AG Michelstadt, Beschluss vom 05.12.2012 - 42 F 681/10 S
Fundstelle
openJur 2013, 45940
  • Rkr:
Tenor

I. Die am […] vor dem Standesbeamten in […] unter Heiratsregister Nr. […] geschlossene Ehe wird geschieden.

II. 1. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr. […]) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 4,6101 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto […]bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.10.2010, übertragen.

2. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der VBL Karlsruhe (Vers. Nr. […])zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 15,19Versorgungspunkten nach Maßgabe von § 32 a VBL-Satzung (VBLS),bezogen auf den 31.10.2010, übertragen.

3. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr.[…]) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 6,5983 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto […] bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31.10.2010,übertragen.

4. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Allianz Lebensversicherungs-AG (Vers. Nr.[…]) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 63.822,71 Euro nach Maßgabe des Tarifs VGR2 sowie der AVB E76FIDund der Teilungsordnung vom 1.2.2011, bezogen auf den 31.10.2010,übertragen.

III. Die Kosten der Scheidungssache und der Folgesache werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

Ehescheidung

Die Beteiligten, beide deutsche Staatsangehörige, haben am […] die Ehe miteinander geschlossen. Sie leben seit April 2008 getrennt.

Die Antragstellerin beantragt, die Ehe zu scheiden.

Der Antragsgegner stellt keinen Antrag, stimmt aber der Scheidung zu.

Die Beteiligten sind zur Frage der Trennung und des Scheiterns der Ehe angehört worden. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll vom 05.12.2012 Bezug genommen.

Die Scheidung erfolgt gemäß §§ 1564, 1565 Abs. 1 BGB. Danach kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Das Scheitern der Ehe wird nach § 1566 Abs. 2 BGB unwiderlegbar vermutet, wenn die Ehegatten mehr als drei Jahre getrennt leben.

Diese Voraussetzungen liegen vor. Beide Ehegatten haben in der Anhörung glaubhaft bekundet, dass sie seit April 2008 dauernd getrennt.

Versorgungsausgleich

Nach § 1 VersAusglG sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten zu teilen. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Monats der Eheschließung und endet am letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags (§ 3Abs.1 VersAusglG).

Anfang der Ehezeit: 1.9.1999

Ende der Ehezeit: 31.10.2010

Ausgleichspflichtige Anrechte

In der Ehezeit haben die beteiligten Ehegatten folgende Anrechte erworben:

Die Antragstellerin:

Gesetzliche Rentenversicherung

1. Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund hat die Antragstellerin ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 9,2201Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs.3VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 4,6101Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 29.359,87 Euro.

Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes

2. Bei der VBL Karlsruhe hat die Antragstellerin ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 31,16 Versorgungspunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs.3 VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 15,19 Versorgungspunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 4.160,93Euro.

Der Antragsgegner:

Gesetzliche Rentenversicherung

3. Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund hat der Antragsgegner ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 13,1965Entgeltpunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs.3VersAusglG vorgeschlagen, den Ausgleichswert mit 6,5983Entgeltpunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 VersAusglG beträgt 42.021,91 Euro.

Betriebliche Altersversorgung

4. Bei der Allianz Lebensversicherungs-AG hat der Antragsgegner ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 127.845,41 Euro erlangt.Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs.3 VersAusglG vorgeschlagen,den Ausgleichswert mit 63.822,71 Euro zu bestimmen.

Bei diesem Anrecht war zu berücksichtigen, dass es sich nach der Auskunft der Allianz-Lebensversicherung vom 23.5.2011 um eine Altersrentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung aus einer betrieblichen Altersversorgung handelt. Die Höhe des Ehezeitanteils dieser Versorgung folgt daraus, dass der Antragsgegner noch in der Ehezeit, nämlich im Monat Oktober 2010,als berufsunfähig anerkannt wurde und seither Leistungen aus dieser Versicherung erhält. Zu diesem Zeitpunkt bildete die Versicherung eine besonders hohe Deckungsrückstellung, die zu einer entsprechenden Erhöhung des Ehezeitanteils führte.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerseite ist § 28VersAusglG auf dieses Anrecht nicht anwendbar. Diese Sondervorschrift betrifft nur Anrechte der privaten Vorsorge wegen Invalidität, für die es Ausnahmeregeln enthält. Eine unmittelbare oder auch analoge Anwendung auf ein Anrecht der betrieblichen Altersvorsorge kommt nach der weit überwiegenden Anzahl der Literaturmeinungen nicht in Betracht (vgl. insb. Hoppenz/Hoppenz,Familiensachen, 9. Auflage, § 28 VersAusglG Rn. 3; Kemper, IV Rn.26; Münchener Kommentar/Dörr/Glockner, 5. Auflage 2010, § 28VersAusglG Anm. I 1; juris Praxiskommentar zum BGB/Breuers, 6.Auflage 2012, § 28 VersAusglG Rn. 9).

Allein Gutdeutsch (in: Handbuch des Fachanwalts Familienrecht,8. Auflage 2011, Kapitel 7 Rn. 189; ihm folgend Palandt/Brudermüller § 28 VersAusglG Rn. 2) vertritt die Auffassung, dass jede laufende Invalidenrente einer nicht den Regelsicherungssystemen gehörenden Versorgung als „Privatvorsorge wegen Invalidität“ im Sinne von § 28VersAusglG verstanden und entsprechend dieser Vorschrift schuldrechtlich ausgeglichen werden sollte. Dieser Auffassung vermag das Gericht allerdings bei der gegebenen Gesetzeslage nicht zu folgen. Die Ausnahmevorschrift des § 28 VersAusglG erscheint nicht analogiefähig. Die gesetzliche Neuregelung aus dem Jahr 2009beruht auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die bis in das Jahr 1992 zurückgehen (FamRZ 1993, 299) und die sich ausschließlich mit privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen befasst haben. Ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung erscheint eine analoge Anwendung dieser Ausnahmevorschrift auf Anrechte der betrieblichen Altersvorsorge nicht als gerechtfertigt. Diese sind vielmehr dem Grundsatz des § 9 Abs. 2 i.V.m. §§ 10 ff. VersAusglG gemäßentsprechend dem Vorschlag des Versicherungsträgers im Wege interner Teilung dem Versorgungsausgleich zu unterwerfen.Dementsprechend war wie hier geschehen zu entscheiden.

Übersicht:

Antragstellerin

Die Deutsche Rentenversicherung Bund, Kapitalwert:29.359,87 EuroAusgleichswert: .4,6101 EntgeltpunkteDie VBL Karlsruhe, Kapitalwert:4.160,93 EuroAusgleichswert:15,19 VersorgungspunkteAntragsgegner

Die Deutsche Rentenversicherung Bund, Kapitalwert:42.021,91 EuroAusgleichswert: .6,5983 EntgeltpunkteDie Allianz Lebensversicherungs-AGAusgleichswert (Kapital)63.822,71 EuroNach Kapitalwerten hat der Ausgleich in Höhe von 72.323,82 Euro zu Lasten des Antragsgegners zu erfolgen.

Ausgleich:

Die einzelnen Anrechte:

Zu 1.: Das Anrecht der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ist nach § 10 I VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 4,6101 Entgeltpunkten zugunsten des Antragsgegners auszugleichen.

Zu 2.: Das Anrecht der Antragstellerin bei der VBL Karlsruhe ist nach § 10 I VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 15,19 Versorgungspunkten zugunsten des Antragsgegners auszugleichen.

Zu 3.: Das Anrecht des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ist nach § 10 I VersAusglG durch interne Teilung mit einem Ausgleichswert von 6,5983 Entgeltpunkten zugunsten der Antragstellerin auszugleichen.

Zu 4.: Das Anrecht des Antragsgegners bei der Allianz Lebensversicherungs-AG ist nach § 10 I VersAusglG durch interne Teilung (vgl. die obigen Ausführungen) mit einem Ausgleichswert von 63.822,71 Euro zugunsten der Antragstellerin auszugleichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 1 FamFG.

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