LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.04.2013 - 13 Sa 6/13
Fundstelle
openJur 2013, 27594
  • Rkr:

1. Die Berechnung der Entgeltfortzahlung nach dem so genannten Referenzprinzip bedingt, dass Urlaubs- und Krankheitstage im Referenzzeitraum nicht als "Arbeitszeit" im Sinne von § 8 Nr. 1.2 METV zu berücksichtigen sind. Urlaubs- und Krankheitstage im Referenzzeitraum können insbesondere nicht mit einem pauschalen Wert von Arbeitsstunden pro Tag bewertet werden, sondern sind mit "null" zu zählen.

2. Soweit im Referenzzeitraum Urlaubs- und Krankheitstage liegen, kann dann aber auch nicht der in § 8 Nr. 1.2 METV aufgeführte Divisor von "182" angewendet werden. Der Divisor ist vielmehr im Umfang der Zahl der Urlaubs- und Krankheitstage im Referenzzeitraum zu verringern.

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim - Kammern Heidelberg - vom 15. November 2012 (Az.: 5 Ca 170/12) zu Nr. 1 des Tenors teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger EUR 249,69 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 7. Juni 2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage betreffend Nr. 1 des Tenors abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim - Kammern Heidelberg - vom 15. November 2012 (Az.: 5 Ca 170/12) zu Nr. 1 des Tenors zurückgewiesen und zu Nr. 2 des Tenors als unzulässig verworfen.

3. Hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens bleibt es bei der Entscheidung des Arbeitsgerichts Mannheim - Kammern Heidelberg - (Az.: 5 Ca 170/12), wonach die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gegeneinander aufgehoben werden. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte 8/9 und der Kläger 1/9.

4. Für die Parteien wird die Revision bezüglich Nr. 1 des Tenors (Berechnung der Entgeltfortzahlung nach § 8 METV) zugelassen. Im Übrigen (Verwerfung der Berufung als unzulässig) wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - weitere Entgeltfortzahlung für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vom 22. Februar bis 9. März 2012. Ferner begehrt er Differenzvergütung für Zeiten der Betriebsratstätigkeit am 1. und 7. Juni 2012.

Der am ... Januar 1969 geborene Kläger arbeitet seit dem 1. Mai 2006 bei der Beklagten, einem Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes, als Wachmann im Separatwachdienst zu einer Vergütung von EUR 11,19 brutto pro Stunde bis 29. Februar 2012 und EUR 11,44 brutto pro Stunde seit 1. März 2012 zuzüglich verschiedener Zuschläge. Es besteht kein schriftlicher Arbeitsvertrag der Parteien.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden im betreffenden Zeitraum der für allgemeinverbindlich erklärte Lohntarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Baden-Württemberg vom 2. Mai 2011 (künftig: LTV) sowie der für allgemeinverbindlich erklärte Mantelergänzungstarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Baden-Württemberg vom 9. Februar 2006 (künftig: METV) - abgeschlossen jeweils zwischen dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di - Anwendung. Ob auch der nicht für allgemeinverbindlich erklärte Mantelrahmentarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland vom 1. Dezember 2006 (MRTV) auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet, wird von den Parteien unterschiedlich beurteilt.

Der Kläger war vom 22. Februar bis 9. März 2012 arbeitsunfähig krank. Die Beklagte zahlte Entgeltfortzahlung an den Kläger für den Monat Februar 2012 in Höhe von EUR 514,74 brutto und für den März 2012 in Höhe von EUR 606,32 brutto. Die Beklagte ermittelte dabei zur Berechnung der Entgeltfortzahlung nach dem so genannten Referenzprinzip unter Bezugnahme auf § 8 METV die in den jeweils sechs dem Abrechnungsmonat vorausgehenden Monaten tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. § 8 METV hat folgenden Wortlaut:

"§ 8 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

1. Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle regelt sich nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz mit folgenden Abweichungen zur Höhe des fort zu zahlenden Entgelts.

1.1. Die Höhe der Entgeltfortzahlung beträgt 100 % des Stundengrundlohnes nach § 2 des jeweils gültigen Lohntarifvertrages einschließlich der Lohnzulagen nach den §§ 2 und 5 des jeweils gültigen Lohntarifvertrages einschließlich der außertariflichen Zulagen, der Mehrarbeitsstunden und der Mehrarbeitszuschläge.

1.2. Das fort zu zahlende Arbeitsentgelt der Arbeitnehmer berechnet sich nach der für den Arbeitnehmer durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten 6 Monate auf der Basis von § 8 Abs. 1.1. geteilt durch 182.

Das so ermittelte tägliche Arbeitsentgelt wird mit den Tagen der Arbeitsunfähigkeit multipliziert.

1.3. Der Arbeitgeber kann für seinen Betrieb die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auch nach dem Lohnausfallprinzip berechnen. Die Berechnungsgrundlage ist § 8 Abs. 1.1.

1.4. In den Fällen, in denen der Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubes krank wird, berechnet sich die Höhe des fort zu zahlenden Entgeltes nach § 8 Abs.1.1. in Verbindung mit § 8 Abs.1.2. dieses Tarifvertrages."

Soweit der Kläger in den sechs Kalendermonaten, die den jeweiligen Abrechnungsmonaten Februar und März 2012 vorausgingen, wegen Krankheit oder Urlaub an bestimmten Tagen nicht gearbeitet hatte, legte die Beklagte bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung für diese Tage eine Arbeitszeit von null Stunden zu Grunde. Dies betrifft im Referenzzeitraum für den Monat Februar 2012 (August 2011 bis Januar 2012) insgesamt 44 Urlaubs- und Krankheitstage und im Referenzzeitraum für den Monat März 2012 (September 2011 bis Februar 2012) insgesamt 36 Urlaubs- und Krankheitstage. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass bei der Berechnung der Arbeitszeit im Referenzzeitraum durch Urlaub oder Krankheit ausgefallene Arbeitstage mit einer regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit von acht Stunden zu berücksichtigen seien. In diesem Fall würde sich der Höhe nach unstreitig für den Monat Februar 2012 ein weiterer Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe von EUR 150,38 brutto und für den Monat März 2012 in Höhe von EUR 136,00 brutto ergeben.

Nach tarifvertraglich rechtzeitiger, aber erfolgloser schriftlicher Geltendmachung verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf weitergehende Entgeltfortzahlung mit seiner am 4. Juni 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 6. Juni 2012 zugestellten Klage weiter.

Der Kläger war am 1. und 7. Juni 2012 wegen erforderlicher Betriebsratsarbeit von der Arbeitsleistung freigestellt, was jeweils sechs Stunden in Anspruch nahm. Diese jeweils sechs Stunden wurden von der Beklagten auch vergütet. Der Kläger wurde von der Beklagten an den betreffenden Tagen nicht weiter zur Arbeit eingeteilt. Im ursprünglichen Dienstplan war für den Kläger an diesen beiden Tagen eine Arbeitszeit von acht Stunden vorgesehen. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass sich die Beklagte insoweit in Annahmeverzug befunden habe und ihm jeweils Vergütung für die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit von täglich acht Stunden schulde. Daraus würde sich ein weiterer Zahlungsanspruch des Klägers in rechnerisch unstreitiger Höhe von EUR 45,76 brutto ergeben, den der Kläger mit einer am 30. Juli 2012 eingegangenen und am 31. Juli 2012 zugestellten Klageerweiterung geltend macht. Nach einer späteren Verrechnung mit anderen, ursprünglich zum Teil streitigen Abrechnungspositionen verbleibt ein Betrag EUR 44,90 brutto, auf den der Kläger seinen Antrag beschränkt hat.

Der Kläger hat erstinstanzlich, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, vorgetragen, ihm stehe für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit in den Monaten Februar und März 2012 ein Anspruch auf weitere Entgeltfortzahlung in der geltend gemachten Höhe zu (zur Berechnung vgl. Schriftsatz vom 23. Oktober 2012 Seite 2 f.; Blatt 154 f. der erstinstanzlichen Akte; I/154 f.). Die Beklagte dürfe bei der Berechnung des Entgeltfortzahlungsbetrages nach dem Referenzprinzip gemäß § 8 METV Urlaubs- und Krankheitstage in den Vormonaten nicht mit einer Arbeitszeit von null Stunden bewerten, sondern müsse die regelmäßige tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden berücksichtigen, wie sie sich aus § 6 Nr. 1.1 MRTV ergebe. Dies ergebe sich bereits aus § 8 METV, wonach es auf die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten sechs Monate bei der Berechnung ankomme. Urlaubs- und Krankheitszeiten im Referenzzeitraum dürften sich nicht anspruchsmindernd auswirken. Anderenfalls käme es zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen, etwa bei einer langandauernden Vorerkrankung und einer dann kurze Zeit später auftretenden neuen Erkrankung, was zu einem völligen Entfallen der Entgeltfortzahlung bei der zweiten Erkrankung führen könne. § 8 METV verweise grundsätzlich auf das EFZG und nehme nur einige Modifikationen vor. Die Anwendbarkeit der Arbeitszeitregelung in § 6 Nr. 1.1 MRTV ergebe sich durch den Verweis in § 2 Nr. 1 METV, unabhängig von einer Allgemeinverbindlicherklärung des MRTV.

Der Kläger habe ferner Anspruch auf weitere Vergütung für den 1. und 7. Juni 2012 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges. Die Beklagte habe nur die jeweils sechs durch die Betriebsratstätigkeit ausgefallenen Arbeitsstunden vergütetet, ihm an diesen Tagen aber keine weitere Arbeit angeboten oder vergütet. Da er nach dem ursprünglichen Dienstplan an diesen beiden Tagen jeweils acht Stunden hätte arbeiten müssen, sei ihm die Beklagte zur Zahlung von Vergütung für insgesamt vier weitere Stunden verpflichtet.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 286,38 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere EUR 44,90 brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, die Beklagte sei berechtigt nach Maßgabe des § 8 METV von der Berechnung der Entgeltfortzahlung gemäß § 4 EFZG abzuweichen. Die Beklagte nehme die Berechnung der Entgeltfortzahlung nach dem Referenzprinzip vor, da dieses in der Regel etwas günstiger für den Arbeitnehmer sei, als das Lohnausfallprinzip. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die in dem der Entgeltfortzahlung vorangehenden Referenzzeitraum von sechs Monaten wegen Krankheit oder Urlaub ausgefallenen Tage nicht mit acht Stunden anzusetzen. § 6 MRTV habe in diesem Zusammenhang für das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Bedeutung, zumal dieser Tarifvertrag nicht allgemeinverbindlich sei. Die Berechnungsmethode der Beklagten führe auch zu gerechten Ergebnissen. Bei Arbeitnehmern, die beispielsweise 200 Stunden pro Monat arbeiteten, ergebe sich aus der Berechnung nach § 8 Nr. 1.2 (multipliziert mit 6 und geteilt durch 182) eine durchschnittliche Arbeitszeit von 6,59 Stunden pro Tag; bei einer 40 Stunden Woche (montags bis freitags jeweils acht Stunden) eine durchschnittliche Stundenzahl von 5,56. Wenn man diesen Arbeitnehmern pro Krankheitstag acht Stunden berechnen würde, wären sie durch die Krankheit besser gestellt. Die dem Kläger gemessen an seiner tatsächlichen Arbeitsleistung im Referenzzeitraum zustehende Entgeltfortzahlung habe der Kläger bereits erhalten.

Bezüglich der Betriebsratstätigkeit werde die Beklagte den Betrag von EUR 45,76 brutto noch abrechnen und auszahlen.

Das Arbeitsgericht hat mit einem 15. November 2012 verkündeten Urteil nach den Klageanträgen erkannt und für die Beklagte die Berufung zugelassen. Dem Kläger stehe der für die Tage 1. und 7. Juni 2012 geltend gemachte weitere Vergütungsanspruch von EUR 44,90 brutto zu. Die Beklagte habe die Berechtigung der Forderung zwar in ihrem Schriftsatz vom 24. August 2012 unstreitig gestellt, aber noch nicht ausgeglichen.

Dem Kläger stehe auch der von ihm geltend gemachte Differenzbetrag an Entgeltfortzahlung für den Zeitraum 22. Februar bis 9. März 2012 in der zuletzt geltend gemachten Höhe von EUR 286,38 brutto zu. Die "durchschnittliche Arbeitszeit" im Sinne von § 8 Nr. 1.2 METV im Referenzzeitraum sei bei mit Vergütungsanspruch ausgefallener Arbeitszeit wegen Urlaubs oder Arbeitsunfähigkeit mit täglich acht Stunden zu berücksichtigen. Aus dem Wortlaut von § 8 Nr. 1.2 METV ergebe sich nicht, dass in der "Arbeitszeit" tatsächlich auch "Arbeitsleistung" erbracht worden sein müsse. Eine andere Auslegung sei nicht mit dem nach dem EFZG grundsätzlich geltenden Lohnausfallprinzip zu vereinbaren. Auch angesichts der Tarifdispositivität nach § 4 Abs. 4 EFZG müsse dem Arbeitnehmer im Krankheitsfall 100% seiner Grundvergütung erhalten bleiben. Bei der Berechnungsweise der Beklagten würde die Entgeltfortzahlung unzulässig in ihrer Substanz angetastet. Wenn sich Urlaubs- und Krankheitstage im Referenzzeitraum anspruchsmindernd auf die Entgeltfortzahlung auswirkten, wäre die Aufrechterhaltung der Grundvergütung nicht gewährleistet. Daher müssten bei der Berechnung nach § 8 METV nicht nur vergütungspflichtige Arbeitszeiten im Referenzzeitraum, sondern auch vergütungspflichtige Ausfallzeiten wie Urlaub und Krankheit berücksichtigt werden. Mangels anderweitiger Regelung sei diesbezüglich die regelmäßige tägliche Arbeitszeit maßgeblich. Diese sei nach § 2 Nr. 1 METV i.V.m. § 6 Nr. 1.1 MRTV mit acht Stunden definiert. Demzufolge sei die Berechnung des Klägers nicht zu beanstanden.

Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 9. Januar 2013 zugestellt. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer Berufung, die am 25. Januar 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist und mit einem am 7. März 2013 eingegangenen Schriftsatz begründet wurde.

Die Beklagte trägt vor, das Arbeitsgericht habe nicht von einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von durchschnittlich acht Stunden ausgehen dürfen. Nach § 2 Nr. 4 METV betrage die maximale Arbeitszeit im Monat 220 Stunden, da Mehrarbeit ab der 223. Stunde vorliege. Selbst bei einer Arbeitszeit von 220 Stunden pro Monat ergebe sich nach dem Berechnungsmodus des § 8 METV nur eine durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von 7,25 Stunden. § 6 MRTV sei ungeeignet, um eine durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von acht Stunden zu begründen. Der MRTV finde auf das Arbeitsverhältnis der Parteien mangels Allgemeinverbindlichkeit auch keine Anwendung. Die Dienstpläne zeigten, dass der Kläger in völlig unterschiedlichen Zeiträumen regelmäßig 12 Stunden am Tag beschäftigt gewesen sei. In den ersten drei Wochen des August 2011 habe der Kläger durchschnittlich 6,6 Stunden pro Tag gearbeitet. Dies zeige, dass die Grundvergütung des Klägers bei der Berechnung der Beklagten erhalten bleibe. Es sei auch nicht ungerecht, für die Urlaubstage im Referenzzeitraum keine Arbeitszeit anzusetzen, da für diese tarifvertraglich ein zusätzliches Urlaubsgeld gezahlt werde. Der Erkrankte dürfe nicht besser gestellt werden, was aber der Fall wäre, wenn man pro Krankheitstag acht Stunden an durchschnittlicher Arbeitszeit in Ansatz bringen würde. Der Wortlaut des § 8 METV sei eindeutig. Die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle solle sich grundsätzlich nach dem EFZG richten, jedoch mit Abweichungen hinsichtlich der Höhe. Die Tarifvertragsparteien seien lediglich an den Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gebunden. § 8 METV senke die Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts nicht unter 100% ab. Nach alledem schulde die Beklagte dem Kläger den Betrag von EUR 286,38 nicht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim - Kammern Heidelberg - vom 15.11.2012, zugestellt am 09.01.2013, Az.: 5 Ca 170/12, abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das mit der Berufung angegriffene Urteil. Das Arbeitsgericht habe zu Recht angenommen, dass die "durchschnittliche Arbeitszeit" im Sinne von § 8 METV nicht mit der "durchschnittlichen Arbeitsleistung" im Referenzzeitraum identisch sei. Eine andere Auslegung würde die Grenzen der Tariföffnungsklausel des § 4 Abs. 4 EFZG überschreiten, da der Entgeltfortzahlungsanspruch in seiner Substanz angetastet würde. Der Entgeltfortzahlungsanspruch könnte bei einer Neuerkrankung nach vorangehend längerer Arbeitsunfähigkeit ins Leere laufen. Die Tarifvertragsparteien hätten sich erkennbar auch nicht weitreichend von der Systematik des EFZG entfernen wollen, wie die einleitende Formulierung in § 8 Nr. 1 METV zeige. Die Berechnung der Beklagten habe aber mit dem Grundprinzip des EFZG nichts mehr gemein. Die vergütungspflichtigen Ausfallzeiten im Referenzzeitraum seien mit acht Stunden täglich anzusetzen. Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit ergebe sich aus § 2 METV, der auf § 6 MRTV unabhängig von der Frage der Allgemeinverbindlichkeit verweise. Die Überlegungen der Beklagten zu Fragen zuschlagspflichtiger Mehrarbeit träfen, wie auch ihre übrigen Rechenbeispiele, nicht zu.

Im Übrigen wird hinsichtlich des Vortrags der Parteien auf die zwischen ihnen in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Berufung der Beklagten ist grundsätzlich zulässig, da sie im Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen wurde, § 64 Abs. 2 Buchstabe a ArbGG. Die Berufung ist auch frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO.

Soweit die Berufung der Beklagten die Verurteilung zur Zahlung weiterer Vergütung im Umfang von EUR 44,90 brutto an den Kläger für den 1. und 7. Juni 2012 betrifft, an denen dieser im Umfang von jeweils 6 Stunden Betriebsratsarbeit geleistet und für jeweils zwei weitere Stunden entgegen dem ursprünglichen Dienstplan nicht mehr von der Beklagten eingesetzt wurde, ist sie gleichwohl nicht zulässig, da sie nicht dem gesetzlichen Erfordernis einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils genügt, weshalb sie als unzulässig zu verwerfen war, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO (vgl. hierzu insbesondere BAG 14. Dezember 2004 - 1 AZR 504/03 - BAGE 113, 121 ff., unter I.1. der Entscheidungsgründe und BAG 8. Oktober 2008 - 5 AZR 526/07 - NZA 2008, 1429 f., unter I.3.a) der Entscheidungsgründe).

1. Nach § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine klare Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll; bei verschiedenen Streitgegenständen gilt dies für jeden von ihnen gesondert (vgl. BAG 22. Juli 2003 - 1 ABR 28/02 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 108 = EzA BetrVG 2001 § 87 Arbeitszeit Nr. 4, zu B I der Gründe m.w.N). Andernfalls kann die Berufungsbegründung ihren Zweck, eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs herbeizuführen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 26. Auflage § 520 Rn. 20), Berufungsgericht und Gegner darüber zu unterrichten, wie der Berufungskläger den Streitfall beurteilt wissen will, und sie in die Lage zu versetzen, sich auf die Rechtsmittelangriffe erschöpfend vorzubereiten (vgl. BGH 11. Mai 1999 - IX ZR 298/97 - NJW 1999, 2435, zu I 1 der Gründe m.w.N.), nicht erfüllen. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein. Sie muss klar und konkret erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher und rechtlicher Art und aus welchen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BAG 6. März 2003 - 2 AZR 596/02 - AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 32, zu II 1 a der Gründe m.w.N.). Hat das Gericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss der Berufungskläger in der Berufungsbegründung für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung die angegriffene Entscheidung nicht trägt; andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (BAG 11. März 1998 - 2 AZR 497/97 - BAGE 88, 171, zu I der Gründe).

Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Zur Konkretisierung der erheblichen Rechtsverletzung muss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Berufungsbegründung auf den zur Entscheidung anstehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es dieses bekämpfen will (BAG 10. Februar 2005 - 6 AZR 183/04 - NZA 2005, 597; BAG 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - AP TzBfG § 8 Nr. 10). Der Berufungskläger muss den aus seiner Sicht gegebenen Rechtsfehler benennen und aufzeigen, weshalb ein solcher vorliegen soll und seine Erheblichkeit und Ursächlichkeit für die angefochtene Entscheidung darlegen (BAG 25. April 2007 - 6 AZR 436/05 - AP ZPO § 580 Nr. 15). Den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbegründung genügt nicht die bloß pauschale Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils (BAG vom 25.April 2007 - 6 AZR 436/05 - AP ZPO 580 Nr. 15).

2. Nach diesem Maßstab hat sich die Beklagte mit den Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils hinsichtlich des Streitgegenstandes der Differenzvergütung für die beiden Tage im Juni 2012 nicht hinreichend auseinandergesetzt. Zwar hat die Beklagte beantragt, nach den Schlussanträgen der ersten Instanz zu erkennen, also die Klage abzuweisen. Es fehlen aber jegliche Ausführungen in der Berufungsbegründung betreffend die Verurteilung zur Zahlung weiterer EUR 44,90 brutto für den 1. und 7. Juni 2012. Das Arbeitsgericht hat in seiner Begründung darauf hingewiesen, dass dieser Anspruch, den der Kläger der Sache nach auf die Grundsätze des Annahmeverzuges stützt, von der Beklagten erstinstanzlich unstreitig gestellt worden sei. Die Berufungsbegründung setzt sich allein mit der Frage der Entgeltfortzahlung an den Kläger für den Zeitraum 22. Februar bis 9. März 2012 auseinander. Dies genügt nicht den Anforderungen an eine zulässige Berufung betreffend den Streitgegenstand Differenzvergütung am 1. und 7. Juni 2012.

II.

Soweit die Berufung der Beklagten zulässig ist (Umfang der Entgeltfortzahlungsansprüche des Klägers im Zeitraum 22. Februar bis 9. März 2012) ist sie nur zu einem geringen Teil begründet und war im Übrigen zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass bei der von der Beklagten gewählten Berechnungsweise zur Ermittlung der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit des Klägers im Referenzzeitraum bei Verwendung des tarifvertraglichen Divisors von 182 und Berücksichtigung von Urlaubs- und Krankheitstagen im Referenzzeitraum mit "null" Stunden sich ein unzutreffend geringer Wert an Arbeitsstunden pro Tag ergibt. Allerdings kann weder den Grundsätzen des Entgeltfortzahlungsgesetzes noch den maßgeblichen tarifvertraglichen Regelungen entnommen werden, dass pro Urlaubs- und Krankheitstag im Referenzzeitraum eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden zu berücksichtigen ist. Vielmehr war eine ergänzende Auslegung des § 8 METV geboten und erforderlich, wonach zwar - wie es auch die Beklagte sieht - Tage im Referenzzeitraum, an denen tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht wurde, mit jeweils "null" Stunden in die Berechnung eingehen. Nach dem Grundsatz des Entgeltfortzahlungsgesetzes, wonach dem Arbeitnehmer im Krankheitsfall grundsätzlich die Vergütung in ungeschmälerter Höhe fortzuzahlen ist (vgl. § 4 Abs. 1 EFZG), was in § 8 Nr. 1 und 1.1 METV aufgegriffen wird, sind solche Urlaubs- und Krankheitstage im Referenzzeitraum bei dem nach § 8 Nr. 1.2 anzuwenden Divisor aber ebenfalls nicht zu berücksichtigen, sondern von dem dort genannten Wert von 182 abzuziehen. Bei dieser Berechnung ergibt sich ein etwas geringer Entgeltfortzahlungsanspruch gegen die Beklagte, als vom Kläger errechnet.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte für den Zeitraum 22. Februar 2012 bis 29. Februar 2012 ein Anspruch auf weitere Entgeltfortzahlung - über die an ihn bislang schon geleisteten Beträge - in Höhe von EUR 134,30 brutto und für den Zeitraum 1. März 2012 bis 9. März 2012 in Höhe von EUR 115,39 brutto, insgesamt also EUR 249,69 brutto, zu.

a) Der Anspruch folgt dem Grunde nach aus § 3 EFZG, § 8 Nr. 1 METV. Der Kläger war im vorgenannten Zeitraum unstreitig arbeitsunfähig krank, ohne dass der Entgeltfortzahlungszeitraum des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG bereits abgelaufen war.

b) Zur Berechnung der durchschnittlichen Arbeitszeit des Klägers nach § 8 Nr. 1.2 sind zwar im Referenzzeitraum August 2011 bis Januar 2012 nur 1000 und im Referenzzeitraum September 2011 bis Februar 2012 nur 1024 tatsächlich geleistete Arbeitsstunden zu berücksichtigen. Allerdings ist in ergänzender Auslegung von § 8 Nr. 1.2 METV zur weiteren Berechnung der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit auch nur ein Divisor von 138 beziehungsweise 146 maßgebend.

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Somit ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., etwa BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 944/08 - Rn. 18; 23. September 2009 - 4 AZR 382/08 - Rn. 14, BAGE 132, 162; 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - zu I 2 a bb (2) (c) (bb) der Gründe mwN, BAGE 113, 291).

bb) Durch Tarifvertrag kann eine von den Absätzen 1, 1a und 3 des § 4 EFZG abweichende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts festgelegt werden, § 4 Abs. 4 Satz 1 EFZG (vgl. hierzu BAG 18. November 2009 - 5 AZR 975/08 - AP EntgeltFG § 4 Nr. 70). "Bemessungsgrundlage" im Sinne dieser Vorschrift ist die Grundlage für die Bestimmung der Höhe der Entgeltfortzahlung. Hierzu gehören sowohl die Berechnungsmethode (Ausfall- oder Referenzprinzip) als auch die Berechnungsgrundlage. Die Berechnungsgrundlage setzt sich aus Geld- und Zeitfaktor zusammen. Sie betrifft Umfang und Bestandteile des der Entgeltfortzahlung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts sowie die Arbeitszeit des Arbeitnehmers (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 346/03 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 110, 90, 94 f.; BAG 13. März 2002 - 5 AZR 648/00 - zu III 2 b der Gründe, AP EntgeltFG § 4 Nr. 58 = EzA EntgeltfortzG § 4 Nr. 6; BAG 26. September 2001 - 5 AZR 539/00 - zu I 3 a aa der Gründe, BAGE 99, 112, 116). Die Tarifvertragsparteien sind lediglich an den Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung (100 %) im Krankheitsfall gebunden, denn dieser Grundsatz folgt aus dem nicht tarifdispositiven § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG iVm. § 4 Abs. 1 EFZG (BAG 24. März 2004 - 5 AZR 346/03 - zu II 3 b aa der Gründe, BAGE 110, 90, 96; BAG 13. März 2002 - 5 AZR 648/00 - aaO).

cc) Die Tarifvertragsparteien haben in Abweichung von dem nach § 4 Abs. 1 EFZG grundsätzlich maßgeblichen (zukunftsgerichteten) Lohnausfallprinzip hinsichtlich der Berechnung der ausgleichspflichtigen Arbeitszeit des Klägers gemäß § 8 Nr. 1.2 METV das (vergangenheitsbezogene) Referenzprinzip für maßgeblich erklärt. Dies ist grundsätzlich unproblematisch möglich, soweit dadurch der Kern der vollen Entgeltfortzahlung nicht angetastet wird. In Fällen wie dem vorliegenden kann das Referenzprinzip auch überaus sinnvoll sein, wenn aufgrund der sehr unterschiedlichen Arbeitszeiten des Arbeitnehmers es sehr schwer zu bestimmen wäre, wie viel Arbeitszeit (nach dem Lohnausfallprinzip) durch die Arbeitsunfähigkeit tatsächlich ausgefallen ist. Dies gilt in besonderer Weise für den Kläger, der ausweislich der vorgelegten Stundenabrechnungen (vgl. I/9 ff.) montags bis sonntags zwischen vier Stunden und 14 Stunden an einem Kalendertag arbeitet, dann aber auch - unabhängig von Krankheit oder Urlaub - bis zu drei, teilweise auch vier arbeitsfreie Tage am Stück hat.

Da der Kläger - je nach Schichteinteilung - an jedem der sieben Wochentage aber mit sehr großen Schwankungen Arbeitsleistung erbringt, ist es auch zutreffend, dass sowohl die maßgeblichen tarifvertraglichen Regelungen als auch die Parteien bei ihren Berechnungen offenkundig Kalendertage zu Grunde legen. So nimmt der in § 8 Nr. 1.2 METV genannte Divisor von 182 für einen Referenzzeitraum von sechs Monaten Bezug auf die in diesem Zeitraum durchschnittlich anfallenden Kalendertage. Der Kläger begehrt im Zeitraum 22. bis 29. Februar 2012 Entgeltfortzahlung für acht Tage und im Zeitraum 1. bis 9. März 2012 für neun Tage, womit offenkundig auch Kalendertage gemeint sind. Die Beklagte hat in ihren Stundenabrechnungen (vgl. I/9 ff.) auch die Tage Samstag und Sonntag mit Urlaubs- beziehungsweise Krankheitszeiten ausgewiesen und geht damit offenkundig auch von einer kalendertäglichen Berechnung aus. Soweit der Kläger meint, Urlaubs- und Krankheitstage im Referenzzeitraum müssten mit acht Stunden Arbeitszeit bewertet werden, betrifft dies ausweislich der vorgelegten Stundenabrechnungen alle sieben Wochentage. Angesichts der sehr unterschiedlichen Arbeitseinteilung des Klägers, der häufig auch samstags und sonntags arbeitet, ist eine Berechnung nach Kalendertagen auch der einzig praktikable Berechnungsweg.

dd) Anders als vom Kläger angenommen ist der Begriff der "durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten 6 Monate" in § 8 Nr. 1.2 METV allein auf die von ihm geleistete tatsächliche Arbeit zu beziehen. Für eine Hinzurechnung quasi "fiktiver" Arbeitszeiten im Referenzzeitraum, die auf Urlaub oder Krankheit entfallen und mit einer bestimmten Stundenzahl zu bewerten wären (beispielsweise: acht Stunden pro Kalendertag), ist nach der tarifvertraglichen Regelung kein Raum.

Vielmehr sind Urlaubs- und Krankheitszeiten im Referenzzeitraum hinsichtlich der "Arbeitszeit" mit "null" zu bewerten.

(1) Der Begriff "Arbeit leisten" wird ebenso wie der Begriff "arbeiten" ausschließlich für das aktive Tun verwandt (so zum vormals geltenden § 2 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Bewachungsgewerbe in Baden-Württemberg vom 24. Januar 2002 BAG 11. Juni 2008 - 5 AZR 389/07 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe Nr. 19). Urlaubszeiten, in denen der Arbeitnehmer davon gerade - unter Fortzahlung seiner Vergütung - befreit ist, lassen sich grundsätzlich nicht unter diesen Begriff subsumieren (vgl. BAG 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - BAGE 111, 204, 209 f.). Dies entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch und wird bestätigt durch besondere tarifliche Regelungen, die bestimmen, dass näher bezeichnete bezahlte Ausfallzeiten, insbesondere wegen Urlaub und Krankheit, etwa bei der Überstundenberechnung ganz oder teilweise "mitzuzählen" sind (z.B. § 17 Abs. 3 BAT). Der Einwand des Klägers, die "durchschnittliche Arbeitszeit" im Sinne von § 8 Nr. 1.2 METV sei ein pauschalierend, abstrakter Begriff, dem "fiktive" Arbeitszeiten an Urlaubs- und Krankheitstagen hinzugerechnet werden könnten, trägt nicht. Die in § 6 MRTV geregelte "regelmäßige tägliche Arbeitszeit" bezieht sich auf Arbeitszeiten, in denen der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht erfüllt. § 6 MRTV ist keine allgemeine Berechnungsvorschrift für Ausfallzeiten, in denen keine Arbeitsleistung erbracht wird (vgl. BAG 11. Juni 2008 - 5 AZR 389/07 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bewachungsgewerbe Nr. 19 zum entsprechend formulierten § 2 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Bewachungsgewerbe in Baden-Württemberg vom 24. Januar 2002). Während der regelmäßigen Arbeitszeit muss grundsätzlich Arbeit geleistet werden. Sollen Zeiten ohne Arbeitsleistung für weitere tarifliche Leistungen berücksichtigt werden, bedarf dies besonderer tariflicher oder gesetzlicher Regelungen.

(2) Dies folgt vorliegend auch insbesondere daraus, dass die Tarifvertragsparteien bei der Berechnung der "durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten 6 Monate" in § 8 Nr. 1.2 METV erkennbar gerade nicht auf eine Pauschalierung abgestellt haben. Vielmehr nimmt die tarifvertragliche Regelung Bezug auf die "für den Arbeitnehmer" durchschnittliche Arbeitszeit im Referenzzeitraum. Damit ist klargestellt, dass eine möglichst individuelle Anbindung der Berechnung der Entgeltfortzahlung von den Tarifvertragsparteien gewollt ist. Damit verbietet sich eine Bewertung von Urlaubs- und Krankheitstagen im Referenzzeitraum mit Stundenwerten, die sich etwa aus anderen tarifvertraglichen Regelungen ergeben und gerade nichts mit dem individuellen Fall zu tun haben. Ist für den Umfang der individuellen durchschnittlichen Arbeitszeit wie hier auf das gelebte Arbeitsverhältnis abzustellen, so sind Krankheits- und Urlaubstage nicht in die Durchschnittsberechnung einzubeziehen (vgl. BAG 26. Juni 2002 - 5 AZR 592/00 - AP EntgeltFG § 4 Nr. 61). Der Kläger hat in einem sehr unterschiedlichen Umfang in der Vergangenheit gearbeitet. Wollte man Urlaubs- und Krankheitszeiten im Referenzzeitraum etwa unter Rückgriff auf § 6 MRTV fiktiv pauschal mit acht Stunden pro Kalendertag bewerten, würde sich je nach Länge des Monats eine monatliche Arbeitszeit des Klägers von 240 beziehungsweise 248 Stunden ergeben, was erkennbar mehr ist, als er in einem Monat mit tatsächlicher Arbeit in der Vergangenheit durchschnittlich geleistet hat. Gleiches würde für jeden anderen Wert gelten: ein solcher Wert hätte, anders als von den Tarifvertragsparteien vorgesehen, gerade nichts mit dem individuellen Verlauf des Arbeitsverhältnisses im Referenzzeitraum zu tun, sondern würde nach abstrakten Kriterien einen Durchschnittswert darstellen, der sich vom konkreten Einzelfall unzulässig löst.

ee) Da nach dem Wortlaut, dem von den Tarifvertragsparteien erkennbar Gewollten, dem Sinn und Zweck sowie der Systematik nur die tatsächliche Arbeitszeit des Klägers in die Berechnung nach § 8 Nr. 1.2 METV einzustellen ist, muss aber hinsichtlich des Divisors zur Ermittlung der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit im Referenzzeitraum eine Anpassung des im Tarifvertrag genannten Wertes von "182" vorgenommen werden. Nur dann ist sichergestellt, dass der Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (100%) gewahrt ist. Das Anpassungserfordernis des tarifvertraglich genannten Divisors von "182" für Urlaubs- und Krankheitstage im Referenzzeitraum wird zwar in der tariflichen Norm nicht ausdrücklich selbst angeführt. Dies ergibt sich aber aus einer ergänzenden Auslegung des Tarifvertrags.

(1) § 8 Nr. 1.2 METV will nach dem oben Gesagten für die Berechnung der Entgeltfortzahlung die individuelle durchschnittliche Arbeitszeit im Referenzzeitraum berücksichtigen, weshalb auch nur die tatsächlich geleisteten Stunden zu berücksichtigen sind. Dabei legt die tarifliche Norm aber sämtliche 182 Kalendertage des Referenzzeitraums als Divisor zu Grunde. Hat der Arbeitnehmer im Referenzzeitraum seine Arbeitsleistung aber nicht an allen 182 Kalendertagen (unter Einbeziehung von Freischichten) erbracht, sondern fallen Urlaubs- und Krankheitstage in diesen Zeitraum, ist eine mathematisch korrekte Ermittlung des Durchschnitts anhand der konkreten individuellen Daten erforderlich. So wie sich der Dividend der Rechnung der tatsächlichen Arbeitsleistung im Referenzzeitraum anzupassen hat, gilt dies in gleicher Weise für den Divisor.

Auch dieser ist konkret-individuell zu bestimmen. Anderenfalls würde der Durchschnittswert arithmetisch verfälscht (vgl. BAG 1. September 2010 - 5 AZR 557/09 - NZA 2010, 1361 f. zum Erfordernis der individuellen Anpassung des in der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 21 Satz 2 TVöD genannten Divisors "65" bei einem Referenzzeitraum von drei Monaten und einer Fünf-Tage-Woche bei zwei Ausfalltagen auf "63").

(2) Ein anderes Verständnis der Tarifnorm würde dem nicht tarifdispositiven Gebot der vollen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, wie er sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 EFZG ergibt, widersprechen. Würde man etwa nach einer länger andauernden Erkrankung, folgendem Urlaub und einer dann eintretenden neuen Erkrankung unverändert den Divisor "182" anwenden, könnte der Anspruch auf Entgeltfortzahlung beliebig klein, im Extremfall sogar null werden. Ein Absinken der Höhe des Entgeltfortzahlungsanspruchs wegen anderweitiger Arbeitsunfähigkeits- oder Urlaubszeiten im Referenzzeitraum ist nicht mit dem Gebot der vollen Entgeltfortzahlung in Einklang zu bringen. Ferner würde ein Verständnis des Divisors "182" als "starrer" Wert auch nicht zur Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelung passen, wonach bei der Berechnung die konkreten tatsächlichen Arbeitsstunden maßgeblich sind. Dann muss aber auch der Divisor den tatsächlichen Arbeitstagen im Referenzzeitraum (einschließlich etwaiger Freischichten) angepasst werden.

(3) Soweit die Beklagte meint, das an die Arbeitnehmer nach § 6 Nr. 7 METV gezahlte zusätzliche Urlaubsgeld biete einen ausreichenden Ausgleich für die Nichtberücksichtigung von Urlaubstagen bei der Berechnung von Entgeltfortzahlungsansprüchen, trifft dies nicht zu. Das tarifvertragliche Urlaubsgeld wird als zusätzliche Leistung im Zusammenhang mit den den Arbeitnehmern zustehenden Urlaubsansprüchen gezahlt. Es weist keinerlei Bezug zu etwaigen Entgeltfortzahlungsansprüchen auf. Das zusätzliche Urlaubsgeld erhalten insbesondere auch Arbeitnehmer, die nicht arbeitsunfähig erkrankt sind. Wollte man, wie die Beklagte offenkundig argumentiert, dieses zusätzliche Urlaubsgeld als Ausgleich für Nachteile bei der Entgeltfortzahlung betrachten - was sich bereits systematisch verbietet - würden am Ende die Arbeitnehmer, die Entgeltfortzahlung in Anspruch nehmen letztlich doch wieder schlechter gestellt, als es der Grundsatz der vollen Entgeltfortzahlung erfordert. Das zusätzliche Urlaubsgeld hätte ihnen auch ohne Entgeltfortzahlungsanspruch zugestanden und kann daher nicht als Ausgleich für eine nachteilige Berechnung herangezogen werden.

(4) Soweit im Referenzzeitraum Urlaubs- und Krankheitstage liegen, kann demnach nicht der in § 8 Nr. 1.2 METV aufgeführte Divisor von "182" angewendet werden. Der Divisor ist vielmehr im Umfang der Zahl der Urlaubs- und Krankheitstage im Referenzzeitraum zu verringern. Der vorliegende Fall veranlasste keine Entscheidung darüber, wie zu verfahren ist, wenn sämtliche 182 Kalendertage im Referenzzeitraum des § 8 Nr. 1.2 METV mit Urlaubs- oder Krankheitstagen belegt sind. Ob in einer solchen Lage gegebenenfalls eine weiter zurückreichende Verschiebung des Referenzzeitraums erforderlich wäre, kann daher offen bleiben.

2. Im konkreten Fall ergibt sich folgende Berechnung:

a) Hinsichtlich des für die Arbeitsunfähigkeit vom 22. bis 29. Februar 2012 (acht Kalendertage) maßgeblichen Referenzzeitraums von August 2011 bis Januar 2012 hat der Kläger zuletzt (vgl. Schriftsatz vom 23. Oktober 2012 (dort Seite 2; I/154) exakt 1000 tatsächlich geleistete Arbeitsstunden sowie weitere 44 Urlaubs- und Krankheitstage á acht Stunden (weitere 352 Stunden) angegeben. Maßgeblich sind nur die tatsächlichen 1000 Arbeitsstunden. Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 13. August 2012 (dort Seite 3 und Anlage B1; I/89 und 91) zwar zunächst 1048 Arbeitsstunden angegeben und 1040,50 Arbeitsstunden aufgelistet. Sie ist aber dem späteren Vortrag des Klägers betreffend 1000 Arbeitsstunden weder entgegengetreten, noch wollte sie dies offenkundig tun, da es sich um eine geringere Stundenzahl handelt, so dass der Vortrag des Klägers unstreitig ist. Mehr als der Kläger verlangt, kann ihm im Übrigen nicht zugesprochen werden.

Da in den Referenzzeitraum insgesamt 44 Kalendertage Urlaub und Arbeitsunfähigkeit fallen, ist als Divisor im Sinne von § 8 Nr. 1.2 METV nicht der dort genannte Wert von 182, sondern 138 anzuwenden.

1000 Arbeitsstunden geteilt durch 138 ergeben durchschnittlich 7,25 Stunden pro Kalendertag.

7,25 Stunden pro Kalendertag mal EUR 11,19 brutto pro Stunde (der vom Kläger in seiner Berechnung geltend gemachte Betrag) mal 8 Kalendertage Arbeitsunfähigkeit ergeben EUR 649,04 brutto Entgeltfortzahlung. Abzüglich der von der Beklagten bereits an den Kläger gezahlten EUR 514,74 brutto Entgeltfortzahlung verbleibt ein Rest von EUR 134,30 brutto, der als Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 22. bis 29. Februar 2012 noch von der Beklagten an den Kläger zu zahlen ist.

b) Hinsichtlich des für die Arbeitsunfähigkeit vom 1. bis 9. März 2012 (neun Kalendertage) maßgeblichen Referenzzeitraums von September 2011 bis Februar 2012 hat der Kläger zuletzt (vgl. Schriftsatz vom 23. Oktober 2012 (dort Seite 2 f.; I/154 f.) 1024 tatsächlich geleistete Arbeitsstunden sowie weitere 36 Urlaubs- und Krankheitstage á acht Stunden (weitere 288 Stunden) angegeben. Maßgeblich sind nur die tatsächlichen 1024 Arbeitsstunden. Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz vom 13. August 2012 (dort Seite 4 und Anlage B1; I/90 und 91) zwar zunächst 1072 Arbeitsstunden angegeben und 1064,50 Arbeitsstunden aufgelistet. Sie ist aber dem späteren Vortrag des Klägers betreffend 1024 Arbeitsstunden weder entgegengetreten, noch wollte sie dies offenkundig tun, da es sich um eine geringere Stundenzahl handelt, so dass der Vortrag des Klägers unstreitig ist. Mehr als der Kläger verlangt, kann ihm im Übrigen nicht zugesprochen werden.

Da in den Referenzzeitraum insgesamt 36 Kalendertage Urlaub und Arbeitsunfähigkeit fallen, ist als Divisor im Sinne von § 8 Nr. 1.2 METV nicht der dort genannte Wert von 182, sondern 146 anzuwenden.

1024 Arbeitsstunden geteilt durch 146 ergeben durchschnittlich 7,01 Stunden pro Kalendertag.

7,01 Stunden pro Kalendertag mal EUR 11,44 brutto pro Stunde (der vom Kläger in seiner Berechnung geltend gemachte Betrag) mal 9 Kalendertage Arbeitsunfähigkeit ergeben EUR 721,71 brutto Entgeltfortzahlung. Abzüglich der von der Beklagten bereits an den Kläger gezahlten EUR 606,32 brutto Entgeltfortzahlung verbleibt ein Rest von EUR 115,39 brutto, der als Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 1. bis 9. März 2012 noch von der Beklagten an den Kläger zu zahlen ist.

c) Insgesamt ergibt sich so ein für die Zeit der streitgegenständlichen Arbeitsunfähigkeit vom 22. Februar bis 9. März 2012 noch von der Beklagten an den Kläger zu zahlender Betrag von EUR 249,69 brutto. Soweit das Arbeitsgericht dem Kläger für diesen Zeitraum einen höheren Betrag zugesprochen hat (EUR 286,38 brutto), war das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage als unbegründet abzuweisen.

III.

Da die Parteien in der Berufungsinstanz in unterschiedlichem Umfang obsiegt haben und unterlegen sind, waren die Kosten des Berufungsverfahrens entsprechend dem unterschiedlichen Obsiegen gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu verteilen. Angesichts des nur geringen Streitwerts in der Berufungsinstanz und dem beinahe vier Mal so großen Gebührenstreitwerts im erstinstanzlichen Verfahren, sah das Landesarbeitsgericht keine Veranlassung, die erstinstanzliche Kostenentscheidung abzuändern. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, ergibt sich nach Bewertung der teilweisen Klagerücknahme und teilweisen Erledigterklärung eine annähernd gleiche Quote auf beiden Seiten, so dass die erstinstanzlichen Kosten gegeneinander aufzuheben waren. Daran ändert das weitere Unterliegen des Klägers mit einem Betrag von EUR 36,69 nichts. Das Landesarbeitsgericht hat für die Parteien, soweit die Frage der Berechnung der Entgeltfortzahlung nach § 8 METV betroffen ist, die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Die Übrigen war die Revision, soweit die teilweise Verwerfung der Berufung als unzulässig betroffen ist, nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht erfüllt sind.