Bayerischer VGH, Beschluss vom 08.09.2005 - 7 C 05.2201
Fundstelle
openJur 2014, 27241
  • Rkr:
Öffentliches Recht
§ 114 ZPO; §§ 89, 200 InsO; § 166 VwGO
Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

1. Soweit sich die Klage gegen die als Beklagte zu 2 benannte Gebühreneinzugs-zentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (GEZ) richtet, wird sie aller Voraussicht nach schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die hier erhobenen Klageansprüche (Aufhebung des Gebührenbescheids vom 5. Juli 2004; Feststellung, dass die darin geforderten Rundfunkgebühren bereits bezahlt worden sind; Untersagung von Vollstreckungsmaßnahmen) allein im Verhältnis zu dem als Beklagten zu 1 benannten Bayerischen Rundfunk geltend gemacht werden können. Die GEZ, die nach § 2 der Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren vom 25. November 1993 (GVBl. S. 1108, zuletzt geändert am 30. 1. 1997, GVBl. S. 55) als gemeinsames Rechenzentrum im Rahmen einer nicht rechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft der ARD-Landesrundfunkanstalten und des Zweiten Deutschen Fernsehens bestimmte Verwaltungsgeschäfte des Rundfunkgebühreneinzugs durchführt und insoweit als ein unselbständiger Teil der als Gebührengläubiger anzusehenden jeweiligen Landesrundfunkanstalt auftritt (§ 7 Abs. 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag - RGebStV - i.d.F. der Bekanntmachung vom 27. 7. 2001, GVBl. S. 561, zuletzt geändert am 9. 2. 2005, GVBl. S. 27), handelt ausschließlich im Namen des Beklagten zu 1 und ist daher für das klägerische Rechtsschutzbegehren nicht passivlegitimiert (ebenso Ohliger in: Hahn/Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, München 2003, RdNr. 22 zu § 7 RGebStV).

2. Soweit sich die Klage gegen den Beklagten zu 1 richtet, fehlen ihr nach derzeitiger Einschätzung ebenfalls die zur Prozesskostenhilfegewährung erforderlichen Erfolgsaussichten. Der mit einer Anfechtungsklage zulässigerweise angegriffene Bescheid des Beklagten zu 1 vom 5. Juli 2004, in dem rückständige Rundfunkgebühren für die Zeiträume 11/2003 bis 1/2004 und 2/2004 bis 4/2004 von jeweils 48,45 Euro sowie ein Säumniszuschlag von 5,11 Euro festgesetzt wurden (insgesamt 102,01 Euro), erweist sich nach der hier nur möglichen summarischen Prüfung als rechtmäßig.

Es spricht nichts dafür, dass die Rundfunkgebühren für die genannten Zeiträume von vornherein nicht entstanden oder in ihrer Höhe unzutreffend berechnet worden wären. Das mit Beschluss des Amtsgerichts Ansbach vom 16. Januar 2002 eröffnete Verbraucherinsolvenzverfahren ließ ebenso wie der am 25. Januar 2002 gestellte und mit Bescheid vom 20. Februar 2002 abgelehnte Antrag auf Gebührenbefreiung die gesetzlich begründete Gebührenpflicht nicht unmittelbar entfallen; auch der spätere Antrag auf Aussetzung des Gebühreneinzugs bis zur Entscheidung über den Widerspruch zum Befreiungsantrag besaß keine derartige Rechtswirkung. Soweit der Kläger im vorliegenden Beschwerdeverfahren erstmals vorträgt, er besitze neben dem Fernsehgerät kein Radio und habe ein solches auch nicht angemeldet, wird dies für die hier streitigen Gebührenzeiträume widerlegt durch seinen Befreiungsantrag vom 25. Januar 2002, in dem er das Vorhandensein eines empfangsbereiten Radios ausdrücklich angegeben hat; erst der spätere Befreiungsantrag vom 24. Februar 2005 enthält eine gegenteilige Erklärung.

Auch der gegen das Bestehen der Gebührenforderung vorgebrachte Haupteinwand des Klägers, er habe mit seinen Überweisungen vom 5. Dezember 2003 und 10. März 2004 die im angegriffenen Bescheid geforderten Leistungen bereits erbracht, greift erkennbar nicht durch. Er verkennt die in § 7 der oben erwähnten Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren getroffene Tilgungsbestimmung, wonach die eingehenden Zahlungen zunächst auf die Kosten im Zusammenhang mit rückständigen Rundfunkgebühren, dann auf die Säumniszuschläge und dann auf die jeweils älteste Rundfunkgebührenschuld verrechnet werden (Satz 1). Diese gesetzliche Zweckbestimmung gilt auch, wenn der Rundfunkteilnehmer - wie hier geschehen - eine andere Bestimmung trifft (Satz 2). Wie der Beklagte zu 1 unter Hinweis auf die vorgelegten Akten dargelegt hat, führte die Verrechnungsregelung im vorliegenden Fall dazu, dass mit den Überweisungen des Klägers lediglich ältere Gebührenrückstände ausgeglichen werden konnten; für die Zeiträume 11/2003 bis 1/2004 und 2/2004 bis 4/2004 gingen dagegen bis zum Zeitpunkt des angegriffenen Bescheids keine Zahlungen ein. Soweit der Kläger die entgegengesetzte Feststellung beantragt hat, die angesichts der Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ohnehin nicht durch einen selbständigen Urteilsausspruch ergehen könnte, hat er hierfür bisher keine nachvollziehbaren Gründe darlegen können.

Dem weiteren Klagebegehren mit dem Ziel, dem Beklagten zu 1 hinsichtlich der festgesetzten Gebührenrückstände künftige Vollstreckungsmaßnahmen gänzlich zu untersagen, fehlen ebenfalls hinreichende Erfolgsaussichten. Die Berufung des Klägers auf die Schutzvorschrift des § 89 Abs. 1 InsO, wonach während der Dauer des Insolvenzverfahrens Zwangsvollstreckungen weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig sind, geht hier schon deshalb ins Leere, weil das über das Vermögen des Klägers eröffnete Verbraucherinsolvenz-verfahren mittlerweile mit Beschluss des Amtsgerichts Ansbach - Insolvenzgericht - vom 30. September 2004 aufgehoben worden ist (§ 200 InsO); damit sind auch die Rechtswirkungen des § 89 InsO entfallen (Braun, Insolvenzordnung, RdNr. 9 zu § 200). Es bedarf daher keiner näheren Prüfung, ob der Kläger den Einwand des § 89 InsO überhaupt durch eine verwaltungsgerichtliche Unterlassungsklage unmittelbar gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger geltend machen könnte oder ob er auf eine gegenüber dem Vollstreckungs- oder Insolvenzgericht zu erhebende Erinnerung gemäß § 766 ZPO verwiesen werden müsste (Braun, a.a.O., RdNr. 15 zu § 89). Der Kläger kann sich schließlich hinsichtlich der Gebührenzeiträume 11/2003 bis 1/2004 und 2/2004 bis 4/2004 auch nicht auf eine aus dem Abschluss des Insolvenzverfahrens folgende Restschuldbefreiung (§ 301 InsO) berufen; die streitigen Zahlungsansprüche des Beklagten zu 1 sind erkennbar erst nach Insolvenzeröffnung entstanden, so dass es sich hier nicht um Ansprüche eines Insolvenzgläubigers im Sinne des § 38 InsO handelt.

Da auch die vom Kläger behaupteten Verfahrensverstöße im Verwaltungsverfahren (unterlassene Widerspruchsentscheidung) sowie im erstinstanzlichen Gerichts-verfahren (Versagung rechtlichen Gehörs) der anhängigen Klage nicht zum Erfolg verhelfen können, war die vorliegende Beschwerde insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

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