LG Bochum, Urteil vom 09.09.2011 - 5 O 156/10
Fundstelle
openJur 2016, 4877
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger machen gegen die Beklagte mit einer Feststellungsklage Schadensersatzansprüche wegen Untersagungsverfügungen bezüglich Sportwettenvermittlungen der Kläger geltend.

Die Klägerin zu 1) ist behördlich zugelassene Buchmacherin für vier Standorte, der Kläger zu 2) war ebenfalls zugelassener Buchmacher. Die Klägerin zu 1) begann am 30.11.2006 in den Räumlichkeiten C in Herne mit der Vermittlung von Sportwetten. Sie meldete die Vermittlungstätigkeit an, erhielt von der Beklagten aber keine Anmeldebestätigung. Die Wettaufträge wurden von der Klägerin aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages an die Firma J weitergeleitet. Die Firma J veranstaltet Glücksspiele aufgrund einer Erlaubnis (Gaming License) der Glücksspielaufsicht in Gibraltar, aufgrund derer sie zur Veranstaltung allgemeiner Sportwetten zu festen Gewinnquoten im Fernvertrieb (remote fixedodds bets) innerhalb und außerhalb von Gibraltar berechtigt ist.

Nach Anhörung am 06.12.2006 untersagte der Oberbürgermeister der Beklagten mit Bescheid vom 18.01.2007 der Klägerin zu 1) gem. §§ 1, 3, 4, 5, 14, 17, 20 OWG i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Staatsvertrages zum Lotteriewesen in Deutschland (LottStV) sowie der §§ 1, 2 Sportwettengesetz NRW und § 284 StGB, ohne Erlaubnis einer dafür zuständigen nordrheinwestfälischen Behörde in Nordrhein-Westfalen Sportwetten oder andere Glücksspiele anzubieten, an Veranstalter zu vermitteln, die für ihre Tätigkeit in Nordrhein-Westfalen keine Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde besitzen, die Einrichtung hierfür bereitzustellen und für entsprechende Angebote zu werben. Gleichzeitig forderte er die Klägerin zu 1) auf, ihre im Haus C in Herne gelegenen Geschäftsräume innerhalb von 7 Tagen nach Zustellung der Ordnungsverfügung zu schließen, und drohte ihr für den Fall, dass sie ihre Geschäftsräume nicht fristgerecht schließen sollte, ein Zwangsgeld an. Außerdem wurde die sofortige Vollziehung angeordnet.

Diese Untersagungsverfügung wurde der Klägerin zu 1) am 19.01.2007 zugestellt. Am 22.01.2007 legte die Klägerin zu 1) durch ihre Rechtsanwälte gegen die Untersagungsverfügung der Beklagten Widerspruch ein. Am 29.01.2007 stellte sie beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, der vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit Beschluss vom 13.02.2007, Az.: 7 L 102/07, abgelehnt wurde. Am 12.02.2007 setzte die Beklagte der Klägerin zu 1) eine Stellungnahmefrist zur beabsichtigten Festsetzung des angedrohten Zwangsgeldes. Ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 € wurde unter dem 23.02.2007 festgesetzt, wogegen die Klägerin zu 1) Widerspruch einlegte und die Wettvermittlung fortsetzte. Unter dem 14.07.2007 drohte die Beklagte der Klägerin zu 1) ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 20.000,00 € an. Das Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 € wurde am 16.03.2007 beigetrieben. An diesem Tag stellte die Klägerin die Vermittlung von Sportwetten ein und schloss den Betrieb in der Folgezeit.

Die Klägerin zu 1) stellte am 28.03.2007 beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen einen Abänderungsantrag, der mit Beschluss vom 20.04.2007 durch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Az.: 7 L 335/07, abgelehnt wurde. Am 09.08.2007 meldete die Klägerin sämtliche Gewerbe ab.

Der Kläger zu 2) nahm am 21.08.2007 in den Räumlichkeiten C in Herne die Vermittlung von Sportwetten auf. Er meldete die Vermittlungstätigkeit an. Der Oberbürgermeister der Stadt Herne untersagte dem Kläger zu 2) mit Bescheid vom 22.08.2007, ohne Erlaubnis einer dafür zuständigen nordrheinwestfälischen Behörde Nordrhein-Westfalen Sportwetten oder andere Glücksspiele anzubieten, an Veranstalter zu vermitteln, die für ihre Tätigkeit in Nordrhein-Westfalen keine Erlaubnis der dafür zuständigen Behörde besitzen, die Einrichtung hierfür bereitzustellen und für entsprechende Angebote zu werben. Gleichzeitig forderte er ihn auf, das Anbieten und die Vermittlung von Sportwetten oder anderer Glücksspiele sowie die entsprechende Werbung für solche Angebote in Räumen des Hauses C in Herne innerhalb von zwei Tagen nach Zustellung der Ordnungsverfügung einzustellen. Er drohte ihm für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000,00 € an und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der Kläger zu 2) legte hiergegen Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Der Antrag wurde durch den Oberbürgermeister der Stadt Herne unter dem 28.08.2007 abgelehnt und unter demselben Datum ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000,00 € festgesetzt. Hiergegen legte der Kläger zu 2) Widerspruch ein. Er stellte am 04.09.2007 die Wettvermittlung ein und schloss das Geschäftslokal. Am 14.02.2008 meldete er das Gewerbe ab und verpachtete in der Folgezeit die Betriebsstätte.

Die Kläger bestreiten, dass eine wirksame Weisung durch das Land Nordrhein-Westfalen an die Beklagte erteilt worden sei, vorgelegt worden sei nur eine Weisung an die Bezirksregierung, die im Parallelverfahren LG Bochum - 5 O 5/11 - vorgelegte Weisung reiche insoweit nicht aus.

Die Kläger sind der Auffassung, das die von der Beklagten ergangenen Untersagungsverfügungen die Kläger in ihrem Recht auf Dienstleistungsfreiheit gem. Artikel 49 des EG-Vertrages (EGV) bzw. ab dem 01.12.2009 gem. Artikel 56 des AEU-Vertrages bzw. in ihrem Recht auf Berufsfreiheit gem. Artikel 12 Abs. 1 GG verletzen. §§ 1, 2 Sportwettengesetz regelten ein Monopol für Sportwetten, welches unvereinbar mit der Dienstleistungsfreiheit des Gemeinschaftsrechts sei. Die Untersagungsverfügungen seien deswegen rechtswidrig. Es ergebe sich daher ein Anspruch der Kläger gem. §§ 39 Abs. 1 b, 40 OWG.

Die Kläger beantragen,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern alle Schäden zu ersetzen, die diese infolge der Ordnungsverfügung der Beklagten gegen die Klägerin zu 1) vom 18.01.2007 und gegen den Kläger zu 2) vom 18.08.2007 sowie deren jeweilige Vollziehung erlitten haben und weiterhin erleiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie nicht passivlegitimiert sei. Das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen erteilte den Bezirksregierungen unstreitig unter dem 31.03.2006 eine Weisung bezüglich des ordnungsrechtlichen Vorgehens gegen die Veranstaltung und Vermittlung illegaler Sportwetten, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 173 bis 175 der Akte). Mit Schreiben vom 11.11.2010 teilte das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen dem Klägervertreter Rechtsanwalt Dr. C1 auf sein Schreiben vom 05.11.2010 in einem anderen Verfahren der Klägerin zu 1) mit, dass der Erlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31.07.2006 Weisungscharakter für die Ordnungsbehörden in Nordrhein-Westfalen habe.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügungen vom 18.01.2007 und 22.08.2007 nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Urteil vom 28.03.2006 keine Rechtswidrigkeit gegeben sei. Selbst wenn das Sportwettenmonopol gemeinschaftsrechtswidrig sei, verstoße jedenfalls der Erlaubnisvorbehalt nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Den Klägern wäre ohnehin keine Erlaubnis erteilt worden, da keine Zuverlässigkeit des Veranstalters aus Gibraltar vorgelegen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

A.

Die Klage ist zulässig.

Das für die von den Klägern erhobene Feststellungsklage gem. § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben.

Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs ist zu bejahen, wenn die Erhebung einer grundsätzlich vorrangigen Leistungsklage noch nicht zumutbar ist. Dies wird dann angenommen, wenn der Kläger seinen Anspruch auf Schadensersatz noch nicht beziffern kann, weil sich der anspruchsbegründende Sachverhalt zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung befindet oder der Kläger seinen Anspruch auf Schadensersatz nicht ohne Durchführung einer aufwändigen Begutachtung beziffern kann (BGH NJW 2000, 1256; OLG München ZfWG 2009, 279; Zöller-Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 256 Rn. 7a).

Ein derartiges besonderes Interesse ist von den Klägern dargelegt worden. Zwar liegen die dem geltend gemachten Anspruch zugrundeliegenden Untersagungsverfügungen bereits mehrere Jahre zurück, so dass grundsätzlich von einer Bezifferbarkeit des Anspruchs und damit der Möglichkeit zur Erhebung einer Leistungsklage ausgegangen werden könnte. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass bisher die Beklagte nicht einmal über die von den Klägern jeweils eingelegten Widersprüche entschieden hat, so dass eine Entwicklung der insoweit entstehenden Rechtsanwalts- und Gerichtskosten nicht absehbar ist. Darüber hinaus befindet sich auch der in Betracht kommende Schaden hinsichtlich eines entgangenen Gewinns im Hinblick auf die Untersagung der Sportwettenvermittlungen und die Schließung des Wettbüros in der Entwicklung, da dieses jedenfalls von den Klägern nicht weiterbetrieben wird.

B.

Die Klage ist unbegründet.

I.

Ein Anspruch der Kläger gegen die Beklagte aufgrund einer Amtspflichtverletzung gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG besteht aufgrund fehlender eigener Verantwortlichkeit nicht, da die Beklagte auf Weisung des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen gehandelt hat.

Grundsätzlich besteht bei jedem Verwaltungshandeln die Amtspflicht, zu rechtmäßigem Verhalten. Jeder Amtsträger hat die Pflicht zur gesetzmäßigen Verwaltung, d.h. er hat die ihm übertragenen Aufgaben und Befugnisse im Einklang mit dem objektiven Recht wahrzunehmen (BGH NJW 1992, 3229, BGH NJW 1994, 3158). Es besteht die Pflicht, Gesetze und Rechtsvorschriften richtig auszulegen und die höchstrichterliche Rechtsprechung zu beachten (BGH NJW 1983, 222; BGH NJW 1993, 530).

Dabei trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich diejenige Körperschaft, in deren Diensten der pflichtwidrig handelnde Amtsträger steht. Auch bei der Übertragung von Aufgaben haftet die Anstellungskörperschaft (Palandt-Sprau, BGB, 70. Aufl. 2011, § 839 Rn. 25).

Etwas anderes gilt jedoch bei einem Handeln auf Weisung. Bei einem Handeln auf Weisung durch eine übergeordnete Behörde trifft die Haftung die Anstellungskörperschaft des anweisenden Beamten (BGH NJW 1977, 713; BGH WM 1991, 603; BGH, MDR 2009, 258; Palandt-Sprau, a.a.O., § 839 Rn. 29). Selbst wenn das Verhalten des Beklagten im Verhältnis zum Kläger objektiv rechtswidrig ist, stellt sich dies behördenintern bei einer ausgeübten Tätigkeit auf Weisung einer höheren Behörde jedoch als pflichtgemäß dar (vgl. BGH NJW 1977, 713).

Die Stadt Herne ist an die Weisungen des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen als Ordnungsbehörde gebunden. Das geltende Recht bindet den Amtsträger grundsätzlich auch dann an die Weisung seines Vorgesetzten, wenn die Verwirklichung dieses Befehls eine Außenpflicht des Staates verletzt, sofern die Ausführung nicht erkennbar den Strafgesetzen zuwider läuft. Befolgt der Angewiesene danach die ihn bindende Anordnung, so verletzt er seine Amtspflichten nicht. Mit der Weisung geht ein Stück Zuständigkeit und ein Teil der Amtspflichten, die generell bei einem bestimmten Beamten liegen, auf die anweisende Behörde und im Rahmen der Anwendbarkeit des § 839 BGB auf einen Beamten dieser Behörde über. Die Verantwortlichkeit für die Amtspflichtverletzung trifft in einem solchen Fall alleine die Anstellungskörperschaft des anweisenden Beamten, denn dieser Beamte übernimmt mit der Anweisung die beamtenrechtliche Verantwortung für die Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns, so dass die Passivlegitimation auf die Anstellungskörperschaft des anweisenden Beamten verschoben wird (BGH, NJW 1977, 713; BGH, MDR 2009, 258).

Die gegen die Klägerin zu 1) gerichtete Untersagungsverfügung vom 18.01.2007 und die gegen den Kläger zu 2) gerichtete Untersagungsverfügung vom 22.08.2011 stellen ein derartiges Handeln auf Weisung dar, so dass eine Amtspflichtverletzung der Beklagten nicht gegeben ist.

Zwar bestreiten die Kläger, dass eine wirksame Weisung der Beklagten erteilt worden ist, wobei sie jedoch nicht das Bestehen der Weisung des Innenministeriums des Landes NRW vom 31.03.2006 an die Bezirksregierungen und den Inhalt des Schreibens des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW vom 11.11.2010 an den Klägervertreter Rechtsanwalt Dr. C1 bestreiten, sondern lediglich der Auffassung sind, dass diese zu einer Darlegung einer Weisung im vorliegenden Verfahren nicht ausreichen.

Aus der von der Beklagten im vorliegenden Verfahren (Bl. 173 bis 175 d. A.) vorgelegten Weisung des Innenministeriums an die Bezirksregierungen ergibt sich jedoch, dass das Innenministerium unter Berufung auf die hierzu ergangene Rechtsprechung die Weisung erteilt, dass die auf Wunsch des Bundesverfassungsgerichts und des OVG Münster ausgesetzten Ordnungsverfügungen zügig vollstreckt werden sollten. Soweit bislang noch keine Verfügungen erlassen worden seien, sollten unverzüglich Unterlassungsverfügungen erlassen und ggfls. parallele strafprozessuale Maßnahmen veranlasst werden. Bei Hinweisen und Erkenntnissen über die unerlaubte Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten seien umgehend alle erforderlichen Maßnahmen möglichst frühzeitig zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft, Ordnungsbehörden und - soweit erforderlich - Finanzbehörden abzustimmen.

Nach dem an den Klägervertreter Rechtsanwalt Dr. C1 gerichteten Schreiben des Innenministeriums vom 11.11.2010, welches ein anderes Verfahren der Klägerin zu 1) betraf, erklärte das Innenministerium auf ein Anschreiben von Rechtsanwalt Dr. C1 vom 05.11.2010, dass der vorgenannte Erlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2006 Weisungscharakter für die Ordnungsbehörden in Nordrhein-Westfalen habe. Diese Erklärung des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen ist unmissverständlich dahingehend zu verstehen, dass der Erlass vom 31.03.2006 eine Weisung für sämtliche Ordnungsbehörden darstellt, also nicht nur die in dem Verfahren vor der Kammer LG Bochum 5 O 5/11 betroffene Stadt Bochum, hinsichtlich derer diese Auskunft erteilt wurde. Auch bei der Ordnungsbehörde der beklagten Stadt I handelt es sich eindeutig um eine Ordnungsbehörde in Nordrhein-Westfalen, für die demgemäß ebenfalls die betreffende Weisung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31.03.2006 gilt. Danach kommt es nicht darauf an, dass diese Weisung an die Bezirksregierungen, durch die eine Weiterleitung erfolgen sollte, gerichtet war.

Dass die Beklagte sich auf eine vorprozessuale Anfrage der Klägerin nicht zu einem Handeln auf Weisung erklärt hat, steht ihrem prozessual zulässigen Vorbringen eines Handelns auf Weisung nicht entgegen. Zudem war den Klägern durch ihren Klägervertreter Rechtsanwalt Dr. C1 aufgrund des Schreibens des Innenministeriums vom 11.11.2010 bereits vor Klageerhebung im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz vom 29.12.2010 bekannt, dass ein Handeln auf Weisung vorlag. Aufgrund dieses Schreibens haben die Klägervertreter zudem in dem Parallelverfahren 5 O 5/11 eine entsprechende Klage gegen die Stadt Bochum auch auf das Land NRW wegen des Handelns auf Weisung erstreckt. Demgemäß kommt eine Haftung des Beklagten für eine Amtspflichtverletzung hinsichtlich der ergangenen Untersagungsverfügungen nebst deren Vollziehung nicht in Betracht.

II.

Auch ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch der Kläger ist gegen die Beklagte aufgrund des Handelns auf Weisung nicht gegeben.

Hiernach ist der Mitgliedsstaat zum Ersatz der Schäden verpflichtet, die dem Einzelnen durch diesem zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, sofern die verletzte Gemeinschaftsrechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesen Verstoß und dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (BGHZ 161, 224 Rdnr. 28).

Auch bei der Geltendmachung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs richtet sich die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit nach Art. 34 GG. Der Bund, der gemeinschaftsrechtlich verpflichtet ist, den Ersatz des durch einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht entstandenen Schaden sicherzustellen, ist innerstaatlich nur dann Schuldner eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, wenn ihn zugleich die Verantwortlichkeit nach Art. 34 Satz 1 GG trifft (BGHZ 161, 224). Insbesondere ergibt sich danach, wen in Fällen eines Verstoßes des Gesetzgebers oder der Rechtsprechung gegen das Gemeinschaftsrecht die Verantwortlichkeit trifft, so dass die Bestimmung des Haftungssubjekts für den Anspruch nach denselben Grundsätzen wie für die Übernahme der Haftung nach Art. 34 GG erfolgt (BGH, BGHZ 161, 224 Rdnr. 32). Demgemäß greifen auch die Grundsätze des Handelns auf Weisung ein, so dass die Verantwortlichkeit für die Ordnungsverfügungen der Beklagten sich auf den Weisungsgeber verlagert.

III.

Auch ein Anspruch der Kläger gegen die Beklagte gem. § 39 OWG ist nicht gegeben.

Zwar kann danach ein Anspruch bei der Rechtswidrigkeit einer Maßnahme bestehen, wobei die Beklagte als Kostenträger gem. §§ 42 Abs. 1, 45 Abs. 1 OWG grundsätzlich haftet. Auch im Rahmen der verschuldensunabhängigen Ordnungsbehördenhaftung nach § 39 Abs. 1 b OWG NRW gelten jedoch die Grundsätze des Handelns auf Weisung (BGH, MDR 2009, 258; OLG Düsseldorf, VersR 1994, 1065. Insoweit kann aufgrund der erfolgten Weisung ebenfalls eine objektive Haftungszurechnung bezüglich der Beklagten nicht erfolgen, vielmehr kommt im Außenverhältnis nur eine Haftung der anweisenden Behörde in Betracht.

IV.

Davon abgesehen liegen nach Auffassung der Kammer auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches der Kläger im Übrigen aus keiner der genannten Anspruchsgrundlagen vor; hierzu wird auf die Entscheidungsgründe des im Parallelverfahren Landgericht Bochum - 5 O 5/11 - ergangene Urteil vom 09.09.2011 Bezug genommen.

V.

Das von den Klägern beantragte Ruhen des Verfahrens zum Zweck der Überprüfung einer Verantwortlichkeit des Landes NRW war nicht anzuordnen, da kein beiderseitiger Antrag gem. § 251 ZPO vorlag.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.