BGH, Beschluss vom 05.03.2003 - 2 StR 5/03
Fundstelle
openJur 2010, 9456
  • Rkr:
Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 22. August 2002 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.

2.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in zwei Fällen, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 17 Fällen, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen sowie wegen Erwerbs einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und dendd Verfall von 16.000 Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts.

Das Rechtsmittel ist zum Schuld-und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Es beschwert den Angeklagten nicht, daß sich das Landgericht im Fall 22 nicht am maßgeblichen Grenzwert von 30 Gramm Methamphetamin-Base für die nicht geringe Menge (vgl. BGH NStZ 2001, 381; 2002, 267) orientiert hat, denn er hat gewerbsmäßig gehandelt und damit den § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG im Strafrahmen entsprechenden § 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG verwirklicht.

Aufzuheben ist das Urteil jedoch, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB unterblieben ist.

Nach den Feststellungen begann der Angeklagte im Spätsommer/Herbst 1999, Amphetamin zu konsumieren, zu Beginn des Jahres 2000 zusätzlich Ecstasy. Ab Ende 2000/Anfang 2001 konsumierte er auch Kokain. Bis zur Mitte des Jahres 2001 hatte sich sein täglicher Konsum auf bis zu zwei bis drei Gramm Kokain gesteigert; zudem rauchte er Haschisch, um die Wirkung des Kokains auszugleichen und nachts gut schlafen zu können. Die abgeurteilten Taten beging er, um seinen Kokainkonsum zu finanzieren. Zur Bekämpfung seines Hanges zum Konsum von Betäubungsmitteln beabsichtigt der Angeklagte eine Drogenentwöhnungstherapie zu machen.

Angesichts dieser Feststellungen hätte der Tatrichter prüfen und entscheiden müssen, ob beim Angeklagten die Gefahr besteht, daß er auch in Zukunft infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Die Unterbringung nach § 64 StGB ist zwingend anzuordnen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der Maßregel gegeben sind (st. Rspr. vgl. BGH bei Detter NStZ 2003, 133, 135; 2002, 415, 419). Die Bereitschaft des Angeklagten, sich freiwillig einer stationären Therapie zu unterziehen, ist für sich genommen kein Grund, von der Anordnung einer zwangsweisen Unterbringung abzusehen (BGH, Beschl. vom 05.12.1997 -2 StR 504/97).

Daß bei dem Angeklagten keine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs besteht, ist nicht ersichtlich, zumal er selbst eine Therapie anstrebt. Der Nachholung der Unterbringungsanordnung steht nicht entgegen, daß nur der Angeklagte Revision eingelegt hat. Die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht hat der Beschwerdeführer auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen.

Der Senat kann ausschließen, daß das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung geringere Einzelstrafen und eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.