VG Düsseldorf, Urteil vom 22.09.2014 - 6 K 8838/13
Fundstelle
openJur 2014, 22439
  • Rkr:

Geschwindigkeitsmessungen mit einem Lasermessgerät der Marke "PoliScan F1 HP" sind standardisierte Messverfahren im Sinne der obergerichtlichen Rechtsprechung.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist Halter des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen E. -R. 0000. Das Fahrzeug wird für die Sicherheitsfirma des Klägers, L. security e.K., als betriebliches Fahrzeug genutzt. Mit diesem Fahrzeug wurde am 17. Juni 2013 um 16:00 Uhr auf der Autobahn A 46 in E1. (km 75,136) auf der G. Brücke in Fahrtrichtung O. die außerhalb geschlossener Ortschaften zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 32 km/h überschritten (nach Toleranzabzug von 4 km/h). Die Geschwindigkeitsmessung wurde mit dem Messgerät "PoliScan F1 HP" durchgeführt, welches zur Baureihe "PoliScan Speed" der Firma Vitronic gehört und von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) geprüft und zur innerstaatlichen Eichung zugelassen worden war. Das Gerät enthielt am Tattag die seinerzeit von der PTB zur Verwendung bei amtlichen Messungen zugelassene Betriebssoftware (Version 3.2.4). Die Auswertung der Falldaten erfolgte seinerzeit zunächst mit der Auswertungssoftware "TuffViewer" (Version 3.38.0). Das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung wurde später nach wiederholter Auswertung der Messung mit dem Softwareupdate (Version 3.45.1) durch die Beklagte bestätigt. Das Messgerät war zuletzt am 8. Januar 2013 geeicht worden, die Eichung ist nach dem Eichschein vom 8. Januar 2013 bis Ende des Jahres 2014 gültig. Das mit der Messanlage gefertigte Radarlichtbild zeigt eine männliche Person.

Mit Anhörungsschreiben vom 3. Juli 2013 wurde der Kläger durch das Ordnungsamt der Beklagten als Bußgeldbehörde zu dem Verkehrsverstoß angehört. Hierzu führte der Kläger über den Prozessbevollmächtigten unter dem 16. Juli 2013 aus, dass er bis auf weiteres von seinem Aussageverweigerungsrecht umfassend Gebrauch mache und zu gegebener Zeit um Akteneinsicht bitten werde. Das Ordnungsamt übersandte dem Kläger unter dem 20. August 2013 vorab ein Tatfoto. Akteneinsicht wurde dem Prozessbevollmächtigten schließlich unter dem 26. September 2013 gewährt. Eine weitere Einlassung zur Sache erfolgte von Klägerseite nicht. Nachdem auch ein behördlicher Lichtbildabgleich mit einem bei dem Einwohnermeldeamt hinterlegten Foto des Klägers sowie die Beauftragung des örtlichen Außendienstes erfolglos geblieben waren, stellte die Beklagte das Bußgeldverfahren unter dem 16. Oktober 2013 ein.

Die Beklagte - Amt für Verkehrsmanagement - hörte den Kläger unter dem 16. Oktober 2013 zu dem beabsichtigten Erlass einer Fahrtenbuchauflage an. Mit Bescheid vom 7. November 2013 gab die Beklagte dem Kläger die Führung eines Fahrtenbuchs für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen E. -R. 0000 für die Dauer von sechs Monaten ab Unanfechtbarkeit der Verfügung auf. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, das Ermittlungsverfahren habe eingestellt werden müssen, da der verantwortliche Fahrer nicht habe ermittelt werden können; das von dem Fahrzeugführer gezeigte Verhalten zeuge von unzureichender Verkehrsdisziplin. Zugleich setzte die Beklagte eine Gebühr in Höhe von 21,50 Euro fest.

Der Kläger hat am 19. November 2013 Klage erhoben. Er trägt vor:

Es bestünden bereits erhebliche Zweifel, ob überhaupt ein Verkehrsverstoß vorliege. Zahlreiche Amtsgerichte hätten Betroffene in OWi-Verfahren freigesprochen, weil die Messungen mit PoliScan-Geräten wegen fehlender Überprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Fehlermessungen dieser Anlagen nicht als standardisiertes Messverfahren einzuordnen seien. Eine nachträgliche Richtigkeitskontrolle der Geschwindigkeitsmesswertes sei damit nicht möglich. Ein zu dem streitgegenständlichen Verkehrsverstoß beauftragtes Privatgutachten des Sachverständigen O1. vom 14. Januar 2014 komme zu dem Ergebnis, dass eine exakte Plausibilitätsprüfung des gegenständlichen Geschwindigkeitswertes nicht möglich sei; die Auswertung einer Textdatei hinsichtlich der Höhe des gegenständlichen Geschwindigkeitswertes könne nicht erfolgen, weil derzeit der originale Datensatz nicht vorliege. Es gehe indes nach Ansicht des Klägers nicht an, dass das Recht eines Bürgers auf Überprüfung des ihm vorgeworfenen Sachverhalts durch einen Sachverständigen aufgrund von Betriebsgeheimnissen eines Geräteherstellers beschränkt werde. Diese Zweifel gälten im vorliegenden Fall erst recht, da laut verschiedenen Pressemitteilungen im Zeitraum 24. Juli bis zum 19. August 2013 zahlreiche Bußgeldbescheide für Geschwindigkeitsüberschreitungen auf der G. Brücke hätten aufgehoben werden müssen, weil aufgrund der Verwendung einer veralteten Software die erhobenen Messwerte falsch oder zweifelhaft gewesen seien. Darüber hinaus sei das übersandte Radarlichtbild unbrauchbar. Die obere Gesichtspartie, namentlich die Augen seien verdeckt, so dass keine Identifizierung des Fahrers möglich sei. Außerdem sei der Anhörungsbogen im Bußgeldverfahren dem Kläger erst am 10. Juli 2013 und damit nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist zugegangen. Nach so langer Zeit sei keine Erinnerung an den Fahrer möglich, zumal das Fahrzeug als betriebliches Sicherheitsfahrzeug von verschiedenen Fahrern genutzt werde. Ein schwerwiegender Anhörungsmangel folge auch daraus, dass das Anhörungsschreiben vom 16. Oktober 2013 den Kläger erst am 8. November 2013 - und damit nach Absendung der angefochtenen Verfügung - erreicht habe. Im Übrigen habe die Beklagte keine zureichenden Ermittlungsbemühungen unternommen. Eine Befragung des Klägers sei nicht erfolgt. Schließlich sei die Ordnungsverfügung falsch adressiert worden, da die Zulassungsbescheinigung Teil I für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen E. -R. 0000 auf "L. e.K." ausgestellt sei.

Der Kläger beantragt,

die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 7. November 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, die Erfolglosigkeit der Ermittlungen seien nicht auf eine schlechte Fotoqualität, sondern auf fehlende Mitwirkung des Klägers zurückzuführen. Er habe im Bußgeldverfahren zu keiner Zeit den Täterkreis auch nur eingeengt. In diesen Fällen sei die Zwei-Wochen-Frist irrelevant. Daher sei es der Bußgeldbehörde auch nicht zumutbar gewesen, wahllos weitere zeitraubende Ermittlungen anzustellen. Soweit sich der Kläger im Fahrtenbuchverfahren erstmals auf fehlende Erinnerung berufen habe, sei dies verspätet. Im Übrigen treffe den Kläger die Pflicht, auch ohne aussagekräftiges Lichtbild Angaben zu dem als Fahrer in Betracht kommenden Personenkreis zu machen. Trotzdem sei ein Passfoto des Klägers angefordert und versucht worden, den Fahrer zu ermitteln. Nach der Rechtsprechung liege daher ein behördliches Ermittlungsdefizit nicht vor. Im Übrigen sei die Messanlage selbst am 17. Juni 2014 mit der zu diesem Zeitpunkt aktuellen Systemsoftware (Version 3.24) und Auswertungssoftware ("Tuff-Viewer", Version 3.38.0) betrieben worden. Eine nachträgliche Richtigkeitskontrolle der Geschwindigkeitsmessung sei möglich und im Falle des Klägers auch mit der Softwareversion 3.45.1 des "Tuff-Viewer" bestätigt worden. Die Umstellung sei auf Anweisung der PTB und lediglich zur Erweiterung des Funktionsumfangs erfolgt.

Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 4. und 21. Februar 2014 jeweils auf Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Der gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zuständige Einzelrichter konnte über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierauf verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtene Ordnungsverfügung der Beklagten vom 7. November 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

I. Die Beklagte hat von der für die Anordnung der Fahrtenbuchauflage einschlägigen Ermächtigungsgrundlage des § 31a Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) in formell und materiell rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht.

1. Ein Anhörungsmangel liegt entgegen der Ansicht des Klägers nicht vor. Dabei mag offen bleiben, ob der Kläger vor Erlass des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört worden ist oder ob ihm das Anhörungsschreiben vom 16. Oktober 2013 - wie er vorträgt - tatsächlich erst am 8. November 2013 zugegangen ist. Denn ein derartiger Anhörungsmangel wäre im vorliegenden Verfahren jedenfalls durch den Austausch schriftsätzlicher Sachäußerungen zwischen den Beteiligten, im Zuge dessen die Beklagte die Einlassungen des Klägers zur Kenntnis genommen hat, aber gleichwohl an der Ordnungsverfügung festhalten will, geheilt (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW).

2. Die Voraussetzungen des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO sind erfüllt. Danach kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter (a) für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften (b) nicht möglich war (c).

a) Der Kläger war als Fahrzeughalter richtiger Adressat der Ordnungsverfügung. Das Fahrzeug mit dem Kennzeichen E. -R. 0000 ist laut der vorgelegten Zulassungsbescheinigung Teil I (Bl. 114 E. . Gerichtsakte) sowohl auf den bürgerlichen Namen des Klägers ("L. , S. E2. ") als auch auf dessen handelsrechtlichen Namen i.S.E. . § 17 Abs. 1 HGB ("Firma" - hier: "L. Security e.K.") zugelassen. Ist aber die Zulassung ausdrücklich (auch) auf den Kläger mit seinem korrekten bürgerlichen Namen erfolgt, ist für eine Falschbezeichnung nicht ersichtlich. Anhaltspunkte dafür, dass die für die Haltereigenschaft maßgebliche Indizwirkung der Zulassungsbescheinigung

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Juni 2014 - 8 B 110/14 -, juris,

vorliegend widerlegt wäre, fehlen.

b) Eine Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften (hier gegen § 24 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i. V. m. § 49 Abs. 3 Nr. 4 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und § 41 Abs. 1 StVO i. V. m. Anlage 2 Abschnitt 7 Nr. 49 [Zeichen 274]) lag in der mit dem auf den Kläger zugelassenen Fahrzeug E. -R. 0000 am 17. Juni 2013 begangenen Überschreitung der außerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit (80 km/h) um 32 km/h.

Der Verstoß gegen die Verkehrsvorschrift muss in tatsächlicher Hinsicht feststehen. Bestreitet der Halter eines Kraftfahrzeugs, der ein Fahrtenbuch führen soll, den Verkehrsverstoß, der zu der Auferlegung einer Fahrtenbuchauflage führt, so muss er nach Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens im verwaltungsgerichtlichen Verfahren substantiierte Angaben machen, die seine Schilderung plausibel erscheinen lassen.

Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 4. Februar 2013 - 8 B 54/13 -, vom 9. Mai 2006 - 8 A 3429/04 - und vom 11. April 2006 - 8 A 1130/05 -, jeweils unter Hinweis auf OVG NRW, Urteil vom 31. März 1995 - 25 A 2798/93 -, NWVBl. 1995, S. 388 ff., sowie OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Juni 1999 - 12 M 2491/99 -, NZV 1999, S. 486 f.

Messergebnisse, die mit amtlich zugelassenen Geräten in standardisierten Verfahren gewonnen werden, können (nach Abzug der Messtoleranz) von Behörden und Gerichten im Regelfall ohne weiteres zugrundegelegt werden (aa); Fehlerquellen brauchen nur erörtert zu werden, soweit der Einzelfall dazu konkrete Veranlassung gibt (bb).

Vgl. dazu unter anderem Vgl. OVG NRW, Urteil vom 31. März 1995 - 25 A 2798/93 -, NWVBl. 1995, 388, im Anschluss an BGH, Beschluss vom 19. August 1993 - 4 StR 627/92 -, NJW 1993, 3081; OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Mai 2002 - 8 A 957/00 -, vom 27. Juli 2006 - 8 A 810/06 -, vom 16. Juli 2008 - 8 A 82/08 -, vom 15. April 2009 - 8 B 400/09 - und vom 7. Januar 2013 - 8 A 1673/12 -; vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 12 L 2087/99 -, DAR 1999, 424.

aa) Die hier in Rede stehende Geschwindigkeitsmessung mit einem Lasermessgerät der Marke "PoliScan F1 HP" ist entgegen der von Klägerseite zitierten amtsgerichtlichen Rechtsprechung infolge der Zulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) - hier: Zulassungszeichen 18.15 / 10.01 - ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der obergerichtlichen Rechtsprechung.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2014 - 8 B 183/14 -, S. 4 f. des Abdrucks unter Hinweis auf die Angaben der PTB zur Zulassung des Messgerätes unter: www.ptb.de/cms/fachabteilungen/abt1/fb-13/ag-131/geschwindigkeitsueberwachungsgeraete.html; ferner: Richtigstellung der PTB zum Urteil des AG Aachen vom 10. Dezember 2012, abrufbar unter: www.ptb.de/cms/fachabteilungen/abt1/fb-13/stellungnahme.html.

Unter einem "standardisierten (Mess-)Verfahren" ist ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind. Nicht erforderlich ist, dass die Messung in einem voll automatisierten, menschliche Handhabungsfehler praktisch ausschließenden Verfahren stattfindet. Diesen Anforderungen werden grundsätzlich - wie auch im vorliegenden Fall -Lasermessverfahren gerecht, bei denen die Geschwindigkeitsmessung von besonders geschultem Messpersonal unter Beachtung der Betriebsanleitung des Geräteherstellers und der Zulassungsbedingungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt durchgeführt wird.

Vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 1997 - 4 StR 24/97 -, NJW 1998, 321, juris.

Zwar wird die Messung von Geschwindigkeitsüberschreitungen mit Messgeräten "PoliScan Speed" der Firma Vitronic von mehreren erstinstanzlichen Gerichten - unter anderem von den im Klageverfahren vorgelegten Entscheidungen der Amtsgerichte Tiergarten und Königs Wusterhausen - nicht als standardisiertes Messverfahren anerkannt.

Vgl. u. a. AG Aachen, Urteil vom 10. Februar 2012 ? 444 OWi 93/12, 444 OWi-606 Js 31/12-93/12 -, juris Rn. 8 ff.; AG Herford, Urteil vom 24. Januar 2013 - 11 OWi-502 Js 2650/12-982/12, 11 OWi 982/12, 11 OWi-502 Js 2650/12-982/12 -, juris, Rn. 14, 20 f., 25 f.; AG Tiergarten, Urteil vom 13. Juni 2013 - (318 OWi) 3034 Js-OWi 489/13 (86/13), 318 OWi 86/13 -, juris Rn. 19 und 33 ff.; AG Königs Wusterhausen, Urteil vom 9. August 2013 - 2.2 OWi 4125 Js 57010/12 (760/12), 2.2 OWi 760/12 -, VRR 2013, 443 (Kurzwiedergabe) = juris (Orientierungssatz); AG Rostock, Beschluss vom 27. September 2013 - 35 OWi 1/12 -, juris Rn. 4 und 11 ff.; AG Emmendingen, Urteil vom 26. Februar 2014 - 5 OWi 530 Js 24840/12 -, juris Rn. 24 ff.; weitere Nachweise bei OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2014 - 8 B 183/14 -, S. 5.

Diese Einschätzung wird allerdings - auch schon für die baugleichen Vorgängervarianten des Messgerätes und unabhängig von der verwendeten Softwareversion - von der obergerichtlichen Rechtsprechung insbesondere mit Blick darauf, dass aufgrund der amtlichen Zulassung des Messgerätes die generelle Zuverlässigkeit und Geeignetheit des Gerätes feststehe, nicht geteilt.

Vgl. OLG E1. , Beschluss vom 14. Juli 2014 - IV-1 RBs 50/14, 1 RBs 50/14 -, juris; KG Berlin, Beschluss vom 3. Juli 2014 - 3 Ws (B) 249/14 - 122 Ss 73/14, 3 Ws (B) 249/14-122 Ss 73/14 -; OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 31. Oktober 2013 - 1 Ss OWi 141/13 (172/13), 1 SsOWi 141/13 (172/13) -, juris; OLG Köln, Beschluss vom 6. März 2013 - III-1 RBs 63/13, 1 RBs 63/13 -, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. April 2010 - 2 Ss-OWi 236/10 -; KG Berlin, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 Ws (B) 24/10, 3 Ws (B) 24/10 - 2 Ss 15/10 -; OLG E1. , Beschluss vom 20. Januar 2010 - IV - 5 Ss (OWi) 206/09 - (OWi) 178/09 I, 5 Ss (OWi) 206/09 - (OWi) 178/09 I -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2014 - 8 B 183/14 -, S. 5 f. m.w.N.; vgl. auch Urteil der Kammer vom 18. August 2011 - 6 K 6914/10 -.

Das OLG E1. führt in dem genannten Beschluss vom 14. Juli 2014 aus:

Unter einem standardisierten Messverfahren ist ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (BGHSt 43, 277, 284). Diesen Anforderungen wird das auf der Basis einer Laserpuls-Laufzeitmessung arbeitende Messverfahren PoliScan Speed/Vitronic gerecht, dessen Bauart von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassen ist.

aa) Von der PTB zugelassene Systeme zur Geschwindigkeitsmessung sind grundsätzlich als standardisierte Messverfahren anzuerkennen (OLG Bamberg ZfSch 2013, 290; Cierniak ZfSch 2012, 664). Die hiergegen in Teilen der amtsgerichtlichen Rechtsprechung aufgekommenen Bedenken vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Sie geben vielmehr Anlass zu dem Hinweis, dass der Bundesgerichtshof in seinen grundlegenden Entscheidungen zum Begriff des standardisierten Messverfahrens gerade die amtlich zugelassenen Geräte zur Geschwindigkeitsermittlung im Blick hatte (BGHSt 39, 291, 297, 302 und BGHSt 43, 277, 284). Das - normierte - Prüfverfahren vor der eigens hierfür mit Sachmitteln und Fachpersonal ausgestatteten PTB bietet nämlich die bestmögliche Gewähr dafür, dass ein neu entwickeltes System zur Geschwindigkeitsmessung die in der Eichordnung (EO) festgelegten Anforderungen erfüllt, also die in Anlage 18, Abschnitt 11 zu § 33 EO festgelegten Verkehrsfehlergrenzen einhält und eine korrekte Zuordnung der Messwerte zu den jeweils abgelichteten Fahrzeugen gewährleistet. Wie sich aus der im Internet (www.ptb.de/cms/fachabteilungen/abt1/ fb-13/stellungnahme.html, letzte Änderung: 26. August 2013) veröffentlichten Stellungnahme der PTB zum Urteil des AG Aachen vom 10. Dezember 2012 (DAR 2013, 218) ergibt, liegt speziell im Fall des Messgerätes PoliScan Speed der Prüfumfang bei bislang mehr als 20.000 Einzelmessungen, die ausnahmslos im laufenden Straßenverkehr, also unter realen Bedingungen, erfolgt sind. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass auch im Stadium nach der Bauartzulassung eines Messgerätes eine weitere laufende Kontrolle gewährleistet bleibt, denn die PTB als zuständige technische Oberbehörde hat im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags Hinweisen auf Messfehler nachzugehen, für das Abstellen der Fehler zu sorgen und - wenn notwendig - die erteilte Bauartzulassung zurückzunehmen (§ 25a EO).

bb) Angesichts der erfolgten Bauartzulassung besteht auch kein Anlass, dem System PoliScan Speed die Anerkennung als standardisiertes Messverfahren zu versagen, weil ein Sachverständiger - mangels Zugangs zu patent- und urheberrechtlich geschützten Herstellerinformationen - die genaue Funktionsweise des Gerätes anhand hierfür relevanter Daten der Messwertermittlung nicht im Einzelnen nachvollziehen kann. Die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden verfolgt - ebenso wie die Berücksichtigung eines Toleranzabzugs für etwaige systemimmanente Messfehler - gerade den Zweck, Ermittlungsbehörden und Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung und Erörterung des Regelfalles freizustellen (so ausdrücklich BGHSt 39, 291, 297). Dies ist insbesondere im Bereich der Geschwindigkeitsüberwachung unbedenklich angesichts der Tatsache, dass nach erfolgter Zulassung eines Messverfahrens jedes zum Einsatz kommende Einzelgerät noch zusätzlich dem Erfordernis der regelmäßigen Eichung - mithin einer turnusmäßige Kontrolle der Gerätefunktionen und ihrer Konformität mit dem bei der PTB hinterlegten Baumuster durch eine unabhängige (Landes-)Behörde - unterliegt. Bedenkt man, dass schon in Strafsachen regelmäßig die Ergebnisse allgemein anerkannter kriminaltechnischer oder rechtsmedizinischer Untersuchungsverfahren verwertet werden, ohne dass die genaue Funktionsweise der verwendeten Messgeräte bekannt ist, so besteht kein Anlass für insoweit strengere Anforderungen in Bußgeldsachen, bei denen es lediglich um die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten geht und die im Hinblick auf ihre vorrangige Bedeutung für Massenverfahren des täglichen Lebens auf eine Vereinfachung des Verfahrensganges ausgerichtet sind (so bereits BGHSt 39, 291, 299; vgl. ferner OLG Schleswig SchlHA 2013, 450). Der Anspruch des Betroffenen, nur aufgrund ordnungsgemäß gewonnener Messdaten belangt zu werden, bleibt durch die Möglichkeit gewahrt, auf konkrete Zweifel an der Richtigkeit der Messung im Einzelfall hinzuweisen und diesbezüglich Beweisanträge zu stellen.

cc) Die in Teilen der Instanzrechtsprechung und des Schrifttums geäußerte Kritik am Zulassungsverfahren hinsichtlich des Messgerätes PoliScan Speed ist unberechtigt. Im Einzelnen:

(1) Dass das Gerät zugelassen wurde, obwohl der auf PoliScan-Fotos eingeblendete "Auswerterahmen" nicht die Zone der Messwertentstehung abbildet, stellt keinen Verstoß der PTB gegen ihre eigenen Vorgaben dar (so aber Schmedding/O1. / Reuß SVR 2012, 121, 126 unter Hinweis auf die PTB-A-18.11. Abschnitt 3.5.4, heute 3.5.3). Vielmehr legt die gültige Bauartzulassung des Gerätes in Übereinstimmung mit der Ausnahmeregelung des § 16 Abs. 3 EO ausdrücklich fest, dass von dieser Anforderung hier in Übereinstimmung mit der Gesetzes- und Verordnungslage abgesehen werden konnte, weil "auf andere Weise (Detektion der Fahrzeuge im Messbereich ... ) eine zweifelsfreie Zuordnung eines Messwertes zu einem dokumentierten Fahrzeug sichergestellt ist" (vgl. Stellungnahme der PTB, aaO, Nr. 4b).

(2) Die im Hinblick auf Zeitverzögerungen zwischen Messwertbildung und Fotoentstehung geäußerte Besorgnis einer Fehlzuordnung (vgl. Schmedding/O1. /Reuß, aaO, S. 124: "Zweifel an der Zuverlässigkeit der Rahmenzuordnung zum richtigen Kfz im dichteren Verkehrsgeschehen") ist ebenfalls unbegründet. Laut Stellungnahme der PTB (aaO, Nr. 4c) sind in Bezug auf die Positionierung des Auswerterahmens bei den Vorgängerversionen der hier verwendeten Gerätesoftware 1.5.5 zwei Auffälligkeiten aufgetreten: Der eine Effekt betraf eine Fehlzuordnung bei sehr langsam fahrenden Fahrzeugen, allerdings nur im Falle eines Hinzutretens "künstlicher", in realen Verkehrssituationen niemals beobachteter Rahmenbedingungen/Fahrmanöver. Der andere Effekt trat bei Fahrzeugen mit hoher Geschwindigkeit auf und war auf einen Gerätedefekt zurückzuführen, der für den Anwender stets sofort erkennbar wurde (unverwertbares Foto) und im jeweiligen Einzelfall zur Aussonderung des betroffenen Gerätes führte. Bei diesem Sachstand stellte sich schon die (weitere) Nutzung der Vorgängerversionen des Messsystems PoliScan Speed als messtechnisch und zulassungsrechtlich unbedenklich dar. Erst recht gilt dies für die - hier eingesetzte - Softwareversion 1.5.5, bei der laut Stellungnahme der PTB die beiden vorerwähnten Effekte zuverlässig auszuschließen sind.

Im Übrigen ist zu bemerken, dass das weit verbreitete und seit Jahren eingesetzte System PoliScan Speed/Vitronic Gegenstand diverser Untersuchungen und sachverständiger Diskussionen gewesen ist, ohne dass - soweit für den Senat ersichtlich - der Fall einer Fehlzuordnung des gefertigten Lichtbildes in einer realen Verkehrssituation dokumentiert wurde. Entsprechendes haben selbst die Versuchsreihen der - dem Gerät teils sehr kritisch gegenüberstehenden - Sachverständigen nicht zutage gefördert (vgl. Schmedding/O1. /Reuß, aaO; Winninghoff/Hahn/Wietschorke DAR 2010, 106 ff; vgl. ferner auch OLG Karlsruhe DAR 2010, 216 zu Versuchsreihen der DEKRA zwecks Überprüfung eines Einzelgeräts). Der Senat sieht daher keinerlei greifbare Anhaltspunkte für etwaige Zweifel an der Bauartzulassung des Gerätesystems PoliScan Speed".

Dieser Einschätzung schließt sich der Einzelrichter an. Ergänzend und vertiefend sei angemerkt, dass eine eingeschränkte Überprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit des Messverfahrens und der mit dem Gerät PoliScan F1 HP gewonnenen Messergebnisse keinen greifbaren Zweifel an deren Rechtsstaatlichkeit aufwerfen. Hierbei ist hervorzuheben, dass der Gesetzgeber Geschwindigkeitsüberschreitungen der in Rede stehenden Art in § 24 Abs. 1 StVG und § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO nicht als kriminelles Unrecht, sondern nur als Ordnungswidrigkeit bewertet hat, das deshalb im Bußgeldverfahren zu ahnden ist. Dieses ist aber schon im Hinblick auf seine vorrangige Bedeutung für die Massenverfahren des täglichen Lebens auf eine Vereinfachung des Verfahrensganges ausgerichtet. Dem würde zuwiderlaufen, wäre der Tatrichter gehalten, die Messpräzision in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Einflussfaktoren zu prüfen. Dies würde die Beweisaufnahme unnötig belasten, zumal es dazu regelmäßig der Hinzuziehung eines Gutachters oder sogar mehrerer Sachverständiger bedürfte; es wäre bei den Massenverfahren wegen Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit unverhältnismäßig und ist auch kein Gebot der Einzelfallgerechtigkeit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es - wie in der Rechtsprechung anerkannt ist - selbst auf dem Gebiet der exakten Naturwissenschaften ein absolut sicheres Wissen nicht gibt; ebenso wenig ist bei Messungen im Bereich von Naturwissenschaften eine absolute Genauigkeit erreichbar.

Vgl. zu Atemalkoholmessgeräten BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 1999 - 4 StR 106/99 -, BGHSt 45, 140-148, und vom 3. April 2001 - 4 StR 507/00 -, BGHSt 46, 358-373, jeweils juris m.w.N.

Entscheidend ist, dass das Messsystem in aller Regel korrekte Geschwindigkeitswerte ermittelt. Unerheblich ist, aufgrund welcher Rechenvorgänge dies stattfindet. Diese werden bei anderen Messverfahren ebenfalls nicht in allen Einzelheiten offengelegt. Im Übrigen ist es dem Betroffenen unbenommen, sich die für eine Entscheidung über die Rüge konkreter Fehlerquellen erforderliche Tatsachengrundlage etwa durch Einsicht in die Gebrauchsanweisung - ggf. im Wege der Akteneinsicht - zu verschaffen.

Vgl. OLG Köln, Beschluss vom 6. März 2013 - III-1 RBs 63/13, 1 RBs 63/13 -, juris Rn. 21.

Hierin liegt auch keine Verletzung des Justizgewährungsanspruchs aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, wie sie der Kläger zuletzt mit Schriftsatz vom 17. September 2014 unter Hinweis auf eine von ihm zu einem Parallelfall erhobene Verfassungsbeschwerde vom 12. September 2014 - diese betrifft einen Verkehrsverstoß des Klägers auf der G. Brücke vom 4. Juli 2013 - (Bl. 152 ff. E. . Gerichtsakte) gerügt hatte. Namentlich der Vorwurf, die Grundsätze des standardisierten Messverfahrens verletzten den von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG mit umfassten Anspruch des Bürgers auf wirksame und möglichst lückenlose gerichtliche Kontrolle, trifft nach vorstehenden Ausführungen nicht zu. Im Übrigen braucht die richterliche Überzeugung nicht auf absoluter, das Gegenteil denknotwendig ausschließender und darum von niemandem anzweifelbarer Gewissheit zu beruhen. Genügend, aber auch erforderlich ist ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, dass eine andere Auffassung bei vernünftiger Überlegung nicht denkbar ist und dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt. Dabei haben solche Zweifel außer Betracht zu bleiben, die realer Anknüpfungspunkte entbehren und sich lediglich auf die Annahme einer bloß gedanklichen, abstrakt theoretischen Möglichkeit gründen.

Zu den Anforderungen an die richterlicher Überzeugung vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 18. Aufl. 2012, § 108 Rn. 5 ff.

Dass der Gerätehersteller Vitronic und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) die für eine Nachprüfung notwendigen Daten im Hinblick auf Urheber- und Patentschutzrechte nicht veröffentlichen, steht damit der Verwertbarkeit des Messergebnisses grundsätzlich - so auch hier - nicht entgegen.

Vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 1. März 2010 - 2 Ss-OWi 577/09 -, juris Rn. 6 (= DAR 2010, 216); OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 1 (8) SsBs 276/09 -, juris (= NZV 2010, 364).

bb) Konkrete Fehlerquellen sind im vorliegenden Einzelfall weder dem von Klägerseite vorgelegten Privatgutachten zu entnehmen (1), noch sind solche im Übrigen greifbar (2).

(1) Die in dem Gutachten der P. O1. Sachverständigen mbH & Co. KG vom 14. Januar 2014 allgemein geübte Kritik an dem Messgerät PoliScanSpeed kommt im vorliegenden Fall nicht zum Tragen. Sie bezieht sich vor allem auf mögliche Fahrzeugverwechslungen bei sehr langsamen Geschwindigkeiten oder bei nebeneinander fahrenden Fahrzeugen (vgl. S. 7, S. 9, 3. Abs. des Gutachtens).

Vgl. auch Schmedding/O1. /Reuß, SVR 2012, 121, 125 f.;

Das Fahrzeug des Klägers hatte indes eine Geschwindigkeit von 112 km/h (nach Abzug der Toleranz von 4 km/h). Auf dem Messfoto ist kein anderes Fahrzeug zu sehen.

So bereits OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2014 - 8 B 183/14 -; Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 3. Aufl. 2014, Rn. 839.

Dementsprechend stellt auch das Gutachten - bezogen auf den vorliegenden Fall - fest, dass Lage und Inhalt des Auswerterahmens den Vorgaben der derzeit gültigen Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers entsprechen und Anhaltspunkte für einen Fehler bei der Messwertzuordnung zu dem Fahrzeug des Klägers nicht bestehen (S. 17 f.). Die dem externen Gutachter nur eingeschränkt mögliche Plausibilitätskontrolle begründet ebenfalls keine Unverwertbarkeit der Messung. Der Offenlegung aller Einzeldaten der Messdatei, mit denen sich der geräteinterne Rechenvorgang des Messgeräts bis auf den letzten detaillierten Rechenvorgang überprüfen lässt, obwohl die geräteinternen Rechenoperationen von einer offiziellen Stelle bereits geprüft und zugelassen wurden, bedarf es mit Blick auf vorstehende Ausführungen vorliegend nicht.

(2) Zweifel an der Funktionstüchtigkeit und der sachgerechten Handhabung des im Einzelfall eingesetzten Messgerätes sind vorliegend nicht ersichtlich. Nach dem vorgelegten Eichschein hat die Eichung noch bis zum Ende des Jahres 2014 Gültigkeit. Aus dem Messprotokoll ergibt sich, dass eine Funktionsprüfung durch einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes durchgeführt wurde, ohne dass Besonderheiten festgestellt wurden. Dessen Schulungsnachweis hat die Beklagte im vorliegenden Verfahren nachgereicht. Das Messfoto ist einwandfrei, der Auswerterahmen erfasst das vordere Kennzeichen vollständig und liegt deutlich mit dem unteren Rand unterhalb der Vorderräder des Fahrzeugs, wie es die Bedienungsanleitung erfordert. Weitere Fahrzeuge unmittelbar neben dem des Betroffenen, oder gar innerhalb des Auswerterahmens, sind - wie dargelegt - auf dem Messbild nicht vorhanden.

Vgl. hierzu auch Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 3. Aufl. 2014, Rn. 839.

Die diesbezüglich vorgetragenen Bedenken des Klägers bleiben insoweit vage und spekulativ und sind insgesamt lediglich ins Blaue hinein aufgestellt. Sie geben dem Gericht keine Veranlassung, den Sachverhalt weiter aufzuklären.

Im Übrigen folgt ein Messfehler auch nicht aus der Aufhebung zahlreicher Bußgeldbescheide, die Geschwindigkeitsüberschreitungen auf der G. Brücke im Zeitraum 24. Juli bis 19. August 2013 zum Gegenstand hatten. Die PTB hatte gemäß dem 1. Nachtrag zur 2. Neufassung zur innerstaatlichen Bauartzulassung für die mit der Betriebssoftware 3.2.4 ausgestatteten Messgeräte zum 24. Juli 2013 eine neue Version 3.45.1 der Auswertungssoftware "Tuff-Viewer" zugelassen. Zugleich wurde die bisher gültige Version des Tuff-Viewer (3.38.0) für unzulässig erklärt. Sofern Falldateien nach dem Stichtag 24. Juli 2014 noch mit der Version 3.38.0 ausgewertet wurden, war eine Auswertung mit der gültigen Tuff-Viewer-Version 3.45.1 nachzuholen (vgl. die PTB-Stellungnahme vom 10. Februar 2014, Bl. 69 E. . Gerichtsakte). Gleichwohl bearbeitete die Beklagte vom 24. Juli bis 19. August 2013 noch Fälle mit der alten Software (3.38.0) und verschickte entsprechende Mitteilungen an die Fahrzeughalter. Eingestellt wurden nach insoweit unbestrittener Darstellung der Beklagten nur diejenigen Verfahren, in denen die Auswertung wegen Inkompatibilität der Falldaten mit der neuen Software (3.45.1) nicht nachholbar gewesen sei.

Vgl. hierzu auch WZ-newsline vom 3. Dezember 2013: "Falsche Blitzer-Software: Stadt zieht Bußgelder zurück", abrufbar unter http://www.wznewsline.de/lokales/duesseldorf/falscheblitzersoftwarestadtziehtbussgelderzurueck-1.1495839;

Allein hieraus lässt sich für den vorliegenden Fall eine Fehlmessung am 17. Juni 2014 nicht ableiten. Zwar können konkrete Anhaltspunkte für Messfehler im Einzelfall auch aus technischen Besonderheiten des angewandten Messverfahrens resultieren.

Vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 1997 - 4 StR 24/97 -, BGHSt 43, 277, juris.

Derartige Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Dabei mag offen bleiben, ob der Grund für das Update tatsächlich nur - wie in der PTB-Stellungnahme vom 10. Februar 2014 nahegelegt wird - in einer Erweiterung des Funktionsumfangs der Auswertungssoftware "TuffViewer" bestand oder ob hierfür (auch) Zweifel an der Verlässlichkeit der zum Tatzeitpunkt eingesetzten Softwareversion 3.38.0 ursächlich gewesen sein könnten.

Vgl. hierzu Schäfer/Grün, Poliscan - (k)ein standardisiertes Messverfahren - Teil 2, VRR 2014, 218 f., wonach die neueste Auswertesoftware (Version 3.45.1) gegenüber der Vorgängerversion verstärkt Falldatensätze unterdrücke und in manchen Fällen - beim gleichen Falldatensatz - breitere Auswerterahmen aufweise als die Version 3.38.0.

Denn die Auswertung der Falldatei ist hier von der Beklagten mehrfach - sowohl im Verwaltungsverfahren (am 21. August und am 9. September 2013), als auch im Klageverfahren am 4. März 2014 - jeweils mit der Version 3.45.1 wiederholt worden, wobei sich die Richtigkeit der Messung jeweils bestätigt hat (vgl. Bl. 14, 19 E. . Beiakte; Bl. 64, 70 E. . Gerichtsakte). Anhaltspunkte für eine erhöhte Fehleranfälligkeit der aktuell gültigen Version 3.45.1 des "TuffViewer", die gegenüber der Version 3.38.0 auch eine größere Transparenz und Plausibilitätskontrolle zulässt, sind nach Aktenlage nicht ersichtlich.

Vgl. auch AG Pinneberg, Urteil vom 29. Oktober 2013 - 31 OWi 82/13 -, juris; Burhoff/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 3. Aufl. 2014, Rn. 851; Schäfer/Grün, a.a.O.

War mithin die Geschwindigkeitsmessung im standardisierten Verfahren erfolgt, bilden die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Angaben zum verwendeten System (PoliScan F1 HP), zum Messwert (116 km/h) und zum vorgenommenen Toleranzabzug (4 km/h) die Grundlage einer ausreichenden und nachvollziehbaren Tatsachenwürdigung. Einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung oder gar einer Aussetzung des Verfahrens, wie sie der Kläger mit Blick auf seine Verfassungsbeschwerde zuletzt angeregt hatte, bedarf es vor diesem Hintergrund nicht

b) Die Feststellung des Fahrzeugführers war der zuständigen Bußgeldbehörde (Stadt E1. ) nicht möglich. Unmöglichkeit im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist anzunehmen, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie bis zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Verfolgungsverjährung der Verkehrsordnungswidrigkeit alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat. Die Angemessenheit der Aufklärung beurteilt sich danach, ob die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die in gleichliegenden Fällen erfahrungsgemäß Erfolg haben.

Vgl. nur Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschlüsse vom 9. Dezember 1993 - 11 B 113.93 -, juris Rdnr. 4, und vom 21. Oktober 1987 - 7 B 162.87 -, juris Rdnr. 4.

Zu den angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört grundsätzlich, dass der Halter möglichst umgehend - im Regelfall innerhalb von zwei Wochen - von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Oktober 1978 - VII C 77.74 -, juris Rdnr. 18, sowie Beschluss vom 25. Juni 1987 - 7 B 139.87 -, juris Rdnr. 2.

Die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Zweiwochenfrist für die Benachrichtigung des Fahrzeughalters gilt nur "regelmäßig"; sie ist kein formales Tatbestandskriterium des § 31a Abs. 1 StVZO und auch keine starre Grenze. Jene Fristbestimmung beruht vielmehr auf dem Erfahrungssatz, dass eine Person Vorgänge des persönlichen Lebensbereichs aus den letzten 14 Tagen im Regelfall wird erinnern oder jedenfalls noch rekonstruieren können. Deshalb darf angenommen werden, dass ein konkreter Anstoß innerhalb dieser Frist ausreicht, um zu verhindern, dass die Erinnerung entscheidend verblasst oder wesentliche, den Vorgang betreffende Unterlagen vernichtet werden, so dass es dem Fahrzeughalter in den sich an den Verkehrsverstoß anschließenden Verfahren möglich bleibt, seine Verteidigung auf dieser Grundlage einzurichten. Die Zweiwochenfrist gilt daher für jene vom Regelfall abweichenden Gestaltungen nicht, in denen - bei typisierender Betrachtung - auch eine spätere Anhörung zur effektiven Rechtsverteidigung genügt. Ihre Nichteinhaltung ist außerdem unschädlich, wenn feststeht, dass die Rechtsverteidigung des Fahrzeughalters durch dessen verzögerte Anhörung nicht beeinträchtigt worden ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 31. März 1995 - 25 A 2798/93 -, NWVBl. 1995, 388 = NJW 1995, 3335 = juris Rn. 14 ff.

Verzögerungen bei der Anhörung des Fahrzeughalters stehen - anders gewendet - der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage vor allem dann nicht entgegen, wenn feststeht, dass sie für die Erfolglosigkeit der Ermittlung des Fahrers nicht ursächlich geworden sind.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. November 2008 - 8 A 2169/08 -, juris Rn. 10, vom 7. April 2011- 8 B 306/11 -, NZV 2011, 470 = juris Rn. 8 ff., und vom 9. Juni 2011 - 8 B 520/11 -, NZV 2012, 148 = juris Rn. 8 ff.

Dies ist zum einen der Fall, wenn dem Halter ein zur Identifizierung des Fahrers ausreichendes Foto vorgelegt worden ist, weil es in einem solchen Fall in erster Linie nicht auf das Erinnerungsvermögen, sondern auf das Erkenntnisvermögen ankommt.

Vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 8. November 2004 - 12 LA 72/04 -, juris Rdnr. 5; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. November 1998 - 10 S 2673/98 -, juris Rdnr. 4.

Das gilt weiterhin für Fälle, in denen erkennbar ist, dass auch eine frühere Unterrichtung nicht zu einem Ermittlungserfolg geführt hätte, weil der Halter ohnehin nicht bereit war, an der erforderlichen Aufklärung mitzuwirken. Lehnt dieser die ihm mögliche und zumutbare Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, ohne sich bereits im Ordnungswidrigkeitenverfahren auf eine fehlende Erinnerung an den Fahrzeugführer zu berufen, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1982 - 7 C 3.80 -, juris Rdnr. 7, Beschlüsse vom 21. Oktober 1987 - 7 B 162.87 -, juris Rdnr. 4, und vom 9. Dezember 1993 - 11 B 113.93 -, juris Rdnr. 4 OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 - 8 A 280/05 -, juris Rdnr. 27, und Beschluss vom 9. September 2004 - 8 B 1812/04 -; Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 8. November 2004 - 12 LA 72/04 -, juris Rdnr. 5.

Die Anhörung begründet deshalb für den Halter, auch wenn sie nicht sofort erfolgt, eine Obliegenheit, zur Aufklärung eines mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört es insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Radarfoto erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. November 2005 - 8 A 280/05 -, juris Rdnr. 25 (= NWVBl. 2006, 193); Beschluss vom 15. Oktober 2009 - 8 A 817/09 -.

Die Mitwirkungsobliegenheiten des Halters bestehen vor dem Hintergrund, dass ein Foto für die Verfolgung einer Verkehrsordnungswidrigkeit nicht erforderlich ist und oftmals auch gar nicht gefertigt werden kann, grundsätzlich unabhängig davon, ob dem Halter ein (aussagekräftiges) Foto vorgelegt wird.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Juni 2012 - 8 A 808/12 -, vom 23. Januar 2007 - 8 A 933/06 -, und vom 22. März 2004 - 8 A 2384/03 -.

Die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Zweiwochenfrist für die Benachrichtigung des Fahrzeughalters gilt im Regelfall auch dann nicht, wenn die Verkehrszuwiderhandlung mit dem Firmenfahrzeug eines Kaufmanns im Sinne des Handelsrechts im geschäftlichen Zusammenhang begangen worden ist. Denn bei Firmenfahrzeugen fällt es in die Sphäre der Geschäftsleitung, organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass im Falle einer Verkehrszuwiderhandlung ohne Rücksicht auf die Erinnerung Einzelner festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat. Die Geschäftsleitung kann deshalb ihrer Verpflichtung als Fahrzeughalterin, bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Ordnungswidrigkeiten- bzw. Verwaltungsverfahren mitzuwirken, regelmäßig nicht mit der Behauptung genügen, es sei nicht möglich, den Fahrzeugführer ausfindig zu machen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Fahrzeug auch privat genutzt wird und ob der Kläger als eingetragener Kaufmann handels- oder steuerrechtlich gehalten ist, Aufzeichnungen über die Fahrten ihrer Mitarbeiter zu führen.

St. Rspr., vgl. OVG NRW, Urteile vom 31. März 1995 - 25 A 2798/93 -, NJW 1995, 3335 = juris Rn. 17, und vom 29. April 1999 - 8 A 699/97 -, NJW 1999, 3279 = juris Rn. 16, sowie Beschlüsse vom 29. Juni 2006 - 8 B 910/06 -, juris Rn. 16 ff., vom 15. März 2007 - 8 B 2746/06 -, juris Rn. 16, und zuletzt vom 10. Juli 2013 - 8 B 611/13 -, unveröffentlicht (Abdruck S. 3 f.); vgl. im Übrigen OVG Bremen, Beschluss vom 12. Januar 2006 - 1 A 236/05 -, juris Rn. 6, OVG M.- V., Beschluss vom 26. Mai 2008 - 1 L 103/08 -, juris Rn. 12; Bay.VGH, Beschlüsse vom 29. April 2008 - 11 CS 07.3429 -, juris Rn. 15, und vom 1. Juli 2009 - 11 CS 09.1177 -, juris Rn. 9; OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 26. März 2012 - 2 LA 21/12 -, juris Rn. 8 f.

Die Bußgeldbehörde kann ihre weitere Ermittlungstätigkeit an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten und darf insbesondere dann, wenn der Halter keine (weiterführenden) Angaben macht und der Behörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vorliegen, auf zeitraubende und kaum Erfolg versprechende weitere Aufklärungsmaßnahmen verzichten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1982 - 7 C 3.80 -, VRS 64, 466 = juris Rn. 7, sowie Beschlüsse vom 21. Oktober 1987 - 7 B 162.87 -, NJW 1988, 1104 = juris Rn. 4 f., und vom 9. Dezember 1993 - 11 B 113.93 -, juris Rn. 4; Dauer, in: Hentschel/König/ders., Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 31a StVZO Rn. 5; Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 6. Aufl. 2012, Rn. 325.

Aus welchen Gründen der Halter keine Angaben zur Sache macht, ist dabei unerheblich. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO setzt vor allem nicht voraus, dass der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers sonst zu vertreten hat.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Oktober 2013 - 8 A 562/13 -, juris Rn. 12 ff., vom 11. November 2013 - 8 B 1129/13 -, juris Rn. 12 ff., und vom 14. November 2013 - 8 A 1668/13 -, juris Rn. 14.

Nichts anderes gilt, wenn sich der Halter im Bußgeldverfahren auf ein "Schweigerecht" beruft und deshalb für die Bußgeldbehörde keine weiterführenden Ermittlungsansätze gegen eine bestimmte Person gegeben sind. Auch in diesem Fall kann und braucht die Behörde keine weiterführenden Ermittlungsmaßnahmen mehr ergreifen. Der Halter eines Fahrzeugs kann nicht verlangen, von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, wenn er in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren ein Recht zur Aussageverweigerung geltend gemacht hat. Ein "doppeltes Recht", nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitsverfahren die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, besteht nicht. Die Fahrtenbuchauflage stellt keine Sanktionierung prozessualer Rechte dar. Ihr Zweck besteht allein darin, die Sicherheit und Ordnung im Straßenverkehr zu gewährleisten und sicherzustellen, dass zukünftige Verkehrsverstöße nicht ungeahndet bleiben. Mit diesem Zweck ließe sich die Annahme eines "doppelten Rechts" im vorstehenden Sinne nicht vereinbaren.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 1995 - 11 B 7.95 -, BayVBl. 1996, 156 = juris Rn. 2 ff., und vom 11. August 1999 - 3 B 96.99 -, NZV 2000, 385 = juris Rn. 3; OVG NRW, Beschluss vom 9. Mai 2006 - 8 A 3429/04 -, juris Rn. 6.

Dies gilt im Übrigen unabhängig davon, ob der Halter im Bußgeldverfahren - nach dem Rechtsgrundsatz "nemo tenetur" - zu seinem persönlichen Schutz von seinem Schweigerecht als Betroffener Gebrauch macht, oder ob er von einer Benennung des Täters oder zumindest des in Betracht kommenden Täterkreises unter Berufung auf ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht zugunsten einer anderen Person absieht.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. März 1994 - 11 B 130.93 -, VRS 88, 158 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 7. April 1977 - XIII A 603/76 -, DAR 1977, 333; Bay. VGH, Beschlüsse vom 7. November 2008 - 11 CS 08.2650 -, juris Rn. 23, vom 28. Januar 2009 - 11 CS 08.2202 -, juris Rn. 15, und vom 23. Februar 2009 - 11 CS 08.2948 -, juris Rn. 13; Sächs. OVG, Beschluss vom 19. August 2013- 3 B 360/13 -, juris Rn. 7.

Dass die Ausübung des Schweigerechts bzw. eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts der Anwendbarkeit des § 31a StVZO auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht entgegensteht, ist bei alledem höchstrichterlich geklärt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 1981 - 2 BvR 1172/81 -, NJW 1982, 568 = juris Rn. 7; BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 1995 - 11 B 7.95 -, VRS 90, 70 = juris Rn. 2 ff., und vom 11. August 1999 - 3 B 96.99 -, NZV 2000, 385 = juris Rn. 2 f.

Gemessen an diesen Maßstäben liegt ein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit der Bußgeldbehörde nicht vor.

Ein Ermittlungsdefizit folgt zunächst nicht daraus, dass die vorgenannte Anhörung des Klägers in Bezug auf den am 17. Juni 2013 verübten Verkehrsverstoß erst nach einer Zeitspanne von etwa 3 bis 4 Wochen erfolgt ist. Auf eine Verzögerung kann sich der Kläger als eingetragener Kaufmann und Inhaber eines Firmenfahrzeugs nach vorstehenden Grundsätzen regelmäßig - so auch hier - nicht berufen. Zudem hat sich der Kläger hat sich im Rahmen seiner schriftlichen Anhörung - und auch im weiteren Verlauf des Ordnungswidrigkeitenverfahrens - nicht darauf berufen, dass ihm etwa aufgrund fehlenden Erinnerungsvermögens und damit gerade wegen der Verzögerung genauere Angaben nicht (mehr) möglich gewesen seien. Dieser Einwand wurde erstmals im Klageverfahren nach Eintritt der Verfolgungsverjährung (vgl. § 26 Abs. 3 Alt. 1 StVG) und damit verspätet erhoben.

Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30. November 2010 - 10 S 1860/10 -; OVG NRW, Beschluss vom 5. September 2012 - 8 A 1052/11 -, VG E1. , Gerichtsbescheid vom 27. Mai 2013 - 6 K 4676/11 -, jeweils juris m.w.N.

Schon deshalb war die Verzögerung bei der Anhörung als solche nicht kausal für die Nichtfeststellung des Fahrers.

Hinzu kommt, dass der Kläger in Reaktion auf den Anhörungsbogen bis auf weiteres jegliche Aussage verweigert und - auch nach erfolgter Akteneinsicht durch seinen Rechtsanwalt - keine weiterführenden Angaben zur Sache gemacht hat. Damit wurde gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger selbst keine Angaben zu den Personalien des Verantwortlichen machen und auch ansonsten nicht bei der Aufklärung des Verkehrsverstoßes mitwirken werde. Demgemäß ist nicht ersichtlich, dass gerade durch die Nichteinhaltung der Zweiwochenfrist die Rechtsverteidigung des Klägers beeinträchtigt worden wäre.

Schließlich war die Verzögerung auch deshalb für die Nichtfeststellung des Fahrers nicht kausal, weil es dem Kläger, selbst wenn ihm kein Foto vorgelegt worden wäre, zumindest oblegen hätte, den Nutzerkreis seines Fahrzeugs unter Benennung der üblichen Fahrer einzugrenzen. Dass ihm dies wegen fehlender Erinnerung an den Nutzerkreis nicht möglich gewesen sein sollte, legt der Kläger nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Bei dieser Sachlage hat die Bußgeldbehörde mit der schriftlichen Anhörung ihrer Ermittlungspflicht hinreichend Rechnung getragen, zumal auch ansonsten keine konkreten Ermittlungsansätze vorlagen. Sie war daher nach den oben aufgezeigten Grundsätzen zu weiteren Ermittlungen nicht mehr verpflichtet.

Dessen ungeachtet hat die Bußgeldbehörde, obwohl sie vor diesem Hintergrund ihre Ermittlungen an dieser Stelle hätte beenden können, noch einen Lichtbildabgleich zwischen dem Tatfoto und dem Passbild des Klägerin durchgeführt sowie den Außendienst der Beklagten - letztlich erfolglos - mit der Fahrermittlung beauftragt. Bei dieser Sachlage scheidet ein Ermittlungsdefizit in jeder Hinsicht aus.

c) Die Ordnungsverfügung ist auch in den von § 114 VwGO gezogenen Grenzen nicht wegen eines Ermessensfehlers zu beanstanden. Insbesondere begegnet die Anordnung der Fahrtenbuchauflage unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keinen Bedenken. Zwar rechtfertigt nur ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht eine Fahrtenbuchauflage. Als solcher wird allerdings - unabhängig von besonderen Umständen und der Frage einer konkreten Gefährdung Dritter durch den Verkehrsverstoß - bereits jede (auch erstmalige) Verkehrszuwiderhandlung angesehen, die im Falle der Ermittlung des Fahrers zu mindestens einem Punkt im Verkehrszentralregister geführt hätte.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, juris Rdnr. 10; OVG NRW, Urteil vom 29. April 1999 - 8 A 699/97 -, juris Rdnr. 38, sowie Beschluss vom 27. Juli 2006 - 8 B 1224/06 -, juris Rdnr. 6.

Nach diesen Maßstäben stellt die mit dem Pkw des Klägers begangene Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften um 32 km/h einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht dar. Denn im Falle einer ordnungswidrigkeitsrechtlichen Ahndung gemäß Nr. 5.4 der Anlage 13 zu § 40 FeV in der bis zum 30. April 2014 geltenden Fassung wäre er mit drei Punkten ins Verkehrszentralregister einzutragen gewesen. Darüber hinaus hätte er gemäß Nr. 11.3 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV), Nr. 11.3.6 der Tabelle 1 c) des Anhangs zu Nr. 11 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV i. V. m. § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG eine Geldbuße in Höhe von 120 Euro nach sich gezogen.

Die gegenüber dem Kläger angeordnete sechsmonatige Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage ist ebenfalls angemessen, da eine sechsmonatige Geltungsdauer als Mindestzeitraum einer effektiven Kontrolle angesehen wird.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, juris Rdnr. 11; OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2010 - 8 A 2866/09 -

und bei dem vorliegenden Schweregrad des Verkehrsverstoßes auch ein erheblich längerer Zeitraum als sechs Monate nicht ausgeschlossen ist.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 24. Juni 2013 - 8 B 573/13 - und vom 11. Oktober 2011- 8 B 1008/11 - (18 Monate).

Schließlich ist die Fahrtenbuchauflage, die weder wirtschaftliche Auswirkungen noch nennenswerte Belastungen des persönlichen, familiären oder beruflichen Lebensbereichs mit sich bringt, die Offenbarung von Fakten aus dem persönlichen Lebensbereich nicht verlangt und über eine gewisse, mit etwas - eher geringem - Zeitaufwand verbundene Lästigkeit nicht hinausgeht,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. März 1995 - 25 B 98/95 -, juris Rdnr. 17,

daher insgesamt fehlerfrei ergangen.

Die Pflicht, das Fahrtenbuch auch für ein Ersatzfahrzeug zu führen, beruht auf § 31a Abs. 1 Satz 2 StVZO.

II. Die gemäß § 22 Abs. 1 Verwaltungskostengesetz (VerwKostG) mit angefochtene Gebührenfestsetzung der Beklagten,

vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 8 B 1626/10 -, juris Rdnr. 5 ff.,

war ebenfalls rechtmäßig. Grundlage der Gebührenfestsetzung ist § 6 a Abs. 2 und 3 StVG, § 1 Abs. 1 Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt). Der Gebührenrahmen für die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches beträgt 21,50 Euro bis 200,00 Euro (vgl. Gebührennummer 252 des Gebührentarifs für Maßnahmen im Straßenverkehr [GebTSt], Anlage zu § 1 GebOSt). Ein Anlass zur Beanstandung der hier festgesetzten Mindestgebühr ist weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.421,50 Euro festgesetzt.