LAG Hamm, Urteil vom 16.01.2013 - 2 Sa 1150/11
Fundstelle
openJur 2013, 29531
  • Rkr:
Tenor

Das Versäumnisurteil vom 21.11.2012 wird aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 17.06.2011 - 4 Ca 57/11 - zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis des Klägers in der Berufungsverhandlung vom 21.11.2012 entstanden und von diesem zu tragen sind.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Restvergütungsansprüche des Klägers, wobei zwischen ihnen hauptsächlich die Frage streitig ist, ob die Beklagte zur Weitergabe der Tariflohnerhöhungen verpflichtet ist.

Der am 19.09.1954 geborene Kläger und verheiratete Kläger, der keine Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern hat, ist seit dem 01.04.1979 bei der Beklagten als Mitarbeiter in der technischen Abteilung, zuletzt auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 30.06.1999 (Bl. 20 d.A.) tätig. Dieser Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 2

Herr M1 erhält eine Vergütung nach Lohngruppe IV, Stundenlohn z.Z. DM 24,05 brutto.

§ 3

Die vertragsschließenden Parteien sind sich darüber einig, dass sich sowohl alle übrigen Rechte als auch die Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis nach den Bestimmungen der für die Halle M2 jeweils gültigen Betriebsvereinbarung richten, die somit Grundlage dieses Arbeitsvertrages ist."

Die Beklagte ist mit der Durchführung von Veranstaltungsaufgaben, insbesondere Tagungen, Kongressen, öffentlichen Veranstaltungen und Festen, Märkten sowie Ausstellungen und Messen befasst. Die Beklagte, bei der ein Betriebsrat gewählt ist, könnte aufgrund der mehrheitlichen Beteiligung der Stadt M3 nach § 3 Nr. 1 b der Satzung des Kommunalen Arbeitgeberverbandes NRW (KAV NW) Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes sein.

Die in den einzelnen Arbeitsverträgen erwähnten Betriebsvereinbarungen enthielten seit vielen Jahren Regelungen zum Inhalt der Arbeitsverhältnisse der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer. Zuletzt schlossen die Betriebsparteien insoweit am 08.02.2001 eine Betriebsvereinbarung, die u.a. folgende Regelung enthält:

"§ 2

Anwendung von Tarifverträgen

1. Soweit in dieser Vereinbarung keine besonderen Regelungen getroffen sind, werden Bestimmungen der Tarifverträge BAT und BMT-G in der Fassung vom 01.08.2000 sowie NGG in der Fassung vom 01.01.1995 auf die Beschäftigungsverhältnisse wie folgt angewandt:

A. Mitarbeiter/innen im Verwaltungs- und gewerblichtechnischen Bereich:

a) Angestellte (BAT)

...

b) Arbeiter (BMT-G)

Der § 4 (Arbeitsvertrag, Nebenabreden), § 5 (Probezeit), § 8 (Vergütung), § 9 (Allgemeine Pflichten), § 10 (Ärztliche Untersuchung), § 11 (Nebenbeschäftigungen), § 11 a (Personalakten), § 18 (Arbeitsversäumnis), § 28 (Sicherung des Lohnstandes bei Leistungsminderung), § 29 (Lohnfortzahlung bei persönlicher Arbeitsverhinderung), § 32 (1) (hier nur Reisekostenvergütung), § 36 (Forderungsübergang bei Dritthaftung), § 39 (Sterbegeld), § 40 (Beihilfen), §§ 41 - 48 (Erholungsurlaub, Sonderurlaub), §§ 49 und 51 und §§ 53 - 57 (Beendigung des Arbeitsverhältnisses), §§ 58 - 60 (Übergangsgeld), § 63 (Ausschlussfrist) und § 67 (Begriffsbestimmung des Bundesmantel-Tarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltung und Betriebe (BMT-G)."

Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 53 - 63 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Bis September 2005 gewährte die Beklagte im Ergebnis sämtliche Tariflohnerhöhungen nach dem BAT bzw. BMT-G den danach bzw. in "Anlehnung danach" vergüteten Beschäftigten, wobei die zum 01.05.2004 vereinbarten Tariflohnerhöhungen von der Beklagten erst mit Wirkung zum 01.07.2004 gewährt wurden.

Mit Schreiben an den Betriebsratsvorsitzen vom 15.08.2005 (Bl. 337) teilte die Beklagte mit, dass die Mitarbeiter, die bisher in Anlehnung an den BAT bzw. BMT-G eingruppiert waren, ab dem 01.01.2005 in Anlehnung an den TVöD eingruppiert und entlohnt würden.

Am 05.10.2010 fand bei der Beklagten die in dem Schreiben an den Betriebsratsvorsitzenden vom 15.08.2005 erwähnte Mitarbeiterversammlung statt, in der die Geschäftsführerin der Beklagten, Frau Dr. P1, mitteilte, dass die Mitarbeiter der Beklagten nunmehr eine Vergütung nach dem TVöD erhalten würden. Ob den Beschäftigten der Beklagten letztlich die Unterrichtung über den TVöD mit Powerpoint-Präsentation gezeigt wurde oder ob diese Präsentation lediglich dem Betriebsrat vorgeführt wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Wegen der Einzelheiten dieser Powerpoint-Präsentation wird auf Bl. 21, 22 d.A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 20.10.2005 teilte die Beklagte dem Kläger folgendes mit:

"Seit dem 01.Oktober 2005 ist der BMTG in den TVöD übergeleitet worden.

Entsprechend werden sie am 01. Oktober 2005 in Anlehnung an den TVöD in die

Entgeltgruppe 6/Stufe 6

eingruppiert.

Für im September 2005 berücksichtigte Kinder werden die kinderbezogenen Entgeltbestandteile des BMTG in der für September 2005 zustehenden Höhe als Besitzstandszulage fortgezahlt."

Nach der Umstellung der Vergütungsberechnung auf den TVöD gewährt die Beklagten weder die für den öffentlichen Dienst vereinbarten Tariflohnerhöhungen noch berücksichtigt sie die im TVöD geregelten Stufenaufstiege.

Mit Schreiben vom 21.02.2007 wies die Beklagte ihre Mitarbeiter darauf hin, dass Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch einen Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein könnten, weshalb die bisherige Betriebsvereinbarung nichtig sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 21.02.2007 wird auf Bl. 94 d.A. Bezug genommen.

Nachdem u.a. der Kläger mit Schreiben vom 27.09.2010 (Bl. 96 d.A.) ohne Erfolg die "Anwendung der Ergebnisse der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst vom 27. Februar 2010" auf sein Arbeitsverhältnis beantragte, hat er am 07.01.2011 die streitgegenständliche Zahlungsklage erhoben, die der Beklagten am 13.01.2011 zugestellt wurde.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei der auszulegenden Regelung des § 2 des Arbeitsvertrages handele es sich um eine dynamische Inbezugnahme der Tarifentgelte und der tariflichen Stufenaufstiegssystematik des TVöD. Das folge insbesondere daraus, dass im nächsten Satz der tarifliche Stundenlohn mit "zur Zeit" benannt sei. Mit der Vereinbarung einer Vergütung durch Nennung einer genau bezeichneten tariflichen Vergütungsgruppe in einem Arbeitsvertrag hätten die Parteien eine konstitutive Regelung geschaffen, die die Teilnahme an zukünftigen Tariferhöhungen einschließe, die auch bei den Sonderzahlungen zu berücksichtigen seien. Hätte die Beklagte in dem Arbeitsvertrag mit ihm die Tarifentgelte des BMTG lediglich statisch und damit in der zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehenden Höhe in Bezug nehmen wollen, hätte sie dies ausdrücklich klarstellen müssen.

Dementsprechend habe er auf der Grundlage seines Arbeitsvertrages einen Anspruch auf eine tarifliche Vergütung nach dem TVöD in der jeweils geltenden Fassung. Dieser Anspruch schließe zum einen die Weitergabe von Erhöhungen des Tarifentgelts und zum anderen auch die Weitergabe der tariflichen Einmalzahlung für das Jahr 2009 ein, die als pauschale Erhöhung der Vergütung zu qualifizieren sei, ein.

Für das Jahr 2008 stünde ihm danach ein Stundenlohn in Höhe von 14,42 €, für das Jahr 2009 in Höhe von 14,82 € und für das Jahr 2010 ein solcher von 15,00 € zu.

Der erhöhte Lohnanspruch für das Jahr 2007 in Höhe von 14,42 € stehe ihm aufgrund der Tariferhöhung um 3,1 % zum 01.01.2008, für das Jahr 2009 auf 14,82 € aufgrund der Tariflohnerhöhung um 2,8 % zum 01.01.2009 und der Stundenlohn für das Jahr 2010 von 15,00 € aufgrund einer Tariflohnerhöhung um 1,2 % zum 01.01.2010 zu.

Da die Beklagte alle Zahlungen - unstreitig - ausgehend von einem Bruttostundenlohn von jeweils mit 13,69 € erbracht habe, stünden ihm die geltend gemachten Differenzansprüche auch bezogen auf die Jahressonderzahlungen für die Jahre 2008, 2009 und 2010 zu.

Der Kläger hat darüber die Auffassung vertreten, die Ansprüche seien nicht verfallen. Im Arbeitsvertrag sei eine Verfallklausel nicht vereinbart. Es sei nicht der gesamte TVöD, sondern nur die Vergütungsordnung in Bezug genommen. Auf eine Betriebsvereinbarung könne sich die Beklagte bei Verfallfristen nach § 77 Abs. 3 BetrVG nicht berufen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für das Jahr 2008 1.653,71 € brutto sowie weitere 56,18 € an steuerfreien Zuschlägen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für das Jahr 2009 2.691,40 € brutto sowie weitere 77,89 € an steuerfreien Zuschlägen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2010 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für das Jahr 2010 2.581,80 € brutto sowie weitere 86,66 € an steuerfreien Zuschlägen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche schon deswegen nicht zu, weil sie nicht tarifgebunden sei und § 2 des Arbeitsvertrages lediglich eine statische Bezugnahme auf die vereinbarte Vergütung enthalte. Demensprechend könne der Kläger keine Tariflohnerhöhungen verlangen. Auf eine betriebliche Übung könne sich der Kläger nicht berufen, weil diese im Bereich des öffentlichen Dienstes, dem sie zuzurechnen sei, nur eingeschränkt gelte und auch im Übrigen selbst bei langjähriger Weitergabe der Tariflohnerhöhungen nur beim Vorliegen besonderer Umstände zu einem Anspruch auf künftige Lohnerhöhungen führen könne.

Davon unabhängig stünden dem Kläger Vergütungsansprüche, die länger als 6 Monate vor Klageerhebung fällig geworden seien, schon wegen des Ablaufs der tariflichen Verfallfrist des § 63 BMT-G nicht zu, da diese tarifliche Bestimmung aufgrund des § 2 der Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 anwendbar sei. Zumindest sei die insoweit unwirksame Regelung in einer Betriebsvereinbarung in eine einzelvertragliche Regelung umzudeuten.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17.06.2011 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei berechtigt, die Forderung geltend zu machen, weil über sein Vermögen kein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Der durch das Insolvenzgericht festgestellte Schuldenbereinigungsplan habe die Wirkung eines Vergleichs im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, was bedeute, dass der Kläger Inhaber seiner Forderungen bleibe und diese auch im Aktivprozess verfolgen könne.

Die Klage sei auch begründet, weil dem Kläger die geltend gemachten Restvergütungsansprüche aus § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag zustünden. Die Regelung in dem schriftlichen Arbeitsvertrag, dass der Kläger eine Vergütung nach der Lohngruppe IV erhalte, sei nach §§ 133, 157 BGB entgegen der Ansicht der Beklagten als eine sogenannte dynamische Bezugnahmeklausel auszulegen, was insbesondere auch durch die Formulierung "der Stundenlohn beträgt z.Z. 24,05 Euro brutto" zum Ausdruck komme. Denn durch diese Angabe werde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass gerade keine statische Vereinbarung eines Stundenlohnes zu einem bestimmten Zeitpunkt gewollt gewesen sei, sondern dass sich dieser Stundenlohn entsprechend der ebenfalls konkret genannten Lohngruppe eines bestimmten Tarifvertrages habe entwickeln sollen. Etwas Anderes folge entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aus der Entscheidung des BAG vom 09.02.2005 (5 AZR 284/04), da in dem dort vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall gerade nicht darauf hingewiesen worden sei, dass der Lohn sich "z.Z." auf einen bestimmten Betrag belaufe. Vielmehr sei in dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall lediglich ein fester Betrag vereinbart worden, ohne dass eine Dynamik zum Ausdruck gebracht worden sei. Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das jeweils geltend tarifliche Regelwerk folge auch der Wille der Vertragsparteien, die Arbeitsbedingungen nicht in einer bestimmten Weise festzuschreiben, sondern sie dynamisch an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst auszurichten. Da die Tarifvertragsparteien im Bereich des öffentlichen Dienstes die vormaligen tariflichen Regeln nicht mehr für angemessen erachtet und die Tarifwerke durch den neuen TVöD ersetzt hätten, könne angesichts der arbeitsvertraglichen Regelung nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsvertragsparteien bei der vorliegenden dynamischen Bezugnahmeklausel die weitere Tarifentwicklung nicht haben nachvollziehen wollen. Für die Annahme, die Parteien hätten die weitere Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst nicht nachvollzogen und damit eine im Ergebnis "eingefrorene" Regelung in Bezug genommen, bedürfe es regelmäßig weiterer und nachhaltiger Gesichtspunkte, die im vorliegenden Fall nicht gegeben seien. Die beabsichtigte Dynamik werde ungeachtet des Wortlauts des Arbeitsvertrages gerade auch seitens der Beklagten selbst dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie im Jahre 2005 als der BAT bzw. BMT-G durch den TVöD ersetzt worden sei, den Kläger in den TVöD "übergeleitet" und ihm seine Entgeltgruppe mit der Entgeltgruppe 6 Stufe 6 mitgeteilt habe. Damit habe die Beklagte gerade selbst zum Ausdruck gebracht, dass nicht die Regelung aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag abschließend gewesen sei, sondern dass sie die Bezugnahmeklausel selbst dynamisch verstanden habe. Denn anderenfalls hätte es einer Überleitung in das Vergütungssystem des TVöD gar nicht bedurft. Aufgrund der dynamischen Bezugnahmeklausel sei die Beklagte verpflichtet, die entsprechenden Tariflohnerhöhungen im öffentlichen Dienst an den Kläger weiterzugeben. Zu diesen Tariflohnerhöhungen gehöre auch die Einmalzahlung für das Jahr 2009, die im Rahmen von Tariflohnerhöhungen durch die Tarifvertragsparteien vereinbart worden sei. Denn hierbei handele es sich um pauschalierte Vergütungserhöhung, die die zuvor ausgebliebene Erhöhung haben kompensieren sollen.

Die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche seien auch nicht nach tarifvertraglichen Regelungen verfallen. Dabei könne es dahingestellt bleiben, ob die Anwendung tariflicher Verfallfristen in der Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 überhaupt wirksam vereinbart worden sei, da die Beklagte mit Schreiben vom 21.02.2007 mitgeteilt habe, dass sie sich nicht mehr an diese Betriebsvereinbarung gebunden sehe. In diesem Fall könne sie sich im vorliegenden Verfahren nicht auf die dort in Bezug genommenen tariflichen Verfallfristen berufen.

Gegen das am 27.06.2011 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 25.07.2011 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.09.2011 am 26.09.2011 begründet. Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens insbesondere vor, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass § 2 des Arbeitsvertrages eine dynamische Bezugnahme auf die Vergütungsregelung des TVöD darstelle. Dabei sei zwar einzuräumen, dass der Wortlaut des Arbeitsvertrages Anhaltspunkte für die Annahme einer kleinen dynamischen Bezugnahme bieten könne. Dieses Ergebnis könne jedoch nicht mehr nach Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles angenommen werden. Denn insoweit müssen neben der fehlenden Tarifbindung der Beklagten berücksichtigt werden, dass zumindest seit dem Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 unbeschadet deren Wirksamkeit nach dem Willen der Betriebsparteien und damit auch der Arbeitsvertragsparteien das tarifliche Eingruppierungsrecht gerade nicht mehr habe gelten sollen. Denn die Betriebsvereinbarung, auf die im Arbeitsvertrag ausdrücklich Bezug genommen werde, verdeutliche den Willen der Betriebsparteien und damit auch den der Arbeitsvertragsparteien, dass hinsichtlich der Vergütung ein eigenes Recht habe gelten sollen und eine Anwendung tariflicher Regelungen nur insoweit gewollte gewesen sei, als dies die Betriebsparteien und die Arbeitsvertragsparteien einvernehmlich vorgesehen hätten. Die Tatsache, dass die Beklagte im Jahr 2005 eine Überleitung in den TVöD vorgenommen habe, bedeute nicht, dass eine dynamische Bezugnahme gewollt gewesen sei. Vielmehr folge daraus lediglich, dass sie in dem Umfang, indem sie bisher den BAT/BMT-G in Bezug genommen habe, diese Bezugnahme als durch den TVöD ohne dynamische Geltung als ersetzt angesehen habe. Der Umstand, dass sie in der Vergangenheit Tariflohnerhöhungen gewährt und sich insoweit an die Tariflohnerhöhung für den öffentlichen Dienst orientiert habe, könne keinen Rückschluss auf die Auslegung des Arbeitsvertrages geben, zumal sie durchgehend bei der Tariflohnerhöhung darauf hingewiesen habe, dass es sich um eine freiwillige Erhöhung der Bezüge handele und auch bei mehrmaliger Wiederholung kein Rechtsanspruch bestehe. Darüber hinaus müsse auch berücksichtigt werden, dass bereits am 01.01.1992 eine Betriebsvereinbarung in Kraft getreten sei, aus der folge, dass das tarifliche Eingruppierungs- und Vergütungsrecht nicht zu den geltenden Bestimmungen gehört habe, was ebenfalls deutlich den wirklichen Willen der Betriebs- und Arbeitsvertragsparteien unterstreiche. Da die Nichtgeltung des tariflichen Eingruppierungsrechts aus den Betriebsvereinbarungen ersichtlich sei und jedem Beschäftigten bekannt gewesen sein müsste, könne jedenfalls nach Berücksichtigung dieses Umstandes nicht mehr im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung davon ausgegangen werden, dass die Vergütungsregelungen des TVöD in der jeweils gültigen Fassung anwendbar seien.

Unabhängig von der Verpflichtung zur Weitergabe der Tariflohnerhöhungen und zur Zahlung der Einmalzahlung für das Jahr 2009 seien die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche jedenfalls verfallen, weil das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass eine tarifliche Verfallfrist keine Anwendung finde. Denn das Arbeitsgericht hat jedenfalls übersehen, dass zumindest die isolierte Geltung der tariflichen Verfallfristen nach dem Inhalt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung nicht ausgeschlossen, sondern vom Willen der Arbeitsvertragsparteien gedeckt gewesen sei. Für die Geltung der Verfallfristen komme es auf die Frage der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung und der unterschiedlichen Verlautbarung der Betriebsparteien zu dieser Frage nicht maßgeblich an, wenn der Inhalt der Betriebsvereinbarung und damit auch die Inbezugnahme der tariflichen Verfallfrist individualrechtlicher Bestandteil geworden sei, weil die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung erkannt und diese gleichwohl weiterhin angewandt worden sei. Die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche seien insoweit überhöht, als sie auf der Grundlage einer 38,5-Stunden-Woche geltend gemacht worden seien, während die tarifliche Vergütung seit Juli 2008 von einer 39-Stunden-Woche ausging, so dass die tarifliche Vergütung nicht "1:1" übernommen werden könne, sondern um den Faktor "0,5:39" zu reduzieren sei.

Nachdem der Kläger in der Berufungsverhandlung vom 21.1.2012 keinen Antrag gestellt hat, ist seine Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Münster vom 17.06.2011 durch ein Versäumnisurteil abgewiesen worden. Gegen dieses am 23.11.2011 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger am 30.11.2011 Einspruch unter Hinweis darauf eingelegt, dass die die T1 AG ihn ermächtigt habe, die streitgegenständlichen Ansprüche insgesamt im eigenen Namen geltend zu machen. Außerdem hat der Kläger mit Schriftsatz vom 05.12.2012 eine "Freigabeerklärung" der T1 vom 30.11.2012 (Bl. 441 d.A.) eingereicht.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz zu der Frage der Aktivlegitimation verspätet sei, da es außerhalb der Fristen des § 56 ArbGG liege und bereits in der ersten Instanz hätte vorgetragen werden können. Darüber hinaus lägen die Voraussetzungen für die gewillkürte Prozessstandschaft des Klägers wegen seiner Vermögenslosigkeit nicht vor.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil vom 21.12.2012 aufrechtzuerhalten.

Der Kläger beantragt

das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21.12.2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 17.06.2011 - 4 Ca 57/11 zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für die gewillkürte Prozessstandschaft schon deswegen vorlägen, weil diese im Falle der vorliegenden Sicherungszession nur in Missbrauchsfällen unzulässig sei, der nicht vorliege. Seiner Aktivlegitimation stehe auch nicht der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Coesfeld vom 12.01.2007 entgegen, da dieser wegen der vorrangigen Sicherungszession zugunsten der T1 AG vom 12.09.2005 ins Leere gegangen sei. Das Vorbringen zur Aktivlegitimation sei entgegen der Ansicht der Beklagten schon deswegen nicht verspätet, weil sie erst im Berufungsverfahren das Schreiben der T1 AG vom 25.01.2007 vorgelegt habe.

In der Sache verteidigt der Kläger unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens das Urteil des Arbeitsgerichts. Er ist insbesondere der Ansicht, dass das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen sei, dass § 2 des Arbeitsvertrages dahingehend auszulegen sei, dass ihm die Vergütung nach dem TVöD einschließlich der geltend gemachten Entgeltstufe zustehe. Darüber hinaus ist der Kläger der Ansicht, dass ihm unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Vergütungsregelung in § 2 des Arbeitsvertrages ein Anspruch auf Weitergabe der Tariflohnerhöhung sowie der tariflichen Einmalzahlung für das Jahr 2009 zustehe, weil die Beklagte in dem Schreiben vom 15.08.2005 an den Betriebsrat den Mitarbeitern der Bereiche Verwaltung und Technik sogar ausdrücklich zugesagt habe, dass diese ab dem 01.10.2005 "in Anlehnung an den TVöD eingruppiert und entlohnt" würden. Die Geschäftsführerin der Beklagten habe auch in einer Mitarbeiterversammlung am 05.10.2005 ausdrücklich erklärt, dass diese Mitarbeiter eine Vergütung nach dem TVöD erhalten würden. Im Rahmen dieser Mitarbeiterversammlung sei von der Beklagten eine Powerpoint-Präsentation gezeigt worden, welche unter anderem auch die unterschiedlichen Stufen der jeweiligen Entgeltgruppen zum Gegenstand gehabt habe. Darüber hinaus sei bei den Beispielen zur Überleitung vom BAT bzw. BMT-G in den TVöD jeweils auch ausdrücklich auf die nach dem TVöD erreichbare Endstufe innerhalb der Vergütungsgruppe hingewiesen worden. Hinzu komme, dass die Beklagte auch in der Anlage zu ihrem Schreiben vom 20.10.2005 ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass ihm ab dem 01.10.2007 ein Vergütungsanspruch nach der Entgeltgruppe 13, Stufe 6 des TVöD zustehen werde, was mehr als deutlich zum Ausdruck bringe, dass dem Kläger die geltend gemachten Zahlungsansprüche zustünden. Soweit die Beklagte erstmals mit der Berufungsbegründung die Höhe der geltend gemachten Zahlungsansprüche gerügt habe, sei dieses Vorbringe zum einen verspätet. Im Übrigen folge auch aus dem Schreiben der Beklagten vom 20.10.2005, dass dem Kläger die mitgeteilte Monatsbruttovergütung im Hinblick auf die arbeitsvertraglich zwischen den Parteien vereinbarte Stundenzahl zustehe. Da die Beklagte die in dem Schreiben vom 20.10.2005 genannte Bruttomonatsvergütung an den Kläger tatsächlich vor dem Hintergrund der im Bereich der Verwaltung geltenden 38,5-Stunden-Woche zur Auszahlung gebracht habe, sei die geltend gemachte Höhe nicht zu beanstanden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das am 23.11.20112 zugestellte Versäumnisurteil vom 21.12.2012 war daher auf den zulässigen Einspruch des Klägers vom 30.11.2012 aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass dem Kläger die streitgegenständlichen Ansprüche aus § 611 BGB i.V.m. § 3 des Arbeitsvertrages zustehen, deren Höhe in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist, soweit sie nicht von der Erhöhung der Arbeitszeit durch den TVöD von 38,5 auch 39 Wochenstunden abhängig sind.

I.

Die Berufung der Beklagten ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht bereits wegen fehlender Aktivlegitimation des Klägers begründet. Denn der Kläger war berechtigt, die streitgegenständlichen Forderungen im eigenen Namen geltend zu machen.

Der Kläger hat zwar am 12.09.2005 zur Sicherung eines Darlehens die monatlich pfändbaren Teile seiner Nettobezüge an die Darlehensgeberin, die T1 AG abgetreten, was diese am 25.01.2007 gegenüber der Beklagten offengelegt hat mit der Folge, dass der Kläger im Umfang der Abtretung keine Aktivlegitimation hatte, und was sich aufgrund des Schuldenbereinigungsplanes vom 03.07.2008 auch nicht verändert hat. Denn der Schuldenbereinigungsplan hat zwar die Wirkung eines Vergleichs im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, was die festgestellte Hauptforderung betrifft, aber keine Auswirkung auf die Sicherheiten, die die Hauptforderung betreffen. Vielmehr hängt der Fortbestand der ursprünglich vorhandenen Sicherheiten von den im Rahmen des Schuldenbereinigungsplanes aufgrund der insoweit bestehenden Vertragsfreiheit getroffenen Vereinbarungen ab (vgl. Ott/Vuia im Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Auflage, 2008, § 305 InsO Rdnr. 17, 57; Ahrens in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 4. Auflage, 2010, § 83 InsO Rdnr. 22; Uhlenbrock/Vallender § 308 InsO Rdnr. 17 ff., 13. Aufl., 2010; Kübler/Prütting/Bork § 308 InsO Rdnr. 5 ff., Stand Februar 2013). Da die Darlehensforderung der T1 AG nach dem Schuldenbereinigungsplan zwar reduziert wurde, aber weiterhin gesichert blieb, fehlte dem Kläger an sich im Umfang der monatlich pfändbaren Teile seiner Nettobezüge zunächst die Aktivlegitimation, die ihm aber aufgrund der "Freigabeerklärung" der T1 AG vom 30.11.2012 in vollem Umfang wieder zustand. Denn der Kläger wurde von der T1 AG mit Schreiben vom 30.11.2012 ermächtigt, die in den streitgegenständlichen Forderungen enthaltenen pfändbaren Beträge im eigenen Namen in dem vorliegenden Verfahren gerichtlich geltend zu machen, was zulässig ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der die Kammer folgt, kann der Gläubiger einer Forderung grundsätzlich einen Dritten ermächtigen, die Forderung in eigenem Namen geltend zu machen (vgl. BAG, Urt. v. 19.03.2008 - 5 AZR 432/07, NZA 2008, 900; BGH, Urteil vom 15.05.2003 - 9 ZR 218/02, NZI 2003, 496). Das insoweit erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse des klagenden Arbeitnehmers kann regelmäßig dann nicht verneint werden, wenn er in Prozessstandschaft ein an sich zur Insolvenzmasse gehörendes Recht geltend macht (vgl. BAG, Urt. v. 19.03.1987 - 19.03.1987 - III ZR 2/86, NJW 1987, 2018 und OLG Hamm, Urt. v. 09.07.1992 - 17 U 69/91, WM 1992, 1649). Wegen der gleichen Interessenlage gilt dies auch dann, wenn - wie hier - der Arbeitnehmer, der von einem Schuldenbereinigungsplan betroffen ist, Restvergütungsansprüche gegen den Arbeitgeber, die an sich von einer Sicherungsabtretung erfasst sind, aufgrund einer ausdrücklichen Ermächtigung im eigenen Namen geltend macht.

Die Beklagte macht auch zu Unrecht geltend, dass die Vorlage der "Ermächtigung" der T1 erst mit der Einspruchsschrift und damit verspätet erfolgt ist.

Durch den zulässigen Einspruch wird der Prozess in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Säumnis in der mündlichen Verhandlung befand, § 342 ZPO. Das einmal verspätete Vorbringen bleibt zwar damit verspätet. Jedoch fehlt es an der für eine Zurückweisung erforderlichen Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits, wenn - wie hier - aufgrund der grds. zulässigen sog. Flucht in die Säumnis - in dem auf den Einspruch anzuberaumenden Termin zur mündlichen Verhandlung, § 341a ZPO - die verspätet vorgebrachten Verteidigungsmittel berücksichtigt werden können (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2001 - IX ZR 19/99, NJW 2002, 290; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting § 59 Rdnr. 36, 7. Aufl., 2009 m.w.N.)

II.

Das Arbeitsgericht hat dabei zunächst zu Recht angenommen, dass § 2 des Arbeitsvertrages hinsichtlich der Vergütung eine dynamische Verweisung auf die Entgeltgruppe 6 des TVöD einschließlich der Entwicklungsstufen enthält. Das Vorbringen der Beklagten dazu einschließlich der in der Berufungsinstanz vorgetragenen Einwände rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

1. Der Arbeitsvertrag der Parteien selbst enthält keine Globalverweisung auf den BMT-G bzw. den TVöD, was zwischen den Parteien auch unstreitig ist.

Ob und gegebenenfalls inwieweit aufgrund der Bezugnahme in § 3 des Arbeitsvertrages auf die jeweils gültigen Betriebsvereinbarungen eine Bezugnahme auf einzelne Bestimmungen des TVöD angenommen werden kann, kann offen bleiben, da die letzte Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 auf die Vergütungsregelungen des TVöD gerade nicht verweist. Vielmehr regelt der Arbeitsvertrag in § 2 nur, dass sich die Vergütung nach der Lohngruppe IV richtet, was insoweit lediglich eine punktuelle Bezugnahme auf diese Vergütungsregelung des BMT-G darstellt.

2. Die punktuelle Bezugnahmeregelung in § 2 des Arbeitsvertrages ist entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nach einer vorzunehmenden Vertragsauslegung als eine dynamische Verweisung auf die Entgeltgruppe 6 des TVöD einschließlich der Entwicklungsstufen zu verstehen.

a. Der Arbeitsvertrag vom 30.06.1999 ist ein Formularvertrag, sodass dessen Bestimmungen Allgemeine Geschäftsbedingungen sind. Diese Regelungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Dies gilt auch für einzelvertragliche Verweisungsklauseln (vgl. BAG, Urt. v. 15.06.2011 - 4 AZR 563/09, juris; Urt. v. 19.05.2010 - 4 AZR 796/08, NZA 2010, 1183; Urt. vom 16.12.2009 - 5 AZR 888/08, NZA 2010, 401).

aa. Ob ausgehend von diesen Kriterien die Bezugnahmeregelung in § 2 des Arbeitsvertrages bereits nach ihrem Wortlaut als eine eindeutige dynamische Bezugnahmeklausel anzusehen ist, wovon offensichtlich das Arbeitsgericht ausgegangen ist mit der Folge, dass wegen eines eindeutigen Auslegungsergebnisses ein Rückgriff auf die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB ausgeschlossen ist, kann offen bleiben. Denn dieses Auslegungsergebnis ist jedenfalls nach Berücksichtigung der Unklarheitsregel des § 305 c Abs. 2 BGB auch dann anzunehmen, wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass auch nach Ausschöpfung aller anerkannten Auslegungsmethoden eine eindeutige Auslegung des § 2 des Arbeitsvertrages im Sinne einer dynamischen Bezugnahmeklausel nicht möglich ist. Nach der von der Rechtsprechung unter Berücksichtigung von § 305 c Abs. 2 BGB entwickelten Zweifelsfallregelung ist bei Formularverträgen zu Lasten des Arbeitgebers von einer zeitdynamischen Verweisung auf Tarifverträge auszugehen (vgl. BAG, Urt. v. 20.04.2012 - 9 AZR 504/10, NZA 2012, 982; Urt. v. 18.05.2011 - 5 AZR 213/09, ZTR 2011, 564; Urt. v. 09.11.2005 - 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202).

Der Umstand, dass der schriftliche Arbeitsvertrag zwischen den Parteien noch vor der am 01.01.2002 in Kraft getretenen Schuldrechtsreform abgeschlossen worden ist, steht der Anwendbarkeit der Unklarheitsregel - abgesehen vom Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB, nach dem die §§ 305 ff. BGB i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. 11. 2001 auf Dauerschuldverhältnisse aus Altverträgen mit Wirkung ab dem 1. 1. 2003 anwendbar sind - auch schon deswegen nicht entgegen, weil Grundgedanke der Unklarheitenregel des früher geltenden § 5 AGBG von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung im Rahmen der Kontrolle formularmäßiger Arbeitsvertragsbedingungen anerkannt gewesen ist (vgl. dazu BAG, Urt. v. 17.01.2006 - 9 AZR 41/05, BB 2006, 2532; Urt. v. 10.12.2008 - 10 AZR 1/08, NZA-RR 2009, 576).

Davon ausgehend ist anzunehmen, dass § 2 des Arbeitsvertrages hinsichtlich der Vergütung eine zeitdynamische Verweisung auf die Lohngruppe IV BMT-G einschließlich der Lebensaltersstufen enthält.

bb. Der Wortlaut des § 2 des Arbeitsvertrags enthält jedenfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine statische Verweisung in dem Sinne, dass sich die Vergütung nach der Lohngruppe IV in einer bestimmten Fassung richten soll.

(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten reicht zur Annahme einer statischen Verweisung nicht das Fehlen des Zusatzes "in seiner jeweiligen Fassung" aus. In § 2 des Arbeitsvertrags wird kein bestimmter Tarifvertrag konkret nach Datum und Gegenstand eindeutig bezeichnet. Dies wäre jedoch typisch für eine statische Verweisung (vgl. dazu BAG, Urt. v. 20.04.2012 - 9 AZR 504/10, NZA 2012, 982; Urt. v. 19.09. 2007 - 4 AZR 710/06, AP BGB § 133 Nr. 54). Der Wortlaut des Vertrags enthält auch sonst keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine statische Verweisung.

Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass das Bundesarbeitsgericht in dem von ihr zitierten Urteil vom 09.02.2005 (5 AZR 284/04) entschieden hat, dass die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die erstmalige Einstufung in eine bestimmte Gehaltsgruppe des Manteltarifvertrags und die Zusage einer tariflich abgesicherten Leistungszulage bei konkreter Angabe der jeweiligen Beträge nichts für die Frage einer dynamischen Anpassung an die jeweilige tarifliche Gehaltsentwicklung besage. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Angabe einer bestimmten Gehaltsgruppe unter Nennung eines bestimmten Geldbetrages der Annahme einer kleinen dynamischen Bezugnahme auf die einschlägige tarifliche Vergütungsregelung entgegen steht. Denn zum einen haben die Arbeitsvertragsparteien in der o.g. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Arbeitsvertrag die Einstufung des Klägers in die Gehaltsgruppe IV/1 Gruppenjahr unter Nennung des Betrages von 3.829,00 DM vereinbart und lediglich auf den Manteltarifvertrag Bezug genommen, nicht dagegen auf die einschlägigen Entgelttarifverträge, die ebenfalls existierten. Zum anderen hat das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 09.11.2005 (5 AZR 128/05) festgestellt, dass die Formulierung im Arbeitsvertrag "Der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung" in Verbindung mit der Benennung einer bestimmten Vergütungsgruppe/Stufe nicht eindeutig ist, da sie mangels einer entgegenstehenden Bestimmung eine Verweisung auf das jeweilige Entgelt der betreffenden Entgeltgruppe darstellen kann. Die den tariflichen Vergütungsbestandteilen zugeordneten Zahlbeträge sollen dann nur über das bei Vertragsabschluss aktuelle Vergütungsniveau informieren. Gemeint sein kann aber (unter Bezugnahme auf die von der Beklagten zitierte Entscheidung vom 09.02.2005) auch die bloße Zuordnung zu einer tariflichen Gehaltsgruppe, ohne dass damit etwas zur Frage der dynamischen Anpassung an die jeweilige tarifliche Gehaltsentwicklung ausgesagt wird. Ausgehend von der Unklarheitsregel des § 305 c Abs. 2 BGB ist im Zweifel daher eine zeitdynamische Verweisung anzunehmen, denn in der Regel wird die Vergütung in Entgelttarifverträgen für den Arbeitnehmer verbessert und nicht verschlechtert (vgl. BAG, Urt. v. 09.11.2005 - 5 AZR 128/05, NZA 2006, 202; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17.01.2007 - 10 Sa 641/06, juris; LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 28.04.2011 - 21 Sa 77/10, juris).

Der Einwand der Beklagten, dass dieser Annahme der Umstand entgegen stehe, dass der Stundenlohn festgelegt worden ist und der Zusatz "z.Z." nur klarstellende Bedeutung habe, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Vielmehr zeigt gerade der Umstand, dass in § 2 des Arbeitsvertrages der Stundenlohn nicht nur mit einem festen Betrag, sondern verbunden mit dem Zusatz "z. Z." angegeben wurde, dass die Beklagte lediglich eine Auskunft über die Höhe des im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Stundenlohnes erteilt hat. Sollte dieser Lohn auf Dauer fest vereinbart worden sein und künftigen Änderungen bei Tariflohnerhöhungen nicht unterliegen, so wäre der Zusatz "z. Z." nicht verständlich.

Für die Annahme einer dynamischen Bezugnahme hinsichtlich der Vergütung auf die Lohngruppe IV des BMT-G spricht auch, die eigene Vertragspraxis der Beklagten.

Denn die Beklagte selbst hat bis einschließlich 2005, wenn auch im Jahr 2004 mit einer zeitlichen Verzögerung, die tariflichen Tariflohnerhöhungen weiter gegeben und den Kläger im Jahr 2005 entsprechend der Mitteilung vom 20.10.2005 in den TVöD übergeleitet hat, ohne dass der Kläger dies auch nur geltend gemacht hat. Für die tatsächlich vorgenommene Überleitung in den TVöD bestünde überhaupt keine Veranlassung, wenn der Formulararbeitsvertrag des Klägers nur eine feste Vergütungsvereinbarung und keine dynamische Bezugnahme enthielte. Denn in diesem Fall wäre nichts überzuleiten, sondern lediglich das weiter anzuwenden, was nach Ansicht der Beklagten fest vereinbart wurde, nämlich Zahlung eines festvereinbarten Lohnes.

Die Vertragspraxis kann aber jedenfalls dann zur Auslegung einer Formularklausel herangezogen werden, wenn sie - wie hier - Rückschlüsse auf den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Erklärungswillen der Parteien zulassen (vgl. BAG, Urt. v. 16.06.2010 - 4 AZR 924/08, ZTR 2010, 642; Urt. v. 15.03.2006 - 4 AZR 132/05, AP Nr. 2 AP Nr. 9 zu § 2 TVG Firmentarifvertrag).

Soweit die Beklagte geltend macht, dass die Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 auf die tariflichen Vergütungsvorschriften gerade nicht verweist, kann daraus ebenfalls nichts dafür gewonnen werden, dass keine dynamische Bezugnahme im § 2 des Arbeitsvertrages vereinbart worden ist. Denn die Vergütung sollte nach dem eindeutigen Inhalt des Arbeitsvertrages gerade nicht durch die Betriebsvereinbarung, sondern ausschließlich individualrechtlich geregelt werden. Dementsprechend enthält auch der sehr knappe Arbeitsvertrag in § 2 eine individualrechtliche Regelung der Vergütung und in § 3 eine Bezugnahme auf die im Betrieb der Beklagten geltenden gültigen Betriebsvereinbarungen, die wegen individualrechtlicher Regelung der Vergütung in § 2 des Arbeitsvertrages folgerichtig auch keine konstitutive Verweisung auf tarifliche Vergütungsregelungen bzw. das tarifliche Eingruppierungsrecht enthalten und wegen § 77 Abs. 3 BetrVG auch keine wirksamen Regelungen bzw. Verweisungen enthalten könnten.

Das Vorbringen der Beklagten, in der Berufungsinstanz, dass der Bezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrages keine dynamische Bezugnahme auf den BMT-G entnommen werden könne, rechtfertigt schon deswegen keine abweichende Beurteilung, weil zum einen die von der Beklagten als Begründung dazu angeführte Anlage 1 zu der Betriebsvereinbarung vom 01.08.2001 aus dem Jahr 2004 stammt und schon deshalb keinen Aussagewert für die Auslegung der Bezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrages vom 30.06.1999 haben kann, der früher abgeschlossen wurde. Zum anderen trägt die Beklagte gerade selbst auf S. 10 der Berufungsbegründung vor, dass - was auch zutreffend ist - die Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 auf das tarifliche Eingruppierungsrecht, insbesondere die Vorschriften des BAT und des BMT-G "in ausdrücklicher Abkehr von dem Inhalt der des § 7 der Betriebsvereinbarung vom 01.01.1992" gerade nicht Bezug nimmt, sodass insoweit nicht nachvollziehbar ist, wieso im § 2 des Arbeitsvertrages keine Bezugnahme auf die Lohngruppe IV des BMT-G, sondern "an eine Anlage zu einer Betriebsvereinbarung" enthalten sein soll. Dies gilt umso mehr, als selbst in der Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 1992, die durch die Betriebsvereinbarung vom 01.08.2001 abgelöst worden ist - unabhängig von ihrer Vereinbarkeit mit § 77 Abs. 3 BetrVG während ihrer Geltungsdauer - wiederholt auf den BMT-G bzw. den BAT Bezug genommen wird und die Beklagte auch in der "Überleitungsmitteilung" auf eine Überleitung des BMT-G in den TVöD sowie eine Eingruppierung in die Entgeltsgruppe 6 des TVöD hinweist, was nicht verständlich wäre, wenn der Kläger nicht zuvor eine Vergütung nach BMT-G bekäme.

(2) Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass des § 2 des Arbeitsvertrages keine Bezugnahme auf die Regelungen des TVöD enthält. Insoweit ist jedoch die Bezugnahmeklausel nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt im Wege der ergänzenden Auslegung dahin gehend auszulegen, dass die Bezugnahme sich auf den Tarifvertrag erstreckt, der an die Stelle des im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tarifvertrages getreten ist, vorliegend also der TVöD (vgl. dazu BAG, Urt. v. 18.04.2012 - 4 AZR 392/10, NZA 2012, 1171; Urt. v. 18.05.2011 - 5 AZR 213/09, ZTR 2011, 564; Urt. v. 09.06.2010 - 5 AZR 637/09, EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 50).

Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz geltend macht, dass das Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung nach Berücksichtigung der Einzelfallumstände jedenfalls keine Anwendung der Vergütung nach dem TVöD sein könne, so spricht dagegen zum einen schon das eigene Verhalten der Beklagten, die den Kläger von sich aus in den TVöD übergeleitet hat, was grundsätzlich nur dann folgerichtig ist, wenn sie selbst davon ausgegangen ist, dass die Bezugnahmeklausel des § 2 TVöD dahingehend zu verstehen ist, dass an die Stelle der in Bezug genommen Vergütungsregelungen des BMT-G der TVöD getreten ist. Zum anderen ist der Hinweis der Beklagten auf die Betriebsvereinbarung vom 01.08.2001 jedenfalls deswegen nicht ganz nachvollziehbar, weil die Betriebsvereinbarung gerade keine Regelungen zur Vergütung enthält und auch nicht enthalten könnte.

Aus alldem folgt, dass dem Kläger die geltend gemachten Restvergütungsansprüche bezogen auf die Tariflohnerhöhungen ab 2008, die Sonderzahlungen für die Jahre 2008, 2009 und 2010 im vollen Umfang zustehen, deren Höhe jedenfalls in der Berufungsinstanz nicht mehr streitig war.

3. Schließlich steht dem Kläger auch der geltend gemachte Anspruch auf die Einmalzahlung für das Jahr 2009 zu, weil es sich dabei um keine Sonderzahlung, sondern um pauschalierte Vergütungserhöhungen handelt, die von der Bezugnahmeklausel des § 2 des Arbeitsvertrages erfasst sind.

Soweit keine Konkretisierung im Arbeitsvertrag erfolgt, erfasst der Begriff Vergütung alle finanziellen Leistungen des Arbeitgebers, die das in Bezug genommene tarifliche Regelungswerk als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorsieht. Eine Erhöhung des tariflichen Entgelts setzt nicht zwingend eine "tabellenwirksame" Erhöhung der tariflichen Vergütungsbestandteile voraus. Sie kann auch in Form einer pauschalen Einmalzahlung erfolgen. Die zeitdynamische Verweisung umfasst daher auch tarifliche "Einmalzahlungen", die an die Stelle einer (prozentualen) Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten.

Der Begriff "Einmalzahlung" wird tariflich sowohl zur Kennzeichnung einer von der konkreten Gegenleistung unabhängigen Sonderzahlung als auch als Bezeichnung einer pauschalierten Entgelterhöhung für einen bestimmten Zeitraum verwandt. Welche Art der Vergütung im Einzelfall vorliegt, muss durch Auslegung des Tarifvertrags ermittelt werden. Die Einmalzahlung kann als Gegenleistung pauschal, eventuell nachträglich, für mehrere Lohnzahlungsperioden vorgesehen sein und führt dadurch nicht zur Sonderzahlung. Dabei sind - ausgehend vom Tarifwortlaut - der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen (vgl. BAG, Urt. v. 23.03.2012 - 5 AZR 153/10, AP Nr. 87 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifverträge; Urt. v. 15.11.2011 - 5 AZR 213/09, ZTR 2011, 564; Urt. v. 10.11.2010 - 5 AZR 633/09, ZTR 2011, 150).

Hinsichtlich der Einmalzahlung für das Jahr 2007 handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts um eine pauschalierte Vergütungserhöhung, die die im Jahr 2006/7 ausgebliebene Erhöhung der Vergütung- bzw. Entgelttabellen kompensieren sollte und keine von einem unmittelbaren Gegenleistungsbezug unabhängige Sonderzahlung (vgl. BAG, Urteil vom 18.05.2011 - 5 AZR 213/09, ZTR 2011, 564; Urt. v. 23.03.2012 - 5 AZR 153/10, AP Nr. 87 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifverträge; Urt. v. 10.06.2009 - 4 AZR 194/08, ZTR 2010, 154). Das Gleiche gilt nach Auffassung der Kammer auch für die Einmalzahlung in Höhe von 225 € für das Jahr 2009, da es sich bei dieser Einmalzahlung ebenfalls um eine pauschalierte Vergütungserhöhung handelt, die zur Vergütung im Sinne des § 2 des Arbeitsvertrages zählt. Dies folgt aus ihrer systematischen Stellung im Tarifvertrag selbst, da die Einmalzahlung als Nr. 2 unter der Regelung "I Erhöhung der Entgelte" geregelt ist (vgl. LAG Hessen, Urteil vom 03.09.2010 - 19 Sa 2011/99, juris für Einmalzahlung 2009 und Sächsisches LAG, Urt. 05.07.2012 - 9 Sa 638/11, juris für Einmalzahlung 2011, Rev., Az. 10 AZR 767/12).

4. Die Beklagte ist entgegen ihrer Ansicht auch zu einer ungekürzten Zahlung der Differenzbeträge verpflichtet, darf also keine Abzüge im Hinblick auf die Erhöhung der Arbeitszeit auf 39 Wochenstunden nach § 6 TVöD vornehmen.

a. Haben die nicht tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien die Vergütung in einem Vollzeitarbeitsverhältnis nach einer bestimmten tariflichen Vergütungsgruppe vereinbart, ohne den Umfang der Arbeitszeit selbst zu regeln, ist jedenfalls mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass auch die tariflich geltende Arbeitszeit geschuldet wird. Denn es kann nicht angenommen werden, dass der Arbeitnehmer bei einer Bezugnahme auf eine tarifliche Vergütung, die Gegenleistung für eine tarifliche Arbeitszeit darstellt, besser gestellt werden sollte, als der tariflich gebundene Arbeitnehmer, der die tarifliche Arbeitszeit schuldet. Dementsprechend schuldete auch der Kläger eine Arbeitsleistung von 39 Stunden pro Woche. Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass die Beklagte den Kläger zunächst einseitig in den TVöD übergeleitet hat, ohne auf die verlängerte Arbeitszeit hinzuweisen. Denn mit der "Überleitung" wollte die Beklagte offensichtlich nur der Ablösung des BMT-G bzw. des BAT durch den TVöD Rechnung tragen, also einen "Normvollzug" vornehmen, nicht aber die Arbeitszeit des Klägers in Abänderung des TVöD verkürzen. Die nach § 39 TVöD verlängerte Arbeitszeit gilt dementsprechend auch dann, wenn in einem Arbeitsvertrag hinsichtlich der Vergütung auf den BAT bzw. BMT-G verwiesen wird, der im Wege der Tarifsukzession durch den TVöD ersetzt wird (vgl. BAG, Urt. v. 23.03.2011 - 10 AZR 831/09, NZA 2012, 396; Sächsisches LAG, Urt. v. 23.08.2012 - 9 Sa 104/12, juris, Rev. 5 AZR 935/12). Von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden gehen auch beide Parteien übereinstimmend aus.

b. Der Kläger hat zwar nicht die geschuldete wöchentliche Arbeitszeit von 39,00 Stunden, sondern lediglich 38,5 Stunden pro Woche gearbeitet. Dies führt jedoch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht dazu, dass die Ansprüche des Klägers zeitanteilig entsprechend zu kürzen sind.

Im bestehenden Arbeitsverhältnis gilt zwar grundsätzlich der Grundsatz, dass Lohn nur für tatsächlich geleistete Dienste zu zahlen ist, so dass Vergütungsansprüche trotz fehlender Arbeitsleistung des Arbeitnehmers einer besonderen Rechtfertigung bedürfen (vgl. BAG, Urteil vom 18.04.2012 - 5 AZR 248/11, NZA 2012, 998). Vorliegend folgt diese Rechtfertigung aus § 615 BGB, wonach der Arbeitgeber die vertraglich vereinbarte Vergütung während des Annahmeverzuges fortzuzahlen hat. Denn die Beklagte befand sich mit der Annahme der Arbeitsleistung im Umfang der zeitlichen Differenz von 0,5 Stunden pro Woche in Annahmeverzug.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, setzt die Begründung des Annahmeverzuges des Arbeitgebers im bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich ein tatsächliches Arbeitsangebot des Arbeitnehmers voraus (vgl. BAG, Urteil vom 07.11.2002 - 2 AZR 742/00, NJW 2003, 3219). Vorliegend hat zwar der Kläger nach der Überleitung seiner Vergütung auf den TVöD seine Arbeitsleistung im Umfang der um 0,5 Stunden erhöhten wöchentlichen Arbeitszeit nicht tatsächlich angeboten. Dies war jedoch nach Ansicht der Kammer zur Begründung des Annahmeverzuges im vorliegenden Fall jedoch nicht erforderlich. Vielmehr ist die Beklagte nach Auffassung der Berufungskammer auch entsprechend § 296 BGB ohne ein Arbeitsangebot des Klägers in Annahmeverzug geraten.

Nach dieser Bestimmung gerät der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in Annahmeverzug im Sinne der §§ 293 ff. BGB, obwohl der Arbeitnehmer die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbracht hat, wenn der Arbeitgeber die ihm obliegende Mitwirkungshandlung nicht vorgenommen hat. Ob und gegebenenfalls unter welchen Fällen der Arbeitgeber im bestehenden Arbeitsverhältnis in Annahmeverzug im Hinblick auf § 296 BGB gerät, wenn er den Arbeitnehmer bei grundsätzlicher flexibler Arbeitszeit in den erstellten Schichtplänen nicht zur Arbeit einteilt und ihm keine Arbeit zuweist, kann dahingestellt bleiben (vgl. dazu BAG, Urt. 26.01.2011 - 5 AZR 819/09, NJW 2011, 1693; Urt. v. 08.10.2008 - 5 AZR 715/07, EzA § 615 BGB 2002 Nr. 27; LAG Niedersachsen, Urt. v. 29.04.2005 - 16 Sa 1330/04, NZA-RR 2005, 589). Denn der Annahmeverzug des Arbeitgebers im Hinblick auf § 296 BGB ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn - wie im vorliegenden Fall - aufgrund einer tariflichen Änderung des Umfangs der Arbeitszeit die tariflichen Änderungen vom Arbeitgeber erst umgesetzt und bei einer Einteilung in die Schichtpläne entsprechend berücksichtigt werden müssen. Insoweit ist für die Bestimmung des Umfangs der Arbeitszeit eine Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers erforderlich, so dass dieser Fall nicht mit den Fällen vergleichbar ist, in denen der Arbeitnehmer bei an sich festgelegten, aber nicht angenommener Arbeit kein Arbeitsangebot abgibt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer hinsichtlich der Vergütung in den TVöD aufgrund einer ausdrücklichen Mitteilung "überleitet", ohne die Änderung der Arbeitszeit zu erwähnen und diese bei den nachfolgenden Schichtplänen zu berücksichtigen.

6. Die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche sind entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht wegen Ablaufs der tariflichen Verfallfrist des § 37 TVöD verfallen, weil die Anwendbarkeit einer tariflichen Verfallfrist nicht wirksam vereinbart worden ist.

a. Der Arbeitsvertrag selbst verweist nicht unmittelbar auf tarifliche Verfallfristen.

b. In § 3 des Arbeitsvertrages wird zwar auf die im Betrieb der Beklagten geltenden Betriebsvereinbarungen und damit auch auf die Betriebsvereinbarung vom 08.02.2001 Bezug genommen, die auf die tariflichen Verfallfristen des § 63 BMTG bzw. § 70 BAT verweist, an deren Stelle § 37 TVöD getreten ist. Die Regelung der Anwendbarkeit von Tarifnormen in einer Betriebsvereinbarung ist jedoch im vorliegenden Fall wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam.

Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte oder sonstige Arbeitsbedingungen, die Gegenstand eines Tarifvertrages sind oder üblicherweise tariflich geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.

Mangels Tarifbindung der Beklagten gilt zwar in ihrem Betrieb kein Tarifvertrag mit normativer Wirkung. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG greift aber aufgrund der Tarifüblichkeit im Sinne des § 77 Abs. 3 BetrVG ein, weil die Beklagte satzungsgemäß Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes sein könnte, was zwischen den Parteien unstreitig ist.

Für die Anwendung der Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG kommt es auf eine Tarifbindung des Arbeitgebers grundsätzlich nicht an. Diese Vorschrift soll die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nach Artikel 9 Abs. 3 GG gewährleisten. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang bei der Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen abweichende noch auch nur ergänzende Betriebsvereinbarungen mit normativer Wirkung abschließen können. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie wird auch dann gestört, wenn nicht tarifgebundene Arbeitgeber kollektivrechtliche Konkurrenzregelung in Form von Betriebsvereinbarungen treffen können. Für das Bedürfnis nach betriebsnaher Regelungen stehen Firmenverträge als kollektivrechtliche Gestaltungsmittel zur Verfügung (vgl. BAG, Urt. v. 20.11.2001 - 1 AZR 12/01, EzA § 77 BetrVG 1972 Nr. 70; Beschl. v. 22.03.2005 - 1 ABR 64/03, NZA 2006, 383).

Die Tarifverträge, die vom Kommunalen Arbeitgeberverband abgeschlossen wurden und damit auch der BAT sowie der BMTG, bestimmen ihren Geltungsbereich weder durch die Angabe einer bestimmten Branche, noch durch die Benennung konkreter Unternehmen, sondern durch die Mitgliedschaft im tarifschließenden Arbeitgeberverband. Den Geltungsbereich eines Tarifvertrages im Sinne des § 4 Abs. 1 TVG in dieser Weise organisationsbezogen festzulegen, ist tarifrechtlich unbedenklich. Die Tarifvertragsparteien sind im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit bei der Festsetzung des Geltungsbereichs ihre Regelungen autonom. Auch einer auf die potentielle Mitgliedschaft bezogenen Festlegung des Geltungsbereichs stehen rechtliche Bedenken nicht entgegen. Dies gilt jedenfalls unter der Voraussetzung, dass die Satzung des Arbeitgeberverbandes nicht für jeden Arbeitgeber voraussetzungslos eine Beitrittsmöglichkeit vorsieht, sondern diese an bestimmte Kriterien knüpft, durch die der Kreis der potentiellen Mitglieder ähnlich wie durch das Erfordernis einer Branchenzugehörigkeit beschränkt wird. Zwar ergibt sich dann nicht unmittelbar aus dem Tarifvertrag selbst, welche Einzelunternehmen und Betriebe vom fachlichen Geltungsbereich erfasst werden; wer Mitglied des tarifschließenden Verbandes werden kann, ergibt sich jedoch aus der betreffenden Satzung. Mitgliedsschaftbezogene Festlegung des Geltungsbereiches eines Tarifvertrages und die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG schließen einander nicht aus, so dass für die Anwendung des § 77 Abs. 3 BetrVG auch auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber außerdem erforderlich ist, dass die Tarifvertragsparteien den Geltungsbereich eines mitgliedsschaftbezogenen Tarifvertrages auch auf potentielle Mitglieder erstrecken und nicht auf aktuelle Mitglieder beschränken wollen. Ohne deutliche Anhaltspunkte im Tarifvertrag selbst kann jedoch nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien durch die mitgliedschaftsbezogene Festlegung des Geltungsbereichs den durch § 77 Abs. 3 BetrVG gewährleisteten Geltungsanspruch des Tarifvertrages und ihre Tarifautonomie beschränken wollen. Anhaltspunkte dafür, dass der Anwendungsbereich des BAT bzw. des BMTG oder des TVöD lediglich auf aktuelle Mitglieder des Arbeitgeberverbandes beschränkt werden sollte, sind weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen worden. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG auch im Betrieb der Beklagten zu beachten war mit der Folge, dass die Vereinbarung der Geltung der tariflichen Verfallfristen durch eine Betriebsvereinbarung nicht zulässig war (vgl. zur Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 bei mitgliedschaftsbezogener Festlegung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrages BAG, Urteil 2 Sa 1114/11 26 vom 23.03.2011 - 4 AZR 268/09, AP Nr. 101 zu § 77 BetrVG 1972; Urteil vom 12.03.2008 - 10 AZR 256/07 -, AP Nr. 6 zu § 611 BGB; Urteil vom 22.03.2005 - 1 ABR 64/03 -, NZA 2006, 383). Unter die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG fallen dabei auch Betriebsvereinbarungen, die sich - wie die vorliegende - darauf beschränken, eine bestehende tarifliche Regelung unverändert zu übernehmen. Der Schutz der Tarifautonomie steht auch der Möglichkeit entgegen, durch Betriebsvereinbarung den Inhalt eines Tarifvertrages ganz oder teilweise unverändert zu übernehmen (vgl. BAG, Urteil vom 20.11.2001 - 1 AZR 12/01, NZA 2002, 872).

Die Anwendbarkeit der tariflichen Verfallfrist ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht daraus, dass die tariflichen Regelungen individualrechtlich gelten. Denn der Arbeitsvertrag selbst regelt lediglich in § 2 die Vergütung und verweist in § 3 konstitutiv auf die im Betrieb der Beklagten geltenden gültigen Betriebsvereinbarungen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass individualrechtlich gerade keine Geltung der tariflichen Bestimmung vereinbart werden sollte. Wieso aufgrund der Bezugnahme auf die "gültigen Betriebsvereinbarungen" die tariflichen Bestimmungen bei Ungültigkeit der Betriebsvereinbarung individualrechtlich gelten sollten, ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten auch nicht im Einzelnen dargelegt. Da somit keine wirksame Vereinbarung der Anwendung von tariflichen Verfallfristen vorliegt, kann dahingestellt bleiben, ob die Berufung der Beklagten darauf bei Anwendbarkeit der tariflichen Verfallfristen entsprechend der Ansicht des Klägers und der Annahme des Arbeitsgerichts im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 21.02.2007 treuwidrig wäre.

Aus alldem folgt, dass die Berufung der Beklagten zurückzuweisen war.

III.

Die Beklagte hat die Kosten des erfolgslosen Rechtsmittels nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen, allerdings ohne die Versäumniskosten, die nach § 344 ZPO der Kläger zu tragen hat.

Die Revision war nach Auffassung der Kammer wegen der grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da im Betrieb der Beklagten in einer Vielzahl von Fällen Streit über die Auslegung vergleichbarer Bezugnahmeklauseln in Formularverträgen und die Anwendung tariflicher Verfallfristen besteht, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.