OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 07.12.2012 - 2 UF 223/09
Fundstelle
openJur 2013, 4051
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Melsungen vom 28. Mai 2009 hinsichtlich des geltend gemachten Ehegattenunterhaltes abgeändert und insoweit unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Unterhalt für die Trennungszeit vom 1. Januar 2009 bis zur Rechtskraft der Ehescheidung am 8. Dezember 2009 in Höhe von monatlich 385 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges und des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 1/7 und der Beklagte 6/7 zu tragen, die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte allein zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien haben am ... September 2004 die Ehe geschlossen, aus der die beiden Kinder Kind1, geboren am ... 2001, und Kind2, geboren am …. 2004, hervorgegangen sind, die seit der Trennung der Parteien bei der Klägerin leben und von ihr betreut werden. Die Klägerin geht einer Erwerbstätigkeit nicht nach, bezog allerdings für ihr drittes Kind bis 13. Dezember 2009 monatlich 300 € Elterngeld.

Der Beklagte ist Berufssoldat in Stadt1 im Dienstgrade eines ... Er war bislang insgesamt dreimal auf Auslandseinsatz in Afghanistan, jeweils für vier Monate, zuletzt in der Zeit von November 2009 bis Anfang März 2010.

Während des Einsatzes des Beklagten in Afghanistan in der Zeit von November 2007 bis Februar 2008 nahm die Klägerin eine neue Beziehung zu dem ... A auf. Zum April 2008, also nach Rückkehr des Beklagten aus Afghanistan ..., zog die Klägerin aus der gemeinsamen Wohnung aus, die in einem Einfamilienhaus in Stadt2 lag, und das im gemeinschaftlichen Eigentum beider Parteien steht. Im Mai 2008 zog auch ihr Lebensgefährte mit zu ihr.

Aus dieser neuen Beziehung ist am ... 2008 ein weiteres Kind namens Kind3 geboren worden. Mit Urteil vom 28. Mai 2009 (56 F 268/09 - AG Melsungen), das durch Rechtsmittelverzicht sofort rechtskräftig geworden ist, wurde festgestellt, dass der Beklagte nicht Kind3s Vater ist. Am darauf folgenden Tag erkannte A die Vaterschaft an.

Auch der Beklagte ist neu liiert; seit Mai 2009 lebt seine Lebensgefährtin mit ihren beiden Kindern mit im Haus. Sie bezieht Arbeitslosengeld sowie Unterhalt für ihre Kinder.

Das Amtsgericht Melsungen hat die Ehe der Parteien durch Urteil vom 2. November 2009 (56 F 87/09) geschieden. Die Rechtskraft ist am 8. Dezember 2009 eingetreten. Die Klägerin ist inzwischen mit ihrem bisherigen Lebensgefährten A, dem Vater ihres Kindes Kind3, verheiratet.

Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin den Beklagten auf Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 450,54 € seit dem 1. Januar 2008 sowie auf ergänzenden Kindesunterhalt in Höhe von 5 % über den vom Beklagten in bei dem Jugendamt des Landkreises ... am 26. November 2008 errichteten Urkunden anerkannten Unterhalt in Höhe von 105 % des Mindestunterhaltes in Anspruch.

Die Parteien streiten von Anfang an darüber, ob der Auslandsverwendungszuschlag für die Dienstzeit des Beklagten in Afghanistan ... in Höhe von kalendertäglich 92,03 € für den Unterhalt zur Verfügung steht. Der Beklagte hat darüber hinaus geltend gemacht, die Klägerin habe ihn, während er in Afghanistan gewesen sei, hintergangen und sei aus einer intakten Ehe ausgebrochen, sie habe eine verfestigte eheähnliche Gemeinschaft begründet.

Das Amtsgericht hat durch das angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, der Klage bezüglich des Kindesunterhaltes in vollem Umfang stattgegeben und die Klage auf Ehegattenunterhalt mit der Begründung abgewiesen, der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei gemäß § 1579 BGB verwirkt, denn sie habe durch ein zügiges Aufnehmen einer neuen Partnerschaft während der Abwesenheit des Beklagten Fakten geschaffen, die die endgültige Zerrüttung der ehelichen Lebensgemeinschaft bewirkt hätten.

Gegen dieses ihr am 16. Juni 2009 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 16. Juli 2009 eingelegten und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17. September 2009 am 16. September 2009 begründeten Berufung.

Sie ist der Auffassung, die Zahlungen für die Auslandseinsätze seien mit einem Betrag von 450 € monatlich als zusätzliches Einkommen hinzuzurechnen, nach der Berechnung, die das Amtsgericht für den Kindesunterhalt vorgenommen hat, sei nur ein geringerer Betrag berücksichtigt worden. Außerdem müsse ab Januar 2009 der Wohnvorteil mit dem tatsächlichen Mietwert eingesetzt werden, da das Trennungsjahr vorüber sei; dies gelte umso mehr, als der Beklagte inzwischen auch seine neue Lebensgefährtin und deren Kinder aufgenommen habe.

Ihr Unterhaltsanspruch sei keineswegs verwirkt, da die neue Beziehung noch nicht als verfestigte eheähnliche Gemeinschaft in dem Zeitraum ab Januar 2009 angesehen werden könne. Davon sei erst nach Ablauf von mindestens zwei Jahren auszugehen. Sie sei auch keineswegs aus einer intakten Ehe ausgebrochen, sondern die Ehe habe schon Ende 2007 gekriselt. Sie habe an der Ehe zunächst nur noch im Interesse der beiden Kinder festgehalten. Während der Abwesenheit des Beklagten in Afghanistan sei dann der Entschluss gekommen, die Ehe nicht fortzusetzen. Sie habe auch keineswegs die Absicht gehabt, den neuen Lebensgefährten mit in die angemietete Wohnung zu nehmen, dies habe sich erst später ergeben, weil der Lebensgefährte aufgrund seiner eigenen Trennungssituation dringend eine Unterkunft benötigte. A habe zwar ihren Mietvertrag von Anfang mit unterschrieben, dies aber nur deshalb, weil sie wegen ihrer Mittellosigkeit sonst keine Wohnung gefunden hätte. Die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung sei ihr im Hinblick auf das Alter der von ihr zu betreuenden Kinder nicht zumutbar.

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

das angefochtene Urteil hinsichtlich des Ehegattenunterhaltes abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie für die Zeit ab 1. Januar 2009 Trennungsunterhalt in Höhe von 450,54 € monatlich zu zahlen.

Der Beklagte hat zunächst beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt die Auffassung, der Auslandsverwendungszuschlag dürfe überhaupt nicht bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigt werden, ebenso wenig wie die Zulage, die er 2009 wegen besonderer Leistungen in Höhe von einmalig 1.450 € brutto erhalten habe. Seit dem 30. September 2009 müsse außerdem für das gemeinsame Haus deshalb zusätzlicher Aufwand betrieben werden, weil die ... vereinbarungsgemäß nunmehr auch die Tilgungsanteile (Annuitäten 1/4-jährlich etwa 605 € einschließlich Zinsen) geltend mache.

Der Senat hat durch Urteil vom 5. Mai 2010 den Beklagten verurteilt, für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 8. Dezember 2009 Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 385 € an die Klägerin zu zahlen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf dieses Urteil Bezug genommen.

Auf die vom Senat zugelassene Revision hin hat der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 18. April 2012 (XII ZR 73/10) das Urteil des Senats aufgehoben, soweit der Senat zum Nachteil des Beklagten entschieden hat, und das Verfahren insoweit zu erneuter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den Senat zurückverwiesen. Wegen der Begründung wird auf das Urteil des Bundesgerichtshofes Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt jetzt,

erneut zu entscheiden wie im Urteil vom 5. Mai 2010.

Der Beklagte beantragt nunmehr,

die Berufung der Klägerin vollen Umfangs zurückzuweisen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nach wie vor in dem Umfang der Aufhebung des Senatsurteils durch den Bundesgerichtshof begründet. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsauffassungen des Revisionsgerichts erweist sich das Senatsurteil vom 5. Mai 2010 als richtig.

Der Klägerin steht ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 385 € monatlich nach § 1361 BGB zu.

Maßgeblich für die Ermittlung des eheangemessenen Bedarfs, der die Grundlage des Unterhaltsanspruchs bildet, ist hier zuvörderst das Erwerbseinkommen des Beklagten, da die Klägerin selbst nicht über ein eigenes Erwerbseinkommen verfügt und ihr zumindest während der Trennungszeit angesichts des Alters des Kindes Kind2 von vier bis fünf Jahren im Jahre 2009 eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden konnte.

Nach Auffassung des Revisionsgerichts konnte wegen der Geburt Kind3 eine Erwerbsobliegenheit erst einsetzen, als die rechtliche Vaterschaft des Beklagten beseitigt war, also ab Ende Mai 2009.

Der Senat sieht auch keine Veranlassung, der Klägerin ein fiktives Einkommen aus Haushaltsführung für A zuzurechnen. Zum einen war A, wie noch auszuführen sein wird, selbst leistungsunfähig, zum anderen wäre die Haushaltsführung überobligatorisch gewesen, weil schon wegen der Betreuung der beiden Kinder des Beklagten eine Erwerbsobliegenheit jedenfalls in der Trennungszeit, die insgesamt nicht einmal zwei Jahre dauerte, nicht bestand (vgl Frank, FamRB 2012, 332). Ob das Elterngeld in Höhe von monatlich 300 € gemäß § 11 BEEG anzurechnen ist, kann dahinstehen, da - wie noch auszuführen sein wird - auch dieser Betrag nicht ausreicht, den eheangemessenen Mindestbedarf zu bestreiten.

Ausweislich der vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten beiden Lohnsteuerbescheinigungen für 2009 hat der Beklagte in diesem Jahr ein steuerpflichtiges Einkommen von insgesamt 34.467,80 € (19.222,80 € + 15.245 €) erzielt, von dem 6.330,20 € Lohnsteuer (3.401,21 € + 2.928,99 €) sowie ein Solidaritätszuschlag in Höhe von 247,89 € (129,06 € + 118,83 €) in Abzug zu bringen sind, so dass 27.889,71 € netto verbleiben, monatlich also 2.324 € im Durchschnitt. In der zweiten Lohnsteuerbescheinigung für 2009 ist der Leistungszuschlag in Höhe von 1.450 € enthalten, der voll versteuert worden ist und der nach Auffassung des Senats auch vollen Umfangs in die Unterhaltsberechnung mit einzubeziehen ist. Insofern unterscheidet er sich nicht von den Prämien, die normale Arbeitnehmer für besonderen Arbeitseinsatz erhalten.

Hinzu kommt der Wohnvorteil, der nach Auffassung des Senats anders als nach Meinung des Amtsgerichts jedenfalls für 2009, als das Scheitern der Ehe feststand, nicht mit dem subjektiven Wohnwert zu bewerten ist, sondern objektiv mit geschätzt 400 €, dies trotz der Wohnfläche von 100 qm im Hinblick auf die Lage des Hauses in der Kleinstadt Stadt2 und dem Umstand, dass das Haus im Jahr 1955 erbaut worden ist und schon deshalb nicht mehr den modernen Wohnanforderungen entspricht. Hinzu kommt, dass seit Mai 2009 auch die Lebensgefährtin des Beklagten das Wohnhaus mitnutzt.

Auch wenn die Lebensgefährtin sich mangels Leistungsfähigkeit an den Wohnkosten nicht beteiligen kann, muss sich jedoch der Beklagte den Teil des Wohnvorteils unterhaltsrechtlich entgegenhalten lassen, den er seiner Lebensgefährtin unentgeltlich zur Verfügung stellt.

Von dem sich auf diese Weise errechneten Einkommen von 2.724 € sind die Fahrtkosten zum Arbeitsplatz abzuziehen, die monatlich 357 € betragen, die aber in den Monaten November und Dezember 2009 wegen des Aufenthaltes des Beklagten in Afghanistan nicht angefallen sind, so dass sich weiterhin unter Berücksichtigung eines Jahresurlaubs von 6 Wochen Fahrtkosten nur für 8 ½ Monate zugrunde legen lassen, dies sind für das Jahr 2009 3.034,50 €, also im Durchschnitt monatlich gerundet 253 €.

Weiterhin sind die zwischen den Parteien unstreitigen monatlichen Belastungen des Beklagten abzuziehen, nämlich für die Hausfinanzierung monatlich 600 € (einschließlich Zinsen für den Kredit bei der ...), monatlich 50 € für ein vom Onkel des Beklagten zur Verfügung stehendes Darlehen sowie für die Lebensversicherung der Klägerin und die Brillenversicherung des Beklagten weitere insgesamt 30 €. Es verbleiben 1.791 € monatlich.

Hinzuzurechnen ist der steuerfreie (§ 3 Nr. 64 EStG; BFH-Beschluss vom 28. April 2005 - VI B 179/04) Auslandsverwendungszuschlag nach § 58 a BbesG mit einem Drittel. Bezogen auf den Einsatz von Soldaten in Afghanistan und Bosnien hat das OLG Schleswig (FamRZ 2005, 369) den Auslandsverwendungszuschlag zwar als Einkommen angesehen, aber jeweils nur zur Hälfte angerechnet. Das OLG Hamm hat in seinem Urteil vom 18. Dezember 2009 (FuR 2010, 227) die Auffassung vertreten, dass bei einem Einsatz in einem Krisen- oder Kriegsgebiet die mit einem solchen Einsatz verbundenen Beschwernisse und persönlichen Gefahren für Leib und Leben in einem solchen Maß überwiegen, dass dem unterhaltspflichtigen Soldaten der Auslandsverwendungszuschlag grundsätzlich zu verbleiben hat. Allerdings rechnet das OLG Hamm immerhin 1/3 dem Einkommen zu, und zwar in Anwendung der Grundsätze, die für Spesen gelten und auf häuslicher Ersparnis beruhen.

Der Bundesgerichtshof hat in diesem hier anhängigen Verfahren die Auffassung vertreten, aus revisionsrechtlicher Sicht sei eine Bandbreite von 1/3 bis zu 1/2 nicht zu beanstanden.

Er billigt damit die bisher veröffentlichte Rechtsprechung der Oberlandesgerichte. Für die Ausfüllung dieses Rahmens kommt es entscheidend auf die Beschwerlichkeit und Gefährlichkeit des Auslandseinsatzes an. Insofern muss sicherlich zwischen Friedenseinsätzen und echten Kampfeinsätzen unterschieden werden. Ein Vergleich mit den bisherigen Auslandseinsätzen der Bundeswehr lässt die Belastung der Soldaten in Afghanistan als die bisher extremste erscheinen. Der Senat geht daher von der Anrechnung eines Drittels als Einkommen aus.

Da nach den Unterhaltsgrundsätzen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (1.1 Abs. 2) vom Jahreseinkommen (bezogen auf das Kalenderjahr) auszugehen ist und im Hinblick auf die Tatsache, dass der Beklagte schon mehrmals in Afghanistan war, auch kein Grund besteht, hiervon abzugehen, sind die Auslandsverwendungszuschläge für November und Dezember 2009 mit einem Drittel auf das Kalenderjahr 2009 umzulegen. Für 61 Tage standen dem Beklagten (61 x 92,03 €) 5.613,83 € zu, also im Monatsdurchschnitt gerundet 468, ein Drittel hiervon beläuft sich auf 156 €.

Das Gesamteinkommen beläuft sich damit auf (1.791 € + 156 € =) 1.947 €, vermindert sich allerdings für die Zeit ab Oktober 2009 auch um den Tilgungsanteil aus dem Darlehen bei der ... mit geschätzt 178 € im Quartal oder gerundet 59 € im Monat auf 1.888 €. Denn diese Tilgungsleistungen kommen auch der mithaftenden Klägerin zugute, die auch hälftige Miteigentümerin des beliehenen Hauses ist. Diese erhöhte Zahlungsverpflichtung ist zwar von der Klägerin zunächst bestritten worden, inzwischen aber durch den Darlehensvertrag belegt.

Hiervon ist der mit 110 % des Mindestunterhaltes titulierte Unterhalt in Höhe der Zahlbeträge von insgesamt 501 € monatlich (273 € für Kind1 und 228 € für Kind2) herabzusetzen, so dass 1.446 € bzw. 1.387 € verbleiben. Das noch bis zum 28. Mai 2012 als ehelich geltende Kind Kind3 bleibt unberücksichtigt, weil für Kind3 nie Unterhalt vom Beklagten verlangt oder gezahlt wurde.

Ausgehend von diesem Einkommen des Beklagten errechnet sich eine 3/7-Quote von 594 € für die Zeit ab Oktober 2009 und von 620 € für die Zeit davor. Der so ermittelte eheangemessene Bedarf liegt damit noch unter dem vom Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 17. März 2010 (FamRZ 2010, 1665) nunmehr aufgestellten Mindestbedarf für den Ehegatten von 770 € monatlich.

Diesen Bedarf hat der Beklagte allerdings jedenfalls in Höhe von 385 € monatlich allein zu bestreiten. Denn der (nichteheliche) Vater des jüngsten Kindes der Klägerin, das im ... 2008 geboren ist, hat zwar grundsätzlich Unterhalt gemäß § 1615 l BGB zu leisten, möglicherweise auch rückwirkend. Auch ist zwar bei Vorhandensein mehrerer Väter eine Haftungsquote zu ermitteln, bei der die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Väter zu berücksichtigen und anschließend die Haftungsanteile nach den Umständen des Einzelfalles zu korrigieren sind (vgl. BGH NJW 08, 3125). Jetzt steht jedoch fest, dass A wegen eigener Schulden und Unterhaltsverbindlichkeiten nicht leistungsfähig war.

Nunmehr ist nachgewiesen, dass A als ... im Jahr 2009 durchschnittlich 2.476 € monatlich verdient hat.

Hiervon sind abzuziehen: Fahrtkosten zum Arbeitsplatz 165 €, Krankenversicherungsbeiträge 143 €, Lebensversicherung 24 €, Gewerkschaftsbeitrag 15 €, Hausdarlehen 424 €, Darlehen aus der früheren Ehe bei der Bank ... 236 €, Darlehen der Eltern 115 €, Kindesunterhalt für zwei Kinder aus erster Ehe zusammen 480 €. Es verbleibt damit ein Rest von 874 €, der unter dem Selbstbehalt liegt.

Demgegenüber ist bei Zahlung von monatlich 385 € der Selbstbehalt des Beklagten von 1.000 € gewahrt.

Dieser Anspruch der Klägerin ist nicht gemäß den §§ 1579, 1361 Abs. 3 BGB verwirkt.

Anknüpfungspunkt kann hier zunächst gemäß § 1579 Nr. 2 BGB eine verfestigte Lebensgemeinschaft sein. Insofern ist der Klägerin darin Recht zu geben, dass dies in der Regel nach einem Zusammenleben von acht Monaten noch nicht der Fall ist, auch nicht etwa ein Jahr später. Andererseits kann dieses Zeitelement dann unterschritten werden, wenn ein weiterer Umstand hinzutritt, der für die Verfestigung auch einer noch recht jungen Lebensgemeinschaft spricht. Dies ist hier vor allem die Zeugung und Geburt eines gemeinsamen Kindes.

Auch der Senat vertritt daher die Auffassung, dass das Verhalten der Klägerin es zulässt, auch schon zu Beginn des Jahres 2009 an eine verfestigte Lebensgemeinschaft zu denken.

Als weiterer Anknüpfungspunkt käme § 1579 Nr. 8 BGB in Betracht. Hierzu behauptet der Beklagte, die Klägerin sei aus einer intakten Ehe ausgebrochen, während die Klägerin darlegt, sie habe eigentlich schon vor dem Afghanistan-Einsatz des Beklagten in der Ehe keine Chance mehr gesehen.

Insofern tragen die Parteien streitig vor, den Beklagten trifft für den Ausnahmetatbestand der Verwirkung die Beweislast. Er legt zwar drei E-mails der Klägerin vom 3. Dezember 2007, 13. Januar 2008 und 17. Januar 2008 vor, aus denen der unbefangene Leser entnehmen muss, dass die Klägerin nach wie vor an der Fortsetzung der Beziehung mit dem Beklagten interessiert ist. Unabhängig von der Frage, ob die Vorlage dieser E-mails, die privatesten Inhalts sind und nur für den Beklagten bestimmt waren, ohne Verletzung des auch für E-mails geltenden Briefgeheimnisses dem Senat hätten vorgelegt werden dürfen und ob nicht aus diesem Grund die Verwendung als Beweismittel unzulässig wäre, geben sie jedenfalls von ihrem Inhalt wenig dafür her, dass die Ehe noch intakt gewesen wäre. Denn die Klägerin wusste, dass der Beklagte nicht vor Ende Februar aus Afghanistan zurückkehren würde, und sie hat plausibel geschildert, warum sie erst nach Rückkehr des Beklagten ihre Scheidungsabsicht eröffnet hat. Auch ist der Vortrag der Klägerin nicht widerlegt, wonach sie die Beziehung zu Herrn A, den sie schon von früher kannte, erst aufgenommen hat, als sie dem Beklagten die Scheidungsabsicht bekannt gegeben hat. Außerdem spricht alles dafür, dass es in diesem Endstadium der Ehe noch ein letztes Zeichen der ehelichen Solidarität war, den Beklagten, der in Afghanistan in gefährlichen Situationen stand, nicht unnötig zu belasten und dadurch unter Umständen noch in zusätzliche Gefahr zu bringen.

Selbst wenn anzunehmen wäre, dass die Klägerin schon Anfang 2009 eine feste Lebensgemeinschaft mit A begründet hätte, wäre die Anspruchnahme des Beklagten jedenfalls für das Jahr 2009 und in Höhe von nicht mehr als 385 € monatlich nicht grob unbillig, weil der Klägerin jedenfalls in diesem Zeitraum unter Berücksichtigung der Interessen der Kinder für ihre eigenen Bedürfnisse noch ein wenn auch geringer Betrag zur Verfügung stehen musste. Von dem Kindesunterhalt von 501 € zuzüglich 328 € Kindergeld hätte die Restfamilie nicht leben können, auch nicht unter ausnahmsweise Zurechnung des Elterngeldes.

Der Senat setzt sich hiermit nicht in Widerspruch zur Begründung im Revisionsurteil (Rn.32.2), denn der Senat hielt es von Anfang an für richtig, schon vor Ablauf von zwei Jahren an eine verfestigte Lebensgemeinschaft zu denken, wie sich bereits aus dem Urteil vom 5. Mai 2010 ergibt. Allerdings wäre es unbillig, der Klägerin auch noch den geringen auszuurteilenden Betrag von 385 € monatlich zu nehmen, weil sie immerhin die beiden Kinder des Beklagten zu betreuen hatte, von denen das jüngere im Januar 2009 gerade vier Jahre alt war und kurz vor Scheidung fünf geworden war. Auf die Betreuung Kind3 kommt es nicht an.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO. Die Kosten der Revision hat der Beklagte gemäß § 91 ZPO zu tragen, weil die Revision nur zur Aufhebung und Zurückverweisung geführt, letztlich aber an der Entscheidung des Senats in der Sache nichts geändert hat.