LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.10.2014 - 21 Sa 903/14
Fundstelle
openJur 2015, 484
  • Rkr:

1. Eine arbeitsvertragliche Regelung, in der sich der Arbeitgeber das Recht vorbehält, den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit innerhalb einer bestimmten Spannbreite einseitig festzulegen, hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB nur stand, wenn die maximal abrufbare Arbeitszeit die geschuldete Mindestarbeitszeit um nicht mehr als 25 % übersteigt und die Gründe für die Festlegung in der Regelung bezeichnet sind.

2. Darüber hinaus unterliegt die Festlegung im Einzelfall der Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO i.V.m. § 315 Abs. 3 BGB.

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. März 2014 - 28 Ca 12017/13 - wird, soweit die Beklagte zur Zahlung verurteilt worden ist (Tenor II.), als unzulässig verworfen. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Zur Klarstellung wird der Tenor I. des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. März 2014 - 28 Ca 12017/13 - wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger über den 1. August 2013 hinaus mit 40 Stunden wöchentlich als telefonischen Kundenbetreuer zu beschäftigten.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit des Klägers.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1. Dezember 2008 als telefonischer Kundenbetreuer in Berlin beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt an ihrem Berliner Standort etwa 370 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und erbringt als Subunternehmerin der Firma A. telefonische IT-Service-Leistungen u. a. für die Unternehmen S., B. und D. B.. Die Firma A. ist die einzige Kundin der Beklagten in Berlin.

Hinsichtlich der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit war in § 3 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 26. November 2008 (Bl. 40 ff. d. A.) zunächst Folgendes geregelt:

„Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt wöchentlich 20 Stunden. Die Anzahl der Stunden kann sich bis auf max. 25 Stunden wöchentlich erhöhen.“

Durch „Zusatzvereinbarungen zum Anstellungsvertrag“ trafen die Parteien ab dem 1. Juli 2009 zunächst befristet (Bl. 62 und 60 d. A.) und ab dem 1. Januar 2010 unbefristet (Bl. 57 d. A.) folgende geänderte Regelung:

„Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt wöchentlich 32 Stunden. Die Anzahl der Stunden kann sich bis auf max. 40 Stunden wöchentlich erhöhen.“

Die monatliche Auszahlung der Vergütung erfolgte nach § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrages der Parteien unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeit zunächst auf der Basis der regelmäßigen Arbeitszeit (Bl. 41 d. A.) und ab dem 1. Oktober 2009 auf der Basis der maximalen Arbeitszeit (Bl. 60 f. u. 3 d. A.), wobei etwaige Mehr- oder Minderarbeit im Vormonat mit der Vergütung für den jeweiligen Folgemonat verrechnet wurde.

Ab Januar 2009 war der Kläger für die Beklagte durchgehend 40 Stunden wöchentlich tätig und verdiente zuletzt 1.830,00 Euro brutto monatlich (Bl. 7 d. A.).

Mit Schreiben vom 19. März 2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 30. April 2013. Die hiergegen vom Kläger vor dem Arbeitsgericht Berlin erhobene Klage hatte Erfolg. Mit Urteil vom 18. Juni 2013 - 8 Ca 51717/13 - stellte das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 19. März 2013 nicht aufgelöst worden ist, und verurteilte die Beklagte, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits vorläufig weiterzubeschäftigen. Daraufhin forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 26. Juni 2013 auf, zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seine Arbeit ab dem 1. Juli 2013 wieder aufzunehmen. Inzwischen ist das Urteil vom 18. Juni 2013 rechtskräftig.

Mit einem weiteren Schreiben vom 29. Juli 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, aufgrund der rückläufigen Beauftragung seitens ihres Kunden A. müsse sie die vertragliche Arbeitszeit des Klägers im Rahmen der Abrufarbeit ab dem 1. August 2013 bis auf weiteres auf 32 Stunden pro Woche reduzieren. Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf dessen Ablichtung (Bl. 5 d. A.) verwiesen. Hiergegen hat sich der Kläger mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 16. August 2013 eingegangenen Klage gewandt. Klageerweiternd hat er die Beklagte unter Abzug des von ihm bezogenen Arbeitslosengeldes auf Vergütung aus Annahmeverzug für die Monate Mai und Juni 2013 in Anspruch genommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die dem Kläger mit Schreiben vom 29. Juli 2013 ausgesprochene Reduzierung der Wochenarbeitszeit als Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist und das das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen ungekündigt fortbesteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.660,00 Euro brutto abzüglich 1.623,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 28. März 2014, auf dessen Tatbestand (Bl. 70 - 73 d. A.) wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die dem Kläger mit Schreiben vom 29. Juli 2013 ausgesprochene Reduzierung der Wochenarbeitszeit unwirksam ist, und die Beklagte zur Zahlung der geltend gemachten Vergütung nebst Prozesszinsen verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Feststellungsklage sei zulässig. Da vom Beschäftigungsumfang eine Vielzahl wechselseitiger Berechtigungen und Verpflichtungen abhingen, sollte über deren gemeinsamen rechtlichen Ausgangspunkt Klarheit herrschen. Diese ließe sich am ehesten durch eine Kontrolle der Wirksamkeit des Reduktionsakts herstellen. Die Feststellungsklage sei auch begründet. Die Beklagte habe schon nicht aufgezeigt, auf welcher vertraglichen Grundlage sie zur Reduktion der Arbeitszeit des Klägers befugt gewesen sei. Hierauf komme es jedoch nicht an. Denn auch denn, wenn eine solche Befugnis gegeben sei, müsse deren Ausübung im Einzelfall nach § 106 Satz 1 GewO billigem Ermessen entsprechen. Das dies der Fall sei, lasse sich nicht feststellen, weil die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte auf die Klage nicht erwidert habe. Die Zahlungsklage sei ebenfalls begründet. Dem Kläger stehe für Mai und Juni 2012 Vergütung in der zuletzt geforderten Höhe nebst Prozesszinsen zu. Dies sei zwischen den Parteien zuletzt auch nicht mehr streitig gewesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 73 - 77 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses der Beklagten am 7. April 2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. Mai 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung der Beklagten, welche sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 4. Juli 2014 mit am 25. Juni 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte meint, nach der zwischen den Parteien zuletzt getroffenen, ab dem 1. Januar 2010 geltenden Arbeitszeitvereinbarung habe der Kläger einen unabdingbaren Rechtsanspruch lediglich auf 32 Wochenstunden. Die Tatsache, dass der Kläger wegen guter Auftragslage vorübergehend 40 Stunden habe beschäftigt werden können, gebe ihm keinen Rechtsanspruch auf eine entsprechend erhöhte Wochenarbeitszeit. Sie habe die Arbeitszeit des Klägers auch nicht willkürlich gekürzt. Da der Kunde A. im fraglichen Zeitraum deutlich weniger Personalleistung abgefordert habe, habe sie die Arbeitskraft des Klägers nur mit 32 Stunden pro Woche verwerten können. Gerade deshalb habe sie den Kläger in einem Abrufarbeitsverhältnis eingestellt. Im Juli 2013 habe sie im GSA-Projekt bei S. noch 199 Mitarbeiter zum Einsatz bringen können, im August 2012 seien dies nur noch 185 Mitarbeiter und Ende 2013 nur noch 148 Mitarbeiter gewesen. Ergänzend verweist die Beklagte auf den „Rampdown-Plan“ der Firma A. für das GSA-Projekt für den Zeitraum von April bis September 2013 (Bl. 118 d. A.).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. März 2014 - 28 Ca 12017/13 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass der Feststellungsantrag wie folgt lautet:

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger über den 1. August 2013 hinaus mit 40 Stunden wöchentlich als telefonischen Kundenbetreuer zu beschäftigten.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und macht sich dessen Entscheidungsgründe zu eigen. Von einem Abrufarbeitsverhältnis sei weder im ursprünglichen Arbeitsvertrag noch in den Zusatzvereinbarungen die Rede. Das Schreiben vom 29. Juli 2013 stelle vielmehr eine unmittelbare Reaktion auf den gewonnenen Kündigungsschutzprozess und damit eine unzulässige Maßregelung dar. Abgesehen davon, dass er nicht nur für das GSA-Projekt der Firma S. eingestellt worden sei, werde die von der Beklagten behauptete Reduzierung der durch den Kunden A. abgeforderten Personalleistungen mit Nichtwissen bestritten. Zudem versuche die Beklagte durch die von ihr vorformulierte Arbeitszeitregelung ihr unternehmerisches Risiko, Aufträge zu erhalten, auf ihn abzuwälzen. Die entsprechende Klausel benachteilige ihn unangemessen und sei deshalb unwirksam.

Wegen des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 25. Juni 2014 (Bl. 109 - 112 und 116 - 117 d. A.) und den Schriftsatz des Klägers vom 8. September 2014 (Bl. 131 - 133 d. A.) Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

I. Hinsichtlich des ausgeurteilten Zahlungsanspruchs ist die Berufung bereits unzulässig. Im Übrigen ist die Berufung zulässig.

1. Die Berufung ist nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht i. S. v. § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, § 519 ZPO eingelegt worden.

2. Die Berufung ist auch form- und fristgerecht i. S. v. § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5 ArbGG, § 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO begründet worden. Jedoch genügt sie den inhaltlichen Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nur hinsichtlich der festgestellten Unwirksamkeit der Reduzierung der Arbeitszeit des Klägers. Hinsichtlich des ausgeurteilten Zahlungsanspruchs hat sich die Beklagte mit dem angefochtenen Urteil nicht auseinandergesetzt. Insoweit ist die Berufung unzulässig.

a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Sie muss erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen die Ansicht im Einzelnen beruht (st. Rspr. des BAG, siehe z. B. BAG vom 16.05.2012 - 4 AZR 245/10 - Rn. 11, NZA-RR 2012, 599). Allerdings kann vom Rechtsmittelführer nicht mehr Begründung verlangt werden, als vom Gericht selbst aufgewandt worden ist (BAG vom 21.03.2012 - 4 AZR 374/10 - Rn. 58, juris; vom 28.05.2009 - 2 AZR 223/08 - Rn. 18 m. w. N., AP Nr. 2 zu § 520 ZPO).

Bezieht sich das Rechtsmittel auf mehrere Ansprüche im prozessualen Sinn, ist zu jedem Anspruch eine ausreichende Begründung zu geben. Ein einheitlicher Angriff genügt nur dann, wenn die Entscheidung über den nicht eigens behandelten Anspruch denknotwendig von der ordnungsgemäß angegriffenen Entscheidung über den anderen Anspruch abhängt (vgl. BAG vom 20.06.2013 - 8 AZR 482/12 - Rn. 20, NZA 2014, 21 zum Revisionsverfahren; vom 16.03.2004 - 9 AZR 323/03 - Rn. 61, AP Nr. 10 zu § 8 TzBfG).

Keine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils ist erforderlich, wenn die Berufung auf neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel i. S. d. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 ZPO gestützt wird (BAG vom 19.10.2010 - 6 AZR 120/10 - Rn. 20 m. w. N., juris).

b) In Anwendung dieser Grundsätze genügt die Berufungsbegründung bezüglich des ausgeurteilten Zahlungsanspruchs nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Beklagte hat sich insoweit nicht mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinandergesetzt. Sie hat den Anspruch in der Berufungsbegründung noch nicht einmal erwähnt. Der Zahlungsanspruch hängt auch nicht denknotwendig von der Entscheidung über den Feststellungsantrag bezüglich des Umfangs der Arbeitszeit des Klägers ab, sondern betrifft einen anderen früheren Zeitraum.

3. Gegen die Umformulierung des Feststellungsantrages in der Berufungsinstanz bestehen keine prozessualen Bedenken. Es handelt sich um keine Klageänderung i. S. d. § 263 ZPO sondern um eine reine Klarstellung im Rahmen des § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO, für die die Erhebung einer Anschlussberufung weder erforderlich noch zulässig ist (Musielak-Ball, § 524 Rn. 8).

II. Soweit die Berufung zulässig ist, ist sie unbegründet. Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag zu Recht stattgegeben. Lediglich der diesbezügliche Tenor des angefochtenen Urteils war entsprechend der Umformulierung des Antrags in der Berufungsinstanz als allgemeiner Feststellungsantrag klarstellend neu zu fassen.

1. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

a) Gegenstand einer Feststellungsklage kann nicht nur ein Rechtsverhältnis in seiner Gesamtheit sein, sondern auch einzelne sich daraus ergebende Rechte, Ansprüche und Pflichten, wie vorliegend der zeitliche Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung (vgl. BAG vom 07.12.2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 14, AP Nr. 4 zu § 12 TzBfG).

b) Das erforderliche Feststellungsinteresse ist ebenfalls gegeben. Auf den Vorrang einer Leistungsklage muss sich der Kläger nicht verweisen lassen. Der Streit der Parteien beschränkt sich auf den Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit. Es ist deshalb zu erwarten, dass dieser durch ein Feststellungsurteil endgültig beigelegt wird (vgl. dazu BAG vom 07.12.2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 15, a. a. O.).

2. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger weiterhin mit 40 Stunden wöchentlich zu beschäftigen. Sie war nach § 106 Satz 1 GewO i. V. m. § 315 Abs. 3 BGB nicht berechtigt, die Arbeitszeit des Klägers ab dem 1. August 2014 bis auf weiteres von bisher 40 Stunden auf 32 Stunden wöchentlich zu reduzieren.

a) Der Beklagten ist zunächst darin zuzustimmen, dass die arbeitsvertragliche Arbeitszeitregelung allein durch die fortwährende Beschäftigung der Klägers seit Januar 2009 mit 40 Stunden wöchentlich nicht konkludent im Hinblick auf eine dauerhafte wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden geändert oder konkretisiert worden ist.

aa) Bei der Beschäftigung des Klägers handelt es sich um ein tatsächliches Verhalten, dem nicht zwingend ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt (vgl. BAG vom 25.04.2007 - 5 AZR 504/06 - Rn. 12, AP Nr. 121 zu § 615 BGB). Ebenso wenig genügt für eine Konkretisierung der Arbeitspflichten auf bestimmte Arbeitsbedingungen der bloße Zeitablauf (BAG vom 18.10.2012 - 6 AZR 86/11 - Rn. 25 m. w. N., AP Nr. 23 zu § 106 GewO). Erforderlich wären vielmehr weitere Umstände, aus denen der Kläger darauf schließen durfte, er solle dauerhaft mit der maximalen wöchentlich Arbeitszeit von 40 Stunden eingesetzt werden bzw. die Beklagte verzichte auf ihr arbeitsvertraglich vorbehaltenes Recht, den Kläger nur mit der vertraglich vereinbarten Mindestarbeitszeit von 32 Stunden, jedenfalls aber mit weniger als 40 Stunden wöchentlich einzusetzen (vgl. BAG vom 18.10.2012 - 6 AZR 86/11 - Rn. 25, a. a. O.; vom 25.04.2007 - 5 AZR 504/06 -, a. a. O.).

bb) Solche weiteren Umstände sind vorliegend nicht gegeben. Die Beklagte hat im Gegenteil durch die zuletzt geschlossene Zusatzvereinbarung zum Anstellungsvertrag vom 18. Februar 2013 (Bl. 3 d. A.) nochmals zum Ausdruck gebracht, dass es bei der vertraglichen Arbeitszeit von 32 bis 40 Stunden pro Woche bleiben soll.

b) Entgegen der Ansicht der Beklagten folgt aus der Vereinbarung einer Arbeitszeitspanne von mindestens 32 Stunden und höchstens 40 Stunden pro Woche jedoch noch nicht automatisch die Berechtigung der Beklagten, die Arbeitszeit des Klägers auf die Mindeststundenzahl zu reduzieren.

aa) Als von der Beklagten vorformulierte allgemeine Geschäftsbedingung muss sich die arbeitsvertragliche Regelung vielmehr im Rahmen der Inhaltskontrolle an den §§ 305 ff. BGB messen lassen. Darüber hinaus unterliegt die Ausübung des vertraglich vorbehaltenen einseitigen Leistungsbestimmungsrechts im Einzelfall der Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO i. V. m. § 315 Abs. 3 BGB (zum Erfordernis der Ausübungskontrolle neben der Inhaltskontrolle BAG vom 14.08.2007 - 9 AZR 58/07 - Rn. 46 ff., AP Nr. 1 zu § 106 GewO; vom 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 37, a. a. O.; vom 11.04.2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 43, AP Nr. 17 zu § 307 BGB; vom 12.01.2005 - 5 AZR 364/04 - Rn. 37, AP Nr. 1 zu § 308 BGB; ErfK-Preis, § 305 - 310 BGB Rn. 51; Schaub-ArbHb-Linck, § 45 Rn. 13 und 43). Zumindest an Letzterem scheitert die Reduzierung der Arbeitszeit des Klägers auf 32 Wochenstunden ab dem 1. August 2013. Dass die Reduzierung billigem Ermessen i. S. d. § 106 Satz 1 BGB entspricht, kann mangels Darlegung der Beklagten nicht festgestellt werden.

bb) Zweifelhaft ist bereits, ob die arbeitsvertragliche Arbeitszeitregelung der Parteien der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB standhält.

(1) Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien und den jeweiligen Zusatzvereinbarungen handelt es sich schon nach deren äußeren Erscheinungsbild um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen i. S. d. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB und damit um allgemeine Geschäftsbedingungen. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt.

(2) Die arbeitsvertragliche Arbeitszeitregelung beinhaltet hinsichtlich der Dauer der vom Kläger geschuldeten wöchentlichen Arbeitszeit einen einseitigen Änderungsvorbehalt zugunsten der Beklagten, wonach sie die Arbeitszeit des Klägers innerhalb der Grenzen von 32 und 40 Wochenstunden einseitig festlegen kann. Solche Änderungsvorbehalte, die dem Arbeitgeber eine gewisse Flexibilität hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit und damit zugleich hinsichtlich der dem Arbeitnehmer geschuldeten Vergütung einräumen, weichen vom allgemeinen Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind (pacta sunt servanda) i. S. d. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ab und benachteiligen den Arbeitnehmer unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB, wenn die wöchentlich maximal abrufbare Arbeitszeit mehr als 25 % der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit beträgt, oder anders herum, wenn der Arbeitgeber die wöchentliche Arbeitszeit um mehr als 20 % einseitig reduzieren kann (BAG vom 07.12.2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 32 ff., AP Nr. 4 zu § 12 TzBfG).

Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Arbeitszeitregelung. Die maximal vereinbarte Arbeitszeit von 40 Wochenstunden übersteigt die vereinbarte Mindestarbeitszeit von 32 Wochenstunden nicht um mehr als 25 %. Umgekehrt bleibt die Mindestarbeitszeit nicht um mehr als 20 % hinter der maximalen Arbeitszeit zurück.

(3) Darüber hinaus ist eine solche Vertragsklausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB nur wirksam, wenn die Ausübung des Änderungsvorbehalts an Gründe gebunden ist, die in ihren Voraussetzungen und Folgen die Interessen des Vertragspartners angemessen berücksichtigen. Die voraussetzungslose, also beliebige Veränderung der Leistungspflichten, die an keinen angemessenen Ausgleich gebunden ist, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen (vgl. MüKo-BGB-Müller-Glöge, § 611 BGB Rn. 560 und § 12 TzBfG Rn. 9; ErfK-Preis § 305 - 310 BGB Rn. 52). Dabei ist dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nur genügt, wenn die Änderungsgründe in der fraglichen Klausel selbst bezeichnet sind (vgl. BGH vom 19.10.1999 - XI ZR 8/99 - Rn. 18 zitiert nach juris, NJW 2000, 651; MüKo-BGB-Müller-Glöge, a. a. O.; ErfK-Preis a. a. O.). Eine besondere Konkretisierung der Gründe ist nicht erforderlich (vgl. BAG vom 11.10.2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 27, AP Nr. 6 zu § 308 BGB; MüKo-BGB-Müller-Glöge, a. a. O.; ErfK-Preis, a. a. O.).

In der arbeitsvertraglichen Regelung der Parteien sind keine Gründe für eine Änderung der Arbeitszeit genannt. Insbesondere ist der Regelung - anders als in dem Fall, der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - zugrunde lag - nicht zu entnehmen, dass sich der Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit nach dem jeweiligen Arbeitsanfall i. S. d. § 12 Abs. 1 Satz 1 TzBfG richten soll und nicht etwa im Belieben der Beklagten steht.

cc) Letztlich kommt es für die Entscheidung auf die Wirksamkeit der vertraglichen Arbeitszeitregelung jedoch nicht an. Denn dem Vorbringen der Beklagten lässt sich auch nicht entnehmen, dass die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit des Klägers von der maximalen Arbeitszeit von 40 Stunden auf die Mindestarbeitszeit von 32 Stunden ab dem 1. August 2013 im konkreten Fall billigem Ermessen i. S. d. § 106 Satz 1 GewO entspricht.

(1) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Gegenstand einer solchen Leistungsbestimmung kann auch der Umfang einer im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptleistungspflicht sein (BAG vom 14.08.2007 - 9 AZR 58/07 - Rn. 22, a. a. O.).

Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen. Welche Umstände dies im Einzelnen sind, hängt von der Art der Leistungsbestimmung ab. So können bei der Zuweisung der Tätigkeit an einem anderen Ort andere Faktoren relevant sein als bei der Bestimmung der Höhe einer variablen Vergütung. Von maßgeblicher Bedeutung können auch Ursache und Auslöser für die Notwendigkeit der Leistungsbestimmung sein. Die hieraus resultierenden Umstände sind in die Abwägung einzubeziehen. Ob die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt wurden, kann nur unter Abwägung mit den betrieblichen Gründen des Arbeitgebers ermittelt werden, die zur Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts geführt haben (vgl. BAG vom 10.07.2013 - 10 AZR 915/12 - Rn. 28 m. w. N., AP Nr. 24 zu § 106 GewO). Ob die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, unterliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB der gerichtlichen Kontrolle. Die Darlegung- und Beweislast für die Billigkeit der Ermessensausübung liegt beim Arbeitgeber (vgl. BAG vom 10.07.2013 - 10 AZR 915/12 - Rn. 30 m. w. N., a. a. O.).

(2) Die Beklagte hat nicht dargelegt, ob und inwieweit die Reduzierung der Arbeitszeit des Klägers ab dem 1. August 2013 auf 32 Stunden wöchentlich billigem Ermessen entspricht. Soweit sie behauptet hat, sie habe die Arbeitskraft des Klägers nur noch mit 32 Stunden pro Woche verwerten können, weil ihre einzige Kundin in Berlin, die Firma A., deutlich weniger Personalleistung abgefordert habe, und auf den sogenannten Rampdown-Plan der Firma A. für S. verwiesen hat, ist ihr Vorbringen nicht nachvollziehbar. Denn abgesehen davon, dass die Beklagte als Subunternehmerin der Firma A. nicht nur für S. sondern auch für B. und die D. B. tätig ist, lässt sich weder dem Vorbringen der Beklagten noch dem eingereichten Rampdown-Plan entnehmen, wie viele und welche der 370 in Berlin beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Reduzierung der Personalanforderungen betroffen sind, wie und aus welchen Gründen die Beklagte die Reduzierung auf diese verteilt hat und welche Interessen sie dabei wie berücksichtigt hat.

3. Danach hat der Kläger einen Anspruch darauf, weiter in dem Umfang beschäftigt zu werden, in dem er seit Anfang 2009 beschäftigt wurde.

III. Nach § 64 Abs. 4 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO hat die Beklagte die Kosten ihres erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

IV. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.