VG München, Urteil vom 07.11.2013 - M 17 K 12.6334
Fundstelle
openJur 2014, 370
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. der Beigeladene vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin, eine GmbH, begehrt mit ihrer Klage die Aufhebung eines Bescheids, der es ab ... 2013 untersagt, im Landkreis ... gewerblich Altkleider und Altschuhe zu sammeln.

Mit Schreiben vom ... August 2012 zeigte die ..., beim Landratsamt ... die gewerbliche Sammlung von Abfällen aus Haushaltungen im Landkreis ... an.

Die Sammlung solle laut Anzeige flächendeckend durch die Aufstellung von Containern erfolgen. Als zeitlicher Umfang wurde „wöchentlich und unbefristet“ angegeben. Angaben zur Sammelmenge wurden zunächst nicht gemacht, da diese noch nicht absehbar gewesen sei. Zum Verwertungsweg war angegeben: „Ordnungsgemäße und schadlose Verwertung“ durch die Verwertungsbetriebe ... (...) in ... und ...) in Spanien, bei denen jeweils Vorbereitung zur Wiederverwendung und Recycling vorgesehen sind.

Vorgelegt wurden außerdem: 1.) die Gewerbeanmeldung des ...-Inhabers vom ... April 2012; 2.) ein Teilnahmezertifikat des Umweltinstituts ... GmbH vom ... Mai 2012, ausgestellt auf den ...-Inhaber, für ein viertägiges Seminar zum Erwerb der Fachkunde für Leitungs- und Aufsichtspersonal von Entsorgungsfachbetrieben; 3.) eine Bestätigung von ... vom ... Juni 2012 in spanischer und englischer Sprache, wonach zu ... ein unbefristetes Geschäftsverhältnis bestehe, innerhalb dessen ... an ... in Deutschland gesammelte Secondhandtextilien, jährlich im Umfang von 1.000 Tonnen, veräußere. Eine höhere Abnahme werde zugesichert, wenn die Kapazitäten von ... dies ermöglichten; 4.) eine Bestätigung von ... vom ... Juni 2012 in deutscher und polnischer Sprache, wonach ein unbefristetes Geschäftsverhältnis bestehe und ... monatlich ca. 450 Tonnen Altkleider abnehme.

Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger wurde mit Schreiben von ... August 2012 um eine Stellungnahme gebeten und machte in seiner Äußerung geltend, dass bei Zulassung der angezeigten gewerblichen Sammlung seine Planungssicherheit und Organisationsverantwortung erheblich beeinträchtigt werde. Er beabsichtige, ab dem ... Juni 2013 selbst eine zentrale Erfassung und Verwertung von Alttextilien durchzuführen. Es seien konkrete Angaben zur angezeigten Sammlung zu machen, bei neu aufgenommenen Sammlungen, seien insbesondere Mengenprognosen abzugeben. Eine allgemeine Bezugnahme auf mögliche Verwertungswege genüge nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anzeige. Es sei darzulegen, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen der Verwertungswege gewährleistet werde.

Der Werkausschuss des Kreistags hatte am ... Juni 2012 den Beschluss gefasst, mit Wirkung ab ... Januar 2013 mit Leistungsbeginn am ... Juni 2013 ein eigenes landkreisdeckendes Sammelsystem zur Erfassung und Verwertung von Alttextilien zu installieren. Vorgesehen war eine Erfassung auf Wertstoffhöfen und daneben „anfallsnah“ mittels 115 Containern auf von den Gemeinden des Landkreises zur Verfügung gestellten Stellflächen. Die Vergabe der Dienstleistung erfolgte durch öffentliche, europaweite Ausschreibung. Als Auftraggeber trat der Abfallwirtschaftsbetrieb des Beigeladenen (...), ein Eigenbetrieb, auf. Am ... Mai 2013 wurde dem wirtschaftlichsten Angebot der Zuschlag erteilt. Der Vertrag hat eine Laufzeit vom ... Juni 2013 bis ... Mai 2016. Der Auftragnehmer entrichtet ein pauschales Entgelt von EUR 109,65 pro Container und Monat an den ...

Mit Bescheid vom ... November 2012 ließ der Beklagte die angezeigte gewerbliche Sammlung von Altkleidern und -schuhen im Kreisgebiet des Beigeladenen befristet bis zum ... Mai 2013 zu (Ziffer 1) und untersagte die gewerbliche Sammlung von Altkleidern und -schuhen ab dem ... Juni 2013 (Ziffer 2). Die Kosten wurden dem Antragsteller auferlegt (Ziffer 3.). Zur Begründung führt der Bescheid im Wesentlichen aus: Ab dem Beginn der geplanten Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers stehe die angezeigte Sammlung der Klägerin in Konkurrenz dazu. Durch die konkurrierende gewerbliche Sammlung werde die Funktionsfähigkeit der kommunalen Erfassung erheblich gestört, da diese die Erfüllung der Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindere und Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtige. Die angezeigte Sammlung sei auch nicht wesentlich leistungsfähiger als die geplante des ...

Mit E-Mail vom ... Dezember 2012 teilte die Klägerin gegenüber dem Landratsamt ... unter Beifügung eines Handelsregisterauszugs mit, dass die Firma ... durch Ausgliederung der Gesamtheit des von dem Einzelkaufmann ... betriebenen Unternehmens in die ... GmbH umgewandelt worden sei. Gesellschaftsvertrag und Ausgliederungsplan datieren vom ... Juli 2012. Als Tag der letzten Eintragung ist der ... September 2012 im Handelsregister vermerkt.

Auf die Anfrage der Klägerin vom ... Dezember 2012, ob der Bescheid umgeschrieben werde oder für die ... GmbH fortgelte, teilte das Landratsamt mit, dass sich ausweislich des Handelsregisterauszugs nur die Rechtsform geändert habe, nicht aber die Person des Geschäftsführers. Der Bescheid vom ... November 2012 gelte daher auch für die Klägerin fort, soweit diese die Sammlung weiterzuführen beabsichtige.

Gegen den Bescheid vom ... November 2012 erhob die Klägerin, vertreten durch den früheren Inhaber der ... als Geschäftsführer, am 19. Dezember 2012 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte,

den Bescheid des Beklagten vom ... November 2013 (Az: ...) aufzuheben.

Zwischenzeitlich wurde das Vergabeverfahren abgeschlossen. Der Zuschlag an den wirtschaftlichsten der neun Bieter, unter denen sich auch die Klägerin befand, wurde am ... Mai 2013 erteilt. Tatsächlicher Leistungsbeginn war der ... Juli 2013.

Nach Aufforderung durch das Gericht am ... September 2013, begründete die Klägerin ihren Antrag am ... Oktober 2013: Der Beklagte mache eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht substantiiert geltend. Die Befristung werde lediglich damit begründet, die von der Klägerin angezeigte gewerbliche Sammlung stehe ab dem ... Juni 2013 in Konkurrenz zu der vom Beigeladenen geplanten flächendeckenden Erfassung von Alttextilien. Die Formulierung, konkurrierende Sammelsysteme könnten die Funktionsfähigkeit erheblich stören, zeige auf, dass noch keine Gefährdung vorliege.

Mit Schreiben vom ... Oktober 2013 hatte der Beklagte die Klägerin unter Fristsetzung aufgefordert, die Standorte für die angeblich bereits bestehende Containersammlung, sowie deren räumlichen Umfang und die Verwertungswege näher darzulegen. Daraufhin legte die Klägerin mit E-Mail vom ... Oktober 2013 u.a. eine Standortliste der Altkleidercontainer, datierend vom ... Oktober 2013 vor. Es wurde eine Zahl von 44 Containern und eine monatliche Sammelmenge von insgesamt 10,5 Tonnen, also 126 Tonnen jährlich, angegeben.

Mit vorgelegt wurden außerdem: 1.) Ein Zertifikat, ausgestellt auf die ... GmbH vom ... Mai 2013, wonach diese als Entsorgungsfachbetrieb für das Sammeln und Befördern nicht gefährlicher Abfallarten sowie das Handeln, Makeln von allen Abfallarten, ausgenommen Abfälle nach AVV-Nr. ..., ... und ... und das Lagern der getrennt gesammelten Fraktionen von Siedlungsabfällen Bekleidung und Textilien (Abfallschlüssel ... und ...) anerkannt sei; 2.) ein Vertrag mit ... vom ... Dezember 2010 über die Verbringung und Verwertung von Abfällen gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006.

Der Beklagte beantragte am 31. Oktober 2013,

die Klage abzuweisen.

Das Landratsamt sei für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids zuständig gewesen. Es habe als Staatsbehörde gehandelt. Für eine behördeninterne organisatorische und personelle Trennung von den Aufgaben des Beigeladenen sei gesorgt, da es sich beim dem Abfallwirtschaftsbetrieb des Beigeladenen um einen Eigenbetrieb mit vollkommen eigener personeller, räumlicher und organisatorischer Ausstattung handle.

Die Voraussetzungen sowohl für eine Untersagung als auch für eine Befristung lägen vor. Die geplante Sammlung gefährde die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Es liege eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung vor, da die gesetzliche Vermutung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG eingreife, wonach eine solche wesentliche Beeinträchtigung insbesondere anzunehmen sei, wenn durch die gewerbliche Sammlung Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder ein von diesem beauftragter Dritter eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführe. Bei der nun seit ... Juli 2013 durchgeführten landkreisdeckenden Erfassung handle es sich um eine hochwertige Erfassung: Es erfolge eine Containererfassung auf 20 Wertstoffhöfen und an ca. 62 Depotcontainerstandorten. Die Sortierung und Weiterverwertung der eingesammelten Abfälle wird im Einzelnen detailliert dargestellt.

Es werden in etwa folgende Verwertungsquorten erzielt: 45% - 50% Wiederverwendung als Secondhand-Bekleidung bzw. -Schuhe, 25% Weiterverwendung als Putzlappen, 20% stoffliche Verwertung in Form von Faser- und Rohstoff-Rückgewinnung sowie 5% - 10% thermische Verwertung.

Eine wesentliche Beeinträchtigung liege vor: Im Vergabeverfahren sei man von einer prognostizierten Sammelmenge von 400 Tonnen pro Jahr ausgegangen. Die Klägerin strebe eine Sammelmenge von 126 Tonnen jährlich (10,5 Tonnen monatlich) an, so dass dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger allein durch die Klägerin fast ein Drittel der Sammelmenge entzogen werden würde. Nehme man alle angezeigten Sammlungen zusammen, ergebe sich ein Volumen von ca. 1.400 Tonnen im Jahr, womit keinerlei Zweifel an einer wesentlichen Beeinträchtigung bestehen könnten.

Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass ihre Sammlung erheblich leistungsfähiger sei als die des Beigeladenen. Es bleibe auch nach der E-Mail vom ... Oktober 2013 mit Angaben zu Verwertungswegen u.a. durch Vorlage von Vereinbarungen mit ausländischen Abnehmern unklar, wie die weitere Verwertung durch diese aussehe. Den Anforderungen nach § 18 Abs. 2 Nr. 4 und 5 KrWG genügten die beigefügten Unterlagen jedenfalls nicht.

Es liege außerdem eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung i.S.d. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG vor. Die Regelung umfasse Fallgestaltungen, in denen ein gewerblicher Sammler als Bieter im Vergabeverfahren den Zuschlag nicht erhalten habe oder am Ausschreibungsverfahren des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gar nicht teilgenommen habe und nun eine gewerbliche Sammlung vornehme. Die Klägerin habe an der Ausschreibung teilgenommen. Durch die Zulassung paralleler gewerblicher Sammlungen wäre es nahezu unmöglich, die Bedingungen des bereits durchgeführten Vergabeverfahrens aufrecht zu erhalten.

Die Einhaltung der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sei im vorliegenden Fall nicht anders zu gewährleisten. Es stehe dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger grundsätzlich frei, sich für eine Neuaufnahme einer bisher nicht betriebenen Abfallfraktion zu entscheiden, was § 17 Abs. 3 KrWG mit dem Schutz der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung zum Ausdruck bringe (VG Ansbach). Diese Möglichkeit sei bei einer Zulassung der gewerblichen Sammlung der Klägerin wesentlich beeinträchtigt. Eine andere Möglichkeit, diese Beeinträchtigung anders als durch Untersagung zu beseitigen, sei nicht ersichtlich und werde von der Klägerin auch nicht vorgetragen.

Ein Verhalten des Beklagten, das einen Vertrauensschutztatbestand i.S.d. § 18 Abs. 7 KrWG begründen hätte können, liege nicht vor. Weder dem Beklagten noch der Beigeladenen sei eine Sammlung der Klägerin im Landkreisgebiet bereits vor der Anzeige bekannt.

Im Übrigen sei auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt. Die Übergangsfrist bis ... Mai 2013 sei ausreichend dafür, dass sich die Klägerin auf das Ende der gewerblichen Sammlung einstellen und die insoweit notwendigen betrieblichen Vorkehrungen treffen könne.

Es wurden außerdem Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit geäußert. Dies sei, wie auch § 3 Abs. 10 KrWG zeige, eine gewerberechtliche Begrifflichkeit, weshalb für den Maßstab zur Beurteilung der Zuverlässigkeit auf die zu § 35 GewO entwickelte Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden könne. Ausweislich der beigefügten Gewerbezentralregisterauskunft habe der Geschäftsführer der Klägerin zweimal eine Ordnungswidrigkeit nach § 51 HStrG wegen unerlaubter Sondernutzung begangen und einmal wegen Verstoßes gegen Art. 13 Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 nach §§ 23 Abs. 1 FPersV, 8 Abs. 1 Nr. 1 b Fahrpersonalgesetz eine Geldbuße entrichten müssen. Die beiden letzten Ordnungswidrigkeiten beträfen Zeiträume, in denen die Klägerin bzw. ihre Vorgängerfirma nach ihrer Darstellung bereits im Landkreisgebiet sammelte. Ob die Ordnungswidrigkeiten im Landkreisgebiet des Beigeladenen begangen worden seien, sei für den Zuverlässigkeitsbegriff ohne Bedeutung. Auch die unvollständigen, die Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG missachtende Anzeige begründe grundsätzlich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit.

Die Voraussetzungen einer Befristung nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG lägen ebenfalls vor. Eine unbefristete Zulassung wäre nicht geeignet gewesen, obwohl vor dem ... Juni 2013 noch keine konkurrierende Sammlung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorhanden war, da spätestens ab diesem Zeitpunkt ein Untersagungsgrund vorgelegen habe. Die Befristung sei unter dem Gesichtspunkt eines sich entwickelnden Vertrauensschutzes geboten gewesen, um die Klägerin vor Investitionen und betrieblichen Organisationsentscheidungen zu schützen, die im Falle einer (späteren) Untersagung zu einem Vermögensschaden geführt hätten.

§ 17 Abs. 3 KrWG bringe deutlich die gesetzgeberische Wertung zum Ausdruck, dass das öffentlich-rechtliche Interesse an der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers höher zu gewichten sei, als die wirtschaftlichen Interessen einzelner. Diese Wertung des Gesetzgebers sei in die Ermessensentscheidung einzustellen gewesen.

Mit Beschluss vom 13. Juni 2013 war der Landkreis ... als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger beigeladen worden.

Der Beigeladene hatte durch seine Prozessbevollmächtigten am 17. Juli 2013 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Klageabweisungsantrags führte er unter dem ... Oktober 2013 aus: Der Anfechtungsklage fehle das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Es liege schon keine wirksame Anzeige für und gegen die Klägerin vor. Dem Handelsregisterauszug des Amtsgerichts ... vom ... 2012 zufolge sei die Firma ... am ... Juli 2012 bereits erloschen gewesen, also am ... August 2012 im Zeitpunkt der Anmeldung der Sammlung schon nicht mehr existent gewesen. Der streitgegenständliche Bescheid könne keine Wirkung gegenüber der Bescheidsadressatin der Firma ... – und somit auch nicht gegenüber ihrer Rechtsnachfolgerin – entfalten.

Hilfsweise wird zur Begründetheit der Klage weiter ausgeführt, eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei anzunehmen. Durch die als „flächendeckend“ angezeigte gewerbliche Sammlung würden dem Beigeladenen Abfallmengen entzogen, die zu einer wesentlichen Beeinträchtigung führten. Es sei die Gesamtzahl der gewerblichen Sammler zu berücksichtigen. Im Vergabeverfahren sei eine prognostizierte Sammelmenge von 400 Tonnen jährlich zu Grunde gelegt worden. Bei Berücksichtigung aller angezeigten Sammlungen käme man auf ein Erfassungsvolumen von etwa 1.400 Tonnen, so dass im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen von einer wesentlichen Beeinträchtigung auszugehen sei.

Nach Auffassung des Beigeladenen sei die Sammlung auch deswegen zu untersagen gewesen, weil die Anzeige der Firma ... unvollständig gewesen sei. Sie habe nach § 18 Abs. 2 KrWG erforderliche Pflichtangaben nicht enthalten: Zum einen das Ausmaß der Sammlung, insbesondere den größtmöglichen Umfang, § 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG. Diese Angabe sei Voraussetzung dafür, dass die Behörde in die Prüfung nach § 18 Abs. 5 KrWG eintreten könne. Zum anderen enthalte die Anzeige keine ausreichende Darlegung, wie die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung der gesammelten Abfälle im Rahmen des vorgesehenen Verwertungswegs gewährleistet werde.

Die unvollständige Anzeige begründe darüber hinaus Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin. Es sei insoweit zu berücksichtigen, dass gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG eine nicht richtige und nicht vollständige Anzeige einen Ordnungswidrigkeitstatbestand erfülle.

In der mündlichen Verhandlung am 7. November 2013 hat die Vertreterin des Beklagten zu Protokoll gegeben, dass im Landkreisgebiet bisher keine Container der Klägerin gefunden worden seien.

Die Klägervertreterin hat ausgeführt, dass sie die am ... Oktober 2013 eingereichte Standortliste mit der Tourenliste für den Landkreis ... abgeglichen habe und dabei nur 13 Standorte habe verifizieren können. Die an diesen tatsächlich gesammelte Menge an Alttextilien betrage 2,8 Tonnen.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 7. November 2013 verwiesen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO.

Gründe

I. Die Klage ist zulässig. Die insoweit vom Beigeladenen geäußerten Bedenken greifen nicht durch.

1. Die Klägerin ist klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Es ist nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder denkbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass sie der ... in sämtliche Rechte und Pflichten, auch dem Recht zur Durchführung einer gewerblichen Sammlung nach Anzeige gemäß § 18 KrWG, nachgefolgt ist und daher durch den Bescheid vom ... November 2012, der die Durchführung der Sammlung untersagt, in ihren – kraft Rechtsnachfolge erworbenen Rechten – verletzt ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 42 Rn. 93).

2. Der Klägerin fehlt ferner nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Es genügt für die Annahme eines berechtigten Interesses an der Aufhebung des Untersagungsbescheids, dass der Beklagte daraus auch nachteilige Folgen für die Klägerin herleitet, was sich aus dem Schreiben des Landratsamts vom ... Dezember 2012 ergibt.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom ... November 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Obwohl die Anzeige der Sammlung durch die ... erfolgt und der Untersagungsbescheid gegenüber dieser ergangen ist, ist die Klägerin durch eben diesen Bescheid grundsätzlich nachteilig in ihren Rechten betroffen. Sie ist im Wege der Rechtsnachfolge in sämtliche vorher der ... zustehenden Rechtspositionen eingerückt. Die Rechtsnachfolge wurde im Wege der Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) i.d.F. d. Bek. vom 28.10.1994 (BGBl I 1994, 3210) zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.12.2011 (BGBl I 2011, 3044) vollzogen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 123 Abs. 3, § 125 UmwG). Dabei ist das gesamte Vermögen aus dem Einzelunternehmen ... in die ... GmbH ausgegliedert worden.

Die ... GmbH existierte vor der Eintragung in das Handelsregister am ... September 2012 (als solche) noch nicht, § 11 Abs. 2 GmbHG. Bis dahin bestand eine sog. Vor-GmbH, die nur eingeschränkt handlungs- und belastungsfähig ist. Die Umwandlung mit sämtlichen Wirkungen war mit Eintragung ins Handelsregister am ... September 2012 erfolgt, § 131 Abs. 1 Nr. 1, 2 UmwG.

Die Anzeige der Sammlung unter Verwendung des Firmennamens ... konnte mit Wirkung für die Klägerin erfolgen, obwohl die ... laut Gesellschaftsvertrag bzw. Ausgliederungsplan vom ... Juli 2012 zu diesem Zeitpunkt bereits erloschen war. So lange eine Firma noch vom Kaufmann geführt wird, gilt diese nicht als erloschen (Hopt in Baumbach/ders., HGB, 35. Aufl. 2012, § 17 Rn. 23). Für zwischen der Aufstellung des Ausgliederungsplans am ... Juli 2012 und dem Vollzug der Ausgliederung am ... September 2012 erworbene Rechtspositionen gilt, sofern keine ausdrückliche vertragliche Regelung getroffen wurde, § 131 Abs. 3 UmwG. Nachdem die ... GmbH als übernehmender Rechtsträger die Geschäfte der ... fortführen sollte, spricht einiges dafür, ihr die durch die Anzeige erworbene Rechtsposition zuzuteilen.

2. Der Bescheid vom ... November 2013 ist formell rechtmäßig. Insbesondere war das Landratsamt als Kreisverwaltungsbehörde für Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 KrWG gemäß Art. 29 Abs. 2 BayAbfG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Abfallzuständigkeitsverordnung (AbfZustV) i.d.F. d. Bek. v. 7.11.2005 (GVBl S. 565; BayRS 2129-2-1-1-UG), geändert durch Verordnung vom 16. April 2012 (GVBl S. 156), und damit für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheids zuständig (s. BayVGH, B.v. 20.6.2013 – 20 ZB 13.869, v. 1.7.2013 – 20 ZB 13.871, v. 2.7.2013 – 20 ZB 13.895, v. 8.7.2013 – 20 ZB 13.870 und 20 ZB 13.894).

3. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Eine Untersagung der angezeigten Sammlung durfte gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG i.V.m. § 17 KrWG ergehen.

a. Gemäß § 18 Abs. 5 KrWG kann die zuständige Behörde angezeigte gewerbliche Sammlungen von Bedingungen abhängig machen, sie zeitlich befristen oder Auflagen für sie vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 KrWG sicherzustellen. Die zuständige Behörde hat die Durchführung der angezeigten Sammlung zu untersagen, wenn Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben, oder die Einhaltung der in § 17 Absatz 2 Satz 1 Nrn. 3 oder 4 genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist. Der hier maßgebliche § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG besagt, dass eine Überlassungspflicht für Abfälle nicht besteht, wenn diese durch eine gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen. Wann öffentliche Interessen entgegenstehen, ist wiederum in § 17 Abs. 3 KrWG geregelt.

Das Gericht legt die mit einer bis ... Mai 2013 befristeten Zulassung kombinierte Untersagung ab dem ... Juni 2013 einheitlich als Untersagung unter Gewährung einer Übergangsfrist aus, so dass allein § 18 Abs. 5 Satz 2 KrWG als Rechtsgrundlage einschlägig ist.

b. §§ 17, 18 KrWG sind verfassungs- und unionsrechtskonform.

aa. Der partielle Ausschluss privater Entsorgungsunternehmen aus der Verwertung von Hausmüllbestandteilen stellt eine verfassungsrechtlich zulässige Be-rufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG dar, zumal sich gewerbliche Entsorgungsunternehmen um Aufträge nach § 22 KrWG bemühen können. Die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Abfallentsorgung (§ 20 KrWG) rechtfertigt die gesetzliche Statuierung von Überlassungspflichten, von denen nur ausnahmsweise und unter Wahrung öffentlicher Interessen zu Gunsten gewerblicher Sammlungen abgesehen wird (OVG NRW, B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 10; BVerwG, Urt.v. 18.6.2009 – 7 C 16/08BVerwGE 134, 154, 163 Rn. 36).

bb. Bei unionsrechtskonformer Auslegung der §§ 17 und 18 KrWG sind diese Bestimmungen auch mit Europarecht vereinbar. Das Gericht schließt sich insoweit der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (B.v. 9.9.2013 – 10 S 1116/13 – juris Rn. 11ff.) an, der hierzu Folgendes ausgeführt hat:

„Zwar stellen gesetzliche Überlassungspflichten im Abfallrecht Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. AEUV) und der Wettbewerbsfreiheit (Art. 101 ff. AEUV) dar (so ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung zu § 17 KrWG, BT-Drucks. 17/6052, S. 85), diese sind jedoch europarechtlich gerechtfertigt. Dabei kann allerdings bei getrennt gesammelten Abfällen zur Verwertung aus privaten Haushaltungen nicht auf das sekundäre EU-Recht (Abfallrahmenrichtlinie, Abfallverbringungsverordnung) zurückgegriffen werden, weil dieses Recht insoweit nicht anwendbar ist (VG Hamburg, a. a. O., S. 44 f.). Die Rechtfertigung ergibt sich jedoch aus Art. 106 Abs. 2 AEUV. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung können unter den dort genannten Voraussetzungen Beschränkungen sowohl der Warenverkehrsfreiheit als auch der Wettbewerbsfreiheit legitimiert werden.

aa) Art. 106 Abs. 2 AEUV ist auf die Entsorgung von Alttextilien anwendbar (ebenso VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 38). Dass die Abfallverwertung Gegenstand einer Dienstleistung von „allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ sein kann, ist geklärt (EuGH, Urt. v. 23.5.2000 - Rs. C-209/98 - Slg. 2000, I-3743 RdNr. 75). Speziell zum Abholen und zur Behandlung von Haushaltsabfällen hat der Gerichtshof entschieden, diese Tätigkeiten seien „unbestreitbar eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe“, die von privaten Unternehmen möglicherweise nicht in dem notwendigen Maß erfüllt werden könnten, so dass der Staat die Aufgabe „von Behörden wahrnehmen lassen kann“ (EuGH, Urt. v. 12.11.1998 - Rs. C-360/96 - Slg. 1998, I-6846 RdNr. 52). Danach kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen als eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu qualifizieren ist (VG Ansbach, Urt. v. 23.1.2013 - AN 11 K 12.01588 - juris RdNr. 71). Die mitgliedstaatliche gesetzliche Zuweisung von zur Verwertung bestimmten Abfallfraktionen aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§ 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) ist dem Grunde nach durch Art. 106 Abs. 2 AEUV gedeckt (Dolde/Vetter, VBlBW 2010, 22 f.; Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 526; Schink, in: ders./Versteyl, KrWG, 2012, § 20 RdNr. 21).

Bestätigt wird dieses Verständnis des Art. 106 Abs. 2 AEUV durch das Protokoll Nr. 26 „über Dienste von allgemeinem Interesse“ (AB-lEU 2010 C 83/308). Dieses Protokoll ist gemäß Art. 51 EUV Bestandteil des primären Unionsrechts. In dem Protokoll werden „die wichtige Rolle und der weite Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden“ zu der Frage hervorgehoben, „wie Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse auf eine den Bedürfnissen der Nutzer so gut wie möglich entsprechende Weise zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind“. Dieses Protokoll Nr. 26 ist bei der Auslegung des Art. 106 Abs. 2 AEUV zu beachten; inhaltlich weist es den Mitgliedstaaten einen Gestaltungsspielraum zu (Dörr, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: Mai 2013, Art. 51 EUV RdNr. 13). Davon ist mit § 17 KrWG dem Grunde nach europarechtskonform Gebrauch gemacht worden (Dolde/Vetter, AbfallR 2011, 22, 23; Karpenstein/Schink, AbfallR 2011, 222, 230; Franßen, in: Hansmann/Sellner, Grundzüge des Umweltrechts, 4. Aufl. 2012, Kap. 14 RdNr. 6).

bb) In der Sache ist die Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit nach Art. 106 Abs. 2 AEUV nur gerechtfertigt, soweit die Abfallentsorgung ohne monopolartige öffentlich-rechtliche Entsorgungsstrukturen rechtlich oder tatsächlich „verhindert“ würde. Dafür ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Existenzgefährdung des mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Aufgabenträgers nicht notwendig, es genügt vielmehr, dass ohne die Exklusivrechte die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben gefährdet wäre oder dass jene Rechte erforderlich sind, um ihrem Inhaber die Erfüllung seiner Aufgaben zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen zu ermöglichen; bloße Zweckmäßigkeitserwägungen können dagegen die Schaffung von Monopolstrukturen nicht rechtfertigen (EuGH, Urt. v. 17.5.2001 - Rs. C-340/99 - Slg. 2001, I-4109 RdNr. 54; Urt. v. 15.11.2007 - Rs. C-162/06 - Slg. 2007, I-9911 RdNr. 35 und RdNr. 41).

Diesen europarechtlichen Anforderungen wird § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG dadurch gerecht, dass „überwiegende öffentliche Interessen“ nach § 17 Abs. 3 KrWG in Anlehnung an die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 106 Abs. 2 AEUV konkretisiert werden. Darauf weist die Gesetzesbegründung ausdrücklich hin und betont, nach der Kollisionsklausel des § 17 Abs. 3 KrWG, für deren Auslegung „primär die Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 106 Absatz 2 AEUV heranzuziehen“ sei, hätten öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, Drittbeauftragte und Rücknahmesysteme „zwar Beeinträchtigungen hinzunehmen, ihre Funktionsfähigkeit muss jedoch gewahrt bleiben“ (BT-Drucks. 17/6052, S. 87). Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass dieses Verständnis des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG den Vorgaben des Art. 106 Abs. 2 AEUV in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs gerecht wird (ebenso VG Ansbach, a. a. O., RdNr. 73). Folglich steht die Normgeltung auch insoweit außer Frage.

cc) Der „soweit“-Satz in Art. 106 Abs. 2 AEUV ist rechtsnormativer Ausdruck des Gebots der „Erforderlichkeit“ (Wernicke, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, a. a. O., Art. 106 AEUV RdNr. 63 und RdNr. 72). Seine Anwendung gerade auf dem Gebiet der Abfallentsorgung ist geklärt (EuGH, Urt. v. 25.6.1998 - Rs. C-203/96 - Slg. 1998, I-4075 RdNr. 67; Rs. C-209/98, a. a. O., RdNr. 79 ff.). Eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit ist rechtlich nur zulässig, soweit es dem Inhaber eines ausschließlichen Rechts ermöglicht werden muss, seine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen zu erfüllen; eingeschlossen ist darin die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den rentablen und den weniger rentablen Tätigkeitsbereichen (EuGH, Urt. v. 19.5.1993 - Rs. C-320/91 - Slg. 1993, 2533 RdNr. 16, 17; Urt. v. 25.10.2001 - Rs. C-475/99 - Slg. 2001, I-8089 RdNr. 57; Rs. C-162/06, a. a. O., RdNr. 36). Von Bedeutung ist das Gebot der “Erforderlichkeit” bei trennbaren Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Steht ein milderes Mittel zur Gewährleistung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsstrukturen zur Verfügung, sind Monopolstrukturen im Entsorgungsbereich insoweit nicht erforderlich (Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1070; Peter-sen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 526), etwa wenn und soweit das mit der Aufgabenerfüllung betraute Unternehmen die Abfallentsorgung auch ohne die Privilegierung ordnungsgemäß erfüllen kann (EuGH, Rs. C-203/96, a. a. O., RdNr. 67). Verwiesen ist damit auf die Beurteilung im Einzelfall.

Auch vor diesem europarechtlichen Hintergrund hat der Senat keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG. Die gesetzliche Regelung nimmt keine europarechtswidrige (vgl. dazu Petersen, NVwZ 2009, 1063, 1070; Suhl, AbfallR 2012, 201, 212 f.) pauschale Zuordnung der getrennt erfassten Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor. Ausdrücklich betont die Gesetzesbegründung, die Einräumung exklusiver Rechte für jene Aufgabenträger stehe unter dem Vorbehalt der „Erforderlichkeit“; daher komme den Ausnahmetatbeständen, insbesondere der gewerblichen Sammlung (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG), eine wichtige Funktion zu, weil der vom Gesetz eingeräumten Möglichkeit gewerblicher Sammlungen im Bereich der Hausmüllentsorgung der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der notwendige Raum gegeben und dadurch die Verhältnismäßigkeit der Überlassungspflichten sichergestellt werde (BT-Drucks. 17/6052, S. 85 f.). Daraus wird deutlich, dass die grundsätzliche Zuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger für getrennt gesammelte Abfallfraktionen deshalb europarechtskonform ist, weil auch gewerbliche Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zugelassen werden können (Petersen/Doumet/Stöhr, NVwZ 2012, 521, 526; Kropp, in: v. Lersner/Wendenburg/Versteyl, a. a. O., Art. 16 AbfRRL RdNr. 37). Stehen § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Satz 1 des § 17 Abs. 3 KrWG gleichsam im Dienst des Art. 106 Abs. 2 AEUV, bedürfen Satz 2 und Satz 3 des § 17 Abs. 3 KrWG einer restriktiven, d. h. europarechtskonformen Auslegung (VG Würzburg, a. a. O., RdNr. 39), damit die praktische Wirksamkeit der Vorgaben des EU-Rechts nicht etwa im Gesetzesvollzug unterlaufen wird.

Der Senat teilt die im Schrifttum (Suhl, AbfallR 2012, 201, 205 f.; Bickenbach, LKRZ 2012, 222, 227) geäußerten Bedenken an der Möglichkeit einer europarechtskonformen Handhabung jener gesetzlichen Bestimmungen nicht. Das Gesetz trifft keine starren Festlegungen, sondern verwendet auslegungsfähige unbestimmte Rechtsbegriffe (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG: „überwiegende öffentliche Interessen“; § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG: „Funktionsfähigkeit“ des Aufgabenträgers etc.) und normiert in Satz 2 und Satz 3 des § 17 Abs. 3 KrWG, wie noch darzulegen sein wird, widerlegbare Vermutungen. Auslegung und Anwendung der Öffnungsklausel des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG können demnach im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV gehandhabt werden. Die praktische Wirksamkeit des EU-Rechts ist folglich zu bewerkstelligen. Dazu trägt auch die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei; im Rahmen des Art. 106 Abs. 2 AEUV obliegt dem Mitgliedstaat bzw. dem Aufgabenträger, der sich zu seinen Gunsten auf diese Bestimmung beruft, der Nachweis für das Vorliegen der Privilegierungsvoraussetzungen (EuGH, Rs. C-340/99, a. a. O., RdNr. 59; Rs. C-162/06, a. a. O., RdNr. 49). Diese verfahrensrechtliche Vorkehrung trägt zur europarechtskonformen Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 KrWG bei, so dass auch von daher an der Normgeltung ernsthafte Zweifel nicht bestehen.“

c. Die Untersagung der Sammlung der Klägerin war schon deshalb zu erwägen, weil Tatsachen bekannt sind, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anzeigenden oder der für die Leitung und Beaufsichtigung der Sammlung verantwortlichen Personen ergeben.

Im Allgemeinen ist unzuverlässig, wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er die in Rede stehende Tätigkeit zukünftig ordnungsgemäß ausübt. Das schließt sämtliche Anforderungen an die Tätigkeit ein (OVG NRW, B.v. 19.7.2013 – 20 B 530/13 – juris Rn. 8). Tatsachen, die Bedenken zulassen, liegen unter anderem dann vor, wenn der gewerbliche Sammler falsche Angaben macht, Angaben verweigert oder mit der Sammlung ohne vollständige Anzeige nach § 18 Abs. 2 KrWG beginnt (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2013 – 20 CS 13.377 – juris Rn. 10; VG Bremen, B.v. 25.6.2013 – 5 V 2122/12 – juris Rn. 22 ff.; VG Neustadt/Weinstraße, B.v. 6.5. 2013 – 4 L 318/13.NW – juris Rn. 8 ff.).

Gegen die Zuverlässigkeit spricht aber auch, wenn der gewerbliche Sammler wiederholt Container ohne die jeweils erforderliche private oder öffentlich-rechtliche Erlaubnis aufgestellt hat (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2013 – 20 CS 13.377 – juris Rn. 10; VG Würzburg, B.v. 15.4.2013 – W 4 S 13.145 – juris Rn. 31). In diesen Fällen muss allerdings ein systematisches und massives Fehlverhalten feststehen und es muss bei prognostischer Betrachtung die Gefahr bestehen, dass es im Fall der Durchführung der streitgegenständlichen Sammlung ebenfalls zu gewichtigen Verstößen gegen straßenrechtliche Vorschriften, also zu unerlaubten Sondernutzungen, kommen wird. Letzteres dürfte allerdings bei systematischen und massiven Verstößen in der Vergangenheit in der Regel angenommen werden können (OVG NRW, B. v. 19.7.2013 – 20 B 607/13 – juris Rn. 10 ff.).

Vom Beklagten vorgelegte Auszüge aus dem Gewerbezentralregister vom ... Oktober 2013 geben Auskunft darüber, dass der Geschäftsführer der Klägerin in den Jahren 2010 und 2012 Bußgelder zu entrichten hatte, weil er ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis eine öffentliche Straße über den Gemeingebrauch hinaus genutzt hat.

Es ist aus anderen Verfahren der Klägerin zwar gerichtsbekannt, dass diese in der Vergangenheit durch das Aufstellen von Altkleidersammelcontainern ohne die erforderliche Erlaubnis, etwa im Landkreis ... (vgl. VG München, U.v. 24.10.2013 – M 17 K 13.2136) auffällig geworden ist. Nachdem der Beklagte und der Beigeladene aber in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegeben haben, dass im Landkreis ... keine Container der Klägerin gesichtet wurden, gelangt das Gericht hier nicht zu der Überzeugung, dass die Klägerin ein systematisches Fehlverhalten an den Tag legt, das insoweit eine negative Prognose für zukünftiges Verhalten zulässt.

Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Klägerin bestehen aber wegen der hinsichtlich der Sammelmenge (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 KrWG) unvollständigen Anzeige. Eine den Zwecken des § 18 Abs. 2 KrWG – die Überprüfung des zu erwartenden Maßes der Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu ermöglichen – dienende Anzeige hätte zumindest Angaben zur erwarteten Sammelmenge enthalten müssen. Diese Angaben wurden erst kurz vor der mündlichen Verhandlung nachgereicht und in der mündlichen Verhandlung noch korrigiert. Die damit verbundene Einlassung der Klägerin, sie sammle bereits im angegebenen Umfang, impliziert, dass sie ihre Sammlung aufgenommen hat, ohne auch nur ungefähre Mengenangaben gemacht und so eine Überprüfung des Maßes der Beeinträchtigung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ermöglicht zu haben.

d. Letztlich kann die Frage der Zuverlässigkeit dahinstehen, da der Sammlung der Klägerin überwiegende öffentliche Interessen i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG entgegen stehen.

Gemäß § 17 Abs. 3 KrWG ist dies dann der Fall, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist wiederum anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 KrWG bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird.

Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1. Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,

2. die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder

3. die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungs- leistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.

Nummern 1 und 2 gelten nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung.

Vorliegend ist von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auszugehen (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 KrWG), weil der Beigeladene eine im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt und die Sammlung der Klägerin nicht wesentlich leistungsfähiger ist.

Nach Auffassung der Kammer und unter Berücksichtigung der Ausführungen des VGH B-W zur Unionsrechtskonformität (vgl. oben) genügt eine Konkurrenzsituation für sich genommen noch nicht, sofern davon keine beeinträchtigende Wirkung ausgeht.

Seit dem ... Juli 2013 führt der Abfallwirtschaftsbetrieb des Beigeladenen eine getrennte Erfassung von Alttextilien im gesamten Landkreisgebiet durch. Das Vorhaben war im Zeitpunkt der Anzeige bereits hinreichend konkret, um in den Schutzbereich des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG zu fallen (vgl. VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 – AN 11 K 12.01588 – juris Rn. 84; VG Arnsberg, B.v. 26.6.2013 – 8 L 228/13 – juris Rn. 21). Die Planungen waren am ... August 2012 bereits fortgeschritten: Der Werkausschuss des Kreistags hatte am ... Juni 2012 gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Kreistages des Landkreises ... den entsprechenden Beschluss gefasst.

Die Erfassung erfolgt mittels 115 Containern auf Wertstoffhöfen sowie auf von den Gemeinden zur Verfügung gestellten Stellflächen. Der beauftragte Verwerter erreicht nach seinen Angaben eine Wiederverwendungsquote von etwa 45 - 50% für Altkleider. Ca. 25% der Sammelmenge werden einer stofflichen Weiterverwendung zugeführt, ca. 20% stofflich und 5-10% thermisch verwertet. Damit ist eine haushaltsnahe (vgl. VG Köln, B.v. 25.1.2013 – 13 L 1796/12 – juris Rn. 9), zumindest aber eine hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Alttextilien zu bejahen. Dies wurde von der Klägerin auch nicht substantiiert in Frage gestellt.

Die damit bestehende Vermutung für eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers infolge einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung ist nicht widerlegt. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei den in § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1-3 genannten Regelbeispielen – entgegen den Ausführungen des Beigeladenen – um widerlegliche Vermutungen. Gegen eine Widerleglichkeit spricht zwar die amtliche Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs 17/7505, S. 44), wonach Satz 3 des § 17 Abs. 3 KrWG die Schwelle konkretisiere, ab der eine wesentliche Beeinträchtigung angenommen werden könne und den Betroffenen und Behörden eine klare Leitlinie vorgebe, insbesondere um die vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durchgeführte hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung vor dem sogenannten „Rosinenpicken“ von Seiten Privater zu schützen. Andererseits ist aber § 17 Abs. 3 KrWG europarechtskonform restriktiv auszulegen, so dass geringfügige Auswirkungen nicht ausreichen können, zumal das Gesetz selbst von einer wesentlichen Beeinträchtigung spricht. Zumindest wenn es nur um 10 bis 15% einer getrennt erfassten Abfallfraktion geht, kann daher in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass dies zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung führt (VGH B-W, B.v. 9.9.2013, 10 S 1116/13 – juris Rn. 42; VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 – AN 11 K 12.01588 – juris Rn. 82, 85; U.v. 3.7.2013 – AN 11 K 13.00617 – juris Rn. 26; VG Stuttgart, B.v. 30.4.2013 – 2 K 595/13 – juris Rn. 26, 32, 37; VG Würzburg, B.v. 28.1.2013 – W 4 S 12.1130 – juris Rn. 39 ff.).

Unter Zugrundelegung der Mengen aus der Standortliste vom ... Oktober 2013 wäre diese Schwelle einer nur unwesentlichen Beeinträchtigung schon bei Zulassung nur der von der Klägerin geplanten Sammlung überschritten. Bei der Ausschreibung war eine Sammelmenge von 400 Tonnen pro Jahr für das gesamte Kreisgebiet prognostiziert worden. Nach Aussage des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung hat sich dies nach viermonatiger Durchführung der Sammlung bestätigt. Davon macht die von der Klägerin in der Anzeige veranschlagte Sammelmenge von 10,5 Tonnen pro Monat, also 126 Tonnen pro Jahr, 31,5 % aus. Bei zu befürchtendem Entzug fast eines Drittels der Sammelmenge liegt keine bloß unwesentliche Beeinträchtigung mehr vor.

Dass die tatsächlichen Sammelmengen nach Einlassung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung deutlich unter diesen Mengen liegen, ist ohne Relevanz, da es für die zu erwartende Beeinträchtigung nicht auf die tatsächliche Sammelmenge, sondern auf die angezeigte Höchstmenge ankommt. Denn diese dürfte dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entzogen werden, wenn die angezeigte Sammlung unbeanstandet aufgenommen würde.

Es kommt aber ohnehin nicht darauf an, welche Auswirkungen allein die Sammlung der Klägerin auf den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bzw. den von diesem beauftragten Dritten hätte, sondern es ist auf das Zusammenwirken mit anderen (gewerblichen) Sammlungen abzustellen. Denn es kommt auf die zu erwartende Gesamtbelastung für den betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger an (vgl. a. BT-Drs. 17/7505, S. 43). Maßgeblich sind dabei auch nicht nur die vorhandenen Altkleidersammlungen, sondern auch die bisher lediglich angezeigten Sammlungen. Zwar spricht die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/7505, S. 43) insoweit von „bereits bestehenden Sammlungen“, jedoch stellt die Begründung auch auf die Gesamtbelastung für den betroffenen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ab. Würde man nur auf Bestandssammlungen abstellen, würde aber gerade ein Teil dieser Gesamtbelastung, nämlich diejenigen gewerblichen Sammlungen, deren Beginn aufgrund der Anzeige unmittelbar bevorsteht, sehenden Auges unberücksichtigt bleiben, ohne dass die Frage der Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers geklärt ist. Der Grad der hinzunehmenden Beeinträchtigung würde somit von dem Zufallsmoment abhängen, wie viele der Gewerbeunternehmen zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses mit ihrer Sammlung bereits begonnen haben. Das Landratsamt müsste gegebenenfalls beim ersten Unternehmer, der seine Sammlung anzeigt, noch von einer Untersagung Abstand nehmen, obwohl aufgrund der bereits vorliegenden weiteren Anzeigen eine wesentliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit absehbar ist. Dies wäre mit Sinn und Zweck der §§ 17, 18 KrWG aber nicht zu vereinbaren (im Ergebnis ebenso: VG Ansbach, U.v. 7.8.2012 – AN 11 K 12.02212 – juris Rn. 48).

Beim Landratsamt ... waren 21 Anzeigen gewerblicher Sammler eingegangen, deren gesamte prognostizierte Erfassungsmenge sich auf 1.422 Tonnen jährlich, also ein Vielfaches der vom Beigeladenen prognostizierten Menge, belief. Dabei wurden nur tatsächlich erfolgte Mengenangaben berücksichtigt. Sechs Anzeigen enthielten insoweit keine Angaben. Es ist offensichtlich, dass bei Zulassung aller Sammlungen keiner der Unternehmer die laut Anzeige angestrebten Sammelmengen erreichen würde. Fest steht aber, dass bei Zulassung aller Sammlungen der Sammlung des Beigeladenen jedenfalls mehr als 10-15% an Erfassungsmenge entzogen würde.

Von der Anwendung von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG ist auch nicht deshalb abzusehen, weil die Sammlung der Klägerin wesentlich leistungsfähiger ist, als die des Beigeladenen.

Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen, § 17 Abs. 3 Sätze 4 bis 6 KrWG. Die Beweislast liegt insoweit bei der Klägerin (VG Ansbach, U.v. 23.1.2013 – AN 11 K 12.01588 juris – Rn. 101). Es ist aber nichts dazu vorgetragen, dass die Sammlung der Klägerin hinsichtlich dieser Kriterien die des Beigeladenen übertrifft. Insbesondere ist aus den Akten nicht ersichtlich, ob die vom beauftragten Dritten angegebenen Verwertungsquoten erreicht werden.

Da das erste Regelbeispiel erfüllt ist, kommt es nicht darauf an, ob § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2, und 3 KrWG ebenfalls erfüllt sind. Insbesondere kann offen bleiben, ob ein ordnungsgemäß durchgeführtes Vergabeverfahren dem erfolgreichen Bieter einen Anspruch auf exklusive Durchführung der Entsorgungsleistung verschafft. Dies erscheint bei gebotener unionsrechtskonformer Auslegung von § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG zweifelhaft.

e. Die Untersagung war gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 Alt. 2 KrWG auszusprechen, da die Einhaltung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG genannten Voraussetzungen anders nicht zu gewährleisten ist.

Die öffentlichen Interessen waren auf andere Weise, insbesondere durch Maßnahmen nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KrWG nicht zu wahren.

Ein milderes Mittel, um die Erfüllung der Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG sicherzustellen, wie etwa Auflagen oder Bedingungen, ist vorliegend nicht ersichtlich.

Eine räumliche oder mengenmäßige Beschränkung der Sammlung ist im Hinblick auf den Umstand, dass im Landkreis noch etliche weitere gewerbliche Sammlungen untersagt wurden, nicht praktikabel. Eine räumliche Beschränkung würde nichts an der Abfallmenge ändern, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entzogen wird. Die Bestimmung individueller Mengenkontingente für jeden einzelnen gewerblichen Sammler, die in ihrer Summe gerade noch keine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung begründen, ist dagegen praktisch schwierig. Zudem müsste diese Mengenbegrenzung bei jeder neuen Anzeige eines gewerblichen Sammlers neu berechnet und festgesetzt werden.

f. Die Klägerin kann sich auch nicht auf Bestands- und Vertrauensschutzgesichtspunkte nach § 18 Abs. 7 KrWG berufen. Das Gericht folgt dabei den überzeugenden Argumenten des VG Würzburg (B.v. 28.1.2013 – W 4 S 12.1130 – juris Rn.52) und des VG Düsseldorf (B.v. 26.4.2013 – 17 L 580/13 Rn. 28ff.), wonach diese Vorschrift auch auf Untersagungen anwendbar ist.

Nach § 18 Abs. 7 KrWG ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere ein schutzwürdiges Vertrauen des Trägers der Sammlung auf ihre weitere Durchführung, zu beachten, soweit eine gewerbliche Sammlung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes am 1. Juni 2012 bereits durchgeführt wurde, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 KrWG eingerichteten Rücknahmesystems bislang nicht gefährdet hat.

Das anzeigende Unternehmen ist der der Anzeige beigefügten Gewerbeanmeldung zufolge erst im April 2012 gegründet worden. Dem Vortrag des Beklagten, ihm seien keine Sammeltätigkeiten der Klägerin im Landkreisgebiet bekannt, ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Weil – wie bereits ausgeführt – Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Klägerin bestehen, wäre eine bestehende Sammlung im Übrigen nicht schutzwürdig (VG Würzburg, B.v. 15.4.2013 – W 4 S 13.145 – juris Rn. 43).

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.  

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 20.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).