BFH, Beschluss vom 08.02.2012 - V B 3/12
Fundstelle
openJur 2013, 18466
  • Rkr:
Tatbestand

I. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2011 und 24. Oktober 2011 legte der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Beschwerde gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 3. Dezember 2009 (14 K 4739/08 Kg) ein.

Das Amtsgericht (AG) X hat mit Beschluss vom 1. September 2011 die Betreuung des Klägers angeordnet und einen Rechtsanwalt als Berufsbetreuer bestellt. Die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften in Vermögensangelegenheiten setzt danach die Zustimmung des bestellten Betreuers voraus. Hierzu hat das AG X mit Beschluss vom 21. Dezember 2011 klargestellt, dass der Kläger zur Wirksamkeit von Rechtsgeschäften in den Bereichen "Vertretung bei Behörden und Institutionen einschließlich Gerichten" der Zustimmung des für solche Angelegenheiten bestellten Betreuers bedarf (Einwilligungsvorbehalt).

Auf Anfrage der Geschäftsstelle des Senats vom 24. Januar 2012 hat der Betreuer mit Schreiben vom 30. Januar 2012 erklärt, dass er die Prozesshandlungen des Klägers nicht genehmige.

Gründe

II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig.

1. Die Vornahme von Verfahrenshandlungen --wozu auch die Einlegung einer Beschwerde gehört-- setzt nach § 58 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Prozessfähigkeit des Beteiligten voraus. Sofern ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) den Gegenstand des Verfahrens betrifft, ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist (§ 58 Abs. 3 FGO).

2. Nach den o.g. Beschlüssen des AG X vom 1. September 2011 und vom 21. Dezember 2011 bedarf der Kläger zur Vertretung bei Gerichten der Zustimmung des für solche Angelegenheiten bestellten Betreuers. Da dieser Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) auch den Streitgegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde betrifft, ist der Betreute für dieses Verfahren nur insoweit (partiell) prozessfähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Da der Betreuer innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist keine Genehmigung zur Erhebung der Beschwerde durch den Kläger erteilt hat und die von einem Prozessunfähigen vorgenommene Prozesshandlung unwirksam ist, war die von diesem eingelegte Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

3. Von der Erhebung der Kosten wird gemäß § 21 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes abgesehen. Nach dieser Vorschrift kann für abweisende Entscheidungen von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht. Die Unkenntnis rechtlicher Verhältnisse kann sich auch auf die prozessuale Rechtslage erstrecken, mithin auch auf die Frage der Prozessfähigkeit der Einlegung einer Klage oder Beschwerde. Im Streitfall kann davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die sich aus der Betreuung ergebenden Rechtsfolgen für seine fehlende Prozessfähigkeit für die Klageerhebung nicht bekannt waren. Diese Unkenntnis muss bei einer unter Betreuung stehenden Person regelmäßig auch als unverschuldet angesehen werden (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 5. August 2002 VII B 56/00, BFH/NV 2002, 1492).