KG, Beschluss vom 16.01.2015 - (4) 161 Ss 240/14 (280/14)
Fundstelle
openJur 2015, 8495
  • Rkr:

1. Die Urteilsgründe müssen auch nach einer Verständigung den Anforderungen des § 267 StPO gerecht werden.

2. Auch ein verständigungsbasiertes Geständnis ist auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Hierbei genügt es nicht, die geständige Einlassung durch einen bloßen Abgleich des Erklärungsinhalts mit der Aktenlage zu überprüfen, weil dies keine hinreichende Grundlage für die Überzeugungsbildung des Gerichts aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung darstellt. Die Überprüfung hat sich vielmehr durch Beweiserhebung in der Hauptverhandlung zu vollziehen. Es ist zu untersuchen, ob das Geständnis den Aufklärungsbedarf hinsichtlich der erforderlichen Feststellungen zur Tat erfüllt, ob es in sich stimmig ist sowie die getroffenen Feststellungen trägt und auch im Hinblick auf sonstige Erkenntnisse keinen Glaubhaftigkeitsbedenken unterliegt.

3. Die Festlegung auf eine sog. Punktstrafe führt zu einer Verletzung von § 46 StGB. Das Fehlen der Angabe einer Ober- und Untergrenze der Strafe und die Nennung einer exakten Strafe als Ergebnis der Verständigung sowie die Verhängung genau dieser Strafe deuten darauf hin, dass das Gericht in der Urteilsberatung nach durchgeführter Hauptverhandlung nicht eine schuldangemessene Strafe bestimmt, sondern lediglich die vorher gemachte Zusage eingehalten hat, weshalb der gesamte Strafausspruch auf einer solchen schon vor den Schlussvorträgen der Verfahrensbeteiligten und der nachfolgenden Urteilsberatung vorgenommenen unzulässigen Selbstbindung des Gerichts beruht.

Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten - Jugendschöffengericht - vom 16. September 2014, auch soweit es sich gegen den Mitangeklagten V richtet, jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Schuldspruch, soweit die Angeklagten im Fall 14 der Urteilsgründe wegen („gemeinschaftlichen“) Raubes verurteilt worden sind, und

b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch.

2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten C und P werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe verworfen, dass das angefochtene Urteil im Schuldspruch dahin berichtigt wird, dass

a) der Angeklagte C im Übrigen wegen versuchten Betruges in vier Fällen (Fälle 1 bis 4), davon in einem Fall in Tateinheit mit Diebstahl (Fall 3), Betruges (Fall 5), Diebstahls (Fall 6), Erschleichens von Leistungen in sechs Fällen (Fälle 7 bis 12) und versuchten Diebstahls (Fall 15),

b) der Angeklagte P im Übrigen wegen Diebstahls (Fall 13) und versuchten Diebstahls (Fall 15)

verurteilt sind.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen.

Gründe

Das Jugendschöffengericht hat die bislang unbestraften, nach einer verfahrensbeendenden Absprache geständigen Angeklagten, die sich in dieser Sache vom 24. Juni 2014 bis zum Tag der Hauptverhandlung in Untersuchungshaft befanden, wie folgt schuldig gesprochen:

Den Angeklagten C „des Betruges in fünf Fällen, hiervon viermal versuchsweise und viermal gemeinschaftlich handelnd, hiervon in einem Fall in Tateinheit mit gemeinschaftlichen und gewerbsmäßigen Diebstahls, in zwei weiteren Fällen des gewerbsmäßigen Diebstahls, hiervon in einem Fall versuchsweise handelnd, des Erschleichens von Leistungen in sechs Fällen und des gemeinschaftlichen Raubes“;

den Angeklagten P „des gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Diebstahls in zwei Fällen, hiervon in einem Fall versuchsweise handelnd sowie des gemeinschaftlichen Raubes“;

den Angeklagten V „des gemeinschaftlichen Raubes“.

Es hat gegen die Angeklagten Gesamtfreiheitsstrafen von einem Jahr und acht Monaten (C) bzw. von einem Jahr und drei Monaten (P) sowie eine Freiheitsstrafe von einem Jahr (V) verhängt und deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt.

Nach den Feststellungen unternahmen die Angeklagten, in zum Teil wechselnder Besetzung auch mit weiteren Mittätern, den Versuch, mittels falscher Spendenlisten unter der Vortäuschung, für tatsächlich nicht existierende Organisationen zugunsten von körperlich behinderten bzw. taubstummen Personen, insbesondere Kindern, Geldspenden zu sammeln. Eine entsprechende Täuschung der von ihnen angesprochenen Personen gelang ihnen jedoch nur in einem von insgesamt fünf Fällen. In drei Fällen (3, 6 und 13) nutzten sie die Ablenkung durch vorgehaltene Listen (auch) aus, um den angesprochenen Personen Wertgegenstände (ein Tablet, ein Smartphone bzw. eine Geldbörse) zu entwenden.

Im Fall 14, in dem Haftbefehl wegen Diebstahls (in gewerbsmäßiger Begehung) erlassen worden war und die Staatsanwaltschaft Berlin bei ersichtlich unveränderter Sachlage Anklage wegen Raubes unter dem Gesichtspunkt der „Androhung von gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben“ erhoben hatte, hat das Jugendschöffengericht angenommen, die Angeklagten hätten dem Geschädigten unter Anwendung von Gewalt gegen seine Person Geld weggenommen. Die dem Schuldspruch insoweit zugrunde liegenden Feststellungen hat das Amtsgericht wie folgt dargestellt:

„Am 24. Juni 2014 kamen die Angeklagten C, P und V sowie andere unbekannt gebliebene Mittäter überein, im Bereich der Volksbankfiliale in der F. Straße … in … Berlin von Bankkunden, die zuvor jeweils abgehobenen Bargeldbetrage durch den Vorhalt von Spendensammellisten und anderen Ablenkungsmanövern und auch unter Bedrängung und Bedrohung der Kunden an sich zu nehmen. Als der Geschädigte R gegen 13.08 Uhr am Geldautomaten der Außenfassade der Bankfiliale seine Geldkarte eingeführt und die PIN sowie den Auszahlungsbetrag 50,00 Euro eingegeben hatte, umringten die Angeklagten und ihre Mittäter den Geschädigten tatplangemäß von allen Seiten. Der Angeklagte C hielt eine Spendensammelliste vor das Display des Auszahlungsautomaten und änderte den Auszahlungsbetrag auf 500,00 Euro, wobei er und die Angeklagten P und V den Zeugen so bedrängten, dass dieser nicht fliehen konnte und aus Angst vor der Überzahl und dem aggressiven Verhalten der Täter den Angeklagten C gewähren ließ. Dem Tatplan entsprechend nahm der Angeklagte C den nunmehr ausgeworfenen Betrag von 500,00 Euro an sich, um diesen unrechtmäßig für sich und seine Tatgenossen zu verwenden. Dem verängstigten Geschädigten gelang es nur noch, seine Geldkarte an sich zu nehmen.“

Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung sachlichen Rechts; der Angeklagte P beanstandet insbesondere die Verurteilung wegen Raubes. Dieser Angeklagte greift darüber hinaus mit einer die Verletzung des § 257c StPO geltend machenden Verfahrensrüge den Rechtsfolgenausspruch an. Es kann dahinstehen, ob die Verfahrensrüge des Angeklagten P Erfolg hat, denn die Rechtsmittel führen schon mit der Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus dem Entscheidungssatz ersichtlichen Umfang.

1. Soweit sich die Angeklagten gegen die Schuldsprüche in den Fällen 1 bis 12 sowie 15 (C) bzw. in den Fällen 13 und 15 (P) wenden, sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO; mit der Generalstaatsanwaltschaft Berlin ist der Senat hierbei der Ansicht, dass der Verurteilung des Angeklagten C im Fall 8 wegen Erschleichens von Leistungen am 30. November 2013 ein bloßer Schreibfehler zugrunde liegt und die Tat tatsächlich am 3. November 2013 begangen wurde. Allerdings waren die Schuldsprüche wie geschehen zu berichtigen, weil weder die gemeinschaftliche Tatbegehung noch die gewerbsmäßige Verübung eines Diebstahls zur rechtlichen Bezeichnung der Tat im Sinne des § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO gehört (vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 57. Aufl., § 260 Rn. 25 mwN).

2. Die Verurteilung wegen Raubes im Fall 14 kann hingegen keinen Bestand haben. Träfen die Feststellungen des Amtsgerichts zu, so wäre jedenfalls der Schuldspruch unzutreffend, weil nicht ersichtlich ist, dass die Täter den Gewahrsam des Geschädigten an den mitgenommenen Geldscheinen gebrochen haben. Zwar käme insoweit an sich eine Änderung des Schuldspruchs durch den Senat in Betracht; eine solche schied aber aus, weil es an einer tragfähigen (Beweis-)Grundlage für die vom Amtsgericht niedergelegten Feststellungen fehlt. Dies ist schon auf die Sachrüge hin zu berücksichtigen (vgl. BGH NStZ 2014, 170).

a) Ausweislich der Urteilsgründe, deren Abfassung auch nach einer Verständigung den Anforderungen des § 267 StPO gerecht werden muss (vgl. Meyer-Goßner aaO, § 257c Rn. 22a), hat es das Amtsgericht unterlassen, die Geständnisse der Angeklagten einer näheren Überprüfung zu unterziehen. Die Beweiswürdigung des Tatgerichts beschränkt sich auf die Mitteilung, die getroffenen Feststellungen beruhten „auf den Geständnissen der drei Angeklagten, an denen es aufgrund des Ermittlungsergebnisses keinen Anlass für irgendwelche Zweifel gegeben hat“.

Dies genügt den Anforderungen nicht. Zwar unterfällt auch die Bewertung eines Geständnisses dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 261 StPO. Das Tatgericht muss aber, will es die Verurteilung des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, von deren Richtigkeit überzeugt sein (vgl. BGH NStZ 1999, 92, 93). Es ist deshalb stets zu untersuchen, ob das Geständnis den Aufklärungsbedarf hinsichtlich der erforderlichen Feststellungen zur Tat erfüllt, ob es in sich stimmig ist sowie die getroffenen Feststellungen trägt und auch im Hinblick auf sonstige Erkenntnisse keinen Glaubhaftigkeitsbedenken unterliegt. Aus dem verfassungsrechtlich verankerten Schuldprinzip folgt im Strafprozess die Verpflichtung der Gerichte, von Amts wegen den wahren Sachverhalt zu erforschen (vgl. BVerfG NJW 2013, 1058, 1060). Die Amtsaufklärungspflicht darf schon wegen der Gesetzesbindung des Richters nicht dem Interesse an einer einfachen und schnellstmöglichen Erledigung des Verfahrens geopfert werden. Es ist unzulässig, dem Urteil einen Sachverhalt zu Grunde zu legen, der nicht auf einer Überzeugungsbildung unter Ausschöpfung des verfügbaren Beweismaterials beruht. Dies gilt auch dann, wenn sich der Angeklagte geständig gezeigt hat (vgl. BGH NStZ 2014, 53). Auch ein verständigungsbasiertes Geständnis ist deshalb zwingend auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Hierbei genügt es nicht, die geständige Einlassung durch einen bloßen Abgleich des Erklärungsinhalts mit der Aktenlage zu überprüfen, weil dies keine hinreichende Grundlage für die Überzeugungsbildung des Gerichts aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung darstellt. Die Überprüfung hat sich vielmehr - unter zusätzlicher Berücksichtigung des Grundanliegens des Gesetzgebers, Verständigungen transparent und kontrollierbar zu machen - durch Beweiserhebung in der Hauptverhandlung zu vollziehen (vgl. BVerfG NJW 2013, 1058, 1063; BGH NStZ 2014, 170). Daran fehlt es hier.

Das Jugendschöffengericht hat schon den Inhalt der Einlassungen mit keinem Wort dargestellt. Der Umstand, dass die Urteilsgründe nur in der nahezu wortgleichen Wiedergabe des Anklagesatzes bestehen, weckt Zweifel, ob die im Urteil nicht näher geschilderten Geständnisse der Angeklagten eine ausreichende Grundlage für die Überzeugungsbildung des Gerichts sein konnten (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 16. Oktober 2003 - 3 StR 257/03 - [juris Rn. 6, insoweit in NStZ 2004, 493 nicht abgedruckt]). Auch hat das Amtsgericht nicht mitgeteilt, auf welchem Wege es die Übereinstimmung der Geständnisse mit den Ermittlungsergebnissen festgestellt hat. Dazu hätte hier besonderer Anlass bestanden, weil der Haftbefehl die Tat als Diebstahl gewürdigt hatte und die Staatsanwaltschaft Berlin in der Anklageschrift in keiner Weise dargelegt hat, aus welchen Gründen sie demgegenüber den Verbrechenstatbestand des Raubes als erfüllt angesehen hat, zumal das von ihr bejahte qualifizierte Nötigungsmittel der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für den Leib und sogar für das Leben des Opfers im Anklagesatz schwerlich eine Grundlage findet. Auch ist nicht erkennbar, worauf die Staatsanwaltschaft bei ersichtlich unverändertem Beweisergebnis die im Haftbefehl nicht erwähnte Abrede der Angeklagten, in diesem Fall - anders als in den übrigen Fällen der listigen bzw. heimlichen Wegnahme von Gegenständen - gegen die Opfer „auch unter Bedrängung und Bedrohung“ im Sinne des Raubtatbestandes vorzugehen, gestützt hat. Hinzu kommt, dass auch das vom Amtsgericht demgegenüber angenommene Nötigungsmittel der Anwendung von „Gewalt gegen eine Person“ in den Urteilsfeststellungen nicht hinreichend deutlich dargelegt ist.

Insbesondere ist nicht ohne weiteres ersichtlich, dass und auf welche Weise es den drei Angeklagten möglich gewesen sein soll, auch einen inneren Vorgang bei dem Geschädigten - das Gewährenlassen aus Angst vor den Tätern - in verlässlicher Weise zu gestehen. Bei der gegebenen Sachlage wäre das Amtsgericht, jedenfalls angesichts des hier erhobenen Verbrechensvorwurfs, verpflichtet gewesen darzulegen, dass und wodurch die Einlassungen der Angeklagten jeweils über ein - nicht zureichendes (vgl. BGHSt 50, 40, 49; NStZ-RR 2006, 187) - bloßes Formalgeständnis hinausgingen. Indessen fehlt es nicht nur an einer näheren Darlegung der Erklärungsinhalte, sondern es ist auch nicht ersichtlich, ob sich die Angeklagten selbst im Zusammenhang geäußert oder möglicherweise nur (pauschale) Erklärungen ihrer Verteidiger (pauschal) bestätigt haben. Ferner ist nicht mitgeteilt, ob die Angeklagten ergänzende Fragen des Gerichts und der Verfahrensbeteiligten beantwortet haben. Sollte das Amtsgericht derartige Fragen gar nicht gestellt haben, hätte es bereits ein wesentliches Mittel für die Geständnisüberprüfung, die dem Gericht im Hinblick auf seine Aufklärungspflicht nicht zur Disposition gestellt ist, nicht genutzt. Tatsächlich ist nicht ersichtlich, dass das Jugendschöffengericht über das Entgegennehmen der Einlassungen hinausgehend überhaupt eine Beweisaufnahme vorgenommen hat. Die Sorge, das Amtsgericht habe nicht die Erkenntnisse aus der (ohne Zeugenvernehmungen durchgeführten) Hauptverhandlung, sondern unzulässig (auch) den - nur der Vorsitzenden bekannten - Akteninhalt zur Grundlage der Verurteilung gemacht, wird verstärkt durch die Urteilsausführungen im Rahmen der Strafzumessung bei dem Mitangeklagten C. Dort heißt es, dessen Geständnis habe besonders positiv gewogen, während dies bei den Revidenten nicht der Fall gewesen sei, da bei diesen „die Beweislage nach den Zeugenvernehmungen erdrückend erschien“ (Hervorhebung durch den Senat).

b) Die Aufhebung des Schuldspruchs wirkt gemäß § 357 StPO auch zugunsten des nichtrevidierenden Mitangeklagten V, der wegen der nämlichen Tat verurteilt worden ist. Dass sich die Anforderungen an die Urteilsgründe bei ihm nur nach dem Maßstab des § 267 Abs. 4 StPO bestimmen, steht der Notwendigkeit der Erstreckung nicht entgegen, denn es handelt sich nicht nur um einen bloßen Erörterungsmangel. Vielmehr ist das Landgericht aufgrund einer unzureichenden Beweisgrundlage zu einer Verurteilung sämtlicher Angeklagter gelangt. Von der Verpflichtung des Tatgerichts, seine Überzeugung auf eine tragfähige Grundlage zu stützen, vermag auch § 267 Abs. 4 StPO, der nur Darstellungspflichten betrifft, nicht zu befreien (vgl. nur BGH NStZ 2014, 53 mwN).

3. Die Aufhebung des Schulspruchs im Fall 14 führt zur Aufhebung des diesen Fall betreffenden Rechtsfolgenausspruchs und damit auch des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafen bei den Angeklagten C und P. Darüber hinaus hebt der Senat den gesamten Rechtsfolgenausspruch auf, um dem neu erkennenden Tatgericht eine vollständig neue und widerspruchsfreie Entscheidung über die Rechtsfolgen zu ermöglichen, auch soweit es um die Frage der Anwendung des Jugendstrafrechts auf diese Angeklagten geht. In diesem Zusammenhang ist für die erneute Verhandlung und Entscheidung lediglich darauf hinzuweisen, dass der Verteidiger des Angeklagten P von einem unzutreffenden rechtlichen Ansatz ausgeht, soweit er die Anwendung des allgemeinen Strafrechts mit dem Argument beanstandet, es sei nicht davon auszugehen, dass der Angeklagte den „Entwicklungsstand eines Erwachsenen“ aufweise. Denn bei § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG kommt es darauf an, ob ein zur Tatzeit Heranwachsender nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand.

a) Sollte das neu erkennende Gericht erneut zur Anwendung des allgemeinen Strafrechts kommen, wird es die von der Generalstaatsanwaltschaft benannten Rechtsfehler der angefochtenen Entscheidung im Zusammenhang mit § 47 StGB sowie bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe zu vermeiden haben.

b) Für den Fall einer erneuten Verständigung ist überdies die durch die vorliegenden Urteilsgründe begründete Sorge zu vermeiden, dass sich das Gericht unzulässig auf eine Punktstrafe festgelegt habe. Ausweislich der Gründe des angefochtenen Urteils hat „auf Anregung der Verteidiger eine Verständigung stattgefunden“ und hat das Gericht „hiernach dem Anliegen der Verteidiger entsprechend im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft im Falle umfassender Geständnisse für die Angeklagten Bewährungsstrafen

- für den Angeklagten C 1 Jahr 8 Monate- für den Angeklagten P 1 Jahr 3 Monate und- für den Angeklagten V 1 Jahrin Aussicht gestellt“.

Das Fehlen der Angabe einer Ober- und Untergrenze der Strafe (vgl. § 257c Abs. 3 StPO) und die Nennung von exakten Strafen als Ergebnis der Verständigung sowie die Verhängung genau dieser Strafen deuten darauf hin, dass das Gericht in der Urteilsberatung nach durchgeführter Hauptverhandlung nicht eine schuldangemessene Strafe bestimmt, sondern allein die vorher gemachte Zusage eingehalten hat, weshalb der gesamte Strafausspruch auf einer solchen schon vor den Schlussvorträgen der Verfahrensbeteiligten ( § 258 StPO) und der nachfolgenden Urteilsberatung ( § 260 Abs. 1 StPO) vorgenommenen Selbstbindung des Gerichts beruht. Hierin bestünde eine Verletzung von § 46 StGB, die auf die Sachrüge zu berücksichtigen wäre (vgl. BGHSt 51, 84; NStZ 2011, 648; NStZ-RR 2007, 245, 246).

Der Senat brauchte angesichts der ohnehin erforderlichen Aufhebung der Strafaussprüche nicht zu entscheiden, ob deren Beruhen auf der unzulässigen Festlegung auf eine Punktstrafe ausgeschlossen werden könnte und er gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO selbst über die Rechtsfolge entscheiden könnte. Zweifel bestehen insoweit jedenfalls deshalb, weil das angefochtene Urteil keine umfassende, überzeugende und den Grundsätzen des § 46 StGB genügende Strafzumessungsbegründung enthält, sondern die Erwägungen des Jugendschöffengerichts es nahe legen, dass mit ihnen letztlich nur das Verhängen der zuvor vereinbarten Punktstrafen begründet werden sollte. Hierfür spricht, dass eine eindeutige Würdigung wesentlicher Strafzumessungserwägungen, wie der erstmals erlittenen Untersuchungshaft von nicht unbeträchtlicher Dauer, fehlt. Sofern das Amtsgericht davon spricht, dass sich die Angeklagten „durch die erlittene Haftprüfung nachhaltig beeindruckt“ gezeigt hätten, geschieht dies im unmittelbaren Zusammenhang mit der Mitteilung einer am 5. August 2014 durchgeführten Haftprüfung, was der Bewertung entgegenstehen könnte, es handele sich um einen bloßen Schreibfehler, während in Wahrheit die - nur bei der Begründung der Bewährungsentscheidung erwähnte - erlittene Untersuchungshaft gemeint war. Nicht unbedenklich ist die Strafzumessung, soweit das Amtsgericht angenommen hat, der Angeklagte P sei „jugendstrafrechtlich vorbelastet“, was bei einem hier vorliegenden Absehen von der Verfolgung (eines Diebstahls) durch die Staatsanwaltschaft nach § 45 Abs. 1 JGG der näheren Erläuterung dahin bedurft hätte, welche Warnwirkung dieses Verfahren gehabt hat, da der Beschuldigte von solchen Verfahren unter Umständen gar keine Kenntnis erlangt oder erst im Nachhinein hiervon dadurch erfährt, dass sie ihm in späteren Strafverfahren vorgehalten werden (vgl. Senat StV 2011, 582). Auch der wiederkehrende Hinweis nach der jeweils nur floskelhaft vorgenommenen Begründung der Gesamtstrafe, dass diese dem entspreche, was Gegenstand der Verständigung gewesen sei, weckt Zweifel, ob das Jugendschöffengericht noch eine von der Absprache unabhängige Strafzumessung vorgenommen hat.

c) Ebenfalls bedenklich erscheint die Verneinung eines minder schweren Falles des Raubes allein mit der Erwägung, dass „die angewandte Gewalt zwar nicht besonders hoch“ gewesen sei, „aber die Gesamtumstände besonders dreist, sodass hier mitnichten“ ein minder schwerer Fall „gesehen“ werden könne. Die Annahme eines minder schweren Falles setzt voraus, dass das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und die Beurteilung der Täterpersönlichkeit so weit vom Durchschnitt der ansonsten von der fraglichen Strafvorschrift erfassten Fälle abweichen, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint. Hierzu ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (vgl. nur Senat, Urteil vom 31. Mai 2013 - [4] 121 Ss 60/13 [76/13] - mwN). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht, weil das Amtsgericht bereits nicht beachtet hat, dass alle Gesichtspunkte in einer Gesamtwürdigung zu erörtern sind und sodann zu entscheiden ist, ob ein beträchtliches Überwiegen der mildernden Faktoren vorliegt. Dass bei dem hier in Rede stehenden Gewaltdelikt das Abstellen auf ein besonders dreistes Verhalten ohnehin nicht ohne nähere Erläuterung nachvollziehbar ist, hat die Revision mit Recht beanstandet. Nicht ohne weiteres verständlich ist im Übrigen, dass der Mitangeklagte V, obgleich dessen Geständnis nach der Bewertung des Amtsgerichts ein besonders positives Gewicht zukam, ohne umfassende Abwägung unter Anwendung des Regelstrafrahmens ebenso wie die Revisionsführer verurteilt worden ist.

d) Schließlich merkt der Senat an, dass allein mit der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts die Gewerbsmäßigkeit einer Tatbegehung nicht hinreichend belegt sein dürfte, zumal nicht recht verständlich ist, weshalb dieses Begehungsmerkmal nur für die Diebstahls- und nicht auch für die Betrugstaten gelten soll.

4. Das Urteil war nach allem in dem aus dem Entscheidungssatz ersichtlichen Umfang gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache nach § 354 Abs. 2 StPO insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückzuverweisen.