worden, entspricht dies nach Überzeugung des Gerichts nicht den tatsächlichen Verhältnissen.

Nach § 88 Abs. 1 AO haben die Finanzbehörden alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die entscheidungserheblichen Tatsachen aufzuklären. Sie bestimmen Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten. Dabei kann auf das Verhältnis zwischen voraussichtlichem Arbeitsaufwand und steuerlichem Erfolg abgestellt werden. Die Finanzbehörden sind nicht verpflichtet, den Sachverhalt auf alle möglichen Fallgestaltungen zu erforschen. Für den Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass die Angaben des Steuerpflichtigen in der Steuererklärung vollständig und richtig sind. Die Finanzbehörde kann daher den Angaben des Steuerpflichtigen Glauben schenken, wenn nicht greifbare Umstände vorliegen, die darauf hindeuten, dass seine Angaben falsch oder unvollständig sind. Sie verletzt ihre Aufklärungspflicht nur, wenn sie Tatsachen oder Beweismittel außer acht lässt und offenkundigen Zweifelsfragen nicht nachgeht, die sich ihr den Umständen nach ohne weiteres aufdrängen mussten (vgl. AEAO zu § 88).

Nach diesen Grundsätzen hat der Veranlagungsbeamte bei der Bearbeitung eines Steuerfalles einen gewissen Ermittlungsspielraum, der die Art und den Umfang der Sachaufklärung betrifft. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Aufklärungsbedürfnis besteht, ist der Sachverhalt im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aufzuklären. Dabei kann der Veranlagungsbeamte grundsätzlich von der Richtigkeit und Vollständigkeit der in der Steuererklärung gemachten Angaben ausgehen. Denn die Angaben in der Steuererklärung sind gemäß § 150 Abs. 2 Satz 1 AO wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen. Außerdem sind die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet (§ 90 Abs. 1 Satz 1 AO). Zu betrachten ist in diesem Zusammenhang der jeweilige Einzelfall.

Nach Auffassung des Gerichts war im Streitfall die Überprüfung der Kosten für die Reinigung der Berufskleidung des Klägers durch das Finanzamt gerechtfertigt. Der Veranlagungsbeamte hat offensichtlich aufgrund der Höhe der Kosten einen Aufklärungsbedarf gesehen und, wie bereits ausgeführt, zu Recht entsprechende Ermittlungen angestellt. Die Sachbehandlung bei anderen Steuerpflichtigen hat, wie bereits ausgeführt, auf den Streitfall keinen Einfluss. Dabei ist nicht einmal bekannt, ob und von wem bei welchem Finanzamt Kosten für die Reinigung der Berufskleidung in entsprechender Höhe geltend gemacht wurden und wie sich der jeweilige Sachverhalt im Einzelnen gestaltete. In diesem Zusammenhang kann aus der Sicht des Gerichts nicht von einem ohne nachvollziehbaren Grund erfolgten Herausgreifen des Klägers die Rede sein. Denn dem zuständigen Bearbeiter erschienen die geltend gemachten Reinigungskosten offensichtlich wesentlich überhöht, so dass er einen entsprechenden Überprüfungsbedarf sah. Die Überprüfung erfolgte daher aus einem sachlichen und damit nachvollziehbaren Grund.

Gegen eine gezielte Maßnahme spricht nach Auffassung des Gerichts bereits der Umstand, dass sich diese laut Sachvortrag der Kläger nur auf den Kläger bezogen hat und nicht auf die übrigen gleich gelagerten Fälle im Zuständigkeitsbereich des Veranlagungsbeamten bzw. der Finanzbehörde. Wenn im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Steuerfällen Prüfungsschwerpunkte festgelegt werden, erstrecken sich diese grundsätzlich auf alle gleich gelagerten Fälle. Dies war nach Ansicht der Kläger offensichtlich gerade nicht der Fall. Es bestehen somit nach Auffassung des Gerichts keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger gegenüber anderen Steuerpflichtigen (bewusst) „schlechter gestellt“ werden sollte, soweit in diesem Zusammenhang überhaupt von einer Schlechterstellung gesprochen werden kann. Denn eine solche kann im Streitfall allenfalls in der Nichtgewährung eines nicht berechtigten steuerlichen Vorteils gesehen werden. Entgegen der Auffassung der Kläger beruht dieser steuerliche Vorteil nicht auf der angewandten Berechnungsmethode, sondern auf von den tatsächlichen Verhältnissen abweichenden und damit unzutreffenden Berechnungsgrundlagen (z.B. tatsächlicher Wäscheanfall), die, wie im Streitfall, von Steuerpflichtigen offensichtlich ohne nähere Überprüfung übernommen wurden. Darüber, ob diese Vorgehensweise noch der schriftlichen Versicherung des Steuerpflichtigen in der Steuererklärung i.S. des § 150 Abs. 2 AO, die Angaben in den Steuererklärungen wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen gemacht zu haben, entspricht, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. Maßgebend für die Besteuerung sind die tatsächlichen Verhältnisse (vgl. u.a. §§ 88, 90, 150 Abs. 2 AO). Wenn ein Steuerpflichtiger durch die Angabe von unrichtigen oder unvollständigen Tatsachen diesen Grundsatz missachtet und dadurch einen steuerlichen Vorteil erlangt (vgl. z.B. § 370 AO), sollen dadurch nach dem Grundsatz keine „Gleichheit im Unrecht“ andere Steuerpflichtige nicht begünstigt werden. Dies gilt entsprechend für den Streitfall, so dass entgegen der Ansicht der Kläger weder in der Nichtberücksichtigung von unrichtigen Sachverhalten noch in der Nichtberücksichtigung von Dritten auf diese Art und Weise (rechtswidrig) erlangten steuerlichen Vorteilen ein Widerspruch zur bestehenden Rechts- und Gesetzeslage zu erkennen ist. Unabhängig davon, ob ein rechtswidriges Verwaltungshandeln gegeben ist, besteht damit kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Hinblick auf rechtswidrig erlangte steuerliche Vorteile.

Soweit die Kläger darauf hinweisen, dass die Erfahrungswerte der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. aus dem Jahr 2002 wegen der zwischenzeitlichen Kostensteigerungen insbesondere für öffentliche Abgaben wie Abwasser nicht mehr anzuwenden seien, ist anzumerken, dass diese Ermittlung der Gesamtkosten für die Pflege der typischen Berufskleidung nach den Erkenntnissen des Gerichts nicht mehr aufgelegt worden ist. Im Streitfall wird dem zumindest insoweit Rechnung getragen, als die vom Finanzamt berücksichtigten Aufwendungen den nach dem tatsächlichen Wäscheanfall ermittelten Betrag übersteigen. Darüber hinaus weist die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. im Rahmen ihrer Wertermittlung darauf hin, dass im Einzelfall hinsichtlich der Verbrauchswerte der verwendeten Maschinen, individueller Abweichungen beim Wäscheanfall und regionaler Abweichungen von den angenommenen Durchschnittskosten für Strom und Wasser Anpassungen der Berechnung vorgenommen werden können. Dies gilt auch für den Streitfall. Soweit zwischenzeitlich bei einzelnen Berechnungsgrundlagen Veränderungen eingetreten sind, wäre es im Rahmen der Feststellungslast Aufgabe der Kläger gewesen, diese nachzuweisen. Dies ist jedoch nicht geschehen.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.