OLG Naumburg, Urteil vom 27.09.2012 - 9 U 73/11
Fundstelle
openJur 2013, 46763
  • Rkr:

1. Beim wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag wird der Streitgegenstand durch die als rechtswidrig angegriffene Verhaltensweise, also die Verletzungsform, bestimmt, so dass eine Abwandlung der Verletzungsform einen entsprechenden Antrag des Klägers voraussetzt. Das gilt auch, wenn eine im Antrag beschriebene Verletzungsform durch Einfügung zusätzlicher Merkmale in ihrem Umfang auf Verhaltensweisen eingeschränkt oder - erst recht - auf andere Verhaltensweisen erstreckt wird, deren Beurteilung die Prüfung weiterer Sachverhaltselemente erfordert, auf die es nach dem bisherigen Antrag nicht angekommen wäre.

2. Die durch landesrechtliche Vorschriften (hier: Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften vom 18.12.2007 - GVBl. LSA S. 412, 424) angeordnete Fortgeltung des GlüStV 2008 über den 31.12.2011 hinaus stellt keinen Verstoß gegen die Notifizierungspflicht nach der Informationsrichtlinie 98/34/EG dar.

3. Dass die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 von einer behördlichen Erlaubnis abhängig gemacht wurde, welche aber nach § 10 Abs. 5 GlüStV 2008 nur an staatliche Anbieter vergeben werden konnte, verkürzte private Glücksspielanbieter aus dem EU-Ausland wegen inkohärenter Ausgestaltung des Monopols in unzulässiger Weise in ihrer Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EGV bzw. Art. 56 AEUV. Ein Verstoß gegen den Erlaubnisvorbehalt stellte daher kein zur Unterlassung und zu Schadensersatz verpflichtendes unlauteres Wettbewerbsverhalten dar.

4. Das aufgrund des 1. GlüÄndStV geltende Konzessionssystem suspendiert das bisherige staatliche Sportwettenmonopol und beeinträchtigt daher private Veranstalter und Vermittler aus dem EU-Ausland jedenfalls bis zur Implementierung dieses Modells in unzulässiger Weise.

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 11. März 2011 - 36 O 235/07 -, berichtigt durch den Beschluss vom 8. Juni 2011, abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 600.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

A.

Die Parteien streiten um Unterlassung und Schadensersatz im Zusammenhang mit Glücksspielangeboten der Beklagten im Internet.

Die Klägerin veranstaltet in Sachsen-Anhalt mit behördlicher Genehmigung Lotterien und Sportwetten.

Die Beklagte zu 1) ist eine juristische Person des britischen Rechts mit Sitz in London. Es handelt sich um eine Auffanggesellschaft, die nicht selbst operativ tätig ist. Sie hält IT-Rechte für die B. -Unternehmensgruppe und ist insbesondere Inhaberin der Marke B., des Unternehmenslogos und des Domainnamens. Zudem stellt sie die Software zur Verfügung, mit der die Wett-Plattform B. .com betrieben wird. Der Beklagte zu 2) war Director (Geschäftsführer) der Beklagten zu 1) und zu 4); er soll zum 01.01.2012 ausgeschieden und vom Beklagten zu 5) abgelöst worden sein. Der Beklagte zu 3) war bis zum 22.04.2008 Director.

Die Beklagte zu 4) offerierte bis zum 12.05.2008 über die Internetplattform B. .com u.a. Sportwetten. Danach war sie nicht mehr operativ tätig. Das Portal wird seitdem von der B. International ENC auf Malta betrieben, die seit dem 09.05.2011 als B. International Ltd. firmiert. Der Beklagte zu 5) ist Secretary und der Beklagte zu 6) Director der Beklagten zu 4).

Um die von der B. -Unternehmensgruppe offerierten Dienstleistungen aus Sachsen-Anhalt in Anspruch nehmen zu können, gibt es zwei Wege. Bei Aufruf der Domain B. .com erscheint eine in deutscher Sprache gehaltene Startseite. Alternativ kann man auch die Seite B. .de wählen (so genannte landing page). Dieses Portal wurde bis zum 23.10.2009 von der S. mbH (nachfolgend: S. ) betrieben. Seit dem 24.10.2009 ist die G. Ltd. Betreiberin der Plattform B. .de. Ruft man diese Seite auf, erschien vor der Weiterleitung auf das Portal B. .com ein so genannter Disclaimer. Darin wurde mitgeteilt, dass Online-Wetten für Kunden aus Sachsen-Anhalt und Berlin nicht angeboten werden. Mit dieser Bedingung muss sich ein Nutzer einverstanden erklären, indem er die Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Anklicken eines entsprechenden Feldes akzeptiert. Nach der letzten Darstellung der Beklagten soll eine automatische Weiterleitung von B. .de auf B. .com erfolgen.

Interessenten aus Sachsen-Anhalt können trotz der genannten Restriktionen ein Spielkonto füllen, etwa durch Überweisung auf das Konto der Beklagten zu 1) oder durch Angabe einer Kreditkartennummer, und anschließend die Angebote der Plattform in Anspruch nehmen. Dabei kommt der eigentliche Wettvertrag zwischen den auf die Wette setzenden Spielern zustande, während der Betreiber der Plattform eine Provision erhält.

Das Angebot von B. .com wurde im Internet - etwa auf der Homepage ... .de - beworben. Auch der Deutsche Lotto- und Totoblock (nachfolgend: DLTB), dem auch die Klägerin angehört, wies u. a. im Internet mit zugkräftigen Slogans auf seine Leistungen hin. Zudem förderte er den Absatz seiner Angebote durch die Beilage von Spielscheinen in Tageszeitungen oder - soweit es den Bereich Lotterien betraf - durch Sonderauslosungen zu bestimmten Ereignissen (zum Beispiel Ostern, Muttertag). Im Bereich der Sportwetten (Oddset) stieg der Werbeaufwand des DLTB im Zusammenhang mit bedeutenden Sportereignissen. Zudem warb der DLTB für sein Angebot mit besonders populären Partnerschaften.

Bei anderen Glücksspielangeboten - namentlich den Spielautomaten - kam es in den letzten 15 Jahren zu einer Ausweitung des Angebots. In Deutschland sind mittlerweile 250.000 Geräte im Sinne der Spielverordnung an 80.000 Standorten verfügbar. Hinzu tritt das Angebot von Spielbanken.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen im Einzelnen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Nach einer Klagerücknahme für den Teilzeitraum vom 02.08.2007 (Klageerhebung) bis 31.12.2007 hat das Landgericht die Beklagten antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, "im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne behördliche Erlaubnis Sportwetten entgeltlich anzubieten und/oder anbieten zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen." Ferner hat es die gesamtschuldnerische Verpflichtung der Beklagten dem Grunde nach festgestellt, der Klägerin den durch die inkriminierten Handlungen seit dem 01.01.2008 entstandenen Schaden zu ersetzen und über die in diesem Zeitraum durch Spielteilnehmer aus Sachsen-Anhalt gemachten Umsätze Auskunft zu erteilen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Angebot der Beklagten wegen Verstoßes gegen den Glücksspielstaatsvertrag 2008 (GlüStV 2008) wettbewerbswidrig sei.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens rügen sie prozessuale und materiell-rechtliche Fehler des angefochtenen Urteils.

Die am 10.08.2010 erklärte Teilklagerücknahme habe zur Beendigung des gesamten Rechtsstreits geführt, der sich zunächst auf das Jahr 2007 beschränkt habe. Selbst wenn man eine Klageänderung annähme, der die Beklagten widersprochen hätten, läge keine Sachdienlichkeit vor.

In der Sache habe die Beklagte nicht zur Unterlassung ihres Sportwettenangebots und zur Zahlung von Schadensersatz dem Grunde nach verurteilt werden dürfen.

Zwischen den Parteien bestehe kein Wettbewerbsverhältnis. Denn während die Klägerin Wetten zu festen Quoten anbiete, offerierten die Beklagten Wetten zu variablen Quoten. Die Beklagten zu 1) und zu 4) seien zudem keine Störer, weil sie nicht (mehr) operativ tätig seien. Ein Wettbewerbsverhältnis setze jedoch einen Marktbezug voraus.

Es läge kein Verstoß gegen Marktverhaltensregeln vor. Die B. -Unternehmensgruppe verfüge über behördliche Genehmigungen. Die Beklagte zu 4) sei Inhaber einer maltesischen Genehmigung für Wettspielangebote an Kunden außerhalb des Vereinigten Königsreichs. Ferner habe eine Kooperation mit der S. bestanden, der von der Stadt D. am 28.08.1990 eine (bestandskräftige) Buchmacherlizenz nach der GewO-DDR mit folgendem Inhalt erteilt worden sei:

"Abschluss und Vermittlung von Wetten, insbesondere aus Anlass sportlicher Veranstaltungen und der damit im Zusammenhang stehenden Nebengeschäfte [...] mit folgenden Auflagen:

Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen und der zu ihrer Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften in der jeweils geltenden Fassung [...]".

Ungeachtet dessen stelle das im GlüStV 2008 vorgesehene Internetverbot eine Marktverhaltensregel dar, die weder mit der verfassungsrechtlichen Berufsfreiheit noch mit der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit vereinbar sei. Das Internetverbot sei insbesondere nicht verhältnismäßig, weil es für die Gewährleistung eines Spielerschutzes weder geeignet noch erforderlich sei. Das Internetverbot diene der Absicherung des staatlichen Monopols, welches wegen Inkohärenz unwirksam sei, weil der DLTB eine auf die Absatzförderung gerichtete Anreiz- und Imagewerbung betreibe und die deutsche Glücksspielpolitik Spielarten mit besonderem Suchtpotential - insbesondere die Geldautomaten - liberalisiert habe. Das Internetverbot stelle aber auch bei isolierter Betrachtung keine kohärente Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar, weil es im Bereich der Pferdewetten, durch Xotto Niedersachsen und die Lotto-Teilnahme über den E-Post-Brief in Hessen (quantitativ nicht bezifferbare) Regelungs- bzw. Vollzugsdefizite gebe. Seit dem 01.01.2012 folge Inkohärenz der Regelung ferner aus dem Umstand, dass in Schleswig-Holstein Online-Glücksspiel zulässig sei.

Der Erlaubnisvorbehalt für Glücksspiele sei mit dem Unionsrecht nicht vereinbar, weil die Behörden einen zu weiten, nicht nachprüfbaren Ermessensspielraum hätten. Auch das (monopolakzessorische) Internetwerbeverbot beschränke die Grundfreiheiten unzulässig. Es sei unverhältnismäßig und werde nicht kohärent durchgesetzt, weil auch der DLTB Internetwerbung betreibe.

Die Verlängerung des GlüStV 2008 über den 31.12.2011 sei hinaus sei nicht wirksam, weil diese Regelungen nicht bei der Europäischen Union notifiziert worden seien.

Die Beklagten beantragen,

1. das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 11.03.2011 (Az 36 O 235/07) abzuändern und die Klage abzuweisen,

2. die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen.

2. im Wege der Anschlussberufung: unter Aufhebung der Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils den Beklagten die Kosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen.

Die Beklagten verteidigen das Urteil und führen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens aus, dass zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis bestehe, weil die Beklagten zu 1) und zu 4) - unabhängig einer operativen Tätigkeit - jedenfalls das Angebot der anderen B. - Gesellschaften unterstützten. Die Beklagte zu 4) habe selbst Wetten vermittelt, die Beklagte zu 1) nehme eine Gehilfenstellung ein. Die Beklagten zu 2), 3) sowie 5) und 6) hätten als Organe maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung ihrer Unternehmen gehabt.

Es läge eine Verstoß gegen das Internetverbot vor. Es habe neben dem staatlichen Monopol eine eigenständige Bedeutung und sei verfassungs- und unionsrechtskonform. Die Dienstleistungsfreiheit werde hierdurch in kohärenter Weise eingeschränkt. Etwaige faktische Vollzugsdefizite bei Pferdewetten seien quantitativ unbedeutsam. Der Umfang der DDR-Buchmacherlizenzen folge dem gesetzlichen Rahmen.

Wegen des höchstpersönlichen Charakters könnten sich die Beklagten auf die behauptete Lizenz ihres Kooperationspartners S. nicht berufen. Im Übrigen sei der Erlaubnisvorbehalt mit höherrangigem Recht vereinbar. Das Angebot der Klägerin sei auch nicht genehmigungsfähig, weil es auf Expansion ausgelegt sei und unzulässige Wetten erlaube.

Die Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil enthalte jedoch eine Kostenquote, die dem Anteil der Klagerücknahme am Gesamtstreitwert nicht gerecht werde und daher abzuändern sei.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils, welches auf einer entscheidungserheblichen Rechtsverletzung nach §§ 513, 546 ZPO beruht. Die Klage ist zwar zulässig (dazu I), jedoch unbegründet (II).

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere sind deutsche Gerichte international zuständig (dazu 1.). Die Klagerücknahme im Schriftsatz vom 10.08.2010 hat auch nicht dazu geführt, dass der Rechtsstreit beendet ist (dazu 2.).

1. Internationale Zuständigkeit

Während die Klägerin in Deutschland ansässig ist, haben die Beklagten ihren Sitz bzw. Wohnsitz in Großbritannien. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, die - anders als bei der örtlichen Zulässigkeit gemäß §§ 17 a Abs. 5 GVG, 513 Abs. 2 ZPO - auch im Berufungsverfahren noch von Amts wegen zu prüfen ist, ergibt sich aus der rügelosen Einlassung der Beklagten (vgl. BGH, NJW 1999, 1395; Zöller, ZPO, 29. Aufl., Einleitung IZPR Rn. 93). Denn sie haben im ersten Termin vor dem Landgericht zur Sache verhandelt, ohne die internationale Zuständigkeit zu rügen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 02.09.2008; Bd. II, Bl. 201). Ferner folgt die internationale Zuständigkeit aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Ansprüche nach dem Lauterkeitsrecht haben einen sonderdeliktischen Charakter und folgen daher dem "forum delicti commissi" (vgl. BGH, NJW 2006, 688, 689), also dem Tatort. Auch wenn die IT-Dienstleistungen im Ausland zur Verfügung gestellt werden, waren sie zum Abruf im Inland - insbesondere in Sachsen-Anhalt - bestimmt.

2. Teilklagerücknahme und Klageänderung

Durch die Teilrücknahme der Klage vom 15.11.2007 ist der Rechtsstreit nicht beendet worden. Denn die Klägerin verfolgt ihre Ansprüche nur für den kurzen Zeitraum zwischen Klageerhebung und dem 31.12.2007 nicht weiter. Die Klage beschränkte sich jedoch nicht von vornherein auf das Jahr 2007, sondern galt unbegrenzt für die Zukunft. Eine Begrenzung des Streitgegenstandes ist weder aus der Klageschrift noch aus den Anträgen herzuleiten. Vielmehr wollte die Klägerin erreichen, dass die Beklagte die inkriminierten Handlungen auf Dauer unterlässt und Schadensersatz für die Zeit ihres Verstoßes leistet. Das gegenteilige Ergebnis lässt sich auch nicht darauf stützen, dass zur Begründung der Klage lediglich Wettbewerbsverstöße aus dem Jahr 2007 vorgebracht wurden. Denn bei Klageerhebung konnte die Klägerin sich auf das damals in der Zukunft liegende Verhalten im Jahre 2008 noch nicht berufen. Im Laufe des Rechtsstreits hat die Klägerin klargestellt, dass sie auch das ihrer Auffassung nach wettbewerbswidrige Verhalten der Beklagten nach dem Inkrafttreten des GlüStV 2008 beanstande.

Die nachträgliche Beschränkung der Zeiträume, für welche die Klägerin ihre Ansprüche geltend macht, stellt keine Klageänderung dar. Zwar wird der Streitgegenstand durch den Antrag und den zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalt definiert. Infolge der hier vorgenommenen Beschränkung des Antrages läge an sich eine Klageänderung vor. Jedoch steht die gesetzliche Fiktion in § 264 Nr. 2 ZPO entgegen. Wird ein Klageantrag lediglich beschränkt (hier: durch eine Teilklagerücknahme), bedarf es weder der nach § 263 ZPO erforderlichen Einwilligung des Beklagten noch einer Sachdienlichkeit. Aber selbst wenn eine Klageänderung vorläge, der die Beklagten widersprochen haben, kann offen bleiben, ob das Landgericht eine Sachdienlichkeit annehmen durfte. Denn mit der Berufung kann nach § 268 ZPO nur noch gerügt werden, dass eine Klageänderung nicht zugelassen worden ist.

II.

Die Klage ist unbegründet, weil die Klägerin weder Schadensersatz (dazu 1.), noch Auskunft (dazu 2.), noch Unterlassung der entgeltlichen Sportwettenvermittlung durch die Beklagten ohne behördliche Erlaubnis verlangen kann (dazu 3.).

1. Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach (Klageantrag zu 3)

Die Beklagten sind weder nach §§ 9 Satz 1, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verb. mit §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 3 des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV 2008) bzw. des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags (1. GlüÄndStV) und § 284 StGB noch aufgrund einer anderen Vorschrift dem Grunde nach verpflichtet, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist, dass die Beklagten seit dem 01.01.2008 in Sachsen-Anhalt entgeltlich Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis vermittelt haben. Die Beurteilung der Rechtslage richtet sich trotz Auslandsbezugs nach den deutschen Vorschriften (dazu 1.1). Sie sehen vor, dass ein Mitbewerber (dazu 1.2) den Schaden ersetzt verlangen kann, der ihm durch eine unlautere geschäftliche Handlung entstanden ist (dazu 1.3).

1.1 Internationales Privatrecht

Aus dem Internationalen Privatrecht folgt, dass der vorliegende Fall sich trotz des Umstands, dass die Beklagten ihren (Wohn-) Sitz in Großbritannien haben, nach deutschem Recht richtet. Dabei ist in zeitlicher Hinsicht zu differenzieren:

Nach Art. 40 EGBGB unterlagen Ansprüche aus unerlaubter Handlung bis zum 11.01.2009 dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat (lex loci delicti commissi). Der Verletzte kann verlangen, dass stattdessen das Recht des Staates angewendet wird, in dem der Erfolg eingetreten ist.

Im vorliegenden hat die Klägerin durch die Bezugnahme auf die Vorschriften des UWG und des GlüStV 2008 konkludent deutsches Recht gewählt. Das durfte sie, weil der Verletzungserfolg in Deutschland eintrat. Die Beklagten zu 1) und zu 4) stellen die inkriminierten Leistungen zwar in Großbritannien zur Verfügung. Der Erfolg tritt jedoch in Deutschland ein, nämlich durch eine mögliche Migration von Spielinteressenten von der Klägerin zur B. -Gruppe. Denn deren Wettangebot ist an das deutsche Publikum gerichtet. Die Startseite B. .com ist in deutscher Sprache gehalten und für die Registrierung der Kunden mit der Anschrift ist unter Länderwahl bereits "Deutschland" vorgegeben.

Für die Zeit seit dem 12.01.2009 gilt Art. 6 Rom II-VO, wonach das Recht des Staates Anwendung findet, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehung beeinträchtigt worden ist (zur Abgrenzung der Vorschriften: Palandt, BGB, 71. Aufl., Rom II, Vorbemerkung Rn. 1).

Im vorliegenden Fall findet der Wettbewerb in Sachsen-Anhalt statt, weil die Klägerin nur in diesem Bundesland ihre Glücksspiele anbietet.

1.2 Wettbewerbsverhältnis

Die Parteien stehen zueinander in einem Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 2 Nr. 3 UWG, denn sie wollen gleiche oder zumindest gleichartige Waren innerhalb desselben Abnehmerkreises absetzen und sind auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt aktiv. Wetten zu festen Quoten, wie sie von der Klägerin angeboten werden, und Wetten zu variablen Quoten, die man bei B. .com abschließen kann, gehören zu den Glücksspielen. Auch wenn sich die Spielregeln unterscheiden, hängt ein etwaiger Gewinn vom Ausgang von Sportereignissen ab. Daher sind die Dienstleistungen der Parteien aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise substituierbar.

Der Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses steht es auch nicht entgegen, dass auf B. .com Glücksspiele vermittelt werden, die Klägerin indes Veranstalterin ist. Denn auch die Tätigkeit eines Vermittlers ist darauf gerichtet, das Nachfragebedürfnis von Spielinteressenten zumindest mittelbar zu befriedigen, indem er eine Gelegenheit zur Eingehung des Wettvertrages nachweist (vgl. GRUR 1997, 934, 935 für das Verhältnis von Makler, Bauträger und Bauunternehmer).

Die Beklagte zu 1) ist Störerin, weil sie durch die Bereitstellung der Rechte und der patentgeschützten Software den Abschluss und die Durchführung von Vermittlungsverträgen "zugunsten eines fremden Unternehmens" (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG), nämlich ursprünglich der Beklagten zu 4) und jetzt der B. International Ltd, fördert. Durch die Betreiber der Domain B. .com wird die ernsthafte Gefahr begründet, wettbewerbsrechtlich geschützte Interessen der Klägerin zu verletzen, ohne dass die Beklagte zu 1) diese Gefahr im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren begrenzt (zur so genannten Täterschaft aufgrund Verkehrspflichtverletzung vgl. BGH GRUR 2007, 890; GRUR 2009, 1093).

Die Beklagte zu 4) war bis zum 12.05.2008 unmittelbare Mitbewerberin der Klägerin. Auch wenn sie gegenwärtig nicht mehr operativ tätig ist, genügt ein früherer Verstoß für die Annahme der Störereigenschaft. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die Beklagte zu 4) einen ähnlichen Geschäftsbetrieb wieder aufnimmt (vgl. BGH GRUR 1992, 318, 320; GRUR 1998, 824; Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 8 Rn. 1.39 a), zumal sie über eine unbefristete Glücksspielgenehmigung der britischen Gambling Commission verfügt.

Die Beklagten zu 2) und 3) bzw. 5) und 6) sind Störer, weil sie auf die Geschäftsentscheidungen der Beklagten zu 1) und zu 4) maßgeblichen Einfluss haben oder - soweit ausgeschieden - hatten und einen Vertrieb von Glücksspielen in Sachsen-Anhalt jedenfalls nicht verhindert haben. Der zuletzt behauptete Wechsel des Directors bei den Beklagten zu 1) und zu 4), zu dem die Klägerin keine Stellung mehr nehmen konnte, würde den ausgeschiedenen Beklagten zu 2) daher nicht entlasten.

1.3 unlauteres Verhalten

Nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Unlauter handelt insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Markverhalten zu regeln.

Die Klägerin beanstandet im vorliegenden Rechtsstreit allein, dass die Beklagten entgeltlich Sportwetten ohne behördliche Genehmigung angeboten und beworben haben (dazu 1.3.1). Ein derartiger Verstoß gegen § 4 Abs. 1 GlüStV liegt zwar vor (dazu 1.3.2). Diese Vorschrift ist aber mit der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EGV bzw. Art. 56 AEUV nicht vereinbar und kann den Beklagten deshalb nicht entgegen gehalten werden (dazu 1.3.3).

1.3.1 Festlegung der Verletzungsform

Der Klageantrag gibt den Prüfungsmaßstab vor (§ 308 ZPO). Er ist auf die Feststellung gerichtet, dass die Beklagten dem Grunde nach verpflichtet seien, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist, dass die Beklagten ohne behördliche Erlaubnis entgeltlich Sportwetten anbieten (vgl. Klageschrift vom 15.11.2007, Bd. I Bl. 2, nebst Korrektur im Termin vom 02.09.2008, Bd. II Bl. 201). Eine öffentlich-rechtliche Genehmigung konnte die B. -Gruppe aber bisher nicht erreichen, selbst wenn sie alle Maßnahmen getroffen hätte, um die Ziele nach § 1 GlüStV 2008 bzw. nach § 1 des 1. GlüÄndStV zu gewährleisten. Denn abgesehen von Pferdewetten, für die nach § 2 Rennwett- und Lotteriegesetz eine Sonderregelung des Bundes gilt, bestand bis zum 30.06.2012 nach § 10 Abs. 5 GlüStV 2008 in Sachsen-Anhalt ein staatliches Monopol, das jedenfalls bis zur Umsetzung des Konzessionsmodells nach §§ 10 Abs. 6, 10a des 1. GlüÄndStV andauert. Daher ist zu untersuchen, ob das sich aus der Zusammenschau des Erlaubnisvorbehalts nach § 4 Abs. 1 GlüStV mit dem staatlichen Monopol nach § 10 Abs. 5 GlüStV 2008 bzw. mit dem Konzessionssystem nach §§ 10 Abs. 6, 10a des 1. GlüÄndStV ergebende Tätigkeitsverbot für private Sportwettenveranstalter und -vermittler, das die Beklagten verletzt haben, wirksam ist.

Ohne Bedeutung ist hingegen das Internetverbot nach § 4 abs. 4 GlüStV 2008, auch wenn die Parteien es auf breitem Raum erörtert haben. Diese Regelung wäre nur dann mittelbar ergebnisrelevant, wenn sie sich auf die Genehmigungsfähigkeit auswirken würde. So lag es aber zu keinem Zeitpunkt:

Während der Geltung des GlüStV 2008 vom 01.01.2008 bis 30.06.2012 konnte an private Sportwettenvermittler im Bereich des staatlichen Monopols keine Genehmigung erteilt werden - und zwar vollkommen unabhängig vom Vertriebsweg. Dass die B.-Gruppe keine Erlaubnis erhielt, lag also nicht daran, dass es zu ihrem Geschäftsmodell gehört, Leistungen über das Internet anzubieten, sondern daran, dass sie ein privater Sportwettenvermittler ist.

Im Zeitraum seit dem 01.07.2012, also nach dem Inkrafttreten des 1. GlüÄndStV, gilt ein Konzessionsmodell. Nach der aktuellen Rechtslage kommt es für die Erteilung einer Genehmigung ebenfalls nicht darauf an, dass das (gelockerte) Internetverbot eingehalten wird. Im Gegenteil: Die Privatanbieter von Sportwetten, die eine Konzession erhalten, dürfen ihre Angebote nach § 10 a Abs. 4 Satz 1 des 1. GlüÄndStV auch online vertreiben; sie sind also zugleich vom Internetverbot dispensiert.

Der Verstoß der Beklagten gegen das Internetverbot hat in diesem Rechtsstreit auch anderen Gründen keine Bedeutung:

Allerdings haben die Beklagten seit dem 01.01.2008 entgegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 eine Sportwettenvermittlung übers Internet vorgenommen oder unterstützt. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Marktverhaltensregel i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG; wer gegen sie verstößt, handelt unlauter. Nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens geht der Senat davon aus, dass § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 mit höherem Recht - insbesondere den europäischen Grundfreiheiten - bis zum 30.06.2012 im Einklang stand und daher auch für die Beklagten verbindlich war. Denn das Internetverbot war nicht "monopolakzessorisch": Es galt wegen der Gefahren dieses Vertriebswegs (hohe Spielfrequenz, Ubiquität, keine effektive Kontrolle) auch für Glücksspiele, die keine Lotterien oder Sportwetten waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5/10, Rn. 12). Das Internetverbot stellte eine kohärente Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar, die weder durch das bestehende Vollzugsdefizit im Bereich der Internet-Pferdewetten noch durch das zulässige Online-Angebot in Schleswig-Holstein seit dem 01.01.2012 in Frage gestellt wurde. Denn der Pferdewettenmarkt betrifft maximal 0,5 % des Bruttospielertrages (vgl. Anlagen BK 3 und BK 23); den Anteil des Online-Angebots im nördlichsten Bundesland schätzen selbst die Beklagten unter Berufung auf die Studie von Goldmedia auf 0,3% des Bruttospielertrags des gesamten Glücksspielmarkts (vgl. Schriftsatz vom 30.03.2012, S. 21f; Bd. XIII Bl. 110f). Diese Durchbrechungen des Internetverbots sind marginal und deshalb ohne Bedeutung (so auch BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5/10; BGH, Urteil vom 28.09.2011 - I ZR 30/10). Bei den übrigen behaupteten Verstößen gegen das Internetverbot handelt es sich nicht um Online-Angebote (so 50-Cent-Gewinnspiele i. S. v. § 8 a des Rundfunkstaatsvertrages; DDR-Buchmacherlizenzen) oder ist die quantitative Erheblichkeit nicht wenigstens anhand einer tatsachengestützten Schätzung dargelegt, so dass für eine Beweisaufnahme kein Raum war (so Xotto Niedersachsen im Jahr 2008 sowie Lottoteilnahme per E-Postbrief in Hessen). Zum Teil haben die Beklagten ihre Beanstandungen aber auch fallen gelassen (so betreffend das Angebot von Westlotto auf lotterie.lu).

Gleichwohl scheidet eine Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen Verstoßes gegen das Internetverbot jedenfalls im vorliegenden Verfahren aus. Denn beim wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag wird der Streitgegenstand durch die als rechtswidrig angegriffene Verhaltensweise, also die Verletzungsform, bestimmt, so dass eine Abwandlung der Verletzungsform einen entsprechenden Antrag des Klägers voraussetzt (vgl. Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 308 Rn. 11). Das gilt auch, wenn eine im Antrag beschriebene Verletzungsform durch Einfügung zusätzlicher Merkmale in ihrem Umfang auf Verhaltensweisen eingeschränkt oder - erst recht - auf andere Verhaltensweisen erstreckt wird, deren Beurteilung die Prüfung weiterer Sachverhaltselemente erfordert, auf die es nach dem bisherigen Antrag nicht angekommen wäre (vgl. BGH, GRUR 2006, 960). Diese für den Unterlassungsantrag (dazu unten 3) entwickelten Grundsätze gelten auch für den auf Feststellung der Haftung dem Grunde nach gerichteten Antrag, der akzessorisch formuliert worden ist (vgl. Antrag zu 3 aus der Klage vom 15.11.2007: "Schaden zu ersetzen, der [...] aus den in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen in Sachsen-Anhalt bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird).

Die von der Klägerin beanstandete Verletzung liegt darin, dass B. entgeltliche Sportwetten ohne behördliche Genehmigung anbietet. Sie liegt hingegen nicht darin, dass B. Sportwetten im Internet anbietet. Weil der Wortlaut die äußerste Grenze der Auslegung darstellt, lässt der Antrag sich auch nicht in dieser Weise interpretieren. Die inkorporierten Bildschirmausdrucke weisen zwar auf den Internetvertrieb hin. Sie sollen aber nur die erste inkriminierte Handlungsalternative - das Anbieten des ungenehmigten Glücksspiels - konkretisieren. Ginge man davon aus, dass die Screenshots die Funktion haben, die Haftung auch auf die Wahl des unzulässigen Vertriebswegs Internet zu stützen, wäre wohl auch die zweite inkriminierte Handlungsalternative - das Werben für das ungenehmigte Glücksspiel - im Antrag bildlich beschrieben worden, was jedoch unterblieb. Zudem ist die Klägerin durch gerichtliche Verfügung vom 22.08.2012 (vgl. Bd. XVI Bl. 271) darauf hingewiesen worden, dass sich die von ihr gerügte Verletzungsform darauf beschränkt, dass die Beklagten Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis anbieten. Gleichwohl hat sie im Termin am 04.09.2012 ihren Antrag nicht dahingehend erweitert, dass sie den Internetvertrieb der Beklagten verhindern wolle.

Gegen eine erweiternde Auslegung des Antrags spricht auch folgende Erwägung: Nicht ohne Grund verlangt § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO "[...] einen bestimmten Antrag." Denn daran wird nicht nur Inhalt und Umfang der Rechtskraft erkennbar. Das Risiko eines (eventuell teilweise) Unterliegens des Klägers soll nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abgewälzt werden (vgl. Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 253 Rn 13). Diese Gefahr bestünde aber, wenn der Senat - wie es der Klageantrag vorgibt - nicht nur eine Unlauterkeit wegen ungenehmigter Sportwetten (dann: Klageabweisung) prüft, sondern zugleich auch die Unlauterkeit wegen des verbotenen Internetvertriebs (dann: Verurteilung). Erfolg bzw. Misserfolg hängen also maßgeblich von der Verletzungsform ab. Deshalb ist die Klägerin an der Verletzungsform festzuhalten, die sie mit ihrem Antrag beanstandet. Der Senat darf die Haftung nicht alternativ auf den Internetverstoß stützen, weil er damit - wie BGH, GRUR 2006, 960 es formuliert - in die Prüfung weiterer Sachverhaltselemente einstiege.

Dass der Senat sich auf die Prüfung des Erlaubnisvorbehalts beschränken muss, folgt schließlich aus § 308 Abs. 1 ZPO. Danach darf der Richter einer Partei nichts zusprechen, was nicht beantragt ist. Der Grundsatz "ne ultra petita" verbietet ihm nicht nur, über den Antrag hinauszugehen ("plus"). Die Verurteilung darf auch nicht auf etwas anderes gerichtet sein ("aliud"). Würde die Prüfung im Streitfall auch einen Verstoß der Beklagten gegen das Internetverbot einbeziehen, müsste eine Verurteilung zu einem von Antrag abweichenden Tenor führen. Denn Haftung der Beklagten wegen des Angebots von Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis, das Gegenstand des Antrags ist, schiede aus den nachfolgenden Gründen aus. Gegenstand der Feststellung könnte nur die Haftung der Beklagten wegen des Angebots von Sportwetten im Internet sein, die aber nicht beantragt ist.

1.3.2 ungenehmigte Sportwettenvermittlung/Internetwerbung von B.

Die Beklagten haben gegen Marktverhaltensregeln im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG verstoßen. Dazu gehören auch § 4 Abs. 1 GlüStV 2008, wonach Glücksspiele nur mit einer Genehmigung vermittelt werden dürfen, und § 5 Abs. 3 GlüStV 2008, wonach die Werbung für Glücksspiele im Internet verboten ist (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 4 Rn. 11. 178). Beide Vorschriften sind durch den 1. GlüÄndStV nicht bzw. nicht substanziell verändert worden. Ein Verstoß gegen die genannten Vorschriften ist nach § 284 StGB strafrechtlich bewehrt.

Die Beklagten haben entgegen § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 Glücksspiele in Sachsen-Anhalt ohne behördliche Erlaubnis vermittelt. Nach § 3 Abs. 4 GlüStV 2008 gilt als Ort der Vermittlung, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Durch die in deutscher Sprache gehaltene Startseite von B. .com geschieht dies - wie bereits unter 1.1 dargelegt - gegenüber Interessenten im Inland.

Dass über B..com Sportwetten angeboten wurden, lässt sich auch weder im Hinblick auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach Interessenten aus Sachsen-Anhalt nicht am Spiel teilnehmen dürfen, noch im Hinblick auf den Disclaimer mit inhaltsgleichem Hinweis in Abrede nehmen. Es mag zwar sein, dass ein Spieler seinen Anspruch auf einen etwaigen Gewinn bei einer fehlerhaften Angabe verliert und dass einige Interessenten aus Sachsen-Anhalt sich daher vom Angebot auf B. .com abwenden. Allerdings hindern weder die AGB noch der Disclaimer einen Interessenten daran, in der Hoffnung, seine wahrheitswidrigen Angaben würden nicht aufgedeckt, am Spiel teilzunehmen.

Eine Erlaubnis für das Vermittlungsangebot bestand zu keiner Zeit. Die britische Glücksspielgenehmigung der B.-Gruppe gilt nur im Vereinigten Königreich. Die maltesische Genehmigung für die Vermittlung von Glücksspielen außerhalb Großbritanniens legalisiert das Angebot von B. .com jedenfalls in Deutschland nicht. Im Inland wirksame Genehmigungen werden nämlich nur nach Maßgabe des GlüStV vergeben. Dass Konzessionen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Inland nicht anerkannt werden, ist europarechtlich nicht zu beanstanden (vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2010 - Rs. C-316/07, Markus Stoß u. a., Rn. 111 ff.).

Die DDR-Buchmacherlizenz der Stadt D. vom 28.08.1990, mit der die S. bis zum 23.10.2009 die Seite B..de betrieb, kann allenfalls diese "landing page" betreffen, nicht aber das Angebot unter B. .com, auf das Interessenten weitergeleitet werden. Wegen des höchstpersönlichen Charakters einer gewerberechtlichen Genehmigung, der auch für Bescheide nach der Gewerbeordnung der DDR galt, durfte die S. ihre Konzession zudem nicht Dritten zur Verfügung stellen, ohne Einfluss auf die Inhalte nehmen zu können. Die G. Ltd., die seit dem 24.10.2009 die Seite B. .de betreibt, verfügt über keine inländische Erlaubnis. Ob es beim Aufruf von B..de neuerdings zu einer automatischen Weiterleitung auf die Seite B. .com, wie die Beklagten zuletzt vorgetragen haben, ohne dass die Klägerin hierzu Stellung nehmen konnte, ist irrelevant und kann daher offen bleiben.

Es liegt ferner ein Verstoß gegen das Internetwerbeverbot vor. Denn das Portal B..de - und damit auch das Angebot von B..com - ist auf anderen Seiten im Internet, nämlich unter ... .de beworben worden.

1.3.3 Unwirksamkeit des Erlaubnisvorbehalts für die Sportwettenvermittlung

Die Vermittlung von Sportwetten ohne Erlaubnis stellt kein unlauteres geschäftliches Verhalten dar, weil die Marktverhaltensregel nach § 4 Abs. 1 GlüStV mit der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EGB bzw. Art. 56 AEUV nicht vereinbar und daher jedenfalls in grenzüberschreitenden Fällen nicht anwendbar ist. Bei der rechtlichen Bewertung ist zwischen der Geltungsdauer des GlüStV 2008 (dazu 1.3.3.1) und des 1. GlüÄndStV zu unterscheiden (dazu 1.3.3.2):

1.3.3.1 Zeitraum vom 01.01.2008 bis 30.06.2012

Das staatliche Sportwettenmonopol nach § 10 Abs. 2 GlüStV 2008 galt in Sachsen-Anhalt vom 01.01.2008 bis 30.06.2012 (dazu 1.3.2.1.1). Jedoch war es mit der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EGV bzw. Art. 56 AEUV nicht vereinbar und durfte daher jedenfalls in Fällen mit Auslandsbezug nicht angewendet werden (dazu 1.3.2.1.2).

1.3.3.1.1 Geltungsdauer des GlüStV 2008

Der in Landesrecht umgesetzte Staatsvertrag trat nach § 29 Abs. 1 S. 1 GlüStV 2008 am 01.01.2008 in Kraft und lief nach § 28 Abs. 1 S. 1 GlüStV 2008 am 31.12.2011 aus. In der Zeit danach bis zum 30.06.2012 galt der GlüStV 2008 gem. Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften vom 18.12.2007 (GVBl. LSA S. 412, 424) fort. Erst gem. Art. 8 des Gesetzes vom 24.06.2012 (GVBl. LSA S. 204, 215) in Verb. mit Art. 2 Abs. 3 des 1. GlüÄndStV wurde die Fortgeltung des GlüStV 2008 als Landesrecht aufgehoben.

Die angeordnete Fortgeltung des GlüStV 2008 im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 30.06.2012 verstieß nicht gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aufgrund der Richtlinie 98/34/EG (Informationsrichtlinie) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.06.1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (Abl. L 204, 37), geändert durch Richtlinie 98/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.1998 (Abl. L 217, 18). Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission unverzüglich jeden Entwurf einer technischen Vorschrift, durch welche die Herstellung, die Einfuhr, das Inverkehrbringen oder die Verwendung eines Erzeugnisses verboten wird. Die Mitgliedstaaten machen eine weitere Mitteilung in der vorgenannten Art und Weise, wenn sie an dem Entwurf einer technischen Vorschrift wesentliche Änderungen vornehmen, die den Anwendungsbereich ändern, den ursprünglichen Zeitpunkt für die Anwendung vorverlegen, Spezifikationen oder Vorschriften hinzufügen oder verschärfen.

Der GlüStV 2008 selbst wurde notifiziert. Ob es sich hierbei überhaupt um "technische Vorschriften" im Sinne der Informationsrichtlinie handelte (so VG Hamburg, Urteil vom 05.11.2010 - 4 K 1840/07; Streinz/Herrmann/Kruis, ZfWG 2007, 402; ablehnend: Stein, ZfWG 2007, 397 und ZfWG 2009, 332), kann daher offen bleiben. Die landesrechtliche Anordnung über die Fortgeltung des GlüStV 2008 selbst war hingegen nicht notifizierungspflichtig. Es handelte sich nämlich nicht um eine "Verschärfung", weil der Regelungsinhalt unverändert blieb (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 10.12.2009; VG Karlsruhe, Urteil vom 26.04.2012 - 3 K 330/10; a.A. LG Bremen, Urteil vom 10.05.2012 - 9 O 476/12). Dass die die Dienstleistungsfreiheit einschränkende Regelung prolongiert wurde, stellt aber auch keine "zeitliche Verschärfung" dar. Denn die mögliche Fortgeltung des (notifizierten) Staatsvertrages über den 31.12.2011 hinaus war schon in § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2008 angelegt. Zudem enthält Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3 der Informationsrichtlinie eine abschließende Regelung darüber, welche wesentlichen Änderungen in zeitlicher Hinsicht notifizierungspflichtig sind, nämlich lediglich die Vorverlegung des ursprünglichen Zeitpunktes für die Anwendung einer technischen Vorschrift (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 23.05.2012 - 6 S 389/11).

1.3.3.1.2 Vereinbarkeit des Tätigkeitsverbots mit der Dienstleistungsfreiheit

Bis zum 01.12.2009 sah Art. 49 EGV und seitdem sieht Art. 56 AEUV vor, dass "die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedsstaaten, die in einem anderen Mitgliedsstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, [...] verboten sind." Das Sportwettenangebot von B..com fällt in den Schutzbereich dieser Grundfreiheit (dazu 1.3.3.1.2.1). Durch das staatliche Monopol in § 10 Abs. 5 GlüStV 2008 ist die wirtschaftliche Betätigung der Beklagten beschränkt worden (dazu 1.3.3.1.2.2). Eine Rechtfertigung für diesen Eingriff besteht jedoch nicht, weil der mit dem Monopol verfolgte Spielerschutz in Deutschland nicht in kohärenter Weise umgesetzt worden ist (dazu 1.3.3.1.2.3).

1.3.3.1.2.1 Schutzbereich

Durch das staatliche Sportwettenmonopol ist die Dienstleistungsfreiheit der Beklagten betroffen. Hierbei handelt es sich zwar um eine gegenüber den anderen Grundfreiheiten subsidiäre Gewährleistung (vgl. Art. 50 Abs. 1 EGV/Art. 57 Abs. 1 AEUV). Im vorliegenden Fall ist die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EGV/Art. 49 AEUV aber nicht betroffen, weil die Beklagten im Vereinigten Königreich ansässig sind und ihre Leistungen von dort aus in mehrere Länder anbieten. Sie überschreiten zu diesem Zweck nicht dauerhaft die Grenze. Letztlich ist eine Abgrenzung von Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit aber auch müßig. Denn die Rechtfertigung für Eingriffe in beide Garantien unterscheidet sich nicht voneinander.

In persönlicher Hinsicht können sich die Beklagten zu 1) und zu 4) auf die Dienstleistungsfreiheit berufen, weil sie als Gesellschaften privaten Rechts ebenso wie natürliche Personen gem. Art. 48, 55 EGV/Art. 62, 54 AEUV geschützt sind.

In sachlicher Hinsicht gewährleistet die Grundfreiheit die Erbringung von Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, insbesondere gewerbliche und kaufmännische Tätigkeiten. Dies umfasst auch Leistungen, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen (vgl. EuGH, Urteile vom 24.03.1994 - Rs. C-275/92, Schindler, und vom 08.09.2010 - Rs. C-316/07, Markus Stoß u. a.; BVerwG, Urteil vom 24.11.2010 - 8 C 14.09).

Im vorliegenden Fall erhielt die Beklagte zu 4) bzw. der gegenwärtige Betreiber von B..com, die beide durch die Beklagte zu 1) durch IT-Leistungen unterstützt wurden, Provisionen für die Vermittlung von Glücksspielen.

In räumlicher Hinsicht setzt die Dienstleistungsfreiheit einen grenzüberschreitenden Sachverhalt voraus. Dabei ist nicht erforderlich, dass sich der Anbieter oder der Nachfrager in einen anderen Mitgliedsstaat begibt. Vielmehr genügt es, dass lediglich die Leistung grenzüberschreitend ist (sog. Korrespondenzdienstleistung).

Im vorliegenden Fall bot ursprünglich die Beklagte zu 4) und bietet nunmehr eine maltesische Gesellschaft über die Web-Seite B..com, welche von der Beklagten zu 1) aus Großbritannien unterstützt wird, Vermittlungsleistungen für Kunden in Deutschland an.

1.3.3.1.2.2 Eingriff

Durch das staatliche Sportwettenmonopol wurde die Dienstleistungsfreiheit der Beklagten beschränkt, weil sie ihre Leistungen in Deutschland nicht anbieten durften. Der in GlüStV 2008 vorgesehene Ausschluss einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten auch gegenüber privaten Anbietern, die ihren Sitz in anderen Mitgliedsstaaten haben, stellt eine Beschränkung der Grundfreiheit dar (vgl. EuGH, Urteil vom 15.09.2011 - Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer; BVerwG, Urteil vom 11.07.2011 - 8 C 11.10).

1.3.3.1.2.3 Rechtfertigung

Der Glücksspielmarkt ist durch die Europäische Union nicht harmonisiert. Demzufolge gibt es keine Vorschriften, auf die im Rahmen der Rechtfertigung vorrangig einzugehen wäre. Maßgeblich sind die Gründe, aufgrund derer die Dienstleistungsfreiheit nach dem EGV/AEUV eingeschränkt werden darf. Ob die Spielsucht einen Krankheitswert im Sinne der Internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD-10) hat und das staatliche Monopol zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit nach Art. 46, 55 EGV/Art. 52, 62 AEUV notwendig ist, kann offen bleiben. Denn über den Wortlaut der Verträge hinaus erkennt der Europäische Gerichtshof jedenfalls bei nicht diskriminierenden, also unterschiedslos für in- und ausländische Anbieter geltenden Regelungen auch "zwingende Gründe des Gemeinwohls" als einen ungeschriebenen Rechtfertigungsgrund an.

Der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 unterscheidet nicht nach der Herkunft der Anbieter, betrifft also im gleichen Maße Buchmacher bzw. Wettvermittler aus dem In- und Ausland. Das Anbieten und Vermitteln durfte daher aus "zwingenden Gründen" von einer Genehmigung abhängig gemacht werden. Dazu gehören Anliegen der Sozialpolitik (Verhinderung der Spielsucht) und der Betrugsbekämpfung im Rahmen der Veranstaltung von Lotterien (vgl. EuGH, Urteile vom 24.03.1994 - Rs. C-275/92, Schindler, vom 06.03.2007 - Rs. C-338/04, Placanica, vom 08.09.2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa und vom 08.09.2010 - Rs. C-316/07, Markus Stoß u. a.). Angesichts der sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und der mit Glücksspiel und Wetten einhergehenden Gefahren für den einzelnen wie für die Gesellschaft steht den staatlichen Stellen dabei ein ausreichendes Ermessen zu, um in Einklang mit ihren eigenen Werteordnungen festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz dieser Ziele ergeben. Den Mitgliedstaaten steht es somit grundsätzlich frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und ggf. das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.09.2011 - Rs. C-347/09; BVerwG, Urteil vom 11.07.2011 - Az.: 8 C 11/10). Danach ist es im Grundsatz unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass sich der Gesetzgeber u.a. im Bereich der Sportwetten für ein staatliches Monopol entschieden hat. Es muss allerdings - neben Wahrung der Verhältnismäßigkeit - den Anforderungen der Kohärenz gerecht werden.

Der GlüStV 2008 dient der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1), der Kanalisation der Spiel- und Wettnachfrage auf legale Angebote (§ 1 Nr. 2), dem Jugend- und dem Spielerschutz (§ 1 Nr. 3) sowie der Bekämpfung der Begleit- und Folgekriminalität (§ 1 Nr. 4). Die Beschränkung des Wettangebots durch das Monopol für staatliche Anbieter nach § 10 Abs. 5 GlüStV 2008 musste diese Ziele "in kohärenter und systematischer Weise" verfolgen, also innerhalb eines konzeptionell und inhaltlich aufeinander bezogenen Regelungszusammenhangs (dazu Streinz, EUV/AEUV, Kommentar, 2. Aufl., Art. 7 AEUV, Rn. 4; Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Kommentar, Bd. I, Art. 7 AEUV, Rn. 11). Die Mitgliedstaaten sind zwar nicht verpflichtet, in sämtlichen Glücksspielsektoren dieselbe Politik zu verfolgen. Das Kohärenzgebot ist kein Uniformitätsgebot. Gleichwohl bleibt ein für die Rechtfertigungsprüfung entscheidender Gesichtspunkt, mit welcher Konsequenz der Mitgliedsstaat das Regelungsinteresse glücksspielsektorübergreifend verfolgt (vgl. Grabnitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 45 AEUV, Rn. 401). Für das Kohärenzgebot lassen sich zwei Anforderungen unterscheiden:

Zum einen muss der Mitgliedstaat Gemeinwohlziele, denen die die der Dienstleistungsfreiheit beschränkende Regelung dienen soll und die diese tatsächlich legitimieren soll, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen. Er darf nicht in Wahrheit andere Ziele - namentlich solche finanzieller Art - anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten (vgl. EuGH, Urteile vom 21.10.1989 - Rs. C-67/98, Zennatti, und vom 06.11.2003 - Rs. C-243/01, Gambelli). Daraus ergibt sich, dass das Ziel, die Einnahmen der Staatskasse zu maximieren und mit den Einnahmen aus Glücksspielen gemeinnützige Tätigkeiten zu finanzieren, nicht das eigentliche Ziel der Beschränkung eines freien Dienstleistungsverkehrs, sondern allenfalls eine nützliche Nebenfolge sein darf (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2011 - 8 C 11.10; sog. Scheinheiligkeitsgrenze).

Zum anderen darf die Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren in der Weise konterkariert werden, dass dort eher darauf abgezielt wird, zur Teilnahme an diesen anderen Spielen zu ermuntern, als darauf, die Spielgelegenheiten zu verringern und die Tätigkeit in diesen in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media). In anderen Glücksspielsektoren dürfen - auch wenn dafür andere Hoheitsträger desselben Mitgliedsstaats zuständig sind - nicht Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn diese vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die Beschränkung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, sodass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.07.2011 - 8 C 11.10). Im Hinblick auf dieses letzte Erfordernis hat der EuGH im Urteil vom 08.09.2010 - Rs. C-316/07, Markus Stoß, unter der Randnummer 107 folgenden Leitsatz aufgestellt:

Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein solches Monopol einem Erlaubnissystem vorzieht, nach dem privaten Veranstaltern die Ausübung ihrer Tätigkeiten im Rahmen einer Regelung ohne Ausschließlichkeitscharakter gestattet würde, kann dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügen, soweit, unter dem Aspekt des Ziels eines hohen Verbraucherschutzniveaus, die Errichtung des Monopols mit der Einführung eines normativen Rahmens einhergeht, der dafür sorgt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, ein solches Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen.

Stellt ein nationales Gericht sowohl fest,

- dass die Werbemaßnahmen des Inhabers eines solchen Monopols für andere, ebenfalls von ihm angebotene Arten von Glücksspielen nicht auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum Angebot des Monopolinhabers hinzulenken und sie damit von anderen, nicht genehmigten Zugangskanälen zu Spielen wegzuführen, sondern darauf abzielen, den Spieltrieb der Verbraucher zu fördern und sie zwecks Maximierung der aus den entsprechenden Tätigkeiten erwarteten Einnahmen zu aktiver Teilnahme am Spiel zu stimulieren [dazu 1.3.3.1.2.3.1], als auch,

- dass andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern, die über eine Erlaubnis verfügen, betrieben werden dürfen [dazu 1.3.3.1.2.3.2], als auch,

- dass in Bezug auf andere Arten von Glücksspielen, die nicht unter das Monopol fallen und zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren [dazu 1.3.3.1.2.3.3],

so kann es berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben, dass ein solches Monopol nicht geeignet ist, die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.

Wegen der unionsrechtlichen Perspektive sind bei der Beurteilung der Kohärenz nicht allein die Umstände in Sachsen-Anhalt von Bedeutung. Vielmehr sind auch die Rechtsetzung und deren Vollzug durch den Bund und die anderen Bundesländer beachtlich. Denn die interne Zuständigkeitsverteilung kann einen Mitgliedsstaat nicht davon entbinden, seiner Verpflichtung zur Wahrung der Dienstleistungsfreiheit nachzukommen. Neben den Trägern hoheitlicher Gewalt ist aber auch das Verhalten der staatlich bzw. staatlich dominierten Anbieter - also des DLTB und seiner Mitglieder - bei der Kohärenzbetrachtung zu berücksichtigen. Denn der Staat kann sich seiner europarechtlichen Bindungen nicht dadurch entledigen, dass er Aufgaben, die im Zusammenhang mit den Zielen des GlüStV 2008 stehen, gem. § 10 Abs. 1 und 2 GlüStV durch Gesellschaften des privaten Rechts wahrnimmt ("keine Flucht ins private Recht").

1.3.3.1.2.3.1 Werbung

Um mit den Zielen des Spielerschutzes und der Verminderung der Gelegenheiten zum Spiel im Einklang zu stehen, darf eine nationale Regelung, mit der ein Monopol im Bereich der Glücksspiele geschaffen wird, nur eine Werbung erlauben, die maßvoll und strikt auf das begrenzt ist, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken. Eine konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Werbung darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern. Die Werbung muss sich auf die Information und Aufklärung über Art und Weise legaler Wettmöglichkeiten beschränken. Dem widersprechen alle Werbemaßnahmen, die von einem noch nicht zum Wetten entschlossenen durchschnittlichen Empfänger der Botschaft als Motivierung zum Wetten zu verstehen sind. Die Anziehungskraft des Wettspiels darf deshalb nicht durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht werden, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen. Ausgeschlossen sind damit stimulierende Bezugnahmen auf herausragende Sportereignisse oder die Verknüpfung auch rein informativer Hinweise mit der Ankündigung von Sonderausschüttungen oder anderen höheren oder zusätzlichen Gewinnchancen. Auch eine Aufmachung, die etwa durch befristete Angebote Entscheidungsdruck suggeriert, ist nicht erlaubt. Unzulässig ist ferner jede Form der Image- oder Sympathiewerbung, die über den Hinweis auf die Legalität der Monopolangebote hinaus Sympathien für das Wetten selbst weckt. Der Monopolträger darf die Teilnahme an Wetten nicht als sozialadäquate Unterhaltung darstellen und dem Glücksspiel auch kein positives Image verleihen, indem er - über eine sachliche Information im Sinne einer Rechenschaftslegung ohne Bezug zu konkreten Spielmöglichkeiten hinaus - auf eine gemeinnützige Verwendung der erzielten Einnahmen hinweist und so das Wetten zum "Spenden durch Spielen" aufwertet. Gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens können dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden, weil sie die moralische Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt lassen (vgl. EuGH, Urteile vom 15.09.2011 - Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer, vom 30.06.2011 - Rs. C-212/08, Zeturf Ltd. v/s Premierministre, und vom 08.09.2010 - Rs. C 316/07, Markus Stoß u.a.; BVerfG, Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01; BVerwG, Urteile vom 24.11.2010 - 8 C 15.09 und vom 01.06.2011 - 8 C 2.10; OVG Münster, Urteil vom 29.09.2011 - 4 A 17/08).

Im Streitfall geht der Senat davon aus, dass die Klägerin und andere Mitglieder des DLTB die Grenzen der zulässigen Werbung überschritten haben.

Es findet eine Anreizwerbung statt, die über die bloße Information über das legale Wettangebot hinausgeht. Die Allgemeinheit sollte anlässlich herausragender sportlicher Ereignisse zur Teilnahme am Wettspiel stimuliert werden. Dafür spricht, dass der Werbeaufwand - wie sich aus der Grafik im Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 18.11.2011, S. 20 (Bd. XI Bl. 143) ergibt - im Zusammenhang mit bedeutenden Sportereignissen stieg. Den größten Aufwand betrieb der DLTB etwa zum Start der Fußball Bundesliga 2010/2011, zum Beginn der Rückrunde 2010/2011, zur Frauenfußball-WM 2011, zum Start der Fußball Bundesliga 2011/2012 sowie zum Beginn der UEFA Champions League 2011/2012.

Zudem hat der DLTB für sein Sportwettenangebot Oddset mit besonders populären Partnerschaften geworben, etwa mit den Slogans

"Oddset wird Championpartner des BVB" bzw.

"ideale Kooperationspartner zu einem stimmigen Wertekanon im Sport- und Glücksspiel".

Auch im anderen Segment des monopolisierten Glücksspielmarkts, bei den Lotterien, ist eine zum Teil reißerische Werbung zu beobachten, die auf besondere Gewinne aufmerksam macht und den Adressaten zu einer Teilnahme an Spiel auffordern soll. Dies geschieht etwa durch Slogans wie:

"Eurojackpot wächst auf rund 18 Mio. Euro"

"Jackpot im Lotto 6 aus 49 erneut nicht geknackt - am Samstag sind rund 14 Millionen zu gewinnen"

"Bei den Lotterien und Wetten in Deutschland gibt es eine Vielzahl an Jackpots zu knacken"

"Viele Spielteilnehmer wurden durch große und kleine Gewinne glücklich"

Durch die Beilage von Spielscheinen in Tageszeitungen (vgl. Anlage B 19; Anlagenband II) wird das Angebot auch Lesern aufgedrängt, die von sich aus nicht die Initiative ergreifen würden, sich zu einer Annahmestelle zu bewegen. Schließlich zeigt auch die Veranstaltung von Sonderauslosungen anlässlich bestimmter Ereignisse (z. B. Ostern, Muttertag, vgl. Anlage B 19, Anlagenband II), dass nicht lediglich eine Grundversorgung mit legalem Wettspiel gewährleistet, sondern darüber hinaus Zeiten einer besonderen Konsumbereitschaft für die Umsatzsteigerung ausgenutzt werden.

Der DLTB betreibt zudem eine unzulässige Imagewerbung, indem er auf die Verwendung der erzielten Gewinne für öffentliche, gemeinnützige, kirchliche oder mildtätige Zwecke hinweist. Soweit dies im Rahmen einer sachlichen Information über seine Tätigkeit ohne Bezug zu konkreten Spielmöglichkeiten erfolgt, wie etwa im Geschäftsbericht (Anlage BK 36), ist dies nicht zu beanstanden. Eine andere Bewertung ist jedoch bei der Darstellung der Förderung gemeinnütziger Ziele im Internet geboten, wo - auf derselben Homepage - auch Informationen über den Zugang zum Glücksspielangebot und die konkreten Spielbedingungen abgerufen werden konnten (vgl. Anlage B 68, Anlagenband IV). Die Berichte über den gemeinnützigen Einsatz von Spielgewinnen verstießen zugleich gegen das Internetwerbeverbot nach § 5 Abs. 3 GlüStV 2008.

Die Werbepraxis des DLTB konterkariert damit nicht nur den mit dem Monopol verfolgten Zweck, das Glücksspielangebot einzuschränken. Sie ist hinsichtlich des zweiten Aspekts des Kohärenzgebots, die Scheinheiligkeitsgrenze, von Bedeutung: Die durch die Werbung geförderte Einnahmesteigerung stellt nicht nur einen positiven Nebeneffekt des Monopols dar. Die Länder haben daran ein vitales Interesse. Denn im Jahr 2007 flossen aus Steuern und Spielbankabgaben, aber auch aus den direkten Einnahmen aus Lotterien und Sportwetten knapp 4 Mrd. Euro in die Haushalte (vgl. Dhom, ZfWG 2010, 394, 395).

1.3.3.1.2.3.2 Angebot neben dem Monopol

Nach der Rspr. des EuGH ist jede Einzelmaßnahme auf ihre Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen - insofern erfolgt also eine sektorielle Betrachtung -, insgesamt muss aber eine globale Kohärenz herrschen. Aus diesem Erfordernis folgt nicht, dass der Gesetzgeber gehalten ist, für alle Bereiche des Glücksspiels eine einheitliche, im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelung zu schaffen. Insbesondere ist der Gesetzgeber unter Kohärenzgesichtspunkten nicht verpflichtet, für alle Glücksspielbereiche oder - alternativ - für keinen einen "Staatsvorbehalt" zu statuieren. Er kann den Glücksspielmarkt vielmehr differenziert ausgestalteten Normen unterwerfen, die den Besonderheiten der verschiedenen Glücksspielarten Rechnung tragen. Wenn jedoch ein staatliches Monopol auf Sportwetten und Lotterien mit dem Ziel errichtet wurde, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, dürfen in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaats zuständig sind - nicht Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (vgl. EuGH, Urteile vom 08.09.2010 - Rs. C-316/07, Markus Stoß u.a., Rn. 106; und Rs. C-46/08, Carmen Media, Rn. 68 f.; BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 11.10, Rn. 43).

Läuft die Glücksspielpolitik in den nicht vom Monopol erfassten Bereichen den mit ihm verfolgten legitimen Zielen zuwider, kann dies den Schluss zulassen, dass die Monopolregelung tatsächlich nicht den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient, sondern der Verwirklichung fiskalischer oder anderer nicht zur Eingriffsrechtfertigung geeigneter Zwecke. Die Kohärenzprüfung muss sich daher auf die Frage erstrecken, ob die gesetzliche Regelung oder die Anwendungspraxis in anderen Glücksspielbereichen, insbesondere solchen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotential, die Verbraucher zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntert oder anreizt, oder ob sie in anderer Weise auf eine Expansion gerichtet ist oder diese duldet. Das Kohärenzkriterium wird dabei nicht erst bei einem "krassen Missverhältnis" der Glücksspielpolitik im Bereich der Sportwetten und Lotterien einerseits und in den Bereichen der Spielbanken und des Automatenspiels andererseits verfehlt. An einem Beitrag zur systematischen und kohärenten Begrenzung der Spiel- und Wetttätigkeit fehlt es schon, wenn die legitimen Zwecke des Sportwettenmonopols in anderen Glücksspielbereichen normativ oder durch die Praxis der Rechtsanwendung konterkariert werden. Das kann auch dadurch geschehen, dass diesen Zwecken entgegenlaufende Ausgestaltungen geduldet werden. Auf die besondere Schwere eines solchen Widerspruchs kommt es nicht an (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 8 C 14.09, Rn. 80, 82).

Zwei Glücksspielarten sollen hier exemplarisch betrachtet werden, nämlich das Automatenspiel (dazu 1.3.3.1.2.3.2.1) und die Sportwetten (dazu 1.3.3.1.2.3.2.2).

1.3.3.1.2.3.2.1 Spiel an Geldautomaten

Den Regelungen für das gewerbliche Automatenspiel i.S.v. §§ 33c ff GewO kommt im Hinblick auf die Gesamtkohärenz des Glücksspielmarktes ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. OVG Münster, Urteil vom 29.09.2011 - 4 A 17/08, Rn 79ff). Zum einen handelt es sich um einen wirtschaftlich bedeutenden, umsatzstarken Einzelsektor, dessen Marktanteil selbst unter Einbeziehung des nicht monopolisierten Wettmarktes mehr als 1/3 beträgt (vgl. Dhom, ZfWG 2010, 394 f.; Fachbeirat Glücksspielsucht, Jahresbericht 2010, S. 24; Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren (DHS), Stichwort "Glücksspiel" - Zahlen 2009). Im Urteil des BayVGH vom 12.01.2012 - 10 BV 10.2271 -heißt es dazu ergänzend:

Von den Gesamtumsätzen (im Sinne aller Spieleinsätze) auf dem deutschen regulierten Glücksspielmarkt in Höhe von ca. 24 Milliarden Euro im Jahr 2009 entfallen auf das Marktsegment der Geldspielautomaten ca. 35%, auf den deutschen Lotto- und Toto-Block ca. 29% sowie auf die Spielbanken ca. 28,5%. Der auf das Segment der Geldspielautomaten entfallende Umsatzanteil ist dabei von 20,3% im Jahr 2002 über 24,9% im Jahr 2006 kontinuierlich auf 34,9% im Jahr 2009 gestiegen (vgl. dazu Daten/Fakten/Glücksspiel der deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V., http://www.dhs.de - Auszug aus dem dhs Jahrbuch Sucht 2011; von vergleichbaren Zahlen geht im Übrigen auch das OVG NRW in seiner Entscheidung vom 29.9.2011 Az. 4 A 17/08 <juris> RdNrn. 81 ff. unter Bezugnahme auf weitere Quellen aus). Betrachtet man den Bruttospielertrag, d.h. den Betrag, der nach Abzug der Gewinnauszahlungen gegenüber den Spieleinsätzen verbleibt, ergibt sich folgendes Bild: Den mit Abstand größten Anteil am gesamten Bruttospielertrag generiert dabei das Segment der Geldspielautomaten mit einem Bruttospielertrag in Höhe von ca. 3,3 Milliarden Euro im Jahr 2009. Lediglich der Markt der regulierten Lottoprodukte, d.h. alle Lotterien zusammengefasst, ist gemessen am Bruttospielertrag mit Bruttospielerträgen von insgesamt ca. 4,35 Milliarden Euro noch größer als der Automatenbereich. Den regulierten Wettmärkten, bestehend aus Oddset, Fußballtoto und den Pferdewetten kommt hingegen gemessen am Bruttospielertrag von zusammen 0,2 Milliarden Euro in Deutschland eine vergleichsweise geringe ökonomische Bedeutung zu (zu diesen Zahlen vgl. Dhom, ZfWG 2010, 394 f. und Goldmedia, Glücksspielmarkt Deutschland 2015, Key Facts zur Studie vom April 2010, S. 3 f.).

Zum anderen weist das Automatenspiel das höchste Suchtpotential auf, während die vom Monopol umfassten Lotterien und Sportwetten verhältnismäßig harmlos sind. Ein Indikator für die Suchtgefahr ist die so genannte Prävalenz, also der Anteil der Personen an einer bestimmten Gruppe, die von einer Krankheit befallen ist. Nach einer Repräsentativbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit dem Titel "Glücksspielverhalten und problematisches Glücksspiel in Deutschland 2007" (vgl. Anlage CBH 77, Bd. XVII 45ff) beträgt die Quote derjenigen, die in den letzten 12 Monaten zumindest einmal das jeweilige Glücksspiel gespielt haben, in der Gruppe mit problematischem bzw. pathologischem Spielverhalten bei Geldspielautomaten etwa das 9-fache, bei Toto und anderen Sportwetten das 5-fache und bei Oddset das 3 bis 4-fache. Prof. Dr. Tilman Becker geht in seiner Studie "Häufigkeit der Glücksspielsucht in Deutschland" (vgl. Anlage CBH 78, Bd. XVII Bl. 97) davon aus, dass 69% der pathologischen Spieler in Deutschland in Geldspielautomaten das Hauptproblem erleben, jedoch nur 1,6% in Oddset-Wetten und 0,4% bei Lotto 6 aus 49. Während der Anteil der problematischen und pathologischen Spieler an Geldautomaten mit Werten zwischen 9% und 3,6% sehr hoch ist, liegen die Werte bei Sportwetten zwischen 5,2 und 1,7% und bei Lotto zwischen 0,7% und 0,1 % deutlich darunter (vgl. Dhom, ZfWG 2010, 394, 395; G. Meyer, Glücksspiele - Zahlen und Fakten, in: Jahrbuch Sucht 2009, Hrsg.: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen). Im Urteil des BayVGH vom 12.01.2012 - 10 BV 10.2271 - heißt es dazu ergänzend:

Der danach wirtschaftlich bedeutendste und umsatzstärkste Sektor des deutschen regulierten Glücksspielmarkts (der Geldspielautomaten) weist zudem ein besonders hohes Suchtpotential auf. Für die Suchtentwicklung ist ein Gefüge aus individuellen Faktoren, Umgebungsfaktoren und suchtmittelbezogenen Faktoren wie Ereignisfrequenz, Mindestspieldauer und Einsatz- und Gewinnmöglichkeiten entscheidend. Im Suchthilfesystem stellen Spieler an Geldautomaten die größte Gruppe der Betroffenen dar; ihr Anteil hat sich in der ambulanten Suchthilfe seit 2006 stetig erhöht. Bei mehr als 85% der wegen Spielsucht eine Suchthilfeeinrichtung aufsuchenden Klienten und Klientinnen wurde eine Abhängigkeit von Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten gemäß der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) diagnostiziert (Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung vom Mai 2011, Nr. 6 - pathologisches Glücksspiel - S. 75; vgl. auch Dhom, a.a.O., S. 398). Bei von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in den Jahren 2007 und 2009 durchgeführten Repräsentativbefragungen zum Glücksspielverhalten der 16- bis 65-jährigen Bevölkerung in Deutschland hat sich ergeben, dass der Anteil der Befragten, die in den letzten zwölf Monaten vor der Befragung irgendeines der 19 insgesamt erfragten Glücksspiele gespielt hatten, mit 55% (2007) bzw. 53,8% (2009) annähernd konstant geblieben ist, signifikante Zuwächse sich jedoch bei Lotto "6 aus 49" (35, 5% vs. 40,0%) und bei den Geldspielautomaten (2,2% vs. 2,7%) ergeben haben; bei letzteren ist danach insbesondere der verhältnismäßig starke Anstieg bei den 18- bis 20-jährigen jungen Männern hervorzuheben (5,9% vs. 15,3%; vgl. Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten, Mai 2011, S. 75), einer Personengruppe, die als besonders gefährdet für glücksspielbedingte Fehlanpassungen gilt (vgl. Hayer, SuchtAktuell 2010, 47/51). Nach einer Studie des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung in München (IFT) im Rahmen der Evaluation der Spielverordnung sind 42% der Langzeitspieler in Spielhallen bzw. 30% der Langzeitspieler in Gaststätten pathologische Spieler, wobei aufgrund der Anlage der Studie der Anteil der Viel- und Langzeitspieler unter den in Spielhallen und Gaststätten angetroffenen Befragten überproportional vertreten war (vgl. Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten, Mai 2011, S. 76; zu weiteren empirischen Befunden zum erhöhten Suchtpotential von Geldspielautomaten vgl. auch Hayer, SuchtAktuell 2010, 47/50 f. sowie Dhom, a.a.O., S. 398). Eine jüngst durchgeführte umfangreiche Studie "Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie (PAGE)" der Universität Greifswald hat für die Gesamtgruppe der 14- bis 64-jährigen Prävalenzquoten von 0,35% für pathologisches und von 0,31% für problematisches Glücksspielverhalten ergeben; das Risiko der Diagnose des pathologischen Glücksspielens war dabei am höchsten für das Spielen an Geldspielautomaten (vgl. Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten, Mai 2011, S. 76 und 82 unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der PAGE-Studie).

Die vorgenannten Aspekte - Umfang und Suchtpotential des Automatenspiels - ziehen die Rechtfertigung des Monopols in Zweifel. Denn es dient u.a. dem Zweck "das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen" (§ 1 Nr. 1 GlüStV 2008) und "das Glücksspielangebot zu begrenzen [...]" (§ 1 Nr. 2 Alt. 1 GlüStV 2008). Ein Monopol, das sich in erster Linie auf verhältnismäßig harmlose Lotterien beschränkt, hingegen besonders suchtgefährdende Angebote nicht abdeckt, kann dieser Funktion nicht gerecht werden. Es vermag seine disziplinierende Wirkung nicht auszuüben, wenn die Bevölkerung ihren Spieltrieb außerhalb des Monopols ausleben kann. Insbesondere Personen, die eine pathologische Spielveranlagung haben und daher besonders schutzbedürftig sind, werden das für sie attraktivere Angebot von mit privaten Veranstaltern in Anspruch nehmen, das sich - anders als das Monopol, welches Zwecken des Gemeinwohls verpflichtet ist - primär auf eine Gewinnmaximierung des Automatenbetreibers ausgerichtet ist.

1.3.3.1.2.3.2.2 Pferdewetten

Nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz dürfen private Buchmacher Pferdewetten veranstalten bzw. vermitteln. Im 2009 wurde mit Pferdewetten ein Umsatz von 285,7 Mio. Euro erzielt, während das Angebot der Sportwetten bei Oddset lediglich 185 Mio. Euro erreichte (vgl. Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 17.06.2011, S. 46; Bd. IX Bl. 146). Betrachtet man die Bruttospielerträge, die wegen unterschiedlicher Ausschüttungsquoten für die Nachfrage jedoch weniger aussagekräftig sind, ergibt sich ein Verhältnis von 100 Mio Euro für Oddset und Fußballtoto zu 60 Mio Euro bei Pferdewetten (vgl. Dhom, ZfWG 2010, 394, 395).

Während der Gewinn bei Lotterien vom Zufall abhängt, ist bei Sportwetten der Ausgang eines Sportereignisses (z.B. Fußballspiel, Pferderennen) maßgeblich. Der Spieler hofft also nicht nur auf sein Glück, sondern kann auch seine sporttheoretischen Fähigkeiten und Kenntnisse einbringen. In wirtschaftlicher Hinsicht sind Sportwetten - gemessen am gesamten Glücksspielmarkt - verhältnismäßig unbedeutsam, im Rahmen der Kohärenzbetrachtung aber gleichwohl von Interesse. Im vorangehenden Abschnitt wurde bereits gezeigt, dass das Monopol aus einer spielartenübergreifenden Sicht seiner Funktion nicht gerecht wird. Es ist aber auch bei den Sportwetten, die immerhin das zweitgrößte Gefährdungspotential aufweisen und daher - eher als bei Lotterien - einen Ausschluss privater Anbieter rechtfertigen würden, nicht konsequent durchgeführt: Denn die Fußballwette "Oddset" des DLTB deckt nur ca. 2/5 der Sportwetten ab, die Pferdewetten von privaten Veranstaltern hingegen ca. 3/5.

1.3.3.1.2.3.3 Expansion des Glücksspielangebots

Für die Frage der Kohärenz eines staatlichen Monopols ist nicht nur die im vorangehenden Abschnitt erläuterte Frage von Bedeutung, ob außerhalb des monopolisierten Glücksspielsektors private Angebote bestehen, welche die mit dem Monopol bezweckten Zielsetzungen konterkarieren können (Momentaufnahme). Vielmehr ist auch die zeitliche Entwicklung der Glücksspielpolitik zu würdigen, die für die Beurteilung der Kohärenz von Bedeutung sein kann (Tendenzbetrachtung). In diesem Zusammenhang ist eine gewisse Liberalisierung des Glücksspiels in rechtlicher, aber auch in tatsächlicher Hinsicht festzustellen:

Durch die zum 01.01.2006 in Kraft getretene 5. Novelle der Spielverordnung vom 17.12.2005 wurden zum Zweck der Spielsuchtbekämpfung eine Reihe von Änderungen und Beschränkungen zum Spielerschutz vorgenommen. Diese Änderungen betrafen im Wesentlichen Veränderungen der Mindestspieldauer, des maximalen durchschnittlichen Verlusts sowie der absoluten Obergrenzen für den maximalen Verlust und Gewinn pro Stunde, die Einführung einer automatischen fünfminütigen Spielpause nach einer Stunde, das Verbot von zusätzlichen Gewinnangeboten (Jackpot-Systemen), das Verbot von Fun-Games, Regelungen über zusätzliche Informationsmaterialien, Warnhinweise, technische Sicherungsmaßnahmen und eine ständige Aufsicht zur Einhaltung des Jugendschutzgesetzes und zum Spielerschutz (vgl. OVG Münster, Urteil vom 29.09.2011 - 4 A 17/08, Rn 87). Gleichzeitig enthält die 5. Novelle der Spielverordnung aber auch eine Reihe von Regelungen, die einer effektiven Prävention glücksspielbezogener Gefahren zuwiderlaufen und die Attraktivität von Geldspielgeräten sogar erhöhen. Dazu gehören insbesondere die Erhöhung der Anzahl der Geldspielgeräte in gastronomischen Betrieben von zwei auf drei Geräte (§ 3 Abs. 1 SpielVO), die Erhöhung der Gesamtzahl von Geld- oder Warenspielgeräten in Spielhallen auf maximal zwölf statt bisher zehn Geräte bei entsprechend großer Grundfläche (§ 3 Abs. 2 SpielVO), die Reduzierung der Mindestlaufzeit eines Spiels von bisher zwölf Sekunden auf fünf Sekunden (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 SpielVO) und die Erhöhung der maximalen Verlustmöglichkeiten im Verlauf einer Stunde von 60 Euro auf 80 Euro (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 SpielVO).

Der BayVGH hat sich in seinem Urteil vom 12.01.2012 - 10 BV 10.2271 - zudem mit den faktischen Auswirkungen der 5. Novelle der SpielVO befasst und hierzu ausgeführt:

"Überdies hat die gewerbliche Automatenindustrie die Auslegungsmöglichkeiten und Spielräume der geänderten Spielverordnung ausgenutzt und deren Vorgaben teilweise in systematischer Weise ausgehebelt, indem die neueren Automaten die Möglichkeit bieten, Geldeinsätze oder Geldgewinne in Punktezahlen umzuwandeln (und umgekehrt), um so eine höhere Gewinnchance zu suggerieren und Restriktionen der Spielverordnung zu umgehen (vgl. im Einzelnen Hayer, SuchtAktuell 2010, 47, 48; Dhom, ZfWG 2010, 394, 398; Dürr, GewArch 2011, 99, 101 ff.; Abschlussbericht "Evaluierung der Novelle der SpielV", S. 150 ff.).

So kommt letztlich auch der Abschlussbericht "Evaluierung der Novelle der SpielV" hinsichtlich der Beurteilung der Auswirkungen der novellierten Spielverordnung auf den Spielerschutz zu dem Ergebnis, die Regelungen der SpielV zu Spiel-, Aufstell- und Zugangsmerkmalen verhinderten illegale Spielabläufe an Geldspielautomaten in zu geringem Umfang und gewährleisteten in zu geringem Umfang beabsichtigte Schutzmaßnahmen. Durch die eingesetzten Punktesysteme würden höhere Gewinnerwartungen als die vorgegebene Obergrenze von 500 Euro/Stunde geweckt (vgl. Abschlussbericht "Evaluierung der Novelle der SpielV", S. 153 f.). Die bei den Spielern ermittelten tatsächlichen Verluste waren hoch. So wurden nach den Angaben der Spieler Monatsausgaben von etwa 500 Euro für Spielhallen bzw. 280 Euro für Gaststätten pro Spieler an einem Gerät berechnet. Bei gleichzeitigem Spielen an durchschnittlich 1,9 Geräten ergab das fast das Doppelte der Verlustsumme bzw. bei 1,4 Geräten in Gaststätten fast das 1,5-fache. Der höchste Tagesverlust betrug 2005 im Durchschnitt 420 Euro bzw. 280 Euro, 2009 610 Euro bzw. 390 Euro. 60% der Spieler in Spielhallen und Gaststätten mussten sich wegen des Spiels an Geldspielautomaten finanziell einschränken (Abschlussbericht "Evaluierung der Novelle der SpielV", S. 154). Weiter wird im Abschlussbericht auf die hohen Risikobewertungen der neuen Spielmerkmale im Hinblick auf den Verlust der Spielkontrolle bzw. hohe Geldverluste hingewiesen, die durch Spieler und Betreiber bei den durchgeführten Befragungen gleichermaßen bestätigt worden seien (vgl. Abschlussbericht "Evaluierung der Novelle der SpielV", S. 154 f.). Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse wird daher folgerichtig ein erheblicher Änderungsbedarf zur Verbesserung des unmittelbaren Schutzes der Spieler und zur Reduzierung der übermäßigen Spielanreize sowie bei den Kontrollmöglichkeiten der Behörden gesehen (vgl. dazu Dürr, a.a.O., S. 102 ff.; Abschlussbericht "Evaluierung der Novelle der SpielV", S. 161 ff.). Auch im Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung wird mit Blick auf diese Ergebnisse und Feststellungen auf die nicht hinreichende Verwirklichung der beabsichtigen Ziele im Bereich des Spielerschutzes und auf zur Verbesserung des Spielerschutzes diskutierte Änderungsvorschläge verwiesen (S. 81 f.).

Weiter festzuhalten ist, dass sich vor dem Hintergrund der bestehenden Regelungskonzeption des gewerblichen Automatenspiels nach den Feststellungen des Abschlussberichts "Evaluierung der Novelle der SpielV" die Wirtschaftlichkeit des Betriebs von Geldspielgeräten verbessert hat, die Zahl der Geräte in Spielhallen - nach einem Rückgang von 1995 auf 2005 um 25% - von 2005 auf 2009 um 23% gestiegen ist, der Umsatz zwischen 2005 und 2009 um 38% zugenommen hat und Berechnungen zeigen, dass die Umsatzsteigerung nicht durch eine Steigerung der Monatsausgaben des einzelnen Spielers verursacht wird, so dass dies indirekt darauf hindeutet, dass die Umsatzsteigerung durch eine Zunahme der Spieler erfolgte (vgl. Abschlussbericht "Evaluierung der Novelle der SpielV", S. 156)."

Die Bundesrepublik hat damit trotz des hohen Suchtpotentials von Automatenspielen eine Politik der Angebotsausweitung betrieben haben, die eher darauf abzielt, zur Teilnahme an diesen anderen Spielen zu ermuntern, als darauf, die Spielgelegenheiten zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2010, Rs. C-46/08 - Carmen Media, Rn 67 und 68). Weiter feststellen lässt sich aber auch, dass die mit der SpielVO 2005 verbundene Liberalisierung nicht durch ausreichende Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz ausgeglichen worden ist und dass dies zur Folge hat, dass das Ziel des Monopols, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, damit konterkariert wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.7.2011 - 8 C 11.10, Rn 49; BayVGH, Urteil vom 12.01.2012 - 10 BV 10.2271).

De lege ferenda sollen die Möglichkeiten zum Glücksspiel an Geldautomaten zwar wieder eingeschränkt werden. Es liegt ein Entwurf zur 6. Änderung der SpielVO vor, der bereits mehrfach modifiziert worden ist. Er sieht u. a. vor, dass Automaten nach einer Stunde Spieldauer eine Zwangspause einleiten und dass Spieler eine Chipkarte benötigen, die eine Teilnahme am Spiel erst ermöglicht und die den täglichen Einsatz auf 200,00 € begrenzt. Diese Bestrebungen sind bei der rechtlichen Beurteilung für den Senat indes ohne Bedeutung, weil zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung unklar ist, ob und mit welchem Inhalt die 6. Änderung der SpielVO in Kraft getreten wird.

1.3.3.1.2.3.4 Rechtslage in Schleswig-Holstein

Für den Teilzeitraum ab dem 01.01.2012 (Inkrafttreten des Glücksspielgesetzes Schleswig-Holstein - GlüG SH) bzw. zumindest ab dem Frühjahr 2012 (tatsächliche Implementierung des Konzessionsmodells) lässt sich die Inkohärenz der Regelung, wonach nur der DLTB Sportwetten anbieten darf, auch daran festmachen, dass das Monopol durch eine weitgehend liberale Glücksspielpolitik im nördlichsten Bundesland abgelöst worden ist.

Nach §§ 21ff GlüG SH kann eine für Wetten erforderliche Genehmigung an jeden Unionsbürger oder jede juristische Person erteilt werden, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder eine Niederlassung in der Europäischen Union hat, und die die für den beabsichtigten Wettbetrieb erforderliche Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Sachkunde besitzt. Das vormalige staatliche Monopol besteht lediglich im Bereich von großen Lotterien und Klassenlotterien fort (§§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 1 GlüG SH).

1.3.3.1.2.5 Zusammenfassende Bewertung

Ein nationales Gericht kann nach den Ausführungen des EuGH berechtigten Anlass zur Schlussfolgerung haben, ein Monopol sei für den mit ihm verfolgten Zweck der Suchtprävention nicht geeignet, wenn eine unzulässige Werbung, erlaubtes Glücksspiel außerhalb des Monopols und eine Angebotsexpansion stattfinde (so Urteil vom 08.09.2010 - Rs. C-316/07 Markus Stoß, Rn. 107 = Tenor 1) bzw. wenn lediglich ein erlaubtes Glücksspiel außerhalb des Monopols sowie eine Angebotserweiterung vorliegen (so Urteil vom 08.09.2010 - Rs. C-46/08 Carmen Media, Rn. 70 f. = Tenor 2). Demnach bleibt im Rahmen der Kohärenzprüfung ein Wertungsspielraum, wie man die einzelnen Verstöße gewichtet. Im Einzelnen:

Die über eine bloße Information hinausgehende Werbung des DLTB zeigt, dass fiskalische Interessen von Bedeutung sind, die sich dem Hauptzweck des Monopols - der Suchtprävention - allerdings unterordnen müssten. Gleichwohl genügt das dargestellte Werbeverhalten - für sich genommen - noch nicht aus, um die Sinnhaftigkeit des Monopols in Frage zu stellen. Denn abgesehen davon, dass auch eine zulässige Werbung ihrer Natur nach auf die Förderung des Absatzes gerichtet ist und eine Abgrenzung zur unzulässigen Werbung oft eine Wertungsfrage ist, kann in einem mit 33 % des Gesamtumsatzes nicht unbedeutenden Teilbereich des Glücksspielmarkts (Lotterien und Sportwetten) die Spielsucht durch eine relativ geringe Spielfrequenz (wöchentlich zwei (doppelte) Lottoziehungen bzw. Kopplung der Oddset-Wetten an die Sportereignisse) begrenzt (vgl. § 1 Nr. 1 und 2 GlüStV 2008) und der Schutz der Spieler vor betrügerischen Machenschaften gewährleistet werden (§ 1 Nr. 4 GlüStV 2008).

Die Ausweitung des Angebots bei Spielautomaten nach §§ 33c ff. GewO genügt - isoliert betrachtet - ebenfalls nicht, um die Kohärenz des Monopols in Frage zu stellen. Denn durch die 5. Novelle der Spielverordnung wurden nicht nur bestimmte Bereiche liberalisiert, sondern auch diverse Maßnahmen zum Spielerschutz getroffen. In welchem Maße sich die rechtlichen Änderungen ausgewirkt haben, hat sich erst später gezeigt.

Von erheblichem Gewicht bei der Kohärenzprüfung ist hingegen, dass das staatliche Monopol die suchtgefährdenden Sportwetten mit "Oddset/Fußballtoto" nur zu etwa 40% des Umsatzes abdeckt, den Bereich der Pferdewetten mit 60% des Umsatzes aber privaten Anbietern überlässt. Das Monopol auf Lotterien (Lotto) bezieht sich auf überwiegend harmlose Bereiche, während andere Glücksspielarten mit hohem Suchtpotential - insbesondere das Automatenspiel - privaten Anbietern überlassen werden. Damit entsteht ein Alternativangebot, auf das die Teilnehmer ausweichen können. Beide Glücksspielarten sind trotz Unterschieden aus Sicht des Verbrauchers substituierbar: Bei Lotterien sind zwar die in Aussicht gestellten Gewinne deutlich höher, die Gewinnchancen jedoch entsprechend kleiner. Die Chance auf einen "Sechser" im Lotto liegt bei 1 : 1 x 1010 (=49*48*47*46*45*44). Beim Automatenspiel sind die Gewinne deutlich kleiner, aber die Gewinnchance ist höher (Ausschüttungsquote Lotto: 50%; Ausschüttungsquote Automaten: 60%, vgl. Dhom, ZfWG 2010, 394).

Im Jahr 2009 entfielen nur noch 29 % des gesamten Umsatzes des Glücksspielmarkts auf den DLTB, der ganz überwiegende Anteil wurde außerhalb des Monopols erzielt (bei Glücksspielautomaten ca. 35 %, in Spielbanken ca. 28,5 %). Wenn ein EU-Mitgliedstaat aber rund 2/3 des Marktes nach einem Konzessionsmodell ausrichtet, besteht kein nachvollziehbarer Grund, warum ein staatliches Monopol - zumal in einem überwiegend wenig gefährdenden Glücksspielsegment - noch erforderlich sein soll, um die Ziele des GlüStV 2008 umzusetzen.

Zieht man die vorbenannten Umstände in eine sektorenübergreifende wertende Gesamtbetrachtung ein und berücksichtigt man für den Teilzeitraum vom 01.01. bis 31.06.2012 die zusätzlich eintretende innerstaatliche Rechtszersplitterung durch das Glücksspielgesetz Schleswig-Holstein, ergibt sich, dass das Monopol die ihm zugedachte Funktion nicht erfüllen konnte. Denn ein Monopol vermag seine den Spieltrieb disziplinierende Wirkung auf die Bevölkerung nur auszuüben, wenn die Interessenten nicht auf andere Angebote ausweichen können. Es kann seiner Funktion ferner dann nicht gerecht werden, wenn es sich auf verhältnismäßig harmlose Glücksspielsektoren beschränkt, was insbesondere von Lotterien anzunehmen ist, auf die rund 98 % des Bruttospielertrags des DLTB entfällt. Weil das Monopol seine Funktion somit verfehlt hat, ist kein Grund ersichtlich, diesen Glücksspielsektor, also auch die Sportwetten, privaten Anbietern vorzuenthalten. Das aus §§ 4 Abs. 1, 10 Abs. 5 GlüStV 2008 folgende Tätigkeitsverbot war mit Art. 49 EGV bzw. Art. 56 AEUV nicht vereinbar (so auch BayVGH, Urteil vom 12.01.2012 - 10 WV 10.2171; OVG Münster, Urteil vom 29.09.2011 - 4 A 17/08; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.03.2012 - 6 A 11163/11).

Die genannten Vorschriften sind zwar nicht nichtig, sie bleiben in Fällen ohne grenzüberschreitenden Bezug sogar verbindlich. Ist jedoch - wie hier - der Verkehr über die Grenzen der EU-Mitgliedstaaten hinaus betroffen, dürfen nationale Gerichte die entsprechenden Vorschriften nicht anwenden (vgl. EuGH, Rs. C-6/64 - Costa ./. E.N.E.L., Slg. 1964, 1251, 1269 ff.; Herdegen, Europarecht, 12. Aufl., S. 226). Die Grundfreiheiten der Europäischen Verträge gehen den nationalen Vorschriften also als höherrangiges Recht vor. Dabei entfalten sie nicht nur eine Verpflichtung zwischen den Mitgliedstaaten. Sie wirken vielmehr unmittelbar zu Gunsten natürlicher und juristischer Personen.

1.3.3.2 Zeitraum seit dem 01.07.2012

Der 1. GlüÄndStV ist am 01.07.2012 in Kraft getreten, auch wenn Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein den Vertrag bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (noch) nicht ratifiziert haben. Denn nach Art. 2 Abs. 1 genügt die Hinterlegung von 13 Urkunden bei der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt.

Der 1. GlüÄndStV suspendiert im Bereich der Sportwetten, der Gegenstand dieses Rechtsstreits ist, das staatliche Monopol und sieht im Rahmen einer "Experimentierklausel" ein Konzessionsmodel vor (vgl. § 10 Abs. 6, 10 a, 4 a und 4 b). Danach werden in einem diskriminierungsfreien Verfahren probehalber 20 Konzessionen auf jeweils 7 Jahre an Bewerber erteilt, die bestimmte Kriterien erfüllen.

Der Senat neigt zwar zu der Annahme, dass das Konzessionssystem mit der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV vereinbar ist. Sollte die B.-Gruppe also keine Konzession erhalten, dürfte sie ihre Leistungen demnächst nicht mehr anbieten (dazu 1.3.3.2.1). Allerdings besteht keine Haftung dem Grunde nach, solange das neue Regelungsmodell noch nicht implementiert ist. Denn bis zur tatsächlichen Erteilung der Genehmigungen gilt das Monopolsystem faktisch fort, welches aus den oben erwähnten Gründen mit EU-Recht nicht vereinbar ist (dazu 1.3.3.2.2).

1.3.3.2.1 EU-Konformität des Konzessionsmodells

Die mit dem Konzessionsmodell einhergehende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dürfte die Beklagten nicht in unzulässiger Weise in ihren Rechten nach Art. 56 AEUV beeinträchtigen. Das neue Regelungsmodell greift zwar in den Schutzbereich dieser Grundfreiheit ein, weil es den Marktzutritt für private Anbieter quantitativ beschränkt und qualitativ an bestimmte Anforderungen geknüpft. Diese Einschränkungen sind jedoch durch zwingende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, wenn sie kohärent durchgesetzt werden. Der EuGH hat hierzu ausgeführt (Urteil vom 08.09.2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media, Rn. 87):

Daher muss ein System der vorherigen behördlichen Erlaubnis, um trotz des Eingriffs in eine solche Grundfreiheit gerechtfertigt zu sein, auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden Grenzen setzen, damit diese nicht willkürlich erfolgt. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden einschränkenden Maßnahme betroffen ist, ein effektiver gerichtlicher Rechtsbehelf offen stehen (vgl. Urteil vom 03.06.2010, Rs. C-203/08, Sporting Exchange, Rn. 50).

Diesen Anforderungen genügt die Rechtslage nach dem Inkrafttreten des 1. GlüÄndStV: Die Erteilung der Konzessionen ist willkürfrei gestaltet. Die Bewerber müssen nach § 4 a Abs. 4 des 1. GlüÄndStV bestimmte Anforderungen erfüllen, insbesondere hinsichtlich ihrer erweiterten Zuverlässigkeit, ihrer Leistungsfähigkeit und der Transparenz und Sicherheit des von ihnen angebotenen Glücksspiels. Die Konzessionen, deren Anzahl nach § 10 Abs. 3 des 1. GlüÄndStV auf 20 beschränkt ist, werden gemäß § 4 b Abs. 1 des 1. GlüÄndStV in einem transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahren erteilt. Gegen die Versagung der Erlaubnis ist die Verpflichtungsklage nach der VwGO eröffnet. Die im Rahmen der Versagungsgründe verwandten unbestimmten Rechtsbegriffe sind - mit Ausnahme bestimmter Beurteilungsspielräume der Verwaltung - voll justitiabel.

1.3.3.2.2 Gegenwärtige Fortdauer des staatlichen Monopols

Das Konzessionsmodell ist zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht umgesetzt. Die nach § 4 b Abs. 1 des 1. GlüÄndStV vorgesehene Ausschreibung im Europäischen Amtsblatt lief - nach einer Verlängerung - am 12.09.2012 ab. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Konzessionen also noch nicht erteilt. Damit besteht das staatliche Monopol auf Sportwetten in dem für die Beurteilung der Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt nach § 10 Abs. 6 des 1 GlüÄndStV faktisch fort. Die B. -Gruppe kann also, selbst wenn sie sich für die Erteilung einer Konzession beworben hat, für ihre Angebote im Übergangszeitraum keine Genehmigung erhalten. Jedenfalls vorübergehend wird ihre Dienstleistungsfreiheit daher noch in unzulässiger Weise beschränkt, so dass ein die Haftung begründender Verstoß gegen die Marktverhaltensregeln nach §§ 4 Nr. 11 UWG; 4 Abs. 1 des 1. GlüÄndStV den Beklagten nicht entgegengehalten werden kann.

2. Auskunftsanspruch (Klageantrag zu 2)

Da die Beklagten nicht zum Schadensersatz verpflichtet sind, scheitert auch der auf Auskunft gerichtete Hilfsanspruch (Antrag zu 3.).

3. Unterlassungsanspruch (Klageantrag zu 1)

Die Beklagten sind schließlich auch weder nach §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 11, 8 UWG i. V. m. § 4 Abs. 1 des 1. GlüÄndStV; 284 StGB noch aus anderem Rechtsgrund dazu verpflichtet, Sportwettenvermittlung ohne behördliches Angebot zu betreiben. Da ein Unterlassungsanspruch nur für die Zukunft durchgesetzt werden kann, ist - anders als beim Schadensersatz - eine zeitliche Differenzierung nicht erforderlich. Maßgeblich ist allein die zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung geltende Sach- und Rechtslage. Danach ist die Klage derzeit unbegründet.

Die Beklagten haben sich nicht wettbewerbswidrig verhalten, weil es unionsrechtswidrig ist, die Vermittlung von Sportwetten von einer behördlichen Erlaubnis abhängig zu machen, solange das Konzessionssystem nicht faktisch umgesetzt wird (Antrag zu 1., Alt. 1). Wenn aber eine Dienstleistung nicht wirksam verboten werden kann, gilt es auch für die Werbung (Antrag zu 1., Alt. 2), die lediglich ein Annex der Vermittlungstätigkeit darstellt. Außerdem besteht faktisch noch gar keine Möglichkeit für die Beklagte, für die Bewerbung ihres Angebots eine behördliche Genehmigung einzuholen. Denn weil das Land Nordrhein-Westfalen dem 1. GlüÄndStV zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht beigetreten war, fehlt es an einer Genehmigungsbehörde (vgl. § 9a Abs. 2 Nr. 1 des 1. GlüÄndStV).

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die nach § 524 ZPO statthafte Anschlussberufung, die sich - abweichend von § 99 Abs. 1 ZPO - auch auf die Kostenentscheidung beschränken durfte (vgl. Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 524 Rn. 35), bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil die Klägerin unterlegen ist.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.

Die Revision war nach § 542 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Vereinbarkeit des staatlichen Monopols nach § 10 Abs. 5 GlüStV 2008 und Beurteilung der Rechtslage nach dem Inkrafttreten des 1. GlüÄndStV von grundsätzlicher Bedeutung sind. Höchstrichterlichen Entscheidungen sind hierzu noch nicht ergangen.