KG, Beschluss vom 29.07.2013 - 4 Ws 92/13
Fundstelle
openJur 2013, 40576
  • Rkr:

1. Die Beurteilung des dringenden Tatverdachts während laufender Hauptverhandlung durch das Tatgericht unterliegt im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht. Die Anforderungen an die Darlegungspflicht des erkennenden Gerichts dürfen hierbei nicht überspannt werden. Es ist kein Zwischenverfahren dergestalt durchzuführen, dass sich das Tatgericht zum Inhalt einzelner Beweiserhebungen erklären müsste; insbesondere besteht keine Verpflichtung des Tatgerichts, seine (vorläufige) Würdigung des gesamten Beweisergebnisses schon im Haftbeschwerdeverfahren in einer geschlossenen schriftlichen Darstellung - nach Art eines Urteils - darlegen zu müssen.

2. Bei der Prognoseentscheidung über das Vorliegen von Fluchtgefahr ist jede schematische Beurteilung anhand genereller Maßstäbe, insbesondere die Annahme, dass bei einer Straferwartung in bestimmter Höhe stets (oder nie) ein bedeutsamer Fluchtanreiz bestehe, unzulässig. Das Verhalten des Angeklagten im Verlauf einer Haftverschonung ist im Rahmen dieser Prognoseentscheidung zu berücksichtigen; die Frage eines Vertrauensschutzes für den Angeklagten ist dabei nicht maßgeblich.

3. Für die Beachtung des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen kommt es auf eine wie auch immer geartete Vorwerfbarkeit oder ein Verschulden der staatlichen Organe nicht an. Steht der bestmöglichen Verfahrenförderung die gegebene Ausstattung der Justiz mit personellen und sächlichen Mitteln entgegen, wirkt sich dies nicht zu Lasten des Angeklagten aus.

Tenor

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Berlin gegen den Beschlussdes Landgerichts Berlin vom 12. Juni 2013 wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der LandeskasseBerlin zur Last.

Gründe

Dem Angeklagten wird unter anderem gewerbs- und bandenmäßigerBetrug in 15 Fällen zur Last gelegt. Wegen der Einzelheiten derTatvorwürfe nimmt der Senat auf die Anklageschrift derStaatsanwaltschaft Berlin vom 4. Dezember 2012 Bezug, wegen desVerfahrensgangs auf seine Beschlüsse vom 29. November 2012 –4 Ws 112-113/12 – und vom 25. Januar 2013 – [4] 161 HEs1/13 [1/13] –. Die Hauptverhandlung hat plangemäß am 8. März2013 begonnen, ist bislang bis zum 25. Juli 2013 an insgesamt 19Tagen durchgeführt worden und dauert weiterhin an.

Mit Beschluss vom 12. Juni 2013 hat die Strafkammer denAngeklagten vom weiteren Vollzug der am 18. Juli 2012 begonnenenUntersuchungshaft verschont, wobei sie unter zusammenfassenderDarlegung des bis zum 13. Verhandlungstag am 4. Juni 2013gewonnenen Beweisergebnisses angenommen hat, dass hinsichtlich derFälle 1 bis 6, 9 bis 11 und 14 bis 16 der Anklageschrift keindringender Tatverdacht mehr anzunehmen sei. Sie hat in Bezug aufdie bewusste Einbindung des Angeklagten in das betrügerischeVertriebsmodell eine zeitliche Differenzierung dahin vorgenommen,dass dringende Gründe für die Annahme, der Angeklagte habe dietatbestandlichen Voraussetzungen der Anklagevorwürfe (auch) insubjektiver Sicht erfüllt, bei vorläufiger Würdigung desBeweisergebnisses nur für die zeitlich letzten vier Fälle derAnklage zu bejahen seien. Das Landgericht hat dem Angeklagtenauferlegt, seinen Reisepass und Personalausweis zu den Akten zugeben und sich dreimal wöchentlich bei der für seinen künftigenWohnsitz zuständigen Polizeidienststelle zu melden.

Die Staatsanwaltschaft hatte vor der Kammerentscheidung in ihrerStellungnahme vom 5. Juni 2013 zu dem Haftbefehlsaufhebungsantragder Verteidigung vom 4. Juni 2013 die Ansicht vertreten, derAngeklagte sei nach wie vor im Sinne der gesamten Anklagevorwürfedringend tatverdächtig und habe selbst bei Wegfall derbandenmäßigen Begehungsweise eine Gesamtfreiheitsstrafe zuerwarten, die weit über „der Fünf-Jahres-Grenze“ liege.Die bisherige Terminierung sei nicht zu beanstanden, sodass dieweitere Untersuchungshaft auch nicht unverhältnismäßig sei. Gegenden Beschluss des Landgerichts vom 12. Juni 2013 hat dieStaatsanwaltschaft mit Verfügung vom selben Tage Beschwerdeeingelegt. Ihren zugleich gestellten Antrag auf Aussetzung derVollziehung des Haftverschonungsbeschlusses gemäß § 307 Abs. 2 StPOhat das Landgericht abgelehnt. Der Angeklagte ist am 12. Juni 2013nach Abgabe seiner Personalpapiere entlassen worden. Er hat unterder im Rubrum genannten Anschrift neuen Wohnsitz genommen und kommtseither der ihm erteilten Meldeauflage nach. Zu den seit derHaftverschonung absolvierten Hauptverhandlungsterminen am 24., 25.und 28. Juni sowie 22., 23. und 25. Juli 2013 ist ererschienen.

Die Staatsanwaltschaft macht mit ihrer am 3. Juli 2013 beimLandgericht eingegangenen Beschwerdebegründung im Wesentlichengeltend, die Beurteilung des dringenden Tatverdachts durch dasLandgericht sei unzutreffend; der Beschluss der Kammer sei zurBeweissituation „lückenhaft und teilweise in sichunschlüssig“. Hinsichtlich welcher Anklagevorwürfe dieAnklagebehörde in welcher Weise eine abweichende Bewertung desbisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme vornehmen will, wirdindessen nicht ganz deutlich. Wiederholt hat die Staatsanwaltschaftin ihrer Beschwerdebegründung angenommen, dringender Tatverdachtsei „entgegen der Auffassung des Landgerichts“ auch inBezug auf die Fälle 1 bis 6, 8, 9, 11 bis 16 der Anklageschriftgegeben, wozu festzustellen wäre, dass die Ansicht des Landgerichtsbezüglich der Fälle 12 und 13 gar nicht abweicht. Zudem heißt es inder Beschwerdebegründung ohne Differenzierung und Klarstellung, essei „eine dringende Verdachtslage“ dafür gegeben, dassder Angeklagte auch in jenen Fällen Täter oder Teilnehmer(Hervorhebung durch den Senat) „von banden- undgewerbsmäßigen Betrugstaten durch den Verurteilten Klug undseine(r) Mitarbeiter ist.“ An anderer Stelle derBeschwerdebegründung hat die Staatsanwaltschaft demgegenüberzugrunde gelegt, die Kammer habe in den Fällen 1 bis 6, 9 bis 11sowie 14 bis 16 der Anklageschrift den Haftbefehl des AmtsgerichtsTiergarten aufgehoben. Letzteres ist, ohne dass es darauf imErgebnis ankäme, zwar hinsichtlich der in Rede stehenden Fälle, imÜbrigen aber nicht richtig. Denn die Kammer hat in den genanntenFällen zwar das Bestehen des dringenden Tatverdachts verneint; eineAufhebung des Haftbefehls kam in den Fällen 15 und 16 der Anklageaber nicht in Betracht und ist demgemäß nicht erfolgt, weil sichder Haftbefehl auf diese Fälle gar nicht bezog. Sollten sich dieAusführungen der Staatsanwaltschaft indessen – entgegen demWortlaut ihrer Stellungnahme – auf die Fälle 15 und 16 desHaftbefehls beziehen, träfen sie ebenfalls nicht zu, dadiese beiden Fälle (als Fälle 12 und 13 der Anklage) von derVerneinung des dringenden Tatverdachts und Aufhebung desHaftbefehls gerade nicht betroffen sind. Ungeachtet dieserUnklarheiten hat die Staatsanwaltschaft an anderer Stelle ihrerBeschwerdebegründung nunmehr ausdrücklich erklärt, ihrerseits seihinsichtlich der Fälle 7 und 10 kein dringender Tatverdacht mehranzunehmen (Bl. 121 Bd. 30). Der Senat kann diese Auffassung nichtüberprüfen, weil sie ohne Begründung geblieben ist. Festzustellenist hierzu, dass das Landgericht im Fall 7 der Anklage dendringenden Tatverdacht weiterhin bejaht und dies begründet hat.

Die Strafkammer hat der Beschwerde am 4. Juli 2013 mitausführlicher Begründung nicht abgeholfen.

Das zulässige Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, das dem Senatam 17. Juli 2013 zugeleitet worden ist, hat – auch inAnbetracht der vom Senat eingeholten ergänzenden Ausführungen desLandgerichts zum Verfahrensgang und des Vortrags des Angeklagtenbetreffend die Aufnahme einer Arbeit zum 17. Juni 2013, wozu sichdie Generalstaatsanwaltschaft Berlin mit Verfügung vom 26. Juli2013 erklärt hat, – in der Sache keinen Erfolg.

1. Soweit die Beschwerdeführerin vom Senat verlangt, unterZugrundelegung ihrer Wahrnehmung und Darstellung sowie Bewertungdes bis zum 4. Juni 2013 gewonnenen Beweisergebnisses, insbesondereauch ihrer (begründungslosen) Verneinung dringenden Tatverdachts inden Fällen 7 und 10, den Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergartenaufzuheben und einen neuen Haftbefehl betreffend die Fälle 1 bis 6,8, 9 sowie 11 bis 16 der Anklageschrift zu erlassen, kommt dieseEntscheidung im gegenwärtigen Verfahrensstadium bei dervorliegenden Sachlage nicht in Betracht.

Die Beurteilung des dringenden Tatverdachts während einerlaufenden Hauptverhandlung durch das Tatgericht unterliegt imHaftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang derNachprüfung durch das Beschwerdegericht. Allein das Gericht, vordem die Beweisaufnahme stattfindet, ist in der Lage, derenErgebnisse aus eigener Anschauung festzustellen und zu würdigensowie auf dieser Grundlage zu bewerten, ob der dringendeTatverdacht nach dem erreichten Verfahrensstand noch fortbestehtoder dies nicht der Fall ist. Dessen vorläufige Bewertung desbisherigen Ergebnisses der Beweisaufnahme kann vomBeschwerdegericht nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden, weiles an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen hat (vgl. ausführlichSenat, Beschlüsse vom 5. Oktober 2009 – 4 Ws 73/09 –und 8. Februar 2011 – 4 Ws 10/11 –, jeweils m.w.N.).Ein Fall, in dem das Beschwerdegericht in die Beurteilung desdringenden Tatverdachts durch das Tatgericht eingreifen und diesedurch eine abweichende eigene Entscheidung ersetzen könnte, weilder Inhalt der angefochtenen Haftentscheidung offensichtlichfehlerhaft ist, da die Erwägungen in tatsächlicher oder rechtlicherHinsicht nicht vertretbar sind, liegt nicht vor. Der Senat hat dieEntscheidung der Kammer, die deren Vorläufigkeit zudem wiederholtbetont hat, deshalb hinzunehmen.

Die Staatsanwaltschaft legt ihrem Rechtsmittel lediglich dieeigene, abweichende Bewertung des Ergebnisses der Beweisaufnahmezugrunde, was der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen kann.Soweit sie bemängelt, die angegriffene Entscheidung seiunzureichend begründet, ist daran zu erinnern, dass dieAnforderungen an die Darlegungspflicht des erkennenden Gerichts imRahmen von Haftentscheidungen nicht überspannt werden dürfen. Beieiner Verfahrenslage wie vorliegend ist kein Zwischenverfahrendergestalt durchzuführen, dass sich das Tatgericht zum Inhalteinzelner Beweiserhebungen erklären müsste; Insbesondere bestehtkeine Verpflichtung des Tatgerichts, seine (vorläufige) Würdigungdes gesamten Beweisergebnisses schon im Haftbeschwerdeverfahren ineiner geschlossenen schriftlichen Darstellung – nach Arteines Urteils – darlegen zu müssen (vgl. Senat aaO). DieStaatsanwaltschaft Berlin hat in vergleichbarenBeschwerdeverfahren, in denen – wie häufig – Angeklagtevon der Einschränkung der Überprüfbarkeit gerichtlicherHaftentscheidungen betroffen waren, soweit ersichtlich noch keineandere Rechtsauffassung vertreten (vgl. zu diesem Gesichtspunktauch OLG Frankfurt am Main StV 1995, 593, 594).

Die Tatsache, dass die Hauptverhandlung seit der Entscheidungdes Landgerichts bereits an weiteren sechs Verhandlungstagenstattgefunden und sich dabei auch auf neue, dem Senat nichtbekannte Beweismittel bezogen hat, tritt noch hinzu.

2. Die Entscheidung der Strafkammer, den Angeklagten vomweiteren Vollzug der Untersuchungshaft zu verschonen, ist imÜbrigen auch unter Zugrundelegung der Auffassung derStaatsanwaltschaft betreffend den dringenden Tatverdacht imErgebnis nicht zu beanstanden.

a) Soweit die Beschwerdeführerin auf eine„Fünf-Jahres-Grenze“ hingewiesen hat, hat sie nichterläutert, welche Vorstellungen und Rechtsfolgen sie mit einersolchen, dem Gesetz und der Rechtsprechung (vgl. etwa Senat StV2012, 350 m.w.N. = StRR 2012, 155 mit zust. Anm. Burhoff; dieserRechtsprechung folgend u.a. KG, Beschlüsse vom 2. Dezember 2011– 2 Ws 550/11 –, 27. Dezember 2011 – 2 Ws 586/11– und 10. August 2012 – 2 Ws 367/12 –) nicht zuentnehmenden „Grenze“ verbindet. Bei derPrognoseentscheidung über das Vorliegen des Haftgrundes derFluchtgefahr ist vielmehr jede schematische Beurteilung anhandgenereller Maßstäbe, insbesondere die Annahme, dass bei einerStraferwartung in bestimmter Höhe stets (oder nie) ein bedeutsamerFluchtanreiz bestehe, unzulässig (vgl. Senat aaO).

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass dieangeordneten milderen Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO ausreichendsind, die weiterhin bestehende Fluchtgefahr hinreichendherabzusetzen. Der bisherige Verlauf der Haftverschonung hat dieEinschätzung des Landgerichts bestätigt. Der Angeklagte hat die ihmerteilten Auflagen erfüllt und an der Hauptverhandlung auch inKenntnis der Tatsache weiterhin teilgenommen, dass dieStaatsanwaltschaft die landgerichtliche Entscheidung mit dem Zielseiner erneuten Inhaftierung angegriffen hat und die Verurteilungzu einer hohen Gesamtfreiheitsstrafe anstrebt. Dieses Verhalten istim Rahmen der Prognoseentscheidung, die bei der Beurteilung derFluchtgefahr und Eignung milderer Maßnahmen zu treffen ist, zuberücksichtigen (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Februar 2012 –4 Ws 10/12 –; KG, Beschluss vom 20. Oktober 2006 – 3 Ws507/06 –), ohne dass insoweit die Frage einesVertrauensschutzes für den Angeklagten maßgeblich wäre (so aber KG,Beschluss vom 16. November 2011 – 3 Ws 577/11 –).

b) Darüber hinaus ist die Haftverschonung mittlerweile auch ausGründen der Verhältnismäßigkeit veranlasst. Die Hauptverhandlungist unter Berücksichtigung der von Verfassungs wegen zu beachtendenAnforderungen (vgl. nur BVerfG StV 2008, 198) – beiobjektiver Betrachtung, bei der es auf eine wie auch immer gearteteVorwerfbarkeit oder ein Verschulden nicht ankommt, sondern alleinzu prüfen ist, ob eine Verfahrensverzögerung der Sphäre des Staateszuzurechnen ist oder nicht (vgl. BVerfG NJW 2006, 672, 673 f.; StV2006, 703, 704, 705) – nicht in der gebotenen konzentriertenForm durchgeführt worden.

Anfangs war dies allerdings noch der Fall. Der Senat hat dieFortdauer der Untersuchungshaft im Januar 2013 (auch) mit Blickdarauf angeordnet, dass sich gegen die vorgesehene Gestaltung derHauptverhandlung (zehn Hauptverhandlungstage in der Zeit vom 8.März bis 19. April 2013) keine Bedenken ergaben. In der Zeit danachkam es jedoch innerhalb eines Zeitraums von 13 Wochen zu lediglichsechs Verhandlungstagen, von denen einer nur eine knappe halbeStunde und zwei weitere nur zwei Stunden bzw. wenig mehr als zweiStunden dauerten und damit die Anforderungen an die gewöhnlicheVerhandlungsdauer (vgl. dazu etwa BVerfG StraFo 2013, 160 m.w.N.)verfehlten.

Zwar war in den Monaten Mai und Juni ein Teil derVerhandlungspausen durch die Erkrankung eines Gerichtsmitgliedsveranlasst und müssen auch Berufsrichter (wie auch weiterenotwendige Verfahrensbeteiligte) nicht auf ihren Erholungsurlaub,der hier im Juli zu einer Verhandlungspause von drei Wochen geführthat, verzichten. Überdies ist das Bestreben der Strafkammererkennbar und anzuerkennen, ungeachtet ihrer Belastung mit weiterenVerfahren und der überraschenden Konfrontation mit neuenBeweismitteln durch die Staatsanwaltschaft die Hauptverhandlung inmöglichst konzentrierten Form fortzusetzen, wobei allerdings in derbereits geplanten Zeit bis zum 19. September 2013 eineHauptverhandlungsdichte von durchschnittlich mehr als einemganztägigen Termin in der Woche nur knapp erreicht werden und somitein Ausgleich für bereits eingetretene Verzögerungen nicht möglichsein wird. Soweit es die Belastung des Gerichts mit anderenumfangreichen Verfahren angeht, die einer bestmöglichenVerfahrenförderung im Sinne der Rechtsprechung des BVerfGentgegenstand und -steht, wirkt sich dieser Gesichtspunkt, derFolge der gegebenen Ausstattung der Justiz mit personellen undsächlichen Mitteln ist, aber nicht zu Lasten des Angeklagten aus(vgl. nur BVerfG NJW 2006, 668, 671m.w.N.). Hinzu kommt, dass inFällen schon länger andauernder Untersuchungshaft die Anforderungenan die Verfahrensförderung im Regelfall besonders hoch sind; hierkönnen schon kleinere Verzögerungen die Annahme eines Verstoßesgegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip, das hinsichtlich seinerbegrenzenden Wirkung auf die Dauer der Untersuchungshaft zugleichim Zusammenhang mit dem Beschleunigungsgebot steht (vgl. BVerfG NJW2006, 1336, 1337), begründen (vgl. hierzu BVerfG NJW 2006, 677,679; StV 2006, 703, 704). In derartigen Fällen ist die Fortdauerder Untersuchungshaft bei Verzögerungen, die der staatlichverfassten Gemeinschaft zuzurechnen sind, jedenfalls fürAngeklagte, die nicht ihrerseits durch unangemessenesProzessverhalten vermeidbare Verzögerungen verursachen, nicht mehrvertretbar.

Diesen Aspekten hat das Landgericht mit seiner Entscheidung imErgebnis Rechnung getragen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Landeskassezur Last, da sonst niemand dafür haftet.