OLG Hamburg, Urteil vom 30.08.2012 - 3 U 152/10
Fundstelle
openJur 2013, 27705
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 19.8.2010, Geschäfts-Nr. 315 O 53/10, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen,

geschäftsmäßig Dritten gegenüber entgeltliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen, indem er Dritte in Zwangsvollstreckungsverfahren, Forderungsangelegenheiten sowie in zivil- und strafrechtlichen Verfahren gerichtlich und außergerichtlich vertritt sowie durch Schließen von Vergleichen deren Rechtsangelegenheiten besorgt, solange er über keine entsprechende Erlaubnis verfügt und nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von € 10.000 abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Unterlassungsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Kostenvollstreckung darf die jeweilige Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin ist berufsständische Organisation der im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamburg zugelassenen Rechtsanwälte und macht gegenüber dem Beklagten wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend.

Der Beklagte war ab dem Jahre ... als Rechtsanwalt zugelassen. Die Zulassung besteht jedoch seit dem Jahre ... nicht mehr. Mit Wirkung vom 28.08.2009 wurde für den Rechtsanwalt Dr., nachdem dieser einen schweren Unfall erlitten hatte, ein Betreuer bestellt. In der Folge konnte Dr. seinen Beruf nicht weiter ausüben und beantragte der Betreuer am 4.1.2010 bei der Klägerin die Bestellung eines amtlichen Vertreters (Anlage K 1). Der Beklagte bot dem Betreuer des Dr. „die Weiterführung der ihm bekannten und bereits zuvor bearbeiteten Fälle seines Freundes und Kollegen“ an (s. Anlage K 1). In folgenden Fällen hat der Beklagte Dritte gerichtlich und außergerichtlich vertreten:

In der Zwangsvollstreckungssache B. ./. W. legte der Beklagte mit einem auf dem Briefbogen der Kanzlei des Rechtsanwalts Dr. verfassten, mit „i.V. S.“ unterzeichneten Schriftsatz vom 15.8.2009 für die Schuldnerin W. Erinnerung ein und beantragte Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr.. In dieser Sache nahm der Beklagte auch Akteneinsicht. Darüber hinaus führte er mit der Gegenseite mehrere Telefonate über den etwaigen Ausgleich der titulierten Forderung (Anlage K 5). Ihm war in dieser Sache gemeinsam mit Dr. Vollmacht erteilt worden (Anlage K 4).

Für dieselbe Mandantin wurde der Beklagte ebenfalls mit auf Dr. und den Beklagten lautenden Vollmacht vom 2.10.2009 im Zwangsvollstreckungsverfahren D./. W. tätig. Auch hier nahm er am 20.1.2010 Akteneinsicht, legte gegen den Beschluss des Amtsgerichts am 15.9. und 13.10.2009 Erinnerung und am 19.1.2010 sofortige Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe ein (vgl. Anlagen K 6 – 10).

In dem weiteren Zwangsvollstreckungsverfahren W./. W. legte der Beklagte für die Eheleute W. am 11.12.2009 Erinnerung ein und beantragte Prozesskostenhilfe (Anlage K 17).

In dem Nachlassinsolvenzverfahren betreffend Herrn B. wurde dem Beklagten vom Betreuer des Herrn Dr. am 16.9.2009 Vollmacht zur Vertretung und Prozessführung erteilt (Anlage K 11).

In einer Familiensache trat der Beklagte am 12.11.2009 als Terminsvertreter für den Kindesvater S. vor Gericht auf (Anlage K 12). In dieser Sache hatte sich der Beklagte zum Ende des Jahres 2008 namens des Kindesvaters telefonisch an die Gegenseite gewandt und eine Forderungsaufstellung angefordert (Anlage K 13). In einem mit dem vorgenannten Verfahren in Zusammenhang stehenden Zwangsvollstreckungsverfahren nahm der Beklagte für den Kindesvater Akteneinsicht.

Im Rahmen des zivilrechtlichen Verfahrens RAe W. pp. ./. S. vor dem Amtsgericht Hamburg trat der Beklagte am 26.11.2009 für den Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf, stellte einen Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. und stimmte einem Vergleichsschluss zu (vgl. Anlage K 14 - 15). In einem Ermittlungsverfahren gegen Herrn S. nahm der Beklagte am 20.11.2009 Akteneinsicht (vgl. Anlage K 16).

Der Beklagte unterzeichnete im Jahr 2008 im zivilrechtlichen Verfahren mit der Geschäfts-Nr. ... C X/08 die auf dem Briefbogen der Kanzlei Dr. verfasste Verteidigungsanzeige sowie den späteren Einspruch gegen das Versäumnisurteil mit „i.V. S.“ und trat im Verhandlungstermin als Terminsvertreter auf, in dem ein Vergleich geschlossen wurde (Anlage K 18).

Im Jahr 2007 trat der Beklagte in den Insolvenzverfahren betreffend die C. AG sowie die C. GmbH für einen Gläubiger auf, begehrte Akteneinsicht und unterzeichnete Eingaben an das Gericht (Anlage K 18).

Mit Schreiben vom 30.12.2009 mahnte die Klägerin den Beklagten ab und forderte ihn erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf (vgl. Anlage K 19).

Die Klägerin hat vorgetragen: Der Beklagte sei zur beantragten Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1 UWG verpflichtet, das geschäftsmäßige Anbieten und Besorgen von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen stelle einen Verstoß gegen § 3 RDG, die gerichtliche Vertretung einen Verstoß gegen §§ 79 Abs. 2, 157 ZPO bzw. § 10 Abs. 2 FamFG dar. §§ 3 RDG, 79 Abs. 2, 157 ZPO und 10 Abs. 2 FamFG seien Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG.

Voraussetzung für eine erlaubte Tätigkeit nach § 6 Abs. 1 RDG sei, dass der Beklagte unentgeltlich tätig gewesen sei. Nach § 6 Abs. 1 RDG sei eine Rechtsdienstleistung nur dann als unentgeltlich zu qualifizieren, wenn sie nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht. Unerheblich sei dabei, ob das Entgelt letztlich an den Dienstleistenden selbst oder auf dessen Veranlassung an einen Dritten fließe. Die von dem Beklagten gestellten Anträge auf Prozesskostenhilfe belegten die Entgeltlichkeit seiner Tätigkeit. Art und Umstände der Tätigkeit des Beklagten ließen den Schluss zu, dass er auf diese Weise seinen Lebensunterhalt verdiene.

Sinn und Zweck der gesetzlichen Privilegierungen der §§ 6 RDG und 79 ZPO sei, eine altruistische Prozessvertretung zu ermöglichen, um damit als notwendig erachtetes bürgerschaftliches Engagement durch Volljuristen nicht zu behindern. Das Kriterium der Unentgeltlichkeit sei aus dem Blickwinkel des Rechtssuchenden zu beurteilen. Denn sei aus dessen Sicht eine entgeltliche Tätigkeit beabsichtigt, erfolge die Rechtsdienstleistung nicht altruistisch und müsse folglich auch der Verbraucherschutz – z.B. die Einhaltung berufsrechtlicher Regelungen oder Schutz durch eine Vermögenshaftpflichtversicherung – sichergestellt sein. Die Einführung von geschäftsmäßig handelnden Rechtsberatern unterhalb der Ebene der Rechtsanwälte – wie im Fall des Beklagten - sei damit gerade nicht bezweckt und laufe dem Schutzgedanken des RDG zuwider.

Auf den Antrag der Klägerin,den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen, geschäftsmäßig Dritten gegenüber Rechtsdienstleistungen zu erbringen, solange er über keine entsprechende Erlaubnis verfügt und nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist, insbesondere Dritte in Zwangsvollstreckungsverfahren, Forderungsangelegenheiten sowie in zivil- und strafrechtlichen Verfahren gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten sowie durch Schließen von Vergleichen deren Rechtsangelegenheiten zu besorgen,hat das Landgericht antragsgemäß Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren erlassen, gegen welches der Beklagte fristgerecht Einspruch eingelegt hat.

Der Beklagte hat vorgetragen: Der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Der Beklagte habe im Jahre 1977 die zweite juristische Staatsprüfung erfolgreich abgelegt und damit die Befähigung zum Richteramt erlangt. Folglich sei ihm die Vertretung einer Partei vor den Gerichten erlaubt, soweit es sich um eine unentgeltliche Tätigkeit handele und eine Vertretung vor den Gerichten nicht einem Rechtsanwalt vorbehalten sei. Dies ergebe sich sowohl aus § 79 ZPO als auch aus § 6 RDG. Der Beklagte selbst habe unentgeltlich gehandelt. Dies könne auch für Rechtsanwalt Dr. – allerdings nicht abschließend verbindlich – erklärt werden. Ob Rechtsanwalt Dr. Entgelte gefordert habe, sei ihm, dem Beklagten, nicht bekannt. Es erscheine insoweit fraglich, ob nicht lediglich auf das Wissen des Rechtsdienstleistenden – also des Beklagten – abzustellen sei. Hintergrund der Tätigkeit des Beklagten sei gewesen, Freunde in deren Verfahren altruistisch zu unterstützen. Die auf Handlungen vor dem 01.07.2008 bezogenen Vorwürfe seien zudem verjährt.

Soweit die Auffassung vertreten werde, dass die Beantragung der Prozesskostenhilfe zur Entgeltlichkeit führe, werde übersehen, dass die Prozesskostenhilfe von der Kanzlei Dr. beantragt worden sei. Weder der Beklagte noch Dr. selbst hätten hierfür Leistungen bezogen. Selbst wenn Dr. Leistungen bezogen hätte, so dürften diese nicht dem Beklagten zugerechnet werden.

Für den Fall, dass das Landgericht Hamburg zu dem Ergebnis gelangt, dass die Entgeltlichkeit der Rechtsberatung bei einem Dritten zur entsprechenden Rechtsdienstleistung Zugelassenen zur Entgeltlichkeit bei dem Volljuristen als Vertreter ausreicht, hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 24.06.2010 beantragt, das Verfahren auszusetzen und die Rechtsfrage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung der Frage vorzulegen.

Der Beklagte hat beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 19.08.2010 das Versäumnisurteil aufrecht erhalten. Hinsichtlich der Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil verwiesen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Der Beklagte wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Die Behauptungen der Klägerin blieben und würden bestritten. Ergänzend macht er geltend: Er habe sich bei seinen Tätigkeiten in den Grenzen der Unentgeltlichkeit gehalten, für das Gegenteil habe die Klägerin keinerlei substantiierte Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt. Die Anträge auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und auf in deren Rahmen beantragter Beiordnung eines Rechtsanwaltes machten diese Antragsstellung nicht zu einem entgeltlichen Geschäft. Auch wenn dem beizuordnenden Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Staatskasse zu gewähren sei, handele es sich bei dieser Vergütung nicht um ein Entgelt des Beklagten. Vielmehr stelle dies allein eine Vergütung für die Tätigkeit im Rahmen der Beiordnung für den beigeordneten Rechtsanwalt dar. Er, der Beklagte, sei in zulässiger Weise neben einem Rechtsanwalt tätig geworden.

Aus den vom BVerfG entschiedenen Fällen Kramer 1 und 2 ergebe sich, dass es einem Volljuristen wie dem Beklagten erlaubt sei, selbstständig neben einem Rechtsanwalt in einem Verfahren tätig zu werden. Das Urteil des Landgerichts verletze des Beklagten Grundrechte der allgemeinen Handlungsfreiheit und der Berufsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG bzw. Art. 12 GG. Auf die Zahlung einer Vergütung an einen Dritten könne es nicht ankommen, da der Beklagte im Verhältnis zu der Partei unentgeltlich neben einem Dritten tätig geworden sei. Die von ihm gestellten Anträge auf Beiordnung von Dr. seien angezeigt gewesen, da dieser die Eheleute W. und Herrn S. bereits vertreten hätte und ihm eventuell bereits Gebührenansprüche erwachsen seien. Soweit er sich durch seine Erkrankung durch den Beklagten gleichzeitig vertreten lassen habe, begründe § 5 RVG einen vollen Anspruch auch bei Tätigkeit einer der dort genannten Personen für den Rechtsanwalt.

Die Vorschrift des § 6 RDG sei auf die im Tatbestand des Urteils genannten Sachverhalte nicht anwendbar, da es sich um gerichtliche Verfahren handele. Hierfür seien allein die Regelungen in den jeweiligen Verfahrensordnungen einschlägig, vorliegend §§ 79 Abs. 2 ZPO, 10 Abs. 2 FamFG, 141 ZPO, 69 FGO und 138 Abs. 2 StPO. Dies ergebe sich auch aus § 1 Abs. 2 RDG. Das Landgericht habe unter II 2 (Seite 8 unten) diesen Verfahrensvorschriften lediglich verfahrenssichernden Charakter zugesprochen und sie als nicht dem wettbewerblichen Schutz dienend angesehen. Der Gesetzgeber beschränke in diesen Vorschriften die Vertretungsbefugnis auf Personen mit Befähigung zum Richteramt und spreche diesen – also auch dem Beklagten – die erforderliche Sachkunde zur Interessenwahrnehmung der Rechtssuchenden zu. Der Gesetzgeber habe also bereits eine Güterabwägung vorgenommen, die man mit Anwendung der Generalklausel des UWG wieder aufhebe.

Das Urteil schränke die Grundrechte des Beklagten in unzulässiger Weise ein, wenn es dem Beklagten eine geschäftsmäßige Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber Dritten untersage, solange er über keine entsprechende Erlaubnis verfüge und nicht als Rechtsanwalt zugelassen sei. Folglich solle es dem Beklagten auch dann nicht erlaubt sein, Rechtsdienstleistungen zu erbringen, wenn er über eine entsprechende Erlaubnis verfüge, wenn nicht zugleich eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (Urteilstenor „und“) bestehe. Zudem sei eine auch geschäftsmäßige Erbringung von Rechtsdienstleistungen durchaus erlaubt, sofern sie nur unentgeltlich erfolge. Jedenfalls habe er, der Beklagte, nicht geschäftsmäßig gehandelt. Bei den vertretenen Parteien habe es sich um gute Bekannte bzw. Freunde gehandelt. Die Tätigkeit habe sich über einen Zeitraum von zwei Jahren erstreckt, der Beklagte habe nicht aktiv um die Vertretung in einem unbestimmten Personenkreis geworben.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg, Az. 315 O 53/10, vom 19.08.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, dies mit der Maßgabe, dass sich das beantragte Verbot auf gegenüber Dritten zu erbringende geschäftsmäßige entgeltliche Rechtsdienstleistungen richten soll.

Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend macht sie geltend: Der Beklagte sei mit jeglichem Vortrag zu einer angeblich unentgeltlichen Tätigkeit präkludiert, da er hierzu trotz ausreichender Gelegenheit nichts vorgetragen habe. Die Klägerin habe aufgrund des Vortrags des Beklagten mit Herrn Rechtsanwalt Dr. Kontakt aufgenommen und ihn um Auskunft gebeten. Nach seinen Angaben habe es sich so verhalten, dass der Beklagte zahlreiche Mandate selbst bearbeitet habe, Frau W. und Herr S. seien keine Mandanten von ihm – Herrn Dr. – gewesen, sondern schon immer von dem Beklagten betreut worden. Es sei allerdings vorgekommen, dass Dr. für den Beklagten Schriftsätze unterschrieben habe, da dem Beklagten die Zulassung gefehlt habe.

Das Argument des Beklagten, die Prozesskostenhilfeanträge nur zur Sicherung bereits zu Gunsten von Dr. begründeter Gebührenansprüche gestellt zu haben, werde durch den Umstand widerlegt, dass der Beklagte diese Anträge auch in gebührenrechtlich eigenständigen Verfahrensabschnitten gestellt habe, die erst nach Eintritt der Berufsunfähigkeit von Herrn Dr. eingeleitet wurden. Dies sei z.B. hinsichtlich einer Erinnerung und einer Beschwerde im Rahmen der Zwangsvollstreckung in verschiedenen für Frau W. geführten Angelegenheiten (Anlage K 2 und K 9) geschehen. Der Verweis des Beklagten auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in den „Kramer“-Fällen gehe fehl. Dort habe es sich um einen pensionierten Richter gehandelt, der in einem der beiden Fälle unabhängig neben anderen Rechtsanwälten des dortigen Beschuldigten gestanden habe. Im anderen Verfahren habe eine rein altruistische Tätigkeit vorgelegen, es habe keinerlei Anzeichen für die Entgeltlichkeit der Tätigkeit und für die Einbindung anderer Rechtsanwälte gegeben. Im Gegensatz zu diesen Fällen handele es sich vorliegend um eine bewusste Umgehung der gesetzlichen Regelungen des RDG. Soweit der Beklagte nun in der Berufungsinstanz erstmals geltend mache, dass es sich bei den im Streit stehenden Tätigkeiten nur um Tätigkeiten vor Gericht gehandelt habe, sei er auch mit diesem Vortrag präkludiert. In erster Instanz sei dies nicht vorgebracht worden. Zudem schließe ein gerichtliches Verfahren nicht aus, dass gleichzeitig auch außergerichtliche Rechtsdienstleistungen erbracht werden, die unter das RDG fielen. So habe der Beklagte etwa in der Sache B. ./. W. (Anlage K 5) und S. (Anlage K 13) Telefonate mit der Gegenseite geführt, seine Mandanten folglich auch fortwährend über mögliche rechtliche Maßnahmen beraten und damit auch außergerichtliche Rechtsdienstleistungen erbracht. Die Formulierung im Unterlassungstenor sei im Sinne von „weder eine entsprechende Erlaubnis noch eine Zulassung als Rechtsanwalt“ zu verstehen. Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten liege auch das Merkmal der Geschäftsmäßigkeit vor. Dies sei vorliegend in dem Sinne zu verstehen, dass es sich um eine entgeltliche Tätigkeit oder um eine solche in deren Zusammenhang handele. Jedwede Gegenleistung, ob bewirkt oder versprochen, führe zur Entgeltlichkeit bzw. Geschäftmäßigkeit der Handlung. Die Formulierung „geschäftsmäßig“ trage dem Umstand am besten Rechnung, dass eine Rechtsdienstleistung nicht erst bei bloßem Fließen von Zahlungsströmen unzulässig werde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat überwiegend keinen Erfolg.

1. Der von der Klägerin verfolgte Verbotsantrag ist zulässig. Dem Beklagten soll nach der in der Berufungsinstanz verteidigten Antragsfassung verboten werden, geschäftsmäßig Dritten gegenüber entgeltliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen, solange der Beklagte über keine entsprechende Erlaubnis verfügt und nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist, insbesondere Dritte in Zwangsvollstreckungsverfahren, Forderungsangelegenheiten sowie in zivil- und strafrechtlichen Verfahren gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten sowie durch Schließen von Vergleichen deren Rechtsangelegenheiten zu besorgen.

a) Der Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Verwendung der auslegungsbedürftigen Begriffe „geschäftsmäßig“, „Rechtsdienstleistungen“ und „entgeltlich“ unterliegt keinen Bestimmtheitsbedenken.

Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe im Klageantrag ist allerdings grundsätzlich nur dann hinnehmbar, wenn über ihren Sinngehalt kein Zweifel besteht, weil die Parteien darüber nicht streiten und objektive Maßstäbe zur Abgrenzung vorliegen oder wenn zum Verständnis des Begriffs auf die konkrete Verletzungshandlung und die gegebene Klagebegründung zurückgegriffen werden kann (BGH GRUR 2011, 539 Rn. 13 – Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker; GRUR 2010, 749 Rn. 21 – Erinnerungswerbung im Internet; Teplitzky, Kap. 51 Rn. 8b). Grund hierfür ist, dass andernfalls der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung über die Verbotsreichweite überlassen bleibt (BGH GRUR 2000, 337, juris-Rn. 17 – Preisknaller; GRUR 2011, 539 Rn. 11 – Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl. 2012, Kap. 51 Rn. 8).

Im vorliegenden Fall streiten die Parteien nicht über den Sinngehalt der zudem nach objektiven Maßstäben abgrenzbaren Begriffe „geschäftsmäßig“ und „Rechtsdienstleistungen“.

Zur Auslegung des Begriffs „geschäftsmäßig“ kann die zu Art. 1 § 1 RechtsberatungsG ergangene, gefestigte Rechtsprechung herangezogen werden, wonach „geschäftsmäßig“ die selbständige, mit Wiederholungsabsicht, nicht nur aus Gefälligkeit erfolgende Tätigkeit ist, wobei der Begriff der Geschäftsmäßigkeit eine Entgeltlichkeit der Tätigkeit nicht erfordert (s. Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl. 2001, Art. 1 § 1 Rn. 56 m.w.N.). Hiernach hat der Begriff der Geschäftsmäßigkeit hinreichend deutliche Konturen. Soweit der Beklagte die „Geschäftsmäßigkeit“ seiner Tätigkeit bestreitet, liegt dem kein anderweitiges Begriffsverständnis zugrunde; er macht vielmehr geltend, zugunsten „guter Bekannter bzw. freundschaftlich verbundener Personen“ aus Gefälligkeit gehandelt zu haben. Auch der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung „Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker“ den Terminus „geschäftsmäßig“ nicht als unbestimmt beanstandet (GRUR 2011, 539 Rn. 12 f.).

Auch über den Inhalt des im Antrag verwendeten Begriffs der „Rechtsdienstleistungen“ streiten die Parteien nicht; zudem wird dieser Begriff durch den „Insbesondere“-Zusatz im Antrag sowie den unstreitigen Sachvortrag über die Tätigkeit des Beklagten dahingehend exemplarisch verdeutlicht, dass hierzu die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung Dritter in Zwangsvollstreckungsverfahren, Forderungsangelegenheiten sowie in zivil- und strafrechtlichen Verfahren sowie das Schließen von Vergleichen für Dritte zählen sollen. Zur Auslegung kann weiter § 2 Abs. 1 RDG herangezogen werden, wonach eine Rechtsdienstleistung „jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten [ist], sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert“.

Der Begriff „entgeltlich“ ist ebenfalls nach objektiven Kriterien hinreichend bestimmbar, indem er eine Tätigkeit gegen Vergütung bezeichnet. Soweit die Parteien darüber streiten, ob auch die Gewährung einer Vergütung an einen von dem Leistungserbringer verschiedenen Dritten „entgeltlich“ ist, so folgt hieraus keine prozessuale Unbestimmtheit des Antrags. Denn die insoweit bestehende Uneinigkeit über den Begriffsinhalt, die sich auf die beiden möglichen Alternativen beschränkt, dass die Vergütung entweder dem Leistungserbringer oder einem Dritten zufließt, beeinträchtigt weder die Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten noch verlagert sie den Verbotsinhalt in das Vollstreckungsverfahren: denn der Senat entscheidet – wie noch auszuführen ist – diesen Streit dahingehen, dass auch die einem Dritten zufließende Vergütung vom Begriffsinhalt und damit vom Verbot umfasst ist. Der Schutzzweck des prozessualen Bestimmtheitsgebots ist daher erfüllt (vgl. BGH GRUR 2000, 337, juris-Rn. 17 – Preisknaller).

b) Die von der Klägerin im Termin zur mündlichen Berufungsverhandlung vorgenommene Antragsmodifikation durch Bezeichnung der Rechtsdienstleistungen als „entgeltlich“ beinhaltet weder eine Klageänderung noch eine teilweise Klagerücknahme, sondern nur eine Klarstellung. Denn schon aus dem von der Klägerin zur Begründung ihres erstinstanzlichen Klageantrags vorgetragenen Lebenssachverhalt hat sich ergeben, dass sie allein die entgeltliche rechtsdienstleistende Tätigkeit des Beklagten beanstandet hat. Hieran hat sich auch in der Berufungsinstanz nichts geändert. Die Aufnahme dieses Begriffs in den Antrag berührt daher Antragsinhalt und -reichweite nicht.

c) Die Klägerin ist prozessführungsbefugt. Die Kammern der freien Berufe sind als zur Prozessführung befugte Verbände i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG anzusehen (Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl. 2012, § 8 Rn. 3.33).

d) Die Klägerin wird durch ihre Prozessbevollmächtigten – entgegen der Ansicht des Beklagten – auch ordnungsgemäß vertreten. Sie hat ausweislich der vorliegenden Vollmacht vom 30.6.2010 (eingereicht mit Schriftsatz der Klägervertreter vom 7.7.2010) „den Anwälten der C. LL.P. (...) Vollmacht“ erteilt. Hieraus wird deutlich, dass die anwaltlichen Angehörigen der bezeichneten LL.P. bevollmächtigt wurden, an deren Postulationsfähigkeit kein Zweifel besteht (vgl. BGH NJW 2009, 3162 Rn. 9).

2. Der Klageantrag ist zunächst bezogen auf die zivil- und strafgerichtliche Tätigkeit begründet, im darüber hinausgehenden Umfang (anderweitige gerichtliche Tätigkeit etwa vor den Verwaltungs-, Sozial-, Arbeits- und Finanzgerichten) hingegen unbegründet.

a) Hinsichtlich der zivilgerichtlichen Tätigkeit folgt der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 79 Abs. 2 S. 1 ZPO.

aa) Die zivilgerichtliche Tätigkeit des Beklagten ist nicht etwa deshalb rechtmäßig, weil er in gem. § 79 Abs. 2 S. 1 ZPO zulässiger Weise als Unterbevollmächtigter des Rechtsanwalts Dr. aufgetreten wäre.

Ob ein Rechtsanwalt sich im Anwendungsbereich des § 79 Abs. 2 S. 1 ZPO in zulässiger Weise durch abhängig Beschäftigte – Bürovorsteher, Assessoren oder außerhalb ihrer Ausbildung, d.h. nicht in den Anwendungsbereich des § 157 ZPO fallende, bei ihm beschäftigte Referendare – als Unterbevollmächtigte vertreten lassen kann, ist umstritten. Betrachtet man die Regelungsgeschichte des im Zuge der Reform des Rechtsberatungsrechts mit Wirkung vom 1.7.2008 neugefassten § 79 ZPO, der eine Vertretung durch nichtanwaltliche Vertreter nur in den Grenzen des § 79 Abs. 2 S. 2 ZPO vorsieht, so spricht vieles dafür, eine Untervertretung durch nichtanwaltliche Kanzleimitarbeiter nicht mehr als nach § 79 Abs. 2 S. 1 ZPO zulässig anzusehen (so Sabel, AnwBl. 2008, 390; Musielak/Weth, 9. Aufl. 2012, § 79 Rn. 6; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 157 Rn. 2; zur Vorgängerregelung s. LAG Berlin, BB 1980, 994). Demgegenüber wird auch unter der Geltung des neuen § 79 ZPO vertreten, dass die Untervertretung des Rechtsanwalts durch Kanzleimitarbeiter zulässig sei (Zöller/Vollkommer, § 79 Rn. 5; Witte/Jähne, RPfl 2010, 65; zur Vorgängerregelung s. AG Marburg, RPfl 2008, 591).

Nach Auffassung des Senats kommt die Untervertretung eines Rechtsanwalts im Rahmen des § 79 Abs. 2 S. 1 ZPO durch eine nichtanwaltliche Person jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn es sich hierbei um einen tatsächlich nicht weisungsabhängigen, sondern selbständig agierenden Untervertreter handelt. Schon im Ausgangspunkt bestehen Bedenken gegen die Zulassung der Untervertretung eines Rechtsanwalts durch nichtanwaltliche Kanzleiangestellte, denn diese ist – ausgenommen der Fall des Stationsreferendars in der mündlichen Verhandlung – mit der Systematik der §§ 79 Abs. 2, 157 ZPO nicht vereinbar; eine weitere Fassung des § 157 ZPO, der eine Untervertretungsmöglichkeit durch Kanzleimitarbeiter vorsah, ist gerade nicht Gesetz geworden (Sabel, AnwBl 2008, 390). Die Vertretungsbeschränkung auf die Rechtsanwaltschaft dient vor dem Hintergrund der Einbindung der Rechtsanwälte in das Rechtsschutzsystem der Sicherstellung einer sachgerechten Vertretung der Partei und der Ordnung des Prozesses sowie der Reibungslosigkeit des Rechtsverkehrs mit dem Gericht (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Drs. 16/3655 v. 30.11.2006, S. 34). Die Zulassung einer Untervertretung des Rechtsanwalts durch nichtanwaltliche Personen steht tendenziell mit diesem Schutzzweck nicht in Einklang. Im Falle von abhängig Beschäftigten als Untervertretern mag man dies aufgrund der bestehenden Weisungsbefugnis und der damit verbundenen Steuerung des Untervertreters durch den Rechtsanwalt noch hinnehmen. Jedenfalls aber bei der selbständigen Tätigkeit des nichtanwaltlichen Untervertreters ist dies nach Auffassung des Senats nicht mehr der Fall.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte, auch soweit er als Untervertreter des Rechtsanwalts Dr. gerichtlich aufgetreten ist, tatsächlich selbständig gehandelt. Daher vermag § 79 Abs. 2 S. 1 ZPO das Auftreten des Beklagten als Untervertreter des Rechtsanwalts Dr. nach dem soeben Ausgeführten nicht zu legitimieren.

Dass der Beklagte selbständig gehandelt habe, macht er selbst geltend, indem er vorträgt, er sei stets „neben einem Rechtsanwalt“ tätig geworden (so etwa in der undatierten Berufungsbegründung, S. 2). Der selbständige Charakter seines Handelns ergibt sich auch aus der unstreitigen und durch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen dokumentierten Tätigkeit des Beklagten in gerichtlichen Verfahren. So hat sich der Beklagte in den Zwangsvollstreckungsverfahren B../. W. und D../. W. sowie im zivilgerichtlichen Verfahren Rechtsanwälte W. ./. S. gleichrangig neben Rechtsanwalt Dr. Vollmacht erteilen lassen (Anlagen K 4, K 6, K 15) und ist in den genannten Verfahren zu Zeitpunkten tätig gewesen, in denen Rechtsanwalt Dr. infolge seines Unfalls seinen Beruf nicht auszuüben in der Lage war (Anlagen K 2 bis K 4, K 6 bis K 8, K 14 und K 15), mithin auch keinen steuernden Einfluss auf die Tätigkeit des Beklagten ausüben konnte. Das unabhängige Handeln des Beklagten geht ferner aus dem Umstand hervor, dass er in der Sache Rechtsanwälte W../. S. ohne Rücksprache einen bindenden Vergleich schloss.

bb) Die gerichtliche Tätigkeit des Beklagte unterfällt auch nicht der Erlaubnisnorm des § 79 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Nach § 79 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind im Zivilprozess als Bevollmächtigte, die nicht Rechtsanwalt sind, außer volljährigen Familienangehörigen und Streitgenossen nur Personen vertretungsbefugt, die – wie der Beklagte – über die Befähigung zum Richteramt verfügen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht. § 79 Abs. 2 ZPO ist Marktverhaltensregel i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG, weil diese Norm nicht nur der Ordnung des gerichtlichen Verfahrens, sondern auch der Sicherstellung einer sachgerechten Vertretung der Partei dient (BGH GRUR 2011, 352 Rn. 17 – Makler als Vertreter im Zwangsversteigerungsverfahren).

Die vorliegend von der Klägerin beanstandete gerichtliche Vertretung Dritter durch den Beklagten stand vorliegend „im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit“ im Sinne des § 79 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dieses Tatbestandsmerkmal entspricht der Legaldefinition der Unentgeltlichkeit in § 6 RDG (s. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/3655 v. 30.11.2006, S. 87; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 79 Rn. 7).

Der Begriff der Unentgeltlichkeit ist gemäß dem Schutzzweck des RDG in dem Sinne autonom auszulegen, dass die Erbringung der konkreten Rechtsdienstleistung uneigennützig weder direkt noch indirekt von einer materiellen Gegenleistung abhängig gemacht wird (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/3655 v. 30.11.2006, S. 57; Kleine-Cosack, § 6 Rn. 15). Ziel der Regelung ist die Ermöglichung bürgerschaftlichen Engagements in Form unentgeltlicher Rechtsberatung (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/3655 v. 30.11.2006, S. 39). Eine Rechtsdienstleistung erfolgt dem allgemeinen bürgerlichrechtlichen Begriffsverständnis entsprechend entgeltlich, wenn sie nach dem Willen des Dienstleistenden und des Rechtssuchenden von einer Gegenleistung abhängig sein soll, die nicht nur in einer Geldleistung, sondern jeglichem anderen Vermögensvorteil bestehen kann (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/3655 v. 30.11.2006, S. 57). Entgeltlichkeit liegt aber darüber hinaus auch dann vor, wenn eine Vergütung nicht explizit im Hinblick auf die Dienstleistung, sondern mit anderen beruflichen Tätigkeiten des Dienstleistenden anfällt oder auch nur anfallen kann (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/3655 v. 30.11.2006, S. 57; Beispiel: Beratung über Testamentsgestaltung oder Unternehmensnachfolge durch Banken, die im Hinblick auf eine etwaige [entgeltliche] Vermögensanlage erfolgt). Auch eine Beratung, für die zwar im Einzelfall kein Entgelt erbracht werden muss, die aber eine entgeltliche Mitgliedschaft voraussetzt, ist nicht unentgeltlich, unterfällt aber dem speziellen Erlaubnistatbestand des § 7 RDG (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/3655 v. 30.11.2006, S. 57; Kleine-Cosack, § 6 Rn. 20). In der Literatur wird darüber hinaus – im Einklang mit der bürgerlich-rechtlichen Definition der Entgeltlichkeit (s. Palandt/Weidenkaff, 71. Aufl. 2012, § 516 BGB Rn. 8) – weiter vertreten, dass eine auf Veranlassung des Dienstleistenden an einen Dritten fließende Leistung unabhängig davon die Entgeltlichkeit bewirkt, ob sie von dem Rechtssuchenden oder einer anderen Person erbracht werden soll (Müller, in: Grunewald/Römermann/Franz, RDG, 2008, § 6 Rn. 7). Diese Auffassung, der sich bereits das Landgericht angeschlossen hat, hält auch der Senat für überzeugend. Mit der Reform des Rechtsberatungsrechts ist bezweckt worden, durch eine Privilegierung der unentgeltlichen Rechtsdienstleistung bürgerschaftliches Engagement und Freiwilligenarbeit zu stärken (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/3655 v. 30.11.2006, S. 88). Dieser Zielsetzung entspricht ein dem Dienstleistenden zufließendes Entgelt ebensowenig wie ein Entgelt, das auf Veranlassung des Dienstleistenden einem Dritten zukommt. Diese Sichtweise ist – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – auch deshalb angebracht, weil im Falle der Zulassung eines Drittentgelts praktisch kaum kontrollierbare Missbrauchsmöglichkeiten bestünden.

Im vorliegenden Fall indizieren, wie das Landgericht mit überzeugender Begründung ausgeführt hat, der der Senat beitritt, die von dem Beklagten in den Verfahren B. ./. W. (Anlage K 2) und Rechtsanwälte W. pp. ./. S. (Anlage K 14) mit dem Ziel der Beiordnung des Rechtsanwalts Dr. gestellten Prozesskostenhilfeanträge die Entgeltlichkeit seines Handelns. Aus der Stellung der Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsanträge folgt, dass Rechtsanwalt Dr. eine Vergütung für die von dem Beklagten entfaltete Tätigkeit zustehen sollte. Dem steht das Argument des Beklagten nicht entgegen, mit der Stellung der Anträge habe er die von ihm vertretenen Parteien vor Kostenansprüchen des Rechtsanwalts Dr. schützen wollen: Zum einen ergibt sich hieraus, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts Dr. in der Tat nicht unentgeltlich sein sollte, zum anderen wirkte sich die Tätigkeit des Beklagten dahin aus, dass Rechtsanwalt Dr. erst infolge der durch den Beklagten in Untervollmacht vorgenommenen Tätigkeiten im Rahmen der Prozesskostenhilfe berücksichtigungsfähige Gebührenansprüche erwachsen konnten. Denn die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfasst alle ab Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags erfolgten gebührenrechtlich erheblichen Tätigkeiten, nicht aber vor diesem Zeitpunkt entstandene Gebühren (Zöller/Geimer, § 119 Rn. 50), so dass etwa eine verfahrensbezogene Gebühr für Rechtsanwalt Dr. erst durch die von dem Beklagten erbrachte Terminswahrnehmung in Verbindung mit dem gestellten Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsantrag von einer etwaigen Prozesskostenhilfebewilligung erfasst worden wäre. Ob tatsächlich Rechtsanwalt Dr. Honorar für die Tätigkeit des Beklagten zugeflossen ist, kann – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – dahinstehen, weil schon die Verabredung der Entgeltlichkeit ein unentgeltliches Handeln ausschließt.

Es kommt hinzu, dass nach den unstreitigen äußeren Umständen der Tätigkeit des Beklagten im Rahmen des § 286 ZPO hinreichender Grund für die Annahme besteht, dass der Beklagte auch selbst für seine Tätigkeit entlohnt worden ist. Der Beklagte, der nicht mehr als Rechtsanwalt zugelassen ist, hat, teils aus einer Rechtsanwaltskanzlei heraus, in einer Mehrzahl von Fällen die gerichtliche Vertretung verschiedener, nicht mit ihm familiär verbundener Parteien ausgeführt. Nach aller Lebenserfahrung legen diese objektiven Umstände nahe, dass der Beklagte seine frühere berufliche Tätigkeit gleichsam fortgesetzt und hierfür auch ein Entgelt erhalten hat. Zwar hat die im Ausgangspunkt darlegungs- und beweisbelastete Klägerin keine näheren Einzelheiten zur Frage der Unentgeltlichkeit vorgetragen. Weil es sich hierbei aber um auf Seiten des Beklagten bestehende, für die Klägerin kaum zugängliche Interna handelt, war es angesichts der vorstehend beschriebenen Umstände im Sinne einer sekundären Darlegungslast Sache des Beklagten, seinerseits die Unentgeltlichkeit seines Handelns nicht nur – unsubstantiiert – zu behaupten, sondern hierzu näher vorzutragen; dies ist ungeachtet des entsprechenden Hinweises im angegriffenen Urteil nicht geschehen.

cc) Das Erfordernis der „Geschäftsmäßigkeit“ des Handelns ist als tatbestandliche Verbotsvoraussetzung mit der Neufassung des Rechtsberatungsrechts entfallen und auch in § 79 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht enthalten; die gerichtliche Vertretung durch Nichtanwälte ist also unabhängig von ihrer etwaigen Geschäftsmäßigkeit zulässig, soweit die Erlaubnisvoraussetzungen der Nrn. 1-4 dieser Vorschrift vorliegen. Weil der Begriff der Geschäftsmäßigkeit eine Gewinnerzielungsabsicht oder eine Entgeltlichkeit der Tätigkeit nicht erfordert (Rennen/Caliebe Art. 1 § 1 RBerG Rn. 56), ist also eine geschäftsmäßige, aber unentgeltliche Prozessvertretung als zulässig denkbar, so dass der Klageantrag durch die Einfügung dieses Merkmals hinter der Reichweite der Verbotsnorm zurückbleibt. Weil aber die Tätigkeit des Beklagten im konkreten Falle „geschäftsmäßig“ erfolgte, kann dieses Merkmal auch in den Verbotstenor aufgenommen werden.

„Geschäftsmäßig“ ist die selbständige, mit Wiederholungsabsicht, nicht nur aus Gefälligkeit erfolgende Tätigkeit (s. Rennen/Caliebe, RBerG, 3. Aufl. 2001, Art. 1 § 1 Rn. 56 m.w.N.). Angesichts der unstreitigen objektiven Umstände der Tätigkeit des Beklagten, der teils aus einem Rechtsanwaltsbüro heraus und während der Zeit der Berufsunfähigkeit des Rechtsanwalts Dr. agierte, ist – wie bereits dargelegt – von einer selbständigen Tätigkeit des Beklagten auszugehen. Die Frequenz der Betätigung spricht auch für eine Wiederholungsabsicht. Schließlich ist auch nicht davon auszugehen, dass der Beklagte aus Gefälligkeit handelte. Die Würdigung der äußeren Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere die Anzahl der von ihm vertretenen Parteien, spricht deutlich für eine Wiederholungsabsicht und gegen Gefälligkeitshandeln.

dd) An der Unzulässigkeit der Tätigkeit des Beklagten vermag sein Hinweis auf § 5 RVG nichts zu ändern. Aus dieser Vorschrift ergibt sich lediglich, dass die Vergütung eines Rechtsanwalts sich auch dann nach dem RVG bestimmt, wenn dieser u.a. von einem bei ihm beschäftigten Assessor vertreten wird. Diese Vorschrift regelt hingegen nicht die Frage, in welchem Rahmen und Umfang ein Assessor überhaupt als Vertreter des Rechtsanwalts tätig werden darf; diese ist nach den hierfür einschlägigen Regelungen des RDG bzw. der die Vertretungsbefugnis regelnden Prozessordnungen zu beantworten (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 2008, 414).

ee) Die von dem Beklagten ausgeführten gerichtlichen Tätigkeiten erfüllen das Kriterium der geschäftlichen Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Zwar sind unentgeltliche Rechtsdienstleistungen durch einen Nichtanwalt keine geschäftlichen Handlungen, da sie keinen Unternehmensbezug aufweisen (OLG Karlsruhe AnwBl 2010, 220, juris-Rn. 28). Wie bereits ausgeführt, handelte der Beklagte aber entgeltlich und somit auch „geschäftlich“.

ff) Weder § 79 Abs. 2 S. 1 ZPO noch das vorliegend ausgesprochene Verbot verletzen die Grundrechte des Beklagten aus Artt. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG. Die Beschränkung der gerichtlichen Vertretungsbefugnis auf Rechtsanwälte in § 79 Abs. 2 S. 1 ZPO ist als zum Schutz des Rechtsuchenden sowie im Interesse einer geordneten Rechtspflege geeignete, erforderliche und angemessene Regelung mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar (st. Rspr. des BVerfG, s. zuletzt WM 2011, 989 u. NJW 2010, 1797, jeweils m.w.N.). Dies gilt auch im Falle des Beklagten, soweit er entgeltlich Rechtsdienstleistungen erbringt. Auch die allgemeine Handlungsfreiheit des Beklagten im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG wird durch das vorliegend ausgesprochene Verbot nicht unverhältnismäßig eingeschränkt.

b) Hinsichtlich der Tätigkeit des Beklagten vor dem Familiengericht folgt der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 10 Abs. 2 S. 1, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG u. § 79 Abs. 2 S. 1 ZPO. Der Beklagte trat in einer familienrechtlichen Umgangssache am 12.11.2009 als Terminsvertreter für den Kindesvater S. vor Gericht auf (Anlage K 12). Der Beklagte ist hier, wie eine Würdigung aller Umstände zur Überzeugung des Senats ergibt, ebenfalls entgeltlich tätig geworden. Es gilt hier das bereits unter a) zur zivilgerichtlichen Tätigkeit des Beklagten Ausgeführte entsprechend. Es widerspräche nach Ansicht des Senats jeglicher Lebenserfahrung, angesichts des Ausmaßes der gerichtlichen und außergerichtlichen Tätigkeit des Beklagten – einem nicht mehr zugelassenen Rechtsanwalt – von unentgeltlichem Handeln auszugehen. Auch hier hat der Beklagte lediglich unsubstantiiert angegeben, unentgeltlich tätig gewesen zu sein; ihm oblag hier in gleicher Weise eine gesteigerte Darlegungslast, weil der Klägerin in dieser Frage – einem Internum auf Seiten des Beklagten – weiterer Vortrag nicht möglich war.

c) Hinsichtlich der Tätigkeit des Beklagten im Strafverfahren folgt der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 138 Abs. 1 StPO. Nach § 138 Abs. 1 StPO können zu Verteidigern Rechtsanwälte sowie Hochschullehrer mit Befähigung zum Richteramt gewählt werden; Absatz 2 der genannten Vorschrift bestimmt u.a., dass andere Personen nur mit Genehmigung des Gerichts gewählt werden können. § 138 Abs. 1 ZPO ist in gleicher Weise eine das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer regelnde Norm im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG wie § 79 Abs. 2 ZPO (hierzu s.o.), denn die Vertretungsbeschränkung dient auch im Strafverfahren vor allem auch der Sicherstellung einer sachgerechten Vertretung der Partei (vgl. – zu § 79 Abs. 2 ZPO – BGH GRUR 2011, 352 Rn. 17 – Makler als Vertreter im Zwangsversteigerungsverfahren).

In einem Ermittlungsverfahren gegen Herrn S. wegen Unterhaltspflichtverletzung (Az. 3304 Js 94/07) nahm der Beklagte am 20.11.2009 Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft Hamburg. Am 21.12.2009 richtete die Staatsanwaltschaft Hamburg ein Schreiben an „Herrn Rechtsanwalt Dr. - Herrn Ass. S. -“ und bat um Rückgabe der am 20.11.2009 überlassenen Akte (Anlage K 16). Aus diesen zeitlichen Angaben lässt sich angesichts der seinerzeit bestehenden Berufsunfähigkeit des Rechtsanwalts Dr. schließen, dass der Beklagte eigenständig und ohne Mitwirkung des genannten Rechtsanwalts aus dessen Kanzlei heraus agierte und mit der Akteneinsicht eine gemäß § 147 Abs. 1 StPO dem zugelassenen Verteidiger vorbehaltene Handlung vornahm.

Der Beklagte handelte auch geschäftlich im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, insbesondere nicht unentgeltlich. Der Senat ist auf der Basis einer Gesamtbetrachtung der bereits erörterten Umstände des vorliegenden Falles der Überzeugung, dass der Beklagte auch im Strafverfahren entgeltlich handelte. Diese Umstände lassen erkennen, dass der Beklagte seinerzeit ungeachtet des Fortfalls seiner Rechtsanwaltszulassung unter dem Dach der Anwaltskanzlei Dr. gewissermaßen seine frühere Berufstätigkeit fortgesetzt hat; es erschiene lebensfremd anzunehmen, dass der Beklagte hierfür kein Entgelt erhalten sollte, wie er lediglich unsubstantiiert geltend macht.

d) Der Beklagte beanstandet zu Unrecht die Verbotsformulierung als zu weitgehend. Die Formulierung „solange der Beklagte über keine entsprechende Erlaubnis verfügt und nicht als Rechtsanwalt zugelassen ist“ ist im Hinblick auf ihre Reichweite unproblematisch, weil aus dieser kumulativen Fassung folgt, dass der Verbotsbereich schon dann verlassen ist, wenn der Beklagte entweder (nur) über eine Erlaubnis oder (nur) über eine Zulassung als Rechtsanwalt verfügt.

e) Hinsichtlich weiteren, von dem insoweit nicht beschränkten Verbotsantrag umfassten gerichtlichen Handelns etwa vor den Verwaltungs-, Sozial-, Arbeits- und Finanzgerichten besteht ein Unterlassungsanspruch der Klägerin hingegen nicht. Denn insoweit fehlt es an jeglichen tatsächlichen Anhaltspunkten dafür, dass der Beklagte bereits tätig geworden ist (Wiederholungsgefahr) oder sein Tätigwerden ernsthaft droht (Erstbegehungsgefahr). Die gerichtliche Tätigkeit des Beklagten erstreckt sich ausschließlich auf den zivil- und strafgerichtlichen Bereich. In dem diesen Bereich übersteigenden Umfang war die Klage daher abzuweisen.

3. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt bezogen auf die außergerichtliche Tätigkeit des Beklagten aus §§ 8 Abs. 1 Satz 1; 3; 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 3 RDG. Nach § 3 RDG ist die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem durch das RDG oder andere Gesetze erlaubten Umfang zulässig. § 3 RDG ist eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (BGH GRUR 2011, 539 Rn. 25 – Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker; GRUR 2012, 405 Rn. 18 – Kreditkontrolle) und beinhaltet ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/3655 v. 30.11.2006, S. 30 a.E.; Kleine-Cosack, RDG, 2. Aufl. 2009, § 3 Rn. 1). Zu prüfen sind mithin die gesetzlichen Erlaubnistatbestände, hier § 6 RDG. Nach § 6 RDG sind Rechtsdienstleistungen erlaubt, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen (unentgeltliche Rechtsdienstleistungen).

a) Der Beklagte ist im zivilrechtlichen Bereich in folgendem Umfang tätig gewesen: Der Beklagte hat in der Zwangsvollstreckungssache B. ./. W. mehrfach mit der Gegenseite über den Ausgleich der Forderung und auch in der Familiensache S. mit der Anwältin der Ehefrau wegen einer Forderungsaufstellung bezüglich zu leistender Unterhaltszahlungen telefoniert (Anlagen K 5, K 13). Die von dem Beklagten geführten telefonischen Kontakte mit der Gegenseite stellen vom RDG erfasste, außergerichtliche Tätigkeiten dar. Denn das RDG erfasst nicht nur reine außergerichtliche Tätigkeiten, sondern auch solche, die im Zusammenhang mit einem gerichtlichen Verfahren stehen, insbesondere Verhandlungen mit dem Prozessgegner ohne Beteiligung des Gerichts, die fortlaufende Beratung einer Prozesspartei und die Vorbereitung von Schriftsatzentwürfen (Kleine-Cosack, § 1 Rn. 5).

Soweit der Beklagte in der Berufungsinstanz erstmals bestreitet, außergerichtlich tätig geworden zu sein, so ist dieses Bestreiten gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO verspätet und daher unwirksam. Denn erstinstanzlich war die Ausführung der von der Klägerin vorgetragenen gerichtlichen und außergerichtlichen Tätigkeiten stets unstreitig.

b) Für den Bereich der strafrechtlichen Vertretung ist angesichts des Umstands, dass der Beklagte im von der Staatsanwaltschaft Hamburg geführten Ermittlungsverfahren S. wie ein Verteidiger Akteneinsicht genommen hat (Anlage K 16), ernsthaft damit zu rechnen, dass der Beklagte auch außergerichtlich rechtsdienstleistend tätig wird (Erstbegehungsgefahr).

c) Der Beklagte ist selbständig tätig geworden bzw. droht selbständig tätig zu werden. Selbständig gehandelt zu haben, macht er selbst geltend, indem er vorträgt, er sei stets „neben einem Rechtsanwalt“ tätig geworden (so etwa in der undatierten Berufungsbegründung, S. 2). Der selbständige Charakter seines Handelns ergibt sich auch aus der unstreitigen und durch die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen dokumentierten außergerichtlichen Tätigkeit des Beklagten. Der Beklagte ist in den genannten Angelegenheiten während der Dauer der Berufsunfähigkeit des Rechtsanwalts Dr. und mithin nicht unter anwaltlicher Aufsicht tätig geworden.

d) Die Tätigkeit des Beklagten ist nicht durch § 6 RDG erlaubt, denn der Beklagte hat entgeltlich gehandelt bzw. wird entgeltlich handeln. Aufgrund der unstreitigen äußeren Umstände des unstreitigen Geschehens ist der Senat davon überzeugt, dass Beklagte nicht nur hinsichtlich des gerichtlichen Verfahrens, sondern auch der außergerichtlichen Tätigkeit entgeltlich tätig war. Der Beklagte hat nach Erlöschen seiner Rechtsanwaltszulassung in einer Mehrzahl von Fällen sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich aus einer Kanzlei heraus wie ein Rechtsanwalt agiert; es widerspräche aller Lebenserfahrung davon auszugehen, dass er dies nicht für ein Entgelt getan hat. Die unter 2.a)bb) vorstehenden Ausführungen gelten hier entsprechend. Der Beklagte, den – wie ausgeführt – insoweit eine gesteigerte Darlegungslast trifft, hat hierzu nichts Substantiiertes geltend gemacht. Diese Umstände rechtfertigen, soweit mit der rechtsdienstleistenden Tätigkeit des Beklagten in Zukunft ernsthaft zu rechnen ist (strafrechtlicher Bereich), auch die Bewertung, dass der Beklagte zukünftig entgeltlich handeln werde.

e) Der Beklagte hat auch, wie zwar nicht von der Verbotsnorm des § 3 RDG, wohl aber vom Antrag in der gestellten Fassung verlangt, geschäftsmäßig gehandelt. Die zu 2.a)cc) vorstehenden Ausführungen gelten hier entsprechend.

d) Der von dem Beklagten gesehene Normenwiderspruch zwischen § 5 RVG und § 6 RDG besteht nicht (dazu vorstehend 2.a]dd]), weshalb (auch) insoweit Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Normen nicht bestehen. Das Verbot der nicht durch einen Rechtsanwalt erbrachten entgeltlichen Rechtsdienstleistung ist ferner mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, weil es sich – ebenso wie im Falle der prozessualen Vertretungsbeschränkung (dazu oben 2.a]ff]) – um eine zum Schutz der Rechtsuchenden sowie im Interesse einer geordneten Rechtspflege geeignete, erforderliche und angemessene Regelung handelt. Das vorliegende Verbot greift damit weder in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) noch in die allgemeine Handlungsfreiheit des Beklagten (Art. 2 Abs. 1 GG) unverhältnismäßig ein.

e) Hinsichtlich außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen des Beklagten, die sich nicht lediglich auf das Zivil- und Strafrecht, sondern andere Rechtsgebiete etwa des Verwaltungs-, Sozial-, Arbeits- oder Steuerrechts beziehen, fehlt es allerdings an einer Erstbegehungsgefahr, weil weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass mit einer Tätigkeit des Beklagten auf diesen Gebieten ernsthaft zu rechnen ist. Im übersteigenden Umfang ist die Klage daher abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Bei der Gewichtung des Obsiegens und Unterliegens hat der Senat berücksichtigt, dass im Hinblick auf die vom Beklagten tatsächlich entfaltete Tätigkeit der Schwerpunkt des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin am beantragten Verbot im Bereich der zivil- und strafrechtlichen Vertretung liegt, so dass sich ihr Unterliegen hinsichtlich der (nicht erfolgten) Vertretung auf weiteren Rechtsgebieten auf nicht mehr als 1/3 beläuft. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen der Revisionszulassung liegen nicht vor, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 1 ZPO).