LAG Köln, Beschluss vom 03.02.2014 - 11 Ta 274/13
Fundstelle
openJur 2014, 6539
  • Rkr:

Zur Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen, wenn ein Versorgungsversprechen eines GmbH-Geschäftsführers nach Abberufung im sich anschließenden Arbeitsverhältnis fortgeführt wird.

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln, vom 28.08.2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Streitwert Beschwerdeverfahren: 29.090,66 €

Gründe

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine betriebliche Altersversorgung im Versorgungsfall zu gewähren.

Der am 1955 geborene Kläger war seit dem 05.12.1989 als Geschäftsführer für die Beklagte tätig. Unter dem 03.03.1993 schlossen die Parteien einen schriftlichen Geschäftsführervertrag (Bl. 6 ff. d.A.). Am 29.12.1994 (Bl. 13 ff. d.A.) und 19.12.1996 (Bl. 17 ff. d.A.) schlossen die Parteien jeweils einen Pensionsvertrag über eine Alters- und Invalidenversorgung in Anerkennung der Dienste und für die ausgeübte vertragliche Tätigkeit des Klägers. Zum 20.04.2001 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen. Er war für die Beklagte weiterhin tätig und zwar als angestellter Leiter der Abteilung Bauprojekte und technische Planung. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 21.04.2011 zum 31.03.2012. Mit Anstellungsvertrag vom 12.03.2012 (Bl. 21 ff. d.A.) bestätigten die Parteien die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und begründeten zudem eine Neuanstellung des Klägers ab dem 01.04.2012 als Verwaltungsmitarbeiter. Nach § 5 des Anstellungsvertrages vom 12.03.2012 sind sich die Parteien darüber einig, dass der Kläger ab dem 01.04.2012 keinen Anspruch auf Gewährung einer betrieblichen Altersvorsorge hat, bislang erworbene Anwartschaften und Ansprüche bleiben unberührt. Zum 31.07.2012 ist der Kläger auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei im Versorgungsfall verpflichtet, ihm aus der Versorgungszusage vom 29.12.1994 einen monatlichen Betrag von 2.203,84 € brutto und aus der Versorgungszusage vom 19.12.1996 einen monatlichen Betrag von 1.836,53 € brutto zu gewähren. Er habe eine unverfallbare Anwartschaft erworben, wobei sich die Höhe u.a. nach seiner Betriebszugehörigkeit bis zum 31.03.2012 richte.

Die Beklagte hat die Rechtswegrüge erhoben, da die behaupteten Versorgungszusagen in der Zeit seiner Geschäftsführertätigkeit begründet worden seien. Darüber hinaus habe der Pensionsvertrag vom 19.12.1996 den Pensionsvertrag vom 29.12.1994 ersetzt. Das Versorgungsversprechen sei aufgrund schlechter wirtschaftlicher Lage einvernehmlich zum 31.12.2000 aufgelöst worden. Schließlich seien die Pensionsverträge mangels ordnungsgemäßer Vertretung der Beklagten nicht wirksam zustande gekommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 28.08.2013 (Bl. 107 ff. d.A.) den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für eröffnet erklärt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, das Begehren des Klägers lasse sich im Hinblick auf das Anwachsen der Anwartschaft nur auf arbeitsvertraglicher Grundlage rechtfertigen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Feststellungen und der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen den ihr am 03.09.2013 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 16.09.2013 sofortige Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die behauptete Fortführung der Versorgungszusage nach Abberufung des Klägers als Geschäftsführer habe zur Folge, dass die Versorgungsansprüche vom Geschäftsführerdienstverhältnis in das neu begründete Arbeitsverhältnis übernommen worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Nichtabhilfebeschlusses wird auf Bl. 139 f. d.A. verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II. 1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig. Sie ist nach den §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG an sich statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt, §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 569 ZPO.

2. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gegeben, denn der Kläger macht Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG) gegen die Beklagte geltend.

a) Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass für Ansprüche aus einem Geschäftsführerdienstverhältnis die Arbeitsgerichte nicht zur Entscheidung berufen sind, denn wer in einem Betrieb einer juristischen Person kraft Gesetzes zur Vertretung der juristischen Person berufen ist, ist regelmäßig nicht Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Für Ansprüche der aus dem der Geschäftsführertätigkeit zugrunde liegenden Vertrag sind die ordentlichen Gerichte zuständig (BAG, Beschl. v. 04.02.2013 - 10 AZB 78/12 - m.w.N.). Ansprüche aus dem Geschäftsführerdienstverhältnis sind aber unter Berücksichtigung des Klageantrags und seiner Begründung nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.

b) Für die Zulässigkeit des Rechtsweges ist der jeweilige Streitgegenstand maßgeblich. Den Streitgegenstand bestimmt ausschließlich die klagende Partei. Das Klagebegehren ergibt sich aus dem Klageantrag in Verbindung mit der Klagebegründung, § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO (BAG, Beschl. v. 30.08.1993- 2 AZB 6/93 - m.w.N.). Die behauptete Zuständigkeit muss sich schlüssig aus dem Klagevorbringen ergeben, Beweise brauchen bei doppelrelevanten Tatsachen nicht erhoben zu werden. Doppelrelevante Tatsachen liegen vor, wenn sie gleichzeitig notwendige Tatbestandmerkmale des Anspruchs selbst sind (BGH, Beschl. v. 27.10.2009 - VIII ZB 42/08 - m.w.N.).

c) Der Kläger behauptet schlüssig, dass die ursprünglich im Geschäftsführerdienstverhältnis begründeten Versorgungsversprechen nach seiner Abberufung aus der Geschäftsführerstellung nicht einvernehmlich vor Begründung des Arbeitsverhältnisses aufgelöst worden sind, sie vielmehr in Zeiten des Arbeitsverhältnisses fortgeführt worden sind. Er behauptet damit die Übernahme der einheitlichen Pensionsverpflichtungen in das neu begründete Arbeitsverhältnis, verbunden mit dem Erwerb weiterer Anwartschaften im Hinblick auf die im Arbeitsverhältnis zurückgelegte Betriebszugehörigkeit. Der Anspruch aus dem Geschäftsführerverhältnis wäre ein solcher aus dem Arbeitsverhältnis geworden (vgl. auch: BAG, Beschl. v. 20.05.1998 - 5 AZB 3/98 - zum umgekehrten Fall der Umwandlung eines Versorgungsanspruchs aus dem Arbeitsverhältnis in einen Anspruch aus dem Geschäftsführerverhältnis). Die Klage in der von ihm konkret bezifferten Höhe kann unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 1 BetrAVG nur begründet sein, wenn nach Abberufung des Klägers als Geschäftsführer ein arbeitsvertraglicher Versorgungsanspruch begründet worden ist. Arbeitsvertragliche Ansprüche können nach der Abberufung aus der Organschaft und damit nach dem Wegfall der Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG vor den Gerichten für Arbeitssachen geltend gemacht werden (BAG, Beschl. v. 04.02.2013 - 10 AZB 78/12 - m.w.N.). Liegen die arbeitsvertraglichen Voraussetzungen für den Anspruch nicht vor, so ist die Klage als unbegründet abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Wird ein Verweisungsbeschluss im Beschwerdeweg angefochten, so ist über die Kosten des Rechtsmittels nach den allgemeinen für die Beschwerde geltenden Grundsätzen zu entscheiden (Zöller/Lückemann, 29. Auflage, § 17 b GVG Rdn. 4 m.w.N.).

4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 1/5 (vgl. hierzu: BAG, Beschl. v. 25.10.2000 - VIII ZB 30/00 -) des Hauptsachestreitwertes festgesetzt.

5. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es unter Berücksichtigung der §§ 17 a Abs. 4 GVG, 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

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