AG Dresden, Urteil vom 13.08.2010 - 231 Cs 900 Js 28869/08
Titel
Sachsensumpf
Fundstelle
openJur 2010, 3256
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

1. Die Angeklagten A1 und A2 werden wegen übler Nachrede in zwei tateinheitlichen Fällen je zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 50,00 Euro verurteilt.

2. Betreffend eines weiteren Vorwurfes der üblen Nachrede wird das Verfahren eingestellt.

3 Im Übrigen werden sie freigesprochen.

4. Soweit die Angeklagten verurteilt werden, tragen sie die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen selbst.

5. Soweit das Verfahren eingestellt wird, trägt der Nebenkläger zu 3 die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der beiden Angeklagten.

6. Soweit die Angeklagten freigesprochen werden, trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten.

Angewandte Vorschriften:

§§ 186 Var. 2, 52 StGB

Gründe

I. Zu den persönlichen Verhältnissen

Die bei den Angeklagten sind als freie Journalisten tätig und betreiben ein gemeinsames Büro. Beide Angeklagten sind ledig. Sie sind bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Weitere Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen wurden in der Hauptverhandlung nicht getroffen. Das Gericht ging davon aus, dass jedem der beiden Angeklagten ein frei verfügbares Einkommen von mindestens 1.500,00 Euro zur Verfügung steht.

Die Hauptverhandlung fand zu den letzten drei Sitzungstagen ein offensichtlich bundesweites Medieninteresse. Die Angeklagten hatten zudem auch Solidaritätsbekundungen ihrer Berufskollegen erhalten. Hierbei war davon auszugehen, dass diese mediale Behandlung auch auf Initiative der Angeklagten entstand.

II. Teilfreispruch (Vorwurf I der Anklage)

A. Der Tatvorwurf

Den Angeklagten wurde vorgeworfen, in dem Artikel "Dreckige Wäsche", veröffentlicht im Magazin "DER SPIEGEL", Heft 4/ 2008 vom 21.01.2008, Seite 48 bis 49, durch zwei Passagen in Absatz 1 Satz 1 bis 4 und Absatz 3 Satz 3 zum Nachteil der Nebenkläger zu 1 und 2 eine Verleumdung in zwei tateinheitlichen Fällen begangen zu haben, strafbar nach §§ 186, 52 StGB.

Es habe sich insoweit um ehrenrührige und nicht erweislich wahre Tatsachenbehauptungen gehandelt, als der Eindruck erweckt werde, im Artikel würden Angaben von Zeuginnen aus den Vernehmungen bei der Staatsanwaltschaft Dresden wieder gegeben. Der Nebenkläger zu 1 werde als "Ingo" und Besucher eines Kinderbordells und der Nebenkläger zu 2 als "Geschäftsfreund" des Bordellbetreibers bezeichnet.

Der Text des Artikels lautet wie folgt (Hervorgehoben durch Fettdruck sind die als Tathandlungen vorgeworfenen Textpassagen).

Seite 48 - Titel: "Dreckige Wäsche"
Untertitel:
In den sächsischen Korruptionsskandal kommt neue Bewegung. Ehemalige Prostituierte wollen auf Bildmappen der Staatsanwaltschaft hochrangige Juristen als Freier wiedererkannt haben.
Text:
Ingo war kein feiner Mann. Ganz sicher keiner, um den sich Frauen gewöhnlich stritten. Er hatte wenig Ähnlichkeit mit Adonis, war nicht sonderlich freundlich und neigte zu Grobheiten. Interessiert war er eigentlich nur an einem: hartem Sex mit blutjungen Frauen. Doch die Mädchen im Leipziger Bordell "Jasmin" rissen sich um Ingo. Denn der Freier, der seine Favoritin häufig telefonisch reservierte und dann im Anzug in der Merseburger Straße 115 erschien, hatte ganz andere Qualitäten. Er zahlte fürstlich. Immer den doppelten Preis.
Ingos kostspielige Ausflüge ins Leipziger Nachtleben sind inzwischen gut 15 Jahre her. Doch sie beschäftigen seit Montag vergangener Woche die Justiz. Und sie bringen erneut Schwung in jene sächsische Korruptionsaffäre mit ihren vermuteten Verbindungen von Justiz, Polizei und Politik in die Halbwelt, die doch schon weitgehend abmoderiert schien.
Denn Ingo soll nach Aussagen zweier ehemaliger Prostituierter ausgerechnet ein späterer ranghoher Richter des Landgerichts Leipzig gewesen sein - jener Jurist, der in einem Verfahren gegen den Betreiber des Bordells das Urteil sprach. Zudem wollen die Frauen einen späteren Oberstaatsanwalt als Freier wiedererkannt haben, der heute als Amtsgerichtspräsident residiert. Auch ein Vorsitzender Richter am Dresdner Oberlandesgericht wurde von einer der beiden Zeuginnen identifiziert: als angeblicher "Geschäftsfreund" des Bordellbetreibers.
Mit den mehrstündigen Aussagen der beiden Frauen vor zwei Dresdner Staatsanwälten könnte die bisherige Verteidigungslinie der Landesregierung unter Druck geraten. Denn das Leipziger Etablissement soll eine Keimzelle für spätere Abhängigkeiten von Juristen und städtischen Bediensteten zu Rotlicht- und Immobiliengrößen gewesen sein.
Bislang wurde die Affäre gern auf eine schlampige Gerüchtesammlung des sächsischen Verfassungsschutzes reduziert, in der sich letztlich nichts Belastbares finden lasse. "Die sogenannte Korruptionsaffäre", versichert Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU), "ist keine": Es gebe lediglich "frisierte Dossiers, im Wesentlichen von einer Mitarbeiterin des Verfassungsschutzes, einer früheren DDR-Staatsanwältin, wohl getrieben von blindem Jagdeifer und blühender Phantasie".
Immerhin hat die Staatsanwaltschaft Dresden elf Prüfvorgänge und 19 Ermittlungsverfahren gegen mindestens acht geheim gehaltene Beschuldigte eingeleitet. Und ein Untersuchungsausschuss versucht im Landtag zu klären, ob es im Freistaat "kriminelle und korruptive Netzwerke" gegeben habe. Die Vorwürfe sind breit gefächert: Strafvereitelung im Amt, Verletzung des Dienstgeheimnisses, Vorteilsannahme, Bestechlichkeit, Rechtsbeugung, Aussageerpressung, Nötigung, sexueller Missbrauch von Kindern und Bildung krimineller Vereinigungen. Doch der Ermittlungsführer der Staatsanwaltschaft gab schon im September weitgehend Entwarnung: "Je tiefer wir graben, desto mehr heiße Luft kommt heraus."
Nun tauchen aber Zeugen auf. Die Aussagen der Frauen werden von den sie begleitenden Leipziger Anwälten Constanze L und Steffen K als glaubwürdig eingestuft. Eine Beeinflussung durch Dritte schließen sie aus.
Auch die Vernehmer zeigten sich beeindruckt: Zu detailliert erinnerten sich die Zeuginnen unabhängig voneinander etwa an einen Streit um Ingo, als dieser in der Weihnachtszeit 1992 zu einem anderen Mädchen wechselte. Tagelang habe man nicht miteinander gesprochen. Bei dem beschuldigten Ex-Oberstaatsanwalt, der Anfang 1993 aus Rheinland-Pfalz in den Leipziger Justizdienst abgeordnet wurde, beschreiben die Frauen sein "markantes Gesicht", die "herausstechenden Augen" und die "buschigen Augenbrauen". Diese Woche soll eine weitere Ex-Prostituierte vor den Staatsanwälten aussagen. Sie will Ingo bereits auf Bildern wiedererkannt haben: "Es gibt Gesichter, die vergisst man nicht. "
(Seite 49)
...
Dennoch müssen die Dresdner Staatsanwälte jetzt dem Vorwurf der Rechtsbeugung gegen den Ex-Richter erneut nachgehen. Der Jurist, der heute in Bayern lebt, sieht sich als Opfer einer Intrige. Er versichert, er sei weder Ingo, noch habe er das "Jasmin" je betreten. Die angebliche Rechtsbeugung bestreitet er.
...

Der Tatvorwurf konnte insoweit nicht geführt werden, als eine Verantwortung der beiden Angeklagten für die vorgeworfenen Textpassagen nicht zweifelsfrei feststellbar war. Sie wurden aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

B) Der festgestellte Sachverhalt

In der Hauptverhandlung wurde folgender Sachverhalt zu Tatvorwurf I festgestellt:

1) Im sogenannten Bordell "Jasmin" in Leipzig waren im Zeitraum von frühestens September 1992 bis 31.01.1993 bis zu sieben Jugendliche, Heranwachsende und ein Kind als Prostituierte tätig. Zu ihrem Nachteil wurden durch den Bordellbetreiber T und dessen Gehilfe U Straftaten begangen. Aufgrund der Hauptverhandlung vom 25. bis 28. Januar 1994 verurteilte das Landgericht Leipzig unter Vorsitz des Nkl. zu 1 den Angeklagten T wegen schweren Menschenhandels in Tateinheit mit Zuhälterei und Förderung der Prostitution sowie wegen Förderung sexueller Handlungen mit Minderjährigen in Tateinheit mit Förderung der Prostitution und Zuhälterei in 5 Fällen, darüber hinaus in einem Fall tateinheitlich mit sexuellem Missbrauch von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Der weitere Angeklagte wurde wegen Förderung sexueller Handlungen an Minderjährigen zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt (Landgericht Leipzig, Az. 3 Kls 49b Js 3121/93).

Ermittlungen zu sonstigen Gehilfen oder den Freiern in dem Bordell wurden 1993 und 1994 nicht geführt.

2) Der Artikel "Dreckige Wäsche" entstand wie folgt:

a) Am 19. Juli 2007 setzte der Sächsische Landtag nach Bekanntwerden eines Behördenzeugnisses des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 22. Mai 2007 einen Untersuchungsausschuss zum Thema "Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung krimineller und korruptiver Netzwerke unter Beteiligung von Vertretern aus Politik und Wirtschaft, von Richtern, Staatsanwälten und sonstigen Bediensteten der sächsischen Justiz, Polizei, von Landes- und kommunalen Behörden, sowie für das Versagen rechts staatlicher Informations- Kontroll- und Vorbeugungmechanismen in Sachsen (kurz: Kriminelle und korruptive Netzwerke in Sachsen)" ein.

Die Staatsanwaltschaft Dresden nahm Ermittlungen aufgrund des Behördenzeugnisses gegen Richter und Staatsanwälte auf. Zu den Ermittlungen gehörte auch ein sogenannter Fallkomplex "Abseits III." (Leipzig). In diesem Komplex wurde unter anderem wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses, mehrfacher Strafvereitelung im Amt, sexuellen Missbrauchs von Kindern, Besitzeskinderpornografischer Schriften sowie wegen Bestechung und Bestechlichkeit ermittelt. Beschuldigter war u.a der Nkl. zu 1.

Zu diesem Thema recherchierte der Zeuge A, tätig als Redakteur im Büro Dresden für den Verlag "DER SPIEGEL".

b) Die bei den Angeklagten recherchierten ebenfalls ab Juli 2007 eigenständig zu diesem Themenkomplex unter dem Blickwinkel, wie es den ehemaligen Prostituierten des Jasmin nunmehr gehe und sie ihre damaligen Erlebnisse verarbeitet hätten. In den Gesprächen mit sieben der acht ehemaligen Prostituierten waren sie u.a. auf die Frage, wer mögliche Freier im Bordell gewesen seien, eingegangen. Sie waren schon im Herbst oder A 2007 mit dem Zeugen A in Kontakt getreten. Sie übermittelten ihm spätestens Anfang oder Mitte Januar 2008 ihren Recherchebericht zu diesen Erkenntnissen. Welchen konkreten Inhalt dieser Recherchebericht hatte und inwieweit er bereits ein Entwurf des späteren Artikels "Dreckige Wäsche" war, konnte in der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden.

c) Die beiden Angeklagten hatten spätestens Anfang Januar 2008 auch Kontakt zu Rechtsanwalt K (Kurz: RA K) aus Leipzig aufgenommen. Zwischen dem 04. Januar und 9. Januar 2008 fanden Gespräche mit den Zeuginnen B, J und R unter Beteiligung der beiden Angeklagten und von RA K statt. Hierbei ging es u.a. auch um die Freier im Bordell Jasmin. RA K fertigte zu den Gesprächsinhalten von ihm so überschriebene "Aktennotizen". Diese übergab er dem Zeugen A vor der Veröffentlichung vom 21.01.2008, vermutlich spätestens am 14.01.2008. Sie umfassten zumindest 11 Seiten. RA K übergab diese Aktennotizen mit Schreiben vom 16.01.2008, Eingang 22.01.2008, auch der Staatsanwaltschaft Dresden zum damaligen Aktenzeichen 900 AR 10246/07. Er handelte insoweit als Verteidiger des Zeugen M.

Diese Aktennotizen fassten in Stichworten die Angaben zusammen, die die Zeuginnen B am 04.01.2008, J am 04. und 09.01.2008 und die Zeugin R am 09.01.2008 gegenüber RA K und teilweise auch gegenüber den Angeklagten gemacht hatten.

Die Zeugin B hatte laut Aktennotiz zuvor "mehrfach bereits Kontakt mit Journalisten, bei denen ihr umfangreich Fotoaufnahmen aus der damaligen Zeit vorgelegt" worden waren. Weiter führte RA K aus, Frau B habe auf diesen Fotoaufnahmen zweifelsfrei einen Freier wieder erkannt, der sich mit "Ingo" vorgestellt habe. Sie wusste laut Aktennotiz auch, dass es sich bei "Ingo" um den Nkl. zu 1 handele. Dieser, so der folgende Absatz, "ältere Herr" war laut Frau B nach ihren Schätzungen "zwischen 50 und 70 Jahren alt, grauhaarig, groß und bei sexuellen Handlungen grob, dass heißt, er fasste fest zu". Frau B konnte sich laut Aktennotiz "an eine mehrtägige Auseinandersetzung mit T. um eben diesen Freier erinnern, da es der bestzahlende Freier von T. gewesen ist". In der Gerichtsverhandlung gegen I und U erkannte Frau B laut Aktennotiz "in dem sie befragenden Richter den Freier "lngo" wieder".

Laut Aktennotiz gab Frau J am 04.01.2008 auf Vorhalt an, es habe einen älteren Herrn gegeben, der regelmäßig kam und sehr gut gezahlt habe, manchmal pro Besuch 500,00 DM. Sie hätte sich um diesen Herrn mit der B gestritten. Dieser hätte den Namen "Ingo" verwandt. Weiteres hätte sie nicht zu berichten gewusst. Zum weiteren Gespräch vom 09.01.2008 mit Frau J führte RA K aus, "Ingo" wäre bei ihr 7x gewesen, er wäre nach ihrer Erinnerung nicht sehr freundlich gewesen und hätte eher härteren Sex - also gröber anfassen - gewollt. Das hätte ihr nicht so gelegen, hierauf hätte wohl eher die B gestanden (gemeint ist Frau B). Angesprochen auf die Zeugenaussage im Prozess gegen T hätte Frau J gesagt, zu dieser Verhandlung könne sie nichts sagen. Sie hätte wahnsinnige Angst vor dem Verfahren und wegen der Zukunft gehabt.

Weiterhin fragte RA K laut seinem Aktenvermerk vom 09.01.2008 die Zeugin J, ob sie zur anstehenden Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft einen anwaltlichen Beistand wünsche. Dies bestätigte Frau J. Er versprach ihr, sich darum zu kümmern. Die Zeugin J wurde am 14.01.2008- also nur 5 Tage später - von Rechtsanwältin L, geschäftsansässig wie Rechtsanwalt K, als Zeugenbeistand unterstützt. Auf die Frage der Staatsanwaltschaft Dresden, wer die Kosten des Rechtsbeistandes trage, erklärte sie lediglich, sie selber trage nichts. Die Zeugin B wurde bei ihrer Vernehmung am 14. 01. und 19.02.2008 ebenfalls von einem Rechtsanwalt als Zeugenbeistand begleitet. Auf Frage der Staatsanwaltschaft Dresden, wer die Kosten des Rechtsbeistandes übernehme, antwortete der Zeugenbeistand, die Fahrtkosten trage die Zeugin, den Rest er selbst.

Diese Aktennotizen von RA K setzte der Zeuge A für die Abfassung der vorgeworfenen Passage im ersten Absatz und auch im Übrigen für den Artikel ein. Eine andere Quelle für den Absatz 1 hatte er nicht.

3) Entgegen den Behauptungen im Artikel "Dreckige Wäsche" stammten die vorgeworfenen Passagen, die für die Nkl. zu 1 und 2 ehrverletzend waren und sind, nicht aus den Vernehmungen bei der Staatsanwaltschaft Dresden.

Bei der Staatsanwaltschaft Dresden wurde der Freier "Ingo" als guter Kunde beschrieben, als korrekt, er habe gröberen Sex gemocht. Keine der am 14.01.2008 gehörten Zeuginnen hatte die Person von Ingo in vergleichbarer Weise, wie sie in Absatz 1 des Artikels "Dreckige Wäsche" enthalten ist, geschildert.

Auch der Begriff des "Geschäftsfreundes" wurde von den an diesem Tag durch die Staatsanwaltschaft Dresden vernommenen Zeuginnen nicht verwendet. Es gab lediglich die Aussage einer Zeugin, die von Treffen eines Mannes mit dem Bordellbetreiber in einer Kneipe gesprochen hatte.

4) Nach den Vernehmungen der Zeuginnen S, B und J am 14.01.2008 durch die Staatsanwaltschaft Dresden trafen sich die Angeklagten, der Zeuge A, mindestens ein Zeugenbeistand und mindestens eine der drei genannten Zeuginnen zu einem gemeinsamen Gespräch. Hierbei war Frau Rechtsanwältin L, geschäftsansässig wie RA K, ebenfalls anwesend. In diesem Gespräch erhielt der Zeuge A weitere Informationen über den Inhalt der Vernehmungen vor der Staatsanwaltschaft Dresden, etwa die Würdigung der Aussagen der Zeuginnen auch durch Rechtsanwältin L. Der Zeuge A war für eine Berichterstattung über den Inhalt der Zeugenvernehmungen vor der Staatsanwaltschaft Dresden auf eine solche Informationsquelle angewiesen. Denn er erwartete nicht, dass die Staatsanwaltschaft ihm zu diesem Zeitpunkt zum Inhalt von Vernehmungen Auskünfte erteilen würde. Deswegen fragte er bei der Staatsanwaltschaft auch nicht nach. In diesem Zusammenhang wurde ihm der Begriff "Geschäftsfreund" genannt. Er fertigte sich von dem Gesprächsinhalt Notizen, die er von niemand gegenzeichnen oder gegenlesen ließ. Den Entwurf seines Artikels legte er vor der Veröffentlichung nicht mehr im Sinn eines "Gegenchecks" der Staatsanwaltschaft Dresden zur Stellungnahme vor.

5) Es war im Hinblick auf diese Quellenlage davon auszugehen, dass die strafrechtlich vorgeworfenen Passagen des Artikels "Dreckige Wäsche" vom Zeugen A allein verfasst wurden, weder im Entwurf noch sonst von den Angeklagten inhaltlich oder textlich gebilligt wurden und diesen vor der Veröffentlichung auch gar nicht zur Kenntnis gebracht wurden. Vielmehr lag diesen Formulierungen nach den Feststellungen der Hauptverhandlung das Protokoll von RA K zugrunde.

6) Der ,Artikel war spätestens am Freitag, dem 18.01.2008 durch die Redaktion des Magazins "DER SPIEGEL" gebilligt und dann dem Zeugen Rechtsanwalt N zur juristischen Prüfung überlassen worden. Entweder Rechtsanwalt N selbst oder dessen Kollegen Rechtsanwalt V prüfte diesen Artikel vor dem Erscheinen. Bedenken erhoben sie nicht. Am 19.01.2008 wurde ein sogenannter Vorab an Presseagenturen verteilt, der auch den Angeklagten A1 erreichte. Spätestens jetzt erhob er hinsichtlich der als Tathandlung vorgeworfenen Passagen beim Zeugen A Widerspruch. Indes führte dies nicht mehr dazu, dass an der Veröffentlichung noch etwas geändert werden konnte.

7) Der Nkl. zu 1, der im Jahr 2000 Vizepräsident des Landgerichts Leipzig war, erhielt noch vor der Veröffentlichung Gelegenheit zur Stellungnahme. Noch vor dem Erscheinen des Artikels telefonierte am 16.01.2008 der Zeuge A mit dem Zeugen Rechtsanwalt W, der insoweit den Nkl. zu 1 vertrat. A teilte mit, er sei sich sicher, dass aufgrund vorliegender neuerlicher Informationen der Nkl. zu 1 der Freier "Ingo" und auch im Bordell gewesen sei. W forderte A telefonisch auf, von der Veröffentlichung abzusehen. Mit Schreiben vom 17.01.2008 forderte der Nkl. zu 1 die Chefredaktion des Magazins "DER SPIEGEL" auf, von der Veröffentlichung zweier Aussagen abzusehen:

1. zwei Zeuginnen hätten ihn als Besucher des Bordells "Jasmin" wiedererkannt und
2. er sei dort unter dem Namen "Ingo" aufgetreten.

Auch teilte er in dem Schreiben mit, es sei vielmehr richtig, dass er dieses Etablissement zu keinem Zeitpunkt betreten habe und es nur aus dem Verfahren gegen T kenne. Zudem sei richtig, dass er weder dort noch anderswo unter dem Namen "Ingo"aufgetreten sei.

In der sogenannten "Hausmitteilung" auf Seite 3 des Heftes 4/2008 des Magazins "DER SPIEGEL" vom 21.01.2008 wird hierauf Bezug genommen und mitgeteilt: "A konfrontierte den Betroffenen mit dem Vorwurf - und prompt ging dem SPIEGEL das nächste Unterlassungsbegehren zu. In beiden Fällen aber gilt: Es gibt eine Aufklärung, ein öffentliches Interesse - und folglich auch eine Geschichte im SPIEGEL (Seiten ... ,38)."

Der Zeuge A versuchte den Nkl. zu 2 in Dresden anzurufen, um ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Indes erreichte er ihn nicht. Allerdings gab A ihm weder durch Brief noch durch Email Gelegenheit zur Stellungnahme.

8) Die vorgeworfenen Angaben im Artikel, die sich auf die Nkl. zu 1 und 2 beziehen, wurden vor der Staatsanwaltschaft Dresden am 14.01.2008 nicht abgegeben. Damit hatten die vorgeworfenen Textpassagen nicht die von den Angeklagten und dem Zeugen A behaupteten höheren Anspruch auf Glaubwürdigkeit. Darauf kam es jedoch den beiden Angeklagten wie dem Journalisten A maßgeblich an. Sie wollten Angaben aus einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung als Berichtsinhalt verwenden. Sie gingen nämlich davon aus, einer solchen Aussage werde durch den Leserkreis aufgrund rechtlicher Umstände (Aussage vor einer Behörde statt gegenüber Journalisten und Rechtsanwälten, Wahrheitspflicht als Zeuge, Strafbarkeit falscher Verdächtigung nach § 164 StGB oder gegebenenfalls wegen Vortäuschens einer Straftat nach § 145 StGB) höhere Glaubwürdigkeit zugesprochen. Insoweit erhielt der Leser falsche Informationen.

7. Der Nkl. zu 2 stellte am 26.03.2008 wegen des Artikels "Dreckige Wäsche" Strafantrag gegen die hiesigen Angeklagten, den Zeugen A sowie die Zeugin J. Der Nkl. zu 1 stellte am 03.04.2008 wegen des Artikels im "SPIEGEL" Strafantrag gegen die beiden Angeklagten sowie den Zeugen A Es wurde ursprünglich auch gegen den Zeugen A wegen dieses Vorwurfs ermittelt. Das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren wurde nach §153a StPO eingestellt. Eine ihm auferlegte Zahlung einer Geldsumme wurde wirtschaftlich vom Verlag DER SPIEGEL erbracht. Zudem veröffentlichte DER SPIEGEL im Heft Nr. 9/2009 folgende Korrektur zum Artikel "Dreckige Wäsche":

Der in dem Bericht zum sächsischen Korruptionsskandal unter der Überschrift "Dreckige Wäsche" angesprochene ehemalige Vorsitzende Richter am Dresdner Oberlandesgericht war kein "Geschäftsfreund" des erwähnten Bordellbetreibers. Eine entsprechende Aussage ist von ehemaligen Prostituierten vor der Staatsanwaltschaft Dresden nicht gemacht worden.
Soweit in dem oben genannten Bericht behauptet wird, zwei ehemalige Prostituierte hätten in Vernehmungen einen späteren ranghohen Richter des Landgerichts Leipzig wie folgt beschrieben: "Ingo war kein feiner Mann. Ganz sicher keiner, um den sich Frauen gewöhnlich stritten. Er hatte wenig Ähnlichkeit mit Adonis, war nicht sonderlich freundlich und neigte zu Grobheiten", ist das von den Zeuginnen vor der Staatsanwaltschaft Dresden nicht gesagt worden."

III. Die festgestellte Tathandlung (Vorwurf II der Anklage)

A) Der Artikel "Voreiliger Freispruch"

Gegenstand dieses Tatvorwurfs ist der Artikel "Voreiliger Freispruch" - veröffentlicht im Magazin "ZEIT online" seit 25. 06.2008. Verfasser sind die beiden Angeklagten. Thema des Artikels ist die Ermittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaft Dresden gegen Richter und Staatsanwälte (vgl. oben II.B.2 a). Aus diesem Artikel ist der Abschnitt 3 Gegenstand des Tatvorwurfes. Er befasst sich mit der Ermittlungstätigkeit der Polizeidirektion Leipzig im Jahr 1999 und 2000, u.a. mit einem Ermittlungsverfahren gegen den Nkl. zu 1 wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt im Jahr 2000 sowie den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dresden im Jahr 2008 hierzu.

Der Text des Artikels lautet wie folgt: (Hervorhebung: die als Tathandlung vorgeworfene Textpassage):

"3. Sara behauptete vor der Staatsanwaltschaft, dass sie Richter N. schon im Jahr 2000 als Freier identifiziert habe - bei einer Befragung durch die Leipziger Polizei. Doch die Akten von damals und die beteiligten Beamten sagen etwas anderes. Für die Ermittler ein massiver Widerspruch. Aber es gibt auch Indizien, die Saras Aussage stützen.
Sara war und ist sich sicher, dass sie Richter N. schon 2000 auf einem Foto als ihren Freier erkannt hatte. Doch die Staatsanwälte hielten ihr die alten Akten vor. Zwar decke sich ihre heutige Beschreibung des Kunden mit der Aussage vor acht Jahren, aber sie habe damals laut dem Vernehmungsprotokoll einen anderen Mann identifiziert. Sara gab den Ermittlern jedoch zu verstehen, dass die beiden Männer nicht zu verwechseln seien. Aber warum steht es dann anders in den Akten?
Die Staatsanwaltschaft hat dazu auch die Polizisten vernommen, die Sara im Jahr 2000 befragten. Oie Beamten dementierten, dass sie damals Lichtbilder von Richter N. zeigten. Allerdings lassen zwei Indizien Saras Behauptung plausibel erscheinen.
Erstens: In dem umstrittenen Leipzig-Dossier des Verfassungsschutzes steht über die "Jasmin "-Freier: "Einige dieser Mädchen seien später - zwischen 1999 und 2000 - in einem anderen Zusammenhang auch durch Angehörige der Leipziger Polizeidirektion und/oder der Leipziger Staatsanwaltschaft vernommen worden und sollen zumindest eine Identifizierung von N. und ... vorgenommen haben."
Zweites Indiz: Ein Polizeibeamter, der 2000 an den Ermittlungen beteiligt war, schloss im Gespräch mit ZEIT ONLINE zwar aus, dass damals Lichtbilder von Richter N. gezeigt wurden. Er räumte aber ein: "Es kann sein, dass Zeitungsfotos der Person dabei waren." Der feine Unterschied: Lichtbildmappen müssen amtlich dokumentiert werden, anders als "zufällig" vorgelegte Zeitungsfotos. Ermittelten die Polizisten möglicherweise illegal oder verdeckt gegen N.? Gerieten sie unter Druck, weil der einflussreiche Richter Dienstaufsichtsbeschwerde gegen sie erhob? Denn die Beamten hatten zeitgleich ganz offiziell gegen ihn ermittelt wegen Rechtsbeugung zugunsten des Ex-"Jasmin"-Betreibers.
Die Staatsanwaltschaft musste an dieser Frage scheitern. Schon deshalb, weil kein Zeuge Saras Aussage bestätigen konnte oder mochte. Aber der vernehmende Ermittler machte auch kein Hehl daraus, dass er voreingenommen war. Laut Saras Amvalt hielt er ihr vor: "Wem wird man mehr glauben - zwei ehrenvollen Polizeibeamten oder einer Ex-Prostiuierten?"

B. Die Ermittlungen im Jahr 2000

Zu den Ermittlungen der Polizeidirektion Leipzig wurde in der Hauptverhandlung folgendes festgestellt:

1) Im Jahr 1999 war bei der Polizeidirektion Leipzig ein Ermittlungsverfahren zu möglichen Auftraggebern zu einem Anschlag auf den Immobilienmanager Dr. P anhängig. In diesem Zusammenhang wurden Hinweise und Querverbindungen zum Bordell "Jasmin" bekannt. Spätestens ab Mai 2000 waren die beiden Polizeibeamten KHM C und KOM D mit den Ermittlungen zu Freiernwegen des Verdachts des sexuellen Mssbrauchs von Kindern befasst. Der Verdacht richtete sich anfangs gegen Unbekannt. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen 400 UJs 21113/00 der Staatsanwaltschaft Leipzig geführt. Im Zuge dieser Ermittlungen vernahmen sie den vormaligen Bordellbetreiber als Zeugen. Er gab an, er habe vor der Hauptverhandlung 1994 (vgl. II.B.1) im o.g. Verfahren über seine Verteidigerin Gespräche mit dem Gericht geführt, wonach er für das Unterlassen der Nennung von Kunden eine milde Strafe bekomme. Insoweit solle er keine "dreckige Wäsche" waschen.

Aufgrund dieser Angaben leitete die Staatsanwältin als Gruppenleiterin E bei der Staatsanwaltschaft Leipzig am 20.09.2000 ein Ermittlungsverfahren gegen den Nkl. zu 1 wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt ein, Az. 400 Js 53143/00. Nach weiteren Ermittlungen stellte sie mit Verfügung vom 25.09.2000 dieses Ermittlungsverfahren nach § 170 StPO ein. Den Nkl. zu 1 informierte sie von der Einleitung mit Schreiben vom 21.09.2000. Die Einstellungsverfügung teilte sie ihm mit Schreiben vom 25.09.2000 mit.

Unter dem Datum 24.102000 erhob der Nkl. zu 1 Dienstaufsichtsbeschwerden beim Leitenden Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Leipzig sowie beim Leitenden Direktor der Polizeidirektion Leipzig, wobei die Schriftstücke am 03.11.2000 bei der Polizeidirektion und am 07.11.2000 bei der Staatsanwaltschaft eingingen. Zu diesem Zeitpunkt ermittelten die beiden Polizeibeamten nach wie vor nicht gegen den Nkl. zu 1, dies hatte allein die Zeugin E getan. Es gab im Jahr 2000 auch keine Anhaltspunkte für die beiden Polizeibeamten, dass der Nkl. zu 1 als Freier im Bordell Jasmin in Frage kommen könnte. Wegen der Dienstaufsichtsbeschwerde war der Zeuge C sehr verärgert. Er stellte seinerseits Strafantrag und Strafanzeige gegen den Nkl. zu 1. Der Zeuge D hatte die Dienstautsichtsbeschwerde nicht auf sich und seine Tätigkeit bezogen.

2) Im Verfahren 400 UJs 21113/00 wurden u.a. die ehemaligen Prostituierten, soweit sie erreicht werden konnten, als Zeugen vernommen. Hierbei wurde eine von KOM D ab dem 29. Mai 2000 erstellte Lichtbildmappe verwendet. Diese Mappe ergänzte D von anfangs 17 auf am Ende 26 Lichtbilder. KHM C und KOM D verwendeten für die Vernehmungen jeweils eine Kopie der Originalbilder, um einen möglichst gleichartigen Eindruck der Bilder zu erzielen.

Die Zeugin S. (im Jahr 1993 noch unter 14 Jahre alt) wurde am 07.06.2000 und am 22.09.2000 vernommen. Im Rahmen dieser Einvernahme vom 07.06.2000 fertigte KHM C handschriftliche Notizen, die sich auf vorgelegte Lichtbilder bezogen (Bl. 91 bis 94 dA). Diese handschriftlichen Notizen dienten ihm als Merkposten für das gedruckte Protokoll, wobei er die Nummern von 1 bis 24 fast durchgängig mit jeweils einer kurzen Notiz verband (Nummernfofge 1). Danach setzte C die handschriftlichen Notizen erneut mit den Nummern 1, 3, 6 bis 8, 10, 12, 14 und 17 fort (Nummernfolge 2 - Bl. 93 - Mitte bis Bl. 94 dA). Sie enthielten abweichende Angaben zu den vorherigen Angaben der Nummernfolge 1. So war zum Beispiel zu Nummer 3 auf Bl. 91 der Akte (Nummernfolge 1) keine Angabe enthalten, auf Bl. 93 zu Nr. 3 jedoch die Angabe: "sehr bekannt, bei Mandy als Freier ein- oder zweimal" (Nummernfolge 2). Diese handschriftliche Notiz findet sich im gedruckten Protokoll nicht (Bl. 98 dA). Dort ist zum Lichtbild mit der Nummer 3 die Angabe "unbekannt" eingetragen. Nummer 7 in der Nummernfolge 2 enthält die Angabe: "War als Freier da, bei der B oder J ein- bis zweimal gesehen". Im gedruckten Protokoll zu Lichtbild Nummer 7 steht: "Das ist doch der G. aus der R.-straße ... ". Das ausgedruckte Protokoll (Bl. 96-100 dA) unterschrieb die Zeugin S auf jedem Blatt des Protokolls.

Es war in der Hauptverhandlung nicht mehr feststellbar, aufgrund welcher Bilder, Zeitungsausschnitte oder sonstiger Fotos die handschriftlichen Notizen der Nummernfolge 2 entstanden. Gleichartige handschriftliche Notizen fertigte KHM C auch bei anderen im Juni vernommenen ehemaligen Prostituierten, so bei der Vernehmung von B. J am 08.06.2000. Allerdings war hier keine mehrfache Nummernfolge wie bei der Zeugin S feststellbar.

Die Zeugin B wurde am 13.06.2000, die Zeugin J am 08.06.2000 durch die Zeugen KHM C und KOM D vernommen. Sie gaben bei diesen Vernehmungen nicht an, den Nkl. zu 1 als Freier im "Jasmin" zu erkennen. Auch gaben sie nicht an, den Richter im Prozess gegen den Bordellbetreiber als Freier im "Jasmin" erkannt zu haben.

C. Fortgang des Geschehens bis zum Erscheinen des Artikels

1) Die Staatsanwaltschaft Dresden schloss ihre Ermittlungen (vgl. oben II.B.2a) im April 2008 ab. Zum Zwecke der Information der Presse über die Einstellung der Verfahren wurde anlässlich einer Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Dresden am 29.04. 2008 ein sogenanntes "Handout" im Umfang von 10 Seiten an Journalisten überlassen. Auch die Angeklagten erhielten dieses Papier. Insoweit wurde hinsichtlich der Qualität der Erkenntnisquellen des Landesamtes für Verfassungsschutz sowie zur Werthaltigkeit der Angaben des Hinweisgebers M und anderer Quellen in dem Handout folgendes mitgeteilt:

"5. Die Erkenntnisquellen des LfV
Die Sachverhalte beruhen im Wesentlichen auf unbestätigten nachrichtendienstlichen Quellen und im Übrigen auf drei Hinweisgebern aus dem Polizei- und Justizbereich.
Bei den bekanntgemachten Hinweisgebern handelt es sich um den derzeitigen Leiter des Kommissariats 24 (früher K 26) der KPI Leipzig (zuständig für Organisierte Kriminalität), eine Leipziger Oberstaatsanwältin (zuständig für OK) und KHK M, den früheren Leiter des OK-Kommissariats (K 26) der KPI Leipzig.
Ein Teil der im Behördenzeugnis aufgestellten Behauptungen war anhand der LfV-Akten nicht nachvollziehbar.
An KHK M hat sich das ehemalige OK-Referat des LfV erst am 24.05.2006 (vier Tage vor der gesetzlich festgelegten Beendigung der Zuständigkeit des LfV für die Beobachtung der Organisierten Kriminalität) gewandt. Die Chronologie der Informationserhebung durch das OK-Referat des LfV und die dortige Aktenlage - soweit sie hier nachvollziehbar ist - legen den Schluss nahe, dass das Gros der Informationen zu den erhobenen Tatvorwürfen auf seinen Angaben zurückgeht (Hervorhebung durch Amtsgericht Dresden).
6. Zur Werthaltigkeit der Angaben des Hinweisgebers M u. a.
Im Behördenzeugnis wurde auch in Bezug auf solche Sachverhalte "ein strafrechtlicher Anfangsverdacht gemäß § 152 StPO" behauptet, die von Hinweisgebern als bloße Gerüchte mitgeteilt worden waren. Dies gilt namentlich für die Hinweisgeber M (Hervorhebung durch Amtsgericht Dresden) und die Leipziger Oberstaatsanwältin.
Bloße Gerüchte reichen jedoch für die Annahme eines Anfangsverdachts nicht aus.
Abgesehen davon haben die vorgenannten Hinweisgeber unabhängig voneinander in weiten Teilen bestritten, die ihnen zugeschriebenen Angaben überhaupt (so) gemacht zu haben.
Soweit die mitgeteilten Sachverhalte auf den derzeitigen Leiter der K 24 zurück gehen, waren dessen Angaben gegenüber dem LfV von vergleichsweise untergeordneter Bedeutung. Auch dieser Hinweisgeber konnte die Tatvorwürfe letztlich nicht untermauern.
Mehrere der vom LfV erhobenen Tatvorwürfe sind bereits früher Gegenstand polizeilicher und staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen in Leipzig gewesen, die zu keinem Tatnachweis geführt haben.
7. Vortäuschung der Existenz von Quellen durch das LfV
Die Sachverhalte im Behördenzeugnis vom 22.05.2007 sind unter Vortäuschung der Existenz von Quellen mitgeteilt worden, bei denen es sich tatsächlich um Polizei- bzw Justizbeamte handelt.
Die 3 maßgeblichen Hinweisgeber sind allesamt anonym geführt worden. KHK M zusätzlich noch mit Quellenschutz unter der Tarnidentität "Gemag". Es wurde der Eindruck erweckt, dass es sich um Informanten aus verschiedenen Bereichen handelt, obwohl alle drei Hinweisgeber aufgrund ihrer dienstlichen Aufgaben notwendigerweise über einen ähnlichen Erkenntnisstand verfügen.
Bei der Verfahrensweise des LfV bestand zum einen die Gefahr, dass die Widersprüche zu den angeblichen Angaben der hinweisgebenden Oberstaatsanwältin aus Leipzig und von KHK M verborgen geblieben wären.
Zum anderen bestand die Gefahr einer Doppelverwertung ihrer Angaben, nämlich einmal als unmittelbare Zeugenaussagen, und zusätzlich als dem LN bekannte (geschützte) Quellenangaben.
Diese Doppelverwertung hat zumindest in den Medien auch stattgefunden.
Insbesondere der Hinweisgeber M wurde dort mehrfach zitiert. Weiter war dann vereinzelt zu hören, seine Ermittlungen würden durch das LfV bestätigt. Dass er selbst eine entscheidende Quelle des Verfassungsschutzes gewesen und damit zum Beweismittel für die Richtigkeit seiner eigenen Vermutungen erhoben worden ist, hat die Öffentlichkeit nicht erfahren."

2) Die Angeklagten nahmen diese Pressekonferenz, das "Handout" sowie ein nachträglich geführtes Telefonat mit dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, Oberstaatsanwalt H, zum Anlass, hierüber einen weiteren Artikel unter der Überschrift "Voreiliger Freispruch" zu verfassen. Sie recherchierten den Sachverhalt, wobei sie u.a. mit dem Zeugen M sprachen. Den beiden Polizisten, die Gegenstand der Berichterstattung sein sollten, den Zeugen C und C, gaben die Angeklagten keine Möglichkeit zur Stellungnahme.

Die Angeklagten übermittelten vermutlich per E-Mail den Entwurf an den zuständigen Redakteur bei "ZEIT online", den Zeugen O. Dieser veränderte den Text inhaltlich nicht mehr. Er befragte die Angeklagten telefonisch und erhielt auf diesem Weg Auskünfte aus den Rechercheergebnissen, wobei der genaue Gesprächsinhalt nicht mehr feststellbar war. Den Inhalt der Auskünfte dokumentierte der Zeuge O nicht. Danach übermittelte er den Textentwurf dem Zeugen Rechtsanwalt Q zur rechtlichen Prüfung. Dieser fragte beim Zeugen O telefonisch nach, ob die Polizei durch die Verfasser befragt worden sei. Welche Antwort er von O erhielt, war nicht mehr feststellbar. Jedenfalls gab der Zeuge Q den Text zur Veröffentlichung frei. Die Prüfungsinhalte dokumentierte er nicht. Der Artikel wurde sodann mit Wissen und Wollen der Angeklagten im Online-Magazin "ZEIT online" unter der Überschrift "Voreiliger Freispruch" am 25.06.2008 eingestellt. Seither ist er dort abrufbar.

D. Der Inhalt des Artikels

Entgegen dem Artikel "Voreiliger Freispruch" erkannte während der Vernehmungen keine der ehemaligen Prostituierten durch die Zeugen C und D im Jahr 2000 den Nkl. zu 1 als Freier im "Jasmin". Anders als im Artikel dargestellt, wurden die beiden Polizeibeamten C und D bei ihren Ermittlungen von Mai bis September 2000 durch die Dienstaufsichtsbeschwerde des damaligen Vizepräsidenten des Landgerichtes Leipzig und jetzigen Nkl. zu 1 nicht beeinflusst.

Es war zwar nicht sicher feststellbar, dass die Angeklagten den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Dienstaufsichtsbeschwerde und den Vernehmungen der Zeuginnen B und J (oben II B) bei Abfassung des Artikels kannten. Ihnen war aufgrund des sog. "Handouts" der Staatsanwaltschaft Dresden jedoch bekannt, dass die beiden Indizien in Abschnitt 3 des Artikels nicht zutreffend dargestellt waren. Das erste Indiz - nämlich die vermeintliche Bestätigung einer Erkennung im Jahr 2000 - war zwar im Verfassungsschutzdossier enthalten. Doch war den Angeklagten bewusst, dass der Hinweisgeber für den Verfassungsschutz dieselbe Person sein musste, die auch ihre eigene Quelle für das zweite Indiz war, nämlich der Polizeibeamte M. Die beiden Polizeibeamten und Zeugen C und D hatten die Angeklagten vor der Veröffentlichung des Artikels nicht befragt. Unmittelbar an den Vernehmungen waren - was den Angeklagten ebenfalls bekannt war - ohnehin nur diese bei den Beamten als Vernehmungspersonen beteiligt, während M lediglich deren Dienstvorgesetzter als Kommissariatsleiter war. Nur insoweit hatte er Kenntnis vom Ermittlungsstand. Sein Kenntnisstand vom Inhalt der Vernehmungen im Jahr 2000 war kein anderer als derjenige der Zeugen C und D. Dies war den Angeklagten auch bewusst.

Die in Abschnitt 3 gestellte Frage, warum entgegen der Behauptung einer Zeugin, sie habe im Jahr 2000 den Nkl. zu 1 als Freier identifiziert, diese Aussage nicht in den Akten stehe, wird entgegen der sprachlichen Form durch den Fragesatz "Gerieten sie unter Druck, weil der einflussreiche Richter Dienstaufsichtsbeschwerde gegen sie erhob?" für den Leser beantwortet. Mit diesem Satz behaupteten die Angeklagten, die Zeugen C und D hätten wegen der Dienstaufsichtsbeschwerde des Nkl. zu 1 die Identifikation nicht in das Protokoll der Zeugenaussage aufgenommen. Die Angeklagten wussten auch, dass diese in Frageform aufgestellte Tatsachenbehauptung eine für die Polizisten C und D ehrenrührige Behauptung ist. Sie wussten auch, dass sie die beiden Vernehmungsbeamten C und D zu diesem Sachverhalt gar nicht befragt hatten, ihnen also auch nicht im Vorfeld der Berichterstattung die Chance zur Stellungnahme gegeben hatten. Die Angeklagten wollten gleichwohl die Veröffentlichung und führten sie herbei.

Zudem unterließen die Angeklagten bewusst, die aus den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Dresden resultierenden Bedenken gegen die von ihnen verwendeten Indizien in den Artikel aufzunehmen.

Wegen des Artikels "Voreiliger Freispruch" stellte der Präsident der Polizeidirektion Leipzig Wawzynski am 15.09.2009 Strafantrag. Die beiden betroffenen Beamten C und 0 erklärten im Ermittlungsverfahren bereits, keinen Strafantrag stellen zu wollen. Der Zeuge C war auch noch im Zeitpunkt der Hauptverhandlung durch die zum Teil falsche Berichterstattung belastet.

V. Beweiswürdigung

Die Feststellungen beruhen hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse auf den Angaben der Angeklagten und der Verlesung des Auszugs aus dem Bundeszentralregister. Im Übrigen machten sie von ihrem Schweigerecht Gebrauch. Die Einkommenshöhe hat das Gericht geschätzt, wobei insbesondere keine Anhaltspunkte auf Unterhaltspflichten oder ähnliche Sachverhalte vorlagen. Nach Abzug aller betrieblichen Ausgaben, Steuern, Sozialversicherungsabgaben sowie Vorsorgeaufwendungen erschien die Größenordnung von 1.500 Euro monatlich als Nettoeinkommen die unterste Grenze dessen, was jedem der beiden Angeklagten zur Verfügung steht.

Zu den beiden Tatvorwürfen der Anklageschrift ergab sich folgendes Ergebnis der Beweisaufnahme (V.A und V.B):

A - Zum Artikel "Dreckige Wäsche"

1) Der Angeklagte A1 erklärte, die vorgeworfene Passage zu "Ingo" stelle inhaltlich nicht den Schwerpunkt des Artikels dar, die Vernehmungen bei der Staatsanwaltschaft Dresden seien lediglich am Rande des Artikels erwähnt worden. Er hätte bereits ab Juli 2007 seine Recherchen begonnen. Die Eingangspassage sei kein Zitat, sondern ein bildlicher Einstieg in das Thema. Das von "Ingo" gezeichnete Bild basiere auf Informationen mehrerer ehemaliger Prostituierten. Er betonte, der Beitrag mache es sich nicht zu eigen, dass "Ingo" der Nkl. zu 1 sei. Es werde lediglich an anderer Stelle die Tatsache mitgeteilt, dass ehemalige Prostituierte "Ingo" als den Nkl. zu 1 identifiziert hätten. Die bildliche Darstellung von "Ingo" müsse daher vom Nkl. zu 1 getrennt betrachtet werden. Im Übrigen habe er auch nach den Vernehmungen bei der Staatsanwaltschaft am 14.01.2008 und vor der Veröffentlichung im SPIEGEL mit den ehemaligen Prostituierten noch einmal persönlich gesprochen. Dabei sei die Darstellung zu "Ingo" erneut bestätigt und auf Nachfrage mitgeteilt worden, dass diese Beschreibungen auch gegenüber der Staatsanwaltschaft in der Vernehmung am 14.01.2008 gegeben worden seien.

Hinsichtlich der Beschreibung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht als "Geschäftsfreund" des Bordellbetreibers gab der Angeklagte A1 an, dies entspreche der Darstellung einer ehemaligen Prostituierten bei ihrer Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft am 14.01.2008, die sie danach und vor dem 21.01.2008 noch einmal im persönlichen Gespräch bestätigt habe. Die Information habe er jedoch nicht an A übergeben. Als er die Arbeitsfassung des Beitrages gesehen habe, habe er bei A interveniert und eine Veröffentlichung der Tatsache ausdrücklich nicht gewünscht, weil die Information nur von einer ehemaligen Prostituierten mitgeteilt worden sei. Weiter habe A erklärt, er werde den Nkl. zu 1 und 2 das Rechercheergebnis mündlich mitteilen und auf diesem Weg den sogenannten Gegencheck einholen. Dazu sagte A1, er sei aufgrund der üblichen Routine beim SPIEGEL davon ausgegangen, dass dies auch im vorliegenden Fall passiere. Darauf habe er auch ausdrücklich gegenüber A bestanden. Der Artikel sei auch durch das Justiziariat des Verlages DER SPIEGEL geprüft und für nicht strafbar erachtet worden.

Im letzten Wort berief sich der Anklagte A1 im Übrigen vor allem auf die Aussage des Zeugen A, sowie auf ein Schreiben des Justiziars des SPIEGEL-Verlages, Herrn Rechtsanwalt N. Dieses Schreiben wurde per Beweisantrag des Angeklagten A1 in der Hauptverhandlung verlesen und lautet im Wesentlichen wie folgt zur Rolle der Angeklagten:

...
DER SPIEGEL hat sich publizistisch - wie viele andere Blätter auch - mit der Affäre um den sogenannten "Sachsensumpf" befasst. In diesem Kontext waren Herr A1 und Herr A2 von der Redaktion des SPIEGEL zeitweise als freie Mitarbeiter für Recherchen hinzugezogen vorden. Ohne dass mir im Detail bekannt ist, wie im Einzelnen recherchiert worden ist, haben die freien Mitarbeiter ermitteln wollen, ob insbesondere Mitglieder der Justizverwaltung in der Affäre verstrickt waren. Um möglichst verlässliche Rechercheergebnisse zu bekommen, haben sie teilweise Fotosammlungen vorgelegt, unter denen - falls möglich - in erster Linie Amtsträger identifiziert werden sollten. Offenbar ist auch ein Foto Ihres Partners darunter gewesen:
...

2) Der Angeklagte A2 erklärte insoweit, die beiden im SPIEGEL-Artikel genannten Passagen seien weder von ihm verfasst noch gebilligt worden. Sie stammten auch nicht vom Kollegen A1. Die beiden Passagen seien vielmehr erst, nachdem er und A1 einen von ihnen recherchierten Bericht an A zugearbeitet hatten, durch diesen ohne Absprache mit ihnen und ohne ihr Zutun in den Artikel aufgenommen worden. Die veröffentlichte Fassung wurde nach seinen Angaben durch A um die genannten Passagen erweitert. In der von ihm und A1 übersandten Fassung seien sie nicht enthalten gewesen. Den Text des veröffentlichten Beitrags hätten sie beide vor der Veröffentlichung im "SPIEGEL" nicht mehr gesehen. Zudem hätten sie beide sich den genannten Passagen auch zu keiner Zeit angeschlossen.

3) Die Überzeugung, dass die Beschreibung des "Ingo" ebenso wie der Begriff des Geschäftsfreundes nicht am 14.01.2008 bei der Staatsanwaltschaft in den Zeugenvernehmungen abgegeben wurde, ergab sich aus der Aussage des Zeugen Leitender Oberstaatsanwalt F. Dieser bekundete aus eigenem Erleben seine Überraschung, als er den Artikel las. Die Beschreibung des "Ingo" für den Nkl. zu 1 sei ihm als Vernehmungsperson bis dahin ebenso unbekannt gewesen wie der Begriff "Geschäftsfreund" für den Nkl. zu 2. Vielmehr hatten die Zeuginnen insoweit entsprechend den Feststellungen zu II.B.3 ausgesagt. Zweifel an diesen Angaben des Zeugen F ergaben sich nicht.

4) Im Ergebnis war eine Urheberschaft der bei den Anklagten nicht zweifelsfrei festzustellen. Maßgeblich war der Umstand, dass dem uneidlich vernommenen Zeugen A für die Abfassung des Artikels "Dreckige Wäsche" vier Quellen zur Verfügung standen, nämlich seine eigenen Recherchen, der Recherchebericht der Angeklagten, die Aktennotizen von RA K und die Besprechung nach den staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen am 14.01.2008 und vor dem 21.01.2008 mit mindestens einer Zeugin, den Angeklagten und Rechtsanwälten. Vor allem aber gab A selbst an, er habe den Text an seinem Computer geschrieben und er sei dann nur noch im normalen Geschäftsgang in der Redaktion überarbeitet worden. Er habe von den Angeklagten einen Recherchebericht bekommen, der ihre Erlebnisse mit den Prostituierten im Rahmen der Befragungen zusammenfasse. Zum Widerspruch von A1 betr. des Begriffs "Geschäftsfreund" könne er sich nicht erinnern, jedenfalls sei es nicht so gelaufen. Er habe vielmehr kurz vor Erstellung des Berichtes sechs bis sieben Blatt getippter Protokolle gehabt, die von etwa drei Prostituierten Angaben enthielten. Diese Protokolle seien tragender Stützpfeiler seiner Berichtersteilung geworden. Die Protokolle habe er per Fax erhalten.

Der Zeuge A bestätigte die Angaben der Angeklagten, dass es nach den Zeugenvernehmungen bei der Staatsanwaltschaft am 14.01.2008 noch ein weiteres Gespräch unter Teilnahme von mindestens einer der Zeuginnen, eines Zeugenbeistandes (die Sozia von Rechtsanwalt K Frau Rechtsanwältin L), den Angeklagten und dem Zeugen A gab. Hierbei sei es um die Aussagen der Zeuginnen Bund J vor der Staatsanwaltschaft gegangen. Hier seien die vorgeworfenen Passagen als vor der Staatsanwaltschaft so abgegeben bestätigt worden. Wer hier welche Aussage bestätigte, war nicht näher aufzuklären.

Die Rechtsanwälte K, L und der weitere Zeugenbeistand wurden in der Hauptverhandlung nicht als Zeugen gehört, da sie durch die Zeuginnen B und J sowie den Zeugen M nicht von der anwaltlichen Schweigepflicht entbunden worden waren. Weitere Beweismittel zur Entstehungsgeschichte des Artikels standen nicht zur Verfügung. So konnten oder wollten die beiden Angeklagten und der Zeuge A keinen - vom Gericht unterstellten - E-Mail-Schriftverkehr o.ä. hierüber vorlegen. Die beiden Zeuginnen B und J, gegen die beim Amtsgericht Dresden zu Az. 218 Ds 900 Js 12615/08 ein Verfahren wegen Verleumdung durch Aussagen zum Nachteil der Nkl. zu 1 und 2 anhängig ist, machten von ihrem Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO Gebrauch.

5) Bei der Würdigung der Aussage des Zeugen A hatte das Gericht zu beachten, dass er wegen des Artikels im Magazin SPIEGEL selbst strafrechtlich verfolgt worden war. So konnte er als Zeuge wegen der Sperre des § 60 Nr. 2 StPO nicht vereidigt werden. Aufgrund der Einstellung nach § 153 a StPO hatte er keine weitere Verfolgung wegen dieses Tatverdachts zu fürchten. Inwieweit er persönlich noch wirtschaftliche Folgen zu fürchten hatte, war nicht festzustellen. Jedenfalls konnte er als Zeuge in der Hauptverhandlung, wenn er denn wollte, wahrheitswidrig die Verantwortung einseitig auf sich nehmen und so gezielt die Angeklagten entlasten. Das Gericht hatte jedoch trotz der Vorbehalte unter diesem Gesichtspunkt keine wesentlichen Zweifel daran, dass im Ergebnis der Zeuge A tatsächlich den Bericht entgegen der schriftlichen Einlassung des Angeklagten A2 selbst verfasst hatte.

a) Hierfür sprach schon der Vergleich zwischen den Aktenvermerken des Rechtsanwaltes K mit der Beschreibung des "Ingo" im Artikel "Dreckige Wäsche":

So lässt sich die Beschreibung "älterer Herr, 50 bis 70 Jahre" mit der Formulierung "wenig Ähnlichkeit mit Adonis" in Einklang bringen. Weiterhin lässt sich die Angabe bei K "bei sexuellen Handlungen grob, fasste fest zu, wollte eher härteren Sex" mit der Zusammenfassung im Artikel: "neigt zu Grobheiten, nur Interesse an hartem Sex" in Einklang bringen. Laut Notizen des Rechtsanwaltes K war "Ingo" der "bestzahlende Freier" oder "zahlte 500,00 DM" im Artikel wird dies als "er zahlte fürstlich" bezeichnet. Bei der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung wird lediglich in einem Punkt ähnliches ausgesagt, nämlich im Hinblick auf die Angabe der Zeugin J, "Ingo habe gröberen Sex gemocht". Schon diese auffälligen Ähnlichkeiten sind hinreichender Beleg.

b) Daneben war die Aussage des Zeugen A, er habe den Recherchebericht der Angeklagten überholende Protokolle (oben zu II.B.2.c) gehabt, die zudem frisch gewesen seien, wiederum mit den Aktennotizen von Rechtsanwalt K in Einklang zu bringen. Wenn auch der Zeuge A nur von Protokollen und nicht von Notizen sprach, so entspricht doch aus seinem Verständnis die inhaltliche Wiedergabe eines Gespräches durch einen Rechtsanwalt durchaus einem Protokoll in einem offenbar nicht juristisch geprägten Sprachverständnis. Diese waren mit ihrem Entstehungsdatum im Januar 2008 tatsächlich "frisch". A sprach außerdem von Protokollen über Gespräche mit etwa drei ehemaligen Prostituierten. Diese Anzahl korrespondiert mit der Anzahl der benannten ehemaligen Prostituierten in den Aktennotizen von RA K. Auch insoweit liegt also eine Übereinstimmung vor.

Für die Existenz sonstiger Protokolle aus anderer Quelle war nichts ersichtlich. Die Protokolle der Staatsanwaltschaft hatte A nicht.

c) RA K hatte im Übrigen auch eine sehr aktive Rolle im gesamten Geschehen, wie sich aus folgendem ergibt: Nach dem Inhalt der verlesenen Aktennotizen sprach Rechtsanwalt K selbst im Januar 2008 mit den Zeuginnen B, J und R. Er fragte die Zeugin J, ob sie einen anwaltlichen Beistand wünsche. Er versprach ihr, sich darum zu kümmern. Binnen weniger Tage hatte die Zeugin J, aber auch die Zeugin B einen Zeugenbeistand. Offensichtlich half RA K auch dieser Zeugin.

d) Darüber hinaus sprach A auch glaubhaft von einem Gespräch, das er mit zumindest einer Zeugin, Rechtsanwälten (Namen wegen "Quellenschutz" nicht angegeben) sowie beiden Angeklagten nach der Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft und vor der Veröffentlichung führte. Im Hinblick auf die enge Zusammenarbeit von RA K mit den beiden Angeklagten, die Beibringung mindestens eines Zeugenbeistands durch RA K sowie die zeitliche Abfolge sprach wiederum dafür, dass die Aktennotizen von Rechtsanwalt K dem Zeugen A vor Abfassung des Artikels im SPIEGEL überlassen wurden.

e) Ebenfalls für die Glaubwürdigkeit des Zeugen A und beider Angeklagten sprach folgender Umstand: Die Angeklagten gaben an, sie hätten ursprünglich zur Frage der Verarbeitung der Erlebnisse durch die ehemaligen Prostituierten recherchiert. A gab an, er habe einen Bericht über die Erlebnisse der beiden Angeklagten bei ihren Recherchen erhalten. Insoweit handelt es sich um Angaben zu typischem Randgeschehen, auf das weder die Angeklagten noch der Zeuge A besondere Beachtung legten. Diese Übereinstimmung in einem eher unbedeutenden Detail des Randgeschehens, das sich aber in den sonstigen Ablauf nahtlos einfügte, machte für das Gericht die Angaben insgesamt plausibel.

In einer Gesamtschau aller Umstände war daher eine originäre Urheberschaft der beiden Angeklagten für die vorgeworfenen Passagen des Artikels nicht feststellbar.

6) Eine den Zeugen A zu der vorgeworfenen Passage zumindest unterstützende Mitwirkung oder gar ihn hierzu bestimmende Einwirkung der Angeklagten konnte gleichfalls nicht zweifelsfrei festgestellt werden.

Für eine zumindest unterstützende Mitwirkung sprach die Nennung aller drei Namen als Verfasser im Magazin "DER SPIEGEL". Auch die Einlassungen bei der Angeklagten, vor allem des Angeklagten A2, konnten in dieser Richtung gedeutet werden.

Gleichwohl hatte das Gericht in einer erneuten Würdigung aller Aussagen und des persönlichen Eindrucks vom Zeugen A den Eindruck, dieser habe im Jahr 2008 die beiden Angeklagten lediglich als Zulieferer und keinesfalls als gleichberechtigte Partner behandelt.

Es ist zuerst auf die vorstehenden Ausführungen zur Frage einer eigenen Urheberschaft der Angeklagten zu verweisen. Insoweit war lediglich ein gemeinsamer Wille aller drei Beteiligten festzustellen, einen Artikel mit Darstellung der Angaben der Zeuginnen und Darstellung der bisherigen Ermittlungen zu veröffentlichen. Daraus aber ließ sich nicht mit Ausschluss vernünftiger Zweifel feststellen, die vorgeworfenen Passagen seien auch von einem oder beiden Angeklagten inhaltlich oder textlich verursacht oder veranlasst worden. Gerade die Einlassungen der Angeklagten und die gleichlautende Aussage des Zeugen A, wonach eine der Zeuginnen Bund J oder einer der Zeugenbeistände nach der Vernehmung vom 14.01.2008 die vorgeworfenen Passagen als Inhalt der Aussage vor der Staatsanwaltschaft Dresden bestätigt hätten, entlastete die Angeklagten. Zudem wird im Text ausdrücklich auf die Einschätzung von Rechtsanwältin L zur Glaubwürdigkeit der Zeuginnen Bund J bei ihren Aussagen vor der Staatsanwaltschaft hingewiesen. Damit wird deutlich, dass nach den Vernehmungen vom 14.01.2008 mindestens das eine Gespräch über die Aussagen vor der Staatsanwaltschaft stattgefunden hat. Das aber deckt sich mit den Angaben der Angeklagten und des Zeugen A. Zudem wählten sie - wie alle drei betonten - für die Veröffentlichung bewusst einen Zeitpunkt nach der Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft. Dann aber musste für einen Bericht über den Inhalt der Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft zwischen den Angeklagten und dem Zeugen A einerseits und den Teilnehmern an den Vernehmungen andererseits noch ein Gespräch stattfinden. Für dieses Gespräch blieb wenig Zeit. Zudem war dann die Aussage des Zeugen A, er habe den Begriff "Geschäftsfreund" für den Nkl. zu 1 erst im Rahmen dieses Gesprächs gehört, ebenfalls plausibel. Dann aber war die Behauptung des Zeugen A , den Artikel ohne Mitwirkung oder Einwirkung der Angeklagten verfasst zu haben, nicht zu widerlegen.

Eine zweifelsfreie Feststellung, der Zeuge A habe den Entwurf des Artikels vor der Weiterleitung an die Hamburger Redaktion noch einmal zur Einsicht und Stellungnahme an die Angeklagten zugeleitet, war nicht möglich. Dagegen sprach vor allem auch der enge Zeitlauf vom 14.01.2008 bis zur Veröffentlichung am 21.01.2008. Insoweit war nachvollziehbar von den Zeugen A und N dargelegt worden, dass A den Entwurf dem zuständigen Redakteur in Hamburg zur Bearbeitung vorlegte und dieser den redigierten Text der Rechtsabteilung zur Prüfung vorlegte. Erst danach konnte er für den Druck freigegeben werden. Andererseits war schon am 19.012008 der sog. "Vorab" fur die Ausgabe vom 21.01.2008 veröffentlicht worden. Zu diesem Zeitpunkt stand also fest, dass der Artikel auch erscheinen wird. Bei diesem Zeitlauf ist es naheliegend, dass der Zeuge A den von ihm verfassten Artikel seinen "Zuarbeitern" nicht mehr zur Bearbeitung oder Kenntnisnahme überließ. lndiziell wird dies auch durch den Brief von Rechtsanwalt N gestützt. Dieser spricht davon, die Angeklagten seien "zeitweise ... für Recherchen hinzugezogen" worden. Das unterstreicht deren nachgeordnete Rolle auch aus Sicht des SPIEGEL-Verlages, als dessen Justiziar RA N den Brief verfasste. Damit war eine tatsächliche oder psychische Unterstützung durch die Angeklagten auszuschließen.

Selbst bei Vorliegen eines ursprünglich gemeinsamen Tatplanes entfiel spätestens aufgrund der fehlenden Gegenkontrolle durch die Angeklagten A1 und A2 eine Mtverantwortung im Sinne einer auch nur unterstützenden Mitwirkung. Vielmehr ging das Gericht davon aus, dass allein A die strafrechtliche Verantwortung für diesen Beitrag trägt.

B - Zum Artikel "Voreiliger Freispruch"

1) Der Angeklagte A2 räumte ein, dass der Artikel von ihm stammt. Es handele sich bei den vorgeworfenen Passagen um offen formulierte und zulässige Fragen, die keine Antwort vorgäben. Auch könne er nicht erkennen, dass die bezeichneten Personen in ihrer Ehre verletzt würden. Zudem seien zu der Zeit der Dienstaufsichtsbeschwerde noch Ermittlungen gegen den Richter gelaufen, nämlich im Verfahren 400 UJs 21113/00.

2) Der Angeklagte A1 erklärte insoweit, es würden keine rhetorischen sondern echte Fragen gesteilt. Diese seien durch die Meinungsfreiheit und die Pressefreiheit gedeckt. Zudem fühlten sich C und D auch nicht in ihrer Ehre verletzt. Er ergänzte insoweit, der Zeuge H habe ihm und A2 nach dem 30.04.2008 noch aus der Einstellungsverfügung vorgelesen. Es habe die genannten Anhaltspunkte gegeben. Im Ergebnis der Beweisaufnahme seien weitere Anhaltspunkte dazugekommen. Laut Angaben des Zeugen M vor dem Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtags seien der Nkl. zu 1 und P schon im Jahr 2000 als Freier des Bordells "Jasmin" identifiziert worden. Die Dienstaufsichtsbeschwerde habe die weiteren Ermittlungen gegen den Nkl. zu 1 hinsichtlich eines Verdachtes wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern behindert. Im Übrigen seien die Zeltformen der relevanten Sätze zu berücksichtigen Das Wort "zeitgleich" beziehe sich auf das UJs-Verfahren.

Diese Einlassungen der bei den Angeklagten waren - soweit sie die Geschehensabläufe betreffen - zur Überzeugung des Gerichtes im Ergebnis widerlegt.

3) Die Überzeugung zum Stand der Ermittlungen ergab sich aufgrund Augenscheins und teilweise Verlesung der Akte 400 UJs 21113/00 sowie der Aussagen der Zeugen KHM C, KOM D und Oberstaatsanwältin stdV E .

Danach vernahmen die Zeugen C und D schon im Juni 2000 die Zeuginnen Bund J, die dann später in den Jahren 2007 und 2008 den Nkl. zu 1 belasteten. Wenn die Behauptung der Zeugin B, sie habe schon im Jahr 2000 den Nkl. zu 1 als Freier identifiziert und bei der Polizei angegeben, zuträfe, dann hätte die Protokollierung schon mehrere Monate vor der Einlegung der Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Zeugen C und D erfolgt sein müssen. Dann aber konnte es zum Zeitpunkt dieser Vernehmung schon keinen Einfluss der Dienstaufsichtsbeschwerde geben, weil diese noch gar nicht vorlag.

Dass sich die Zeugen C und D auch im Sommer 2000 - also vor der Dienstaufsichtsbeschwerde nicht scheuten, belastende Aussagen zum Nachteil des Nkl. zu 1 zu protokollieren, ergab sich zur Überzeugung des Gerichtes aus der Einvernahme der Zeugin E, die wiederum durch die Akte 400 Js 53143/00 bestätigt wurde. Die Aussage des ehemaligen Bordelibetreibers des "Jasmin" mit den Angaben zum Ablauf des sog. "Deals" belasteten den Nkl. zu 1 erheblich. Aber genau dessen Aussagen wurden von den Zeugen der Staatsanwaltschaft Leipzig vorgelegt. In der Folge leitete E ein Ermittlungsverfahren gegen den Nkl. zu 1 ein. In Abweichung zum Artikel "Voreiliger Freispruch" führte allerdings allein die Staatsanwaltschaft und nicht die Polizei dieses Verfahren wegen des Verdachtes der Strafvereitelung im Amt. Parallel dazu lief tatsächlich das Ermittlungsverfahren 400 UJs 21113/00 gegen unbekannte Täter wegen des Verdachtes des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Darauf hatte E im Juli 2000 die Ermittlungen beschränkt, da aufgrund des Zeitablaufes nur noch Taten des sexuellen Missbrauchs von Kindern verfolgt werden konnten.

4} Das Gericht war weiter der Überzeugung, dass die Zeugen C und D auch aus ihrer Sicht gegen den Nkl. zu 1 kein Verfahren führten und in ihren Vernehmungen mit ehemaligen Prostituierten niemand den Nkl. zu 1 als Freier erkannte und dies aussagte. Ihre Aufgabe war es, im Umfeld des "Jasmin" Freier im Hinblick auf den Verdacht des sexuellen Missbrauchs von Kindern zu ermitteln sowie einem Vorwurf der Vergewaltigung - allerdings nicht im Bordell Jasmin - nachzugehen (4 a) - 4 c). Zudem waren sie die Zeugen C und D bei ihren Vernehmungen im Sommer 2000 auch subjektiv nicht durch die Dienstaufsichtsbeschwerde des Nkl. zu 1 beeinflusst (4 d). Zudem gaben die Angeklagten den beiden Zeugen C und D keine Gelegenheit zur Stellungnahme (4 e).

a) Ausdrücklich gab der Zeuge C an, er habe nie gegen den Nkl. zu 1 ermittelt. Eine Identifizierung des Nkl. zu 1 als vermeintlicher Freier des "Jasmin" im Jahr 2000 habe es nicht gegeben. Er sagte zu den verwendeten Fotos, es wäre die ihm in der Verhandlung vorgelegte Lichtbildmappe 400 UJs 21113/00 vom 29.05.2000 mit Ergänzungen bis 09.06.2000 (Sonderband Libi II Bl. 17 bis 25. Das Original befindet sich in der Sachakte ABl. 1555.) verwendet worden. Er und D hätten nur eine Kopie des Originals verwendet, um die Bilder möglichst gleichartig wirken zu lassen. Weiter gab er an, nicht mehr im Einzelnen zu wissen, woher die außerhalb der genannten Lichtbildmappe verwendeten Fotos stammten. Es wären Fotos aus einer Sammlung verwendet worden. Diese stammten von M. Dieser wisse sicher, woher die Fotos stammten. Diese von ihm verwendeten Fotos hätten mit dem Prozess um P (d.h. den Mordanschlag auf Dr. P) zu tun gehabt. Er wisse nicht mehr, welche Personen auf den Fotos zu sehen waren. Er sei sicher, dass keine Rechtsanwälte oder Staatsanwälte auf diesen Fotos zu sehen waren. Den Nkl. zu 1 habe er damals noch nicht gekannt. Der Nkl. zu 2 und der Oberstaatsanwalt G seien ihm damals bekannt gewesen. Diese beiden seien auf den verwendeten Fotos nicht abgebildet gewesen. Es sei bei den Zeugenvernehmungen der ehemaligen Prostituierten und des Bordellbetreibers kein Hinweis auf einen Freier gekommen, der Richter oder Staatsanwalt gewesen sei. Der Nkl. zu 1 sei damals nicht identifiziert worden. Mit den Nkl. zu 1 und 2 sowie G habe das alles nichts zu tun gehabt. Da anhand dieser Fotos außerhalb der Lichtbildmappe keine Person erkannt wurde, habe er diese Angaben von Zeugen auch nicht in die Protokolle aufgenommen. Er wisse selber nicht mehr, warum er dies nicht getan habe. Diesen Fehler müsse er einräumen.

Das Stichwort "Ingo" habe er erst bei seiner Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft gehört. Wäre es 2000 gefallen, hätten sie schon damals Ermittlungen eingeleitet. Weiter gab er an, dass sie dies in das Vernehmungsprotokoll aufgenommen hätten.

Wegen eines Strafantrags habe er betreffend die Zeuginnen B und J mit dem Polizeipräsidenten gesprochen. Er habe dies abgelehnt, weil er das nicht so glücklich gefunden habe. Auch die Staatsanwaltschaft Dresden habe ihn wegen eines Strafantrags gegen die hiesigen Angeklagten wegen des Artikels gefragt. Dies habe er abgelehnt.

b) Der Zeuge D bestätigte die Angaben des Zeugen C zur Erstellung der Lichtbildmappe vom 29.05.2000, die ihm im Sonderband Libi I vorgehalten wurde. Die dortige Kopie der Lichtbildmappe ist mit der Kopie in Sonderband Libi II identisch. Er gab an, er erinnere sich nicht an die Vorlage anderer Fotos oder an eine Fotomappe mit Personen des öffentlichen Lebens. Eine solche Mappe habe er nicht erstellt. Er wisse nicht, ob C eine solche Mappe hatte. Eine Angabe einer Zeugin, sie habe jemandem im Gerichtssaal erkannt, habe es nicht gegeben. In dieser Richtung sei überhaupt nichts gekommen. Den Namen "Ingo" für einen Freier habe er erstmals bei seiner Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft gehört. Den Artikel "Voreiliger Freispruch" habe er gelesen und darüber den Kopf geschüttelt. Er habe sich nicht beleidigt gefühlt. Auf Frage, warum er keinen Strafantrag gestellt habe, gab er lediglich an, dass er nach dem Artikel eine Strafvereitelung begangen habe und persönlich kein Schmerzensgeld wolle. Er könne eh nicht beeinflussen, was die Presse schreibe. Von einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen sich habe er nichts gewusst und schon deshalb keinen Ermittlungsdruck gehabt.

c) Die Überzeugung des Gerichts ergab sich, weil die Aussagen der Zeugen C und 0 glaubhaft, in sich weitgehend schlüssig und nachvollziehbar waren.

aa) Der Zeuge C antwortete selbstbewusst, direkt und lebendig aus eigenem Erinnern. Eine wesentliche Beeinflussung durch eine Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtages war nicht feststellbar. Hierbei musste er die schon beim Untersuchungsausschuss behandelten Fehler bei der Protokollierung von Aussagen der Zeugin S und der Dokumentation des ihr vorgelegten Bildmaterials einräumen. Dabei versuchte er auch nicht, nachträglich Erklärungen zu finden. Insbesondere nahm er die Verantwortung insofern auf sich, als er sich selbst als Hauptsachbearbeiter und die Rolle des Zeugen D als "immer hinten dran" beschrieb. Zur Dienstaufsichtsbeschwerde des Nkl. zu 1 und seiner eigenen Reaktion und Sichtweise wirkte er nach wie stark berührt und wenig distanziert. Hier war seine damalige und auch aktuelle Betroffenheit von den Vorwürfen glaubhaft. Gleiches gilt auch für die Betroffenheit durch die Berichterstattung in der Presse. Es gab nach seinen Aussagen für die ihm unterstellte Unterschlagung der angeblichen Identifikation des Nkl. zu 1 als Freier im Jahr 2000 keinen Anlass. Belastungstendenzen zu Lasten der Angeklagten waren nicht ersichtlich. Es wurden auch keine Motive über die Betroffenheit durch den Artikel hinaus ersichtlich, dass der Zeuge die Angeklagten falsch belasten wollte. Auch war kein Umstand erkennbar, dass er zu den Ermittlungen im Jahr 2000 zur eigenen Entlastung falsche Angaben machte.

Vielmehr war für das Gericht zweifelsfrei nachvollziehbar, dass der Zeuge C eine damals tatsächlich erklärte Identifikation des Nkl. zu 1 ebenso protokolliert hätte, wie er dies bei den Angaben des Bordellbetreibers tat.

bb) Der Zeuge D war in seinem Auftreten deutlich zurückhaltender und bei den Angaben zögerlicher, häufig ungenauer, teilweise ausweichend. Indes war auch nach seinen Angaben seine Rolle diejenige eines Unterstützers und zweiten Ermittlungsbeamten, während C auch nach seiner Aussage die Leitung und Steuerung der Ermittlungen zukam. Allerdings war er glaubhaft der Auffassung, dass die Dienstaufsichtsbeschwerde und die - im Nachgang aufgedeckten - Mängel der Protokollierung und Bilddokumentation maßgeblich den Zeugen C betreffen, der intern die Federführung hatte. Daher kam auch dem Zeugen C das größere Gewicht für die Würdigung zu. Auch im Übrigen waren hier Anhaltspunkte für falsche Angaben nicht erkennbar.

cc) Dass gegenteilige Aussagen durch die Zeuginnen Bund J bei der Staatsanwaltschaft Dresden dem entgegenstanden, stand dieser Würdigung nicht entgegen. Zwar standen diese Zeuginnen bei ihren Vernehmungen im Jahr 2008 unter Wahrheitspflicht Allerdings blieb die Entstehung ihrer Aussagen bei der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die mehrfachen Befragungen durch die Angeklagten und RA K von Sommer 2007 bis Januar 2008 im Dunkeln. Hier war eine nähere Aufklärung aufgrund der Ausübung der Schweigerechte durch die beteiligten Personen nicht möglich. Allerdings ergab sich ein Indiz zur Haltung der Angeklagten aus dem Brief des Zeugen N, der dort u.a. ausführte: "Um möglichst verlässliche Rechercheergebnisse zu bekommen, haben sie teilweise Fotosammlungen vorgelegt, unter denen - falls möglich - in erster Linie Amtsträger identifiziert werden sollten". Damit wäre sogar denkbar, dass die Zeuginnen im Jahr 2008 glaubten, richtige Angaben zu den Vernehmungen des Jahres 2000 zu machen, weil sie durch die Befragungen in diese Richtung gelenkt worden sein könnten. Es war aber im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nachvollziehbar, warum die Zeugen C und D solche Angaben im Jahr 2000, die nicht anders als im Fall des vermeintlichen Deals den Nkl. zu 1 massiv belasten mussten, unterschlagen sollten.

c) Das Gericht war der Überzeugung, dass es bei einzelnen Vernehmungen von ehemaligen Prostituierten nicht nur keine Dokumentation der Vorlage von Fotos außerhalb der genannten Lichtbildmappe gab, sondern auch mindestens ein unvollständiges Protokoll zu Einzelangaben einer Zeugin. Dies ergab sich aus dem Vernehmungsprotokoll der Zeugin S, Bl. 90ff. der Akte 400 UJs 21113/00, wo die bereits zu III.B.2 beschriebenen Unterschiede zwischen den handschriftlichen Notizen des Zeugen C und dem Protokoll bestanden. Insoweit ging das Gericht davon aus, dass in der Zahlenfolge 2 der handschriftlichen Notizen (Bl. 93 und 94 dieser Akte) tatsächlich weitere Fotos vorgelegt wurden. Die Art der einzelnen Angaben, die stichwortartige Wiedergabe und die optisch gleichartige Notizform sprachen eindeutig dafür. Auch der Zeuge C konnte dies in der Hauptverhandlung, nachdem er dazu zuvor schon durch den Untersuchungsausschuss im Sächsischen Landtag zu diesem Thema befragt worden war, nicht näher erklären. Insoweit blieb in der Hauptverhandlung ungeklärt, ob und welche Fotos, Zeitungsausschnitte oder andere Bildquellen vorgelegt worden waren. Entgegen der Aussage des Zeugen C waren unter den handschriftlich dokumentierten Äußerungen der Zeuginnen, wie oben zu III.B.2 dargestellt, jedenfalls auch Angaben zu Freiern enthalten. Zum Inhalt dieser Fotos war die Aussage des Zeugen C , auf diesen Fotos seien Personen aus dem Umfeld des P-Verfahrens gewesen, glaubhaft.

d) Die Ermittlungen der Zeugen C und D wurden zur Überzeugung des Gerichts nicht durch die Dienstaufsichtsbeschwerden des Nkl. zu 1 vom Oktober 2000 beeinflusst.

Beide Zeuge bestritten dies. Während D die Dienstaufsichtsbeschwerde gar nicht auf sich bezogen hatte und sich insoweit auch nicht angesprochen fühlte, war C nach eigenen - glaubhaften - darüber äußerst verärgert und erbost. Weiterhin gab er an, dass ihn so etwas selbstverständlich treffe und betreffe. Er habe auch dienstrechtliche Konsequenzen befürchtet, obwohl er alles richtig gemacht habe. Aber im konkreten Fall sei er nicht von seinen Ermittlungen abgekommen. Jedoch sei ihm klar gewesen, dass jetzt alle (gemeint: im Dienst) auf ihn schauten. Aus diesen Angaben ergibt sich, dass C zwar aus seiner Sicht unberechtigte dienstliche Konsequenzen fürchtete. Genauso deutlich ergibt sich aber allein schon aus dem zeitlichen Ablauf, dass er im konkreten Fall der Vernehmungen der ehemaligen Prostituierten gar nicht beeinflusst sein konnte.

5) Weiterhin war das Gericht überzeugt, dass die beiden Zeugen C und 0 vor der Veröffentlichung des Artikels "Voreiliger Freispruch" von den Angeklagten nicht zu einer Stellungnahme aufgefordert wurden. Weiter war es überzeugt, dass die Zeugen sich durch die Berichterstattung in ihrer Ehre betroffen sahen.

C betonte hierzu, er habe nie mit Journalisten gesprochen. Anfragen von Journalisten habe er an die Pressestelle weitergeleitet. Im Übrigen habe er sich - gemeint waren offensichtlich: zu dienstlichen Fragen - nur mit seinem Rechtsanwalt K besprochen. gewesen. Hierzu ergänzte er, das Verfahren, in dem er K beauftragt hatte, hätte nicht mit dem Thema Korruptionsaffäre zu tun. Auch heute belasteten ihn die zum Teil wahrheitswidrigen Presseberichte noch. Er habe keinen eigenen Strafantrag wegen des Artikels "Voreiliger Freispruch"gestellt. Dies habe der Polizeipräsident für ihn nachgeholt.

Zum Artikel "Voreiliger Freispruch" gab der Zeuge D ergänzend an, laut dem Artikel hätte er Strafvereitelung begangen. Er könne die Presse aber ohnehin nicht beeinflussen, sei hierauf allerdings auch nicht angesprochen wurden.

Zu der Frage, ob die beiden Zeugen im Sinne des sogenannten Gegenchecks vorab von den Angeklagten zur Stellungnahme aufgefordert wurden, gab es auch keinen Widerspruch seitens der Angeklagten.

Zwar ist den Angeklagten zuzugeben, dass die beiden Zeugen C und D keinen Strafantrag steilten. Indes kann nach § 194 Abs. 3 Satz 1 StGB auch der Dienstvorgesetzte Strafantrag stellen. Dieser Strafantrag wird im Interesse der Behörde gestellt. Da vorliegend die Tätigkeit der Zeugen C und D im Dienst Gegenstand der Tat ist und sich die Angeklagten dessen auch bewusst waren, übte der Dienstvorgesetzte der beiden Zeugen wirksam sein Strafantragsrecht aus.

Zudem war das Gericht der Überzeugung, dass die Zeugen C und D ihr Strafantragsrecht nicht wahrnahmen, weil sie trotz ihrer persönlichen Betroffenheit keine Erfolgschancen sahen. Besonders beim Zeugen D war eine Resignation in dieser Richtung unübersehbar.

6) Die Überzeugung des Gerichts von der Kenntnis der Angeklagten vom Inhalt des Handouts der Staatsanwaltschaft Dresden ergab sich zum einen aus deren eigenen Einlassungen bzw. ihrem letzten Wort, sowie der Einvernahme des Zeugen Oberstaatsanwalt H , damals Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Dresden. Der Zeuge H gab an, das Handout sei allen interessierten Journalisten überlassen worden. Dazu gehörten die Angeklagten schon nach eigener Einlassung. Darüber hinaus bestätigte der Zeuge H , dass er zeitnah zur Pressekonferenz ein längeres Telefonat mit den beiden Angeklagten zum Inhalt und den Hintergründen der Einstellungen geführt hatte. Er bescheinigte den Angeklagten auch eine sehr gründliche Arbeitsweise. Daraus ergab sich zweifelsfrei, dass die Angeklagten sich das Handout beschafft hatten und dieses zur Kenntnis genommen hatten. Zudem befasste sich der Inhalt des Artikels "Voreiliger Freispruch" intensiv mit dem Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die wiederum im Handout zusammengefasst waren.

Die hier relevanten Passagen im Handout sind im Wortlaut oben zu III C zitiert, daraus war für die Angeklagten die Erkenntnis der Staatsanwaltschaft zu entnehmen, dass die Staatsanwaltschaft erhebliche Bedenken hinsichtlich der Quellenlage des Landesamtes für Verfassungsschutz hatte. Das Landesamt für Verfassungsschutz hatte sich laut Handout ausschließlich auf Mitarbeiter der Polizei und Staatsanwaltschaft als Quellen bezogen. Damit war von der Staatsanwaltschaft auch für die Angeklagten nachvollziehbar dargestellt, dass die vermeintlich vielfache Quellenlage für das Landesamt für Verfassungsschutz sich in Wirklichkeit auf wenige Personen begrenzte. Diese Personen waren zudem Zeugen vom Hören-Sagen, die laut Handout dem Verfassungsschutz lediglich Gerüchte und keine eigenen Wahrnehmungen berichtet hatten. Aus dem Handout ging für die Angeklagten hervor, dass die tatsächlichen Vernehmungsbeamten der ehemaligen Prostituierten aus dem Jahr 2000, die Zeugen C und D gerade keine Quelle des Landesamtes für Verfassungsschutz waren. Zudem waren die Informationen vom Verfassungsschutz laut Handout in einem denkbar kurzen Zeitraum von nur vier Kalendertagen zusammengetragen worden. Auch daraus war für die Angeklagten klar, wie fragwürdig aus Sicht der Staatsanwaltschaft das Behördenzeugnis des Verfassungsschutzes für einen begründeten Tatverdacht war.

Der Zeuge M wiederum war im Handout als eine maßgebliche Quelle des Landesamtes für Verfassungsschutz ausdrücklich genannt. Er war in erster Linie Zeuge vom Hören-Sagen hinsichtlich des Vernehmungsverlaufes des Jahres 2000. Er war bei den Vernehmungen nicht persönlich anwesend. Der Zeuge M machte im hiesigen Verfahren vorab über seinen Verteidiger RA K von seinem Schweigerecht nach § 55 StPO Gebrauch, da gegen ihn selbst ein Ermittlungsverfahren anhängig ist.

Der Zeuge M war zur Überzeugung des Gerichts der im Artikel "Voreiliger Freispruch" genannte Polizeibeamte. Da die Angeklagten mit den Zeugen C und D keine Gespräche geführt hatten, M aber laut Handout "früherer Leiter" des sog. OK-Kommissariats bei der KPI Leipzig war und daher als solcher mittelbar laut Artikel "Voreiliger Freispruch" im Jahr 2000 "an den Ermittlungen beteiligt", kommt nur dieser Polizeibeamte als Quelle der Angeklagten für die im zweiten Indiz mitgeteilten Tatsachen in Betracht. Dabei konnte der Zeuge M im Jahr 2000 keinen besseren Kenntnisstand als die Zeugen C und D zum Inhalt der Vernehmungen haben

Bei dieser Kenntnis der Angeklagten von den Sachzusammenhängen war Ihnen auch bewusst, dass die zwei Indizien sich nicht auf zwei verschiedene Quellen, nämlich das Behördenzeugnis des Verfassungsschutzes und die Angaben des zitierten Polizeibeamten, sondern wesentlich auf ein und dieselbe Person stützen. Damit aber war ihnen auch bewusst, dass die Darstellung der Indizien an diesem Punkt zumindest unvollständig und sachlich offensichtlich falsch war. Zur Überzeugung des Gerichts wurden dem Leser damit zwei scheinbar unabhängige Quellen als Indizien präsentiert, die nach Kenntnis der Angeklagten personell praktisch identisch waren.

6) Das Gericht war auch überzeugt, dass der Textentwurf der Angeklagten in der beschriebenen Weise durch den Redakteur O bearbeitet und durch den Justiziar Q geprüft und freigegeben wurde.

a) O gab an, der Text sei ein bis zwei Tage vor der Veröffentlichung bei ihm eingegangen. Er habe den Text vor der Veröffentlichung mit den Angeklagten telefonisch besprochen. Sie hätten ihm ihre Rechercheergebnisse durchgegeben. Er habe den Text redaktionell überarbeitet. Es sei ihm klar gewesen, dass es heikle Fragen betreffe. Der Name des erwähnten Polizeibeamten sei ihm von den Angeklagten genannt worden, er gebe ihn jedoch wegen des Informantenschutzes auf Bitten der Angeklagten nicht preis. Mit dem Polizisten habe er selbst nicht gesprochen. Ihm sei auch die Position des Zeugen bekannt gewesen.

Dann habe er den Text Rechtsanwalt Q zur Prüfung gegeben. Mit diesem habe er nur telefoniert. Dies sei das übliche Verfahren. Er gehe davon aus, dass er aufgrund seiner Gespräche mit den Angeklagten auch die Fragen von Herrn Q beantworten konnte. Q habe gefragt, ob der Polizeibeamte ihm bekannt sei. Er könne nicht sagen, ob sie beide die zeitliche Abfolge der Dienstaufsichtsbeschwerde zu den Vernehmungen der Polizei besprochen hätten. Q habe im Ergebnis keine Einwendungen erhoben. Den beiden Angeklagten sei die rechtliche Absicherung wichtig gewesen. Er schätze die beiden Angeklagten als zuverlässige Mitarbeiter ein, Herrn Q schätze er als sehr kritisch ein. Er habe auch schon Texte kritisiert und Änderungen angeregt.

b) Der Zeuge Rechtsanwalt Q, seit 22 Jahren u.a. für die Unternehmensgruppe ZEIT im Bereich Presse und Medienrecht tätig, gab weiterhin an, er habe den Text per Fax erhalten und diesen dann geprüft. Es gehe dabei um alle Rechtsbereiche. Er habe sich dann den Artikel vorgenommen und Anmerkungen gemacht. Er habe mit O die ihm aufgefallenen Punkte besprochen. Er habe hunderte, wenn nicht gar tausende von Lektoraten (also Prüfaufträgen für Texte vor deren Veröffentlichung).

Er habe sich im Manuskript verschiedene Notizen gefertigt. Das entsprechende Manuskript brachte er zur Hauptverhandlung mit, es wurde in Kopie zur Akte und in Augenschein genommen. Darin ist ersichtlich, dass mehrere Fragen vom Zeugen Q markiert wurden. Auch die zu III.C.2 erwähnte Nachfrage - ob die Polizei zu Abschnitt 3 befragt wurde - ist dort vorhanden. Im Hinblick auf die hier relevanten Passagen machte er ein Fragezeichen bei dem Halbsatz "weil der einflussreiche Richter Dienstaufsichtsbeschwerde gegen sie erhob".

Der Zeuge gab weiter an, er selbst habe nur mit O, nicht mit A1 oder A2 gesprochen. Zum genauen Gesprächsinhalt habe er keine weiteren Erinnerungen mehr. Im Zeitablauf hinsichtlich der Dienstaufsichtsbeschwerde und dem Ermittlungsverfahren habe er offensichtlich kein Problem gesehen. Hinsichtlich der Verdachtsberichterstattung lege er Wert auf Anknüpfungstatsachen und Hinweise, denen man nachgehen müsse. Zudem müssten die Betroffenen, die in dem Zusammenhang erwähnt würden, befragt werden. Ob und wie er das im vorliegenden Fall prüfte, blieb jedoch offen.

c) Die Angaben beider Zeugen waren für das Gericht glaubhaft, sie berichteten direkt und lebendig. Sie waren untereinander frei von Widersprüchen. Zudem war der Verfahrensgang beim Verlag DER SPIEGEL nach den Angaben der Zeugen A und N gleichartig organisiert. Auch dort lag dem Zeugen Rechtsanwalt N nur der Textinhalt, aber kein Recherchematerial vor. Auch er fragte - wenn überhaupt - telefonisch bei der Redaktion und nicht beim Zeugen A nach.

Im Ergebnis bestätigte die Vernehmung beider Zeugen von ZEIT online den bereits bei der Vernehmung von A entstandenen ersten Eindruck des Gerichts, dass die juristischen Prüfungen zu veröffentlichender Texte in einem informellen Verfahren vollzogen werden. So sprach der prüfende Jurist nicht mit den Verfassern, sondern nur mit einem Redakteur als Auskunftsperson vom Hören-Sagen. Zudem hatte der Jurist kein Recherchematerial vorliegen, sondern war auf telefonische Informationen eines zwischengeschalteten Redakteurs angewiesen. Dieser hatte im Zweifel nicht nur einen Artikel in Bearbeitung und war seinerseits über den Text hinaus auch nur mit telefonisch erteilten Informationen und eigenen Notizen ausgestattet. Damit sind im Prüfungsvorgang an mehreren Stellen und systemimmanent Fehlinformation und Informationsverlust als Risiko angelegt. Zudem fehlte es in beiden Fällen weitgehend an einer Dokumentation des Prüfvorganges selbst. Fragen und Antworten wurden im Wesentlichen nicht niedergelegt. Ganz offensichtlich ist dieser Ablauf auch dem Zeitdruck beim Journalisten wie beim Justiziar geschuldet, wie das Beispiel des Artikels "Dreckige Wäsche" und der Zeuge Q deutlich machten. Auch beim Artikel für ZEIT online gilt dies laut dem Zeugen O, der den Entwurf allenfalls zwei Tage vor der Veröffentlichung erhalten hatte. Q sprach ausdrücklich von einer großen Anzahl von Lektoraten. Diesem Ablauf steht indes die Gewichtigkeit der betroffenen Rechtsgüter und Interessen bei Verdachtsberichterstattungen über Straftaten gegenüber.

Im konkreten Fall war das Gericht der Überzeugung, dass der Zeuge Q die relevanten Fragen nicht stellte, weil er sie nicht stellen konnte. Denn dazu fehlte ihm das hierfür erforderliche Recherchematerial. Zwar war die juristische Prüfung auf die Frage gerichtet, ob die betreffenden Beamten, die die Vernehmungen durchgeführt hatten, Stellungnahme Gelegenheit erhalten hatten. Allerdings erhielt der Zeuge Q offensichtlich die falsche Antwort. Denn hier waren die durch den Artikel betroffenen Beamten C und D nicht vorab gefragt worden, wohl aber der zitierte Beamte M. An diesem Punkt verwirklichte sich das Risiko des Prüfvorgangs, weil die Angeklagten nicht unmittelbar dazu befragt wurden. Zudem hatte Q offensichtlich keine Kenntnis von dem Handout der Staatsanwaltschaft Dresden.

Diese Umstände waren indes den Angeklagten bekannt, da sie die Abläufe mindestens schon vom Artikel für den SPIEGEL kannten.

6) Zur Überzeugung des Gerichts wussten die Angeklagten, dass der Vorwurf illegaler Ermittlungen und der weitere Vorwurf, die Polizisten hätten die Identifikation des Nkl. zu 1 im Jahr 2000 wissentlich nicht dokumentiert und sich deshalb schwerer Dienstpflichtverletzungen und Straftaten schuldig gemacht, ehrenrührig sind und sie diese Tatsachen auch öffentlich verbreiteten.

Es war keine Überzeugung dazu möglich, dass die Angeklagten den zeitlichen Ablauf der Ermittlungen im Jahr 2000 auch positiv kannten und insoweit entgegen ihnen bekannten Tatsachen berichteten. Damit fehlte es für die Anwendung von § 187 StGB am Tatbestandmerkmal "wider besseres Wissen".

7) Zur Überzeugung des Gerichts war bei der Darstellung, es sei möglicherweise illegal oder verdeckt ermittelt worden, von einer aus Sicht der Angeklagten und auch objektiv zutreffenden Behauptung auszugehen war. Denn die ermittelnden Beamten verstießen, wie ausgeführt, tatsächlich gegen den Grundsatz, alle wesentlichen Ermittlungsschritte und -mittel (Fotos) auch nachvollziehbar zu dokumentieren. Insoweit gelang in der Hauptverhandlung der Wahrheitsbeweis. Die Frage nach verdeckter Ermittlung ist aus Sicht des Lesers nicht im juristischen Sinne mit Ermittlung durch Vertrauenspersonen oder sonstige geheime Beweiserhebungsmethoden zu verstehen. Vielmehr versteht der Leser jede den Beschuldigten nicht bekannte Ermittlung als "verdeckt". Illegal waren die Ermittlungsmethoden insoweit, als nicht alle Ermittlungsschritte und die Angaben hierzu dokumentiert wurden. Insbesondere die vorgelegten Fotos oder das vorgelegte Bildmaterial wurden nicht zur Akte genommen.

VI. Rechtliche Würdigung

A - Zum Artikel "Dreckige Wäsche"

Die von der Anklageschrift als unzutreffende Tatsachenbehauptungen vorgeworfenen Passagen bzw. Bezeichnungen enthielten jeweils ehrenrührige Tatsachenbehauptungen zum Nachteil der Nk1. zu 1 und 2, die erweislich unwahr waren und von der Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt waren. Gleichwohl waren die Angeklagten wegen dieses Vorwurfs nicht zu verurteilen, weil weder Täterschaft noch Teilnahme vorlagen.

1. Die Passage "Ingo war kein feiner Mann .." (Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Artikels)

a) Die Passage ist eine Tatsachenbehauptung, die sich von der Meinungsäußerung dadurch unterscheidet, dass die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Auch eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird (BGHZ 132, 13 Rdnr. 24). Wesentlich ist insoweit die Erfassung des Inhalts der Aussage, insbesondere die Klärung, in welcher Hinsicht sie in ihrem objektiven Sinn nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums (im weiteren als der oder die Leser bezeichnet) zu verstehen ist. Fernliegende Deutungen sind auszuscheiden. Ist der Sinn einer Aussage unter Zugrundelegung dieses Maßstabes eindeutig, ist er der weiteren Prüfung zugrunde zu legen. Zeigt sich, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als mehrdeutig wahrnimmt und verstehen erhebliche Teile des Publikums den Inhalt jeweils unterschiedlich, ist bei der weiteren Prüfung von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen (BVerfGE 114, 339 Rdnrn. 31f. ).

aa) Hierbei Ist rucht nur der Textabschnitt Abs. 1 Satz 1 bis 4 für das Verständnis des objektiven Inhalts heranzuziehen, sondern auch der weitergehende Zusammenhang in den Absätzen 2 bis 8 (Vgl. nur BGHZ 132, 13, Rn. 24). Dies ergibt sich im vorliegenden Fall daraus, dass die bildhafte Beschreibung des "Ingo" im Artikel nicht nur als Einleitung verwendet wird, sondern Ausführungen zu "Ingo" in den folgenden zwei Absätzen den Untertitel mit Fakten unterlegen. Danach sind Erkenntnisse zu "Ingo" Grund der "neuen Bewegung" (Untertitel) bzw. des "erneuten Schwungs" in der Affäre (Absatz 2). Absatz 3 enthält die Identifikation des Nkl. zu 1 als "Ingo". Dort wird behauptet, "Ingo" sei jener Richter des Landgerichtes Leipzig, der im Verfahren gegen den Betreiber des Bordells das Urteil gesprochen habe. Damit ist, da der der Nkl. zu 1 als Vorsitzender Richter das Urteil mündlich verkündet hatte, nur noch der Nkl. zu 1 als "Ingo" in Betracht zu ziehen. Dies wird durch den Hinweis, er sei später ein "ranghoher Richter des Landgerichtes Leipzig" gewesen, noch verstärkt. Weiter ist nach Absatz 4 diese Identifikation u.a. Inhalt mehrstündiger Aussagen zweier Frauen vor zwei Dresdner Staatsanwälten. Auch in den Absätzen 7 und 8 geht der Artikel noch einmal auf "Ingo" ein. Aus diesem Gesamtzusammenhang von Untertitel, Textaufbau und Inhalt ergibt sich für den Leser, dass die im Absatz 1 Satz 1 bis 4 beschriebene Persönlichkeit kein anderer als der Nkl. zu 1 ist. Weiter ist für den Leser diese Identifikation am 14.01.2008 im Rahmen einer Zeugenvernehmung vor der Staatsanwaltschaft Dresden erklärt worden.

bb) Unzutreffend verkürzt wird der Gehalt dieser Passage, wenn ihr der Zusammenhang zum weiteren Inhalt des Artikels abgesprochen wird. So soll sie nach Auffassung der Angeklagten und des Zeugen A gedeutet werden. Hätte die Einleitung keinen sachlichen Bezug gehabt, so wäre eine Überleitung zum eigentlichen Inhalt des Artikels erforderlich gewesen. Eine solche Überleitung fehlt indes im vorliegenden Artikel. Der sachliche wie inhaltliche Zusammenhang ist - wie ausgeführt - offensichtlich. Diese Deutung ist im Sinne der o.g. Rechtsprechung fernliegend und daher unbeachtlich. Dies ergibt sich indiziell auch aus dem Brief des Zeugen N. Danach wollten die Angeklagten recherchieren, ob "Mitarbeiter der Justizverwaltung in die Affäre verstrickt waren" und sie hätten "Fotosammlunqen vorgelegt, unter denen - falls möglich - in erster Linie Amtsträger identifiziert werden sollten". Diesen Brief legten die Angeklagten selbst als Beweismittel vor und machten ihn sich zu eigen. Daraus ergibt sich mittelbar die damalige Voreingenommenheit der Angeklagten. Zudem widerlegt dieser Brief die nunmehr von den Angeklagten gewünschte Auslegung.

b) Die Beschreibung des "Ingo", die Identifikation und die Behauptung, sie sei am 14.1.2008 vor der Staatsanwaltschaft Dresden in einer Zeugenvernehmung gegeben worden, enthalten Tatsachen, die dem Wahrheitsbeweis zugänglich sind. Der Wahrheitsbeweis ist bezüglich der Zuordnung zum Nkl. zu 1 und bezüglich der Aussage vor der Staatsanwaltschaft nicht gelungen.

aa) Die Beschreibung enthält zwar auch eine der Meinungsbildung zuzurechnende wertende Beschreibung der Person des sogenannten "Ingo", etwa die Begriffe "fein, wenig Ähnlichkeit mit Adonis, nicht sonderlich freundlich neigte zu.".

Zugleich wird aber ein Persönlichkeitsbild durch Behauptungen gezeichnet, das durch Beweiserhebung bestätigt oder widerlegt werden kann. So enthält die Passage, "Ingo war kein feiner Mann. Ganz sicher keiner, um den sich Frau gewöhnlich stritten. Er hatte wenig Ähnlichkeit mit Adonis gehabt, war nicht sonderlich freundlich und neigte zu Grobheiten." Das Erscheinungsbild wird äußerlich abstoßend und unansehnlich geschildert. Weiter wird zu seinen Umgangsformen behauptet, dass er unfreundlich sei. Sein Verhalten wird als rücksichtslos und übermäßig hart geschildert. Darüber hinaus wird ein besonderes Interesse als besonderer Charakterzug behauptet, denn er sei "eigentlich nur an einem interessiert, nämlich hartem Sex mit blutjungen Frauen". Hier wird die Persönlichkeit des "Ingo" auf ein wesentliches, zudem besonders anrüchiges Interesse reduziert, nämlich Sex mit blutjungen Frauen, mithin Jugendliche und Minderjährige und dies als harter Sex. Im Kontext wird das grobe Auftreten mit dem Sex mit blutjungen Frauen gedanklich verknüpft. Im Weiteren wird dann das Interesse der "Mädchen" im Bordell "Jasmin" damit erklärt, dass "Ingo" eben besonders viel gezahlt hätte. Damit sollte erklärt werden, warum die Prostituierten sich trotz der negativen Seiten um ihn "rissen".

bb) Die Herkunft der Beschreibung des "Ingo" ist eine Tatsache, die auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden kann. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (oben V.A.3 und 4). stammt sie nicht aus der Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft. Die gegenteilige Behauptung im Artikel ist unwahr.

Der Artikel spricht in den ersten vier Absätzen ausschließlich von Aussagen vor der Staatsanwaltschaft Dresden. Dies ergibt sich aus Absatz 3 Satz 1 des Artikels, wo wörtlich von "Aussagen zweier ehemaliger Prostituierter" die Rede ist. In Absatz 4 wird dies mit der Formulierung: "mit den mehrstündigen Aussagen vor zwei Dresdner Staatsanwälten" explizit ausgesagt. Das macht unmissverständlich klar, dass der Leser das Wort "Aussage" als Aussage vor Dresdner Staatsanwälten verstehen soll. Dass in einem umgangssprachlichen Sinne Aussagen von Personen auch gegenüber Journalisten oder Rechtsanwälten gemacht werden können, tritt hier völlig in den Hintergrund. Sie ist im Sinne der o.g. Rechtsprechung als fernliegend einzustufen. Dass die Prostituierten daneben tatsächlich auch mit Journalisten oder mit Rechtsanwälten außerhalb der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung gesprochen hatten, geht allenfalls und nur mittelbar aus Absatz 7 hervor, wonach die Zeuginnen von Leipziger Anwälten begleitet worden seien. Aber auch an dieser Stelle macht der Verfasser nicht klar, dass und inwieweit die in den vorausgehenden Absätzen enthaltenen Tatsachenangaben auf Informationen der genannten Rechtsanwälte beruhen. Vielmehr werden die Rechtsanwälte, wobei RA K nicht einmal als Zeugenbeistand an einer Zeugenvernehmung vor der Staatsanwaltschaft Dresden teilnahm, nur als Quellen der Glaubwürdigkeit angegeben.

c) Die Behauptungen zur Persönlichkeit des "Ingo" sind ehrverletzend.

Insoweit geht das Gericht von dem durch das Bundesverfassungsgericht mehrfach betonten Inhalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das auch jedem Richter zusteht, aus (BVerfGE 114, 339 Rdnr. 25). Danach ergänzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht die im Grundgesetz normierten Freiheitsrechte und gewährleistet die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen. Der Inhalt des Rechts ist insoweit nicht allgemein und abschließend umschrieben. Zu den anerkannten Inhalten gehört das Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person, die soziale Anerkennung sowie die persönliche Ehre. Eine wesentliche Gewährleistung ist insoweit der Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Person insbesondere vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sind. Dieser Schutzbereich ist im vorliegenden Fall betreffend den Nebenkläger Nkl. zu 1 durch die vorgeworfenen Passagen nach ihrem gefundenen objektiven Sinngehalt betroffen.

d) Die Passage Absatz 1 Satz 1 bis 4 ist in der hier vorgenommenen Auslegung weder als Tatsachenbehauptung noch als Meinungsäußerung durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen und damit durch die Meinungsfreiheit der Presse (Art 5 Abs. 1 und 2 GG, § 193 StGB) gerechtfertigt. Vorliegend geht es um Verdachtsberichterstattung. Hierzu ist eine Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und der der Meinungsäußerungsfreiheit der Presse, Artikel 5 Abs. 1 und Abs. 2 GG vorzunehmen. Betroffen ist - auch soweit es sich um Tatsachenbehauptungen handelt - die Meinungsfreiheit des Journalisten (vgl. BVerfGE 85, 1 Rdnrn. 23, 40, 42 und BVerfG 1. Senat, 1. Kammer, Beschluss vom 09.03.2010, 1 BVR 1881/05 Rdnr. 29ff.).

Im vorliegenden Fall ist für die weitere Würdigung von Bedeutung, dass die in Absatz 1 Satz 1 bis 4 enthaltenen Tatsachenbehauptungen keinesfalls frei erfunden sind. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese Angaben, zwar nicht wörtlich und schon gar nicht im Rahmen einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung, jedoch im Rahmen eines Gespräches zwischen den erwähnten Zeuginnen mit den beiden Angeklagten sowie Rechtsanwalt K gefallen sind. Hiervon ausgehend ist insbesondere zu berücksichtigen, dass unwahre Tatsachenbehauptungen grundsätzlich nicht den Schutz der Meinungsfreiheit haben (Fischer, StGB, 56. Aufl. §193 Rdnr 19 mwN). Insoweit ist zu betonen und festzuhalten, dass entgegen der Befürchtung der Angeklagten und ihrer Verteidiger wegen der Veröffentlichung unter Angabe der richtigen Quelle keine Beanstandung zu erheben gewesen wäre. Diese wäre durch Artikel 5 Abs. 1 GG gedeckt gewesen.

Weiterhin ist zu beachten, dass hier das öffentliche Interesse im Rahmen des durch Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Kommunikationsprozesses gerade auch die Mitteilung von Verdachtsangaben fordern kann. Die im vorliegenden Fall von Zeuginnen erhobenen Behauptungen gegen den Nkl. zu 1 sind Tatsachen, die für die öffentliche Kommunikation von großer Bedeutung sein können. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht bei der Abwägung, die nunmehr zwischen den Grundrechten des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Meinungsäußerungsfreiheit vorzunehmen ist, mehrfach darauf abgehoben, dass insbesondere repressive staatliche Maßnahmen, zu denen eine strafrechtliche Verurteilung zählt, besonders hohen Schranken unterliegen. Insbesondere sind die Schwere der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts einerseits und die Einbusse der Meinungsfreiheit durch eine Sanktion andererseits zu berücksichtigen. Zudem nimmt danach am Schutz der Meinungsfreiheit sogar eine Tatsachenbehauptung teil, wenn sie sich erst später als unwahr herausstellt (BVerfG, NJW-RR 10, 470 Rdnr. 60 bis 62). Insoweit könnte, wenn den veröffentlichenden Journalisten die Unwahrheit ihrer Tatsachenbehauptung im Zeitpunkt der Äußerung nicht unzweifelhaft bekannt war, sondern sie die Unwahrheit erst später erkannten oder erkennen mussten und sie daher im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes für sie erst später unzweifelhaft feststand, die Berichterstattung doch noch von Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt sein. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung allerdings auch betont, dass gerade bei schwerwiegenden Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht dem Journalisten die Pflicht auferlegt ist, sich vom Wahrheitsgehalt der weitergegebenen Tatsachenbehauptungen zu vergewissern.

Gleichzeitig dürfe die Wahrheitspflicht nicht überspannt werden, um den von Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 geschützten freien Kommunikationsprozess nicht einzuschnüren (aaO, Rdnr. 64 und 65). Im Weiteren fordert das Bundesverfassungsgericht bei Tatsachenbehauptungen, deren Wahrheit im Zeitpunkt der Äußerung nicht sicher feststeht, die Beachtung pressemäßiger Sorgfaltspflichten dergestalt, dass der Äußernde sich weder selektiv und allein auf dem Betroffenen nachteiligen Anhaltspunkte stützen dürfe. Zudem dürfe er nicht verschweigen, was gegen die Richtigkeit seiner Behauptung spreche, noch dürfe er eine nach seinem Kenntnisstand umstrittene oder zweifelhafte Tatsache als feststehend hinstellen (aaO, Rdnr. 73 m.N.). Insbesondere dürfe die Rechtsprechung bei der Berichterstattung über Straftaten im Verdachtsstadium wie überhaupt für die personenbezogene Berichterstattung die Beachtung von Sorgfaltsanforderungen fordern, nach denen bewusst einseitige oder verfälschende Darstellungen zu vermeiden sind (so schon BGHZ 143, 199 Rdnrn. 20 f., 26 und BVerfG, NJW-RR 10, 470 Rdnr. 73 mw.N.). Auch in der Rechtsprechung ist die besondere Exklusivität staatsanwaltschaftlicher Vernehmungsergebnisse anerkannt (BVerfG, Beschluss vom 09.03.2010, Rdnr. 35 mwN; weiter BGHZ 143, 199 Rdnr. 27 am Ende. Vgl. auch BGH VersR 2008, 1081 Rdnr. 13 für die Bezugnahme auf eine nichtamtliche Quelle in Form eines Brancheninformationsdienstes, weiter BVerfG, B.v. 19.10.2006, Az: 1 BVR 152101 und 1 BVR 160/04, Rdnr. 37).

Insoweit ist also bei der Abwägung der gegenläufigen Grundrechtspositionen auch darauf abzustellen, welche Möglichkeit der Äußernde hat, einerseits das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit auszuüben und andererseits das allgemeine Persönlichkeitsrecht des von der Berichterstattung Betroffenen nicht über Gebühr zu belasten.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung war im vorliegenden Fall in Absatz 1 der Hinweis unabdingbar, die Charakterisierung des "Ingo" beruhe nicht nur auf einer Quelle, sondern auf einer anderen Quelle. Denn entgegen dem äußeren Eindruck des Berichtes waren Journalisten gerade nicht Teilnehmer der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung. Hier war es geboten und für die Meinungsäußerungsfreiheit der Journalisten hinzunehmen, dass sie die weiteren Quellen aufdecken. Der Verlust an besonderem Interesse des Lesers, der durch den Verzicht auf die Exklusivität einer einzigen Quelle entstand, war hinzunehmen.

Mt dieser Abwägung wird auch unter Beachtung der Bedeutung des Verdachts gegen den Nkl. zu 1 der öffentliche Kommunikationsprozess als solcher nicht oder allenfalls unerheblich beeinträchtigt. Zwar legten die Angeklagten und der Zeuge A andererseits nachvollziehbar erheblichen Wert auf die vermeintliche Exklusivität der Quelle ihrer Information. Allerdings ist dann besondere journalistische Sorgfalt an dem Punkt geboten, die Quellenlage auch zutreffend wiederzugeben. Im vorliegenden Fall war hier aus Sicht des Zeugen A - aber auch der Angeklagten - die Quellenlage eindeutig.

2. Die Bezeichnung "Geschäftsfreund"

a) Die Passage mit dem Begriff "Geschäftsfreund" ist aus der Sicht des Lesers dahin zu verstehen, dass darin einerseits eine der Meinung zuzuordnende Würdigung, andererseits auch Tatsachenbehauptungen enthalten sind.

aa) Diese Tatsachenbehauptungen beziehen sich darauf, dass zwischen dem erwähnten Richter und dem erwähnten Bordellbetreiber eine geschäftliche Beziehung bestanden haben soll. Eine solche Beziehung besteht aus Sicht des Lesers nicht nur aus einzelnen, sondern aus regelmäßigen Kontakten. Diese bezieht sich auf geschäftliche Angelegenheiten. Sie kann sich insoweit auf die richterliche Tätigkeit und andererseits auf die Tätigkeit des Bordellbetreibers beziehen. Richter werden auf Antrag, Klage- oder Anklageerhebung hin tätig. Sie werden also im Regelfall nicht von sich aus initiativ tätig. Dies ist dem Leser auch bekannt. Mithin wird der Leser die geschäftliche Beziehung auf die Tätigkeit des Bordellbetreibers beziehen. Insoweit ist aus seiner Sicht denkbar, dass der Richter dem Bordellbetreiber rechtlichen Rat erteilt oder weitaus naheliegender als Kunde oder sonstiger Partner des Bordellbetreibers auftritt. Insoweit ist auf den Untertitel Bezug zu nehmen, wonach hochrangige Juristen als Freier wiedererkannt wurden. In Absatz 3 wird der Vorsitzende Richter am Dresdner Oberlandesgericht neben einem ranghohen Richter und einem späteren Oberstaatsanwalt erwähnt. Bei ihm wird die Bezeichnung Freier im Gegensatz zu den anderen beiden Juristen nicht verwendet. Insoweit wird der Leser den Begriff "Geschäftsfreund" nicht mit dem Begriff des Freiers gleichsetzen. Welcher Art die Geschäftsbeziehung nun tatsächlich gewesen sein soll, wird dem Leser nicht mitgeteilt, sondern seiner Vorstellung überlassen. Naheliegend ist insoweit aus Sicht des Lesers, der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Dresden habe Kunden vermittelt und empfohlen oder Hinweise zur Art und Weise des Geschäftsbetriebes des Bordells gegeben oder ähnliches mehr.

bb) Zudem wird die Geschäftsbeziehunq als eine "freundschaftlich" behauptet. Dies ergibt sich aus dem zweiten Teil des Wortes "Freund". Insoweit wird eine besondere Nähebeziehung auf geschäftlicher Ebene zwischen dem Richter und dem Bordellbetreiber dargestellt.

b) Die Behauptung, dass zwischen dem Nkl. zu 1 und dem Bordellbetreiber freundschaftliche Geschäftsbeziehung bestanden habe und dies vor der Staatsanwaltschaft Dresden worden ausgesagt sei, ist eine der Überprüfung auf richtig oder falsch unterziehbare Tatsache. Die Äußerung ist entgegen dem Berichtsinhalt des Artikels "Dreckige Wäsche" nicht vor der Staatsanwaltschaft Dresden getätigt worden. Sie ist also falsch.

Insoweit ist davon auszugehen, dass der Journalist A entsprechend seiner Aussage in der Hauptverhandlung von einer derartigen Äußerung vor der Staatsanwaltschaft Dresden ausgehen durfte, weil sie ihm nach den Vernehmungen noch einmal bestätigt worden sei. Der Begriff sei erst in diesem zeitlichen Zusammenhang gefallen.

c) Insoweit ist hier wiederum von der Verdachtsberichterstattung einer scheinbar richtigen, nachträglich als unrichtig festgestellten Tatsachenbehauptung auszugehen. Daher ist von den oben zu VI.A. 1 d) dargestellten Grundsätzen für die Abwägung der betroffenen Grundrechte auszugehen.

aa) Aber im vorliegenden Kontext hatte der Zeuge A weitere Informationen, deren Bekanntheit in seiner Person vor der Berichterstattung von ihm selbst eingeräumt wurde. Ihm war damals bekannt, dass der Nkl. zu 2 erst am 01.02.1993 seinen Dienst beim Landgericht Leipzig aufgenommen hatte. Dem Zeugen A war auch bekannt, dass die Ereignisse im Bordell "Jasmin" vor diesem Dienstantritt schon beendet waren. Tatsächlich war am 31.01.1993 das Bordell bereits ausgehoben und der Bordellbetreiber sowie ein maßgeblicher Gehilfe festgenommen worden.

bb) Dieser Kenntnisstand des Zeugen A ist für die Würdigung des Artikels "Dreckige Wäsche" von maßgeblicher Bedeutung. Insoweit ist eine einseitige und tendenziöse Berichterstattung unzulässig. Danach geht die Wahrheitspflicht über die Verpflichtung hinaus, die Äußernden offen stehenden Nachforschungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Der Äußernde muss danach kenntlich machen, wenn von ihm verbreitete Tatsachen durch das Ergebnis seiner Nachforschungen nicht gedeckt sind. Eine nach seinem Kenntnisstand umstrittene oder zweifelhafte Tatsache darf er nicht als feststehend hinstellen (BVerfGE 114, 339 Rdnr. 48 mwN). Weiterhin gilt: steht die Wahrheit nicht fest und lässt sie sich auch nicht mit hinreichender Sorgfalt ermitteln, hat der Äußernde jedenfalls Sorgfalt auf die Wiedergabe des Kenntnisstandes zu verwenden (BVerfGE aaO Rdnr. 50). Mitteilungen über wesentliche Tatsachen dürfen nicht verschwiegen werden, wenn sie dem Vorgang, über den der Bericht erstattet wird, ein anderes Gewicht geben könnten. Insoweit kann eine bewusst unvollständige Berichterstattung vorliegen, die ebenfalls unzulässig ist (BGH NJW 2006,601 Rdnr. 18 mit Hinweisen BVerfGE 12, 113, 130 und BGHZ 31, 308, 318). Es sind insbesondere solche Tatsachen mitzuteilen, deren Kenntnis für den Leser unerlässlich ist, um sich im Kernpunkt ein zutreffendes Urteil bilden zu können (aaO, Rdnr. 18 mwN).

cc) So liegt der Fall hier: Der Zeuge A verstieß mit seiner Berichterstattung gegen die Pflicht, auch solche ihm bekannten Umstände mitzuteilen, die gegen die Glaubwürdigkeit sprachen. Er verschwieg die oben zu aa) mitgeteilten Umstände, die aus der Sicht eines Lesers für die Beurteilung wesentlich sein können. Wenn nämlich der Nkl. zu 2 tatsächlich erst nach Auflösung des Bordells seinen Dienst in Leipzig begann, bedarf es aus der Sicht des Lesers ganz besonderer Begründung für die Behauptung eines freundschaftlichen Geschäftsverhältnisses in einem Zeitraum davor. Es sind nämlich keine Anhaltspunkte ersichtlich geworden, dass der Nkl. zu 1 vor seinem Dienstantritt überhaupt Beziehungen nach Leipzig hatte.

dd) Im Übrigen kom mt für die Abwägung noch folgender Aspekt hinzu: Der Zeuge A versuchte zwar telefonisch mit dem Betroffenen Nkl. zu 2 Kontakt aufzunehmen, dies scheiterte jedoch. Insoweit ist die Frage aufzuwerfen, in welcher Art und Weise dieser sogenannte "Gegencheck" von einem Journalisten zu fordern ist. Die Verdachtsmomente gegen den Nkl. zu 2 kannten die Angeklagten und der Zeuge A schon aus den Notizen von RA K, nicht erst seit dem Gespräch nach der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft Dresden. Insoweit wäre es dem Zeugen A ohne Weiteres zuzumuten gewesen, entweder per Brief, den er am Dienstsitz des Nkl. zu 2 abgibt, oder in anderer Weise schriftlich, gegebenenfalls per E-Mail den Nkl. zu 1 auch ohne telefonische Erreichbarkeit zu informieren und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Es ist im Hinblick auf die Schwere des Vorwurfs, der dem Verdacht entgegenstehenden Kenntnisse des Zeugen A und auch unter Beachtung der Bedeutung der Sache im Hinblick auf den öffentlichen Kommunikationsprozess sowie eines besonderen wettbewerbsbedingten Eilbedürfnisses einem Journalisten zumutbar, auf diesem Wege dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dabei ist es zumutbar, den Entwurf des Artikels im Wortlaut und nicht nur als Telefoninhalt mitzuteilen. Diese Möglichkeit ist durch die modernen Medien wesentlich vereinfacht, so dass hier erhebliche Einschränkungen für den Journalisten im Verhältnis zur Eingriffsintensität beim Betroffenen nicht zu besorgen sind. Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu, dass das SPIEGEL-Büro in Dresden nur wenige Kilometer vom Dienstsitz des Nkl. zu 2 entfernt ist. Der Zugang per Post zum Nkl. zu 2 war hier in besonders leichter Weise eröffnet und hätte diesen auch hinreichend sicher vor der Veröffentlichung erreicht.

Die Zumutbarkeit schriftlicher und nicht nur telefonischer Benachrichtigung des Betroffenen gilt unter Berücksichtigung journalistischer Sorgfaltspflicht erst recht bei dem von weitaus umfangreicheren Informationen über seine Person betroffenen Nkl, zu 1. Hier hatte der Zeuge A zwar dessen Rechtsanwalt W konsultiert. Aber auch hier war die telefonische Form unzureichend.

3) Keine Mittäterschaft oder Beteiligung der beiden Angeklagten

Die Voraussetzungen der Mittäterschaft der beiden Angeklagten an der Abfassung der vorgeworfenen Passagen lagen nicht vor. Mittäter ist, wer gemeinschaftlich mit einem oder mehreren anderen Personen dieselbe Tat als Täter begeht, wobei sein Tatbeitrag als Teil eines Ganzen zu sehen ist und sich die Beiträge der anderen Täter mit seinem eigenen Tatbeitrag ergänzen. Maßgebliche Kriterien sind hierbei das Interesse jedes Beteiligten an der Tat und am Erfolg einer Tat, der Umfang der objektiven Tatbeteiligung, der Umfang einer objektiven Tatherrschaft des jeweiligen Beteiligten und sein subjektiver Wille zur Tatherrschaft (Fischer, StGB, 56. Auflage, § 25 Rdnr. 11 ff ).

Im vorliegenden Fall war bei den Angeklagten ein erhebliches Interesse an der Berichterstattung als solche zuzusprechen, nicht jedoch an den konkret vorgeworfenen Passagen. Da der konkrete Umfang ihres Tatbeitrages nicht hinreichend sicher festzustellen war, war von einem deutlich untergeordneten Anteil an der Abfassung, nicht an der Entstehung als solcher, auszugehen. Umgekehrt bedeutet dies, dass die strafrechtliche Verantwortung im Sinne einer Täterschaft bei dem gesondert Verfolgten A liegt.

Insoweit war entgegen der Annahme der Staatsanwaltschaft auch kein weitreichender gemeinsamer Tatplan mit einer unerheblichen Abweichung des Zeugen A gegeben. Schon die dargestellte Quellenlage sprach hiergegen. Müsste man von einem gemeinsamen Tatplan ausgehen, wäre die Abfassung der konkreten Passagen als Exzess des (unterstellten) Mittäters A anzusehen. Dieser könnte den Angeklagten nicht zugerechnet werden.

Für eine daneben zu prüfende Gehilfensteilung war ebenfalls aufgrund des Beweisergebnisses kein Raum mehr. Auch insoweit fehlte es an einem hinreichend sicher festgestellten Beitrag zu den konkreten Passagen. Allein hierauf war abzustellen. Im Übrigen wäre jedenfalls der sog. doppelte Gehilfen- oder Anstiftervorsatz nicht feststellbar gewesen.

B. Der Beitrag "Voreiliger Freispruch"

Die Angeklagten waren hier wegen gemeinschaftliche begangener übler Nachrede nach §§ 186 Var. 2 (öffentliche begangen), 25 Abs.2 StGB schuldig zu sprechen. Die Angeklagten behaupteten durch Abschnitt 3 des Artikels bewusst und gewollt Tatsachen, die für die Zeugen C und D ehrabschneidend sind und wollten auch die Veröffentlichung. Die Tatsachen waren unwahr. Entgegen ihrer eigenen Auffassung konnten sich die die Angeklagten insoweit nicht auf die Meinungsfreiheit berufen.

1) Rechtlich sind für die Textauslegung und die Prüfung die oben zu VI.A. dargelegten Grundsätze anzuwenden. Da hier aber die äußere Form der Frage verwendet wurde, war ergänzend zu prüfen, inwieweit in einem Fragesatz rechtlich eine Tatsachenbehauptung gesehen werden kann. Hierzu ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein Fragesatz, der nicht auf eine Antwort durch einen Dritten gerichtet oder nicht für verschiedene Antworten offen ist, (häufig als "rhetorische Frage" bezeichnet) als Teil einer Aussage zu behandeln ist, die sich entweder als Werturteil oder Tatsachenbehauptung darstellt und dementsprechend rechtlich zu behandeln ist (BVerfGE 85, 23 Rdnr. 45). In der Frage kann also auch rechtlich eine Meinungsäußerung enthalten sein. Selbst wenn die Passage lediglich als Meinungsäußerung zu behandeln wäre, müsste sie nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung geprüft werden (BVerfGE 85, 23 Rdnr. 48).

2) Im vorliegenden Fall ist von einer Tatsachenbehauptung auszugehen. Mit der Darstellung, die Zeugen C und D hätten sich durch die Dienstaufsichtsbeschwerde von der Protokollierung der Identifikation des NkL zu 1 abhalten lassen, haben die Angeklagten eine Tatsachenbehauptung aufgestellt. Die Textanalyse ergibt aus Sicht des Lesers folgenden objektiven Inhalt:

a) Der Abschnitt 3 befasst sich mit der Fragestellung, warum in den Akten der Polizeidirektion Leipzig im Jahr 2000 die vermeintliche Erkennung des Nkl. zu 1 als Freier nicht dokumentiert ist. Die Zeugin B habe die Identifikation des Nkl. zu 1 als Freier im Jahr 2000 vor der Staatsanwaltschaft Dresden behauptet und sei sich dessen nach wie vor sicher. Auch auf Vorhalt, sie habe 2000 laut Protokoll einen anderen Mann identifiziert, habe sie den Staatsanwälten zu verstehen gegeben, dass die beiden Männer nicht zu verwechseln seien. Dann folgt die Frage, der der Abschnitt 3 nachgeht: "Aber warum steht es dann anders in den Akten?". Nach dem Textinhalt wird aus Sicht des Lesers mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft mindestens zwei Polizisten vernommen habe, die die Zeugin Sara im Jahr 2000 befragten. Die Befrager hätten dementiert, dass Lichtbilder von N. gezeigt worden seien. Im Folgenden geht der Artikel auf zwei Indizien ein, die das Ergebnis der Staatsanwaltschaft in Frage stellen sollen. Das zweite Indiz enthält formal zwei Fragen, die zwei Erklärungen anbieten und rechtlich als Tatsachenbehauptungen zu behandeln sind.

aa) Der Hinweis auf die möglicherweise illegalen oder verdeckten Ermittlungen ist - da erweislich wahr - insoweit nicht weiter zu hinterfragen (dazu oben IV.B.4 c, B.7). Der Hinweis enthält immerhin auch eine Tatsachenbehauptung, nämlich die Ermittlungen seien jedenfalls fehlerhaft gewesen.

bb) Der Hinweis auf den Druck, den die Dienstaufsichtsbeschwerde des Nkl. zu 1 ausgelöst habe, ist eine in Frageform gesetzte Tatsachenbehauptung. Die vermeintliche Drucksituation wird im letzen Satz mit der "zeitgleichen" Ermittlung wegen Rechtsbeugung begründet. Dieser Satz ist als Sachaussage formuliert. Er stellt den Zusammenhang zwischen Dienstaufsichtsbeschwerde und Ermittlungen wegen Rechtsbeugung her. Er gibt somit die Antwort auf die Frage, ob der Druck den Fehler der Dokumentation der Polizisten begründet. Dass die Verfasser hier die Antwort auf die Ausgangsfrage in eine scheinbare Frage hineinformulierten, ergibt sich auch aus dem danach folgenden Satz, die Staatsanwaltschaft habe an dieser Frage scheitern müssen. Gescheitert ist sie aber nach dem Text nicht an dieser Frage, sondern der Tatsache der Beeinflussung der Polizeibeamten. Mithin enthält die vermeintliche Frage tatsächlich eine Behauptung. Damit schließt die Erörterung ab, lässt vor allem andere Antworten für den fraglichen Dokumentationsfehler für den Leser nicht mehr offen. Dass hier Tatsachenbehauptungen in die Frageform gekleidet werden, ergibt sich auch daraus, dass zu diesem Sachzusammenhang gar keine gesonderten Informationen gegeben werden. Die Frage ist mithin rechtlich eine Tatsachenerklärung, die in Frageform gekleidet wird und zugleich die Antwort auf die Fragestellung in Abschnitt 3.

3) Die Tatsachenbehauptung, Druck aufgrund einer Dienstaufsichtsbeschwerde habe die Polizisten C und D von der Protokollierung der Identifikation abgehalten, ist nicht erweislich wahr. Insoweit gingen die Angeklagten davon aus, dass zeitgleich zu den Ermittlungen wegen Rechtsbeugung (Verfolgungsvereitelung) auch das Verfahren 400 UJs 21113/00 gegen den Nkl. zu 1 geführt worden sei. Das wird auch im Text so dargestellt. Indes stehen die Feststellungen der Hauptverhandlung dem entgegen (oben IV.B).

4) Der in dem Artikel gegen die Zeugen C und D erhobene Vorwurf, sie hätten aufgrund einer Dienstaufsichtsbeschwerde die Dokumentation einer Aussage unterlassen, ist für sie ehrabschneidend. Darin ist der Vorwurf einer Straftat der Verfolgungsvereitelung durch die beiden Polizeibeamten enthalten. Es handelt sich um einen schwerwiegenden Vorwurf der Verletzung dienstlicher Pflichten.

5) Nach den Grundsätzen zur Verdachtsberichterstattung war die Veröffentlichung rechtsfehlerhaft. Die Abwägungen zwischen dem Persönlichkeitsrecht der betroffenen Polizeibeamten und der Meinungsäußerungsfreiheit fällt zu Lasten der Angeklagten aus. Eine Rechtfertigung der in die Frageform eingekleideten Tatsachenbehauptung ist nicht ersichtlich. Unwahre Tatsachenbehauptungen nehmen am Schutz des Artikels 5 Abs. 1 Grundgesetz nicht teil.

Aber auch unter der Annahme, es läge nur eine Meinungsäußerung vor, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Hier greifen die Grundsätze, dass bewusst einseitige oder verfälschende Darstellungen unzulässig sind (BVerfG NJW-RR 10, 470 Rdnr. 73; BGHZ 143, 199 Rdnr. 20 f., 26, ausführlich oben zu VIA 1d) Die Angeklagten teilten wesentliche Informationen, die ihnen bekannt waren, dem Leser nicht mit (oben IV.B.5). Die Bedenken der Staatsanwaltschaft gegen die Quellenangaben des LfV waren für den Leser zur Einordnung der Indizien in Abschnitt 3 des Artikels wesentlich. Hier waren objektive Bedenken gegeben, die den Angeklagten auch bekannt waren. Diese Bedenken beziehen sich auf die Quellenlage und hier insbesondere auf die Angaben des Zeugen M.

Weiterhin ist in die Abwägung einzustellen, inwieweit es den Journalisten möglich gewesen wäre, ohne gegen journalistische Sorgfaltspflichten zu verstoßen, über den Sachverhalt zu berichten. Zeitlich und sachlich war es für sie kein Problem, auf die Quellenlage hinzuweisen. Eine wie auch immer geartete übermäßige Einschränkung ihrer Meinungsäußerungsfreiheit kann daher nicht festgestellt werden, wenn den Journalisten auferlegt wird, im Sinne einer vollständigen und für den unbefangenen und verständigen Durchschnittsleser umfassenden Berichterstattung auch Aspekte anzuführen, die gegen die von den Journalisten vertretene Auffassung spricht

6) Die Prüfung des Zeugen Q begründete keinen Verbotsirrtum bei den Angeklagten. Sie irrten nicht unvermeidbar über die Grenzen der Rechtfertigung ihres Tuns, § 17 StGB (vgl. dazu Fischer, StGB, 56. Aufl. Rn.22, § 17 Rn. 11 b). Der Täter darf sich auf die Auskunft eines von ihm als kompetent angesehenen Rechtsanwalts grundsätzlich verlassen. Hat er aber seine Erkundigungspflicht nicht erfüllt, setzt die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums voraus, dass die Erkundigung zur richtigen Auskunft geführt hätte (Fischer, aaO, § 17 Rn. 9a und 9b mwN). Vorliegend erfüllten die Angeklagten ihre Erkundigungspflicht nicht.

Ein solcher unvermeidbarer Verbotsirrtum lag hier nicht vor, weil die Prüfung durch den Zeugen Q an Mängeln litt, die den Angeklagten bekannt waren. Sie wussten um die unzureichende Gestaltung des Prüfungsverfahrens. Das Prüfungsverfahren muss hinreichend sicherstellen, dass alle notwendigen Informationen zum juristischen Prüfer, dem Justiziar, gelangen und dass dessen Prüfung auch hinreichend nachvollziehbar dokumentiert ist.

Bei der Erkundigungspflicht ist auch das Gewicht des betroffenen Grundrechts in Rechnung zu stellen. Auch die M der Berichterstattung, hier handelte es sich um Verdachtsberichterstattung, ist zu berücksichtigen. Dem Justitiar lagen die Rechercheberichte nicht vor, lediglich der Entwurf des zu veröffentlichenden Textes. Rückfragen konnte er nicht direkt an die recherchierenden Journalisten, sondern lediglich an den vermittelnden Zeugen O stellen. Er wurde insoweit unzutreffend informiert, als die unmittelbar betroffenen Polizeibeamten nicht vor der Veröffentlichung mit dem Entwurf der Veröffentlichung konfrontiert worden waren. Insoweit war seine Prüfung, die sich auf diesen Punkt offensichtlich bezogen hatte, aufgrund fehlender hinreichender Informationsgrundlagen untauglich. Des Weiteren musste er übersehen, dass zeitlich eine Dienstaufsichtsbeschwerde nur dann Druck auf Ermittlungsmaßnahmen ausüben kann, wenn die Ermittlungen noch andauern. Hier wurde aber dem Prüfer schon nicht mitgeteilt, dass die Ermittlungsschritte der Polizeibeamten im Zeitpunkt der Dienstaufsichtsbeschwerde längst abgeschlossen waren. Darüber hinaus gab es nach dem Kenntnisstand der beiden unmittelbar ermittelnden Beamten gegen den Nkl. zu 1 gar keinen Anfangsverdacht, er könne in dem Bordell "Jasmin" verkehrt sein. Insoweit konnte aus Sicht der ermittelnden Beamten das UJs-Verfahren auch nicht gegen den Nkl. zu 1 gerichtet sein. Auch hiervon hatte der Prüfer mangels hinreichender Informationen keine Kenntnis.

Im Hinblick auf diese Umstände war daher das Verfahren bei der Überprüfung des Artikels "Voreiliger Freispruch" im Online-Magazin "ZEIT online", das im Übrigen nicht wesentlich anders beim Artikel "Dreckige Wäsche" beim SPIEGEL, unzureichend ausgestaltet. Die juristischen Prüfer hatten keine hinreichenden Kontakte zu den unmittelbar recherchierenden Journalisten und keine Kenntnis der Rechercheergebnisse. Zudem erfolgten die Nachfragen nur telefonisch, ohne hinreichende Dokumentation. Insoweit ist fraglich, ob allein telefonische Nachfragen hinreichend sichere Gewähr für richtig verstandene Fragen und darauf basierend richtige Antworten geben können und solches Vorgehen noch dem Gewicht der betroffenen Grundrechte entsprechen kann. In einer Gesamtschau beider Prüfungsverfahren bei beiden Verlagen entstand der Eindruck, dass hier juristische Prüfungen im Stile eines Massenverfahrens auf unzureichender Tatsachengrundlage und vermittelt über dritte Personen sowie ohne hinreichende Dokumentation von Fragen und Antworten erfolgten.

Vor diesem Hintergrund war der Artikel "Voreiliger Freispruch" rechtsfehlerhaft überprüft worden. Hinsichtlich des ZEIT online-Artikels waren den Angeklagten diese unzureichenden Informationen auch bewusst. Die Freigabe durch den Zeugen Q, auch wenn dieser über langjährige medienrechtliche Erfahrungen verfügte, konnte die Angeklagten daher nicht entlasten.

7) Es lag ein Handeln in der Tatvariante "öffentliche Begehung" vor. Die Einstellung eines Textes in eine Internet-Seite, hier im Online-Magazin "ZEIT online", machte den Artikel für jedermann zugänglich (Fischer, aaO, § 186 Rn. 19).

8) Im Ergebnis waren daher beide Angeklagten im Hinblick darauf, dass hinsichtlich des zeitlichen Zusammenhanges zwischen Dienstaufsichtsbeschwerde und Ermittlungsmaßnahmen ein Handeln wider besseres Wissen nicht feststellbar war, wegen übler Nachrede nach § 186 StGB betreffend den Artikel "Voreiliger Freispruch" schuldig zu sprechen.

9) Da die Angeklagten arbeitsteilig handelten, insbesondere mit Wissen und Wollen den Artikel gemeinsam verfassten, handelten sie auch gemeinschaftlich nach § 25 Abs. 2 StGB.

VII. Strafzumessung

1) Vorab bleibt festzuhalten, dass es für Journalisten in den §§ 185 ff StGB keinen strafrechtsfreien Raum gibt. Die Erwartung des Zeugen Q, aber auch der Angeklagten, Journalisten würden faktisch nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen, allenfalls werde ein Ermittlungsverfahren gegen Auflage eingestellt, ist nicht zwingend. Das Bundesverfassungsgericht hat aus dem Schutzgehalt des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Schutzpflicht des Staates abgeleitet, damit der Betroffene sich gegen Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht wenden kann (BVerfGE 114, 339 Rdnr. 26). Dieser Schutzpflicht kann der Staat auch durch die Anwendung des Strafrechts nachkommen. Dieses ist im Verhältnis etwa Zivilrecht mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen die ultima ratio. Im vorliegenden Fall war die Staatsanwaltschaft Dresden auch bei den beiden Angeklagten zu einer Einstellung nach § 153a StPO bereit, was diese indes ablehnten. Auch im Rahmen der Hauptverhandlung wurde eine Verständigung nach §257c StPO versucht, was an den unterschiedlichen Vorstellungen der Beteiligten scheiterte. Im Übrigen zeigt schon die hier zitierte Rechtsprechung, dass auch in zivilrechtlichen Entscheidungen Ansprüche mit Rückgriff auf Strafnormen geprüft und zugesprochen werden (vgl. BGHZ 132, 13; BGH NJW 2006,601; aber auch BVerfGE 114, 339 Rn. 29 ff - Stolpe).

2) Für die Strafzumessung war vom Strafrahmen des § 186 Variante 2 StGB, Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 2 Jahren auszugehen.

Innerhalb dieses Strafrahmens war für beide Angeklagten gleichermaßen, differenzierende Kriterien ergaben sich Insoweit nicht, strafmildernd zu berücksichtigen, dass sie jeweils nicht vorbestraft waren, teilgeständig waren und im Hinblick auf den Artikel "Voreiliger Freispruch" eine Behauptung zutreffend war. Zudem war zu berücksichtigen, dass sie sich um rechtliche Prüfung bemühten. Die Angeklagten waren erstmals strafrechtlich in Erscheinung getreten. Die zum Ende der Hauptverhandlung über verschiedene Medien verbreitete Berichterstattung über das Verfahren konnte im Gegensatz zu vielen anderen Verfahren nicht als besondere Belastung strafmildernd herangezogen werden. Es war für die Angeklagten ersichtlich keine Belastung. Sie empfanden dies eher als Solidaritätsbekundung ihrer Berufskollegen.

Strafschärfend war zu berücksichtigen, dass beide Angeklagten je zwei betroffene Personen an deren Ehre verletzten, wobei es sich innerhalb einer gewissen Bandbreite relevanter Vorwürfe gegen die Polizisten um sehr schwerwiegende Vorwürfe handelte. Eine rechtsfehlerfreie Berichterstattung durch Mitteilung der genannten zusätzlichen Informationen und ein fairer Umgang mit den betroffenen Polizeibeamten waren für die Angeklagten leicht möglich. Insoweit wogen die Verstöße gegen die journalistische Sorgfaltspflicht erheblich.

Eine Geldstrafe war für eine der Schuld und den Tatumständen angemessene Ahndung als ausreichend anzusehen. Innerhalb des so eröffneten Rahmens bis zu 360 Tagessätzen Geldstrafe war eine Strafe aus dem unteren Bereich ausreichend, die hier mit 50 Tagessätzen für jeden der beiden Angeklagten zu bemessen war. Differenzierende Kriterien zwischen den Angeklagten ergaben sich nicht.

Bei der Bemessung der Tagessätze ging das Gericht mangels weiterer Erkenntnisse von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen nach Abzug von Vorsorgeaufwendungen und Abgaben aus. Daraus ergab sich der Tagessatz von 50 Euro.

VIII. Einstellung und Kosten

1. Neben den zu II. und III. behandelten Tatvorwürfen lag den Angeklagten eine weitere Tat der üblen Nachrede zum Nachteil des Nkl. zu 3 zur Last. Nach Zustellung des Strafbefehls und Eingang der Einsprüche wurden alle drei Nebenkläger durch Beschluss vom 08.02.2010 zum Verfahren als Nebenkläger zugelassen. Mit Schriftsatz vom 31.03.2010, mithin am Tag vor Beginn der Hauptverhandlung nahm der Nkl. zu 3 seinen Strafantrag zurück und verzichtete auf den Anschluss als Nebenkläger.

Aufgrund dieser Erklärung war ein dauerndes Verfahrenshindernis betreffend diesen Tatvorwurf gegeben. Insoweit war das Verfahren nach § 260 StPO einzustellen.

2. Die Angeklagten wurden im Umfang der Verurteilung zur Kostentragung nach §§ 464, 465 StPO verurteilt.

Soweit das Verfahren mit Freispruch für die Angeklagten endete, hatte die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die nötigen Auslagen beider Angeklagten zu tragen, insoweit sind ausscheidbare Kosten hinsichtlich der Zeugen N und A entstanden, §§ 467 Abs. 1 und 465 Abs. 2 StPO.

Soweit das Verfahren nach Wegfall eines Strafantrages eingestellt wurde, so waren nach § 470 StPO dem Nkl. zu 3 die Kosten des Verfahrens sowie die den Angeklagten hieraus erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen.