OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 01.07.2013 - 2 D 46/12.NE
Fundstelle
openJur 2013, 31657
  • Rkr:
Tenor

Die 77. Änderung des Flächennutzungsplans zur Darstellung von Vorrangflächen für die Nutzung der Windenergie der Stadt C. ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin wendet sich gegen die 77. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin zur Darstellung von Vorrangflächen für die Nutzung der Windenergie (im Folgenden: 77. Änderung).

Die 77. Änderung stellt zwei Konzentrationszonen für die Windenergie dar. Dies sind die Konzentrationszonen "X. " sowie "C1. /X1. /I. . Die vormalige Konzentrationszone "T. " wird durch die 77. Änderung aufgehoben. Die 77. Änderung soll die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erzielen.

In der Planbegründung (Stand November 2010) wird zusammengefasst ausgeführt, derzeit finde im Gebiet der Antragsgegnerin eine Windenergienutzung durch 33 Windkraftanlagen statt. Es bestehe weiteres Interesse am Ausbau der Windenergienutzung. Diesen solle die 77. Änderung städtebaulich geordnet steuern. Zur Herleitung eines schlüssigen Gesamtkonzepts habe die Antragsgegnerin das gesamte Stadtgebiet nach einheitlichen Kriterien auf die Eignung für die Windkraftnutzung hin untersucht. Gutachten zur Vereinbarkeit der Windenergienutzung mit den Belangen der Luftfahrt und artenschutzrechtliche Fachbeiträge seien erarbeitet worden. Bislang habe die Antragsgegnerin Vorrangflächen für die Windenergienutzung in den Änderungsverfahren 28.1 (Bereich T. ), der 43. Änderung (Bereich X1. -C1. ) sowie mit der 70. und 77. Änderung im Bereich X. an der östlichen Stadtgebietsgrenze dargestellt. Für den Bereich X1. /C1. bestehe über die Flächennutzungsplanebene hinaus ein vorhabenbezogener Bebauungsplan. Von den derzeit 33 Anlagen im Stadtgebiet seien 25 innerhalb der bisher dargestellten Vorrangzonen angeordnet. Zehn Windkraftanlagen stünden im Bereich X. , acht im Bereich T. , sieben im Bereich X1. /C1. . Weitere acht Windkraftanlagen seien über Einzelstandorte verstreut. Für den Standort X2. /T1. südlich der A liege für fünf zusätzliche Windkraftanlagen eine rechtskräftige Genehmigung vor. Außerdem bestehe eine Genehmigung zur Errichtung von elf Windkraftanlagen an diesem Standort, welche die besagten fünf Anlagen ersetzen sollten. Gegen diese Genehmigung sei Klage erhoben worden. Eine weitere Genehmigung zur Errichtung von zwei Windkraftanlagen sei für den Bereich P. erteilt worden. Auch diese Genehmigung sei beklagt. Unabhängig von der tatsächlichen Realisierbarkeit würden außerdem gegenwärtig verschiedene Planungen zum Ausbau der Windkraftnutzung im Stadtgebiet für insgesamt 28 Anlagenstandorte vorangetrieben. Diese seien teilweise im Nahbereich bestehender Windparkflächen (sechs Windkraftanlagen bei X1. /C2. , eine bei T. ), teilweise in bislang unbebauten Außenbereichen vorgesehen. Im Einzelnen handele es sich um Vorhaben zur Errichtung von Windkraftanlagen auf sechs Standorten im Bereich I. /östlich I. sowie drei Standorten im Bereich H. . Im Bereich N. seien zwölf Windkraftanlagenstandorte beantragt worden. Dieser Genehmigungsantrag sei abgelehnt worden. Dagegen sei Klage erhoben worden. Im Rahmen der 77. Änderung habe die Antragsgegnerin nun für die Windenergienutzung geeignete Standorte im Außenbereich gesucht. Diese Standorte habe sie mit potentiellen Konfliktlagen in Ausgleich bringen wollen. Eine generelle maximal zulässige Gesamthöhe für den betrachteten Planungsraum werde nicht angesetzt. Höhenbeschränkungen würden nur vorgesehen, sofern sich aus Gründen der Luftverkehrssicherheit oder aufgrund von Nutzbarkeitsbeeinträchtigungen des Flughafens Q. -M. eine Notwendigkeit dafür ergebe. Zur Standortfindung sei - wie gesagt - das gesamte Stadtgebiet untersucht und nach einheitlichen Kriterien beurteilt worden. Diese Kriterien basierten insbesondere auf Fachgesetzen und dem Windenergie-Erlass. In einem weiteren Planungsschritt würden die potentiell für die Windenergienutzung in Frage kommenden Flächen mit den städtebaulichen Entwicklungszielen abgeglichen. Zur Suchraumfindung habe die Antragsgegnerin fünf Themenkomplexe gebildet. Dies seien die Themenkomplexe "Siedlungsraum", "Natur und Landschaft", "Verkehr/Infrastruktur/lineare Flächennutzung", Topographie/Geländemorphologie/Erholung" sowie "Artenschutz/planungsrelevante Arten". Unter diesen Themenkomplexen würden die jeweiligen Ausschlussflächen sowie die diesen zugeordneten Restriktionsflächen aufgeführt, die sich nicht als Konzentrationszone eigneten. Die Überlagerung aller Ausschluss- und Restriktionsflächen stelle die beigefügte Planzeichnung Blatt Nr. 7 dar. Im Umkehrschluss verblieben als Zwischenergebnis mehrere Teilflächen unterschiedlicher Größe, die von keiner der angeführten Ausschluss- oder Restriktionskriterien berührt würden. Die Überlagerung aller Ausschluss- und Restriktionskriterien der fünf Themenkomplexe fließe in die Planzeichnung Blatt Nr. 8 "Übersichtsplan konfliktarme Bereiche" ein. Die bestehenden Windparkbereiche bei T. und X1. /C1. sowie X. wie auch die Einzelanlagenstandorte würden dabei analog zum gesamten Stadtgebiet ebenfalls nach den definierten Kriterien ergebnisoffen betrachtet und anhand der heutigen Planungsvorgaben überprüft. Um dem Grundziel der Konzentration von Windkraftanlagenstandorten Rechnung zu tragen, werde eine Mindestanzahl von drei räumlich benachbarten Windkraftanlagen als Voraussetzung für die Darstellung einer Konzentrationszone definiert. Die Größe geeigneter Suchbereiche werde dabei pauschal auf einen Flächenbedarf von mindestens 30 ha festgelegt. Flächen, die nicht von den Ausschluss- und Restriktionskriterien der Themenkomplexe 1 bis 5 erfasst seien, jedoch eine Mindestgröße von 30 ha unterschritten, würden als ungeeignet eingestuft, sofern sie nicht mit unmittelbar benachbarten Teilflächen räumlich sinnvoll arrondierbar seien und damit in der Summe mehr als 30 ha ergäben. Ausgeschlossen würden damit nicht arrondierungsfähige Splitterflächen. Als Ergebnis dieses Planungs- und Auswahlprozesses verblieben als "konfliktarme Suchbereiche" insgesamt vier Räume mit Suchbereichscharakter im gesamten Stadtgebiet. Dies seien der Suchbereich X. beidseitig der A mit einer Gesamtfläche von 62 ha auf drei Teilflächen, der Suchbereich C1. /X1. /I. nördlich bzw. östlich des Ortsteils X1. mit einer Gesamtfläche von 360 ha auf acht Teilflächen, der Suchbereich H. östlich des Ortsteils I1. mit einer Gesamtfläche von 33 ha und der Suchbereich H1. nördlich des Ortsteils L. mit einer Gesamtfläche von 69 ha. Die Summe dieser Potentialflächen belaufe sich auf insgesamt 524 ha. Diese Suchbereiche würden weiterhin im Hinblick auf die Kriterien Windhöffigkeit und Netzanbindungsmöglichkeiten betrachtet. Diese Kriterien führten allerdings zu keiner entscheidungsrelevanten Differenzierung. Auf der nächstfolgenden und abschließenden Planungsstufe würden die Suchbereiche nach weiteren Teilaspekten, die der planerischen Abwägung unterlägen, auf ihre Eignung als Konzentrationszone für die Windenergienutzung untersucht. Nachdem alle stringent und einschlägig definierten Auswahlkriterien abgearbeitet worden seien, würden die Suchbereiche im letzten Planungsschritt querschnittsorientiert auf konkurrierende bzw. ausschließende Flächennutzungsansprüche des C3. Raums nach dem hiermit verbundenen Grad an Konfliktpotential untersucht. Nach erneuter städtebaulicher Überprüfung unter ergänzender Einbeziehung der artenschutzrechtlichen Vorschriften stelle der geringfügig reduzierte Suchbereich X. aufgrund seiner Standortvorteile und des geringen Konfliktpotentials nach den bauleitplanerischen Zielen der Antragsgegnerin eine geeignete Konzentrationszone für die Windenergienutzung dar. Die Ausnutzungsgrenze dieser Zone sei mit den hier in den Jahren 2008/2009 insgesamt zehn errichteten Windenergieanlagen ausgeschöpft. Für den Suchbereich C1. /X1. /I. falle die Abwägung zwischen der Erhaltung dieses Raums als Nahrungshabitat für die geschützten Vogelarten sowie den Auswirkungen einer deutlich erweiterten Windkraftnutzung auf das Orts- und Landschaftsbild einerseits und einer angemessenen Förderung der Windkraftnutzung in substantiellem Umfang andererseits auch bei gegebenenfalls nur eingeschränkter Nutzbarkeit und Ertragsleistung von Windkraftanlagen an diesem Standort zugunsten der Windkraftnutzung aus. Ausschlaggebend sei dabei das aufgrund der lokalen Verhältnisse im Vergleich zum sonstigen Stadtgebiet relativ geringste Konfliktpotential und im Umkehrschluss die zugleich größte Ansammlung konfliktarmer Bereiche. Deshalb solle hier eine räumlich sinnvoll arrondierte Konzentrationszone dargestellt werden. Anders falle die Abwägung für den Suchbereich H. aus. Gegen ihn sei seine Nähe zum westlich angrenzenden großflächigen Suchbereich C1. /X1. /I. zu berücksichtigen. Die Darstellung von Vorrangzonen in beiden Bereichen sei bauleitplanerisch nicht vertretbar, da sie eine massive technische Überprägung des Landschaftsraums bei einer Ausdehnung von sechs Kilometern in West-Ost-Richtung bzw. annähernd 20 km² planerisch vorbereiten würde. Ähnliches gelte für den Suchbereich H1. . Er weise gleichfalls eine Nähe zum südlich angrenzenden großflächigen Suchbereich C1. /X1. /I. auf. Auch könne der Bereich H1. mit dem Suchbereich C1. /X1. /I. nicht sinnvoll arrondiert werden, weil die Bereiche vom B. und den Nebentälern räumlich getrennt seien. Auch insofern sei die Darstellung von Vorrangzonen in beiden Bereichen bauleitplanerisch nicht vertretbar, weil sie eine zu große Massierung technisch überprägter Landschaftsbereiche ergäbe. Die im Rahmen der Flächennutzungsplanänderung 28.1 dargestellte Vorrangfläche im Bereich T. sei nach heutigen Kriterien weitestgehend vollständig als ungeeignet anzusehen. Daher erfolge für sie eine Darstellungsrücknahme. Ursächlich hierfür seien insbesondere die Belange der Luftverkehrssicherheit. Die Zone liege im An- beziehungsweise Abflugsektor des Flughafens Q. -M. . Des Weiteren seien für sie in Teilbereichen Artenschutzgründe beachtlich. Insgesamt ergebe sich eine Größe der Konzentrationszonen von 269 ha mit einem Anteil von ca. 51 % an der im gesamten Stadtgebiet vorhandenen Potentialfläche. Diese betrage - wie gesagt - 524 ha (Summe der Suchbereiche größer als 30 ha).

Das Verfahren zur Aufstellung der 77. Änderung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

In seinen Sitzungen am 10. Mai 2007 und am 18. März 2010 beschloss der Rat der Antragsgegnerin, das Verfahren zur Aufstellung zur 77. Änderung in Gang zu setzen. In der Zeit zwischen dem 7. Juni 2010 und dem 8. Juli 2010 fand eine frühzeitige Unterrichtung und Anhörung der Öffentlichkeit statt. In der Zeit vom 15. November 2010 bis zum 16. Dezember 2010 lag der Entwurf der 77. Änderung mit dem Erläuterungsbericht öffentlich aus. Am 16. Dezember 2010 erhob die Antragstellerin Einwendungen gegen den Planentwurf. In seiner Sitzung am 3. Februar 2011 beschloss der Rat der Antragsgegnerin die 77. Änderung als Satzung. Der Bürgermeister der Antragsgegnerin fertigte den Satzungsbeschluss am 15. Februar 2011 aus. Die Bezirksregierung E. genehmigte die 77. Änderung am 15. April 2011. Diese Genehmigung machte die Antragsgegnerin am 5. Mai 2011 öffentlich bekannt.

Am Montag, dem 7. Mai 2012, hat die Antragstellerin den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Unter demselben Datum rügte sie gegenüber der Antragsgegnerin die Unwirksamkeit der 77. Änderung.

Zur Begründung des Normenkontrollantrags trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, sie begehre die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb dreier Windenergieanlagen auf dem Gebiet der Antragsgegnerin auf den Grundstücken I1. , Flur 2, Flurstück 107 bzw. Flur 3, Flurstücke 50 und 56. Der Kreis Q. habe ihren Genehmigungsantrag unter Hinweis auf die 77. Änderung mit Bescheid vom 30. Januar 2012 abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage sei beim Verwaltungsgericht Minden unter dem Aktenzeichen 11 K 1054/12 anhängig. Die 77. Änderung sei bereits inzident im Rahmen mehrerer verwaltungsgerichtlicher Verfahren überprüft worden. Nach Klageabweisungen seien Berufungszulassungsverfahren bei dem erkennenden Gericht unter den Aktenzeichen 8 A 430/12, 8 A 431/12, 8 A 432/12 und 8 A 433/12 anhängig. Daher werde zur Begründung des Normenkontrollantrags auch auf die zugehörige Zulassungsbegründung vom 5. März 2012 verwiesen. Zusammenfassend und ergänzend macht die Antragstellerin unter Bezugnahme auf das Rügeschreiben vom 7. Mai 2012 mit Schriftsätzen vom 13. Mai 2013 und vom 20. Juni 2013 im Kern geltend, die 77. Änderung leide an formellen und materiellen Mängeln. Die 77. Änderung biete keine substantielle Chance für die Windenergienutzung. Die Antragsgegnerin habe nicht zwischen harten und weichen Tabuzonen unterschieden. Sie habe die erforderliche abwägende Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen nicht dokumentiert. Abgesehen davon habe die Antragsgegnerin die von ihr herangezogenen Kriterien zu Unrecht den harten bzw. den weichen Tabukriterien zugeordnet. Dies gelte gerade für die Themenkomplexe Landschaftsschutz, Artenschutz und die pauschalen Mindestabstände von den Siedlungsbereichen. Die eigentliche Potentialfläche, die sich nach Abzug der harten Tabukriterien im Stadtgebiet der Antragsgegnerin ergebe, sei zudem um ein Vielfaches höher, als die tatsächlich ausgewiesene Windeignungsfläche von 269 ha. Sie betrage mehrere tausend Hektar. Auch vor dem Hintergrund der tatsächlichen Entwicklung der Windenergienutzung im Stadtgebiet der Antragsgegnerin verfehle die 77. Änderung die von ihr beabsichtigte Steuerung der Windenergienutzung. Die Abwägungsfehler seien beachtlich.

Die Antragstellerin beantragt,

die 77. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin zur Darstellung von Vorrangflächen für die Nutzung der Windenergie für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt unter Einbeziehung ihres Vortrags in der mündlichen Verhandlung am

1. Juli 2013 im Grundzug vor: Das Verwaltungsgericht Minden habe die 77. Änderung in seinem Urteil vom 21. Dezember 2011 - 11 K 2023/10 - inzident überprüft und mit zutreffenden Erwägungen für rechtmäßig befunden. Weitergehende Ausführungen zur Unterscheidung von harten und weichen Tabukriterien seien in der Planbegründung nicht veranlasst gewesen. Sie habe die Abstände zu Wohn- und Siedlungsbereichen nicht als weiche, der Abwägung zugängliche Vorsorgeabstände behandelt. Auch der "Themenkomplex Artenschutz/planungsrelevante Arten" habe als hartes Tabukriterium gewertet werden dürfen. Sensible Landschaftsräume dürfe sie - auch zugunsten des Vogelschutzes - für die Nutzung der Windenergie sperren. Dasselbe gelte z. B. für Landschaftsschutzgebiete. Sie habe dem Gebot der Einheitlichkeit der Anwendung von Tabukriterien im gesamten Gemeindegebiet Rechnung getragen. Die Festlegung einer Mindestgröße der Konzentrationszone von 30 ha entspreche den Zielen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Sie habe sich am Begriff des Windparks orientiert. Sollte es Windanlagenbetreibern gelingen, auf einer Fläche von weniger als 30 ha mehr als drei Windkraftanlagen unterzubringen, werde dies von der Antragsgegnerin begrüßt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Antragsgegnerin in den Berufungszulassungsverfahren - 8 A 430/12, 8 A 431/12, 8 A 432/12, 8 A 433/12 - vorgelegten Aufstellungsvorgänge Bezug genommen. Bezug genommen wird außerdem auf den Inhalt der Gerichtsakten dieser Zulassungsverfahren sowie auf die diesen Verfahren beiliegenden Genehmigungsvorgänge.

Gründe

Der Antrag ist zulässig (dazu I.) und begründet (dazu II.).

I. Der Antrag ist zulässig.

Er ist analog § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft.

Möglicher Gegenstand einer statthaften prinzipalen Normenkontrolle gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO analog ist auch (dann allerdings allein) die in den Darstellungen des Flächennutzungsplans zum Ausdruck kommende planerische Entscheidung der Gemeinde, mit der Ausweisung von Flächen für privilegierte Nutzungen nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis Nr. 6 BauGB die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB an Standorten außerhalb der ausgewiesenen Flächen eintreten zu lassen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Januar 2013 - 4 CN 1.12 -, juris Rn. 10 ff., und vom 26. April 2007 - 4 CN 3.06 -, BVerwGE 128, 382 = BRS 71 Nr. 33 = juris Rn. 13 ff.

Dies trifft auf die streitgegenständliche 77. Änderung zu. Nach dem Inhalt der Planurkunde intendiert die Antragsgegnerin mit der Darstellung von Vorrangflächen/Konzentrationszonen - die Begriffe sind hier planimmanent synonym gebraucht - für die Nutzung der Windenergie für ihr gesamtes Stadtgebiet die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB.

Die Antragstellerin ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (analog) antragsbefugt. Die 77. Änderung kann sie in ihrem Recht auf gerechte Abwägung aus § 1 Abs. 7 BauGB verletzen. Die Antragstellerin macht mit der Antragsbegründung substantiiert geltend und kann nach dem geschilderten Regelungsgehalt der 77. Änderung auch geltend machen, ihr würden durch die 77. Änderung Nutzungsmöglichkeiten auf Grundstücken außerhalb der dargestellten Vorrangflächen genommen. Nach dem Vortrag der Antragstellerin lehnte der Kreis Q. immissionsschutzrechtliche Genehmigungsanträge auf Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen außerhalb der dargestellten Konzentrationszonen auf dem Gebiet der Antragsgegnerin unter Hinweis auf die entgegenstehende Flächennutzungsplanung der 77. Änderung ab.

Die Antragstellerin ist, wendet man diese Schranke auch auf Flächennutzungspläne an, nicht nach § 47 Abs. 2 a) VwGO (analog) präkludiert. Sie hat während der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs rechtzeitig Einwendungen erhoben. Der Antrag ist auch fristgerecht. Die Antragstellerin hat ihn innerhalb der hier nach §§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 2 ZPO, 193 BGB zu berechnenden Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (analog) gestellt. Die 77. Änderung trat am

5. Mai 2011 in Kraft, als die Antragsgegnerin die Genehmigung der Flächennutzungsplanänderung durch die Bezirksregierung E. öffentlich bekannt machte. Der Normenkontrollantrag ging am Montag, dem 7. Mai 2012, bei Gericht ein.

II. Der Antrag ist auch begründet.

Die 77. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin zur Darstellung von Vorrangflächen für die Nutzung der Windenergie ist unwirksam.

Sie verstößt gegen das Gebot gerechter Abwägung aus § 1 Abs. 7 BauGB, weil sie in zweifacher Hinsicht an einem beachtlichen Abwägungsfehler leidet.

Das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte Gebot, die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, setzt neben einer sachgerechten Entscheidung voraus, dass in die Abwägung all das an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Unbeachtlich sind Belange (nur), wenn sie für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren oder wenn sie keinen städtebaulichen Bezug haben, geringwertig oder makelbehaftet oder solche sind, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht.

Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 - 4 CN 1.07 -, BVerwGE 131, 100 = BRS 73 Nr. 31 = juris Rn. 22.

Des Weiteren darf die Bedeutung der Belange nicht verkannt und der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen nicht in einer Weise vorgenommen werden, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis schon dann genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.

Gegen diese Abwägungsgrundsätze hat die Antragsgegnerin bei der 77. Änderung verstoßen.

Soll eine planerische Entscheidung die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen - hiernach stehen öffentliche Belange einem Vorhaben zur Nutzung der Windenergie in der Regel entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist -, verlangt das Abwägungsgebot die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt. Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012

- 4 CN 1.11 -, DVBl. 2013, 507 = juris Rn. 9,

vom 13. März 2003 - 4 C 3.02 -, BRS 66 Nr. 11

= juris Rn. 30, und vom 17. Dezember 2002

- 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287 = BRS 65

Nr. 95 = juris Rn. 28.

Dieses Ziel hat die Antragsgegnerin bei der Entscheidung über die 77. Änderung unter zweierlei Aspekten verfehlt. Zum einen hat die Antragsgegnerin in beachtlicher Weise abwägungsfehlerhaft nicht zwischen harten und weichen Tabuzonen unterschieden, die für die Windenergienutzung nicht zur Verfügung stehen. So konnte sie nicht angemessen abwägend entscheiden, ob sie der Windenergienutzung im Rahmen eines schlüssigen Gesamtkonzepts für den Außenbereich des Stadtgebiets substantiell Raum gibt (dazu 1.). Zum anderen hat die Antragsgegnerin auch aus von 1. unabhängigen Gründen nicht fehlerfrei abgewogen, ob die 77. Änderung der Windenergie substantiell Raum verschafft, weil der von ihr dazu ausschließlich angelegte Flächenvergleichsmaßstab "dargestellte Vorrangfläche versus gesamte Potentialfläche" zu einseitig ist (dazu 2.).

1. a) Es ist ein Fehler im Abwägungsvorgang, dass die Antragsgegnerin bei der Ausarbeitung der Standortzuweisung nicht zwischen harten und weichen Tabuzonen differenziert hat.

aa) Die Ausarbeitung des Planungskonzepts für die Darstellung von Konzentrationszonen vollzieht sich abschnittsweise. In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als Tabuzonen zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in harte und weiche untergliedern. Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Gemeindegebietsteilen, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen auch immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung schlechthin ungeeignet sind. Mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden dagegen Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen der Gemeinde aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen von vornherein ausgeschlossen werden soll. Die Potentialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind dann in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d. h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. April 2013 - 4 CN 2.12 -, juris Rn. 5 ff., und vom 13. Dezember 2012 - 4 CN 1.11 -, DVBl. 2013, 507 = juris Rn. 10, Beschluss vom 15. September 2009 - 4 BN 25.09 -, BRS 74 Nr. 112 = juris Rn. 7.

Auf der ersten Stufe des Planungsprozesses muss sich die Gemeinde zunächst den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren. Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, deren Bereitstellung für die Windenergienutzung an § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB scheitert. Für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht erforderlich ist ein Bauleitplan auch etwa dann, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. Harte Tabuflächen sind demnach einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen im Rahmen des § 1 Abs. 7 BauGB entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Zuge der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Dies ändert aber nichts daran, dass sie keine eigenständige Kategorie im System des Rechts der Bauleitplanung bilden, sondern der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass städtebauliche Gesichtspunkte hier nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substantiell Raum schafft. Seine Entscheidung für weiche Tabuzonen muss der Plangeber rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet,

d. h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen. Diese Forderung ist mit dem schlussendlichen Abwägungsparameter rückgekoppelt, dass, je kleiner die für die Windenergienutzung verbleibenden Flächen am Ende ausfallen, umso mehr das gewählte methodische Vorgehen zu hinterfragen ist.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. April 2013 - 4 CN 2.12 -, juris Rn. 6, vom 13. Dezember 2012 - 4 CN 1.11 -, DVBl. 2013, 507 = juris Rn. 11 ff., und vom 20. Mai 2010 - 4 C 7.09 -, BVerwGE 137, 74 = BRS 76 Nr. 103 = juris Rn. 45, Beschluss vom 15. September 2009 - 4 BN 25.09 -, BRS 74 Nr. 112 = juris Rn. 7, Urteil vom 24. Januar 2008 - 4 CN 2.07 -, BRS 73 Nr. 94 = juris Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 20. November 2012 - 8 A 252/10 -, NuR 2013, 146 = juris Rn. 52.

Diese Maßgaben hat die Antragsgegnerin bei der Darstellung der Konzentrationszonen durch die 77. Änderung nicht beachtet.

Es ist schon aus sich heraus abwägungsfehlerhaft, dass die Antragsgegnerin entgegen der sie insofern treffenden Dokumentationspflicht keine Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen dokumentiert hat, obwohl diese in der spezifischen vorliegenden Planungssituation materiellrechtlich geboten ist.

Vgl. zur rechtserheblichen Selbständigkeit der Dokumentationspflicht der Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen auch BVerwG, Urteil vom 11. April 2013 - 4 CN 2.12 -, juris Rn. 5 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 16. Mai 2013 - 12 LA 49/12 -, juris Rn. 41; in Nds. OVG, Urteil vom 22. November 2012 - 12 LB 64/11 -, NuR 2013, 196 = juris Rn. 86, war dies noch nicht so erkannt worden.

Infolgedessen konnte die Antragsgegnerin sich bei der Abwägung, Standortfindung und Standortzuweisung nicht bewusst machen, welche der von ihr herangezogenen Kriterien zur Ermittlung des Suchraums zu einem § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB zuzuordnenden Ausscheiden von Gemeindeflächen für die Windenergienutzung von vornherein und auf Dauer führen würden (harte Tabuzonen). Die Antragsgegnerin konnte sich gleichfalls nicht abwägungsgerecht bewusst machen, welche der vorab ausgeschiedenen Flächen (als weiche Tabuzonen) der Abwägung im Rahmen des § 1 Abs. 7 BauGB zuzuschlagen sein würden. So blieb im Unklaren, ob und in welchem Umfang bereits auf der ersten Stufe des Planungsprozesses, in der Phase der Suchraumfindung, abwägerische Entscheidungen gefordert waren. Damit konnte die Antragsgegnerin auch ihre (weitere) Abwägung über die Auswahl und den Zuschnitt von Konzentrationszonen im Rahmen der zweiten Planungsphase nicht rechtmäßig steuern und nicht hinreichend präzise, schlüssigausgewogen entscheiden, ob sie der Windenergie im Wege der 77. Änderung substantiell Raum verschafft.

Vielmehr hat die Antragsgegnerin die in der Planbegründung aufgeführten "Themenkomplexe zur Suchraumfindung" trotz ihrer Heterogenität genauso wie die ausgewählten diversen disparaten Ausschluss- und Restriktionsflächen als gleichwertig nebeneinandergestellt. In der Planbegründung heißt es dazu, zur Standortfindung von Flächen mit Konzentrationscharakter werde das gesamte Gemeindegebiet untersucht und "nach einheitlichen Kriterien" beurteilt. Diese Kriterien basierten - so die Antragsgegnerin - einerseits auf fachgesetzlichen Vorgaben (insbesondere dem BauGB, dem BImSchG und dem BNatSchG). Andererseits ergäben sie sich aus den "Grundsätzen für Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen" - dem Windenergie-Erlass 2005 - sowie "aus den Vorgaben, die sich aus der Rechtsprechung zur Gesamtthematik ´Windenergienutzung´ ableiteten". Weiterhin - so fährt die Antragsgegnerin fort - würden alle wesentlichen Planvorgaben berücksichtigt, die sich aus den verschiedenen beachtlichen Rahmen- und Fachplanungen (Regionalplan, Flächennutzungsplan, Bauleitpläne, Landschaftspläne, ordnungsbehördliche Verordnungen, Schutzgebietsfestsetzungen etc.) erschlössen. Entsprechendes gelte für nutzungsrelevante Parameter wie u. a. Windhöffigkeit und Netzanbindungsmöglichkeiten. Diese - auch in den der Planbegründung beigelegten kartographischen Planzeichnungen der Ausschluss- und Restriktionsflächen - nicht unterscheidende und nicht weiter erläuternde Aufzählung potentiell harter, meistenteils aber - dazu sogleich weiter unten - regelmäßig weicher rechtlicher wie tatsächlicher Flächenfindungsparameter ließ für die Antragsgegnerin eine für sie selbst transparente präzise Rechtsprüfung entweder am Maßstab des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB oder am Maßstab des § 1 Abs. 7 BauGB nicht zu. Ein wesentlicher Teil des Abwägungsvorgangs hinsichtlich der Standortfindung und -zuweisung für die Windenergie musste dadurch defizitär bleiben.

Es liegt auch nicht anderweitig evident auf der Hand, dass die Antragsgegnerin unbeschadet der unterbliebenen - rechtlich jedoch gebotenen - expliziten Dokumentation zwischen harten und weichen Tabuzonen klar unterschieden und sie sich diese Unterscheidung auch bei der Beschlussfassung vor Augen geführt hätte. Abgesehen davon, dass die Antragsgegnerin ihre Themenkomplexe in den nachfolgenden Gerichtsverfahren durchgängig als hart klassifiziert - auch dazu sogleich unten -, gibt die Planbegründung für eine derartiges Offensichtlichkeitsurteil nichts her. Unter dem Rubrum der einzelnen Themenkomplexe bringt die Antragsgegnerin sowohl Erwägungen, die eine abwägende Färbung haben, als auch Erwägungen, die sich nicht anders als indisponibel verstehen lassen. Beispielhaft hierfür seien die Überlegungen zum "Themenkomplex Siedlungsraum" angeführt. Die angesetzten Mindestabstände (Restriktionsflächen) um die Siedlungsräume (Ausschlussflächen) behandelt die Antragsgegnerin bei der Flächensuche starr. Der Passus etwa, die Schutzabstände dienten der Vermeidung gegenseitiger negativer Einflüsse und wegen des nutzungsbedingten Schutzbedürfnisses sei ein gewisser Abstand erforderlich, mag dagegen (vorgezogene) abwägende Elemente beinhalten. Eine genaue (rechtliche) Zuordnung der Tabukriterien wird angesichts dessen im Ansatz nicht deutlich.

bb) Da es an der in der gegebenen Planungslage - wie erwähnt - aus materiellrechtlichen Gründen zu verlangenden Dokumentation der Abwägungskriterien "harte oder weiche Tabuzonen" fehlt und bereits daraus selbständig tragend ein Abwägungsfehler resultiert, kommt es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob die Antragsgegnerin die "Themenkomplexe zur Suchraumfindung" der Sache nach sämtlich als harte Suchkriterien behandeln durfte. Unter diese Prämisse könnte eine Dokumentationspflicht sich unter Umständen zumindest relativieren.

Darauf will die Antragsgegnerin in ihrem - durch den im vorliegenden Verfahren eingereichten Schriftsatz vom 13. Juni 2013 und in der mündlichen Verhandlung am 1. Juli 2013 bestätigten - Schriftsatz vom 25. Mai 2012 im Berufungszulassungsverfahren - 8 A 430/12 - hinaus, weshalb übrigens die gegenteilige Hypothese, die Antragsgegnerin habe evident nur mit weichen Tabukriterien operieren wollen bzw. dürfen, nicht in Betracht zu ziehen ist. Gegen diese Annahme von weichen Kriterien spricht auch die Aussage in der Planbegründung, unter den "Themenkomplexen zur Suchraumfindung" würden die den jeweiligen Ausschlussflächen zugeordneten Restriktionsflächen aufgeführt, die sich als Standorte einer Konzentrationszone für die Windenergienutzung nicht eigneten. Stützen lässt sich der Ansatz der Antragsgegnerin - nur harte Tabukriterien - auch auf die Aussage in der Planbegründung, auf der abschließenden Planungsstufe würden die Suchbereiche nach weiteren Teilaspekten, die der planerischen Abwägung unterlägen, auf ihre Eignung als Konzentrationszone für die Windenergienutzung untersucht. Dies lässt allein den Schluss zu, auf der vorherigen Stufe der Flächenauswahl habe die Antragsgegnerin keine für die Flächensuche relevante Abwägung durchgeführt. Folgerichtig fokussiert sich die "Findung geeigneter" Suchbereich der Antragsgegnerin dann auch auf die in der Planzeichnung Blatt Nr. 8 dargestellten "konfliktarmen Bereiche", die nach Abzug der übereinandergelegten Ausschluss- und Restriktionsflächen im Gemeindegebiet als Potentialflächen für die Windenergie übrigbleiben.

Die vorgenannte Sichtweise der Antragsgegnerin, sie habe lediglich "harte" Flächenfindungsleitlinien herangezogen und heranziehen dürfen ist aber in der Sache in wesentlicher Hinsicht unzutreffend, was wiederum selbständig tragend in einen Abwägungsfehler mündet. Insbesondere die Suchkriterien "Siedlungsraum", "Natur und Landschaft" und "Artenschutz" können in der konkreten Planungssituation nicht von vornherein und ohne Weiteres durchgängig zur Annahme harter Tabuzonen führen, in denen eine Windenergienutzung nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB schlechterdings nicht stattfinden kann bzw. darf. Dasselbe gilt für die darüber hinaus aus der Flächenfindung als prinzipiell ungeeignet ausgeklammerten isolierten, d. h. nicht arrondierungsfähigen Suchbereiche unterhalb einer Mindestgröße von 30 ha. Auch in Bezug auf diese Mindestgröße deutet die Planbegründung eher darauf, dass die Antragsgegnerin dieses Kriterium entgegen ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung als hartes Tabukriterium und nicht als der Abwägung zugängliches weiches aufgefasst hat.

Bei der Annahme harter Tabuzonen ist grundsätzlich Zurückhaltung geboten. Die Gemeinde muss im Blick behalten, dass eine von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sanktionierte Vollzugsunfähigkeit der Konzentrationszonenplanung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB - in harten Tabuzonen - nur dann gerechtfertigt ist, wenn das angenommene - zur harten Tabuzone leitende - tatsächliche oder rechtliche Hindernis für die Realisierung der Planung nicht noch absehbar auf einer nachfolgenden Zulassungsebene überwunden werden kann, es also zwangsläufig und auf Dauer eintreten wird.

Vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287 = BRS 65 Nr. 95 = juris Rn. 17 und Rn. 20 (speziell im Hinblick auf die Berücksichtigung naturschutzrechtlicher Befreiungsmöglichkeiten bei der Darstellung von Vorrangzonen für Windkraftanlagen); dies betont auch OVG Rh.-Pf., Urteil vom 16. Mai 2013 - 1 C 11003/12 -, juris Rn. 43 ff. mit dem Hinweis auf die Abweichungsmöglichkeit des § 34 Abs. 3 BNatSchG; ähnlich im Ansatz OVG Berl.-Bbg., Urteil vom 24. Februar 2011 - OVG 2 A 2.09 -, NuR 2011, 794 = juris Rn. 62 und Rn. 64 (Vorinstanz zu BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 CN 1.11 -, DVBl. 2013, 507 = juris).

Diese Rechtsfolge ist schon allgemein in der Bauleitplanung tendenziell selten. Speziell bei der Flächennutzungsplanung ist sie aber im Ausgangspunkt auch aus weitergehenden Gründen die - wenn auch durch die unmittelbar wirkende positive wie negative Standortzuweisungsentscheidung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB relativierte - Ausnahme. Denn der Flächennutzungsplan weist grundsätzlich ebenenspezifisch ein grobmaschiges Raster auf, das noch auf Verfeinerung auf nachgelagerter Planungs- und Einzelzulassungsebene angelegt ist.

Vgl. allgemein zum Charakter von Flächennutzungsplänen: BVerwG, Urteil vom 18. August 2005 - 4 C 13.04 -, BVerwGE 124, 132 = BRS 69 Nr. 32 = juris Rn. 31 ff., Beschluss vom 12. Februar 2003 - 4 BN 9.03 -, BRS 66 Nr. 43 = juris Rn. 4, Urteil vom 11. März 1988 - 4 C 56.84 -, BRS 48 Nr. 8 = juris Rn. 19.

Mit dieser generellen Charakteristik von Flächennutzungsplänen lassen sich auch Vorrangflächen/Konzentrationszonen für die Windenergie beschreiben, deren Ausnutzung erst durch Bebauungspläne und/oder Genehmigungen im Einzelnen weiter ausgestaltet wird. Auf diesen konkreteren Zulassungsebenen können eventuelle Verwirklichungshindernisse meistens durch die dort zur Verfügung stehenden rechtlichen (Fein-)Steuerungsinstrumente ausgeräumt werden.

Aufbauend auf diese Gedanken werden zu den harten Tabuzonen eines Gemeindegebiets regelmäßig nur Flächen mit offensichtlich zu geringer Windhöffigkeit, besiedelte Splittersiedlungen im Außenbereich als solche, zusammenhängende Waldflächen, Verkehrswege und andere Infrastrukturanlagen selbst, strikte militärische Schutzbereiche, Naturschutzgebiete (§ 23 BNatSchG), Nationalparke und Nationale Naturmonumente (§ 24 BNatSchG), Biosphärenreservate (§ 25 BNatSchG) und gesetzlich geschützte Biotope (§ 32 BNatSchG) zählen können. Darüber hinaus können unter Umständen je nach Planungssituation wohl Landschaftsschutzgebiete (§ 26 BNatSchG) sowie Natura 2000-Gebiete (§ 31 ff. BNatSchG; FFH-Gebiete) als harte Tabuzonen behandelt werden.

Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 20. November 2012 - 8 A 252/10 -, NuR 2013, 146 = juris Rn. 54; OVG Berl.-Bbg., Urteil vom 24. Februar 2011 - OVG 2 A 2.09 -, NuR 2011, 794 = juris Rn. 62 f.; mit etwas anderem Akzent bei den FFH-Gebieten auch OVG Rh.-Pf., Urteil vom 16. Mai 2013 - 1 C 11003/12 -, juris Rn. 43 ff.

Von dieser (restriktiven) rechtlichen Basis aus kann die Antragsgegnerin sich nicht darauf zurückziehen, sie habe bei der Bestimmung der Restriktionsflächen gezielt exklusiv mit harten Tabuzonen gearbeitet und ihre Suchkriterien dabei auch rechtlich korrekt als harte, indisponible eingeordnet.

(1) Dies gilt zuerst für die immissionsschutzrechtlich motivierten Mindestabstände zu Siedlungsbereichen, welche die Antragsgegnerin als Ausschluss- und Restriktionsflächen in ihre Flächenauswahl aufgenommen hat.

Immissionsschutzrechtlich begründete Mindestabstände zu Siedlungsbereichen sind in der Regel dem Spektrum weicher Tabuzonen zuzurechnen, jedenfalls wenn sie zumindest auch der Verwirklichung des Vorsorgegrundsatzes des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG dienen. Immissionsschutzrechtlich bedingte harte Tabuzonen können nur ausnahmsweise solche Flächen sein, in denen der Betrieb von Windkraftanlagen absehbar unüberwindbar - zwangsläufig und auf Dauer - zum Nachteil der Nachbarschaft gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG - oder gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme - verstoßen wird. Um dies festzustellen, kann die Gemeinde nicht regelhaft pauschal auf Mindestabstände zu Siedlungsflächen zurückgreifen und diese als harte Tabuzonen klassifizieren. Mindestabstände als solche sagen über die konkrete immissionsschutzrechtliche Realisierbarkeit einer Windenergienutzung in der Regel nichts Entscheidendes aus.

Vgl. insoweit OVG Rh.-Pf., Urteil vom 16. Mai 2013 - 1 C 11003/12 -, juris Rn. 38; Bay. VGH, Beschluss vom 21. Januar 2013 - 22 CS 12.2297 -, juris Rn. 24; OVG Berl.-Bbg., Urteil vom 24. Februar 2011 - OVG 2 A 2.09 -, NuR 2011, 794 = juris Rn. 65.

Die Antragsgegnerin ist jedoch - auch nach dem Vorbringen im Schriftsatz vom 13. Juni 2013 und in der mündlichen Verhandlung am 1. Juli 2013 - von dem Gegenteil ausgegangen. Wie aus der Planbegründung hervorgeht, hat die Antragsgegnerin Siedlungsflächen als Ausschlussflächen definiert und um diese in Anlehnung an den Windenergie-Erlass Mindestabstände als (harte) Restriktionsflächen gelegt (siehe dazu auch die Planzeichnung Blatt Nr. 2). Namentlich zu den Abständen von 700 m in Hauptwindrichtung und 400 m in Nebenwindrichtung um Wohnbauflächen, Mischbauflächen und "Siedlungsstrukturen" hat die Antragsgegnerin dargelegt, diese würden für alle der genannten Siedlungsbereiche angesetzt, weil die Empfindlichkeit gegenüber windkraftanlagenspezifischen Immissionen in allen diesen Kategorien ähnlich sei. Damit bewegt sich die Antragsgegnerin im Bereich der Immissionsvorsorge zur - ausdrücklich angestrebten - vorfeldartigen Konfliktvermeidung und zum Erhalt gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse. Dass in den angelegten Restriktionsflächen eine Windenergienutzung jedoch absehbar zwingend auf Dauer nicht nachbarrechtskonform gelingen kann, folgt daraus nicht. Entsprechendes greift Platz für die generalisierten Restriktionsflächenabstände um die Ausschlussflächen Sonderbauflächen, gewerbliche Bauflächen und Außenbereichsbebauung/Einzelgehöfte/Einzelhäuser.

Vgl. im Übrigen zur Kritik an schematisch auf die konkrete Planungssituation übertragenen Mindestabständen: BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2008 - 4 CN 2.07 -, BRS 73 Nr. 94 = juris Rn. 16.

(2) Parallel zum Vorstehenden durfte die Antragsgegnerin die Ausschluss- und Restriktionsflächen in den "Themenkomplexen Natur und Landschaft" sowie "Artenschutz/planungsrelevante Arten" nicht unterschiedslos als harte Tabuzonen handhaben.

Genauso wenig wie immissionsschutzrechtlich generierte Mindestabstände um Siedlungsgebiete kann die planende Gemeinde Sicherheitsabstände etwa um FFH-Gebiete oder Vogelschutzgebiete pauschal - aus Vorsorgegründen - als harte Tabuzone qualifizieren.

Vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 16. Mai 2013 - 1 C 11003/12 -, juris Rn. 48 f.; Nds. OVG, Urteil vom 22. November 2012 - 12 LB 64/11 -, NuR 2013, 196 = juris Rn. 42 (zum "zweispurigen" Vorgehen bei der Einordnung von Vogelschutzgebieten).

Des Weiteren muss die Darstellung von Konzentrationszonen für die Windkraft nicht notwendigerweise auf Dauer an rechtlichen Hindernissen scheitern, wenn sie planungsrelevante geschützte Tierarten berührt. Weder ist der Flächennutzungsplan für sich genommen eine Tathandlung im Sinne des Verbotstatbestands des § 44 Abs. 1 BNatSchG, was mit seiner oben angesprochenen grobmaschigen rechtlichen Struktur zusammenhängt,

vgl. insofern auch OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2012 - 10 D 47/10.NE -, BauR 2012, 1898 = juris Rn. 60,

noch begründen die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG losgelöst davon ohne weitere Zwischenschritte die Vollzugsunfähigkeit des Flächennutzungsplans. Die Gemeinde kann - wie auch sonst in der Bauleitplanung - auch bei der Darstellung von Vorrangflächen für die Windenergie in eine natur- und artenschutzrechtliche Ausnahme- oder Befreiungslage hineinplanen. § 45 Abs. 7 BNatSchG bietet dafür eine Ausnahmemöglichkeit, § 67 Abs. 2 BNatSchG eine Befreiungsmöglichkeit.

Vgl. in diesem Zusammenhang nochmals BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287 = BRS 65 Nr. 95 = juris Rn. 20; OVG NRW, Urteil vom 4. Juli 2012 - 10 D 47/10.NE -, BauR 2012, 1898 = juris Rn. 60.

All dies steht der Behandlung der "Themenkomplexen Natur und Landschaft" und "Artenschutz/planungsrelevante Arten" als harte Tabuzonen entgegen.

Ist bereits die allgemeine, vorbehaltlose Festlegung von Vogelschutzgebieten, Naturschutzgebieten, Landschaftschutzgebieten, FFH-Gebieten und von Biotopen als strikte Ausschlussflächen problematisch, wenn man - wie die Antragsgegnerin - nicht die jeweiligen potentiellen Ausnahme- und Befreiungsinstrumente (auch etwa gemäß § 62 Abs. 2 LG NRW hinsichtlich Biotopen) mitbedenkt, so funktioniert jedenfalls die pauschale Inrechnungstellung verschiedener Mindestabstände als Restriktionsflächen (siehe dazu die Planzeichnung Blatt Nr. 3) nicht als harte, nicht wegwägbare Orientierungshilfe für eine Tabuzone. Die Antragsgegnerin bewegt sich auch hier rein im Feld der Konfliktvorsorge, das bei § 1 Abs. 7 BauGB zum Tragen kommt, nicht bei § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.

Im Hinblick auf die planungsrelevanten Arten (siehe zu den diesbezüglichen Ausschluss- und Restriktionsflächen S. 15 der Planbegründung und die Planzeichnung Blatt Nr. 6) hat die Antragsgegnerin weder dargelegt noch ist anderweit ersichtlich, inwiefern bereits durch die Darstellung von Konzentrationszonen der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 BNatSchG absehbar zwangsläufig verwirklicht würde bzw. ob für alle oder einzelne der zugrunde gelegten Ausschluss- und Restriktionsflächen eine Ausnahme- oder Befreiungslage gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG/§ 67 Abs. 2 BNatSchG bestehen kann. Statt dessen hat die Antragsgegnerin sich "zur Vermeidung von artenschutzrechtlichen Konfliktpotentialen" im Wesentlichen an den fachlichen Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten aus dem Jahr 2007 ausgerichtet, die das LANUV NRW als "Stand der Technik" akzeptiert habe. Auch wenn dieser Ansatz für sich genommen als Eingabedatum für die Abwägung methodisch korrekt sein kann, berechtigt er nicht dazu, diese Empfehlungen als unabdingbare Ausschlussparameter für die Skizzierung von Vorrangflächen für die Windkraft zu implementieren. In gewisser Weise betreibt die Antragsgegnerin auch hier Konfliktvorsorge, was sie aber zur Feststellung § 1 Abs. 3 BauGB zuzuordnender artenschutzrechtlicher Unvereinbarkeiten auf der Ebene des Flächennutzungsplans nicht befugt. Vielmehr sind diese artenschutzrechtlichen Belange (nur) Teil der Abwägung der Flächenfindung.

(3) Schließlich durfte die Antragsgegnerin nicht die von ihr ermittelten nicht arrondierungsfähigen "konfliktarmen Bereiche" unterhalb einer Mindestgröße von 30 ha als harte Tabuzonen klassifizieren.

Dass die Antragsgegnerin das Mindestgrößenkriterium als weiches angesehen hat, lässt sich der Planbegründung nicht entnehmen. Auch wenn in die Bestimmung der 30 ha-Grenze möglicherweise auch im Vorfeld abwägende Überlegungen eingeflossen sind wie die Erwägungen zum Flächenbedarf einer wirtschaftlich zu betreibenden Windkraftanlage, scheidet die Planbegründung aus ihrer Sicht zu kleine und isolierte Standorte andererseits von vornherein und ausnahmslos als "ungeeignet" aus der Flächensuche aus. Dies ist das Kennzeichen einer harten Tabuzone.

Zwar können Mindestgrößen in die Flächensuche für Konzentrationszonen grundsätzlich eingestellt werden, weil die Windenergienutzung unterhalb einer bestimmten Mindestgröße ineffizient sein kann.

Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2010 - 4 C 7.09 -, BVerwGE 137, 74 = BRS 76 Nr. 103 = juris Rn. 28; Sächs. OVG, Urteil vom 10. November 2011 - 1 C 17/09 -, juris Rn. 56; Nds. OVG, Urteil vom 9. Oktober 2008 - 12 KN 35/07 -, ZfBR 2009, 150 = juris Rn. 22.

Allerdings durfte die Antragsgegnerin die von ihr angesetzte Mindestgröße in der gegebenen Planungssituation nicht wie ein hartes Ausschlusskriterium in Rechnung stellen. Es mag sein, dass ein Windkraftanlagenstandort - wie die Antragsgegnerin annimmt - bei einem mittleren Rotordurchmesser von 70 m und bei bestimmten Mindestabständen der Windkraftanlagen voneinander regelmäßig einen Flächenbedarf von 10 ha hat.

Vgl. dazu auch OVG LSA, Urteil vom 26. Oktober 2011 - 2 L 6/09 -, NuR 2012, 196 = juris Rn. 41.

Dies allein trägt aber noch nicht die Entscheidung, verbliebene nicht integrierte Suchbereiche von vornherein - als abwägungsfest, d. h. einer Abwägung nicht zugänglich - auszuschließen, die nach dieser Rechnung höchstens drei Windkraftanlagen Platz bieten würden. Die Antragsgegnerin nimmt damit in der Gestalt harter Tabuzonen eine verkappte Abwägungsentscheidung vorweg, weil die Ausklammerung dieser Bereiche nach der Planbegründung von der - abwägenden - Erwägung ausgeht, auf der vorbereitenden Bauleitplanungsebene solle einerseits der Flächenverbrauch so gering wie möglich gehalten und andererseits einer übermäßigen Standortverdichtung einzelner Windkraftanlagen innerhalb einer Konzentrationszone vorgebeugt werden. Auf diese Weise verschließt die Antragsgegnerin sich weiteren abwägungsrelevanten Gesichtspunkten, die sie wägen müsste, um angemessen entscheiden zu können, ob sie der Windenergienutzung in ihrem Gemeindegebiet substantiell Raum offenhält. Dazu zählt die Frage, ob es angesichts der verbleibenden (wenigen) Suchbereiche in ihrem Stadtgebiet notwendig sein könnte, auch kleinere isolierte Flächen als Vorrangflächen bereitzuhalten, in denen gegebenenfalls mehr als drei Windkraftanlagen unterhalb einer festzulegenden Maximalhöhe gebaut und wirtschaftlich betrieben werden könnten. Diesen Schritt zurück in die Abwägung geht die Antragsgegnerin mit den "konfliktarmen Bereichen", die kleiner als 30 ha sind, nicht und zieht ihn auch nicht in Betracht.

b) Der Fehler im Abwägungsvorgang ist gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB beachtlich.

Gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des Baugesetzbuchs für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. § 214 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB sieht vor, dass Fehler im Abwägungsvorgang nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

Ein Fehler im Abwägungsvorgang ist offensichtlich, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Rats über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist. Er ist auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre.

Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 CN 1.11 -, DVBl. 2013, 507 = juris Rn. 16, m. w. N.

Beides ist der Fall. Dass die Antragsgegnerin die Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen nicht dokumentiert hat, ist - wie gezeigt - objektiv unter Auswertung der Aufstellungsvorgänge feststellbar. Ebenso ist objektiv feststellbar, dass die von der Antragsgegnerin verwendeten Suchkriterien im Wesentlichen die Annahme harter Tabuzonen der Sache nach nicht tragen. Diese Fehler sind auf das Abwägungsergebnis offensichtlich von Einfluss gewesen, weil die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Antragsgegnerin mehr oder größere Vorrangflächen für die Windenergienutzung dargestellt hätte, wenn sie sich die Differenzierung zwischen harten und weichen Tabuzonen vor Augen geführt hätte. Sie wäre dann womöglich zu dem Resultat gelangt, dass der Windenergie in ihrem Gemeindegebiet mehr Platz eingeräumt werden muss, damit die Forderung der substantiellen Raumverschaffung erfüllt wird.

c) Die Antragstellerin hat den Fehler im Abwägungsvorgang innerhalb der - hier entsprechend § 31 Abs. 3 VwVfG NRW zu berechnenden - Jahresfrist des§ 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB mit dem Rügeschreiben vom 7. Mai 2012 hinreichend substantiiert gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht.

Der Rügende genügt den Substantiierungsanforderungen des § 215 Abs. 1 BauGB, wenn er den gerügten Mangel konkret und substantiiert darlegt. Die Darstellung des maßgebenden Sachverhalts durch ihn soll der Gemeinde begründeten Anlass geben, auf der Grundlage der Geltendmachung des Fehlers zu prüfen, ob sie in eine Fehlerbehebung in einem ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB eintreten soll. Das schließt eine nur pauschale Rüge aus.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. Januar 2012 - 4 BN 35.11 -, BauR 2013, 55 = juris Rn. 4, und vom 8. Mai 1995 - 4 NB 16.95 -, BRS 57 Nr. 51 = juris Rn. 9; OVG NRW, Urteil vom 7. Juli 2011 - 2 D 137/09.NE -, juris Rn. 56.

Das Rügeschreiben der Antragstellerin vom 7. Mai 2012 geht über eine bloß pauschale Rüge hinaus. Zwar benennt die Antragstellerin den Fehler im Abwägungsvorgang wegen der mangelnden Dokumentation harter und weicher Tabuzonen nicht ausdrücklich und punktgenau. Dies nimmt der Rüge aber nicht ihre hinreichende Substantiiertheit. Die Antragstellerin spricht - als nach § 214 Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB beachtlichen Fehler im Abwägungsvorgang - an, dass die Antragsgegnerin bei der Flächenfindung zu restriktiv vorgegangen sei und mehrere Abwägungsfehler begangen habe. Dabei kommt die Antragstellerin unter dem treffenden Gesamtstichwort "Substantielle Chance für die Windenergie" ausführlich auf die Mindestgröße der Flächen sowie auf die Auswahlkriterien der Antragsgegnerin zu sprechen. Auch der Aspekt der harten und weichen Tabuzonen wird in diesem Kontext genannt. Dies reicht aus, um der Antragsgegnerin einen konkreten Anstoß für die Überprüfung zu geben, an welchen Stellen die 77. Änderung fehlerhaft und nachbesserungsbedürftig sein könnte.

2. a) Des Weiteren ist ein beachtlicher Fehler im Abwägungsvorgang darin zu sehen, dass die Antragsgegnerin die Frage, ob die 77. Änderung der Windenergie in ihrem Gemeindegebiet substantiell Raum gibt, zuletzt allein anhand eines Vergleichs der von ihr ermittelten Potentialfläche von 524 ha mit der Größe der letztlich von ihr dargestellten Konzentrationszonen von insgesamt 269 ha beantwortet hat.

Zum einen ist dies - folgerichtig - abwägungsfehlerhaft, weil schon die Flächenfindung - wie unter 1. dargestellt - fehlerhaft war. Wegen der unterbliebenen bzw. im Kern rechtlich nicht haltbaren Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen konnte die Antragsgegnerin nicht angemessen entscheiden, ob sie der Windkraft genug Raum zur Verfügung stellt. Daran zeigt sich auch nochmals die Offensichtlichkeit dieses Fehlers und seine Beachtlichkeit gemäß § 214Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB.

Zum anderen führt das von der Antragsgegnerin für die Letztbewertung der "substantiellen Chance für die Windenergie" zugrunde gelegte Kriterium eines Flächenvergleichs der potentiell für die Windenergie geeigneten Flächen auch isoliert betrachtet auf einen Abwägungsfehler.

Ein allgemein verbindliches Modell für die Frage, anhand welcher Kriterien sich beantworten lässt, ob eine Konzentrationsflächenplanung nach § 35 Abs. 3Satz 3 BauGB für die Nutzung der Windenergie in substantieller Weise Raum schafft, gibt es nicht. Vielmehr ist diese Entscheidung den Tatsachengerichten nach den Umständen des Einzelfalls und örtlichen Gegebenheiten vorbehalten, die in eine Gesamtbetrachtung eingehen müssen. Verschiedene Herangehensweisen kommen dafür in Betracht (z. B. Betrachtung der Zahl und der Größe der Fläche, der Anzahl und der Energiemenge der Windkraftanlagen). Fest steht aber, dass sich diese Frage nicht ausschließlich nach dem Verhältnis zwischen der Größe der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsfläche und der Größe derjenigen Potentialflächen beantworten lässt, die sich nach Abzug der harten Tabuzonen von der Gesamtheit der gemeindlichen Außenbereichsflächen ergibt. Größenangaben sind isoliert betrachtet als Kriterium ungeeignet.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 CN 1.11 -, DVBl. 2013, 507 = juris Rn. 18 f.; siehe im Übrigen zu den in Frage kommenden Entscheidungskriterien im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung: BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2010 - 4 C 7.09 -, BVerwGE 137, 74 = BRS 76 Nr. 103 = juris Rn. 28, Beschlüsse vom 22. April 2010 - 4 B 68.09 -, juris Rn. 6 f., und vom 29. März 2010 - 4 BN 65.09 -, BRS 76 Nr. 104 = juris Rn. 5 ff.

So (einseitig) ist die Antragsgegnerin indessen verfahren, wie sich aus dem Resumee in der Planbegründung ergibt. Die Antragsgegnerin setzt sich damit dem Verdikt eines zusätzlichen selbständig tragenden Abwägungsfehlers aus.

Die abwägende Auseinandersetzung der Antragsgegnerin mit den Suchbereichen X. , C1. /X1. /I. , H. und H1. ersetzt die zu absolvierende Gesamtbetrachtung nach den Umständen des Einzelfalls und den örtlichen Gegebenheiten nicht. Das Für und Wider in Bezug auf die von der Antragsgegnerin in die engere Wahl genommenen Suchbereiche, in das neben artenschutzrechtlichen Belangen Belange des Luftverkehrs, Belange des Landschaftsschutzes sowie Belange der Förderung der Windkraft eingeflossen sind, hat nur interne Wirkung für diese Suchbereiche selbst. Ob die Gesamtheit der von der Antragsgegnerin abschließend positiv dargestellten Konzentrationszonen eine substantielle Raumverschaffung für die Windkraft ist, kann auf diese Weise nicht beurteilt werden.

b) Auch der letztgenannte Fehler ist, soweit man ihn noch dem Abwägungsvorgang zurechnet, gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Hs. 2 BauGB beachtlich. Die Antragstellerin hat ihn innerhalb der Frist des § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB gerügt. Es ist offensichtlich, dass die Antragsgegnerin konkret zu einem anderen Abwägungsergebnis hätte kommen können, wenn sie sich die Frage, ob die 77. Änderung der Windenergienutzung substantiell Raum zuweist, im Rahmen einer weiter gefassten Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung der besonderen örtlichen Gegebenheiten und der weiteren Einzelfallumstände gestellt hätte. Dies hat die Antragstellerin auch am Ende ihres Rügeschreibens vom 7. Mai 2012 inhaltlich moniert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

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