Bayerischer VGH, Beschluss vom 11.03.2013 - 4 C 13.400
Fundstelle
openJur 2013, 20335
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde des Klägers und Widerbeklagten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 31. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger und Widerbeklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Beschwerde des Klägers und Widerbeklagten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 31. Januar 2013, in dem der Verwaltungsrechtsweg auch für die Widerklage für zulässig erklärt wurde, ist nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i. V. m. § 146 f. VwGO zulässig, aber unbegründet. Für die Widerklage ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet.

Der Widerkläger verfolgt mit der Widerklage einen Anspruch auf Unterlassung der vom Widerbeklagten als Stadtratsmitglied (angeblich) in der Sportausschusssitzung vom 23. Mai 2012 und auch Dritten gegenüber geäußerten Behauptung, die E. GmbH habe im Geschäftsjahr 2010/2011 einen Bilanzgewinn von 63.000 Euro erzielt, sowie die Verurteilung des Widerbeklagten zur Zahlung eines Betrages von 661,16 Euro, den der Widerkläger zur Verfolgung seines Unterlassungsanspruchs aufgewendet hat. Hierin liegt keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit im Sinne von § 13 GVG.

Die Klage auf Unterlassung bzw. Widerruf von Äußerungen, die ein Gemeinderatsmitglied in einer Sitzung des Gemeinderats oder eines seiner Ausschüsse bei einer Aussprache zu einem kommunalpolitischen Gegenstand abgegeben hat bzw. abgegeben haben soll, beurteilt sich grundsätzlich nach öffentlichem Recht (vgl. OVG RhPf U.v. 17.9.1991 – 7 A 10359/91NJW 1992, 1844; VG Karlsruhe, B.v. 18.2.2000 – 1 K 3256/99 – unveröff.; VG Würzburg U.v. 27.11.2002 – W 2 K 02.828 – juris; LG Deggendorf B.v. 13.12.2004 – 3 O 520/04 – BayVBl 2006, 315; VG Regensburg, U.v. 8.3.2006 – RN 3 K 05.00184 – juris; LG Karlsruhe B.v. 4.7.2008 – 3 O 35/07NVwZ-RR 2009, 87). Melden sich Gemeinderatsmitglieder in einer Rats- oder Ausschusssitzung zu einem Tagesordnungspunkt zu Wort, so nehmen sie insoweit keine grundrechtlich verbürgten Freiheitsrechte, sondern organschaftliche (öffentlich-rechtliche) Mitwirkungsbefugnisse wahr (BVerwG B.v. 12.2.1988 – 7 B 123/ 87NVwZ 1988, 837). Ihre Äußerungen können daher auch im Verhältnis zu Dritten nicht anders bewertet werden als die amtlichen Äußerungen anderer öffentlicher Amtsträger, gegen die nach allgemeiner Auffassung regelmäßig ebenfalls nur im Verwaltungsrechtsweg vorgegangen werden kann (vgl. BGH U.v. 28.2.1978 – VI ZR 246/76NJW 1978, 1860 m.w.N.).

Ausnahmsweise kann allerdings für solche Klagen auf Unterlassung oder Widerruf der Zivilrechtsweg eröffnet sein, wenn die beanstandeten Äußerungen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben des Amtsträgers stehen, sondern der betroffene Lebensbereich im Verhältnis der Beteiligten zueinander durch bürgerlichrechtliche Gleichordnung geprägt ist (BGH a.a.O. 1861 m.w.N.). Bei Wortbeiträgen von Gemeinderatsmitgliedern kann dies etwa dann der Fall sein, wenn die betreffenden Äußerungen nur bei Gelegenheit einer Sitzung eines kommunalen Vertretungsorgans gemacht wurden und sich zumindest im Schwerpunkt als Ausdruck einer rein persönlichen und demzufolge privatrechtlich zu beurteilenden Auseinandersetzung darstellen (vgl. VGH BW U.v. 9.10.1989 – 1 S 5/88NJW 1990, 1808; HessVGH B.v. 13.6.2007 – 8 E 1067/12NVwZ-RR 2012, 781;OLG Frankfurt U.v. 27.11.1998 – 24 W 65/98NVwZ-RR 1999, 814). Ein solches „überwiegend persönliches Gepräge“ (VGH BW B.v. 2.11.1998 – 9 S 2434/98VBlBW 1999, 93) ist jedoch im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Die strittige (angebliche) Äußerung in der Sportausschusssitzung vom 23. Mai 2012 stand unbestreitbar in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit dem damals behandelten Tagesordnungspunkt der Sportförderung. Sie diente insoweit der kommunalpolitischen Entscheidungsfindung innerhalb eines vom Stadtrat gebildeten Unterorgans und stellte damit jedenfalls nicht primär einen persönlich motivierten Angriff auf den Gesellschafter und Geschäftsführer der E.-GmbH dar. Dass dessen Unterlassungsbegehren umfassend formuliert ist und demgemäß auch den Bereich der privaten Äußerungen umfasst, ändert nichts daran, dass der Kläger und Widerbeklagte hier in erster Linie wegen einer in seiner Funktion als Mandatsträger getätigten Äußerung in Anspruch genommen wird.

Hinsichtlich des mit der Widerklage zusätzlich geltend gemachten Anspruchs auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist unter hier den gegebenen Umständen ebenfalls der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Der Anspruch stellt eine bloße Nebenforderung zu dem mit der Hauptsache verfolgten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch dar und teilt insoweit auch dessen Rechtsnatur.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Streitwertfestsetzung war im Hinblick auf Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zu § 3 GKG entbehrlich.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG liegen nicht vor.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).