ArbG Heilbronn, Urteil vom 11.07.2013 - 8 Ca 7/13
Fundstelle
openJur 2013, 34654
  • Rkr:

1. Der Betriebsübergang auf einen ausländischen Erwerber kann zu einem Wechsel des Arbeitsvertragsstatuts führen. Deutsches Recht bleibt jedoch solange anwendbar, wie die Parteien über die Frage streiten, ob das Arbeitsverhältnis auf den ausländischen Erwerber übergegangen ist bzw. ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung im Ausland zu erbringen.

2. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 S. 1 GewO berechtigt diesen nicht, einen Arbeitnehmer ins Ausland zu versetzen. Geht der Betrieb gemäß § 613a BGB auf einen ausländischen Erwerber über, bedarf es insoweit einer vertraglichen Vereinbarung bzw. einer Änderungskündigung denn das Arbeitsverhältnis geht mit seinem bisherigen Inhalt auf den neuen Inhaber über.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten mündlich ausgesprochene Versetzung des Klägers von Heilbronn nach 8399 Windhof/ Luxemburg unwirksam ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2012 zu zahlen in Höhe von EUR 3.581,09 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.12.2012.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 12.605,19.

5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kläger verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung am Sitz der Beklagten in Windhof/ Luxemburg zu erbringen.

Der Kläger, der 59 Jahre alt, schwerbehindert, verheiratet und einem Kind unterhaltspflichtig ist, ist bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Firma ..., seit 01.11.1978 beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert nicht. Zunächst war der Kläger als Kraftfahrer beschäftigt, seit 1979 dann als Disponent. Der Bruttomonatsverdienst des Klägers lag zuletzt bei EUR 4.512,05. Seit 1979 erhielt der Kläger jährlich im November ein Weihnachtsgeld; dieses betrug ab 2002 stets EUR 3.581,09. Erstmals im Jahr 2012 wurde dieses nicht bezahlt.

Bei der Beklagten sind 60 Arbeitnehmer beschäftigt; ein Betriebsrat ist nicht eingerichtet.

Am 27.07.2012 wurde zwischen der jetzigen Beklagten und der ... ein Verschmelzungsplan vereinbart, nachdem die ... auf die Beklagte als übernehmende Gesellschaft verschmolzen werden sollte. Hinsichtlich des Inhalts des Verschmelzungsplans wird auf Abl. 71 ff. Bezug genommen. Die Verschmelzung wurde Ende Januar/ Anfang Februar 2013 eingetragen. Die ... stellte ihre Betriebstätigkeit zum 31.08.2012 ein. Zum 01.09.2012 wurde deren bisherige Betriebstätigkeit durch die Beklagte fortgeführt: Die bisher durch die Spedition von der Beklagten angemieteten LKWs wurden nunmehr von der Beklagten selbst genutzt; alle Fahrer der ... wurden von der Beklagten weiter beschäftigt, welche auch den Kundenstamm zum Teil übernahm.

Die Übertragung des Vermögens der ... erfolgte im Innenverhältnis mit Wirkung zum 31.08.2012.

Mit Schreiben vom 30.07.2012 informierte die ... die bei ihr tätigen Arbeitnehmer, u. a. auch den Kläger, über die beabsichtigte Verschmelzung. Hinsichtlich des Inhalts des Schreibens wird auf Abl. 70 verwiesen. Am 09.08.2012 verschickte sie ein weiteres Informationsschreiben an die Arbeitnehmer (Abl. 119). In diesem wird u. a. ausgeführt:

...möchten wir nochmals darauf hinweisen, dass mit der Verschmelzung der ... in die Firma ... mit Wirkung zum 31.08.2012 ihr neuer und damit alleiniger Arbeitgeber die Firma ...-8399 Windhof/ Luxemburg ist. Da zu diesem Zeitpunkt die Betriebe, wie bereits ausgeführt, zusammengelegt werden, sind ab dem 01.09.2012 auch sämtliche Arbeitsleistungen am Betriebsort der ... und damit in Windhof/ Luxemburg zu erbringen. Um die notwendigen Anmeldungen in Luxemburg schnellstmöglich durchzuführen, bitten wir Sie nachstehende Unterlagen einzureichen:

- Ausweiskopie/-scan (Vorder- und Rückseite) sowie- Aufenthaltsbescheinigung ...

Die Beklagte hat dem Kläger einen Arbeitsvertrag, datierend vom 31.08.2012, zur Unterschrift vorgelegt (Abl. 66 ff.), den der Kläger jedoch nicht unterschrieben hat. Der Kläger hat gegenüber dem Geschäftsführer der ... Herrn ..., der zugleich Geschäftsführer der Beklagten ist, eine Tätigkeit in Luxemburg stets abgelehnt. Ab 01.09.2012 nahm der Kläger im Einverständnis mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten bzw. mit der Beklagten selbst den aus den Vorjahren angesammelten Urlaub in Anspruch. Dieser dauerte bis zum 03.01.2013. Am 04.01.2013 kam es zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten, Herrn ..., zu einem Gespräch, dessen Inhalt im einzelnen umstritten ist.

Am 25.05.2012 sprach die Beklagte eine Änderungskündigung zum 31.12.2012 aus mit der Maßgabe, dass die geänderten Arbeitsbedingungen (Arbeitsort Luxemburg) bereits mit Zugang der Änderungskündigung wirksam werden sollten. Der Kläger hat das Änderungsangebot nicht angenommen und die Kündigung auch nicht mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen.

Der Kläger behauptet, ihm sei am 04.01.2013 zu diesem Zeitpunkt von dem Geschäftsführer der Beklagten eine Versetzung nach Luxemburg ausgesprochen worden.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, ihn nach Luxemburg zu versetzen. Da er seit 34 Jahren seine Arbeitsleistung in Heilbronn erbringe, habe sich die Verpflichtung auf den Arbeitsort Heilbronn konkretisiert. Jedenfalls entspreche die ausgesprochene Versetzung auch nicht billigem Ermessen, da der Kläger 59 Jahre alt sei und es ihm daher nicht zuzumuten sei, seinen Wohnsitz nach Luxemburg zu verlegen. Auch sei eine tägliche Hin- und Herfahrt nach Luxemburg angesichts der einfachen Wegstrecke von 330 km nicht zumutbar.

Der Kläger beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten am 04.01.2013 mündlich ausgesprochene Versetzung des Klägers von Heilbronn nach 8399 Windhof/ Luxemburg unwirksam ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2012 zu zahlen in Höhe von EUR 3.581,09 brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.12.2012.

Die Beklagte beantragt

Klagabweisung.

Die Beklagte behauptet, dass der Kläger nicht am 04.01.2013 nach Luxemburg versetzt worden sei. Vielmehr sei das Arbeitsverhältnis mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einvernehmlich zum 31.08.2012 aufgelöst und zwischen den Parteien zum 01.09.2012 neu begründet worden. Dies zeige sich bereits daran, dass der Kläger auf Aufforderung durch die Beklagte eine Kopie seines Ausweises zur Anmeldung bei den luxemburgischen Arbeitsbehörden an die Beklagte übergeben habe. In der Folgezeit sei dem Kläger von der Beklagten auch der Lohn bezahlt worden. Zudem habe der Kläger am 31.08.2012 die Schlüssel für den Betriebsstandort Heilbronn abgegeben.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass selbst dann, wenn keine einvernehmliche Aufhebung des bisherigen Arbeitsvertrages und Neubegründung eines neuen Vertrages mit der Beklagten vorliege, deren Direktionsrecht jedenfalls eine Versetzung des Klägers nach Luxemburg abdecken würde. Zwar könne von einer Konkretisierung des Arbeitsortes für die Zeit bis 31.08.2012 ausgegangen werden, welche jedoch ab dem 01.09.2012 nicht mehr eingreife. Da die Beklagte über keinen Betriebsstandort in Deutschland mehr verfüge, sei sie berechtigt gewesen, den Kläger nach Luxemburg zu versetzen. Das Verhalten des Klägers sei im Übrigen treuwidrig, da er in Kenntnis der Verschmelzung die gezahlten Löhne annehme, jedoch nicht bereit sei, für die Vergütung auch in Luxemburg zu arbeiten.

Der Kläger bestreitet, den ursprünglichen Arbeitsvertrag mit der Spedition ... einvernehmlich aufgehoben und einen neuen Arbeitsvertrag mit der Beklagten begründet zu haben. Die Ausweiskopien habe er auf Anforderung der Beklagten nur deshalb eingereicht, weil der Geschäftsführer der ... ihm erklärt habe, dass dann, wenn der Kläger die Kopien nicht vorlegen würde, dieser nicht mehr krankenversichert sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist in Bezug auf beide Anträge zulässig und begründet.

A. Zulässigkeit

Die Klage ist zulässig.

I.

Das Arbeitsgericht Heilbronn ist zuständig nach VO(EG) Nr. 44/ 2001 vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Hiernach ist maßgeblich der Ort, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Dies ist unzweifelhaft Heilbronn, da der Kläger niemals in Luxemburg tätig wurde.II.

Der Antrag Ziffer 1 ist zulässig. Die Zulässigkeit und Wirksamkeit einer Versetzung eines Arbeitnehmers an einen neuen Arbeitsort kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (ständige Rechtsprechung des BAG: z. B. BAG, Urteil vom 20.01.1960, 4 AZR 267/59, BAGE 8, 338; BAG, Urteil vom 17.08.2011, 10 AZR 202/10, NZA 2012, 265). An der Zulässigkeit der Feststellungsklage ändert auch die Tatsache, dass die Beklagte nicht von einer Versetzung, sondern von einer einvernehmlichen Vertragsänderung ausgeht, nichts. Streitgegenstand der Feststellungsklage ist nicht wie bei der punktuellen Kündigungsschutzklage eine bestimmte Versetzung, sondern der Inhalt des Arbeitsverhältnisses, vorliegend der Ort, an dem die Arbeitsleistung zu erbringen ist. Dieser ist zwischen den Parteien streitig. Damit besteht zwischen den Parteien Streit über ein zwischen ihnen bestehendes Rechtsverhältnis. Das Rechtsschutzbedürfnis für diese Klage ist ebenfalls gegeben, obwohl das Arbeitsverhältnis voraussichtlich zum 12.12.2013 sein Ende finden wird, denn die Feststellung des Arbeitsortes hat aktuell noch Relevanz für den Kläger.III.

Antrag Ziffer 2 ist ebenfalls zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

B. Begründetheit

Die Klage ist begründet.

I. Klagantrag Ziffer 1

Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist unwirksam.

1. Auf den vorliegenden Sachverhalt ist deutsches Recht anzuwenden. Die Frage, welches Gesetzesrecht auf einen Privatrechtssachverhalt anzuwenden ist, bestimmt sich nach den Regelungen des Staates, dessen Gericht zur Entscheidung angerufen wird. Im vorliegenden Fall sind dies die Regelungen von Artikel 27 bis 37 EGBGB. Zwar sind diese Vorschriften durch die Rom I-VO vom 17.06.2008 abgelöst worden; sie finden jedoch auf Vertragsverhältnisse, die vor dem 17.12.2009 begründet worden sind, weiterhin Anwendung.

a) Die Parteien haben keine Rechtswahl im Sinne von Art. 27 Abs. 1 EGBGB getroffen. Allein die Tatsache, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages im Jahr 1978 die Parteien übereinstimmend von der Anwendbarkeit deutschen Rechtes ausgegangen sein dürften, folgt nicht, dass insoweit eine konkludente Rechtswahl vorliegt. Rechtswahl verlangt bewusste Einigung und kann nicht daraus hergeleitet werden, dass die Anwendung eines bestimmten Rechtes naheliegend und praktikabel ist (Thüsing, NZA 2003, 1303, 1304).

b) Maßgeblich ist damit Art. 30 Abs. 2 EGBGB. Hiernach unterliegen Arbeitsverhältnisse dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrages gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, selbst wenn er vorübergehend in einen anderen Staat entsandt ist oder in dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, sofern dieser seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet, es sei denn, dass sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Arbeitsvertrag engere Verbindungen zu einem anderen Staat aufweist.

Hiernach bestehen bis zum Zeitpunkt der Verschmelzung bzw. des Betriebsübergangs Anknüpfungspunkte nur in Bezug auf deutsches Recht, so dass das Arbeitsverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt jedenfalls deutschem Recht unterfiel.

Allerdings kann das Vertragsstatut wechseln. In seiner Entscheidung vom 26.05.2011 (8 AZR 37/10) führt das BAG wie folgt aus: Regelmäßig wird sich daher das Arbeitsvertragsstatut eines Arbeitnehmers, in dessen Vertragsverhältnis keine Rechtswahl vereinbart ist, bei einem Wechsel von Deutschland in das Ausland in Folge eines Betriebsübergangs ändern. In Ausnahmefällen kann eine engere Verbindung des Vertrags zum alten Staat, also zu Deutschland erkennbar sein. Regelmäßig wird aber nach dem Betriebsübergang das Recht des Staates zur Anwendung kommen, auf dessen Gebiet der Betriebsübergang erfolgt ist (...). Die Änderung des Arbeitsvertragsstatuts tritt aber erst ein, nachdem die Arbeitsverhältnisse übergegangen sind. Auch Thüsing geht davon aus, dass dann, wenn die Betriebsstätte des Arbeitnehmers ins Ausland verlegt wird und der Arbeitnehmer ihr folgt, das Vertragsstatut wechselt (Thüsing, NZA 2003, 1303, 1307f.).

Vorliegend trat zum 01.09.2012 ein Betriebsübergang unbeschadet der erst Ende Januar bzw. Anfang Februar 2013 wirksamen Verschmelzung ein. Wie § 324 Umwandlungsgesetz bestimmt, bleiben die Regelungen in § 613a Abs. 1, 4 - 6 BGB durch die Wirkungen der Eintragung einer Verschmelzung unberührt. Dies bedeutet, dass Tatbestand und Zeitpunkt einer Umwandlung von Tatbestand und Zeitpunkt eines Betriebsübergangs unabhängig sind; eine beabsichtigte Umwandlung schließt also nicht aus, dass ein Betrieb schon vor ihrer Vollendung durch Rechtsgeschäft gemäß § 613a BGB übertragen wird (BAG, Urteil vom 25.05.2000, 8 AZR 416/99). Dabei kann die rechtsgeschäftliche Grundlage sich auch aus einem Verschmelzungsvertrag ergeben (EK/ Preis, 13. Aufl., § 613a Rn. 58). Im vorliegenden Fall hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Betriebsmittel (LKW, Kundendateien) zum 01.09.2013 der Beklagten überlassen; ersteres, in dem sie LKWs nicht weiterhin von dieser angemietet hat. Die Beklagte hat sodann das Geschäft mit dem Großteil der Arbeitnehmer der Beklagten der Vorgängerin weitergeführt. Damit liegt ein Betriebsübergang nach § 613a BGB zum 01.09.2012 auf die Beklagte vor.

Dies führt nach Auffassung der Kammer jedoch nicht zu einem sofortigen Wechsel des Arbeitsvertragsstatuts, denn mit Ausnahme des rechtlichen Übergangs des Arbeitsverhältnisses von der Spedition ... auf die Beklagte bestehen keine weiteren Anknüpfungspunkte, die auf die Anwendbarkeit luxemburgischen Rechtes hindeuten. Vielmehr war von vornherein klar, dass der Kläger keinesfalls bereit sein würde, seine Arbeitsleistung zu irgendeinem Zeitpunkt in Luxemburg zu erbringen. Zudem betrifft der vorliegende Streit gerade die Folgen des Arbeitgeberwechsels von Deutschland nach Luxemburg. Jedenfalls für die Rechtsstreitigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Wechsel des Arbeitsortes infolge des Betriebsübergangs stehen, bestehen überwiegende Anknüpfungspunkte lediglich in Bezug auf die Anwendbarkeit deutschen Rechts. Dies deutet auch Thüsing an, indem er als Voraussetzung für den Wandel des Arbeitsvertragsstatuts fordert, dass der Betrieb ins Ausland verlegt wird und der Arbeitnehmer folgt (Thüsing, NZA 2003, 1303, 1308). Auch in der Entscheidung des BAG vom 26.05.2011 ging es um einen Fall, bei dem gerade der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf eine Übernehmerin in der Schweiz streitig war; auch hier hielt das BAG deutsches Recht jedenfalls für (noch) anwendbar.

2. Zwischen den Parteien wurde der Arbeitsort Windhof in Luxemburg nicht einvernehmlich vereinbart.

Eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsvertrages mit der ... scheitert bereits am Schriftformerfordernis von § 623 BGB. Die Vorschrift bezweckt Rechtssicherheit in Bezug auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Dieser Zweck zeigt sich gerade im vorliegenden Fall, wo die Parteien über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Rechtsvorgängerin sowie die Neubegründung bei der Übernehmerin streiten.

Die Beklagte hat die behauptete Vertragsaufhebung sowie den Neuabschluss eines Arbeitsvertrages auch weder substantiiert dargelegt, noch nach entsprechendem Bestreiten durch den Kläger hierfür Beweis angetreten. Allein die Tatsache der Einreichung einer Ausweiskopie reicht für die Annahme, dass der bisherige Arbeitsvertrag aufgehoben und ein neuer Arbeitsvertrag begründet werden soll, nicht aus. Dass dies vom Kläger gerade nicht gewollt wurde, wird insbesondere daraus deutlich, dass er den von der Beklagten vorgelegten neuen Arbeitsvertrag vom 31.08.2012 gerade nicht unterschrieben hat. Ein entsprechender Rechtsbindungswille des Klägers in Bezug auf Aufhebung des bisherigen Arbeitsvertrages und die Neubegründung eines neuen Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten kann jedenfalls nicht daraus entnommen werden, dass dieser sich von der Beklagten in Luxemburg anmelden ließ und hierfür eine Ausweiskopie eingereicht hat.

Damit ist das Arbeitsverhältnis zum 01.09.2012 gemäß § 613a BGB übergegangen; dies jedoch zu den Konditionen des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses. Der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die in Luxemburg ansässige Beklagte führt nicht dazu, dass sich der Inhalt des Arbeitsvertrages (vorliegend der Arbeitsort) automatisch ändern würde. Vielmehr geht das Arbeitsverhältnis inhaltlich in dem Zustand auf die Erwerberin über, wie es zuvor bei der Betriebsveräußerin bestanden hat, § 613a Abs. 1 S. 1 BGB.

3. Da der Kläger bisher über 34 Jahre seine Arbeitsleistung in Heilbronn verrichtet hatte, bedurfte es daher einer Versetzung oder Änderungskündigung, um Windhof in Luxemburg als Arbeitsort zu bestimmen.

a) Eine solche Versetzung hat die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin auch ausgesprochen: Jedenfalls mit Schreiben vom 09.08.2012 wird der Kläger sehr deutlich angewiesen, ab dem 01.09.2012 seine Arbeitsleistungen am Betriebsort der Beklagten in Windhof zu erbringen. Ob eine weitere mündliche Versetzung Anfang Januar 2013 ausgesprochen wurde, ist daher unerheblich.

Die von der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin ausgesprochene Versetzung ist unwirksam.

aa) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers aus § 106 S. 1 GewO. Der Arbeitgeber kann danach dem Arbeitnehmer grundsätzlich auch einen anderen Arbeitsort als den bisher maßgeblichen zuweisen. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn sich die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers auf einen bestimmten Arbeitsort konkretisiert hat.

Arbeitspflichten können sich nach längerer Zeit auch bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Hierzu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf; vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (BAG, Urteil vom 03.06.2004, 2 AZR 577/03, NZA 2005, 175; BAG, Urteil vom 18.10.2012, 6 AZR 86/11). Neben das über lange Zeit nicht ausgeübte Direktionsrecht müssen also weitere Umstände treten, die aus Sicht des Arbeitnehmers den Schluss rechtfertigen, der Arbeitgeber wolle ihn zukünftig nur noch zu Arbeiten an einem bestimmten Ort heranziehen. Dies dürfte nur ausnahmsweise der Fall sein. Regelmäßig wird es lediglich zu einer Konkretisierung in dem Sinne kommen, dass der Arbeitnehmer darauf vertrauen kann, dass er bei Fortbestand des bisherigen Arbeitsplatzes seine Tätigkeit künftig zu gleichbleibenden Bedingungen ausüben kann. Dieses Vertrauen ist im Rahmen des bei jeder Versetzung zu beachtenden billigen Ermessens zu berücksichtigen, führt aber noch nicht zu einer beiderseits bindenden Vertragsänderung (BAG, Urteil vom 03.06.2004, 2 AZR 277/03, NZA 2005, 175).

bb) Die Kammer geht nicht davon aus, dass sich die Arbeitspflicht des Klägers auf den Arbeitsort konkretisiert hat. Vorliegend wurde allein angeführt, dass der Kläger seit 34 Jahren unverändert in Heilbronn arbeite. Weitere Umstände, die darauf schließen lassen, die Parteien hätten eine dauerhafte Eingrenzung der Arbeitspflicht des Klägers auf den Ort Heilbronn gewollt, bestehen hingegen nicht. Damit verblieb der Beklagten grundsätzlich die von § 106 GewO eröffnete Möglichkeit, dem Kläger einen konkreten Arbeitsort zuzuweisen.

cc) Das Direktionsrecht der Beklagten berechtigt diese nicht dazu, den Kläger nach Luxemburg zu versetzen.

Das BAG geht davon aus, dass dann, wenn der Arbeitsvertrag keine Festlegung eines Arbeitsortes enthält, der Arbeitgeber den Arbeitnehmer kraft seines Direktionsrechts nach § 106 GewO grundsätzlich auch in andere politische Gemeinden versetzen kann (BAG, Urteil vom 18.10.2012, 6 AZR 86/11). Auch mache es keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Ortes der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibe oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Ortes vereinbart werde: In beiden Fällen werde lediglich klargestellt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer an andere Arbeitsorte versetzen können soll (BAG, Urteil vom 26.09.2012, 10 AZR 414/11). Wählten die Arbeitsvertragsparteien den Weg der Bestimmung des Arbeitsortes in Kombination mit einer Versetzungsklausel, so verlange das Transparenzgebot von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zudem nicht einmal die Angabe eines zulässigen Entfernungsradius, um die Orte einzugrenzen, an die der Arbeitgeber den Arbeitnehmer versetzen kann (BAG, Urteil vom 13.04.2010, 9 AZR 36/09, DB 2010, 2805). Hieraus könnte geschlossen werden, dass bei Nichtangabe eines konkreten Arbeitsortes der Arbeitgeber durch § 106 GewO dazu ermächtigt wird, den Arbeitnehmer - in den Grenzen billigen Ermessens - bundesweit zu versetzen. Hiervon geht auch Preis (EK/ Preis, 13. Aufl., § 106 GewO Rn. 10) aus.

Hiergegen wird eingewandt, dass § 106 GewO auf die Aussage zu beschränken sei, dass der Arbeitgeber die vereinbarte Arbeitsleistung konkretisieren dürfe, indem er das vertraglich Vereinbarte durch Weisungen umsetzt; gemeint sei daher die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes im selben Betrieb und nicht ein Weisungsrecht, dass den Arbeitnehmer zu einem bundesweiten Einsatz verpflichtet (Hromadka, NZA 2012, 233).

Selbst wenn man jedoch von einer grundsätzlich bundesweiten Versetzbarkeit eines Arbeitnehmers ausgeht, in dessen Arbeitsvertrag der Arbeitsort nicht genau bestimmt wurde, berechtigt § 106 GewO den Arbeitgeber nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht zu einer Versetzung in das Ausland.

Will sich der Arbeitgeber eine Versetzung des Arbeitnehmers in das Ausland vorbehalten, so kann er dies ausdrücklich in einem entsprechenden Versetzungsvorbehalt vereinbaren. Anderenfalls wäre es dem Arbeitgeber einseitig möglich, den Arbeitnehmer einer fremden Rechtsordnung zu unterstellen, ohne dass dieser sich dagegen mit Erfolg wehren könnte: § 106 GewO bestimmt zwar, dass der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung nur nach billigem Ermessen näher bestimmen darf. Die Grenze billigen Ermessens hingegen hilft in Fällen wie dem Vorliegenden nicht weiter. Dies folgt daraus, dass ein innerdeutscher Arbeitsplatz schlicht nicht mehr vorhanden ist, so dass die Abwägung der Interessen der Arbeitsvertragsparteien nicht zu einem anderen Ergebnis als der Versetzung nach Luxemburg führen können. Die einzige Alternative zu der Versetzung des Arbeitnehmers wäre nämlich dessen Kündigung.

Die von der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin ausgesprochene Versetzung des Klägers ins Ausland ist daher unwirksam und konnte den Inhalt des Arbeitsverhältnisses nicht dahingehend ändern, dass der Kläger verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung fortan in Windhof in Luxemburg zu erbringen.

b) Der Kläger ist auch nicht aufgrund der Änderungskündigung vom 25.05.2013 verpflichtet, in Luxemburg zu arbeiten, denn er hat das Änderungsangebot nicht angenommen. Damit wirkt die Kündigung als Beendigungskündigung, das Änderungsangebot der Beklagten ist gemäß § 146 BGB erloschen.

II. Klagantrag Ziffer 2

Dem Kläger steht jedenfalls aus betrieblicher Übung ein Anspruch auf die Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2012 in der beantragten Höhe zu. Die Haftung der Beklagten ergibt sich einerseits aus § 613a Abs. 2 S. 1 BGB wie auch aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 Umwandlungsgesetz. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte ist mit der Zahlung seit 01.12.2012 in Verzug.

C. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO. Die vollumfänglich unterlegene Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO. In Bezug auf die streitige Versetzung hat die Kammer das wirtschaftliche Interesse des Klägers mit 2 Monatsgehältern bewertet.

Ein Grund zur Zulassung der Berufung besteht nicht.