BGH, Beschluss vom 21.07.2003 - II ZB 17/01
Fundstelle
openJur 2010, 10341
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 wird der Beschluß des Landgerichts München I -5. Kammer für Handelssachen -vom 3. Dezember 1998 in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluß des Landgerichts vom 1. März 1999 hinsichtlich der Festsetzung der Abfindung unter Nr. I dahin abgeändert, daß in Satz 2 der letzte Halbsatz "soweit die Aktionäre nicht Ausgleichsbeträge für die jeweiligen Jahre geltend gemacht haben" entfällt.

Nr. I des berichtigten Beschlusses lautet daher wie folgt:

Die Abfindung gemäß § 5 des Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrages vom 30. April 1992 wird auf 1.794,00 DM je 100,00 DM-Aktie festgesetzt. Dieser Betrag ist ab 29. Oktober 1992 in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz (Basiszinssatz) zu verzinsen.

II. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 wird der angefochtene Beschluß hinsichtlich des Ausgleichs teilweise geändert und wie folgt gefaßt:

Der Ausgleich gemäß § 4 des Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrages vom 30. April 1992 wird auf 169,00 DM (brutto) je 100,00 DM-Aktie abzüglich Körperschaftsteuerbelastung in Höhe des jeweils geltenden gesetzlichen Tarifs festgesetzt.

III. Die weitergehende sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 und die Anschlußbeschwerden der Beteiligten zu 4 und 5 werden zurückgewiesen.

IV.

Hinsichtlich der Kosten-und Auslagenentscheidung sowie der übrigen Nebenentscheidungen für das Verfahren erster Instanz verbleibt es bei der landgerichtlichen Entscheidung.

V.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden wie folgt verteilt:

Die Verfahrenskosten werden den Beteiligten zu 2, 4 und 5 gesamtschuldnerisch auferlegt. Die Beteiligten zu 2, 3, 4 und 5 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Vergütung und Auslagen für die Beteiligten zu 6 und 7 (gemeinsamen Vertreter) hat die Beteiligte zu 5 zu tragen.

VI. Beschwerdewert: 810.000,00 DM = 414.146,42

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind Aktionäre der Beteiligten zu 5, der Y. AG, die -teilweise über in-und ausländische Tochtergesellschaften -Gasbetonsteine und andere Materialien herstellt und vertreibt. Ihr Grundkapital beträgt 27 Mio. DM. Hiervon hielt die Beteiligte zu 4, die Y. H. AG -seinerzeit in der Rechtsform einer GmbH -am 10. Juni 1999 99,56 %. Die Beteiligten zu 4 und 5 schlossen am 30. April 1992 einen Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrag, der nach der am 10. Juni 1992 erfolgten Zustimmung der Hauptversammlung der Y. AG am 28. Oktober 1992 im Handelsregister eingetragen und am 28. November 1992 veröffentlicht wurde. In diesem Vertrag garantiert die Beteiligte zu 4 den außenstehenden Aktionären der Beteiligten zu 5 für jede Stammaktie mit einem Nennwert von 100,00 DM einen jährlichen Ausgleich von 86,00 DM; wahlweise bietet sie den Erwerb einer Aktie für 1.250,00 DM an. Die Beteiligten zu 1 bis 3 beantragten im Spruchverfahren, die angemessene Abfindung und den angemessenen Ausgleich höher festzusetzen. Mit Beschluß vom 3. Dezember 1998 (AG 1999, 476) hat das Landgericht im Anschluß an das von ihm eingeholte Sachverständigengutachten die Abfindung auf 1.747,00 DM und den Ausgleich auf 108,00 DM je Stammaktie im Nennwert von 100,00 DM festgesetzt. Mit Berichtigungsbeschluß vom 1. März 1999 hat es außerdem die Verzinsung der Abfindung mit 2 % über dem Diskontsatz (Basiszinssatz) ab dem 29. Oktober 1992 mit der Einschränkung ausgesprochen, "soweit die Aktionäre nicht Ausgleichsbeträge für die jeweiligen Jahre entgegengenommen haben". Gegen die landgerichtliche Entscheidung vom 3. Dezember 1998 hat die Beteiligte zu 3 sofortige Beschwerde mit dem Ziel einer Erhöhung von Abfindung und Ausgleich eingelegt. Die Beteiligten zu 4 und 5 haben sich dieser Beschwerde mit entgegengesetzter Zielrichtung angeschlossen und zudem sofortige Beschwerde gegen den landgerichtlichen Berichtigungsbeschluß vom 1. März 1999 eingelegt. Der Beteiligte zu 2 hat -außerhalb der Beschwerdefrist -"das Rechtsmittel der Anschlußbeschwerde" erhoben.

Das Beschwerdegericht (ZIP 2001, 1999) hat die Rechtsmittel der Beteiligten zu 4 und 5 gegen den Berichtigungsbeschluß zurückgewiesen und die Anschlußbeschwerde des Beteiligten zu 2 als unzulässig verworfen. Es möchte die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 3 und die Anschlußbeschwerden der Beteiligten zu 4 und 5 mit der Maßgabe zurückweisen, daß lediglich im Berichtigungsbeschluß vom 1. März 1999 die Einschränkung der Verzinsung im Hinblick auf etwaige Ausgleichszahlungen an die Aktionäre entfällt. An einer solchen zurückweisenden Entscheidung sieht es sich jedoch, soweit es um die Festsetzung des Ausgleichs geht, durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 9. März 1995 (AG 1995, 421 = WM 1995, 980) gehindert, weil es bei Befolgung der dort geäußerten Rechtsansicht zur Berücksichtigung der Körperschaftsteuerausschüttungsbelastung einen höheren Ausgleich als das Landgericht festsetzen müßte. Es hat daher die Sache insgesamt dem Bundesgerichtshof gemäß §§ 306 Abs. 2, 99 Abs. 3 Satz 5 AktG i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG zur Entscheidung vorgelegt. Eine Beschränkung der Vorlage auf die Frage des Ausgleichs hält das Beschwerdegericht nicht für möglich, auch wenn im Hinblick auf die Abfindung die Vorlagevoraussetzungen im engeren Sinne nicht gegeben seien. Eine eigene Teilentscheidung nur über die Abfindung entsprechend § 301 ZPO komme nicht in Betracht, da im Hinblick auf die gemeinsame Vorfrage der richtigen Ermittlung des Unternehmenswerts der Beteiligten zu 5 die Gefahr einander insoweit widerstreitender Erkenntnisse bestehe und dann die Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit in ein und demselben Verfahren nicht gewährleistet sei.

II. Die Voraussetzungen für eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG sind aus den vom Beschwerdegericht in seinem Vorlagebeschluß angeführten Gründen gegeben. Der Streit der Beteiligten betrifft nicht nur die isoliert für den Ausgleich relevante Vorlegungsfrage bezüglich der von der Beteiligten zu 4 auf den Ausgleich abzuführenden Körperschaftsteuer, sondern darüber hinaus die Richtigkeit der Ermittlung des Unternehmenswerts der Beteiligten zu 5, aus dem sowohl die Abfindung nach § 305 AktG als auch der Ausgleich nach § 304 AktG abgeleitet werden.

III. 1. Abfindung gemäß § 305 AktG Hinsichtlich der Abfindung gemäß § 305 AktG sind die Rechtsmittel der Beteiligten zu 3 bis 5 gegen den Beschluß des Landgerichts vom 3. Dezember 1998 unbegründet; lediglich in bezug auf die im Berichtigungsbeschluß vom 1. März ausgesprochene Einschränkung der Verzinsung der Abfindung hat die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 Erfolg.

Das Landgericht hat im Anschluß an das von ihm eingeholte Sachverständigengutachten die Abfindung gemäß § 5 des Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrages vom 30. April 1992 zutreffend auf 1.794,00 DM je 100,00 DM-Aktie festgesetzt. Die dagegen mit der Beschwerde der Beteiligten zu 3 und der Anschlußbeschwerde der Beteiligten zu 4 und 5 wechselseitig erhobenen Angriffe sind nicht gerechtfertigt, wie das Beschwerdegericht in seinem Vorlagebeschluß mit zutreffenden Erwägungen eingehend ausgeführt hat. Der Senat tritt diesen Begründungen zur Abfindung bei und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 543 Abs. 2 a.F. ZPO Bezug. Zusammenfassend ist daher festzustellen:

a) Die vom Landgericht mit 1.794,00 DM je 100,00 DM-Aktie ermittelte Abfindung ist gemäß § 305 AktG angemessen, weil sie den ausscheidenswilligen Aktionären volle Entschädigung für den Wert ihrer Beteiligung an dem "arbeitenden" Unternehmen der Beteiligten zu 5 verschafft. Das Landgericht hat bei der Ermittlung dieses Wertes entsprechend dem Sachverständigengutachten zutreffend die Ertragswertmethode mit Korrekturprüfung anhand des Börsenkurses (vgl. BVerfGE 100, 289, 307; BGHZ 147, 108) angewendet. Bei der zwangsläufig mit Unsicherheiten belasteten Prognose des Barwertes zukünftiger Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben hat das Landgericht in zulässiger Weise die sog. Phasenmethode -sachgerecht modifiziert nach Maßgabe der branchenspezifischen Besonderheiten des konkreten Bewertungsgegenstandes -zugrunde gelegt. Auch wenn der Ertragswert zukunftsbezogen ist, ist der zentrale Ausgangspunkt für die Prognose erzielbarer Überschüsse die sorgfältige Vergangenheitsanalyse des Unternehmens. Mehrjährige Prognosephasen sind nicht zwingend, zumal in der kurzfristig orientierten Baubranche regelmäßig -so auch im vorliegenden Fall -mehrjährige Horizonte fehlen. Daher war es angesichts der Tatsache, daß die Beteiligte zu 5 lediglich über eine Planungsrechnung für jeweils ein Prognosejahr verfügte, sachgerecht, den Zukunftserfolg eines jährlich gleichbleibenden Durchschnittsbetrages zu schätzen, ausgehend von der Ertragssituation am Bewertungsstichtag (vgl. IDW-HFA 2 1983 Abschn. B 2 b 2, 1).

Das Landgericht hat auch im Anschluß an das Sachverständigengutachten zutreffend der Diskontierung der künftigen Ertragserwartungen einen einheitlichen Kalkulationszinssatz von 9,5 % -ausgehend von einem durchschnittlichen Basiszins von 7,5 %, einem Inflationsabschlag von 1 % für 1993 und die Folgejahre sowie einem Risikozuschlag für das generelle Unternehmenswagnis von 2 % für 1992 und von 3 % für die Folgejahre -zugrunde gelegt. Danach beträgt der Unternehmenswert, der sich aus dem Ertragswert aus Betriebsfortführung mit 460 Mio. DM und dem Wert des gesondert bewerteten Vermögens (Liquidationswert) von 4,7 Mio. DM zusammensetzt, zum 31. Dezember 1991 464,7 Mio. DM und aufgezinst zum 10. Juni 1992 484,4 Mio. DM. Der Quotient hieraus im Verhältnis zum Grundkapital der Beteiligten zu 5 von 27 Mio. DM ergibt rechnerisch als angemessene Abfindung den Betrag von gerundet 1.794,00 DM je 100,00 DM-Aktie. Eine Korrektur dieses festgestellten Ertragswertes unter Berücksichtigung des Börsenkurses ist nicht veranlaßt, da der Börsenkurs der Aktien der Y. AG in dem maßgeblichen Drei-Monats-Zeitraum vor dem Stichtag durchweg unter dem "Schätzwert" auf der Basis der Ertragswertmethode lag (vgl. BGHZ 147, 109).

b) Der Ausspruch über die Verzinsung des Barabfindungsbetrages gemäß § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG begegnet jedenfalls grundsätzlich keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zu korrigieren ist allerdings die diesbezügliche Entscheidung des Landgerichts im Berichtigungsbeschluß vom 1. März 1999 insoweit, als darin die Verzinsung auf diejenigen Aktionäre beschränkt wird, die nicht Ausgleichsbeträge für die jeweiligen Jahre geltend gemacht haben. Zwar sind -wie der Senat bereits entschieden hat (Urt. v. 16. September 2002 -II ZR 284/01, ZIP 2002, 1892 -zur Veröffentlichung in BGHZ 152, 29 bestimmt) -Ausgleich (§ 304 AktG) und Abfindungsverzinsung (§ 305 Abs. 3 Satz 3 AktG) für denselben Zeitraum nicht kumulativ zu leisten; vielmehr sind die empfangenen Ausgleichszahlungen ausschließlich mit den Abfindungszinsen, nicht hingegen mit der Barabfindung selbst zu verrechnen. Wie das Beschwerdegericht jedoch zutreffend ausgeführt hat, kann eine Bestimmung hinsichtlich der Anrechnung nicht im Spruchverfahren getroffen werden, weil darin nur über die Angemessenheit von Barabfindung und Ausgleich zu entscheiden ist.

2. Ausgleich gemäß § 304 AktG Hinsichtlich des Ausgleichs gemäß § 304 AktG bleiben die Anschlußrechtsmittel der Beteiligten zu 4 und 5 ohne Erfolg. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3 ist hingegen insoweit begründet, als -entgegen der Ansicht der vorinstanzlichen Gerichte -bereits bei der Festsetzung des festen Ausgleichs im Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrag stets (mögliche) künftige Änderungen der körperschaftsteuerlichen Ausschüttungsbelastung zu berücksichtigen sind. Dabei ist als Ausgleichszahlung im Sinne von § 304 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 AktG der verteilungsfähige durchschnittliche (feste) Bruttogewinnanteil abzüglich der von dem Unternehmen hierauf zu entrichtenden (Ausschüttungs-) Körperschaftsteuer in Höhe des jeweils gültigen Steuertarifs zuzusichern.

a) Nach § 304 Abs. 1 Satz 1 AktG muß der Gewinnabführungsvertrag für die außenstehenden Aktionäre eine angemessene Ausgleichszahlung durch eine auf die Anteile am Grundkapital bezogene wiederkehrende Ausgleichszahlung vorsehen. Für die Bemessung des festen Ausgleichs ist nach § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG der durchschnittliche, auf die einzelnen Aktionäre zu verteilende Gewinnanteil zu ermitteln, der sich nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten ergibt, die sie als unabhängiges, durch einen Beherrschungsvertrag nicht gebundenes Unternehmen hätte (BGHZ 138, 136, 140). Als erwirtschafteter Gewinn ist -auch betriebswirtschaftlich -der Gewinn vor Körperschaftsteuer anzusehen, weil die Höhe der -der Kapitalgesellschaft als solcher auferlegten (vgl. dazu: Sen.Urt. v. 2. Juni 2003 -II ZR 85/02, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) -Körperschaftsteuer von der Gesellschaft selbst nicht beeinflußt werden kann, sondern lediglich Ausfluß des von ihr erwirtschafteten Gewinns ist. Gemäß § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG ist daher den Minderheitsaktionären der voraussichtlich verteilungsfähige durchschnittliche Bruttogewinnanteil als feste Größe zu gewährleisten, von dem die Körperschaftsteuerbelastung in der jeweils gesetzlich vorgegebenen Höhe abzusetzen ist. Nur eine solche Auslegung des Begriffs des zuzusichernden "durchschnittlichen" Gewinnanteils stellt in der von Verfassungs wegen gebotenen Weise stets sicher, daß der Minderheitsaktionär für die Beeinträchtigung seiner vermögensrechtlichen Stellung durch den Ausgleich "wirtschaftlich voll entschädigt" wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27. April 1999 -1 BvR 1613/94, ZIP 1999, 1436, 1440 -DAT/Altana; BVerfG, Beschl. v. 8. September 1999 -1 BvR 301/89, ZIP 1999, 1804, 1806 -Hartmann & Braun, jeweils unter Bezugnahme auf BGHZ 138, 136, 139). Durch ein derartiges Verständnis der gesetzlichen Regelung wird zugleich der Funktion des Ausgleichs als Substitution der ordentlichen Dividende am besten Rechnung getragen, weil der Aktionär als tatsächlichen Barauszahlungsbetrag stets den zur Ausschüttung bereitgestellten Bruttogewinn abzüglich der jeweils gesetzlich geltenden Körperschaftsteuerbelastung des Unternehmens -also einer je nach der Gesetzeslage in den einzelnen Jahren möglicherweise variablen Größe -erhält. Eine solche stetige wirtschaftlich volle Entschädigung durch den Ausgleich wäre bei der -im vorliegenden Fall vom Landgericht in Anlehnung an § 4 des Unternehmensvertrages vorgenommenen -Festsetzung eines -nach Abzug der im Zeitpunkt des Bewertungsstichtags maßgeblichen Körperschaftsteuersatzes -unveränderlichen Nettobetrages nicht gewährleistet. Während bei der Dividende nach § 58 AktG -deren Ausbleiben die Ausgleichszahlung durchschnittlich ersetzen soll -als Folge einer gesetzlichen Absenkung der Körperschaftsteuerbelastung des Unternehmens bei gleichbleibenden betriebswirtschaftlichen Anknüpfungsdaten ein entsprechend höherer Betrag für die Gewinnausschüttung zur Verfügung stünde, führte der einmal als dauerhafte Nettogröße festgesetzte Ausgleich bei einer solchen Senkung des Steuersatzes in Höhe der dann entstehenden Differenz zu einem (ungerechtfertigten) Vorteil der Gesellschaft bzw. Obergesellschaft auf Kosten des außenstehenden Aktionärs, weil dann eine "Vollausschüttung" des zuvor ermittelten durchschnittlich verteilbaren Bruttogewinns tatsächlich nicht mehr stattfinden würde. Eine solche unvertretbare Situation zu Lasten des Minderheitsaktionärs wird im vorliegenden Fall besonders deutlich: Durch Art. 2, 7 des Standortsicherungsgesetzes vom 13. September 1993 (BGBl. I, S. 1569) wurde die Ausschüttungsbelastung im Rahmen der Körperschaftsteuer von 36 % auf 30 % mit Wirkung ab dem ersten nach dem 31. Dezember 1993 endenden Wirtschaftsjahr herabgesetzt; weitergehend wurde sogar durch das Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (BGBl. I, S. 1433) im Zuge einer Systemumstellung der Körperschaftsteuersatz -unter Wegfall des separaten Steuersatzes für Ausschüttungen -auf einheitlich 25 % abgesenkt (vgl. § 23 KStG n.F.) und gleichzeitig für die Einkommensteuer der Anteilseigner das sog. Halbeinkünfteverfahren eingeführt. Auf der anderen Seite wird durch die Bestimmung des Ausgleichs als fester, um die jeweilige Körperschaftsteuerbelastung zu verringernder Bruttogewinnanteil auch sichergestellt, daß im Falle der Steuererhöhung -wie unlängst durch Anhebung des Körperschaftsteuersatzes auf 26,5 % für den Veranlagungszeitraum 2003 aufgrund von Art. 4 des Flutopfersolidaritätsgesetzes vom 19. September 2002 (BGBl. I, S. 3651) geschehen -die Ausgleichsregelung nicht zu einem ungerechtfertigten Vorteil des Minderheitsaktionärs auf Kosten der Gesellschaft führt.

Die vom Senat befürwortete Auslegung des zuzusichernden durchschnittlichen Gewinnanteils gemäß § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG als einer konstanten Bruttogröße, die um die Körperschaftsteuer in der jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Höhe zu vermindern ist, widerspricht nicht der Systematik des "festen" Ausgleichs (vgl. dazu schon OLG Celle, BB 1981, 8). Zwar ist für die Bemessung des Ausgleichs der Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Beherrschungsvertrag aufgrund der Genehmigung durch die Hauptversammlung des beherrschten Unternehmens im Sinne des § 293 Abs. 1 Satz 1 AktG wirksam geworden ist. Dieses Stichtagsprinzip wird jedoch nicht in Frage gestellt, weil bei der Festsetzung des Ausgleichs der durchschnittlich verteilbare Bruttogewinn als feste Größe aus dem objektiven Wert des Unternehmens, "wie es am Stichtag steht und liegt", abzuleiten ist, so daß nur die Organisationsverhältnisse und die wirtschaftlichen und rechtlichen Strukturen des Unternehmens maßgeblich sind, die am Bewertungsstichtag vorhanden waren. Dazu gehören als feste Größen die betriebswirtschaftlichen Eckdaten des Unternehmens und der Kapitalisierungszinssatz, mit dem der Bruttowert des Ausgleichs ermittelt wird, nicht hingegen die Körperschaftsteuer, die lediglich Ausfluß des erwirtschafteten Gewinns ist und die -wie dargelegt -in möglicherweise variabler Höhe in den einzelnen Geschäftsjahren auf den ausschüttungsfähigen Gewinn anfällt. Etwaige Änderungen des Körperschaftsteuersatzes beeinflussen nur den tatsächlichen Auszahlungsbetrag; durch sie verwirklichen sich jedoch nicht die Risiken der "stichtagsabhängigen" Prognoseentscheidung bei der Ermittlung des aus dem Unternehmenswert abgeleiteten verteilungsfähigen Bruttogewinns.

b) Da das Spruchverfahren noch nicht abgeschlossen ist, ist die Abänderung der vertraglich vorgesehenen Ausgleichsregelung durch die Festsetzung eines festen Ausgleichsbetrages von gerundet 169,00 DM (brutto) abzüglich der Körperschaftsteuerbelastung in Höhe des jeweils geltenden gesetzlichen Tarifs geboten. Ein solcher durchschnittlich brutto zu garantierender Gewinnanteil ist aus dem vom Landgericht im Anschluß an das Sachverständigengutachten zutreffend ermittelten Ertragswert abzuleiten. Danach ist der Unternehmenswert (Ertragswert) der Beteiligten zu 5 -ohne gesondert bewertetes Vermögen -mit dem inflationsbereinigten Kapitalisierungszinssatz von 9,5 % zu verzinsen, so daß sich ein durchschnittlicher Bruttogewinn von 45,543 Mio. DM (entsprechend aufgerundet 169,00 DM je 100,00 DM-Aktie) ergibt. Dabei ist -entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 3 -mit Recht der Liquidationswert des vom Sachverständigen gesondert bewerteten Vermögens (inaktive bzw. ertragslose ausländische Tochtergesellschaft) abgesetzt worden. Da der Ausgleichsanspruch sich danach bemißt, welchen Dividendenanspruch der Aktionär ohne den Unternehmensvertrag zu erwarten gehabt hätte, sind in ihn Vermögenswerte, die auf den Ertrag keinen Einfluß gehabt haben, grundsätzlich -so auch hier -nicht einzubeziehen.