VG Regensburg, Beschluss vom 20.03.2014 - RN 5 K 13.751
Fundstelle
openJur 2014, 8442
  • Rkr:

Ein „Betreiben“ im Sinne des § 4 Abs. 2 UVSV liegt nicht erst dann vor, wenn das Bestrahlungsgerät in Benutzung ist. Die potentielle Nutzungsmöglichkeit reicht dafür aus;Ein Geschäftsmodell, bei dem von 4 UV-Bestrahlungsgeräten auf Grund einer technischen Verschaltung lediglich zwei gleichzeitig in Funktion sein können, ist als gezielte Umgehung der UVSV zu qualifizieren;Das Unterbreiten der Beratungsangebote im Sinne des § 4 Abs. 2 UVSV muss persönlich durch eine geschulte Fachkraft erfolgen. Ein Unterbreiten durch eine automatische Bandansage reicht dazu nicht aus.

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 29.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrte ursprünglich die Aufhebung einer Anordnung, nach der während den Öffnungszeiten eine als Fachpersonal für den Umgang mit UV-Bestrahlungsgeräten qualifizierte Person für den Kundenkontakt anwesend sein muss.

Das Sonnenstudio wird seit seiner Gründung im Jahre 1996 als Selbstbedienungs-Studio (nachfolgend „SB-Studio“) betrieben, d.h. es ist im Regelfall kein Personal anwesend. Die Nutzer bedienen die durch Münzautomaten gesicherten Solarien selbständig und in eigener Verantwortung. Das streitgegenständliche Sonnenstudio verfügt über insgesamt vier Solarien, die in der Vergangenheit unabhängig voneinander und somit gleichzeitig betrieben werden konnten. Noch vor dem 1. November 2012, dem Datum des Inkrafttretens von § 4 Abs. 1 UVSV, hatte die Klägerin ihre Sonnenstudios umgerüstet: Durch eine intelligente Schaltung, die der Kunde nicht beeinflussen kann, wird sichergestellt, dass von den in den einzelnen Sonnenstudios vorhandenen Solarien jeweils maximal zwei Geräte gleichzeitig in Betrieb genommen werden können. Sobald zwei Solarien in Betrieb sind, muss ein weiterer Kunde solange abwarten, bis eines von diesen frei wird.

Nach eigenen Angaben stellt die Klägerin weiter durch technische Maßnahmen sicher, dass ihre Solarien nur von Kunden genutzt werden können, denen zuvor die Beratungsangebote der UVSV unterbreitet worden seien. Aus ihrer Sicht werden diese Angebote dem jeweiligen Nutzer unmittelbar nach Betreten des Sonnenstudios automatisiert über einen fest installierten Lautsprecher unüberhörbar und deutlich verständlich vorgetragen. Möchte ein Nutzer von den so unterbreiteten Beratungsangeboten ganz oder teilweise Gebrauch machen, müsse er telefonisch einen Beratungstermin vereinbaren.

Am 17.1.2013 wurde durch die Regierung von Niederbayern (Gewerbeaufsichtsamt) festgestellt, dass im streitgegenständlichen Sonnenstudio kein Personal anwesend war. Der Zugang zu den Bestrahlungsgeräten war über Chipkarte bzw. Münzautomat für jedermann möglich.

Am 26.3.2013 erließ die Regierung von Niederbayern (Gewerbeaufsichtsamt) den streitgegenständlichen Bescheid. Darin wurde folgende Anordnung getroffen:

„Als Betreiber der UV-Bestrahlungsgeräte in ihrem Sonnenstudio in ... N..., P... Straße #1 haben sie bis spätestens 1.5.2013 sicherzustellen, dass mindestens eine als Fachpersonal für den Umgang mit UV-Bestrahlungsgeräten qualifizierte Person (Fachpersonal) während der Betriebszeiten der UV-Bestrahlungsgeräte für den Kontakt mit den Nutzerinnen oder den Nutzern und die Überprüfung der UV-Bestrahlungsgeräte anwesend ist.“

Aus Sicht der Klägerin war der oben aufgeführte Bescheid rechtswidrig, da er die einschlägigen gesetzlichen Vorgaben falsch ausgelegt habe. Aus ihrer Sicht betreibe sie an einem Aufstellungsort lediglich zwei UV-Bestrahlungsgeräte, da ihre technische Verschaltung bei der Auslegung des Begriffs nicht beachtet worden sei. Ein Betreiben im Sinne des § 4 Abs. 2 UVSV liege nämlich erst dann vor, wenn das Gerät tatsächlich von einem Kunden benutzt werde. Nachdem aber die technische Verschaltung lediglich die gleichzeitige Nutzung von zwei Geräten zulasse, könne sie auch die Ausnahmevorschrift für sich in Anspruch nehmen. Zudem könne die Behörde nicht von ihr verlangen, dass das Angebot der Beratungsleistung persönlich von einer Fachkraft unterbreitet werden müsse. Nur die Beratung selbst müsse persönlich erfolgen; das Angebot könne sie auf jeden Fall automatisiert über eine Bandansage unterbreiten.

Beiden Punkten wiedersprach der Beklagte. Nach seiner Ansicht betreibe die Klägerin vier Geräte an dem Aufstellungsort, weil die Nutzungsmöglichkeit durch die Kunden ausreichend sei. Außerdem sei aus seiner Sicht die Verordnung dahingehend eindeutig, dass bereits das Beratungsangebot durch eine Fachkraft unterbreitet werden müsse.

In der mündlichen Verhandlung vom 20.03.2014 erklärte die Klägerin, dass sie ihr Gewerbe zum 18.03.2014 abgemeldet habe und das Sonnenstudio an zwei selbstständige Betreiber verpachtet habe, die jeweils zwei UV-Bestrahlungsgeräte betreiben. Im Anschluss daran erklärte sie die Hauptsache in der mündlichen Verhandlung für erledigt. Der Beklagte schloss sich der Erledigungserklärung an.

II.

Durch die beiden, in der mündlichen Verhandlung vom 20.03.2014 abgegebenen Erledigungserklärungen, war das Verfahren durch Beschluss einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Hier entsprach es billigem Ermessen der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da nach bisherigem Sach- und Streitstand die Klage keinen Erfolg gehabt hätte. Der Bescheid erweist sich als vollumfänglich rechtmäßig.

1. Die streitgegenständliche Anordnung stützt sich auf § 6 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSG). Danach kann die zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen treffen, um die Vorschriften der auf § 5 NiSG gestützten Rechtsverordnung durchzuführen. Gemäß § 5 Abs. 2 NiSG wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass zum Schutz der Menschen vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung der Betrieb von Anlagen bestimmten Anforderungen genügen muss. Diese Anforderungen ergeben sich aus der Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen künstlicher ultravioletter Strahlung (UV-Schutz-Verordnung - UVSV).

Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 UVSV hat derjenige, der ein UV-Bestrahlungsgerät betreibt, sicherzustellen, dass mindestens eine als Fachpersonal für den Umgang mit UV-Bestrahlungsgeräten nach Absatz 4 qualifizierte Person (Fachpersonal) während der Betriebszeiten der UV-Bestrahlungsgeräte für den Kontakt mit den Nutzerinnen oder den Nutzern und die Überprüfung der UV-Bestrahlungsgeräte anwesend ist. Diese Regelung ist auch unstreitig auf die Klägerin anwendbar, da sie am Standort N..., P... Str. #1 vier UV-Bestrahlungsgeräte vorrätig hält, die von Kunden im Rahmen eines SB-Studios genutzt werden können.

2. Dagegen kann die Klägerin die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 2 UVSV für sich nicht in Anspruch nehmen, da das von ihr betriebene SB-Sonnenstudio die Bedingungen dieser Ausnahme nicht erfüllt.

Von der Pflicht der ständigen Anwesenheit einer Fachkraft kann nach § 4 Abs. 2 UVSV nur derjenige Betreiber abweichen, der an einem Aufstellungsort nicht mehr als zwei UV-Bestrahlungsgeräte betreibt, wenn durch technische Maßnahmen sichergestellt ist, dass eine Nutzung der UV-Bestrahlungsgeräte nur möglich ist, wenn der Nutzerin oder dem Nutzer vor Beginn jeder Bestrahlungsserie gemäß Anlage 5 Nummer 3 das Angebot, das in § 3 Absatz 2 Nummer 1 geregelt ist, sowie die Angebote, die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 geregelt sind, durch Fachpersonal unterbreitet werden.

a. Die Klägerin kann von der ständigen Anwesenheitspflicht des Fachpersonals schon allein deshalb nicht befreit werden, weil sie mehr als zwei UV-Bestrahlungsgeräte im Sinne der Vorschrift betreibt. Sie hält am streitgegenständlichen Standort gerade vier Geräte zur Nutzung bereit. Die von ihr eingesetzte „intelligente technische Schaltung“, die den gleichzeitigen Betrieb von nur zwei Geräten ermöglicht, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Auch wenn die Verordnung selbst den Begriff des „Betreibens“ nicht definiert, so ist seine Bedeutung aus Sicht der entscheidenden Kammer eindeutig. Ein „Betreiben“ im Sinne dieser Vorschrift liegt immer dann vor, wenn der Inhaber ein UV-Bestrahlungsgerät für die potentielle Nutzung durch Kunden vorrätig hält. Dabei kommt es lediglich auf die abstrakte Nutzungsmöglichkeit und nicht darauf an, wie viele Geräte auf Grund einer technischen Verschaltung gleichzeitig verwendet werden können. Die Klägerin wird wohl kaum bestreiten können, dass sie alle vier Geräte im Wortsinne betreibt. Sie hat die Geräte für ihr Erwerbsgeschäft angeschafft, sie kümmert sich um die Wartung, Reinigung und den Unterhalt des Geräts, sie erwirtschaftet Einnahmen damit und sie hält alle vier Geräte zur Kundennutzung bereit. Entgegen dem klägerischen Vortrag wird dadurch kein neues Tatbestandsmerkmal in die Vorschrift hineininterpretiert, sondern die klare Anknüpfung der Norm an die Anzahl der vorhandenen Geräte umgesetzt. Worin die Klägerin einen wesentlichen Unterschied zwischen dem „Bereitstellen“ und dem „tatsächlichen Betreiben“ sehen will, erschließt sich dem Gericht nicht. Eine solche künstliche Unterscheidung ist weder nach dem Wortlaut, noch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift angezeigt. Die technische Verschaltung der Geräte stellt sich aus Sicht des Gerichts als Umgehungsversuch dar, die eindeutigen Regelungen der UVSV zu unterlaufen.

b. Dass eine andere Auslegung nicht in Betracht kommt, ergibt sich zudem aus den Erwägungen des Verordnungsgebers und dem Sinn der Vorschrift.

Wie aus der Verordnungsbegründung zur UVSV zu entnehmen ist, hat sich die Zahl der Hautkrebserkrankungen in den letzten 10 bis 15 Jahren ungefähr verdoppelt. In keinem anderen Land wird die künstliche UV-Bestrahlung so häufig genutzt wie in Deutschland. Dabei ordnet die internationale Agentur für Krebsforschung (eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation), UV-Strahlung in die höchste Krebsrisikogruppe ein. Trotz verschiedener Aufklärungskampagnen des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS), der Deutschen Krebshilfe (DKH) und der Arbeitsgemeinschaft dermatologische Prävention (ADP) zum Hautkrebsrisiko setzen sich die Bürgerinnen und Bürger neben der UV-Strahlung durch die Sonne der künstlichen UV-Strahlung u. a. durch Solarien aus. Die schädigenden Einflüsse der UV-Strahlung wie Sonnenbrände, das Risiko einer frühzeitigen Hautalterung und letztlich auch das Risiko einer durch UV-Strahlung ausgelösten Hautkrebserkrankung werden dabei nicht genügend berücksichtigt. Oftmals fehlt es an einer fachkundigen Beratung durch qualifiziertes Personal (z. B. bei Betrieben, die Münzautomaten aufgestellt haben). Explizit zu der Regelung des § 4 UVSV führt die Begründung aus: „Vor diesem Hintergrund ist es unentbehrlich, dass eine als Fachpersonal qualifizierte Person Nutzerinnen und Nutzern anbietet, diese in die sichere Bedienung des UV-Bestrahlungsgerätes einschließlich der Notabschaltung einzuweisen. Zudem ist Fachpersonal erforderlich, um jeder Nutzerin und jedem Nutzer eine Beratung und eine individuelle Einschätzung der Risiken anbieten zu können…das Ziel der Verordnung, die Nutzerinnen und Nutzer besser über die schädlichen Wirkungen von künstlicher UV-Strahlung zu informieren, wird hierdurch erheblich gefördert.“ (vgl. BR-Druck 825/10).

Diese Erwägungen machen deutlich, dass die Beratung und Aufklärung durch Fachpersonal das wesentlichste Ziel der Verordnung ist. Dies vorausgeschickt, muss bei der Auslegung und Anwendung der Verordnung darauf geachtet werden, dass die grundsätzliche Anwesenheitspflicht von Fachpersonal strikt einzuhalten ist und Ausnahmen auf den eng begrenzten Bereich des § 4 Abs. 2 UVSV beschränkt bleiben. Deshalb ist es nicht nur gerechtfertigt, sondern zwingend geboten, ein „Betreiben“ im Sinne der Vorschrift bereits dann zu bejahen, wenn ein Gerät zur Kundennutzung bereit steht. Ansonsten könnten sich die Betreiber von Sonnenstudios durch technische Verschaltungen selbstständig Zugang zu der Ausnahmevorschrift erschließen und die Beratungspflicht aushebeln. Diese Auslegung wird auch von anderen Verwaltungsgerichten bestätigt (vgl. VG Augsburg, B.v. 17.12.2013 – AU 1 S 13.1819 – juris; VG München U.v. 26.09.2013 – M 24 K 13.154).

3. Zudem erfüllt die Klägerin mit ihrem Betrieb nicht die weiteren Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift, weil nicht durch technische Maßnahmen sichergestellt ist, dass eine Nutzung der UV-Bestrahlungsgeräte nur möglich ist, wenn der Nutzerin oder dem Nutzer vor Beginn jeder Bestrahlungsserie gemäß Anlage 5 Nummer 3 das Angebot, das in § 3 Absatz 2 Nummer 1 geregelt ist, sowie die Angebote, die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 geregelt sind, durch Fachpersonal unterbreitet werden.

Zum einen ermöglichen die technischen Einrichtungen der Klägerin durch einfaches Drücken der Bestätigungstaste die Nutzung der Bestrahlungsgeräte auch ohne vorherige Beratung; zum anderen wird das Angebot für eine Beratung nicht wie vom Gesetz vorgesehen persönlich, sondern automatisiert unterbreitet.

a. Die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 2 UVSV sieht vor, dass technische Maßnahmen sicherstellen sollen, dass dem Nutzer vor Beginn jeder Bestrahlungsserie bestimmte enumerativ aufgezählte Beratungsangebote unterbreitet werden sollen. Dazu zählt eine Einweisung in die sichere Bedienung des Bestrahlungsgeräts, die Bestimmung des Hauttyps und die Erstellung eines individuellen Dosierungsplans. Eine Bestrahlungsserie endet gemäß Anlage 5 Nr. 3 der UVSV nach 10 einzelnen Bestrahlungen oder nach einer Unterbrechung von mehr als vier Wochen. Wenn schon wegen der Ausnahme Fachpersonal nicht ständig anwesend sein muss, dann möchte der Verordnungsgeber durch technische Maßnahmen sicherstellen, dass wenigstens in regelmäßigen Abständen ein Kundenkontakt mit einer Fachkraft zustande kommt. Der Verordnungsbegründung ist zu entnehmen, dass der Betreiber bei Inanspruchnahme der Ausnahmevorschrift bestimmte Sprechzeiten nach seinem Belieben definieren kann, die mit den Betriebszeiten gerade nicht deckungsgleich sein müssen. Während dieser Sprechzeiten soll die Fachkraft die entsprechenden Beratungsangebote unterbreiten.

Hat ein Nutzer also 10 einzelne Bestrahlungen in Anspruch genommen oder eine Pause von mehr als 4 Wochen zwischen den einzelnen Bestrahlungen eingelegt, so müssen technische Vorrichtungen verhindern, dass dieser Kunde das Bestrahlungsgerät selbst weiter in Anspruch nehmen kann. Laut Verordnungsbegründung soll dies beispielsweise durch elektronische Steuerungssysteme gewährleistet werden, die eine individuelle Legitimation benutzen (Chipkarte, Passwort, Token). Entgegen der Ansicht der Klägerin wird dadurch die Ausnahmevorschrift auch keineswegs obsolet: Die Ausnahmevorschrift befreit nur von der ständigen Anwesenheitspflicht, aber nicht davon, Beratungsleistungen überhaupt persönlich vor Ort anzubieten; m.a.W. die Ausnahmevorschrift reduziert lediglich die Dauer der Anwesenheitspflicht. Die technische Einrichtung soll eben gerade sicherstellen, dass das Beratungsangebot nach jeder Bestrahlungsserie unterbreitet wird.

Das bisherige Geschäftsmodell der Klägerin entspricht diesen Anforderungen aber offensichtlich nicht: Bei der von ihr gewählten Gerätekonfiguration kann der Nutzer dauerhaft das Bestrahlungsgerät benutzen, ohne jemals mit einer Fachkraft in Kontakt zu kommen. Zwar muss er durch Drücken des „Bestätigungsknopfs“ konkludent erklären, er möchte eine Beratungsleistung nicht in Anspruch nehmen, dies entspricht aber nicht der Vorstellung des Verordnungsgebers. Die klägerische Konfiguration stellt gerade nicht sicher, dass die Benutzung der Geräte nach Ende der Bestrahlungsserie zwangsweise endet und sich der Nutzer, möchte er die Besonnung fortsetzen, die „Freischaltung“ von einer Fachkraft geben lassen muss. Die UVSV zwingt den Nutzer zwar nicht die Beratungsleistung tatsächlich in Anspruch zu nehmen; sie zwingt den Nutzer aber nach Ende der Bestrahlungsserie dazu, sich mit den Beratungsangeboten in einem persönlichen Gespräch auseinanderzusetzen. Dafür kann der Betreiber der UV-Bestrahlungsgeräte nun nach seinem Ermessen bestimmte Beratungszeiten festlegen, die anders als bei der ständigen Anwesenheitspflicht des § 4 Abs. 1 Nr. 1 UVSV, nicht den Betriebszeiten entsprechen müssen. Die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 2 UVSV berechtigt deshalb nicht zu einem SB-Sonnenstudio ganz ohne Anwesenheit einer Fachkraft. Dem entspricht das klägerische Geschäftsmodell nicht, da es die Anwesenheit der Fachkraft und den persönlichen Kundenkontakt nur höchst ausnahmsweise nach telefonischer Vereinbarung vorsieht.

b. Schließlich erfüllt die Klägerin nicht die gesetzliche Vorgabe, Beratungsangebote persönlich zu unterbreiten. Stattdessen unterbreitet die Klägerin Beratungsangebote automatisiert über einen Lautsprecher, was jedoch nicht zulässig ist.

Völlig unmissverständlich formuliert § 4 Abs. 2 UVSV: „Wer nicht mehr als zwei UV-Bestrahlungsgeräte betreibt, kann von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 abweichen, wenn … sichergestellt ist, dass … vor Beginn jeder Bestrahlungsserie gemäß Anlage 5 Nummer 3 das Angebot, das in § 3 Absatz 2 Nummer 1 geregelt ist, sowie die Angebote, die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 geregelt sind, durch Fachpersonal unterbreitet werden.“

Aus dem klaren Wortlaut der Vorschrift geht präzise hervor, dass das Beratungsangebot in einem persönlichen Gespräch durch eine Fachkraft unterbreitet werden muss und nicht durch eine Lautsprecheransage ersetzt werden kann. Dass die Verordnungsbegründung ausführt, die Beratungsangebote selber dürften nicht durch eine sprachgesteuerte oder computergestützte Lösung ersetzt werden, lässt selbstverständlich nicht den Umkehrschluss zu, wenigstens das Angebot könne automatisiert unterbreitet werden. Zwischen beiden Varianten besteht nämlich ein erheblicher qualitativer Unterschied. Aus diesem Grund erfordert nicht nur der Wortlaut der Norm, sondern auch der Sinn der Vorschrift die Unterbreitung des Beratungsangebots in einem persönlichen Gespräch. Wird das Beratungsangebot lediglich automatisiert unterbreitet, wird der Nutzer eher dazu neigen das Angebot abzulehnen, als wenn ihm dieses Angebot persönlich unterbreitet wird. Dies stellt sich als natürliche Reaktion dar, denn ein persönliches Angebot in einem Gespräch hat einen größeren Einwirkungseffekt als eine automatische Bandansage. Bei letzterer wird sich der Nutzer auf seine vermeintlich eigenen Kenntnisse verlassen, anstatt eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Gerade wenn der Nutzer immer die gleiche Ansage vor jeder Besonnung zu hören bekommt (so wie die Klägerin dies aktuell umsetzt), wird er abstumpfen und gedankenlos den Bestätigungsknopf drücken. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der Nutzer bei der Klägerin eine weitere Hürde bis zur Beratung überwinden muss, indem er gezwungen wird, telefonisch einen Beratungstermin zu vereinbaren. Diese Probleme gäbe es insgesamt nicht, wenn der Kunde zu festen Sprechzeiten eine Beratung in Anspruch nehmen kann und muss, nachdem seine Bestrahlungsserie abgeschlossen ist. Letztendlich ist auch die automatisierte Unterbreitung der Beratungsangebote eine bewusste Umgehung der Verordnung.

4. Wenn die Klägerin geltend macht, gegen § 4 Abs. 1 UVSV bestünden durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken, weil das Regel-Ausnahme-Verhältnis kein in sich schlüssiges Regelungskonzept erkennen lasse, so kann sie nicht mit Erfolg eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG rügen. Die schematische Anknüpfung an die Zahl der betriebenen UV-Bestrahlungsgeräte stellt keinen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss zu Lasten der Klägerin dar, weil hinreichend sachliche Gründe dafür vorhanden sind, Standorte mit zwei Bestrahlungsgeräten und Standorte mit mehr als zwei Geräten unterschiedlich zu behandeln.

a. Zunächst sei in rechtlicher Hinsicht erwähnt, dass der klägerseits angesprochene Gedanke der „Folgerichtigkeit“ nicht dahin verstanden werden kann, ein Gleichheitsverstoß liege bereits dann vor, wenn der Gesetzgeber in einem Fall oder einer Gruppe von Fällen von einem selbstgesetzten System abweicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (U.v. 23.01.1990 – 1 BvL 44/86NZA 1990, 161; BVerfGE 68, 237, 253; BVerfGE 104, 47, 87; BVerfGE 122, 1, 36) kann der Systemwidrigkeit höchstens Indizcharakter zukommen. Bei der Abweichung von bestimmten Grundregeln, kommt es allein auf die hinreichende sachliche Rechtfertigung an d.h. für jede Ausnahme von einer Gefahreneinschätzung muss der Gesetzgeber sachliche Gründe anführen.

b. Ausgehend von der Einschätzung, UV-Strahlen bergen ein hohes gesundheitliches Risiko, hat der Gesetzgeber sich dazu entschieden, mit verschiedenen Maßnahmen dieser Gefahr entgegen zu treten. Dazu zählen die Festlegung von Grenzwerten für die Bestrahlungsstärke (§ 3 Abs. 1 UVSV), die Informationspflichten (§ 7 UVSV) und die persönliche Beratung (§ 4 Abs. 1 UVSV). Von letztgenanntem Baustein lässt der Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 UVSV Erleichterungen zu, wenn nicht mehr als zwei Bestrahlungsgeräte betrieben werden. Der Grund für die Begünstigung war die Entlastung derjenigen Betriebe, die UV-Bestrahlungsgeräte nur im Nebenerwerb (z.B. Hotels, Fitnessstudios, Wellness- oder Schwimmbäder) betreiben. Mit einem solchen Nebenerwerb geht nach Einschätzung des Gesetzgebers auch eine andere Nutzeranzahl und -struktur einher, da UV-Bestrahlungsgeräte die im Nebenerwerb betrieben werden, regelmäßig von Gelegenheitsnutzern frequentiert werden sollen.

c. Aus Sicht des Gerichts ist diese Unterscheidung auch durchaus folgerichtig und gerechtfertigt. Erstes muss der klägerischen Argumentation entgegengetreten werden, gerade unerfahrene Gelegenheitsnutzer benötigen mangels Erfahrung einen größeren Schutz. Der Schutzumfang hängt schließlich weniger von der Erfahrung der Nutzer, als vielmehr von der Nutzungshäufigkeit ab. Die schädlichen Auswirkungen der UV-Strahlung nehmen schließlich mit der Anzahl der Bestrahlungen zu, was mit größerer Erfahrung der Nutzer kaum kompensiert werden kann. Je öfter der Körper der Strahlung ausgesetzt ist, desto größer sind die schädlichen Gesundheitsfolgen. Aus diesem Grund müssen nicht die Gelegenheitsnutzer, sondern eben die Intensivnutzer im Fokus des gesetzgeberischen Handelns stehen. Gerade die Gruppe der Intensivnutzer soll durch die persönliche Beratung zumindest dazu gebracht werden, ihr Verhalten zu überdenken. Personen die häufig und intensiv künstliche UV-Bestrahlung aus kosmetischen Gründen nutzen wollen, werden aber erfahrungsgemäß Angebote aufsuchen, die sich hauptsächlich mit dem Thema UV-Bestrahlung beschäftigen. Dort werden sie neben einer größeren Auswahl unterschiedlicher Bestrahlungsgeräten, auch eine darauf abgestimmte Preisgestaltung (z.B. entsprechende 10er-Karten, Monats-, Halbjahres- oder Jahresabonnements, Clubmitgliedschaften) vorfinden. Dies deckt sich auch mit den Angaben der Klägerin, das streitgegenständliche Studio werde in erster Linie von Stammkunden frequentiert. Gerade für diese Nutzergruppe wollte der Verordnungsgeber den Schutzstandard durch die UVSV erhöhen. Wenn er zur praktischen Umsetzung von der Anzahl der vorhandenen Geräte auf die Nutzerstruktur schließt, so ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da diese Grenze auch nicht willkürlich festgelegt wurde. Aus der Verordnungsbegründung ist zu entnehmen, dass bereits bei einer Anzahl von vier Geräten, eine Vielzahl klassischer Sonnenstudios von der Ausnahmevorschrift erfasst wären (BR-Druck 825/10, S. 57), was wiederum die Wirksamkeit der UVSV in Frage stellen würde. Zwar wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass auch Intensivnutzer Geräte in Nebenerwerbsbetrieben nutzen – deswegen wird aber das vom Verordnungsgeber gewählte System nicht grundlegend in Frage gestellt.

5. Wenn die Klägerin vorträgt, die ständige Anwesenheitspflicht von Fachpersonal hätte für sie derart weitreichende wirtschaftliche Folgen, dass dies auf ein Verbot ihres Geschäftsmodells hinausliefe, so kann sie damit nicht erfolgreich die Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG rügen.

Die ständige Anwesenheitspflicht von Fachpersonal ist eine Regelung die bestimmt, wie der Beruf der Klägerin auszuüben ist. Eine solche Berufsausübungsregelung kann nach der Drei-Stufen-Lehre des Bundesverfassungsgerichts durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden. Mit der Beratung durch eine Fachkraft sollen den schwerwiegenden Gesundheitsgefahren der UV-Bestrahlung entgegengewirkt werden. Der Schutz der Gesundheit ist dabei ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut, hinter dem die wirtschaftlichen Belange der Klägerin zurückstehen müssen. Das Konzept der SB-Studios und die weitreichenden Auswirkungen der Neuregelungen waren auch dem Verordnungsgeber bewusst. Nach der Beschreibung von „Problem und Ziel“, führt der Verordnungsgeber unter dem Punkt „Lösung“ aus: „Durch den Einsatz von qualifiziertem Personal soll … der unkontrollierte Zugang zu UV-Bestrahlungsgeräten, etwa in sogenannten Selbstbedienungs-Sonnenstudios (SB-Studios), unterbunden werden“. In Abwägung der wirtschaftlichen Interessen der Klägerin mit dem Ziel der Gesundheitsförderung genießt die Gesundheitsfürsorge verfassungsrechtlich Vorrang. Zudem muss bei der Abwägung beachtet werden, dass die Klägerin ihr Gewerbe deshalb nicht zwingend aufgeben muss. Sie muss es nur in wesentlichen Teilen modifizieren.

6. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG. Danach bestimmt sich in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache. Dabei wird die Bedeutung der Sache regelmäßig von ihrem wirtschaftlichen Interesse geprägt (BVerwG, B.v. 09.04.2003 – 7 KSt 4/03 – NVwZ-RR 2003, 904). Mit vorliegender Klage will die Klägerin die ständige Anwesenheit von Fachpersonal im streitgegenständlichen Sonnenstudio verhindern. Sie selbst gibt im Schriftsatz vom 10.07.2013 an, dass die Einstellung einer solchen Fachkraft einen finanziellen Aufwand von jährlich 29.000,-- € erfordern würde. Demnach hat ihre Anfechtungsklage gegen den Bescheid diesen wirtschaftlichen Wert. Diese Vorgehensweise kann auch dem Streitwertkatalog entlehnt werden. In Nr. 25.2 wird bei Maßnahmen im Lebensmittel- und Arzneimittelrecht auf den Jahresbetrag der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkung abgestellt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung.