OLG Celle, Beschluss vom 25.03.2013 - 10 WF 372/12
Fundstelle
openJur 2013, 20835
  • Rkr:
Tenor

Die sofortige Beschwerde des Kindesvaters gegen den sein Ablehnungsgesuch gegen die Richterin am Amtsgericht B. zurückweisenden Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 25. Oktober 2012 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

1. Der betroffene A. ist der Sohn der beteiligten Kindeseltern, deren Ehe geschieden wurde. Seither wurden bezüglich A. vor dem Amtsgericht Hannover bereits vierzehn Verfahren betreffend die elterliche Sorge bzw. den Umgang zwischen A. und dem Kindesvater geführt. Die elterliche Sorge für A. wird aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 13. Februar 2007 (610 F 4510/06) allein durch die Kindesmutter ausgeübt. Mit Beschluß vom 10. Mai 2011 (610 F 2922/10) ist der Umgang zwischen A. und dem Kindesvater bis zum 10. März 2013 ausgeschlossen worden.

2. In zwei im April bzw. Mai 2012 von ihm eingeleiteten Verfahren erstrebt der Kindesvater in Änderung („Aufhebung“) der genannten Entscheidungen die Wiederherstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge sowie die Anordnung von Umgangskontakten mit A. an jedem Sonntag für drei Stunden, obwohl dieser nach wie vor Umgangskontakte mit dem Kindesvater strikt ablehnt.

3. Nach einem Wechsel seiner Verfahrensbevollmächtigten hat der Antragsteller mit - von unterschiedlichen Sachbearbeitern aus der Kanzlei seiner Verfahrensbevollmächtigten stammenden - Schriftsätzen vom 16. bzw. 19. September 2012 gegen die zuständige Abteilungsrichterin Ablehnungsgesuche wegen Besorgnis der Befangenheit angebracht. Er will die Besorgnis der Befangenheit vor allem darauf stützen, die Richterin habe „sich seit der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Umgang im März 2009 nicht weiter fortgebildet“, „weitere bestehende fachliche Unkenntnis bei der Abteilungsrichterin“ werde zu „weiteren kindeswohlschädlichen Entscheidungen führen“. Zudem „offenbarten“ die Verfügungen der Abteilungsrichterin, im Verfahren betreffend die elterliche Sorge eine Kindesanhörung durchführen zu wollen, daß sie „den Inhalt ihrer Akten nicht kennt“ bzw. „daß ihr die fachliche Kompetenz fehlt“. Weiter entsprechende Abqualifizierungen der Abteilungsrichterin werden u.a. darauf gestützt, daß „offensichtlich … das sog. Stockholm-Syndrom nicht bekannt“ sei, nicht das sog. „Cochemer Modell“ angewandt werde, sie „offensichtlich … die wissenschaftlichen Standards der familienrechtlichen Gutachten“ sowie „die Ausführungen von Prof. Dr. Klenner, FamRZ 89, Heft 8 S. 408-412“ nicht kenne.

4. Das Amtsgericht hat - nach Einholung einer dienstlichen Äußerung der Abteilungsrichterin und Gewährung rechtlichen Gehörs dazu für den Kindesvater - mit Beschluß vom 25. Oktober 2012, auf den ergänzend Bezug genommen wird, die Ablehnungsgesuche zurückgewiesen.

5. Gegen diesen ihm am 7. November 2012 zugestellten Beschluß richtet sich die am 21. November 2012 eingelegte sofortige Beschwerde des Kindesvaters, mit der insbesondere die Gesichtspunkte vermeintlich fehlender „aktuelle Fachkenntnisse“ und fehlender Nachweise über durchgeführte Fortbildung weiterverfolgt werden. Die Kindesmutter tritt der Beschwerde entgegen.

II.

6. Die zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache offensichtlich unbegründet.

7. Mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat ausdrücklich vollinhaltlich beitritt, hat sich das Amtsgericht mit der verfahrensmäßigen Handhabung durch die Abteilungsrichterin befaßt und daraus etwa herzuleitende berechtigte Befürchtungen auf eine Befangenheit der Abteilungsrichterin überzeugend verneint. Demgegenüber werden auch mit der Beschwerde keine erheblichen Gesichtspunkte dargelegt.

8. Soweit sich die Beschwerde vor allem auf die hartnäckige Behauptung „fehlender Fachkenntnis“ sowie „nicht belegter Fortbildung“ stützen will, sind derartige Gesichtspunkte schon von vornherein ungeeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

9. Die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit, für die § 406 Abs. 1 ZPO hinsichtlich Voraussetzungen vollinhaltlich auf diejenigen für die Ablehnung eines Richters verweist, kann nach ganz gefestigter Rechtsprechung nicht auf einen etwaigen Mangel an Sachkunde bzw. auf Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit seines Gutachtens gestützt werden (vgl. BGH - Beschluß vom 5. November 2002 - X ZR 178/01 - FF 2003, SH 1, 107-108 = juris [Tz. 10]; Beschluß vom 15. März - VI ZB 74/04 - NJW 2005, 1869 f. = MDR 2005, 1007 f. = juris [Tz. 14]; Bay. LSG - Beschluß vom 19. November 2009 - L2 B 951/08 U - juris [Tz. 15.]; LSG Berlin-Brandenburg - Beschluß vom 5. Oktober 2011 - L 13 SF 359/11 B - juris [Tz. 8]; OLG Köln - Beschluß vom 25. Juli 2012 - 19 W 17/12 - juris [Tz. 12]). Dies beruht darauf, daß ein derartiger Vorwurf schon im Ansatz nicht die für eine etwaige Besorgnis der Befangenheit entscheidende Unparteilichkeit berührt; einer etwaigen „fehlenden Fachkunde“, „unzureichenden Fortbildung“ oder mangelnder Sorgfalt sehen sich vielmehr alle Beteiligten eines Verfahrens in gleicher Weise ausgesetzt (vgl. BGH - Beschluß vom 15. März 2005 a.a.O.). Diese Erwägung trifft uneingeschränkt auch für die Befangenheitsablehnung eines Richters zu. Zudem sehen die Verfahrensordnungen gegen möglicherweise inhaltlich unzutreffende Endentscheidungen der Gerichte ein differenziertes Rechtsmittelsystem vor, in dem - soweit geboten - eine Korrekturmöglichkeit eröffnet ist. Nicht zuletzt dürfte einer - vom Beschwerdeführer erstrebten - „Qualitätskontrolle“ des zuständigen Richters unter Mißbrauch des Befangenheitsrechts durchgreifend auch das verfassungsrechtlich besonders geschützte Prinzip des gesetzlichen Richters entgegenstehen.

III.

10. Die Kostenentscheidung fußt auf § 84 FamFG. Die Festsetzung eines Verfahrenswertes ist nicht veranlaßt, da für das Beschwerdeverfahren keine wertabhängigen Gerichtskosten erhoben werden (vgl. Nr. 1912 KV FamGKG) und ein Antrag zur Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 33 Abs. 1 RVG nicht gestellt ist.