LG Köln, Urteil vom 13.10.2010 - 28 O 332/10
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer Veröffentlichung des Beklagten auf der von ihm betriebenen Internetseite www.anonym1.de. Der Kläger wendet sich gegen eine Veröffentlichung des Beklagten im Zusammenhang mit einem zwischen den Parteien betriebenen Zivilprozess. Er ist Rechtsanwalt in Berlin.

Der Kläger erwirkte - auf seine Beschwerde gegen einen ablehnenden Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg (216 C 1001/09) - bei dem Landgericht Berlin gegen den Beklagten eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin nach dem Gewaltschutzgesetz (LG Berlin 53 T 30/09). Hiernach wurde dem Beklagten verboten, a) den Kläger zu beleidigen, zu bedrohen oder seine Gesundheit zu verletzen,

b) unzutreffende Behauptungen über den Kläger Dritten gegenüber, insbesondere über Webseiten, kund zu tun; ausgenommen hiervon waren Mitteilungen an Gerichte oder Behörden im Rahmen von deren Zuständigkeiten,

c) sich dem Kläger auf weniger als 50 m zu nähern; bei zufälligen Begegnungen war der Abstand von 50 m durch den Beklagten unverzüglich wieder herzustellen,

d) in irgendeiner Form Kontakt zu dem Kläger aufzunehmen, etwa durch persönliche Ansprache, Telefonat, Fax, SMS, E-Mail, Grußkarten oder Briefsendungen; ausgenommen hiervon war die Korrespondenz im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers als Rechtsanwalt innerhalb juristischer Auseinandersetzungen zwischen den Parteien.

Auf den Widerspruch des Beklagten hob das Amtsgericht Charlottenburg die einstweilige Verfügung wieder auf. Das Landgericht Berlin hielt die Berufung des Klägers dagegen für unzulässig, ohne sich in der Sache zu dem materiellrechtlichen Anspruch zu erklären.

Der Beklagte veröffentlichte das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 28.04.2009, Az. 216 C 1001/09, mit dem die einstweilige Verfügung aufgehoben wurde, unter der Überschrift "1. schönes Urteil". Dabei ersetzte er den Namen des Klägers und seiner Prozessbevollmächtigten durch "xxxx", so dass der Name des Klägers in der Veröffentlichung nicht erschien. Für die veröffentlichte Fassung der Entscheidung wird auf die Anlage K5 (GA 16ff.) verwiesen. In diesem Zusammenhang erfolgte auch die Veröffentlichung der folgenden Karikatur:

(Es folgt eine Bilddarstellung)

Über dieses Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg berichtete in der Folge die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) in einem Artikel vom 18.03.2010 mit der Überschrift "Kein "Cyberstalking"", die tageszeitung (taz) in einer Meldung des A in der Ausgabe vom 19.03.2010 sowie der Journalist T in seinem Internetblog unter der Überschrift "Anwalt Z verliert gegen "Stalker"" am 18.03.2010.

Das LG Berlin (27 O 527/09) erließ am 14.05.2009 auf Antrag des Klägers eine einstweilige Verfügung mit dem Az. 27 O 527/09 dahingehend, dass es dem Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft verboten ist, die streitgegenständliche Darstellung in Bezug auf den hiesigen Kläger sowie das streitgegenständliche Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg zu veröffentlichen und/oder zur verbreiten und/oder veröffentlichen zu lassen und/oder verbreiten zu lassen (Anlage K 1, Bl. 27 f. d.A.). Auf die auf Betreiben des Beklagten angeordnete Klageerhebung hat der Kläger die vorliegende Hauptsacheklage bei dem Landgericht Köln erhoben.

Der Kläger macht geltend, ihm stünde hinsichtlich der Veröffentlichung von Urteil und Karikatur ein Unterlassungsanspruch zu. Er ist der Auffassung, dass er aus beidem ohne weiteres erkennbar sei. Dies ergebe sich aus der vorherigen, namentlichen Berichterstattung des Beklagten über das Verfahren und der Erwähnung von "Z" in der Karikatur. Er macht geltend, es gebe kein öffentliches Interesse an dem thematisierten Verfahren, insbesondere da es auch nicht um Kritik an der anwaltlichen Tätigkeit des Klägers gehe. Insbesondere habe es sich der Beklagte offenbar zur Aufgabe gemacht, sich am Kläger abzuarbeiten; kein anderer Rechtsanwalt sei bei den Berichten des Beklagten in der an den Tag gelegten Art und Weise in den Mittelpunkt seiner "Berichte" gestellt worden, so z.B. durch "Weihnachtsgeschichten", durch Berichte über die Herkunft seines Vaters. Die Karikatur sei zu untersagen, weil - entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - durch Fotomontagen in bildlichen Darstellungen keine unwahren Tatsachen behauptet werden dürften. Wenn also über das Verfahren des Klägers nach dem Gewaltschutzgesetz unter Identifizierung des Klägers nicht berichtet werden dürfe, dann dürfe dies auch nicht unter Identifizierung des Klägers mittels einer Karikatur geschehen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es zu unterlassen,

a) die nachfolgend eingeblendete Darstellung in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen zu lassen und/oder zu verbreiten zu lassen

(Es folgt eine Bilddarstellung)

b) das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 28.04.2009, Az. 216 C 1001/09, zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen zu lassen und/oder zu verbreiten zu lassen, wie auf der Internetseite www.anonym1.de unter der Überschrift "1. schönes Urteil" geschehen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, der Kläger klage nunmehr in Köln, da er bei der Pressekammer in Berlin kaum noch damit rechnen könne, dass die einstweiligen Verfügungen auch im Hauptsacheverfahren tituliert würden. Das vom Kläger gegen den Beklagten geführte Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz sei von erheblichem öffentlichem Interesse, da es dabei ausschließlich darum gegangen sei, wie der Beklagte öffentliche Verhandlungen auf seiner Webseite dokumentiere und damit Berichterstattung habe untersagt werden sollen. Zudem sei es immer nur um das öffentliche Auftreten des Klägers in der Sozialsphäre gegangen.

Der Aussagegehalt sei nichts anderes als eine Kurzfassung der Entscheidung und zudem von der Kunstfreiheit geschützt. Es sei dort weder die Grenze zur Schmähkritik überschritten noch seien Übertreibungen ersichtlich. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (GRUR 2005, 500 - Ron Sommer) sei bereits deshalb nicht heranzuziehen, weil im streitgegenständlichen Fall niemand davon ausgehe, dass es sich um eine authentische Abbildung handele.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch aus §§ 823 I, 1004 BGB wegen unzulässiger Wort- bzw. Bildberichterstattung sind hier nicht gegeben. Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Das Landgericht Köln ist örtlich gem. § 32 ZPO zuständig, da die Veröffentlichungen im Internet bestimmungsgemäß auch in Köln abgerufen werden konnten und - sinngemäß entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte (BGH GRUR 2010, 461 - The New York Times) - die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Internetveröffentlichung (auch) in Köln eintreten würde.

Dass der Kläger die dieser Hauptsache zugrunde liegende einstweilige Verfügung bei dem Landgericht Berlin beantragt hat, ändert nichts an der Zuständigkeit des Landgerichts Köln. Denn mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat der Gläubiger seine zulässige Wahl zwischen mehreren zuständigen Gerichten noch nicht getroffen. Er kann die Klage in der Hauptsache noch bei einem anderen dafür zuständigen Gericht erheben (Zöller-Vollkommer, ZPO, § 926 Rz.29 mit Verweis auf OLG Karlsruhe NJW 1973, 1509).

1.

Der Kläger ist aktivlegitimiert. Er wird in der streitgegenständlichen Karikatur angedeutet dargestellt und auch sein Name wird angedeutet ("Ein Z zum Glück"). Durch die im Zusammenhang damit veröffentlichte Entscheidung ist er auch trotz seines durch "xxxx" ersetzten Namens als Partei des Verfahrens Amtsgerichts Charlottenburg, Az. 216 C 1001/09, identifizierbar. Der Beklagte ist passivlegitimiert, da er sich für die Internetseite www.anonym1.de verantwortlich zeigt.

2.

Weder durch die Veröffentlichung der im Hinblick auf den Kläger teilanonymisierten Fassung des streitgegenständlichen Urteils des AG Charlottenburg noch durch die Veröffentlichung der streitgegenständliche Karikatur greift der Beklagte rechtswidrig in die Persönlichkeitsrechte des Klägers ein.

a)

Die Veröffentlichung des Urteils des AG Charlottenburg verletzt den Kläger nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich um einen sogenannten offenen Tatbestand, d.h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Palandt-Sprau, BGB, § 823 Rn. 95 m.w.N.).

Der veröffentlichte Vorgang ist der Sozialsphäre des Klägers zuzuordnen, insbesondere ist - auch wenn der Kläger in dem Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz in erster Linie Partei war - in der Sache selbst die Ausübung seiner Berufstätigkeit betroffen. Die Sozialsphäre umfasst den jenseits des Privaten liegenden Bereich der Person, der nach außen so in Erscheinung tritt, dass er grundsätzlich von jedem, jedenfalls aber auch von Menschen wahrgenommen werden kann, zu denen keine rein persönlichen Beziehungen bestehen (Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Rn. 5.65). Es handelt sich um einen Bereich, in dem sich die persönliche Entfaltung von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht (BGH ZUM 2009, 753 - spickmich.de). Der Kläger hat das Verfahren ausweislich des Urteils des AG Charlottenburg nach dem Gewaltschutzgesetz beschritten weil er sich an der Kommentierung seiner Auftritte vor Gericht durch den Beklagten störte und an der Art der Berichterstattung über seine Person. Die Veröffentlichungen hat er als Stalking empfunden. Insoweit ist ausschließlich seine berufliche Sphäre tangiert. Zwar hat er sich in diesem, der Veröffentlichung zugrunde liegenden Verfahren durch einen Kollegen vertreten lassen, jedoch bewirkt die Stellung als Partei nicht, dass deshalb seine Privatsphäre tangiert sein könnte. Zudem tritt in einem öffentlichen Gerichtsverfahren eine Person, die Partei desselben ist, jedenfalls im Rahmen der mündlichen Verhandlung und auch im Rahmen einer Endentscheidung des Gerichts derart nach außen in Erscheinung, dass er auch von Dritten wahrgenommen werden kann, zu denen keine rein persönlichen Beziehungen bestehen.

Veröffentlichungen, die lediglich Vorgänge aus der Sozialsphäre benennen, müssen grundsätzlich hingenommen werden, denn das Persönlichkeitsrecht verleiht seinem Träger keinen Anspruch darauf, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist (BVerfG, Urteil vom 08.06.2010, 1 BvR 1745/06, EuGRZ 2010, 353, st. Rspr.). Die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung wird bei der Mitteilung wahrer Tatsachen über die Sozialsphäre des Betroffenen regelmäßig erst überschritten, wo sie einen Persönlichkeitsschaden befürchten lässt, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht (BVerfG, aaO). Dies bedeutet, dass Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden dürfen, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (BGH ZUM 2009, 753 - spickmich.de).

All das ist hier nicht der Fall. Auch wenn der Kläger trotz Teilanonymisierung des Urteils identifizierbar ist, bewirkt die streitgegenständliche Veröffentlichung im Ergebnis keinen Persönlichkeitsschaden. Die wahrheitsgemäße Information, jemand sei in eine gerichtliche oder außergerichtliche Auseinandersetzung involviert, ist nicht für sich genommen nicht ehrenrührig (BVerfG, GRUR 2008, 352). Eine schwerwiegende Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ist aber auch darin nicht zu erkennen, dass er hier als (unterlegene) Partei eines vollständig veröffentlichten Urteils zu identifizieren ist. Insbesondere ist keine Prangerwirkung in der mittelbar personalisierten Darstellungsweise zu erkennen. Es ist nicht erkennbar, dass dem Kläger etwa ein umfassender Verlust an sozialer Achtung droht, wenn das Urteil zum Gegenstand einer öffentlichen Erörterung gemacht wird. Hiergegen spricht, dass gar nicht das Verhalten des Klägers, sondern vielmehr das des Beklagten wesentlicher Gegenstand der Erörterungen in dem Urteil ist. Allein, dass der Kläger bei seinem Versuch, dieses Verhalten des Klägers durch eine gerichtliche Entscheidung in Zukunft zu unterbinden, gescheitert ist, führt nicht zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Demgegenüber hatte die Kammer auch zu berücksichtigen, dass die streitgegenständliche Veröffentlichung der Meinungsfreiheit unterfällt. Das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ist zwar nicht vorbehaltlos gewährt, sondern steht gemäß Art. 5 Abs. 2 GG insbesondere unter der Schranke der allgemeinen Gesetze, zu denen auch die Vorschriften der §§ 823, 1004 BGB gehören. Das Recht der Meinungsfreiheit umfasst das Recht, mit seiner Meinung gehört zu werden und diese zu verbreiten. Es besteht der Grundsatz des freien Meinungsaustauschs nicht nur für Themen, die von besonderem Belang für die Öffentlichkeit sind (vgl. BVerfG ZUM 2008, 420). Beschränkungen der grundrechtlich geschützten Meinungs- und Informationsfreiheit sind aber nur dann rechtmäßig, wenn sie verhältnismäßig sind (BVerfG NJW 2001, 503, 505). Dementsprechend war bei der Abwägung das ausweislich der Presseveröffentlichungen bestehende öffentliche Interesse an dem veröffentlichten Urteil zu berücksichtigen. Unbestritten handelt es sich um die erste bekanntgewordene Entscheidung zu der Frage der Beurteilung von "Cyber-Stalking" nach dem Gewaltschutzgesetz.

Insgesamt hat daher der Kläger die geschehene Urteilsveröffentlichung hinzunehmen.

b)

Auch durch die als Kunst im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützte Karikatur greift der Beklagte nicht rechtswidrig in die Rechte des Klägers ein.

Die Zeichnung des Beklagten ist Kunst im Sinne der Grundrechtsgewährleistung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG; sie genügt den durch die höchstrichterliche Rechtsprechung aufgestellten Kriterien. Ungeachtet der Unmöglichkeit, Kunst generell zu definieren, gebietet die verfassungsrechtliche Verbürgung der Kunstfreiheit, ihren Schutzbereich bei der konkreten Rechtsanwendung zu bestimmen. Die Grundanforderungen künstlerischer Tätigkeit festzulegen, ist daher durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht verboten, sondern verfassungsrechtlich gefordert. Erlaubt und notwendig ist allerdings nur die Unterscheidung zwischen Kunst und Nichtkunst; eine Niveaukontrolle, also eine Differenzierung zwischen "höherer” und "niederer”, "guter” und "schlechter” (und deshalb nicht oder weniger schutzwürdiger) Kunst, liefe demgegenüber auf eine verfassungsrechtlich unstatthafte Inhaltskontrolle hinaus (Scholz, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 5 III Rdnr. 39). Handelt es sich bei Karikaturen um das geformte Ergebnis einer freien schöpferischen Gestaltung, in welcher der Verfasser seine Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse zu unmittelbarer Anschauung bringt, genügen sie den Anforderungen, die das BVerfG als wesentlich für eine künstlerische Betätigung ansieht. Dass mit ihnen gleichzeitig eine bestimmte Meinung zum Ausdruck gebracht wird, nimmt ihnen nicht die Eigenschaft als Kunstwerk. Kunst und Meinungsäußerung schließen sich nicht aus; eine Meinung kann - wie es bei der sogenannten engagierten Kunst üblich ist - durchaus in der Form künstlerischer Betätigung kundgegeben werden (Scholz, in: Maunz-Dürig, Art. 5 III Rdnr. 13). Maßgebliches Grundrecht bleibt in diesem Fall Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (BVerfG NJW 1987, 2661).

Insbesondere bei Kunstwerken mit satirischem und karikierendem Gehalt erfordert die rechtliche Beurteilung sodann eine Ermittlung des Aussagekerns des Kunstwerks, damit sodann der Aussagekern und seine Einkleidung gesondert daraufhin überprüft werden können, ob sie Eingriffe in die Rechte der karikierten Person enthalten (vgl. BVerfG, 09.07.2008 - 1 BvR 519/08, Rz. 45).

Der Aussagekern der Karikatur liegt darin, dass der der Richter mitteilt, dass mit dem Gewaltschutzgesetz nicht gegen Gerichtsreporter vorgegangen werden kann. Die Kommentierung des Zuschauers "Und ich dachte schon, öffentliche Verhandlungen werden verboten" wird von einer anderen Person kommentiert mit "Ein Z, zum Glück". Dies bezieht sich nicht nur auf die Person des Klägers als solche, sondern auf seine Beanstandungen der Berichterstattung des Beklagten über seine Person. Wie unter lit. a dargestellt, greift es jedoch nicht rechtswidrig in das Persönlichkeitsrecht des Klägers ein, wenn eben dies - wie mit der Urteilsveröffentlichung geschehen - dargestellt wird. Auch die Einkleidung der Darstellung stellt sich nicht als unzulässig dar. Insbesondere wird der Kläger nicht in irgendeiner Weise "an den Pranger" gestellt oder sonstwie der Schmähkritik ausgesetzt. Die Assoziation zwischen der Befürchtung des dargestellten Zuschauers, öffentliche Verhandlungen würden verboten und dem Namen (phonetisch) des Klägers verletzt bei werkgerechter Interpretation nicht das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Insbesondere wird er nicht in unzulässiger Weise lächerlich gemacht. Die Abwägung zwischen der Kunstfreiheit des Beklagten und dem Persönlichkeitsrecht des Klägers kann aus diesen Gründen nicht zur Annahme der Unzulässigkeit der streitgegenständlichen Karikatur führen.

3.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 12.000 EUR