OLG Hamburg, Urteil vom 01.07.2011 - 1 U 34/10
Fundstelle
openJur 2013, 1735
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 3, vom 8. Januar 2010 (Geschäfts-Nr. 303 O 452/05) wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte Amtshaftungsansprüche im Zusammenhang mit einem durch das Jugendamt Hamburg-Bergedorf zu begleitenden Umgang mit seinen Töchtern geltend.

Im Juli 2003 zog die inzwischen geschiedene Ehefrau des Klägers aus der Ehewohnung aus und begab sich in ein Frauenhaus, wobei sie die beiden gemeinsamen Töchter, nämlich J..., geboren am 5. April 1997, und I...-P..., geboren am 22. Dezember 1999, mitnahm.

Am 28. Oktober 2003 schlossen der anwaltlich vertretene Kläger und seine ebenfalls anwaltlich vertretene Ehefrau vor dem Amtsgericht Pinneberg, Familiengericht, im Rahmen eines Gesamtvergleichs eine Vereinbarung (Anlage K 1), wonach so schnell wie möglich ein betreuter Umgang zwischen dem Kläger und seinen Töchtern stattfinden sollte. In der Vereinbarung heißt es u.a.:

... Beide Kindeseltern werden sich umgehend mit dem für den jetzigen Wohnort der Kinder zuständigen Jugendamt Hamburg-Bergedorf in Verbindung setzen, um einen begleiteten Umgang zu installieren. Beide Kindeseltern werden bei der Durchführung des begleiteten Umgangs nach besten Kräften mitwirken. ...

Hintergrund war, dass die Ehefrau des Klägers behauptet hatte, der Kläger sei während des ehelichen Zusammenlebens gewalttätig geworden, was der Kläger bestreitet.

Am 18. November 2003 stellte sich der Kläger unter Vermittlung des zuständigen Sachbearbeiters des Jugendamts Hamburg-Bergedorf, des Diplom-Sozialpädagogen M... ..., zu einem Vorgespräch im Kinder- und Jugendhaus St. E... in Hamburg-Bergedorf vor. Die dort als Diplom-Sozialpädagogin tätige Frau W... sollte den Umgang des Klägers mit seinen Töchtern begleiten. Hierfür waren Termine am 26. November 2003, am 9. Dezember 2003 und am 15. Dezember 2003 vorgesehen.

Der Kläger, welcher die deutsche und die polnische Staatsangehörigkeit besitzt und neben seiner polnischen Muttersprache auch die deutsche Sprache beherrscht, teilte mit, dass er bei dem begleiteten Umgang auch Polnisch sprechen wolle. Vor der Trennung hatte die Ehefrau des Klägers, die deutsche Staatsangehörige ist, mit den Kindern Deutsch gesprochen. Der Kläger hatte sich mit den Kindern in polnischer Sprache verständigt. Frau W... erhob zunächst keine Einwände gegen die Vorstellungen des Klägers.

In der Folgezeit lehnte das Jugendamt Hamburg-Bergedorf den Wunsch des Klägers nach einem begleiteten Umgang in polnischer Sprache hingegen ab, weil das Kinder- und Jugendhaus St. E... nicht über eine Polnisch sprechende Mitarbeiterin verfüge. Am 24. November 2003 kam es zu einem Gespräch zwischen dem Zeugen Sc... und dem Kläger, über dessen Inhalt der Kläger ein Wortprotokoll (S. 7 ff. des Schriftsatzes des Klägers vom 25. November 2009, Bl. 137 ff. d.A.) anfertigte. Während einer Unterbrechung dieses Gesprächs hielt der Zeuge Sc... Rücksprache mit der Richterin des Amtsgerichts Pinneberg, die an der Aushandlung der Vereinbarung vom 28. Oktober 2003 beteiligt gewesen war. Sie erklärte, dass eine Durchführung des begleiteten Umgangs in polnischer Sprache nicht Gegenstand der Gerichtsverhandlung gewesen sei, der Wunsch des Klägers sei ihr neu, eine Durchführung des begleiteten Umgangs in polnischer Sprache werde von ihr nicht für sinnvoll gehalten.

Vom Jugendamt Hamburg-Bergedorf vor die Alternative gestellt, den begleiteten Umgang entweder ausschließlich in deutscher Sprache oder gar nicht durchzuführen, entschied sich der Kläger für letzteres. Die vereinbarten Umgangstermine wurden deshalb nicht wahrgenommen.

Mit Anwaltsschreiben vom 20. Januar 2004 stellte der Kläger den Antrag, den begleiteten Umgang über den Verein iaf (Verband binationaler Familien und Partnerschaften e.V.) zu organisieren, welcher sich bereit erklärt hatte, eine Polnisch sprechende Studentin zu vermitteln, was die Beklagte mit Bescheid vom 29. Januar 2004 (Anlage K 2) ablehnte. In dem Bescheid heißt es u.a.:

... Aus pädagogisch-, fachlicher Sicht ist anzumerken, dass es im Interesse der Kinder nicht nachvollziehbar ist, das die Zeit des begleiteten Umganges in polnischer Sprache erfolgen soll. Für die Kinder kann die Förderung in der deutschen Sprache nur vorteilhaft sein, da diese in diesem Land aufwachsen hier die Schulen besuchen, oder besuchen werden.

Hiergegen legte der Kläger am 1. März 2004 Widerspruch ein, der mit Bescheid der Beklagten vom 14. September 2004 (Anlage K 3) zurückgewiesen wurde.

Im Oktober 2004 erhob der Kläger zum Aktenzeichen 13 K 5078/04 Klage vor dem Verwaltungsgericht Hamburg. Im November 2004 zog die Ehefrau des Klägers mit den beiden Töchtern nach Wien. Am 12. Mai 2005 kam es in dem Scheidungsverfahren des Klägers und seiner Ehefrau zu einem Termin vor dem Amtsgericht Hamburg-Bergedorf. In diesem Termin schlossen die Eheleute eine Umgangsvereinbarung, in der es u.a. heißt:

... Die Parteien sind sich einig, dass schnellstmöglich wieder Umgang zwischen dem Kindesvater und seinen Kindern J... und I... stattfinden soll. Es wird insoweit vereinbart, dass die Kindesmutter am Wochenende vom 26. bis zum 29. Mai von Wien nach Hamburg mit den Kindern kommt und 2 begleitete Umgangskontakte mit dem Kindesvater ermöglicht. Insoweit soll das Jugendamt Hamburg-Bergedorf, und zwar Herr Sc... eingeschaltet werden, der eine Betreuungsperson für den begleiteten Umgang zur Verfügung stellen kann. Nach Auskunft des Kindesvaters heißt die Betreuungsperson V... F... ...

Wegen der näheren Einzelheiten der Umgangsvereinbarung wird auf das Protokoll dieser Sitzung vom 12. Mai 2005 Bezug genommen (Bl. 106 ff. d.A.).

Bei Frau F... handelt es sich um eine pädagogische Mitarbeiterin des Kinder- und Jugendhauses St. E... in Hamburg-Bergedorf, die Deutsch und Polnisch spricht. Tatsächlich fanden die Umgangskontakte des Klägers mit seinen Töchtern am 27. und 28. Mai 2005 in Anwesenheit einer ebenfalls Deutsch und Polnisch sprechenden Mitarbeiterin des Kinder- und Familienhilfezentrums Hamburg-Lohbrügge, der Zeugin M... D..., statt.

Anschließend erklärten die Parteien den Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Hamburg übereinstimmend für erledigt. Mit Beschluss vom 20. Juni 2005 (Anlage K 6) stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren ein und beschloss, dass Gerichtskosten nicht erhoben werden und die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens je zur Hälfte vom Kläger und der Beklagten getragen werden. In den Gründen heißt es:

... Hier entspricht es billigem Ermessen, die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits beiden Beteiligten je zur Hälfte aufzuerlegen, da es ohne umfangreiche Ermittlungen nicht möglich ist, eine Prognose über die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits zu treffen, wenn er nicht für erledigt erklärt worden wäre. Fraglich ist schon, ob der Kläger oder seine Kinder Anspruchsinhaber für die begehrte Unterstützung sind, und welches das erledigende Ereignis ist. Der Kläger sieht es in den beiden betreuten Umgangskontakten am 27./28. Mai 2005, was aber nicht seinem Klagantrag entsprechen dürfte. Möglicherweise liegt es auch im Wegzug der Kinder nach Wien. Andererseits sieht das Gericht durchaus einen Anspruch der Kinder und/oder ihres Vaters auf Unterstützung der Durchführung des Umgangs in polnischer Sprache, um die den Kindern vertraute Kommunikationsform beizubehalten und ihr bilinguales Aufwachsen zu unterstützen, was durchaus in ihrem Wohl liegt. Die Begründung für die Ablehnung der Unterstützung ist wohl kaum haltbar. ...

Mit Datum vom 27. Juni 2005 erhob der Kläger Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die an der Untersagung des Umgangs in polnischer Sprache beteiligten Personen. Weiter schaltete er die Presse (vgl. Anlage K 7), das polnische Generalkonsulat (vgl. Anlage K 5) und andere öffentliche wie private Institutionen (vgl. Anlage K 4 = K 8) ein. Schließlich wandte er sich an den Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments.

Mit Schreiben vom 5. Juli 2005 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung von Schmerzensgeld auf. Die Beklagte lehnte Schadensersatzleistungen mit Schreiben vom 13. Juli 2005, eingegangen beim Kläger am 15. Juli 2005, ab.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Schmerzensgeldbegehren weiter. Er ist der Ansicht, die Beklagte sei ihm aus §§ 839, 253 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zum Schadensersatz verpflichtet. Die Beklagte habe gegen ihre aus § 18 Abs. 3 SGB VIII folgende Verpflichtung zur Unterstützung des begleiteten Umgangs verstoßen. Gründe, die es ausnahmsweise hätten rechtfertigen können, eine Kommunikation zwischen ihm und seinen Kindern in der ihnen vertrauten polnischer Sprache zu versagen, hätten nicht vorgelegen. Aus der Umgangsregelung vor dem Amtsgericht Pinneberg folge nicht, dass der Umgang nur in deutscher Sprache habe erfolgen sollen. Nach Sinn und Zweck der Vereinbarung hätte es ausgereicht, wenn lediglich ein Pädagoge körperlich anwesend gewesen wäre, um die angeblich von Seiten des Klägers drohenden Gewalttätigkeiten auszuschließen. Jedenfalls sei nicht ausreichend geprüft worden, ob ein Polnisch sprechender Pädagoge zur Verfügung gestanden habe, was – wie der Zeuge Sc... gewusst habe – in Person der Zeuginnen F... und D... der Fall gewesen sei. Der Gesichtspunkt, dass ein Umgang in deutscher Sprache für die Förderung der Kinder nur vorteilhaft sein könne, da sie in der Bundesrepublik Deutschland aufwachsen, die Schule besuchen oder besuchen werden, sei im Rahmen des § 18 Abs. 3 SGB VIII nicht tragfähig. Die Weigerung der Beklagten habe gegen den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991 verstoßen. Dies sei zumindest grob fahrlässig geschehen.

Die Beklagte habe durch ihr Verhalten das Umgangsrecht (§ 1684 Abs. 1 2. Hs. BGB) und das Sorgerecht (§ 1626 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB) des Klägers verletzt. Damit sei sein durch Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 2 EMRK geschütztes Grund- und Menschenrecht auf Achtung des Familienlebens beeinträchtigt. Weiter liege eine Verletzung seiner Ehre und Würde als polnisch-stämmiger und polnisch-sprachiger Bürger der Bundesrepublik Deutschland und seines durch Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor. Es handele sich um eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung, da er für einen Zeitraum von fast 23 Monaten nicht in der Lage gewesen sei, seine Elternaufgabe auszuüben und die Kinder die polnische Sprache inzwischen komplett verlernt hätten. Hierdurch sei die Begabung der Kinder zum Erlernen mehrerer Sprachen, ihre Identifikationsfähigkeit mit der polnischen Kultur und ihre Beziehung zum Kläger dauerhaft beeinträchtigt worden. Eine Genugtuung auf andere Weise durch Unterlassung, Gegendarstellung oder Widerruf sei nicht möglich.

Angesichts seines Rechts, in seiner Muttersprache mit seinen Kindern zu kommunizieren und ihnen eine bilinguale Beziehung zukommen zu lassen, könne ihm nicht vorgehalten werden, dass er sich nur auf die von der Beklagten vorgegebenen Bedingungen hätte einlassen müssen, damit er seine Kinder hätte sehen können.

Es sei ihm auch nicht vorzuwerfen, dass er es unterlassen habe, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Er habe alles in seiner Macht Stehende unternommen, um gegen die Haltung des Bezirksamts Hamburg-Bergedorf vorzugehen. Über die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung gegen den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2004 zu erwirken, sei er nicht belehrt worden. Ein Verschulden seines damaligen anwaltlichen Vertreters könne ihm nicht zugerechnet werden, weil hier der Verantwortungsbereich des Staates und nicht der Verantwortungsbereich dritter Personen wie eines Anwalts berührt sei. Es sei auch nicht sicher, dass sein Begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eher Erfolg gehabt hätte als im Wege des tatsächlich in Anspruch genommenen Rechtsschutzes in der Hauptsache. Vor dem von ihm angerufenen Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments habe eine Frau G... Sc... (phon.) in Vertretung der Bundesrepublik Deutschland am 7. Juni 2007 die als Anlage zum Protokoll vom 27. November 2009 gereichte Erklärung (Bl. 145 ff. d.A.) abgegeben, in welcher ein aufrichtiges Bedauern über das Vorgehen des Jugendamts zum Ausdruck gebracht worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn – den Kläger – ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld – mindestens jedoch in Höhe von € 15.000,00 nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Juli 2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, dass die Voraussetzungen für einen Schmerzensgeldanspruch gemäß § 847 BGB nicht erfüllt seien. Auch eine zu einer Geldentschädigung verpflichtende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers liege nicht vor. Eine Amtspflichtverletzung sei nicht gegeben. Dem Kläger sei die Wahrnehmung seines Umgangsrechts durch die Bereitstellung von Terminen im Kinder- und Jugendhaus St. E... ermöglicht worden. Es sei allein dem Kläger zuzurechnen, dass er seine Kinder nicht gesehen habe, weil er darauf bestanden habe, sich mit ihnen ausschließlich in polnischer Sprache unterhalten zu wollen, obwohl eine fachlich kompetente Person mit polnischen Sprachkenntnissen bei dieser Stelle nicht zur Verfügung gestanden habe. Sie, die Beklagte, habe auch keine solche Person zur Verfügung stellen müssen, da der Umgang in polnischer Sprache nicht Gegenstand der Vereinbarung vor dem Amtsgericht Pinneberg gewesen sei. Wenn es dem Kläger um das Wohl der Kinder gegangen wäre, wäre es ihm durchaus zumutbar gewesen, sich bei den wenigen betreuten Umgangskontakten der deutschen Sprache zu bedienen.

Soweit der Kläger nicht alle in Betracht kommende Rechtsmittel ausgeschöpft habe, könne er sich nicht darauf berufen, dass er diese nicht gekannt habe, weil er sich die Kenntnis seines anwaltlichen Vertreters zurechnen lassen müsse. Der Inhalt der nicht in Form eines offiziellen Protokolls zur Akte gereichten Rede einer Vertreterin der Bundesrepublik Deutschland vor dem Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments stelle kein Schuldeingeständnis der Beklagten dar.

Mit Urteil vom 8. Januar 2010 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgelds aus § 253 Abs. 2 BGB habe der Kläger nicht, weil keines der dort genannten Rechtsgüter verletzt sei. Auch ein Anspruch auf eine immaterielle Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts stehe dem Kläger nicht zu. Durch das Verhalten der Beklagten sei ihm nicht für die Dauer von 23 Monaten der Umgang mit seinen Töchtern vorenthalten worden. Vielmehr sei ihm für die Dauer von etwa einem Jahr nicht ermöglicht worden, während des – möglichen – Umgangs mit seinen Töchtern Polnisch zu sprechen. Ein darin etwa liegender Eingriff sei nicht so schwerwiegend, dass entgegen der gesetzlichen Regelung des § 253 Abs. 1 BGB hier ausnahmsweise ein immaterieller Schaden durch Geldzahlung auszugleichen sei. Die Vorgabe der Beklagten, den Umgang in deutscher Sprache zu führen, stelle keine Herabsetzung des Klägers und seiner polnischen Staatsangehörigkeit dar. Es habe lediglich sichergestellt werden sollen, dass die Begleitperson den Gesprächen folgen könne. Aus dem Vortrag des Klägers zu einer Erklärung einer Vertreterin der Bundesrepublik Deutschland vor dem Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments ergebe sich nichts Anderes. Vielmehr habe der Kläger durch eine solche Erklärung bereits eine derartige Genugtuung erfahren, dass eine zusätzliche Geldentschädigung nicht geboten sei. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Urteilsausfertigung (Bl. 179 ff. d.A.) Bezug genommen.

Gegen das ihm am 14. Januar 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 15. Februar 2010 (einem Montag) eingegangen Schriftsatz Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel mit einem am 13. April 2010 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 14. April 2010 verlängert worden war.

Der Kläger wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er hält daran fest, dass ihm ein Anspruch auf Schmerzensgeld gemäß §§ 839, 253 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG wegen einer schuldhaften Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch den Dipl.-Sozialpädagogen Sc... zustehe, weil dieser dafür verantwortlich sei, dass der mit dem Auszug von Ehefrau und Kindern im Juli 2003 unterbrochene Kontakt mit seinen Töchtern nicht wiederhergestellt worden sei. Die Umgangsbegleitung habe keine Gesprächsüberwachung erfordert, sondern nur die Präsenz einer Person, die einer – hier auch nur vermeintlichen – Gefahr der Misshandlung oder Entführung begegne. Durch die vollständige Untersagung der polnischen, also der vertrauten gemeinsamen Sprache sei die Würde des Klägers und seiner Töchter missachtet worden. Dies stelle einen Eingriff in den Kernbereich der Grundrechte auf Achtung der Menschenwürde und der Familie dar. In völliger Verkennung der kulturanthropologischen Qualität des Gebrauchs der im familiären persönlichen Umgang gewohnten und damit die persönliche, vertraute Interaktion tragenden Bedeutung der Sprache habe das angefochtene Urteil an der Verleugnung und Verweigerung des Rechts auf Achtung der Familie mitgewirkt. Vor dem Hintergrund einer historisch dramatischen Geschichte zwischen Polen und Deutschland mit Vorläufern eines Polnisch-Verbots unter deutscher Besatzung habe der vorliegende Fall in Polen und auch in Deutschland tief verwurzelte Ängste und Erinnerungen hervorgerufen. Mit den geradezu böswilligen Aktionen der Beamten des Jugendamts Hamburg-Bergedorf zur Hintertreibung des von zwei Gerichten bestätigten Umgangsanspruchs des Klägers mit seinen Töchtern habe sich das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zudem nicht auseinandergesetzt. Insbesondere sei nicht gewürdigt worden, dass die Bediensteten der Beklagten wahrheitswidrig behauptet hätten, eine polnisch-sprachige Begleitung sei nicht verfügbar, der Kläger habe nur Polnisch mit seinen Kindern sprechen wollen, er wolle die Kinder entführen, er sei bereits polizeilich bekannt wegen illegalen Waffenbesitzes und anderer Delikte, er habe die angebotenen Termine aus Sturheit nicht wahrgenommen (nicht, weil sie vom Jugendamt abgesagt worden seien), und er habe Mitarbeiter des Jugendamts als „faschistoid“ beschimpft.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 8. Januar 2010 abzuändern;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn – den Kläger – ein Schmerzensgeld von € 15.000,00 nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Juli 2005 zu zahlen;

3. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

Berufung und Hilfsantrag zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, wobei sie ebenfalls ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft. Da – ohne ihr Zutun – vor dem Familiengericht ein begleiteter Umgang zwischen dem Kläger und seinen Kindern vereinbart worden sei, zu dem es regelmäßig nur dann komme, wenn Gefahr für das Kindeswohl bestehe, habe sie davon ausgehen müssen, dass der Kläger eine solche Gefahr für seine Kinder darstelle. Auf Grund ihrer Verpflichtung, vornehmlich das Kindeswohl zu sichern, habe sie darauf achten müssen, für den begleiteten Umgang nur bekannte und qualifizierte Personen heranzuziehen. Eine Polnisch sprechende Fachkraft sei nicht so kurzfristig verfügbar gewesen, dass die drei im November und Dezember 2003 zur Verfügung gestellten Umgangstermine hätten durchgeführt werden können. Durch die von ihr getroffenen Maßnahmen sei dem Kläger und seinen Kindern ein Umgang in zumutbarer Weise ermöglicht worden, nämlich in der Sprache des Landes, in dem sie wohnten, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen und die sie auch bestens beherrschen. Im Übrigen habe sie nicht aus eigener Veranlassung einen Umgang nur in deutscher Sprache organisiert, sondern auf Empfehlung der mit der Familiensache befassten Richterin. Der Kläger habe es sich selbst zuzuschreiben, dass er schließlich darauf bestanden habe, ausschließlich in polnischer Sprache mit seinen Kindern zu sprechen und dass er deshalb die bereits abgestimmten Umgangstermine nicht wahrgenommen bzw. schon vorher abgesagt habe. Eine Diskriminierung der polnischen Sprache oder Kultur habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Etwaige geschichtliche Spannungen zwischen Deutschland und Polen spielten für dieses Verfahren keine Rolle. Sie, die Beklagte, habe den Kläger nie feindselig oder gar diskriminierend behandelt, sie habe ihn auch nie bewusst geschädigt. Etwaige andere Behauptungen des Klägers seien ausdrücklich zu bestreiten.

II.

1. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein auf Zahlung einer Geldentschädigung gerichteter Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG im Hinblick darauf zu, dass diese es ihm nicht ermöglicht hat, den am 28. Oktober 2003 (Anlage K 1) zwischen dem Kläger und seiner damals getrennt lebenden, inzwischen geschiedenen Ehefrau vor dem Familiengericht des Amtsgerichts Pinneberg vereinbarten begleiteten Umgang mit seinen Töchtern J... und I...-P... zumindest auch in polnischer Sprache wahrzunehmen. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob den Mitarbeitern des Jugendamts des Bezirksamts Bergedorf in Bezug auf die Unterstützung des Klägers gemäß § 18 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB VIII bei der Durchführung des begleiteten Umgangs eine schuldhafte Amtspflichtverletzung vorzuwerfen ist, weil jedenfalls die Voraussetzungen, unter denen wegen des hier geltend gemachten Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, ausnahmsweise eine Entschädigung in Geld verlangt werden kann, nicht gegeben sind.

Für die vorliegend beanspruchte Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist anerkannt, dass es sich im eigentlichen Sinne nicht um ein Schmerzensgeld (jetzt: § 253 Abs. 2 BGB) handelt, sondern um einen Ausgleichsanspruch, der auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 GG zurückgeht. Die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Anders als beim Schmerzensgeldanspruch steht bei dem Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Ausgehend hiervon besteht bei einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach ständiger Rechtsprechung des BGH, welcher der Senat folgt, nur dann ein Anspruch auf Ersatz eines ideellen Schadens, wenn es sich um eine schwerwiegende Verletzung handelt und die Beeinträchtigung nach der Art der Verletzung nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann, was von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie vom Grad seines Verschuldens abhängt (Nachweise bei Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl. 2011, § 823 Rdn. 124).

Der Kläger genügt seiner Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Entschädigungsanspruchs nicht, wenn er – wie zuletzt in seinem Schriftsatz vom 30. Mai 2011 (dort S. 1 f., Bl. 246 f. d.A.) zum Stichwort „Polnischverbot“ – darauf verweist, dass durch die mit Bescheid vom 29. Januar 2004 (Anlage K 2) und Widerspruchsbescheid vom 14. September 2004 (Anlage K 3) ausgesprochene Versagung eines betreuten Umgangs in polnischer Sprache, in der er als aus Polen stammender Elternteil mit seinen bilingual erzogenen Töchtern bis dahin stets gesprochen habe, sein Anspruch auf Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts gemäß § 18 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII verletzt worden und er in seinem grundgesetzlich geschützten Elternrecht (Art. 6 Abs. 1 GG) sowie in seinem europarechtlich geschützten Recht auf Achtung der Familie (Art. 8 EMRK) beeinträchtigt worden sei, wovon zu seinen Gunsten ausgegangen werden kann. Wie der BGH klargestellt hat (Urteil vom 4. November 2004, III ZR 361/03, BGHZ 161, 33 ff., hier zitiert nach juris, Rdn. 12 ff.; nachgehend BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 27. Dezember 2005, 1 BvR 1359/05, NJW 2006, 1580 f., hier zitiert nach juris, Rdn. 17), besteht nicht einmal zwischen einer Verletzung der gemäß Art. 1 Abs. 1 GG unantastbaren Menschenwürde und der Zuerkennung einer Geldentschädigung ein zwingendes Junktim. Dies gilt erst Recht für eine Verletzung des aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG entwickelten allgemeinen Persönlichkeitsrechts (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 27. Dezember 2005, 1 BvR 1359/05, a.a.O.). Es bedarf daher auch im vorliegenden Fall der Feststellung, ob die behaupteten Rechtsverletzungen eine zusätzliche Wiedergutmachung durch eine Geldentschädigung fordern. Dies ist bei der gebotenen Gesamtwürdigung nicht der Fall.

Gegen das vom Kläger gerügte Verhalten von Bediensteten der Beklagten standen ihm ausreichend Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung. Zum einen konnte er gegen den Widerspruchsbescheid vom 14. September 2004 Klage beim Verwaltungsgericht Hamburg erheben. Von dieser Möglichkeit hat der Kläger durch seine zum Aktenzeichen 13 K 5078/04 beim Verwaltungsgericht Hamburg erhobene Klage Gebrauch gemacht, über die nur deshalb nicht in der Sache entschieden worden ist, weil die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wie sich aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 20. Juni 2005 (Anlage K 6) ergibt. Zum anderen hätte der bereits seinerzeit anwaltlich vertretene Kläger einen Antrag auf einstweilige Anordnung beim Verwaltungsgericht Hamburg stellen können. Dass er dies nicht getan hat, liegt in seinem Verantwortungsbereich, wobei er sich ein Verschulden des ihn vertretenden Rechtsanwalts zurechnen lassen muss. Davon, dass die Gefahr bestanden hätte, der Schutz seines Persönlichkeitsrechts würde ohne die Zuerkennung einer Geldentschädigung verkümmern, kann nach alledem vorliegend nicht die Rede sein.

Genugtuung hat der Kläger im Übrigen bereits dadurch erhalten, dass es in dem Kostenbeschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 20. Juni 2005 (Anlage K 6) heißt, die von der Beklagten gewählte Begründung für die Ablehnung des Begehrens des Klägers sei kaum haltbar, weil ein Anspruch der Kinder und/oder ihres Vaters auf Unterstützung der Durchführung des Umgangs in polnischer Sprache bestehe, um die den Kindern vertraute Kommunikationsform beizubehalten und ihr bilinguales Aufwachsen zu unterstützen, was durchaus in ihrem Wohl liege. Hinzu kommt, dass auf eine an das Europäische Parlament gerichtete Petition des Klägers die Vertreterin der deutschen Behörden G...am 7. Juni 2007 nach dem Vortrag des Klägers eine Erklärung abgegeben hat, welches auch in einem Arbeitsdokument des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments zum Thema „Angeblich diskriminierende und willkürliche Maßnahmen von Instanzen der Kinder- und Jugendhilfe in bestimmten Mitgliedsstaaten und insbesondere der Jugendämter in Deutschland“ vom 28. Januar 2009 (PE418.136v04-00, dort S. 4, abzurufen unter www...eu) zitiert wird, in der sie ihr Bedauern über das von ihr u.a. als unprofessionell kritisierte Vorgehen des Jugendamts im vorliegenden Fall zum Ausdruck bringt (Anlage zum Protokoll des Landgerichts Hamburg vom 27. November 2009, Bl. 145 ff. d.A.).

Der hier in Rede stehende Eingriff ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände auch nicht von einer solchen Schwere, dass ungeachtet des Bestehens anderweitiger Rechtsschutz- bzw. Genugtuungsmöglichkeiten eine Geldentschädigung geboten wäre.

Entgegen der Darstellung des Klägers (S. 8 der Klagschrift, Bl. 8 d.A.; S. 2 der Berufungsbegründung, Bl. 207 d.A.) kann die Beklagte nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass sein Kontakt mit seinen Kindern über einen Zeitraum von fast 23 Monaten unterbrochen war. Ein Zeitraum von fast 23 Monaten liegt zwischen dem Auszug der Ehefrau des Klägers und den Kindern aus dem gemeinsamen Haushalt im Juli 2003 und den erstmals am 27. und 28. Mai 2005 durchgeführten begleiteten Umgangskontakten des Klägers mit seinen Kindern. Die Beklagte ist jedoch erst aufgrund der Vereinbarung vom 28. Oktober 2003 im November 2003 mit der Angelegenheit befasst worden. Im November 2004 verzog die Ehefrau des Klägers mit den beiden Töchtern aus dem Zuständigkeitsbereich des Jugendamts Hamburg-Bergedorf nach Österreich, so dass es erst durch Vermittlung des Familienrichters im Scheidungstermin vom 12. Mai 2005 gelang, die Ehefrau zu einem Besuch in Hamburg mit den Kindern Ende Mai 2005 zu bewegen, der für die erwähnten Umgangskontakte genutzt werden konnte. Dass die Beklagte es abgelehnt hat, Umgangskontakte des Klägers mit seinen Kindern in polnischer Sprache zu begleiten, kann sich danach allenfalls dahin ausgewirkt haben, dass solche Kontakte im Zeitraum von Ende November 2003 bis November 2004 unterblieben sind.

Wegen eines wesentlichen Teils des o.g. Zeitraums besteht ferner deshalb keine Ersatzpflicht, weil der Kläger es fahrlässig versäumt hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, § 839 Abs. 3 BGB. Er hätte die Möglichkeit gehabt, vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Hamburg in Anspruch zu nehmen. Dabei handelte es sich um ein grundsätzlich zur Schadensabwehr i.S.d. § 839 Abs. 3 BGB geeignetes Rechtsmittel (Palandt/Sprau, a.a.O., § 839 Rdn. 69 m.w.N.). An der Schuldhaftigkeit des Nichtgebrauchs dieses Rechtsmittels ändert entgegen der Meinung des Klägers (S. 1 f. des Schriftsatzes des Klägers vom 11. Juli 2006, Bl. 65 d.A.) der Umstand nichts, dass darauf in den ihm erteilten Rechtsmittelbelehrungen nicht hingewiesen worden ist, denn er war seinerzeit anwaltlich vertreten und muss sich etwaige Säumnisse seines Anwalts zurechnen lassen. Wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig war, ist auch anzunehmen, dass er im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg gehabt hätte. Hierfür sprechen ferner die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Hamburg im Zusammenhang mit der Erledigung des Hauptsacheverfahrens (S. 2 der Anlage K 6). Dass eine Entscheidung im Eilverfahren angesichts der keinen langen Aufschub duldenden Materie deutlich vor November 2004 zu erlangen gewesen wäre, drängt sich auf.

Auch in dem verbleibenden Zeitraum wurde dem Kläger der Kontakt mit seinen Kindern durch das Ansinnen der Beklagten, den begleiteten Umgang in deutscher Sprache durchzuführen, nicht unmöglich gemacht, weil sowohl der Kläger als auch seine Kinder die deutsche Sprache beherrschen. Dem Kläger wurde auch nicht für den gesamten Zeitraum zugemutet, auf den Gebrauch seiner polnischen Muttersprache beim persönlichen Kontakt mit seinen Kindern zu verzichten. Bereits drei oder vier Termine eines begleiteten Umgangs hätten genügen können, um in der Folgezeit einen unbegleiteten Umgang zu ermöglichen (S. 8 der Anlage K 3).

Dass es in der Folgezeit zu einer Verhärtung der beiderseitigen Positionen kam, die dazu führte, dass der Kläger lange Zeit überhaupt keinen Kontakt mehr mit seinen Töchtern hatte, so dass sie die polnische Sprache schließlich verlernten, ist zwar durch das Verhalten der Beklagten ausgelöst worden, rechtfertigt im Rahmen der vorliegend gebotenen wertenden Gesamtwürdigung indes keine Geldentschädigung. Anlass und Beweggrund des Handelns der Bediensteten der Beklagten bestand jedenfalls nicht darin, einen solchen Verlauf zu bewirken, sondern die vor dem Familiengericht des Amtsgerichts Pinneberg am 28. Oktober 2003 getroffene Vereinbarung umzusetzen. Auch wenn man darüber streiten kann, ob das Verhalten der Bediensteten der Beklagten bei objektiver Betrachtung dem Kindeswohl entsprach, ist ihnen zu Gute zu halten, dass es ihnen subjektiv um nichts Anderes ging. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Bediensteten der Beklagten immerhin auf die Erläuterung der zuständigen Familienrichterin stützen konnten, welche auf Rückfrage erklärt hatte, dass ein begleiteter Umgang in polnischer Sprache nicht Gegenstand der maßgeblichen Gerichtsverhandlung gewesen sei und von ihr auch nicht für sinnvoll gehalten werde (S. 3 des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2004, Anlage K 3). Diese Äußerung mag für die Entscheidung der Beklagten nicht bindend gewesen sein, schon weil die Regelung über den begleiteten Umgang nicht auf einer gerichtlichen Anordnung beruhte, zeigt aber, dass sie sich darum bemüht hat, die Vorgaben ihrer Einschaltung aufzuklären und relativiert damit ein etwaiges Verschulden.

Die streitige Sprachregelung betraf im Übrigen lediglich einen Teilaspekt seines der Privatsphäre zuzurechnenden Elternrechts, nämlich die Möglichkeit, im Rahmen persönlicher Begegnungen zu versuchen, die während des Zusammenlebens der Familie begonnene, durch die Trennung der Eltern und den Verbleib der Kinder bei der deutschen und deutschsprachigen Mutter ohnehin schon gefährdete bilinguale Erziehung fortzusetzen. Der Senat verkennt nicht den Wert einer bilingualen Erziehung und die besondere Bedeutung, die diese in der hier in Rede stehenden Lebenssituation des Klägers hatte. Dies ändert nichts daran, dass bei der Entscheidung über eine Geldentschädigung zu berücksichtigen ist, in welchen der vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützten Bereiche, nämlich Intimsphäre, Privatsphäre oder Sozialsphäre, eingegriffen worden sein soll (Palandt/Sprau, a.a.O., § 823 Rdn. 124, 96, 87 m.w.N.), und dass dies hier nicht der am stärksten geschützte Bereich, nämlich die Intimsphäre, war.

Es kann vorliegend nicht zusätzlich in die Waagschale geworfen werden, dass die Bildungs- und Berufsaussichten seiner Töchter darunter leiden könnten, dass ihnen die Chance einer Aufrechterhaltung und Festigung ihrer polnischen Sprachkenntnisse durch begleitete Umgangskontakte in polnischer Sprache genommen worden seien. Die insofern etwa beeinträchtigten Rechte stünden seinen Töchtern zu und können daher nicht vom Kläger aus eigenem Recht zur Begründung einer ihm zu gewährenden Entschädigung geltend gemacht werden.

Entgegen dem Empfinden des Klägers liegt auch keine Verletzung seiner Ehre und Würde als polnisch-sprachiger und polnisch-stämmiger Bürger der Bundesrepublik Deutschland vor. Das Verhalten der Bediensteten der Beklagten lässt nicht erkennen, dass sie den Kläger wegen seiner polnischen Herkunft nicht in der gebotenen Weise geachtet oder die polnische Sprache im Vergleich zur deutschen Sprache als „minderwertig“ angesehen hätten. Das Problem, ob der begleitete Umgang auch in einer Fremdsprache durchgeführt werden kann, hätte sich bei jeder anderen Fremdsprache, deren Beherrschung bei den hierfür vorgesehenen Begleitpersonen nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann, gleichermaßen gestellt. Soweit den Bediensteten der Beklagten bei der Lösung dieses Problems Versäumnisse unterlaufen sein sollten, war damit keine Herabsetzung des Klägers als Person im Hinblick auf sein Vaterland oder seine Muttersprache verbunden.

Aus den vom Kläger in Ziff. 11. seiner Berufungsbegründung (Bl. 212 f. d.A.) unter Bezugnahme auf seinen Schriftsatz vom 21. Dezember 2009 (Bl. 164 ff. d.A.) behaupteten Verhaltensweisen der auf Seiten der Beklagten tätigen Amtsträger folgt keine andere Beurteilung. Es bedarf namentlich keiner Entscheidung, ob der Kläger die für den begleiteten Umgang mit seinen Kindern vorgesehenen Termine absagte, wie es die Beklagte darstellt (S. 1 der Anlage K 2; S. 1, 3 der Berufungserwiderung, Bl. 220, 222 d.A.), oder ob die Wertung des Klägers zutrifft, wonach in dem am 24. November 2003 mit dem Verwaltungsbeamten Sc... geführten Gespräch eine Absage der Treffen mit seinen Kindern von Seiten der Beklagten zu sehen sei (S. 2 des Schriftsatzes des Klägers vom 20. Oktober 2005, Bl. 21 d.A.; S. 4, 7 ff. des Schriftsatzes des Klägers vom 25. November 2009, Bl. 134, 137 ff. d.A.; S. 4 des Schriftsatzes des Klägers vom 21. Dezember 2009, Bl. 167 d.A.; S. 7 der Berufungsbegründung, Bl. 212 d.A.). Maßgeblich ist vielmehr, dass die Durchführung des begleiteten Umgangs letztlich an dem Streit über die Frage scheiterte, ob der Kläger bei diesen Treffen mit seinen Kindern Polnisch sprechen durfte oder nicht. Ob der Kläger von vornherein den Wunsch äußerte, sich mit seinen Kindern ausschließlich in polnischer Sprache unterhalten zu wollen, wie die Beklagte behauptet (S. 1 der Anlage K 2; S. 2 der Klagerwiderung, Bl. 19 d.A.; S. 2 des Schriftsatzes der Beklagten vom 1. Juni 2006, Bl. 63 d.A.; S. 2 des Schriftsatzes der Beklagten vom 18. Dezember 2009, Bl. 160 d.A.), oder ob der Kläger zunächst noch beabsichtigte, mit seinen Kindern sowohl in polnischer als auch in deutscher Sprache zu kommunizieren und erst auf Grund der ablehnenden Haltung der Beklagten auf dem ausschließlichen Gebrauch der polnischen Sprache bestand, wie der Kläger vorträgt (S. 1 f. des Schriftsatzes des Klägers vom 20. Oktober 2005, Bl. 20 f. d.A.; S. 2, 4 des Schriftsatzes des Klägers vom 25. November 2009, Bl. 132, 134 d.A.; S. 3 des Protokolls vom 27. November 2009, Bl. 143 d.A.; S. 3, 5 des Schriftsatzes des Klägers vom 21. Dezember 2009, Bl. 166, 168 d.A.; S. 4, 7 der Berufungsbegründung, Bl. 209, 212 d.A.), bedarf ebenfalls keiner Klärung. Es muss auch nicht festgestellt werden, ob die Behauptung der Beklagten der Wahrheit entspricht, ihr habe keine fachlich kompetente Begleitperson mit polnischen Sprachkenntnissen zur Verfügung gestanden (S. 3 des Schriftsatzes der Beklagten vom 1. Juni 2006, Bl. 64 d.A.), oder ob der Vortrag des Klägers richtig ist, wonach die Polnisch sprechenden Pädagoginnen D... und F... hätten hinzugezogen werden können (S. 3 der Klagschrift, Bl. 3 d.A.; S. 5 des Schriftsatzes des Klägers vom 25. November 2009, Bl. 135 d.A.; S. 3 des Protokolls vom 27. November 2009, Bl. 143 d.A.; S. 3 f. des Schriftsatzes des Klägers vom 21. Dezember 2009, Bl. 166 f. d.A.). Diese Umstände könnten allenfalls für die Frage eine Rolle spielen, ob das Verhalten der Bediensteten der Beklagten schuldhaft amtspflichtwidrig war, welche hier offen bleiben kann. Selbst wenn der Vortrag des Klägers zutreffen sollte, könnte die abweichende Darstellung der Beklagten nicht als entschädigungspflichtiger Angriff auf die Würde des Klägers angesehen werden.

Soweit in der Sachakte der Beklagten davon die Rede sein soll, dass die Ehefrau des Klägers befürchte, der Kläger werde seine Kinder nach Polen entführen, und dass „man“ mitgeteilt habe, es gebe Vorgänge über den Kläger wegen illegalen Waffenbesitzes und anderer Delikte (S. 5 des Schriftsatzes des Klägers vom 25. November 2009, Bl. 135 d.A.; S. 3 des Schriftsatzes des Klägers vom 21. Dezember 2009, Bl. 166 d.A.; S. 7 der Berufungsbegründung, Bl. 212 d.A.), handelt es sich um die Wiedergabe fremder Beschuldigungen (nämlich der Ehefrau des Klägers bzw. einer anonymen Person). Dass ein Bediensteter der Beklagten die Richtigkeit der erwähnten Beschuldigungen als gesichert dargestellt hätte, ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen, und auch nicht, dass davon etwas nach außen gedrungen wäre oder Eingang in die Entscheidungen der Beklagten gefunden hätte, so dass auch diese Behauptungen einen Entschädigungsanspruch des Klägers nicht rechtfertigen können.

Die – soweit ersichtlich, erstmals in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 21. Dezember 2009 (dort S. 3, Bl. 166 d.A.; S. 7 f. der Berufungsbegründung, Bl. 212 f. d.A.) – aufgestellte Behauptung des Klägers, das Protokoll des Widerspruchsausschusses vom 10. September 2004 enthalte eine absichtliche Falschdarstellung, wonach der Kläger Mitarbeiter des Jugendamtes als faschistoid beschimpft habe, ist nicht nachzuvollziehen. Weder liegt dem Senat das besagte Protokoll vor, noch ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers, wer einen solchen Vorwurf gegen ihn erhoben und in welchem Zusammenhang die angebliche Äußerung gestanden haben soll. Auch für einen Beweisantritt des Klägers ist insofern nichts ersichtlich. Es kann daher offen bleiben, wie ein solcher Vorwurf ggfs. zu werten wäre.

Soweit der Kläger schließlich auf Ängste und Erinnerungen verweist, die der vorliegende Fall vor dem Hintergrund einer historisch dramatischen Geschichte zwischen Polen und Deutschland in beiden Ländern, vor allem aber in Polen, hervorgerufen habe (S. 6 f. der Berufungsbegründung, Bl. 211 f. d.A.), ist zu bemerken, dass die Verarbeitung solcher Ängste und Erinnerungen im politischen Raum zu leisten ist, nicht aber Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sein kann. Daran ändern auch seine Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 30. Mai 2011 (dort S. 2 f., Bl. 247 f. d.A.) nichts. Liegt, wie oben ausgeführt, bei zutreffender Betrachtung keine Verletzung der Ehre und Würde des Klägers als polnisch-sprachiger und polnisch-stämmiger Bürger der Bundesrepublik Deutschland vor, so gewinnt der vorliegende Vorgang nicht deshalb an Gewicht, weil der Kläger und möglicherweise auch andere Personen einen tatsächlich nicht bestehenden Zusammenhang zwischen Gräueltaten, die der frühere deutsche Staat an Polen beging, und der hier in Rede stehenden Auseinandersetzung über die Durchführung des begleiteten Umgangs des Klägers mit seinen Töchtern herstellen. Wenn der Senat als Teil der deutschen Staatsgewalt etwas dazu beizutragen hat, durch den vorliegenden Sachverhalt ggfs. ausgelösten Irritationen im deutsch-polnischen Verhältnis entgegen zu wirken, so ist dies die Klarstellung, dass es hier nicht um eine Geringschätzung der polnischen Sprache und Kultur geht.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist gemäß § 708 Nr. 10, 713 ZPO ergangen.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Es handelt sich vorliegend vielmehr um die Entscheidung eines Einzelfalls auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruchs wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts.