OLG München, Urteil vom 14.11.2012 - 3 U 2106/11
Fundstelle
openJur 2013, 3292
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 10.05.2011, Az. 10 O 4734/09, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte in selber Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.996,30 € festgesetzt.

Tatbestand

I.

(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)

Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche der Klägerin auf Honorarrückzahlung sowie materiellen und immateriellen Schadensersatz aufgrund einer vorgeblich fehlerhaften Behandlung, die der Beklagte als Zahnarzt und Heilpraktiker bei ihr durchgeführt hat. Die Klägerin suchte nach Lektüre des vom Beklagten verfassten Buchs "Der Feind ..." und auf ärztliche Empfehlung hin den Beklagten wegen häufiger Hautläsionen und Blasenbildungen an den Füßen auf. Der Beklagte empfahl der Klägerin nach eigenen Untersuchungen und Durchführung kinesiologischer Tests eine Störfeldsanierung im Kieferbereich, wobei er in allen vier Kieferquadranten in vier Terminen Spongiosaentfernungen im Umfang mehrerer Kubikmillimeter durchführen wollte. Außerdem extrahierte er einen Zahn der Klägerin und versorgte die Zähne 14 bis 17 prothetisch mittels einer einheitlichen Brücke. Bei der vierten Operation kam es zu Komplikationen, wegen derer die Klägerin sich in klinische Behandlung begab. Die im Anschluss an die Behandlung auftretende verminderte Belastbarkeit, verbunden mit Schlaflosigkeit, Kreislaufschwäche, Angstzuständen und Antriebslosigkeit führt die Klägerin ebenso auf die Behandlung durch den Beklagten zurück wie die abhängig von der körperlichen und seelischen Belastung auftretenden Hautausschläge mit Rötungen und Schwellungen am Hals, am Rücken sowie an den Händen und Füßen.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils gemäß §540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Mit Urteil vom 10.05.2011 wies das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und mündlicher Anhörung des Sachverständigen die Klage ab.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter. Sie macht Aufklärungs- und Behandlungsfehler der schulmedizinisch nicht indizierten Vorgehensweise des Beklagten nach einer Außenseitermethode geltend und wirft ihm vor, er habe verabsäumt, der Klägerin rechtzeitig Antibiotika zu verabreichen, als Komplikationen auftraten. Die prothetische Zahnversorgung sei mangelhaft. Dem Landgericht wirft die Berufung insbesondere eine unvollständige Beweisaufnahme vor.

Letzteres begründet sie damit, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige mit seiner allein schulmedizinischen Ausbildung das vom Beklagten nach seiner Außenseitermethode erkannte und behandelte Krankheitsbild einer NICO, das nach der Schulmedizin gar nicht existiert, nicht hätte beurteilen dürfen. Entgegen der Annahme des Erstgerichts sei entscheidungserheblich, ob die vom Beklagten zur Ermittlung des Krankheitsbildes durchgeführten Tests den Nachweis einer chronischen Knochenentzündung erbringen oder nicht. Das Landgericht habe insoweit den Sachverständigen mißinterpretiert. Dieser habe lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er nicht beurteilen kann, ob die vom Beklagten durchgeführten Tests zur Feststellung chronischer Knochenentzündungen geeignet sind oder nicht. Außerdem sei der Klägerin von der Kammer zu Unrecht nach der abschließenden Anhörung des Sachverständigen eine Frist zur schriftsätzlichen Stellungnahme verwehrt worden.

Dass dem Beklagten Behandlungsfehler unterlaufen sein müssen, folge schon daraus, dass die Klägerin sich wegen der aufgetretenen Komplikationen einer Notfallbehandlung im Klinikum C. habe unterziehen müssen. Unabhängig davon seien die vom Beklagten durchgeführten Spongiosa-Entfernungen in allen vier Kieferquadranten behandlungsfehlerhaft, weil eine umfassende Befunderhebung nicht vorangegangen war. Der Beklagte habe sich zudem selbst vertraglich verpflichtet, alle klinisch verfügbaren Diagnosemöglichkeiten auszuschöpfen. Weder ein dentales Computertomogramm noch eine Szintigrafie wurden jedoch durchgeführt. Diese hätten eine Kieferknochennekrose sicher diagnostizieren können. Statt dessen habe der Beklagte vorwiegend naturheilkundliche Testverfahren wie Cavitat- und Topastest durchgeführt. Das Unterlassen der weiterführenden Diagnostik sei auch nach naturheilkundlichen Maßstäben grob fehlerhaft.

Die Feststellungen des Sachverständigen zum Einsatz der Brücke über den Zähnen 14-17, der sich das Landgericht angeschlossen habe, seien unzutreffend. Im September 2008, also 5 Monate nach deren Implantation sei die Brücke bereits wieder locker gewesen. An den Zähnen 15 und 16 sei es zu Keramikabsplitterungen gekommen. Dies habe der Beklagte im Rahmen der Gewährleistung repariert. Bereits im Mai 2009 sei jedoch dann festgestellt worden, dass der Pfeilerzahn 15 keine Zementierung mehr aufweise und die Brücke gelockert sei. Bereits im März 2009 sei es an Zahn 14 zu Keramikabsplitterungen gekommen. Zahn 15 weise seit der Eingliederung der Brücke eine starke Kältereizempfindlichkeit auf. Das Landgericht habe in diesem Zusammenhang die Einvernahme des von der Klägerin benannten Zeugen U. zum Beweis der Tatsache, dass eine Neuanfertigung der Brücke notwendig war, unterlassen.

Die vom Landgericht übernommenen Feststellungen des Sachverständigen dazu, ab wann mit dem Umschlagen der Wundheilung in ein entzündliches Geschehen gerechnet werden müsse, seien unzutreffend. Die unterbliebene Antibiose sei ein Behandlungsfehler des Beklagten. Unzutreffend sei die Behauptung des Beklagten, die Klägerin habe die von ihm empfohlene Antibiose ausdrücklich abgelehnt. Da eine solche Verweigerung der Behandlung nicht in den Behandlungsunterlagen dokumentiert sei, könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass so etwas stattgefunden habe.

Die Übergabe diverser Info-Mappen und Formularen ersetze ebenso wenig wie das Abzeichnen-lassen von Merkblättern das grundsätzlich erforderliche Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patienten. Aus den schriftlich der Klägerin übergebenen Unterlagen habe diese nicht ersehen können, welche konkreten Maßnahmen erfolgen würden und welches Ausmaß die Maßnahmen haben würden. Ob die beabsichtigten Maßnahmen Auswirkungen auf die von der Klägerin als Grundsymptomatik geklagten Blasenbildungen an den Füßen und Hautläsionen haben würden, sei aus den Unterlagen gar nicht ersichtlich. Auch sei nicht dargelegt, aufgrund welcher Faktoren von einer Wechselwirkung zwischen Mund- und Fußraum ausgegangen werden sollte. Dazu, ob eine Metallentfernung nebst Ausleitung als mögliche und ausreichende Alternativbehandlung in Betracht gekommen wäre, ließe sich den schriftlichen Unterlagen nichts entnehmen.

Insbesondere sei über die mit Außenseiter- bzw. Neulandmethoden verbundenen möglichen neuen, noch nicht abschließend geklärten Risiken nicht aufgeklärt worden.

Unzutreffend sei die Annahme, die Klägerin sei über die zu erwartende Regeneration des vom Beklagten entfernten Knochenmaterials ausreichend aufgeklärt worden. Die in diesem Zusammenhang vom Sachverständigen getroffene Feststellung, das entfernte Knochenmaterial habe sich regeneriert, beruhe auf Spekulationen.

Erstmals mit Schriftsatz vom 07.11.2012 rügt die Klägerin, der Beklagte habe in erster Instanz trotz Verlangen keine Rechnung vorgelegt. Das unstreitig von den Parteien vereinbarte Pauschalhonorar könne sie zurückverlangen, da die Bestimmungen der GOZ unabdingbar seien. Mangels Rechnung sei der Honoraranspruch des Beklagten auch jetzt noch nicht fällig.

Die Klägerin beantragt nunmehr:

Unter Abänderung des am 10.05.2011 verkündeten Urteils des LG München I wird

1. der Beklagte verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von ca. 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.01.2009 zu zahlen;

2. der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 15.996,30 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.01.2009 zu zahlen;

3. der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.307,81 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.01.2009 zu zahlen;

4. festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche zukünftige materielle und immaterielle Schäden, welche der Klägerin aufgrund der Behandlung durch den Beklagten vom 24.09.2007 bis 26.09.2007, vom 05.11.2007 bis 07.11.2007, vom 12.02.2008 bis 14.02.2008 und vom 12.08.2008 bis 14.08.2008 entstanden sind, zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Die Behandlungsweise des Beklagten sei weder vorwerfbar noch unvertretbar und habe zu keinem Gesundheitsschaden der Klägerin geführt. Die Klägerin, die als Physiotherapeutin eine Gesundheitsoase betreibe, habe von vornherein vom Beklagten keine an der Schulmedizin orientierte Behandlung gewünscht. Das vom Beklagten entfernte Knochengewebe aus den vier Quadranten des Kieferbereichs der Klägerin sei pathologisch untersucht worden, wobei ein degeneratives Geschehen festgestellt worden sei. Ursache für die Lockerung der Brücke über Zahn 14 bis 17 sei nicht fehlerhaftes Handeln des Beklagten, sondern der Bruxismus der Klägerin. Eine Dezementierung bei Zahn 15 habe der Sachverständige gerade nicht festgestellt. Die nachträgliche Entfernung der Brücke sei nicht indiziert gewesen, da mit Einschleifarbeiten an der Brücke und einer Schienentherapie (gegen das Zähneknirschen) die von der Klägerin beschriebenen Probleme mit der Brücke hätten behoben werden können.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 15.09.2011 (Bl. 128/144 = Berufungsbegründung), vom 18.01.2012 (Bl. 153/155), vom 05.06.2012 (Bl. 165/166)und 07.11.2012 (Bl. 205/210) sowie des Beklagten vom 30.11.2011 (Bl. 147/149 = Berufungserwiderung) und 02.07.2012 (Bl. 180/186) Bezug genommen.

Der Senat hat am 18.01.2012 (Bezugnahme auf Sitzungsprotokoll; Bl. 150/152), am 20.06.2012 (Bezugnahme auf Sitzungsprotokoll; Bl. 169/179) und am 17.10.2012 (Bezugnahme auf Sitzungsprotokoll; Bl. 197/204) mündlich verhandelt und dabei die Parteien informatorisch angehört (Sitzungsprotokoll vom 20.06.2012) sowie die Zeugen L. (Sitzungsprotokoll vom 20.06.2012), R. und M. (jeweils Sitzungsprotokoll vom 17.10.2012) unbeeidigt einvernommen.

Gründe

II.

(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin konnte weder einen Aufklärungsfehler (dazu unter A) noch anspruchsbegründende Behandlungsfehler nachweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist festzustellen, dass die Einholung eines Obergutachtens zur Abklärung von Behandlungsfehlern vom Erstgericht nicht veranlasst werden musste, die Versagung einer Schriftsatzfrist eine Abänderung des Ersturteils nicht rechtfertigt und in erster Instanz auch die Einvernahme des Zeugen U. nicht geboten war (Dazu unter B). Der Vorwurf der unterbliebenen Antibiose (Dazu unter C) begründet solche Ansprüche ebensowenig wie die Behauptung, die prothetische Versorgung sei mangelhaft gewesen (Dazu unter D). Die Einleitung der Behandlung war auch nicht wegen fehlender vorangegangener Befundung fehlerhaft (Dazu unter E). Die unterbliebene vollständige Regeneration des entfernten Knochengewebes begründet die geltend gemachten Ansprüche ebenfalls nicht (Dazu unter F).Das Auftreten von Komplikationen belegt für sich noch keinen Behandlungsfehler (Dazu unter G). Der Einwand, das vom Beklagten vereinnahmte Honorar sei noch nicht fällig, weil keine Rechnung vorgelegt wurde, ist aus prozessualen Gründen unbeachtlich (Dazu unter H).

A) Aufklärungsfehler

Unstreitig hat die Klägerin in die Behandlung durch den Beklagten eingewilligt. Sie macht geltend, diese Einwilligung sei unwirksam, weil sie nicht umfassend über die mit der Behandlung verbundenen Risiken aufgeklärt worden sei und wirft dem Beklagten Aufklärungsfehler unter verschiedenen Gesichtspunkten vor.

1) Schriftliche Unterlagen als Ersatz des Arzt-Patientengesprächs

a) Zunächst weist die Berufung zutreffend darauf hin, dass die Übergabe schriftlicher Unterlagen, gleichgültig in welcher Form dies erfolgt sein mag, das Arzt-Patienten-Gespräch, das die eigentliche ärztliche Aufklärung beinhaltet, die ihrerseits wiederum Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung in die ärztliche Heilbehandlung darstellt, nicht zu ersetzen vermag. Dies entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung (zuletzt BGH GesR 2010, 479-481 unter Hinweis auf die rechtlich gebotene Einräumung von Fragemöglichkeiten), auch wenn die von der Klägerin zur Unterstützung dieser Auffassung herangezogene Entscheidung (OLG Stuttgart, GesR 2008, 41-43) insoweit nicht aussagekräftig ist.

b) Hätte der Beklagte sich daher auf die Übergabe bzw. Übersendung schriftlichen Informationsmaterials beschränkt, so wäre dies nicht ausreichend, um eine wirksame Einwilligung der Klägerin in die Behandlung dartun zu können. Soweit das Erstgericht die Auffassung zum Ausdruck brachte, die schriftlichen Unterlagen, deren Erhalt die Klägerin durch Unterschrift bestätigte, seien als Nachweis für ihre ordnungsgemäße Aufklärung ausreichend, vermag der Senat dem daher nicht beizupflichten.

c) Aus dem Umstand, dass die Klägerin auf vier Unterlagen (B2, B3, B6 und B7) handschriftlich unterschrieben hat, folgt für den Senat nur, dass ihr diese Unterlagen auch tatsächlich übergeben wurden. Die Behauptung der Klägerin im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung vor dem Senat, drei der vier Unterschriften stammten nicht von ihr, spielt dabei keine Rolle. Erstinstanzlich hatte sie die Authentizität ihrer Unterschriften in ihrer gerichtlichen Anhörung ausdrücklich bestätigt. Ihr diesbezügliches Vorbringen vor dem Senat war auch inhaltlich nicht geeignet, Zweifel an der Authentizität der Unterschriftsleistung zu begründen. Zumindest in diesem Punkt hegt der Senat keinen Zweifel darin, dass die Klägerin in der irrigen Annahme, dieser Aspekt sei für ihr Prozessanliegen von ausschlaggebender Bedeutung, gelogen hat. Gleiches gilt für ihre Behauptung, sie habe den Inhalt des Info-Materials nicht zur Kenntnis genommen. Nicht nur, dass die Klägerin als Physiotherapeutin an den Behandlungsmethoden des Beklagten offenkundig auch beruflich Interesse hatte (anschaulich dazu auch die Aussage der Zeugin R. Bl. 199, 2. Absatz: "... Die Klägerin war sehr interessiert an diesem Gerät ... Die Klägerin wollte dieses jedenfalls unbedingt ausprobieren..."), spricht gegen diese Darstellung, dass sie selbst den Beklagten aufgesucht hatte, nachdem sie das von ihm verfasste Buch "Der Feind ..." gelesen hatte. Dass sie dann an dem ihr zugänglich gemachten Info-Material kein Interesse mehr hatte, ist schlicht nicht nachvollziehbar. Einer kritischen Befragung zu diesem Gesichtspunkt war die zum Zeitpunkt ihrer informatorischen Anhörung durch den Senat merklich unter Alkoholeinfluss stehende Klägerin nicht zugänglich. Aber selbst wenn man mit der Kammer annehmen will, dass die Klägerin das Info-Material in Wahrheit zur Kenntnis genommen hat, entbindet dies den Beklagten nicht von der Verpflichtung, die Klägerin in einem Arzt-Patientengespräch über die beabsichtigte Behandlung unter Darstellung aller damit verbundenen Risiken aufzuklären.

d) Insoweit gilt folgendes: "Der Arzt muss, da sich die Einwilligung des Patienten als Rechtfertigungsgrund darstellt, beweisen, dass er die von ihm geschuldete Aufklärung erbracht hat. An den dem Arzt obliegenden Beweis dürfen allerdings keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden, da ansonsten ein vertrauensvolles 4-Augen-Gespräch zwischen Arzt und Patient nicht mehr möglich wäre. Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, kann der Arzt durch schlüssige, glaubhafte Angaben zum Inhalt des Gesprächs den Nachweis erbringen, dass die Aufklärung in der geschilderten Weise geschehen ist (BGH NJW 1985, 1399). Auch wenn der Arzt keine konkrete Erinnerung an das Aufklärungsgespräch hat, kann das Gericht in Verbindung mit einer schriftlichen Einverständniserklärung zum Beweis einer Aufklärung gelangen, wenn der Arzt ein von ihm regelmäßig geübtes ordnungsgemäßes Aufklärungsprogramm dartut (OLG München vom 18.12.2008, 1 U 2213/08 - nachfolgend BGH vom 15.09.2009, VI ZR 08/09)" (Zitat aus einem Urteil des OLG München vom 03.11.2011; 1 U 84/11).

e) Die Klägerin hat hierzu in ihrer informatorischen Anhörung angegeben, der Beklagte habe beim ersten Praxisbesuch ein Gespräch mit ihr geführt und sich fürsorglich um sie gekümmert. Ob er ihr etwas erklärt habe, wisse sie nicht mehr, er habe sie aber nicht darüber aufgeklärt, was er macht. Sie habe nur eine Unterschrift geleistet. Dies sei fünf Minuten vor der ersten OP erfolgt. Der Beklagte hat demgegenüber unter Hinweis auf die Behandlungsdokumentation und die vier Unterschriften der Klägerin bekundet, er habe sie ausführlich aufgeklärt, wobei der Inhalt seiner mündlichen Aufklärung im Wesentlichen dem Inhalt der Infomappe entspreche. Der Ehemann der Klägerin sei bei diesem Gespräch nicht anwesend gewesen. Der Ehemann der Klägerin bekundete demgegenüber, er sei bei jedem Gespräch der Klägerin mit dem Beklagten zugegen gewesen. Über Risiken der beabsichtigten Behandlung sei dabei überhaupt nicht gesprochen worden. Die Zeugin M., Mitarbeiterin des Beklagten schilderte demgegenüber die Praxisabläufe im Allgemeinen und im konkreten Fall der Klägerin dahingehend, dass der Ehemann der Klägerin sich regelmäßig im Wartezimmer aufgehalten habe. Sie selbst sei bei dem Aufklärungsgespräch anwesend gewesen. An konkrete Details könne sie sich zwar nicht mehr erinnern. Der Inhalt des Aufklärungsgesprächs sei ihr allerdings deshalb geläufig, weil der Beklagte die Patienten vor der von ihm praktizierten "Störfeldsanierung" immer in der gleichen Weise auf die damit verbundenen Risiken aufkläre.

f) Der Senat hat vor diesem Hintergrund keinen Zweifel daran, dass ein Arzt-Patientengespräch zwischen den Parteien stattgefunden hat, in dem über die allgemeinen - hier mit der Spongiosa-Entfernung und der prothetischen Versorgung der Zähne 14 -17 verbundenen Risiken aufgeklärt wurde. Zwar stehen sich die Schilderungen der Parteien und ihrer jeweiligen Zeugen hier in unauflöslichem Widerspruch gegenüber. Auch verkennt der Senat nicht, dass nicht allein die Klägerin und ihr Ehemann motiviert sein mögen, ergebnisorientiert die Unwahrheit zu sagen. Der Beklagte und auch die Zeugin M. als seine Mitarbeiterin sind unabhängig von der Beurteilung der streitgegenständlichen Ansprüche vom Ausgang des Prozesses beeinflusst, da der Beklagte seine auf eine bestimmte Spielart der Außenseitermedizin, hier die "Störfeldsanierung" fokussierte Praxis kaum wie bisher fortsetzen könnte, wenn die Klägerin einen ihr günstigen Ausgang des Prozesses, wie von ihr beabsichtigt, öffentlich bekannt machen würde, um vor dem Beklagten zu warnen. Das hätte nicht nur für die wirtschaftlichen Belange des Beklagten gravierende Auswirkungen, sondern würde auch die Sicherheit des Arbeitsplatzes der Zeugin M. gefährden. Dass diese dem Beklagten auch durch die langjährige Mitarbeit persönlich verbunden sein mag, ist bei der Würdigung ihrer Aussage ebenfalls zu berücksichtigen. Gleichwohl lassen sich Zweifel an den Schilderungen des Beklagten und der Zeugin nicht begründen. Namentlich die Zeugin hat Erinnerungslücken offen zugegeben und reagierte auf kritische Nachfragen spontan und unaufgeregt. Dass die Darstellung des Beklagten auch unter Plausibilitätsgesichtspunkten realistisch erscheint, kommt hinzu. Der Beklagte hat freimütig vor dem Senat bekannt, dass er sich der Schwierigkeiten im Bereich der Außenseitermedizin durchaus bewusst ist. Die Darstellung der Klägerin, der Beklagte hätte keinerlei Hinweise auf mit der Behandlung verbundene Risiken gegeben, ist vor diesem Hintergrund einfach lebensfremd, zumal der Beklagte durchaus auch einen geschäftsgewandten Eindruck bei Gericht hinterließ. Die divergierenden Aussagen der Klägerin und ihres Ehemannes sind neben den bereits angesprochenen Auffälligkeiten durch hohe Emotionalität geprägt gewesen. Bezeichnend ist hierfür die in dieser Form erstmals in der mündlichen Anhörung vor dem Senat von der Klägerin aufgestellte Behauptung, bei allen vier Operationen sei es zu Komplikationen gekommen, was nicht nur der Behandlungsdokumentation widerspricht, sondern auch den Darstellungen der Klägerin vor dem Erstgericht. Insbesondere wurde zu keinem Zeitpunkt in erster Instanz der Behauptung des Beklagten, die ersten drei Operationen seien völlig komplikationslos verlaufen, widersprochen.

2) Fehlender Hinweis auf Behandlungsalternativen

a) Zu einer ordnungsgemäßen Aufklärung über die Chancen und Risiken einer favorisierten Behandlungsmethode gehört es auch, den Patienten über bestehende Behandlungsalternativen aufzuklären. Hier ist zunächst zu differenzieren zwischen den zahnmedizinisch unstreitig indizierten Behandlungsmaßnahmen, insbesondere der prothetischen Versorgung einerseits und den Maßnahmen zur "Störfeldsanierung" andererseits. Im Hinblick auf die prothetische Versorgung wird ein Aufklärungsfehler seitens der Klägerin gar nicht behauptet. Im Hinblick auf die "Störfeldsanierung" kann aber die allgemeine Rechtsprechung zur Darstellung von Behandlungsalternativen nicht Platz greifen. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte seinen glaubwürdigen Angaben zufolge die Klägerin auf die Möglichkeit einer Wurzelspitzenresektion hingewiesen, was weder eine Alternative zu der von ihm angestrebten "Behandlung des Immunsystems" noch eine schulmedizinisch nachvollziehbare Behandlung der Probleme der Klägerin mit den Blasen an den Füßen sein kann. Der Beklagte ist als Zahnarzt und Heilpraktiker tätig. Als Zahnarzt schuldet er im Rahmen abgeschlossener Behandlungsverträge die Einhaltung des zahnmedizinischen Standards, den ein niedergelassener Zahnarzt zu leisten imstande ist. Einen zahnmedizinischen Standard für die Behandlung von Blasen an den Füßen gibt es jedoch nicht. Entsprechend scheidet es begrifflich aus, nach schulmedizinischen Behandlungsalternativen zu der vom Beklagten empfohlenen Störfeldsanierung zu suchen. Dies liegt daran, dass die Klägerin den Beklagten gerade in seiner Doppelfunktion als Zahnarzt und Heilpraktiker aufsuchte, um von ihm Hilfe bei gesundheitlichen Problemen zu erlangen, für die sie keine schulmedizinische Lösung suchte.

b) Die in Gesetzgebung und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, nach denen Heilpraktiker unter Umständen Patienten auf die Inanspruchnahme schulmedizinischer Hilfe verweisen müssen, besagen für den vorliegenden Fall nichts. Auch ein Heilpraktiker, der nicht (Zahn-)Mediziner ist, hätte die Klägerin wegen ihrer Probleme mit den Blasen an den Füßen nicht zuerst zu einem Dermatologen schicken müssen. Entsprechend bestand auch für den Beklagten keine Verpflichtung, die Klägerin, die ihn nach eigenem Bekunden nach Lektüre seines Buches und auf Empfehlung ihrer Ärztin aufgesucht hatte, auf schulmedizinische Behandlungsalternativen hinzuweisen. Erst recht vermag der Senat nicht zu erkennen, dass es für einen Mediziner, der "ganzheitliche" Außenseitermedizin betreibt, die Verpflichtung geben sollte, den Patienten auf andere Außenseitermethoden hinzuweisen.

3) Hinweis auf Ausbleiben der Regeneration des Knochenmaterials

Die Klägerin moniert, der Beklagte habe sie vor der Entfernung des Knochenmaterials nicht darauf hingewiesen, dass dieses sich möglicherweise nicht regeneriert. Der Senat vermag aus prozessualen Gründen schon nicht festzustellen, dass seitens des Beklagten auf diese Möglichkeit als Risiko der Heilbehandlung gesondert hingewiesen werden müsste. Die Klägerin wusste, dass das Knochenmaterial entfernt wird. Darüber hinaus wurde sie dahingehend informiert, dass in aller Regel der Knochen sich an dieser Stelle selbst regeneriert. Selbst wenn die Klägerin auf die Möglichkeit, dass es nicht immer zu einer vollständigen Regeneration der Knochensubstanz kommt, nicht eigens hingewiesen worden sein sollte, vermag der Senat nicht zu erkennen, worin angesichts des jeweiligen Umfangs der Knochenentnahme von wenigen Millimetern (im Vergleich zu ca. 2 x 2 cm bei einer Weisheitszahnextraktion) das Risiko des Patienten besteht, wenn es bei einem Knochendefekt in diesem Umfang verbleibt. Bei einer Weisheitszahnextraktion muss der Patient auf die Gefahr der Nervschädigung und andere mit der Maßnahme verbundene Risiken hingewiesen werden. Darauf, dass es zu einer vollständigen Regeneration der Knochensubstanz im Umfeld der Zahnwurzeln möglicherweise nicht kommt, muss aber gerade nicht hingewiesen werden. Warum dann bei einer Spongiosaentfernung in weitaus geringerem Umfang ein solcher Hinweis erteilt werden sollte, ist nicht ersichtlich. Die Behauptung der Klägerin, sie hätte bei sachgerechtem Hinweis darauf, dass möglicherweise der Kieferknochen im Kaubereich sich nicht regeneriert, die Zustimmung zur Behandlung verweigert, ist in diesem Zusammenhang einfach deshalb nicht zielführend, weil der Beklagte unstreitig die Spongiosaentfernungen im zahnlosen Kieferbereich, also gerade nicht im Kaubereich vorgenommen hat. Dass Zahn 14 extrahiert werden musste, bringt die Klägerin selbst nicht in Zusammenhang mit der Spongiosaentfernung in dessen Umfeld, allerdings wurde sie auf das bestehende Zahnverlustrisiko ausdrücklich hingewiesen.

4) Besondere Aufklärungspflichten wegen Neuland

a) Die Berufung verweist auf die in der Rechtsprechung entwickelte Pflicht zur besonders eindringlichen Aufklärung beim Einsatz von medizinischen Methoden, mit denen Neuland betreten bzw. wie im vorliegenden Fall die schulmedizinischen Grundsätze verlassen werden. Auch der Senat geht davon aus, dass an die ärztliche Aufklärungspflicht immer dann strengere Anforderungen zu stellen sind, wenn der Arzt beabsichtigt, in der Behandlung des Patienten medizinisches Neuland zu betreten oder schulmedizinische Grundsätze außer Acht zu lassen.

b) Der Hinweis der Klägerin darauf, der Beklagte betrete mit seiner Vorgehensweise medizinisches Neuland, führt jedoch nicht weiter, da die mit der Spongiosaentfernung verbundenen Risiken, soweit ersichtlich, auch in der Schulmedizin bekannt und vertraut sind. Dass mit den vom Beklagten empfohlenen operativen Eingriffen Risiken verbunden gewesen sein sollen, mit denen nicht zu rechnen ist, kann der Senat nicht nachvollziehen. Neu an der Behandlung des Beklagten ist nicht die Methode, die er zur Entfernung von Spongiosamaterial verwendet, sondern die Indikationsbejahung für diesen Eingriff, für die er sich bislang vergeblich um schulmedizinische Akzeptanz bemüht.

c) Zutreffend ist aber, dass Ärzte, die operative Eingriffe vornehmen, für die schulmedizinisch keine Indikation besteht, eindringlicher auf die damit verbundenen Risiken hinweisen müssen als "reine" Schulmediziner. Der Senat geht jedoch davon aus, dass der Beklagte auch diesen namentlich für die sogenannte "Schönheitschirurgie" entwickelten Grundsätzen entsprochen hat. Der Klägerin wurden über einen längeren Zeitraum hinweg die notwendigen Informationen über die Risiken zugänglich gemacht. Sie wurde ersichtlich in einem mündlichen Arzt-Patienten-Gespräch auf die mit den Operationen verbundenen Risiken aufgeklärt. Sie wusste von vornherein, dass eine schulmedizinische Indikation für die von ihr selbst finanzierten Operationen nicht bestand. Es ist nicht klar, welchen weiteren Hinweis die Klägerin vom Beklagten dazu erwartet hätte.

5) Kein Hinweis auf mögliche Erfolglosigkeit

Die Klägerin wandte zuletzt noch ein, zu einer ordnungsgemäßen Aufklärung durch den Arzt gehöre, dass er das Für und Wider einer Behandlung darstelle. Hier moniert sie insbesondere, der Beklagte habe sie nicht darauf hingewiesen, dass seine Behandlung möglicherweise erfolglos sein würde, also möglicherweise ihre Probleme mit den Blasen an den Füßen nicht behoben werden können. Dass generell vom Arzt erwartet werden muss, jeden Patienten auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass ihm die beabsichtigte Heilung oder Linderung der Beschwerden des Patienten misslingen wird, erscheint dem Senat nicht begründbar. Grundsätzlich wird vom Arzt zu erwarten sein, nicht nur die Risiken, sondern auch die Chancen, die mit einem Heileingriff verbunden sind, darzustellen (a.A.: OLG Koblenz; Beschluss vom 24.08.2011; 5 U 370/11). Hier hat die Klägerin eine Einwilligungserklärung unterschrieben, in der wörtlich steht: "Eine Garantie für den Erfolg der Behandlung kann daher selbstverständlich nicht übernommen werden." Zweifel daran, dass der Beklagte mit der Klägerin auch mündlich entsprechend kommunizierte, sieht der Senat nicht. Exakte Prozentangaben der Misserfolgsquote werden vom Arzt grundsätzlich und so auch hier nicht erwartet. Dass im Bereich der esoterisch angehauchten Störfeldsanierungsmedizin insoweit belastbares Zahlenmaterial gar nicht zu beschaffen ist, liegt zudem auf der Hand.

6) Keine Kausalität der Verletzung einer Aufklärungspflicht für die Einwilligung der Klägerin

Selbst wenn man entgegen der Annahme des Senats der Auffassung sein wollte, die Klägerin sei nicht im gebotenen Umfang über die mit den vier Operationen verbundenen Risiken aufgeklärt worden, folgt im vorliegenden Fall daraus nicht, dass die von ihr erklärte Einwilligung in diese Behandlungsmaßnahmen unbeachtlich wäre.

a) Grundsätzlich streitet zwar für den Patienten die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, was zur Konsequenz hat, dass der Patient, der nachweist, nicht korrekt über die mit der Behandlung verbundenen Risiken aufgeklärt worden zu sein, regelmäßig damit auch dargelegt hat, dass er die Einwilligung in die Behandlungsmaßnahmen nicht erteilt hätte, wenn er korrekt aufgeklärt worden wäre. Es obliegt dann dem Arzt, darzulegen und zu beweisen, dass der Aufklärungsfehler für die Einwilligung des Patienten nicht kausal war, da andernfalls die Aufklärungspflichten funktionslos blieben (z.B. BGH, MDR 1989, 804, 805).

b) Dies kann aber dann nicht uneingeschränkt gelten, wenn der Patient wider besseres Wissen entgegen § 138 ZPO bestreitet, über mit der Behandlung verbundene Risiken überhaupt aufgeklärt worden zu sein. Durch dieses Prozessverhalten macht er es dem Arzt unmöglich, darzulegen und zu beweisen, dass in Wahrheit über die erteilten Warnhinweise hinausgehende Warnungen den Patienten ohnehin nicht erreicht hätten. Die Klägerin, die unstreitig über medizinische Vorkenntnisse verfügt, macht selbst geltend, das ihr vor der eigentlichen Behandlung ausgehändigte Info-Material habe sie inhaltlich gar nicht zur Kenntnis genommen, weil es sie nicht interessiert habe. Träfe dies zu, wäre schon nicht plausibel, warum dann mündliche Risikohinweise mehr Beachtung gefunden hätten, da die Klägerin aufgrund ihrer Vorbildung und ihrer beruflichen Tätigkeit im Gesundheitsbereich ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, die schriftlichen Informationen zur Kenntnis zu nehmen und im Rahmen des nach Auffassung des Senats zweifelsfrei erfolgten Arzt-Patientengesprächs hierzu auch Fragen zu formulieren.

Die Klägerin streitet zudem wahrheitswidrig ab, überhaupt auf Risiken hingewiesen worden zu sein, wobei der Senat ihr zu Gute hält, dass sie aufgrund der durch die Behandlungskomplikationen hervorgerufenen Leiden einfach nicht mehr wahrhaben will, dass sie über erhebliche mit den operativen Eingriffen verbundenen Risiken auch aufgeklärt wurde.

B) Verfahrensfehler im Hinblick auf die Verneinung von Behandlungsfehlern

1) Gutachter mit Spezialkenntnissen auf dem Gebiet der Außenseitermedizin

Die Berufung moniert, das Landgericht hätte sich nicht mit dem Gutachten eines Sachverständigen begnügen dürfen, der erklärtermaßen lediglich Schulmediziner ist, sondern ein Obergutachten einholen müssen. Dem vermag der Senat nicht beizupflichten. Für die zahnärztliche Behandlung der Klägerin schuldet der Beklagte die Einhaltung des zahnärztlichen Standards. Das gilt für die Behandlungsschritte, deren Indikation nicht zahnmedizinisch begründet ist, jedenfalls bei deren Durchführung, hier also bei der Spongiosaentfernung, für die es zahnmedizinisch gerade keine Indikation gab. Die Annahme der Berufung, es sei dem Sachverständigenbeweis zugänglich, ob nach der vom Beklagten verfochtenen Außenseitermethode die von ihm gewählten Behandlungsschritte indiziert waren, geht von einem fehlerhaften Verständnis der Außenseitermedizin aus. Einen allgemeinen Standard, an dem das Vorgehen des Beklagten gemessen werden könnte, gibt es nicht und kann es auch nicht geben. An einem plastischen Beispiel verdeutlicht: Wendet ein Heilpraktiker Voodoo-Praktiken an, so kann kein Gericht durch Einschaltung eines Sachverständigen klären, ob nach den Überlieferungen des Voodoo-Kultes diese Praktiken geboten waren oder nicht, da es den einen Voodoo-Kult nicht gibt. Gleiches gilt für den sicher überschaubareren Bereich der Anhänger der Lehre von der Störfeldsanierung.

Mag es auch die von der Klägerin angesprochenen Grundsätze der Naturheilkunde geben, so fehlt doch deren Verbindlichkeit

Hinzu kommt, dass der Beklagte selbst zu den Urhebern der hier verwendeten Außenseitermethode zählt. Der von der Berufung hier monierte Sachverständige müsste die Vorgehensweise des Beklagten nach dessen Regeln begutachten, die aber gerade in der zu begutachtenden Behandlung ihren Ausdruck fanden. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Beklagte (bislang erfolglos) bemüht ist, die schulmedizinische Anerkennung der operativen Behandlung zur Störfeldsanierung zu gewinnen, wie auch der von ihm publizierte Aufsatz bei ScienceDirect aus dem Jahr 2010 belegt. Klärbar ist allein, ob nach den von der Schulmedizin vorgegebenen Regeln ärztlicher Kunst eine bestimmte Außenseitermethode noch von der Therapiefreiheit gedeckt ist oder nicht mehr. Zu letzterem hat der vom Erstgericht bestellte Sachverständige Stellung genommen.

2) Aussagekraft der vom Beklagten durchgeführten Tests

Die Klägerin meint, es hätte gutachterlich abgeklärt werden müssen, ob die vom Beklagten durchgeführten Tests zum Nachweis einer chronischen Knochenentzündung geeignet gewesen wären. Auch insoweit gilt aber, dass eine sachverständige Begutachtung der schulmedizinisch gerade nicht anerkannten Testmethoden nicht zielführend wäre. Wären die Tests - naturwissenschaftlich nachweisbar - geeignet, ein schulmedizinisch akzeptiertes Krankheitsbild bzw. auch nur eine physiologische Veränderung körperlicher Zustände nachzuweisen, gäbe es keinen Grund, ihnen die schulmedizinische Anerkennung zu verweigern. Schon nach dem Vortrag der Klägerin aber ist das als NICO bezeichnete Krankheitsbild in der Schulmedizin unbekannt. Die Annahme, der Beklagte wäre zu seiner Behandlung nur dann befugt gewesen, wenn er entzündliche Prozesse oder gar Nekrosen nachgewiesen habe, verkennt den Ansatz seiner Vorgehensweise vollständig. Darauf, dass die extrahierte Knochensubstanz der Klägerin bei einer pathologischen Untersuchung tatsächlich physiologische Veränderungen aufwies, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Denn die vom Beklagten postulierten Störfelder, die er mit seinen Tests nachzuweisen versucht, sind einer schulmedizinisch anerkannten Befundung von vornherein nicht zugänglich. Daher ist die Erwägung der Berufung, das Erstgericht habe die Ausführungen des Sachverständigen nicht richtig erfasst, für die Beurteilung des Rechtsstreits unter diesem Gesichtspunkt unerheblich.

3) Verletzung von § 283 ZPO

Soweit die Berufung moniert, das Landgericht hätte der Klägerin nach der mündlichen Anhörung des Sachverständigen eine Schriftsatzfrist gewähren müssen, gilt folgendes:

a) Grundsätzlich haben Parteien im Rahmen ihres Rechts auf rechtliches Gehör einen Anspruch darauf, die Erläuterungen von Sachverständigen, zu deren kritischer Würdigung externer Sachverstand hinzu gezogen werden muss, schriftsätzlich zu würdigen. Sie sind nicht auf die Möglichkeit, ad hoc in der mündlichen Verhandlung zu reagieren zu beschränken. Verletzt ein Erstgericht diese Grundsätze, so kann dies mit der Berufung gerügt werden, wobei sich dann aus der Berufungsbegründung ergeben muss, was vorgetragen worden wäre, wenn die Schriftsatzfrist denn eingeräumt worden wäre. Zugunsten der Klägerin geht der Senat davon aus, dass die Klägerin den Vortrag der Berufungsbegründung in einem solchen Schriftsatz vorgebracht hätte, auch wenn sich der Berufungsbegründung selbst hierzu nichts entnehmen lässt.

b) Das bedeutet jedoch nicht, dass die Parteien der Prozessförderungspflicht gänzlich enthoben sind. Im vorliegenden Fall hat die Kammer mit Beschluss vom 19.05.2010 den Parteien Gelegenheit gegeben, sich zum schriftlichen Sachverständigengutachten vom 11.05.2010 zu äußern, wovon die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.07.2010 auch Gebrauch gemacht hat. Die Kammer beraumte daraufhin mit Ladungsverfügung vom 23.08.2010 Termin zur Anhörung des Sachverständigen an, die dann am 01.03.2011 stattfand. Soweit der Sachverständige in diesem Termin bei seinen ursprünglichen im schriftlichen Gutachten getroffenen Feststellungen blieb, bedarf es danach keiner nochmaligen Einräumung einer Schriftsatzfrist. Anderes könnte nur gelten, wenn der Sachverständige grundsätzlich neue oder gar von seinem ursprünglichen Gutachten abweichende Feststellungen getroffen hätte. Der Senat vermag solche nicht zu erkennen.

c) Unabhängig davon bleibt festzuhalten, dass sich aus dem Protokoll der Verhandlung vom 01.03.2011 erschließen lässt, dass der Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits die mit der Berufungsbegründung in den Prozess eingeführte Stellungnahme des Prof. Dr. L. von der Uni-Klinik D. vorgelegen hat, denn die Klägerin lässt am 01.03.2011 dem gerichtlich bestellten Sachverständigen vorhalten, es gebe eine Stellungnahme, wonach sich Knochenabbau anhand eines Röntgenbildes nicht feststellen lasse. Hätte sie diese Stellungnahme ihrer Prozessförderungspflicht entsprechend in erster Instanz in den Prozess eingeführt, wozu spätestens in der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2011 Gelegenheit bestand, so hätte für das Gericht erster Instanz möglicherweise Anlass bestanden, den gerichtlich bestellten Sachverständigen förmlich mit den divergierenden Auffassungen eines Parteigutachters zu konfrontieren. Der bloße Hinweis darauf, dass es eine divergierende Stellungnahme gibt, die der Klägerin vorliegt, genügt demgegenüber der grundsätzlich auch den Patienten treffenden Prozessförderungspflicht nicht.

4) Unterbliebene Einvernahme des Zeugen Dr. U.

a) Die Berufung rügt, das Erstgericht hätte den von ihr mit Schriftsatz vom 23.09.2009 benannten Zeugen U. vernehmen müssen, der bestätigen werde, dass die Brücke neu angefertigt werden müsse, weil diese keine Zementierung mehr aufweise und locker sei. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 10.05.2012 hierzu ausgeführt: "Eine Dezementierung der Brücke 14-17 am Zahn 15 kann mittels Lupenbrille trotz starker Hebelkraft nicht festgestellt werden ... ... Die Brücken 14-17 wurde somit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht fehlerhaft eingesetzt. Eine Lockerung der Brücke auf Zahn 15 (Dezementierung) konnte von mir nicht festgestellt werden. Die erhöhte Beweglichkeit des Zahnes 15 ist vermutlich auf ein Zähneknirschen zurückzuführen. Eine Neuanfertigung erscheint hier unsinnig, funktionelle Maßnahmen scheinen zunächst angebracht." Einwendungen gegen diese Feststellungen des Sachverständigen wurden im Schriftsatz vom 20.07.2010 nicht erhoben. In der mündlichen Anhörung vor der Kammer am 01.03.2011 wiederholte der Sachverständige seine Einschätzung, ohne dass neue Feststellungen hierzu von ihm getroffen wurden.

b) Bei dieser Sachlage bestand für das Landgericht kein Anlass, den Zeugen zu laden. Die unter Beweis gestellte Behauptung, die Brücke müsse neu angefertigt werden, ist per se keine dem Zeugenbeweis zugängliche Behauptung, da dies nicht die Frage der Wahrnehmung von Tatsachen, sondern deren Bewertung betrifft. Die für die Bewertung von der Klägerin als maßgeblich angegebenen und durch den Zeugen unter Beweis gestellten Tatsachen lauteten: Die Brücke ist locker und dezementiert. Nachdem der Sachverständige die Klägerin persönlich untersuchte und dabei feststellte, dass auch mit starker Hebelkraft eine Dezementierung nicht festgestellt werden kann, erscheint ausgeschlossen, allein durch die Befragung eines Zahnarztes als Zeugen, der anderes festgestellt haben will, eine Erneuerungsbedürftigkeit der Brücke zu beweisen. Denn unabhängig vom Inhalt von dessen Wahrnehmungen im Jahr 2009 kann kein Gericht die Erneuerungsbedürftigkeit der Brücke bejahen, wenn im Mai 2010 aufgrund einer Begutachtung im April 2010 die Brücke als fest implantiert (bzw. zementiert) festgestellt wurde. Vortrag dazu, dass der Sachverständige unzutreffende Wahrnehmungen seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat, findet sich nicht und dafür ist auch nichts ersichtlich.

C) Unterbliebene Antibiotikagabe

1) Es kann auf sich beruhen, ob die Annahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen, erst am dritten Tag nach dem operativen Eingriff sei wegen entzündlicher Prozesse die Gabe von Antibiotika geboten, zutrifft, oder ob aufgrund der Besonderheiten des Falles bereits am zweiten Tag dies veranlasst gewesen wäre. Fest steht zum einen, dass die Klägerin am dritten Tag nach der Behandlung sich in stationäre Behandlung begab und mit der Antibiose begonnen wurde.

2) Fest steht zur Überzeugung des Senats aber zum andern auch, dass der Beklagte der Klägerin am zweiten Tag nach der Operation Antibiotika verabreichen wollte, was von dieser unter Hinweis auf "eigene Methoden" abgelehnt wurde. Die Klägerin hat diese Sachverhaltsschilderung durch den Beklagten bestritten und ebenso wie ihr Ehemann als Zeuge bekundet, der Beklagte habe ihr keine Antibiotika verordnen wollen. Der Senat ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme vom Gegenteil überzeugt.

3) Auch der vom Ehemann der Klägerin als Zeuge vorgelegte Auszug aus dem vom Beklagten verfassten Buch belegt nicht, dass der Beklagte generell keine Antibiotika verordnet. Dass er dem derzeit praktizierten quasi "flächendeckenden" Einsatz von Antibiotika kritisch gegenübersteht, belegt durch die Formulierung "Wo immer es geht vermeide ich die Gabe von Antibiotika", spricht nicht für die Darstellung des Zeugen Laub. Der Beklagte bringt dort Kritikpunkte an der derzeitigen Praxis im Gesundheitswesen vor, die dem Standpunkt der Schulmedizin nicht zuwiderlaufen. Der Formulierung ist zudem unzweideutig zu entnehmen, dass der Beklagte nicht generell auf den Einsatz von Antibiotika verzichtet.

4) Beide Zeuginnen berichteten von einer Auseinandersetzung des Beklagten mit der Klägerin. Beide Zeuginnen berichteten übereinstimmend davon, dass die Klägerin die Gabe von Antibiotika verweigerte, auf die der Beklagte drängte.

5) Zweifel an dieser Darstellung sieht der Senat nicht. Auch insoweit berücksichtig er das mögliche Eigeninteresse beider Zeuginnen am Ausgang des Prozesses, dessen angekündigte publizistische Aufarbeitung durch die Klägerin von ihnen als Bedrohung ihres Arbeitsplatzes empfunden worden sein mag. Auch ist die durch die langjährige Zusammenarbeit mit dem Beklagten, nicht nur Arbeitgeber, sondern bei beiden Zeuginnen der Lehrherr, eine persönliche Verbundenheit entstanden, die im Sitzungssaal erkennbar war. Der persönliche Gesamteindruck von den Zeuginnen rechtfertigt es aber aus Sicht des Senats gleichwohl, ihren Angaben Glauben zu schenken. Die Angaben erfolgten jeweils erinnerungskritisch und im Bemühen um ruhige und sachliche Darstellung. Keiner der Zeuginnen war in Körpersprache, Gebärden oder Ausdrucksweise eine bei der Ablieferung einer abgesprochenen Falschaussage zu erwartenden Unsicherheit oder Fixiertheit anzumerken. Die Zeuginnen wirkten konzentriert, aber nicht angespannt.

6) Daraus folgt, dass der Zeuge L., der bei dem maßgeblichen Gespräch der Klägerin mit dem Beklagten zur Überzeugung des Senats nicht zugegen war, hierzu gar keine weiterführenden Wahrnehmungen gemacht haben kann. Die im Widerspruch zu den Bekundungen der Zeuginnen stehende Sachverhaltsschilderung durch die Klägerin beruht nach Einschätzung des Senats ausschließlich auf einer ergebnisorientierten Wunschvorstellung der Klägerin.

7) Darauf, dass in den Behandlungsunterlagen des Beklagten nicht vermerkt wurde, dass der Klägerin Antibiotika angeboten, von dieser aber diese abgelehnt worden seien, kommt es nicht an. Die Berufung verkennt insoweit die Bedeutung der Behandlungsdokumentation. Diese dient primär nicht der Absicherung des Arztes gegen Schadensersatzansprüche des Patienten, sondern der Sicherstellung einer angemessenen Behandlung des Patienten durch den Arzt selbst und andere nachfolgende Behandler. Nur die für die weitere Behandlung des Patienten relevanten Informationen müssen daher grundsätzlich (von Ausnahmen nach dem BtmG oder der Strahlenschutzverordnung einerseits und den abrechnungs- bzw. steuerrechtlichen Fragen andererseits einmal abgesehen) dokumentiert werden. Die Verordnung von Antibiotika wäre ein Umstand, von dem der Nachbehandler Kenntnis erlangen müsste. Der Umstand, dass der Klägerin keine Antibiotika verordnet wurden, gehört dagegen nicht zu den dokumentationspflichtigen Umständen, da der Nachbehandler aus der Dokumentation die ergriffenen Behandlungsmaßnahmen erfahren können muss und nicht die unterbliebenen.

D) Mängel der prothetischen Versorgung

Die Berufung kann sich nicht mit Erfolg auf die nunmehr erneut behaupteten Mängel der vom Beklagten für die Klägerin gefertigten prothetischen Versorgung berufen. Mit Beschluss vom 19.05.2010 war den Parteien gemäß § 411 Abs. 4 ZPO auferlegt worden, zum schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Stellung zu nehmen. Im für die Klägerin eingereichten Schriftsatz vom 20.07.2010 werden die Feststellungen des Sachverständigen zur vom Beklagten gefertigten prothetischen Versorgung nicht hinterfragt. In der mündlichen Verhandlung gestattete die Kammer gleichwohl Fragen zur Anfertigung der Brücke über Zahn 14 bis 17, wobei der Sachverständige sich darauf beschränkte, die im schriftlichen Gutachten bereits getroffenen Feststellungen zu bekräftigen. Erstmals in der Berufungsbegründung setzt sich die Klägerin kritisch mit den Feststellungen des Sachverständigen auseinander und moniert nunmehr, dieser habe sich mit den von ihr vorgelegten Befunden der Dres. S. (K 2, K 9,K 10) nicht hinreichend auseinander gesetzt. Diese Unterlagen wurden von der Klägerin mit der Klageschrift bzw. mit dem Schriftsatz vom 23.10.2009 in den Prozess eingeführt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum dann in der schriftlichen Stellungnahme zum Sachverständigengutachten vom 11.05.2010 nicht schon die vermeintlich fehlende Auseinandersetzung mit diesen Unterlagen moniert wurde.

E) Unterbliebene Befunderhebung

Die Berufung rügt, die Behandlung sei deshalb als fehlerhaft einzustufen, weil gebotene Befunde wie Computertomografie und Szintigrafie nicht erhoben wurden, obwohl sich der Beklagte auch vertraglich zur Ausschöpfung aller klinisch verfügbaren Diagnosemethoden verpflichtet habe.

1) Das vermag zu einem anspruchsbegründenden Behandlungsfehler nicht zu führen, weil die geklagten Beschwerden der Klägerin unter keinem denkbaren Gesichtspunkt darauf zurückzuführen sein können, dass diese Befunde nicht erhoben wurden.

2) Die Klägerin irrt, wenn sie geltend macht, nur bei der Feststellung von Nekrosen wäre die chirurgische Spongiosaentfernung veranlasst gewesen. Tatsächlich ist das vom Beklagten im Rahmen seiner Außenseitermethode diagnostizierte Krankheitsbild nicht erst bei auch im schulmedizinischen Sinn krankhaften Nekrosen zu bejahen, sondern hiervon unabhängig. Selbst wenn man also zugunsten der Klägerin unterstellen könnte, dass ungeachtet der pathologischen Befunde, die eine chronische trophische Störung im entfernten Knochengewebe ergaben, die Szintigrafie und die Computertomografie, wären sie durchgeführt worden, keine Befunde erbracht hätten, die unter schulmedizinischen Gesichtspunkten ein (zahn-)ärztliches Handeln indiziert hätten, ja selbst dann, wenn diese Befunde völlig unauffällig gewesen wären, würde dies die Entscheidung des Beklagten, die Indikation für die Spongiosaentfernung zu bejahen, nicht in Frage stellen können.

3) Die Annahme der Klägerin, es sei grob behandlungsfehlerhaft, zur Diagnose eines von der Schulmedizin ohnehin nicht anerkannten Krankheitsbildes bestimmte Befunde nicht zu erheben, lässt sich aus logischen Gründen nicht aufrechterhalten.

F) Nicht vollständige Regeneration des entfernten Knochengewebes

Die Klägerin rügt, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, der Gutachter habe die Regenerationsfähigkeit des Kieferknochengewebes grundsätzlich bejaht, obwohl dieser in seiner mündlichen Anhörung hier eine Einschränkung gemacht habe. Zur Abklärung, ob sich der Kieferknochen der Klägerin regeneriert habe, seien weitere Begutachtungen, namentlich ein Dünnschnitt-CT geboten.

Abgesehen davon, dass die Klägerin in der mündlichen Anhörung des Sachverständigen diesem zwar eine Textpassage aus der Stellungnahme des Prof. Dr. L. vorgehalten, diese aber nicht in erster Instanz in den Prozess eingeführt hat, ist festzustellen, dass der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, die Kieferknochensubstanz habe sich in den Bereichen der Spongiosa-Entnahme regeneriert. Die namens der Klägerin diskutierte Frage der unterschiedlichen Regenerationsfähigkeit des Kieferknochengewebes stellt sich danach abstrakt aber nicht. Der Sachverständige hatte die Klägerin am 12.04.2010 untersucht und dabei festgestellt, dass die durch die Spongiosa-Entnahme hervorgerufenen Knochendefekte nicht mehr bestehen. Einwendungen gegen diese Feststellung des Sachverständigen lassen sich dem Schriftsatz vom 20.07.2010 nicht entnehmen. Das Aufwerfen der Frage nach der abstrakten Regenerationsfähigkeit des Knochenmaterials impliziert nicht die Behauptung, bei der Klägerin sei es nicht zu einer Regeneration des Knochenmaterials gekommen, zumal die Frage nach der Regenerationsfähigkeit vorrangig im Zusammenhang mit der Behauptung der Klägerin, der Beklagte habe ihr versichert, dass das entfernte Material wieder nachwächst, stand, mit der die Klägerin dartun wollte, der Beklagte habe sie nicht ausreichend über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken aufgeklärt.

Ergänzend ist festzustellen, dass die Spongiosaentfernung für sich genommen schon deshalb nicht behandlungsfehlerhaft gewesen ist, weil die pathologische Untersuchung des entnommenen Materials nachträglich die Maßnahme legitimierte.

G) Komplikationen als Beleg für Behandlungsfehler

Soweit die Berufungsbegründung zum Ausdruck bringt, allein der Umstand, dass die Klägerin in Folge der Behandlung des Beklagten sich in stationäre Behandlung habe begeben müssen, belege Behandlungsfehler des Beklagten, verkennt sie die Rechtslage. Dass es zu Komplikationen, insbesondere zu entzündlichen Prozessen im Rahmen der Wundheilung nach einer Operation kommt, ist auch dann nicht per se Beleg für die Annahme eines Behandlungsfehlers des Arztes, wenn die Folgen der Komplikation für den Patienten besonders schwerwiegend sind. Dass die Klägerin infolge der Behandlung des Beklagten sich in stationäre Behandlung begeben musste, ist für sich genommen kein anspruchsbegründender Umstand.

Gleiches gilt für den unstreitigen Umstand, dass die Klägerin an Zahn 15 seit der prothetischen Versorgung durch den Beklagten an einer starken Kältereizempfindlichkeit leidet. Dass die Ursache hierfür ein Behandlungsfehler des Beklagten sein sollte, ist nicht ersichtlich.

H) Fälligkeit des zahnärztlichen Honorars

Die Rüge, der Anspruch auf Rückzahlung des von der Klägerin an den Beklagten bezahlten Honorars sei nach § 812 Abs. 1 BGB begründet, weil Pauschalhonorare nach der GOZ unzulässig sind und eine nach der GOZ als Fälligkeitsvoraussetzung für das zahnärztliche Honorar bestimmte Rechnung nicht vorliege, ist aus prozessualen Gründen unbeachtlich.

Gemäß § 520 Abs. 3 ZPO bestimmt der Berufungsführer mit den in der Berufungsbegründung erhobenen Rügen den Umfang der vom Berufungsgericht durchzuführenden Prüfung. Grundsätzlich ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass der Berufungsführer in der Berufungsinstanz auch noch zu einem späteren Zeitpunkt Angriffs- oder Verteidigungsmittel einführt (Heßler in Zöller, ZPO, 28. Auflage, § 520, Rn. 33a). Doch kommt dies gemäß § 530 ZPO nur in Betracht, wenn dadurch eine Verzögerung des Rechtsstreits im Sinne von § 296 Abs. 1 ZPO nicht bewirkt wird oder die nachträgliche Geltendmachung genügend entschuldigt ist. Hier würde die Berücksichtigung des Vorbringens im Nachgang zum dritten Termin vor dem Senat zu dem der Beklagte nicht mehr angehört werden konnte, zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen zumal nicht allein rechtliche Erwägungen anzustellen sind. Gründe dafür, warum nicht schon in der Berufungsbegründung der Einwand der Rückforderbarkeit des Honorars wegen fehlender Fälligkeit erhoben wurde, werden nicht benannt.

Aus demselben Grund ist die erstmals mit Schriftsatz vom 07.11.2012 in der Berufungsinstanz aufgestellte Behauptung, die Entfernung von Zahn 14 habe schulmedizinischen Grundsätzen widersprochen, was wohl implizieren soll, dieser sei gesund bzw. erhaltungsfähig gewesen, nicht mehr berücksichtigungsfähig.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

IV.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §708 Nr. 10, 711 ZPO.

V.

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Revisionszulassung liegen nicht vor. Die Beurteilung der Sach- und Rechtslage erfolgte in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung, wobei die Besonderheit des Falles (Kombination von zahnärztlicher Tätigkeit und Heilpraktikertätigkeit im Bereich schulmedizinisch nicht anerkannter Außenseitermedizin) einzelfallbezogen und einer verallgemeinernden Betrachtung kaum zugänglich ist.