OLG Celle, Beschluss vom 21.01.2013 - 4 W 12/13
Fundstelle
openJur 2013, 3988
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers vom 3. Januar 2013 gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Osterholz-Scharmbeck vom 3. Dezember 2012 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Beschwerdewert: 3.000 €.

Gründe

Die Beschwerde ist gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch aus den zutreffenden Gründen der inzwischen ergangenen Abhilfeentscheidung des Grundbuchamts mit Beschluss vom 11. Januar 2013 in der Sache keinen Erfolg.

Der Antragsteller als Eigentümer hat nach der erfolgten Löschung einer Arresthypothek grundsätzlich keinen Anspruch auf Umschreibung des Grundbuchs durch Anlegung eines neuen Grundbuchblatts. Es kann im vorliegenden Fall unentschieden bleiben, ob ein solcher Anspruch zu gewähren wäre, wenn die erfolgte Zwangseintragung ihrerseits rechtsfehlerhaft geschehen wäre. In einem solchen Fall wird vielfach vertreten, dass der in der ursprünglich fehlerhaften Eintragung liegende Mangel vollständig beseitigt werden müsse und dazu die Löschung nicht ausreiche, weil auch nach Löschung die aus dem Grundbuch ersichtliche Eintragung als solche erhalten bleibe (vgl. für diesen Fall OLG Frankfurt NJW 1988, 976; OLG Schleswig NJW-RR 1990, 23). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die in Abt. III laufende Nr. 8 eingetragene Arresthypothek ist unter Einhaltung der rechtlichen Voraussetzungen eingetragen worden.

Der Antragsteller stützt seinen Anspruch auf Anlegung eines neuen Grundbuchblatts auch nicht darauf, dass die ursprüngliche Eintragung unrechtmäßig gewesen sei, sondern darauf, dass trotz zwischenzeitlicher Löschung die ursprüngliche Eintragung noch aus dem Grundbuch bei Einsichtnahme ersichtlich sei und deshalb, weil die Arresthypothek „für das Land B., vertreten durch den leitenden Oberstaatsanwalt bei dem Landgericht B.“ eingetragen gewesen sei, daraus für den Antragsteller ohne Anlegung eines neuen Grundbuchblatts auch nach Löschung noch nachteilige Auswirkungen insbesondere kreditschädigender Art ausgehen könnten, denen nur durch Anlage des neuen Grundbuchblatts begegnet werden könne und müsse. Dieser Rechtsauffassung kann nicht gefolgt werden.

Die Voraussetzungen, unter denen nach der Grundbuchverfügung ein Grundbuchblatt umgeschrieben werden muss oder nach dem Ermessen des Grundbuchamts umgeschrieben werden kann, sind in den §§ 23, 28 GBV umschrieben, hier aber nicht erfüllt. Ein Anspruch auf Umschreibung nur zu dem Zweck, die Löschung der Eintragung der Zwangshypothek auch gänzlich in der Weise zu beseitigen, dass sie auch bei Einsichtnahme in das Grundbuch nicht mehr wahrgenommen werden kann, sehen diese Bestimmungen nicht vor. Ein solcher Anspruch lässt sich auch nicht aus dem Grundgesetz, insbesondere nicht dem aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG hergeleiteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerfGE 65, 1 ff.) ableiten. Jedenfalls für den Normalfall, dass - wie hier - die gelöschte Eintragung ursprünglich rechtmäßig zustande gekommen war, besteht kein Anlass, weitere Umschreibungstatbestände zu schaffen und dem Beteiligten einen entsprechenden Anspruch auf Umschreibung zuzubilligen. Denn die Vorschriften der Grundbuchordnung und der Grundbuchverfügung über die Umschreibung von Grundbuchblättern sowie über die Einsicht in Grundbuch und Grundakten werden nicht durch Bestimmungen der Datenschutzgesetze berührt. Auch darüber hinaus gibt das Rechte auf informationelle Selbstbestimmung dem Beteiligten keinen Anspruch darauf, dass sein Grundbuchblatt umgeschrieben wird. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a. a. O., ferner Rpfleger 1989, 121) ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht einschränkungslos gegeben. Vielmehr müssen einzelne Einschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im überwiegenden Allgemeininteresse, auf gesetzlicher Grundlage und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hingenommen werden. Bei der danach notwendigen Abwägung zwischen dem Allgemeininteresse an der Offenlegung des Grundbuchs und der Grundakten für bestimmte Personen unter bestimmten Voraussetzungen einerseits und dem persönlichen Interesse des Beteiligten (hier: Antragstellers) daran, dass die offensichtlich erledigten, für seine Kreditwürdigkeit und Kreditfähigkeit aber weiterhin schädlichen früheren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus dem Grundbuch nicht mehr ersichtlich sind andererseits, muss die Abwägung aber zugunsten der Allgemeininteressen ausfallen. Ein Recht des Beteiligten dahin, die Umschreibung nur deshalb verlangen zu können, um eine frühere Zwangssicherungshypothek über die erfolgte Löschung hinaus gänzlich aus dem Grundbuch unkenntlich zu machen, würde Aufgabe und Bedeutung des Grundbuchs für den Rechtsverkehr widersprechen. Denn das Grundbuch kann seine Aufgabe nur erfüllen, wenn es grundsätzlich über gegenwärtige und auch vergangene Rechtsverhältnisse am Grundstück zuverlässig Auskunft gibt. Eintragungen bleiben beispielsweise nach ihrer Löschung auch bedeutsam für mögliche Kreditgeber des Grundstückseigentümers; sie dienen damit auch weiterhin dem Schutz des Rechtsverkehrs.

Aus diesen Überlegungen heraus verneint deshalb für den Fall, dass wie hier die gelöschte Eintragung ihrerseits ursprünglich rechtmäßig erfolgt war, die Rechtsprechung auch - soweit ersichtlich einhellig - einen Anspruch des Beteiligten auf Grundbuchumschreibung nach erfolgter Löschung einer Zwangseintragung (BayObLG MDR 1992, 1000; OLG Düsseldorf NJW 1988, 975; LG Bonn Rpfleger 88, 311; LG Köln MittRHNotK 84, 247; LG Krefeld Rpfleger 92, 473). Diese Auffassung wird auch im Schrifttum vertreten, ist dort allerdings umstritten (wie hier Demharter, Grundbuchordnung, 28. Aufl., § 3 Rn. 12; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 613 a; Bauer/v. Oefele, Grundbuchordnung, 2. Aufl., § 3 Rn. 13; a. A. Hügel/Holzer, Grundbuchordnung, 2. Aufl., § 3 Rn. 8; Meikel/Böttcher, Grundbuchordnung, 10. Aufl., § 28 GBV, Rn. 6 ff.; Vollkommer Rpfleger 82, 1; Böhringer Rpfleger 89, 309). Der Senat schließt sich aus den vorstehend aufgeführten Gründen der auch in der Rechtsprechung bisher einhellig vertretenen Rechtsauffassung an.

Ein Rechtsanspruch des Antragstellers besteht hiernach nicht. Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen. Ob es zweckmäßig sein kann, im Einzelfalle im Wege pragmatischer Handhabung die begehrte Umschreibung vorzunehmen, hat der Senat im Rahmen der Überprüfung des Beschwerdevorbringens nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlass, weil der Senat mit seiner Entscheidung wie dargelegt mit der bislang ergangenen Rechtsprechung, insbesondere auch obergerichtlichen Rechtsprechung im Einklang steht.

Die Festsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 30 Abs. 2

KostO.