FG des Saarlandes, Urteil vom 01.03.2005 - 1 K 216/04
Fundstelle
openJur 2010, 995
  • Rkr:

Keine gesonderte Anfechtung von Feststellungen in einem Betriebsprüfungsbericht (§§ 118, 202 AO; §

Die in einem Prüfungsbericht getroffenen Feststellungen sind nicht mit einem Rechtsbehelf gesondert anfechtbar. Der Prüfungsbericht ist kein nach § 40 FGO anfechtbarer Verwaltungsakt. Anfechtbar sind nur die auf Grund des Prüfungsberichtes erlassenen Steuerbescheide.

Tatbestand

Die Klägerin, eine GmbH, betreibt - soweit ersichtlich - ein Unternehmen der Immobilienverwaltung. Der Beklagte hat durch die zuständige Prüfungsstelle des Finanzamt A bei Klägerin eine Umsatzsteuersonderprüfung für 2003 durchführen lassen, deren Feststellungen in dem Bericht vom 3. August 2004 niedergelegt sind (Bl. 5 ff.). Die Feststellungen sind imSeptember 2004 ausgewertet worden. Ein Umsatzsteuerbescheid für das Kalenderjahr 2003 ist mangels Jahreserklärung noch nicht ergangen. Die Änderungsbescheide für das erste bis dritte Vierteljahr 2003 sowie für Oktober, November und Dezember 2003 wurden am 20. September 2004 zur Post gegeben.

Am 17. August 2004 erhob die Klägerin beim Finanzgericht die vorliegende Klage, mit der sie sich gegen die Feststellungen des Prüfungsberichtes wendet und die Anordnung einer erneuten Umsatzsteuersonderprüfung begehrt. Gleichzeitig hat sie den Antrag gestellt, die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 2003 auszusetzen (Bl. 2). Der Senat hat diesen Antrag durch Beschluss vom 25. Oktober 2004 1 V 217/04 als unzulässig zurückgewiesen.

Die Klägerin beantragt (Bl. 1 f.),

1. die Feststellungen des Prüfungsberichtes vom 3. August 2004 aufzuheben und

2. den Beklagten zu verpflichten, eine neue Umsatzsteuersonderprüfung für das Jahr 2003 anzuordnen.

Zu Antrag Nr. 1:

Die Klägerin habe der Prüfungsanordnung in der Art und Weise widersprochen, dass sie dem Beklagten am 28. Mai 2004 per Telefax mitgeteilt habe, er solle sich mit ihrem Rechtsanwalt zwecks Terminvereinbarung verständigen (Bl. 1, 3). Hierauf habe der Beklagte reagiert, indem er dem Rechtsanwalt mitgeteilt habe, er solle sich entsprechend legitimieren (Bl. 1, 4). Am 16. August 2004 sei der Klägerin völlig überraschend der Umsatzsteuerprüfbericht zugegangen, welcher eine Prüfung beschreibe, die angeblich am 4. Juni 2004 bei dem ehemaligen Steuerberater der Klägerin stattgefunden habe. Diese Prüfung sei allem Anschein nach ohne Wissen der Klägerin bzw. deren Rechtsvertreter und vor allem ohne die kompletten Geschäftsunterlagen durchgeführt worden (Bl. 1, 5 ff.). Somit sei die durchgeführte Prüfung komplett falsch gewesen.

Zu Antrag Nr. 2:

Aufgrund der unter Nr. 1 geschilderten Gegebenheiten werde der Antrag auf eine neue Prüfungsanordnung bei dem zuständigen Gericht gestellt, da diezuständige Behörde auf Schreiben der Antragstellerin nicht reagiert habe (Bl. 2).

Der Beklagte beantragt (Bl. 19),

die Klage als unzulässig abzuweisen.

Der Prüfungsbericht der Umsatzsteuersonderprüfung sei kein Verwaltungsakt und könne nicht mit Rechtsbehelfen angefochten werden (BFH, BStBl. II 1986, 21).

Zudem richte sich die Klage gegen den falschen Beklagten. Für die Anordnung und Durchführung der Umsatzsteuersonderprüfung sei das Finanzamt A örtlich zuständig (Verordnung über Zuständigkeiten der Finanzämter vom 10. September 2003, Amtsblatt des Saarlandes 2003, 2510). Das Finanzamt A habe zutreffend die Prüfungsanordnung vom 17. Mai 2004 erlassen und die Umsatzsteuersonderprüfung durchgeführt.

Eine Klage sei schließlich grundsätzlich nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben sei (§ 44 Abs. 1 FGO). Die Klägerin habe offensichtlich gegen die Prüfungsanordnung vom 17. Mai 2004 keinen Einspruch eingelegt. Ein für die Zulässigkeit der Klage erforderliches vorhergehendes Einspruchsverfahren sei demzufolge weder vom Beklagten noch vom Finanzamt A durchgeführt worden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig.

1. Keine Aufhebung der Prüfungsfeststellungen

Nach ständiger Rechtsprechung und übereinstimmender Auffassung in der Literatur sind die in einem Prüfungsbericht (§ 202 Abs.1 Satz 1 AO) getroffenen Feststellungen nicht mit einem Rechtsbehelf gesondert anfechtbar. Der Prüfungsbericht ist kein nach § 40 FGO anfechtbarer Verwaltungsakt. Nach § 118 Abs.1 AO ist Verwaltungsakt nur jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung des Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Ein Prüfungsbericht hat jedoch keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen, sondern dient vielmehr der Gewährung rechtlichen Gehörs und ist im übrigen nur vorbereitende Grundlage für möglicherweise zu erlassende Änderungsbescheide, gegen die dann nach deren Ergehen ein entsprechender Rechtsschutz gegeben ist. (z.B. BFH vom 17. Juli 1985 I R 214/82, BStBl II 1986, 21, 23 f.; vom 22. Mai 2003 III B 108/02 nv; Tipke/Kruse, AO/FGO, 1961/2003, § 202 AO Tz. 12).

Die Klägerin kann sich demzufolge nur gegen die aufgrund der Prüfungsfeststellungen ergangenen Steuerbescheide (nicht gegen die Feststellungen selbst) durch Einspruch und Klage zur Wehr setzen. Die fraglichen Steuerbescheide werden auch nicht nach § 68 FGO Gegenstand des anhängigen Verfahrens.

2.  Keine Verpflichtung des Beklagten zur erneuten Prüfung

Der Antrag auf Durchführung einer neuerlichen Außenprüfung beinhaltet notwendigerweise das Begehren, auf Erlass einer Prüfungsanordnung (§ 196 AO). Eine Prüfungsanordnung ist ein Verwaltungsakt. Das Begehren auf Erlass eines Verwaltungsaktes ist mit einer Verpflichtungsklage zu verfolgen (§ 40 Abs. 1 FGO). Nach § 44 Abs. 1 FGO ist eine solche Klage nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. Weigert sich das Finanzamt, einen vom Steuerpflichtigen begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, so ist hiergegen der Untätigkeitseinspruch gegeben (§ 347 Abs. 1 Satz 2 AO). Erst wenn das Finanzamt über einen solchen Einspruch abschlägig (vgl. § 367 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 3 AO) oder in den Fristen des § 46 FGO nicht entschieden hat, ist die Anrufung des Gerichts möglich.

Im Entscheidungsfall fehlt es bereits an einem entsprechenden Untätigkeitseinspruch, so dass der diesbezügliche Antrag - unabhängig davon dass kein Anspruch des Steuerpflichtigen gegenüber dem Finanzamt auf Durchführung einer Außenprüfung besteht - als unzulässig abzuweisen ist.

3. Kosten, Rechtsmittel

Die Klage war demzufolge insgesamt als unzulässig abzuweisen. Die Frage, ob der Beklagte (und nicht etwa das Finanzamt A) der richtige Klagegegner ist, kann dahinstehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO bestand keine Veranlassung.

Der Senat hielt eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid (§ 90 a FGO) für angemessen.