OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 15.08.2014 - 6 UF 30/14
Fundstelle
openJur 2014, 20450
  • Rkr:
Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

In Abänderung des angefochtenen Beschlusses sowie des Beschlusses des Amtsgerichts Darmstadt vom ….2012 (Az.:…) in der Fassung des Beschlusses des OLG Frankfurt am Main vom ….2013 (…) werden das Recht der Aufenthaltsbestimmung, das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten, das Recht zur Antragstellung bei Ämtern und Behörden, sowie das Recht zur Antragstellung auf Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 ff. SGB VIII für die Beteiligten zu 1) bis 4)auf die Kindeseltern, die Beteiligten zu 7) und 8)zurückübertragen.

Gerichtskosten werden für das Verfahren nicht erhoben.Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die beteiligten Kindeseltern erstreben die Rückübertragung entzogener Teilrechte der elterlichen Sorge für ihre Kinder. Hintergrund des Sorgerechtsentzugs ist die Weigerung der Kindeseltern, ihre Kinder in öffentlichen bzw. zugelassenen Privatschulen unterrichten zu lassen. Stattdessen erteilen die Eltern ihren Kindern zu Hause Heimunterricht.

Mit Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Darmstadt vom ….2012 wurde den Kindeseltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten sowie das Recht zur Antragstellung bei Ämtern und Behörden für ihre vier Kinder entzogen und auf das Jugendamt O1 als Pfleger übertragen. Außerdem wurde den Kindeseltern aufgegeben, die Kinder an das Jugendamt zur Durchsetzung der Schulpflicht herauszugeben. Die von den Kindeseltern erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des erkennenden Senats vom ….2013 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts sich nicht auf die Zeit der hessischen Schulferien bezieht. In der Begründung hat der Senat ausgeführt, der Entzug der Teilbereiche der elterlichen Sorge diene ausschließlich dazu, die Kinder während der Schulzeiten einer Schule zuzuführen. Nach §§ 1666, 1666a BGB sei die Einschränkung des Sorgerechts der Kindeseltern gerechtfertigt, da die beharrliche Weigerung der Eltern für einen Schulbesuch ihrer Kinder Sorge zu tragen eine Gefährdung des Kindeswohls darstelle.

Das vorliegende Verfahren wurde mit Antragsschrift des Jugendamtes vom 14.06.2013, mit der ergänzend der Entzug des Rechts zur Antragstellung auf Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27 ff. SGB VIII beantragt wurde, eingeleitet.

(Von der Darstellung der folgenden Textpassagen wird abgesehen - die Red.).

Mit dem angefochtenen Beschluss vom ….2013 hat das Amtsgericht den Kindeseltern ergänzend auch die elterliche Sorge hinsichtlich des Rechts zur Antragstellung auf Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27 ff. SGB VIII bezüglich der vier Kinder entzogen und die Anträge der Kindeseltern, ihnen unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Darmstadt vom ….2012 in der Fassung des Beschlusses des OLG Frankfurt am Main vom ….2013 das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten sowie das Recht zur Antragstellung bei Ämtern und Behörden für die Kinder sowie die Hilfsanträge der Kindeseltern, das Recht Anträge gemäß §§ 56 Abs. 2 S. 3, 60 Abs. 2 S. 2 des Hessischen Schulgesetzes auf die Kindeseltern zurück zu übertragen, sowie hilfsweise das Recht, mit den betroffenen Kindern aus der Bundesrepublik Deutschland auszuwandern, zurück zu übertragen und dort den Aufenthalt der Kinder zu bestimmen, zurückgewiesen, desgleichen die entsprechenden Anträge und Hilfsanträge des Kindes X. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, ohne den Entzug des weiteren Teilbereichs „Recht zur Antragstellung auf Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 ff. SGB VIII“ und Übertragung auf das Jugendamt als Pfleger sei der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom ….2013 nicht umsetzbar. Nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung bedürfe es einer ausdrücklichen Übertragung des Rechts auf das Jugendamt, damit Anträgen auf Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27 ff. SGB VIII stattgegeben werden könne.

Auf der Grundlage des Beschlusses vom ….2013 gehe das Gericht weiter davon aus, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Schulpflicht nicht bestünden und die Bedenken der Kindeseltern gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts nicht geteilt würden. Im Hinblick auf die nunmehr vorgetragenen Auswanderungspläne der Kindeseltern führt das Amtsgericht aus, diese hätten zwar grundsätzlich Freizügigkeitsrecht nach Art. 11 GG, dies Recht sei aber im Hinblick auf das Kindeswohl pflichtgebunden. Vorliegend sei davon auszugehen, dass das angestrebte „Home-schooling“ der Kindeseltern das Kindeswohl erheblich gefährde. Auch wenn die Kinder seit dem ….2013 beschult würden und die Isolation im Familienverband dadurch in Ansätzen habe aufgebrochen werden können, würden diese Bemühungen durch die Auswanderungspläne der Kindeseltern ad absurdum geführt werden. Die Isolation im Familienverband würde in Frankreich durch die fremde Sprache sogar noch weiter verschärft werden. Das Erlernen von Toleranz und eines Dialogs mit Andersdenkenden im Sinne einer gelebten Toleranz würde dadurch ausgeschlossen. Der Entzug der Teilrechte der elterlichen Sorge müsse daher aufrechterhalten werden, um den weiteren Schulbesuch der Kinder, der sich auch auf die Teilnahme der Kinder am Sportunterricht erstrecken müsse, zu gewährleisten.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Kindeseltern vom 16.01.2014 sowie der Minderjährigen X vom 20.01.2014, mit der sie ihre erstinstanzlichen Ziele weiterverfolgen.

(Von der Darstellung der nachfolgenden Textpassagen wird abgesehen - die Red.).

Das Jugendamt vertritt nunmehr mit Stellungnahme vom 22.07.2014 die Auffassung, dass mit den auf das Jugendamt übertragenen Teilbereichen der elterlichen Sorge eine Lösung des Konflikts mit den Kindeseltern nicht erreicht werden könne. Erneute Versuche einer zwangsweisen Zuführung der Kinder in die Schule seien zum Scheitern verurteilt, wobei eine erneute zwangsweise Herausnahme der Kinder nicht mehr als verhältnismäßig angesehen werde.

Das staatliche Schulamt vertritt in einem Schreiben vom 16. Juli 2014 an das Jugendamt dagegen die Auffassung, dass die hartnäckige Entziehung der Kinder von der Schulpflicht eine akute Kindeswohlgefährdung darstellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Beschwerden sind begründet.

Der Senat geht allerdings nach wie vor davon aus, dass die Verweigerung der Kindeseltern, den Schulbesuch ihrer Kinder sicherzustellen, eine Kindeswohlgefährdung darstellt. Insoweit wird auf den Beschluss des erkennenden Senats vom ….2013 Bezug genommen. Insbesondere hat der Senat nach wie vor keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Schulpflicht, die auf Art. 7 GG beruht.

Der Senat sieht daher weiterhin in der Weigerung der Kindeseltern, ihre Kinder einer öffentlichen Schule oder einer anerkannten Ersatzschule zuzuführen, einen Missbrauch der elterlichen Sorge, der das Kindeswohl nachhaltig beeinträchtigt. Dass die Kinder in der Zeit vom …. 2013 bis zum ….2014 die Schule besucht haben, ändert an dieser Einschätzung nichts, da die Kindeseltern zwar unter Beweis gestellt haben, dass sie in der Lage sind, ihre Kinder zum regelmäßigen Schulbesuch anzuhalten und diesen sicher zu stellen, sie aber nunmehr seit dem ….2014 zu ihrer Verweigerungshaltung zurückgekehrt sind, so dass sich die Gefährdungslage in gleicher Weise darstellt wie vor dem Schulbesuch. Der Senat ist auch nicht der Auffassung, dass durch die zwischenzeitlich erfolgte Lernstandserhebung und die Feststellung, dass der Bildungsstand der Kinder nicht besorgniserregend ist, die durch die Verhinderung des Schulbesuchs eintretende Gefährdung des Kindeswohls gemindert oder gar beseitigt wird. Denn der Schulbesuch dient nicht nur der reinen Wissensvermittlung, sondern soll den Kindern auch die Gelegenheit geben, in das Gemeinschaftsleben hineinzuwachsen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20.02.2007, zitiert nach Juris). Dem entsprechend hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 31.05.2006 ausgeführt, dass sich der staatliche Erziehungsauftrag nicht nur auf die Vermittlung von Wissen richtet, sondern auch auf die Erziehung zu einer selbstverantwortlichen Persönlichkeit und die Heranbildung verantwortlicher Staatsbürger, die gleichberechtigt und verantwortungsbewusst an demokratischen Prozessen in einer pluralistischen Gesellschaft teilhaben (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 31.05.2006,FamRZ 2006, 1094 ff). Der Senat hält es daher nach wie vor für notwendig, dass die Kinder durch den Schulbesuch auch künftig die Möglichkeit haben, sich in ein Gemeinschaftsleben außerhalb der Familie zu integrieren, dort ihre sozialen Kompetenzen zu stärken, zu lernen, sich an Regeln zu halten und Pflichten zu akzeptieren. Zudem eröffnet der Besuch der Schulen den Kindern die Möglichkeit, neue Wissensfelder kennen zu lernen und eigene Talente zu entdecken.

Da die Kindeseltern nicht gewillt sind, diese Gefährdung des Kindeswohls abzuwenden, ist zu prüfen, ob der Entzug der Teilbereiche der elterlichen Sorge mit amtsgerichtlichem Beschluss vom ….2012 und mit dem angefochtenen Beschluss aufrechtzuerhalten ist oder ob dem Antrag der Kindeseltern auf Rückübertragung der entzogenen Teilbereiche auf sie zu entsprechen ist.

Dabei kommt der Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gemäß § 1666a BGB besondere Bedeutung zu.

Vorliegend bleibt in Anbetracht der beharrlichen Weigerung der Kindeseltern, die Beschulung der Kinder sicherzustellen, in sorgerechtlicher Hinsicht lediglich die Möglichkeit, die Kinder von ihren Eltern zu trennen und fremd zu platzieren, wobei die Erwartung, die Eltern würden erneut nach einer kurzen Zeit der Fremdunterbringung der Kinder einlenken, angesichts ihres durch die Verpflichtung zur Teilnahme am Sportunterricht ausgelösten Sinneswandels nicht wahrscheinlich ist.

Nach Einschätzung des Jugendamtes, der der Senat folgt, hat sich die Entscheidungsgrundlage für die Frage, ob eine Herausnahme der Kinder aus dem elterlichen Haushalt geboten erscheint, zwischenzeitlich geändert. Wie das Jugendamt in seiner Stellungnahme vom 22.07.2014 ausgeführt und auch bereits mit Schreiben vom 15.10.2013 erklärt hat, waren für die Entscheidung im … 2013, die Kinder zwangsweise aus der Familie herauszunehmen, mehrere Faktoren entscheidend: zum einen war maßgeblich, dass in dem sich zuspitzenden Konflikt mit den Kindeseltern eine Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit durch den Kindesvater nicht ausgeschlossen werden konnte, zum anderen waren mehrfache Versuche, die Kinder unter Einbeziehung der Polizei der Schule zuzuführen gescheitert, so dass die Kinder, unterstützt durch ihre Eltern, die Haltung zu verinnerlichen drohten, dass staatliche Gesetze für sie keine Gültigkeit haben. Schließlich war der Versuch einer Lernstandserhebung an dem Widerstand der Kindeseltern gescheitert und es bestand die Befürchtung, dass die Kinder außerhalb der Familie keinerlei Kontakt zu anderen hatten.

Aus den seit der Fremdunterbringung geführten Gesprächen und der Beobachtung des Umgangs zwischen den Kindern und ihren Eltern schließt das Jugendamt jetzt aus, dass den Kindern durch die Eltern eine Gefährdung ihrer körperlichen Unversehrtheit droht. Auch haben die durchgeführten Lernstandserhebungen und die bislang erfolgte Beschulung gezeigt, dass der Bildungsstand der Kinder nicht besorgniserregend ist. Schließlich hat sich gezeigt, dass eine eingeschränkte Sozialkompetenz der Kinder nicht vorliegt. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kinder gegen ihren Willen vom Schulbesuch abgehalten werden, im Gegenteil, haben sie sich gegenüber dem Amtspfleger anlässlich des Gesprächs nach „Beendigung“ des Schulbesuchs eindeutig erneut hinter die Weigerungshaltung ihrer Eltern gestellt, zudem besteht nach den dem Senat vorgelegten persönlichen Erklärungen der Kinder kein Zweifel daran, dass diese den Kampf ihrer Eltern unterstützen.

Unter diesen Aspekten scheint dem Senat eine Fortdauer des Entzugs der elterlichen Teilrechte, die eine Fremdunterbringung der Kinder zur Erzwingung des Schulbesuchs ermöglichen würden, nicht (mehr) verhältnismäßig. Denn der Entzug der Teilrechte der elterlichen Sorge setzt voraus, dass die zu treffenden Maßnahmen auch geeignet sind, der drohenden oder bereits eingetretenen Gefahr zu begegnen (BGH, Beschluss vom 12.03.1986, NJW-RR 1986, 1624; BGH, Beschluss vom 26.10.2011, a.a.O.). An der Eignung fehlt es nicht nur, wenn die Maßnahme die Gefährdung des Kindeswohls nicht beseitigen kann, vielmehr ist sie auch dann ungeeignet, wenn sie mit anderweitigen Beeinträchtigungen des Kindeswohls einhergeht und diese durch die Beseitigung der festgestellten Gefahr nicht aufgewogen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 26.10.2011, a.a.O., Beschluss vom 11.07.1984, FamRZ 1985, 169; OLG Hamm, FamRZ 2007, 1677).

Davon ist vorliegend auszugehen. Denn eine dauerhafte Fremdunterbringung der Kinder zur Erzwingung der Schulpflicht, die nach der jüngst eingetretenen Entwicklung zur Überzeugung des Senats die einzige Möglichkeit wäre, eine Beschulung der Kinder sicherzustellen, würde angesichts der guten Bindungen zwischen den Kindern und den Eltern und der im übrigen beanstandungsfreien Betreuung durch die Kindeseltern eine Kindeswohlbeeinträchtigung darstellen, die im Verhältnis zum Vorteil dieser Maßnahme durch die Beschulung der Kinder nicht mehr verhältnismäßig wäre. Dem entsprechend ist auch das Jugendamt inzwischen zu der Auffassung gelangt, dass eine erneute Herausnahme der Kinder aus dem Haushalt ihrer Eltern nicht mehr angestrebt wird.

Die Auffassung, die das staatliche Schulamt mit Schreiben vom 16.07.2014 an das Jugendamt vertritt, verliert dadurch nicht an Bedeutung. Auch der Senat geht davon aus, dass das Abhalten vom Schulbesuch aus weltanschaulichen Gründen bei Erteilung von Hausunterricht eine Kindeswohlgefährdung darstellt. Gleichwohl ist vorliegend eine zwangsweise Herausnahme der Kinder aus der Familie, die einzig geeignet erscheinen würde, erneut eine Änderung in der Weigerungshaltung der Kindeseltern zu bewirken, nicht (mehr) als verhältnismäßig anzusehen.

Danach ist zumindest derzeit eine Einschränkung der elterlichen Sorge für die Kinder nicht (mehr) gerechtfertigt. Die Beschwerden haben daher Erfolg.

Daraus ist indes nicht der Schluss zu ziehen, dass den Kindeseltern nunmehr eine Heimbeschulung der Kinder gestattet ist. Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass nach § 181 des hessischen Schulgesetzes der Verstoß gegen die Schulpflicht als Ordnungswidrigkeit ausgestaltet ist und nach § 182 des hessischen Schulgesetzes derjenige, der einen anderen der Schulpflicht dauernd oder hartnäckig wiederholt entzieht, sogar eine Straftat begeht, die mit Freiheitstrafe bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft werden kann. Antragsberechtigt ist die untere Schulaufsichtsbehörde, die von ihrem Recht vorliegend auch schon entsprechend Gebrauch gemacht hat. Da nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt in Strafsachen die Eltern verpflichtet sind, an jedem einzelnen Tag bei jedem Kind neu zu entscheiden, wie sie der Schulpflicht genüge tun, so dass bei mehreren Verstößen grundsätzlich Tatmehrheit anzunehmen ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.03.2011, Az.: 2 Ss 413/10, NSTZ-RR 2011, 287 bis 288), ist abzuwarten, welche strafrechtlichen Konsequenzen das Verhalten der Kindeseltern nach sich ziehen wird.

Hingegen kann der Senat in der Planung der Kindeseltern, mit ihren Kindern ihren Wohnsitz dauerhaft nach Frankreich zu verlegen, keine Kindeswohlgefährdung erkennen. Die Einschränkung der elterlichen Rechte erfolgte mit dem Ziel, den infolge ihres Wohnsitzes in Deutschland der deutschen Schulpflicht unterliegenden Kindern einen Schulbesuch zu ermöglichen. Unterliegen die Kinder aber durch eine Verlegung ihres Wohnsitzes nicht mehr der deutschen Schulpflicht, ist eine Einschränkung der elterlichen Rechte unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt. Das zulässige System der Heimbeschulung in anderen europäischen Ländern ermöglicht Vorgaben hinsichtlich des Lernstoffs, Lernstandskontrollen und regelmäßige Überprüfungen der Qualität des Heimunterrichtes, so dass ein Vergleich zu der rechtlichen Situation in Deutschland nicht möglich ist. Die Wertung des Amtsgerichts, dass die Erteilung von Heimunterricht im vorliegenden Fall stets eine Kindeswohlgefährdung darstellt, auch wenn sie in Frankreich stattfindet, ist nicht gerechtfertigt.

Von einer persönlichen Anhörung der Beteiligten hat der Senat abgesehen. Die Beteiligten wurden bereits in der ersten Instanz umfassend angehört, von einer erneuten Anhörung sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten.

Dem Antrag auf Entlassung des Verfahrensbeistandes war nicht zu entsprechen. Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass abweichend von § 158 Abs. 5 FamFG vorliegend trotz der Vertretung der Minderjährigen durch einen Rechtsanwalt die Verfahrensbeistandsbestellung nicht aufzuheben war, da der Bevollmächtigte der Kinder die Interessen der Kinder in einer den Interessen der Eltern entsprechenden Weise wahrgenommen hat, so dass eine unabhängige Wahrnehmung der Interessen der Kinder unter Beachtung ihres Rechts auf schulische Bildung und Teilnahme am schulischen Gemeinschaftsleben nicht gewahrt war. Im Übrigen unterliegt der Verfahrensbeistand nicht der Aufsicht des Gerichts, so dass dieses keine Möglichkeit hat, auf die Wahrnehmung der Aufgaben durch den Verfahrensbeistand Einfluss zu nehmen – die insoweit geäußerte Kritik der Beschwerdeführer, die vom Senat im Übrigen nicht geteilt wird, bietet daher keine Veranlassung ihn zu entpflichten (vgl. Keidel/Engelhardt, FamFG, 18. Aufl., § 158 Rdz. 41, 42).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG. Die Entscheidung über den Gegenstandswert gründet sich auf §§ 40, 45 FamGKG.