Bayerischer VGH, Urteil vom 24.04.2012 - 10 BV 11.2770
Fundstelle
openJur 2012, 122408
  • Rkr:
Tenor

I. Unter Abänderung der Nr. II. des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 28. April 2009 wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamts … vom 5. Juni 2008 in der Zeit von seinem Erlass bis zum 31. Januar 2009 rechtswidrig war.

II. Unter Abänderung der Nr. III. des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 28. April 2009 trägt der Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Bescheids, mit dem ihm die Vermittlung von Sportwetten untersagt worden ist.

Der Kläger betrieb vom 21. April 2008 an eine Betriebsstätte zur Vermittlung von Sportwetten in O…, die am 28. April 2008 an den dortigen F…-…-Platz verlegt wurde. Vermittelt wurden Sportwetten der International Betting Association Limited in Gibraltar, die über eine Genehmigung der dort zuständigen Behörde verfügte.

Mit am 9. Juni 2008 zugestelltem Bescheid vom 5. Juni 2008 untersagte das Landratsamt … dem Kläger, nachdem es ihm zuvor Gelegenheit zur Äußerung gegeben hatte, die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele (Nr. 1 des Bescheids), verpflichtete ihn, die in Nr. 1 des Bescheids genannten Tätigkeiten mit Ablauf des auf die Zustellung des Bescheids folgenden Tages einzustellen (Nr. 2 des Bescheids) und ordnete an, dass ein Zwangsgeld in Höhe von 25.000,- Euro fällig werde, wenn der Kläger der Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids nicht nachkomme (Nr. 3 des Bescheids).

Die Untersagungsverfügung (Nr. 1 und 2 des Bescheids) stützte das Landratsamt auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV. Die vom Kläger angebotenen und vermittelten Wetten seien öffentliches Glücksspiel. Der Kläger verfüge nicht über eine Erlaubnis. Die Erteilung einer Erlaubnis sei auch nicht möglich, weil die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten in Bayern nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV der staatlichen Lotterieverwaltung vorbehalten sei. Der Kläger könne sich auch nicht auf eine einem Sportwettenanbieter in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erteilte Erlaubnis berufen. Eine solche Erlaubnis gelte in Bayern nicht. Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit seien ebenfalls nicht verletzt. Das Ziel, die Gelegenheit zu Sportwetten zu verringern, rechtfertige die Einschränkung dieser Grundfreiheiten. Ein staatliches Monopol sei zulässig, wenn damit tatsächlich das Ziel verfolgt werde, die Wettgelegenheiten zu verringern. Auch mit der Berufsfreiheit sei die Regelung des Glücksspielstaatsvertrags vereinbar. Die Untersagung stehe nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV im Ermessen der Behörde. Unter Abwägung des Interesses des Klägers an der Fortführung seiner unerlaubten Tätigkeit einerseits und des öffentlichen Interesses an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände werde die Annahme, Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten untersagt. Das Monopol verhindere, dass die mit dem öffentlichen Glücksspiel verbundenen Gefahren für die Gesundheit und das Vermögen des einzelnen Spielers und seiner Angehörigen von Privatpersonen zu gewerbsmäßigen Zwecken ausgenutzt und gefördert werden könnten. Die staatliche Lotterieverwaltung gewährleiste eine manipulationssichere und zuverlässige Durchführung der Glücksspiele ohne gewerbliches Gewinnstreben und unterstütze damit die Eindämmung des Spieltriebs. Die Untersagungsanordnung sei verhältnismäßig. Sie sei geeignet und erforderlich, das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen ohne Erlaubnis wirksam zu unterbinden. Darüber hinaus habe sie mit sofortiger Wirkung ausgesprochen werden können. Das Wettangebot könne auch nicht kurzfristig geduldet werden. Der Kläger mache sich zumindest wegen Beihilfe zur unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels strafbar.

Am 9. Juni 2008 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 5. Juni 2008 Klage und beantragte gleichzeitig, deren aufschiebende Wirkung anzuordnen.

Den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 24. Juni 2008 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde des Antragstellers wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 16. September 2008 (Az. 10 CS 08.1909) zurück.

Nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Hauptsacheverfahren am 28. April 2009 erklärt hatte, dass sich der mit der Klage angegriffene Bescheid vom 5. Juni 2008 ausschließlich auf die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten in der Betriebsstätte in O… beziehe, erklärte der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit für erledigt, als der Bescheid die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten über die Betriebsstätte in O… hinaus räumlich unbegrenzt untersagt habe. Der Beklagte erklärte sich per E-Mail insoweit mit der Verfahrenserledigung einverstanden.

Mit Urteil vom 28. April 2009, das dem Kläger am 22. Mai 2009 zugestellt wurde, stellte das Verwaltungsgericht München daraufhin das Verfahren ein, soweit der Rechtsstreit für erledigt erklärt worden war (Nr. I. des Urteils), wies die Klage im Übrigen ab (Nr. II. des Urteils) und ließ die Berufung zu (Nr. V. des Urteils). Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus:

Die Untersagung der Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten sei rechtmäßig. Sie finde ihre Grundlage in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Der Bescheid sei nach der Konkretisierung durch den Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch hinreichend bestimmt. Das Staatsmonopol entspreche den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die unterschiedliche Regelung der jeweiligen Glücksspielmärkte scheide wegen der bundesstaatlich vorgegebenen Kompetenzverteilung aus. Der Glücksspielstaatsvertrag und das ihn betreffende Ausführungsgesetz begegneten auch im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG keinen Bedenken. Der Staatsvertrag enthalte ein detailliertes Regelungssystem, das die Einhaltung der mit ihm verfolgten, nicht fiskalischen Zwecken dienenden Ziele gewährleisten solle und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für staatliche Wettmonopole entspreche. Letzteres gelte auch für die praktische Ausgestaltung des Monopols. Insbesondere sei die Zahl der Annahmestellen reduziert worden. Um den Jugendschutz zu gewährleisten, erfolgten laufend Testkäufe. Die elektronische Kundenkarte sichere durch einen Abgleich mit der Sperrdatei, dass gesperrte Spieler von der Spielteilnahme ausgeschlossen würden. Einzelne Verstöße gegen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags führten nicht zu dessen Verfassungswidrigkeit. Sie seien nicht auf ein normatives Defizit zurückzuführen. Dies gelte auch bezüglich der Werbung, ohne die die Spiel- und Wettsucht nicht in geordnete Bahnen gelenkt werden könne.

Auch die mit dem Monopol verbundenen Einschränkungen der Grundfreiheiten seien gerechtfertigt. Sie erfolgten aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses und gewährleisteten eine kohärente und systematische Begrenzung der Wettsucht. Der im Glücksspielstaatsvertrag geschaffene Gesamtkomplex diene damit nicht lediglich fiskalischen Interessen, sondern gewichtigen Allgemeininteressen. Die Maßnahmen zur Begrenzung der Wetttätigkeiten seien geeignet und erforderlich und stünden auch nicht außer Verhältnis zu den mit ihnen verfolgten Zielen. Eine Diskriminierung ausländischer Anbieter erfolge nicht. Im Hinblick auf das staatliche Monopol würden auch inländische Anbieter vom Markt ferngehalten. Die Anwendungsmodalitäten des Monopols stünden ebenfalls nicht im Widerspruch zu den europarechtlichen Anforderungen. Auch sie trügen kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten bei. Insbesondere würden die Verbraucher nicht zur Spiel- und Wettteilnahme ermuntert, um die Einnahmen des Fiskus zu erhöhen. Werbung werde vielmehr betrieben, um das Spiel in legale Bahnen zu lenken. Seit Mitte 2006 sei die Werbung erheblich eingeschränkt und ihr Informationscharakter verstärkt worden, wobei image- und produktbezogene Informationen im Vordergrund stünden. Die Kontrolle könne bei einem Monopol wesentlich wirksamer erfolgen als bei Zulassung von Privatpersonen. Eine Öffnung des Marktes führe zwangsläufig zur Zunahme des Glücksspiels. Der Kohärenz stehe auch nicht entgegen, dass in anderen Glücksspielbereichen private Buchmacher zugelassen würden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürfe der Staat für einzelne Bereiche im Hinblick auf deren verschiedenes Suchtpotenzial unterschiedliche Konzepte entwickeln. Pferdewetten seien im Hinblick auf ihre Bedeutung und das von ihnen ausgehende Suchtpotenzial mit Sportwetten nach dem Glücksspielstaatsvertrag nicht vergleichbar. Sie würden seit Jahrzehnten angeboten, ohne dass auffällige Suchterscheinungen bekannt geworden seien. Für das Gemeinschaftsrecht komme es im Übrigen nicht darauf an, ob auch in anderen Sektoren des Glücksspielrechts das Ziel einer Verminderung der Suchtgefahren verfolgt werde. Maßgeblich sei vielmehr, dass eine Beschränkung der Grundfreiheiten dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht diene und dass nicht fiskalische Interessen im Vordergrund stünden. Auch die Kommission gehe von einer sektoralen Betrachtungsweise aus. Das Kohärenzgebot wolle außerdem nur ein krasses Missverhältnis von verfolgten Zielen und getroffenen Regelungen verhindern. Zwar verlange der Europäische Gerichtshof, dass die Rechtfertigungsgründe für Beschränkungen der Grundfreiheiten von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Maßnahmen begleitet würden. Ausreichend sei aber eine nach dem Stand des Forschung plausible Gefahrenprognose. Lediglich eine allgemeine nicht durch Daten oder Fakten gestützte Behauptung genüge nicht.

Das Monopol sei auch notwendig und verhältnismäßig. Es sei den Mitgliedstaaten erlaubt, gewisse Glücksspiele einem Monopol zu unterwerfen, auch wenn andere Glücksspiele durch private Anbieter angeboten werden dürften, solange die Glücksspielpolitik für das jeweilige Glücksspiel kohärent und systematisch bleibe. Im Hinblick auf seinen weiten Ermessensspielraum dürfe der Gesetzgeber davon ausgehen, dass Suchtgefahren mit Hilfe eines Wettmonopols mit staatlich verantwortetem Wettangebot effektiver beherrscht werden könnten als durch eine staatliche Kontrolle privater Wettunternehmen. Der Beklagte habe mit dem Glücksspielstaatsvertrag das Staatsmonopol konsequent auf die Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht ausgerichtet. Das staatliche Monopol verletze auch das Diskriminierungsverbot nicht. Eine Diskriminierung nach der Staatsangehörigkeit erfolge nicht, weil inländische wie ausländische Wirtschaftsteilnehmer gleichermaßen betroffen seien. Werbung verbiete der Europäische Gerichtshof nur, soweit Behörden die Verbraucher dazu anreizten und ermunterten, an Glücksspielen teilzunehmen, damit dem Fiskus daraus Einnahmen zuflössen. Aus einzelnen Werbebeispielen, die gegen § 5 Abs. 1 GlüStV verstießen, lasse sich nicht auf ein flächendeckendes strukturelles Vollzugsdefizit schließen. Eine Beiladung des ausländischen Buchmachers sei nicht erforderlich. Die Berufung werde wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten sowie grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Seine am 22. Juni 2009 beim Verwaltungsgericht eingegangene Berufung hat der Kläger zunächst im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die derzeitige Rechtslage und Verwaltungspraxis im Bereich des Glücksspiels sei verfassungs- und europarechtswidrig. Es fehle eine konsistente und kohärente Regelung des Glücksspielbereichs. Der angefochtene Bescheid verstoße offenkundig gegen Verfassungs- und Europarecht, insbesondere gegen die Dienstleistungs- und die Niederlassungsfreiheit. Das staatliche Vertriebssystem sei entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht nachhaltig eingeschränkt worden. Es würden neue Produkte wie eine europäische Lotterie mit Jackpots von 10 bis 100 Millionen Euro geschaffen. Die Lotterieverwaltung bewerbe ihre Produkte in unzulässiger Weise. Eine unabhängige und wirksame Überwachung finde nicht statt. Staatliche Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten erhielten keine Erlaubnis und würden dadurch diskriminiert. Ebenso sei die Provisionsregelung für die im Freistaat tätigen Handelsvertreter verfassungs- und europarechtlich nicht haltbar. Dass die Lotterieverwaltung dem Finanzministerium unterstehe, führe zwangsläufig zu einem Vorrang fiskalischer Interessen. Die Suchtbekämpfung als Grund für das Monopol sei nur vorgeschoben.

Der Kläger hat zunächst beantragt, das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 28. April 2009 und den Bescheid des Landratsamts … vom 5. Juni 2008, konkretisiert in der mündlichen Verhandlung am 28. April 2009 auf die Betriebsstätte in O…, F…-Platz, aufzuheben.

Mit Beschluss vom 21. August 2009 hat der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf Vorabentscheidungsersuchen der Verwaltungsgerichte Gießen und Stuttgart an den Europäischen Gerichtshof (Rs. C-316/07 u.a.) das Berufungsverfahren ausgesetzt. Aufgrund eines Schriftsatzes des Klägerbevollmächtigten vom 30. November 2011 wird es unter dem neuen Aktenzeichen fortgeführt, nachdem der Europäische Gerichtshof in den der Aussetzung zugrunde liegenden Vorabentscheidungsverfahren am 8. September 2010 entschieden hat.

In seinem Schriftsatz vom 30. November 2011 hat der Klägerbevollmächtigte außerdem mitgeteilt, dass sich der angegriffene Bescheid vom 5. Juni 2008 zum 31. Januar 2009 erledigt habe, weil der Kläger aufgrund der Kündigung des Mietverhältnisses ab diesem Zeitpunkt die Zugriffsmöglichkeit auf die Betriebsstätte verloren habe, auf die sich der Bescheid nach der Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2009 allein beziehe.

Der Kläger beantragt nunmehr,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 28. April 2009 festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 5. Juni 2008 vom Zeitpunkt seines Erlasses bis zum 31. Januar 2009 rechtswidrig war.

Er führt zur Begründung ergänzend aus, der allein mit dem staatlichen Wettmonopol und einer Strafbarkeit nach § 284 StGB begründete Bescheid sei unter keinem Gesichtspunkt haltbar. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit. Dies ergebe sich aus der Vorgreiflichkeit der Feststellung für vom Kläger ins Auge gefasste unionsrechtliche Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche. Solche Ansprüche seien nicht schlechthin ausgeschlossen. Ihre Geltendmachung sei nicht offensichtlich aussichtslos. Außerdem bestehe Wiederholungsgefahr, weil der Kläger weiter beabsichtige, Sportwetten an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Veranstalter zu vermitteln. Darüber hinaus stelle die Untersagungsverfügung einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG dar. Schließlich habe die Verfügung diskriminierenden Charakter, weil sie den Vorwurf einer Straftat nach § 284 StGB beinhalte. Der Kläger sei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ausgesetzt gewesen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei der Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses.

Das Sportwettenmonopol sei unionsrechtswidrig. Es sei nicht in kohärenter und systematischer Weise ausgestaltet. Die Regelung des Glücksspiels in Deutschland weise sowohl normative als auch strukturelle Defizite auf. Ihre tatsächliche Umsetzung widerspreche den Vorgaben von Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof. Die laufenden Verstöße der staatlichen Unternehmen seien keine Ausreißer. Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit würden unverhältnismäßig beschränkt. Es sei für die Beurteilung der Werbepraxis auf die Verhältnisse im gesamten Bundesgebiet abzustellen. Hauptzweck des Monopols sei die Sicherung staatlicher Einnahmen. Insbesondere die Ausweitung des Glücksspiels im Bereich der Automatenspiele mache die Regelung des Glücksspielrechts in der Bundesrepublik inkohärent. Die Inkohärenz verschärfe sich durch die Liberalisierung in Schleswig-Holstein weiter. Unionsrechtswidrig sei auch der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 GlüStV. Eine Erlaubnismöglichkeit für private Anbieter gebe es derzeit in Deutschland nicht. Der Erlaubnisvorbehalt sei auf das Monopol zugeschnitten und könne nicht losgelöst davon aufrecht erhalten bleiben. Andernfalls entstehe ein Regelungstorso, der nicht mit der im Interesse der Rechtssicherheit erforderlichen Verlässlichkeit angewandt werden könne. Bisher sei keine einzige Erlaubnis erteilt worden.

Selbst wenn man von der Unionsrechtskonformität des Erlaubnisvorbehalts ausgehe, sei die Untersagungsverfügung ermessensfehlerhaft, weil sie auf der Annahme des Fortgeltens des Monopols und damit auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage beruhe. Von einer Ermessensreduktion könne mangels entsprechender Feststellungen der Behörde zur Erlaubnisfähigkeit nicht ausgegangen werden. Das Internetverbot sei nicht verletzt. Die Übermittlung von Wettdaten durch den Kläger über eine Datenstandleitung im Internet, sei keine Vermittlung im, sondern eine Vermittlung über das Internet, die von § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erfasst werde. Auch mit dem Verbot von Live-Wetten könne eine vollständige Untersagungsverfügung nicht begründet werden. Der Kläger verstoße auch nicht gegen das Internetwerbeverbot, wenn der Wettanbieter für die vermittelten Wetten im Internet werbe. § 284 StGB könne dem Kläger ebenfalls aus unionsrechtlichen Gründen nicht entgegen gehalten werden. Ein Nachschieben von Ermessenerwägungen sei nach § 114 Satz 2 VwGO ausgeschlossen. Da die Behörde eine Ermessensreduzierung auf Null angenommen und daher überhaupt keine Ermessenserwägungen in Bezug auf den Erlaubnisvorbehalt oder die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen angestellt habe, liege ein Ermessensausfall vor. Die Klageerweiterung durch Einbeziehung des Zeitraums bis zur Erledigung in den Feststellungsantrag sei nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig und im Übrigen sachdienlich.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Die Bestimmungen über das staatliche Sportwettenmonopol in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV seien nicht aufgrund eines Verstoßes gegen das Kohärenzgebot unanwendbar. Die dazu getroffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs in den Verfahren 10 BV 10.2505 und 10 BV 10.2271 entsprächen nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Reichweite des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts werde verkannt, wenn eine mit Verweis auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV ausgesprochene vorläufige Untersagung der Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten als ermessensfehlerhaft angesehen werde. Es sei zutreffend, dass sich die Untersagungsverfügung erledigt habe.

Der Senat hat die Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2012 mit den Beteiligten erörtert. Beweisanträge des Beklagten zur Werbepraxis in Bezug auf Glücksspiele im Freistaat Bayern und im gesamten Bundesgebiet ab dem 1. Januar 2008 sowie zur Liberalisierung im Automatenspielsektor und deren tatsächlichen Auswirkungen hat er in der mündlichen Verhandlung abgelehnt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen, die Akten des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Az. 10 CS 08.1909) und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

I. Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Soweit die Klage noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist (1.), ist sie zulässig (2.) und begründet (3.).

1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, die auf die Feststellung gerichtet ist, dass der Bescheid des Landratsamts … vom 5. Juni 2008 vom Zeitpunkt seines Erlasses bis zum 31. Januar 2009 rechtswidrig war. Klagegegenstand ist der Bescheid dabei nur insoweit, als er die Betriebsstätte des Klägers in O… betrifft.

a) Offenbleiben kann insoweit, ob der Bescheid vom 5. Juni 2008 ursprünglich so zu verstehen gewesen wäre, dass er nicht nur die konkrete Betriebsstätte in O… betraf, sondern dem Kläger in Nr. 1 generell die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten untersagte. Denn der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 28. April 2009 ausdrücklich klargestellt, dass nur die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten in der aktuellen Betriebsstätte des Klägers in O… untersagt werden sollte.

Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht das Verfahren (als übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt) in Nr. I. des Urteils eingestellt, soweit der Bescheid vom 5. Juni 2008 dem Kläger nach dessen Auffassung die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten ursprünglich generell untersagt hat. Dagegen richtet sich die Berufung nicht. Der Kläger hat vielmehr seinen in der Berufungsschrift ursprünglich gestellten Antrag ausdrücklich auf die Aufhebung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht konkretisierten und dabei allein auf die Betriebsstätte in O… bezogenen Bescheids beschränkt.

b) Der Kläger hat die zunächst erhobene Anfechtungsklage, wie § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO dies grundsätzlich zulässt, durch eine Fortsetzungsfeststellungsklage ersetzt, indem er seinen Antrag in der Weise umgestellt hat, dass er nunmehr statt der Aufhebung des Bescheids vom 5. Juni 2008 die Feststellung beantragt, dass der Bescheid vom Zeitpunkt seines Erlasses bis zum 31. Januar 2009 rechtswidrig war. Dies ist, auch soweit der Antrag des Klägers sich nicht auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids bei Eintritt des erledigenden Ereignisses am 31. Januar 2009 beschränkt, sondern auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids während des gesamten Zeitraums von seinem Erlass bis zum 31. Januar 2009 gerichtet ist, prozessrechtlich zulässig.

§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO lässt den Übergang von einer Anfechtungs- zu einer Fortsetzungsfeststellungsklage unter der Voraussetzung ohne Weiteres zu, dass der Streitgegenstand nicht ausgewechselt oder erweitert wird. Dies ergibt sich aus dem Zweck der Fortsetzungsfeststellungsklage zu verhindern, dass ein Kläger, der infolge eines erledigenden Ereignisses seinen ursprünglichen Antrag nicht weiterverfolgen kann, um die Früchte seiner bisherigen Prozessführung gebracht wird. Daher darf der Kläger sein in der Anfechtungsklage subsidiär enthaltenes Feststellungsbegehren im Falle eines entsprechenden Feststellungsinteresses als Hauptantrag fortführen. Ohne Weiteres zulässig ist dies deshalb aber nur, wenn der Streitgegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage von dem bisherigen Klageantrag bereits umfasst war (vgl. BVerwG vom 05.01.2012 Az. 8 B 62/11 <juris> RdNr. 12 m.w.N.). Andernfalls kommt die Umstellung der Anfechtungsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage durch den Kläger außer nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 ZPO nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen einer Klageänderung nach § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 91 Abs. 1 VwGO erfüllt sind. Nach diesem Maßstäben konnte der Kläger aber von der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage zu einer Fortsetzungsfeststellungsklage übergehen.

aa) Bei der mit der Klage angegriffenen Untersagungsverfügung einschließlich der mit ihr verbundenen Einstellungsverfügung, der insoweit aber kein eigenständiger Regelungsgehalt zukommt (Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 5. Juni 2008) handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt. Das in der Untersagungsverfügung enthaltene Unterlassungsgebot weist insofern Dauerwirkung auf, als es wirkt, wie wenn es fortwährend neu erlassen würde und das die Unterlassungspflicht begründende Verwaltungsrechtsverhältnis für den jeweils aktuellen Zeitpunkt konkretisierte (vgl. BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2505 <juris> RdNr. 27; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10. 2271 <juris> RdNr. 19). Dies hat zur Folge, dass der in der Untersagungsverfügung liegende Dauerverwaltungsakt sich fortlaufend für den jeweils vergangenen Zeitraum durch Zeitablauf erledigt (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG; vgl. BayVGH vom 24.01.2012 Az. 10 BV 10.2665 <juris> RdNr. 28; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.482 <juris> RdNr. 22; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.483 <juris> RdNr. 21; BVerwG vom 01.06.2011 Az. 8 C 2/10; BVerwG vom 11.07.2011 Az. 8 C 11/10 <juris> RdNr. 15), soweit von ihm für die jeweils vergangenen Zeiträume für den Kläger keine nachteiligen Wirkungen mehr ausgehen (vgl. BVerwG vom 05.01.2012 Az. 8 B 62/11 <juris> RdNr. 14).

Legt man dies zugrunde, so war der Streitgegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage von demjenigen der gegen den am 9. Juni 2008 zugestellten Bescheid vom 5. Juni 2008 noch am Tag der Zustellung erhobenen Anfechtungsklage vollständig umfasst, so dass der Kläger die Anfechtungsklage nach § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ohne Weiteres als Fortsetzungsfeststellungsklage fortführen konnte. Denn die Anfechtungsklage richtete sich dann gegen das in der Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt liegende, sich vom Wirksamwerden des Bescheids an bis zum 31. Januar 2009 fortwährend für den jeweils aktuellen Zeitpunkt konkretisierende Unterlassungsgebot. Sie erfasste also den gesamten Zeitraum, für den der Kläger nunmehr die Rechtswidrigkeitsfeststellung begehrt.

Gleiches gilt, wenn man mit dem Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass in Fällen, in denen der Kläger gegen einen Dauerverwaltungsakt Klage erhebt, ohne näher zu bestimmen, für welchen Zeitraum dieser aufgehoben werden soll, regelmäßig anzunehmen sein dürfte, dass die Aufhebung des Verwaltungsakts für die gesamte Dauer seiner Wirksamkeit begehrt wird (vgl. BVerwG vom 05.01.2012 Az. 8 B 62/11 <juris> RdNr.13). Denn in diesem Fall hätte der Kläger die Aufhebung des Bescheids vom 5. Juni 2008 für die Zeit seit seinem Erlass beantragt, so dass der Streitgegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage, der den Zeitraum vom Bescheiderlass bis zum 31. Januar 2009 erfasst, im Streitgegenstand der Anfechtungsklage ebenfalls enthalten ist.

bb) Im Übrigen wäre der Übergang zu dem vom Kläger gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag auch dann zulässig gewesen, wenn dadurch der Streitgegenstand gegenüber der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage erweitert worden wäre, wovon der Kläger ausgeht. Denn selbst wenn es sich dabei nicht, wie der Kläger meint, um einen nicht als Klageänderung anzusehenden Fall von § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO, sondern um eine Klageänderung handeln würde, wäre diese nach § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 91 Abs. 1 VwGO unabhängig von ihrer Sachdienlichkeit zulässig. Denn der Beklagte hätte dann in die Klageänderung eingewilligt, weil seine Einwilligung in die Änderung der Klage nach § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 91 Abs. 2 VwGO anzunehmen ist, wenn er sich, ohne der Klageänderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat. Der Beklagte hat der Umstellung auf die Fortsetzungsfeststellungsklage im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 30. November 2011 aber nicht widersprochen, sondern dem Kläger mit Schriftsatz vom 24. Januar 2012 zugestimmt, dass sich der Bescheid vom 5. Juni 2008 erledigt habe, und sich sowohl in diesem Schriftsatz als auch in der mündlichen Verhandlung am 24. April 2012 auf die Fortsetzungsfeststellungsklage eingelassen.

2. Die damit den Gegenstand des Berufungsverfahrens bildende Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig. Insbesondere sind die insoweit nach § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO geltenden besonderen Sachentscheidungsvoraussetzungen gegeben. Der Bescheid vom 5. Juni 2008 hat sich nach Erhebung der Anfechtungsklage erledigt (a). Darüber hinaus hat der Kläger das erforderliche berechtigte Interesse an der beantragten Feststellung (b).

a) Der Bescheid vom 5. Juni 2008 hat sich mit Ablauf des 31. Januar 2009 erledigt. Der endgültige Verlust der Möglichkeit, die untersagte Tätigkeit im Falle des Erfolges der Anfechtungsklage wieder aufzunehmen, führt zur Erledigung der Untersagungsverfügung sowie der damit verbundenen Zwangsgeldandrohung (vgl. BVerwG vom 05.01.2012 Az. 8 B 62/11 <juris> RdNr. 5). Ein solcher Fall liegt hier vor.

Der Bescheid vom 5. Juni 2008 untersagt, soweit er Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, dem Kläger die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten in seiner Betriebstätte am F…-…-Platz in O…. Der Kläger hat jedoch den Mietvertrag über diese Betriebsstätte zum 31. Januar 2009 gekündigt. Der Vermieter hat die betreffenden Räumlichkeiten seit diesem Zeitpunkt anderweitig vermietet. Der Kläger kann daher in seiner bisherigen Betriebsstätte keine Sportwetten mehr veranstalten, durchführen oder vermitteln. Er hat damit endgültig die Möglichkeit verloren, die untersagte Tätigkeit im Falle eines Erfolgs der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage wieder aufzunehmen.

b) Der Kläger hat auch das nach § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung, dass der Bescheid vom 5. Juni 2008 vom Zeitpunkt seines Erlasses bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses am 31. Januar 2009 rechtswidrig war. Dabei kann offenbleiben, ob sich das erforderliche Feststellungsinteresse bereits aus der Absicht späterer Schadenersatzklagen oder dem Bestehen einer Wiederholungsgefahr im Hinblick auf etwaige weitere Betriebsstätten des Klägers ergibt. Denn ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheids folgt jedenfalls aus einem schützenswerten ideellen Interesse des Klägers.

aa) Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung kann jedes schutzwürdige Interesse nicht nur rechtlicher und wirtschaftlicher, sondern auch ideeller Art sein. Insbesondere kommt insoweit ein Rehabilitationsinteresse als Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Betracht (vgl. BVerwG vom 21.11.1980 Az. 7 C 18/79 <juris> RdNr. 13). Ein Rehabilitationsinteresse begründet ein Feststellungsinteresse dann, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls als schutzwürdig anzusehen ist. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Kläger durch die streitige Maßnahme in seinem Persönlichkeitsrecht objektiv beeinträchtigt ist, wobei sich die Beeinträchtigung auch aus der Begründung der streitigen Verwaltungsentscheidung ergeben kann (vgl. BVerwG vom 04.10.2006 Az. 6 B 64/06 <juris> RdNr. 10).

Ein Rehabilitationsinteresse in diesem Sinne liegt jedenfalls dann vor, wenn die Untersagung des Betriebs eines Sportwettbüros, wie sie hier vorliegt, mit dem Vorwurf objektiv strafbaren Verhaltens verbunden gewesen ist (vgl. BayVGH vom 18.12.2008 Az. 10 BV 07.558 <juris> RdNr. 23; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNr. 70; BayVGH vom 24.01.2012 Az. 10 BV 10. 2665 <juris> RdNr. 53; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.482 <juris> RdNr. 35; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.482 <juris> RdNr. 86). Danach ist hier das erforderliche Feststellungsinteresse zu bejahen. Der Beklagte hat den Bescheid unter anderem damit begründet, dass die weitere Tätigkeit des Klägers auch nicht kurzzeitig geduldet werden könne, weil dieser sich damit zumindest wegen Beihilfe zur Veranstaltung eines illegalen Glücksspiels (§ 284 StGB) strafbar mache. Der Beklagte hat damit aber die Untersagungsverfügung ausdrücklich mit dem Vorwurf strafbaren Verhaltens verbunden.

Soweit der Beklagte insoweit ein Rehabilitationsinteresse nicht für gegeben hält, weil das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Kläger inzwischen eingestellt worden sei, folgt der Senat dem nicht. Dass der Kläger infolge des Bescheids offensichtlich auch einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ausgesetzt war, verstärkt vielmehr das sich aus dem Vorwurf objektiv strafbaren Verhaltens im Bescheid vom 5. Juni 2008 ergebende Rehabilitationsinteresse. Im Übrigen trägt die Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, das völlig unabhängig von der rechtlichen Beurteilung der für die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung zuständigen Behörde eingeleitet und aus den unterschiedlichsten Gründen eingestellt werden kann, dem Rehabilitationsinteresse des Betroffenen nicht im gleichen Maß Rechnung wie eine Feststellung der Rechtswidrigkeit des den Vorwurf der Strafbarkeit enthaltenden Bescheids.

bb) Darüber hinaus kann ein schutzwürdiges ideelles Interesse, das ein berechtigtes Interesse an der Rechtswidrigkeitsfeststellung nach § 125 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO darstellt, auch die Art des Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz begründen (vgl. BVerwG vom 21.11.1980 Az. 7 C 18/79 <juris> RdNr. 13; BVerwG vom 29.04.1997 Az. 1 C 2/95 <juris> RdNr. 21; BVerwG vom 23.03.1999 Az. 1 C 12/97 <juris> RdNr. 13; BVerwG vom 30.04.1999 Az. 1 B 36/99 <juris> RdNr. 9). Danach ist aber auch im Hinblick auf den durch die Untersagungsverfügung und das darin enthaltene Unterlassungsgebot bewirkten tiefgreifenden Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG von einem berechtigten Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 5. Juni 2008 auszugehen (vgl. BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2271 RdNr. 71; BayVGH vom 24.01.2012 Az. 10 BV 10.2665 <juris> RdNr. 52; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.482 <juris> RdNr. 86; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.483 <juris> RdNr. 86).

Die Untersagungsverfügung ist auch entgegen der Auffassung des Beklagtenvertreters nicht deshalb kein tiefgreifender Grundrechtseingriff, weil die dem Kläger untersagte Tätigkeit ganz unabhängig von den Bedenken gegen die glücksspielrechtlichen Monopolvorschriften nicht erlaubt gewesen wäre. Die vollständige Untersagung einer beruflichen Tätigkeit stellt nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass die Berufsausübung dem Lebensunterhalt dient, einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff dar, dessen gerichtliche Überprüfung dem Kläger im Hinblick auf sein Recht auf effektiven Rechtsschutz gegen die Verletzung seiner Rechte durch Maßnahmen der öffentlichen Gewalt nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG offenstehen muss. Dies gilt ungeachtet der formalen Beschränkung der Untersagung der beruflichen Tätigkeit auf eine bestimmte Betriebsstätte insbesondere dann, wenn wie hier die Untersagung damit begründet ist, dass die angestrebte Berufstätigkeit wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV vom Kläger überhaupt nicht ausgeübt werden könne. Dass die untersagte Tätigkeit möglicherweise unabhängig von den Bedenken gegen das Monopol aus anderen Gründen nicht erlaubt ist, rechtfertigt es angesichts der großen Bedeutung, die der Eingriff in seine Berufsfreiheit für den Kläger hat, nicht, ihm das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Grundrechtseingriffs und damit das Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsschutzes abzusprechen.

46cc) Im Übrigen kann sich ein berechtigtes ideelles Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit aufgrund der Art des Eingriffs nach Auffassung des Senats nicht nur aus Grundrechtseingriffen, sondern auch im Hinblick auf die Verletzung unionsrechtlich garantierter Grundfreiheiten ergeben, wie sie der Kläger geltend macht. Denn auch das Unionsrecht gewährleistet das Recht auf effektiven Rechtsschutz. Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gibt jedem, dessen durch das Unionsrecht garantierte Rechte und Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Art. 19 Abs. 1 UAbs. 2 EUV verpflichtet dementsprechend die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist. Dieser Verpflichtung ist im Hinblick auf das Gebot einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts, das es den nationalen Gerichten ermöglicht, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die volle Wirksamkeit des Unionsrechts sicherzustellen (vgl. EuGH vom 19.01.2010 Rs. C-555/07 - Kücükdeveci - <juris> RdNr. 48), bei der Auslegung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO dadurch Rechnung zu tragen, dass auch bei einer gewichtigen Beschränkung der Grundfreiheiten, wie sie hier im Raum steht, von einem berechtigten Feststellungsinteresse auszugehen ist.

3. Die danach zulässige Klage ist auch begründet. Der Bescheid vom 5. Juni 2008 war sowohl hinsichtlich der Untersagungsverfügung (a) als auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung (b) vom Bescheidserlass bis zum 31. Januar 2009 rechtswidrig.

a) Die Untersagungsverfügung einschließlich der Einstellungsverfügung (Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 5. Juni 2008), der, wie ausgeführt, keine eigenständige rechtliche Bedeutung zukommt, war in dem genannten Zeitraum rechtswidrig. Sie hatte zwar in § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV eine Rechtsgrundlage (aa), erweist sich aber als ermessensfehlerhaft (bb).

aa) § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV kann zunächst weiterhin als Rechtsgrundlage für glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen herangezogen werden. Der Glücksspielstaatsvertrag ist zwar gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit Ablauf des vierten Jahres nach seinem Inkrafttreten und damit zum 31. Dezember 2011 außer Kraft getreten. Mit Ausnahme der §§ 26, 28 und 29 GlüStV bleiben seine Regelungen aber gemäß Art. 10 Abs. 2 AGGlüStV bis zum Inkrafttreten eines neuen Staatsvertrages als Landesgesetz in Kraft.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach dem Glücksspielstaatsvertrag bestehenden oder auf seiner Grundlage begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Das Landratsamt als die nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV zuständige Behörde kann nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV die zur Erfüllung dieser Aufgabe erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Insbesondere kann es nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen. Die Untersagungsvoraussetzungen waren erfüllt.

aaa) Der Kläger vermittelte in seiner Betriebsstätte in O… Sportwetten. Diese sind nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV Glücksspiele (vgl. etwa BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNr. 21; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2505 <juris> RdNr. 29). Da bei einem grundsätzlich jedermann zugänglichen Wettbüro, wie der Kläger es betrieb, eine Teilnahmemöglichkeit für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis besteht, lag bei den dort vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 2 GlüStV außerdem öffentliches Glücksspiel vor (vgl. BayVGH vom 27.01.2012 Az. 10 CS 11.2158 <juris> RdNr. 21; BayVGH vom 27.03.2012 Az. 10 CS 11.2406 <juris> RdNr. 22).

bbb) Dieses war schließlich auch unerlaubt. Öffentliche Glücksspiele dürfen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Über eine Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten verfügte der Kläger jedoch nicht, so dass es sich bei den von ihm vermittelten Sportwetten nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV um unerlaubtes Glücksspiel handelte. Eine Erlaubnis, die dem Sportwettveranstalter, dessen Wetten der Kläger vermittelte, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Gebiet erteilt worden war, auf das wie im Falle von Gibraltar der Vertrag über die Europäische Union und der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union anwendbar sind (Art. 355 Abs. 3 AEUV), änderte daran nichts. Denn sie konnte die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis der bayerischen Behörden nicht ersetzen (vgl. BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNr. 21; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2505 <juris> RdNr. 29; BayVGH vom 27.01.2012 Az. 10 CS 11.2158 <juris> RdNr. 22; BayVGH vom 18.12.2008 Az. 10 BV 07.558 <juris> RdNrn. 30 ff.; BayVGH vom 21.03.2011 Az. 10 AS 10.2499 <juris> RdNr. 23; BVerwG vom 24.11.2010 Az. 8 C 15.09 <juris> RdNr. 21; EuGH vom 08.09.2010 Rs. C-316/07 u.a. - Markus Stoß u.a. - <juris> RdNrn. 110 ff.).

ccc) Die vom Kläger vermittelten Sportwetten waren auch nicht deshalb kein unerlaubtes Glücksspiel, weil der in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV geregelte Erlaubnisvorbehalt unionsrechtswidrig und deshalb wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts unanwendbar gewesen wäre.

54Der Senat hat zwar entschieden, dass die das staatliche Sportwettenmonopol normierenden Bestimmungen (§ 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) gegen die unionsrechtlichen Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV und der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV verstoßen. Denn diese Regelungen genügen nicht den Anforderungen an eine zulässige Beschränkung dieser Grundfreiheiten, weil sie die Ziele, denen das Monopol dient, insbesondere die Verhinderung und Bekämpfung von Spiel- und Wettsucht (§ 1 GlüStV), nicht in kohärenter und systematischer Weise verfolgen und sich deshalb als unverhältnismäßig erweisen (vgl. BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNrn. 25 ff.; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2505 <juris> RdNrn. 33 ff.; BayVGH vom 24.01.2012 Az. 10 BV 10.2665 <juris> RdNr. 34; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.482 <juris> RdNrn. 35 ff.; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11. 483 <juris> RdNrn. 34 ff.; BayVGH vom 21.03.2011 Az. 10 AS 10.2499 <juris> RdNrn. 25 ff.; BayVGH vom 23.03.2011 Az. 10 AS 10.2448 <juris> RdNrn. 24 ff.; BayVGH vom 01.04.2011 Az. 10 AS 10.2500 <juris> RdNr. 25; BayVGH vom 19.07.2011 Az. 10 CS 10.1923 <juris> RdNr. 39).

55Wie der Senat ebenfalls entschieden hat, erfasst der unionsrechtliche Anwendungsvorrang aber nur das staatliche Sportwettenmonopol und nicht auch den in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV geregelten Erlaubnisvorbehalt. Dieser besteht vielmehr unabhängig von der Wirksamkeit des Monopols (vgl. BVerwG vom 24.11.2010 Az. 8 C 13/09 <juris> RdNrn. 73 ff.; BayVGH vom 24.01.2012 Az. 10 BV 10.2665 <juris> RdNr. 35; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNr. 54; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2505 <juris> RdNr. 62; BayVGH vom 20.09.2011 Az. 10 BV 10.2449 <juris> RdNr. 18; BayVGH vom 21.03.2011 Az. 10 AS 10.2499 <juris> RdNrn. 30 ff.).

Der Erlaubnisvorbehalt genügt außerdem, wie der Senat bereits festgestellt hat, den unionsrechtlichen Anforderungen an eine derartige nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (jetzt: Gerichtshof der Europäischen Union) grundsätzlich zulässige Regelung (vgl. EuGH vom 08.09.2010 Rs. C-46/08 - Carmen Media - <juris> RdNrn. 82 ff., insbesondere 87 f.), weil das im Glücksspielstaatsvertrag normierte System der vorherigen Erlaubnis auf objektiven, nicht diskriminierenden und im voraus bekannten Erlaubniskriterien beruht (§ 4 GlüStV in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und 2 AGGlüStV) und eine rechtsstaatlichen Anforderungen genügende effektive verwaltungsgerichtliche Kontrolle gewährleistet (vgl. BayVGH vom 24.01.2012 Az. 10 BV 10.2665 <juris> RdNr. 36; BayVGH vom 23.01.2012 Az. 10 CS 11.923 <juris> RdNr. 28; BayVGH vom 20.09.2011 Az. 10 BV 10.2449 <juris> RdNr. 18; BayVGH vom 21.03.2011 Az. 10 AS 10.2499 <juris> RdNr. 32; in diesem Sinne auch VGH BW vom 20.01.2011 Az. 1685/10 <juris> RdNr. 9; SächsOVG vom 04.01.2011 Az. 3 B 507/09 <juris> RdNr. 5 sowie NdsOVG vom 11.11.2010 11 MC 429/10 <juris> RdNr. 25).

Der in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV enthaltene Erlaubnisvorbehalt und das damit verbundene Verbot des Vermittelns und der Veranstaltung von Glücksspielen ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV stellen schließlich auch einen verfassungsrechtlich zulässigen, weil verhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar. Denn dieser Eingriff ist, wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, geeignet und erforderlich, das Ziel der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht (vgl. § 1 GlüStV) zu erreichen, und insoweit auch verhältnismäßig (vgl. BVerfG vom 14.10.2008 Az. 1 BvR 928/08 <juris> RdNrn. 11 ff.; BVerwG vom 24.11.2010 Az. 8 C 13.09 <juris> RdNrn. 28 ff.; BayVGH vom 24.01.2012 Az. 10 BV 10.2665 <juris> RdNr. 37; BayVGH vom 23.01.2012 Az. 10 CS 11.923 RdNr. 29).

bb) Auch wenn der Kläger damit Sportwetten ohne die erforderliche Erlaubnis vermittelt hat und damit die Tatbestandsvoraussetzungen von § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV vom Erlass des Bescheids vom 5. Juni 2008 bis zu seiner Erledigung am 31. Januar 2009 erfüllt waren, war die vollständige Untersagung der Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten in der Betriebsstätte des Klägers in O… durch Nrn. 1 und 2 des Bescheids während dieses Zeitraums rechtswidrig. Denn sie war ermessensfehlerhaft.

Zwar ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der Untersagung der Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV um eine Ermessensentscheidung handelte. Seine Ermessensausübung stellte jedoch einen Ermessensfehlgebrauch dar, weil der Beklagte ihr eine unzutreffende Rechtslage zugrunde gelegt hat.

aaa) Der Beklagte hat seine Ermessensentscheidung damit begründet, dass ein zum staatlichen Glücksspielangebot hinzukommendes Wettangebot den Zielen des in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV normierten Sportwettenmonopols widerspreche, der Gesetzgeber damit verhindere, dass die Gefahren des Glücksspiels von Privatpersonen zu gewerbsmäßigen Zwecken ausgenutzt und gefördert würden, dass demgegenüber die staatliche Lotterieverwaltung eine manipulationssichere und zuverlässige Durchführung der Glücksspiele ohne gewerbliches Gewinnstreben ermögliche und damit die Eindämmung des Spieltriebs unterstütze und dass die Untersagungsanordnung geeignet und erforderlich sei, das verbotene Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen ohne Erlaubnis zu unterbinden. Er stützt die Untersagungsverfügung damit maßgeblich auf das in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV verankerte Sportwettenmonopol und legt seiner Ermessensentscheidung damit eine unzutreffende Rechtslage zugrunde. Denn das Sportwettenmonopol war und ist wegen des Vorrangs des Unionsrechts unanwendbar.

Wie ausgeführt (oben I 3 a aa bbb), hat der Senat bereits entschieden, dass die das Monopol begründenden Regelungen in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV gegen die unionsrechtlichen Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV und der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV verstoßen, weil sie die Ziele, denen das Monopol dient, insbesondere die Verhinderung und Bekämpfung von Spiel- und Wettsucht (§ 1 GlüStV), nicht in kohärenter und systematischer Weise verfolgen und sich deshalb als unverhältnismäßig erweisen. Daran hält der Senat weiter fest. Wie er in mehreren Berufungsurteilen ausführlich dargelegt hat, können die mit dem in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV enthaltenen staatlichen Sportwettenmonopol verbundenen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV im Hinblick auf die Regelungen des Glücksspiels im Bereich der gewerblichen Geldspielautomaten und deren konkrete Anwendungsmodalitäten nicht mehr als gerechtfertigt angesehen werden (vgl. BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNrn. 25 ff.; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2505 <juris> RdNrn. 33 ff.; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.482 <juris> RdNrn. 35 ff.; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11. 483 <juris> RdNrn. 34 ff.). Art. 56 AEUV ist dabei auch auf die Vermittlung von Sportwettangeboten durch den Kläger als konkrete Einzelheit der grenzüberschreitenden Erbringung von Wettdienstleistungen bei Sportereignissen anwendbar (vgl. EuGH vom 08.09.2011 Rs. C-316/07 u.a. - Markus Stoß u.a. - <juris> RdNr. 56; EuGH vom 06.11.2003 Rs. C-243/01 - Gambelli - <juris> RdNr. 58; EuGH vom 24.03.1994 Rs. C-275/92 - Schindler - <juris> RdNr. 22).

bbb) Gesichtspunkte, die zu einer abweichenden Beurteilung führen müssten, sind weder dem Vorbringen der Beteiligten zu entnehmen noch sonst ersichtlich.

(1) Dies gilt zunächst, soweit der Beklagte meint, die Ansicht des Senats beruhe auf Feststellungen, die den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht genügten, und er deshalb beantragt hat, zum Beweis der Tatsache, dass die Liberalisierung im Automatenspielsektor keine tatsächlichen Auswirkungen auf den gesamten Glücksspielbereich, mithin auch die Sportwetten, habe, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis zu erheben.

Der Beklagte zielt insoweit darauf ab, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Liberalisierung eines Glücksspielbereichs nicht schon für sich genommen zu der Annahme zwingt, das mit der Monopolregelung verfolgte Ziel lasse sich nicht mehr erreichen, so dass nicht allein wegen dieser Liberalisierung von einer Inkohärenz der Monopolregelung und damit einer Verletzung der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit ausgegangen werden kann. Erst wenn eine solche Liberalisierung trotz vergleichbaren oder höheren Suchtpotenzials als im Monopolbereich nicht durch ausreichende Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz ausgeglichen wird, kann dies danach zur Folge haben, dass das Ziel des Monopols konterkariert wird. Zu prüfen ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts daher, ob das Suchtpotenzial des Automatenspiels mindestens gleich groß wie das der Sportwetten ist und ob die zum Spieler- und Jugendschutz getroffenen Maßnahmen ausreichen, wobei die Auswirkungen der Liberalisierung und deren mögliche Folgewirkungen auf den gesamten Glücksspielbereich, mithin auch die Sportwetten, berücksichtigt werden müssen und zu klären ist, inwieweit dadurch die Geeignetheit der Monopolregelung im Bereich der Sportwetten in Frage gestellt wird (vgl. BVerwG vom 01.06.2011 Az. 8 C 2/11 <juris> RdNr. 51; BVerwG vom 01.06.2011 Az. 8 C 4/10 <juris> RdNr. 51; BVerwG vom 11.07.2011 Az. 8 C 11/10 <juris> RdNr. 49; BVerwG vom 11.07.2011 Az. 8 C 12/10 <juris> RdNr. 48).

Entgegen der Auffassung des Beklagten entspricht die vom Verwaltungsgerichtshof in den genannten Berufungsverfahren vorgenommene Prüfung der Vereinbarkeit der Monopolregelungen mit der Dienstleistungsfreiheit jedoch diesen Anforderungen. Insbesondere ist der Verwaltungsgerichtshof nicht bereits allein wegen der Liberalisierung im Bereich der Automatenspiele von einer Inkohärenz ausgegangen. Er hat vielmehr unter Berücksichtigung entsprechender empirischer Befunde einschlägiger Fachstudien und Untersuchungen (vgl. BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNrn. 40 ff.; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10. 2505 <juris> RdNrn. 48 ff.) die tatsächlichen Auswirkungen der Liberalisierung und deren Folgewirkungen für den unionsrechtlich legitimen Zweck im gesamten Glücksspielbereich berücksichtigt und gewürdigt (vgl. BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11. 482 <juris> RdNr. 68; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.483 <juris> RdNr. 67). Auf dieser Grundlage ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass das für alle Glücksspielbereiche und insbesondere auch für die im Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspiele geltende Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, durch die Angebotsausweitung in dem besonders suchtgefährdeten Bereich der gewerblichen Automatenspiele, die nicht durch ausreichende, der Suchtgefahr entgegenwirkende Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz begleitet worden ist, konterkariert wird (vgl. BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.482 <juris> RdNr. 69; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.483 <juris> RdNr. 68).

Eine weitere Prüfung ist auch nach der vom Beklagten in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erforderlich, soweit danach die Auswirkungen der Liberalisierung und deren mögliche Folgewirkungen auf den gesamten Glücksspielbereich berücksichtigt werden müssen und zu klären ist, inwieweit dadurch die Geeignetheit der Monopolregelung im Bereich der Sportwetten in Frage gestellt wird. Insbesondere erfordert diese Rechtsprechung keine Folgenabschätzung im Sinne einer Prüfung, ob durch die Liberalisierung im Automatenbereich die Geeignetheit der Monopolregelung, das Glücksspiel im Bereich der Sportwetten zu begrenzen, vor allem deshalb in Frage gestellt wird, weil im Hinblick auf Interdependenzen zwischen den betreffenden Glücksspielsektoren Spieler von den Sportwetten zu den Automatenspielen abwandern (für eine solche Prüfung aber Hecker, DVBl 2011, 1130/1134). Eine derartige Prüfung würde vielmehr der Sache nach auf eine sektorale Kohärenzprüfung hinauslaufen. Dies widerspräche aber der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH vom 08.09.2010 Rs. C-315/07 u.a. - Markus Stoß u.a. - <juris> RdNr. 106; EuGH vom 08.09.2010 Rs. C-46/08 - Carmen Media - <juris> RdNr. 71) und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG vom 24.11.2010 Az. 8 C 13/09 <juris> RdNr. 67; BVerwG vom 24.11.2010 Az. 8 C 14/09 <juris> RdNrn. 79 f.; BVerwG vom 24.11.2010 Az. 8 C 15/09 <juris> RdNrn 78 f.; BVerwG vom 11.07.2011 Az. 8 C 11/10 <juris> RdNr. 43), nach der die unionsrechtliche Prüfung der Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit der Dienstleistungsfreiheit sektorübergreifend zu erfolgen hat (so auch OVG NRW vom 29.09.2011 Az. 4 A 17/08 <juris> RdNr. 165).

Die Rechtfertigung der Monopolregelung als Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV im Bereich der Sportwetten wird im Übrigen auch nicht erst dann in Frage gestellt, wenn das Monopol zur Begrenzung der Wetttätigkeiten im Bereich der Sportwetten nichts mehr beitragen kann (in diesem Sinne auch OVG NRW vom 29.09.2011 Az. 4 A 17/08 <juris> RdNr. 161 ff.). Denn bei einem derartig widersprüchlichen Regelungs- und Schutzkonzept, bei dem wie im Falle der Sportwetten einerseits und der Automatenspiele andererseits in einem kleinen Teilsegment mit einem eher geringen Suchtpotential ein staatliches Monopol und damit eine objektive Berufszulassungsschranke gesetzt wird, während in einem wirtschaftlich sehr viel bedeutenderen Glücksspielsektor mit hohem Suchtpotential die Erteilung gewerberechtlicher Erlaubnisse an private Anbieter vorgesehen ist, ist nicht nur isoliert die Eignung einer Beschränkung in einem Teilsegment, sondern die Verhältnismäßigkeit und damit die Rechtfertigung der Beschränkung insgesamt in den Blick zu nehmen (vgl. EuGH vom 21.09.1999 Rs. C-124/97 - Läärä u.a. - <juris> RdNr. 39; EuGH vom 06.03.2007 Rs. C-338/04 - Placanica - <juris> RdNr. 48; EuGH vom 08.09.2009 Rs. C-42/07 - Liga Portuguesa de Futebol Profissional - <juris> RdNrn. 58 f.; EuGH vom 08.09.2010 Rs. C-316/07 u.a. - Markus Stoß u.a. - <juris> RdNrn. 77 und 79; EuGH vom 08.09.2010 Rs. C-46/08 - Carmen Media - <juris> RdNr. 46; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNr. 51; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2505 <juris> RdNr. 59). In Anbetracht dessen ist die Monopolregelung als größtmögliche Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit, auch wenn sie trotz der Ausweitung der Automatenspiele zur Begrenzung der Sportwetten beitragen kann, im Hinblick auf das mit dem Monopol verfolgte Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, unverhältnismäßig. Dementsprechend hat der Gerichtshof der Europäischen Union auch festgestellt, dass bei einer solchen Konstellation berechtigter Anlass für die Schlussfolgerung bestehen kann, dass das Monopol im Hinblick auf die beschränkte Grundfreiheit nicht mehr gerechtfertigt werden kann (vgl. EuGH vom 08.09.2010 Rs. C-46/08 - Carmen Media - <juris> RdNr. 68; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNr. 51; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2505 <juris> RdNr. 59).

Auch der in der mündlichen Verhandlung gestellte und abgelehnte Antrag des Beklagten, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis zu der Tatsache zu erheben, dass die Liberalisierung im Automatenspielsektor keine tatsächlichen Auswirkungen und Folgewirkungen auf den gesamten Sportwettenbereich, mithin auch die Sportwetten habe, war damit nicht entscheidungserheblich. Aufgrund der Erkenntnisse aus den glücksspielrechtlichen Berufungsverfahren 10 BV 10.2271, 10 BV 10.2505 sowie 10 BV 10.2665 und den dort zitierten Quellen, hat der Verwaltungsgerichtshof darüber hinaus die notwendige Sachkunde für die Beurteilung und Würdigung der dort festgestellten Tatsachen und Ergebnisse (vgl. BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.482 <juris> RdNr. 69; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.483 <juris> RdNr. 68)

(2) Ein Gesichtspunkt, der der Beurteilung des Sportwettenmonopols als unionsrechtswidrig entgegenstehen könnte, ergibt sich darüber hinaus auch nicht daraus, dass die Werbepraxis im Glücksspielbereich, wie der Beklagte nach seinem entsprechenden Beweisantrag offenbar meint, weder in Bayern noch im gesamten Bundesgebiet dazu beitragen würde, das Suchtpotenzial des Glücksspiels insgesamt und insbesondere im Bereich der Sportwetten zu erhöhen, Jugendliche zu gefährden und die Wettleidenschaft zu erhöhen.

Zwar kann sich die Unvereinbarkeit des in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV verankerten staatlichen Sportwettenmonopols mit der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV auch daraus ergeben, dass das die in der Monopolregelung liegende Beschränkung rechtfertigende Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, nicht in kohärenter und systematischer Weise verfolgt wird, weil die Werbung der Monopolträger sich entgegen § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GlüStV nicht auf die bloße Information und Aufklärung über die Möglichkeit des Glücksspiels beschränkt, sondern zur Teilnahme am Glücksspiel auffordert, anreizt oder ermuntert und ihr ein positives Image verleiht, indem sie auf eine gemeinnützige Verwendung der erzielten Einnahmen hinweist, oder weil sie die Anziehungskraft des Glücksspiels durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen (vgl. BVerwG vom 24.11.2010 Az. 8 C 14/09 <juris> RdNr. 78 unter Hinweis auf EuGH vom 08.09.2010 Rs. C-316/07 u.a. - Markus Stoß u.a. - RdNr. 103). Der Senat hegt auch bereits aufgrund der Werbepraxis der Monopolträger erhebliche Zweifel an der Unionsrechtskonformität des staatlichen Sportwettenmonopols (vgl. BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10.2271 <juris> RdNr. 35; BayVGH vom 12.01.2012 Az. 10 BV 10. 2505 <juris> RdNr. 43; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.482 <juris> RdNr. 66; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.483 <juris> RdNr. 65). Dies ist jedoch für die Frage, ob die das Monopol normierenden Bestimmungen die Dienstleistungsfreiheit verletzen, weil sie die unionsrechtlichen Ziele nicht in kohärenter und systematischer Weise verfolgen und sich deshalb als unverhältnismäßig erweisen, nicht entscheidungserheblich. Denn die Unionsrechtswidrigkeit ergibt sich, wie dargelegt, bereits aus der Liberalisierung und Ausweitung des Glücksspielmarktes im Bereich der Automatenspiele. Auch der die Werbepraxis der Monopolträger betreffende Beweisantrag des Beklagtenvertreters war deshalb mangels Entscheidungserheblichkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen abzulehnen (vgl. BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.482 <juris> RdNr. 65; BayVGH vom 17.02.2012 Az. 10 BV 11.483 <juris> RdNr. 64).

(3) Soweit der Beklagte schließlich die Auffassung vertritt, der Verwaltungsgerichtshof stelle zu hohe Anforderungen an die Kohärenz der Beschränkung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten und greife damit in den dem nationalen Gesetzgeber zustehenden Beurteilungsspielraum ein, führt auch dies nicht zur Unionsrechtskonformität von § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV.

Der Spielraum des Gesetzgebers bei der Beschränkung von Grundfreiheiten findet seine Grenzen in den Anforderungen, die sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aus dem Unionsrecht für solche Beschränkungen ergeben. Da die Monopolregelung in § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, wie ausgeführt, jedoch diesen Anforderungen nicht genügt, greift der Verwaltungsgerichtshof auch nicht in unzulässiger Weise in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ein, wenn er von der Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV ausgeht. Soweit der Beklagtenvertreter insoweit in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sei erst bei einem schwerwiegenden Auseinanderfallen der Glücksspielpolitik im Bereich der Sportwetten einerseits und der Automatenspiele andererseits überschritten, widerspricht dies der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Denn danach liegt eine die Inkohärenz und damit die Unionsrechtswidrigkeit einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit begründende widersprüchliche Ausgestaltung und Handhabung des Glücksspielrechts für die genannten Glücksspielbereiche nicht erst bei einem krassen Missverhältnis der Glücksspielpolitik in den jeweiligen Bereichen, sondern unabhängig von der besonderen Schwere des darin liegenden Widerspruchs bereits dann vor, wenn die legitimen Zwecke des Sportwettenmonopols in anderen Glücksspielbereichen normativ oder durch die Praxis der Rechtsanwendung konterkariert werden (vgl. BVerwG vom 24.11.2010 Az. 8 C 14/09 <juris> RdNr. 82; BVerwG vom 24.11.2010 Az. 8 C 15/09 <juris> RdNr. 61). Dass dies hier der Fall ist, hat der Senat jedoch, wie ausgeführt, festgestellt.

ccc) An einem Ermessensfehler fehlt es schließlich auch nicht deshalb, weil das Ermessen auf Null reduziert und daher nur die im Bescheid vom 5. Juni 2008 enthaltene Untersagungsverfügung ermessensgerecht und damit rechtmäßig gewesen wäre. Insbesondere ist ein Verstoß gegen das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV oder ein anderes Verbot, das zu einer vollständigen Untersagung des Veranstaltens, Durchführens oder Vermittelns von Sportwetten in der Betriebsstätte des Klägers in O… zwingen würde, weder vom Beklagten geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

(1) Soweit der Kläger die von ihm entgegengenommenen Sportwetten über eine Online-Standleitung an den Wettveranstalter in Gibraltar weiterleitet, verstößt dies nicht gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, öffentliche Glücksspiele im Internet zu vermitteln. Denn der Kläger hat die Sportwetten nicht im Internet vermittelt, sondern sich des Internets durch die Nutzung der Standleitung lediglich bedient, um die in seinem Wettbüro vor Ort entgegengenommenen Wetten an den Wettveranstalter zu übermitteln. Ein solches Vorgehen unterfällt dem Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV, das nur den Gefahren begegnen soll, die mit dem unmittelbaren Vertrieb von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, aber auch nach dem Regelungszweck nicht (vgl. OVG NRW vom 29.09.2011 Az. 4 A 17/08 <juris> RdNr. 192). Denn die nach dem Willen des Normgebers zu vermeidenden spezifischen Gefahren des Internets, die darin bestehen, dass ein wirksamer Jugendschutz durch das Internet als Vertriebsweg erschwert wird und dass die Anonymität des Spielenden und das Fehlen jeglicher sozialen Kontrolle die Suchtgefahren des Glücksspiels erhöhen (vgl. LT-Drucks 15/8486, S. 15; vgl. BayVGH vom 07.02.2012 Az. 10 CS 11.1212 <juris> RdNr. 33), treten nicht auf, wenn die zu vermittelnden Wetten in der Betriebsstätte des Klägers durch diesen selbst oder durch sein Personal entgegengenommen werden.

(2) Etwaige Verstöße des Klägers gegen das Verbot von Wetten während des laufenden Sportereignisses nach § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV oder gegen das Verbot des § 5 Abs. 3 GlüStV, für öffentliches Glücksspiel im Internet zu werben, hätten ebenfalls nicht zu einer Ermessensreduktion auf Null dahingehend führen können, dass die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung von Sportwetten in der Betriebsstätte des Klägers vollständig zu untersagen gewesen wäre. Denn bei Zweifeln über die Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit, wie sie die genannten Regelungen darstellen, kommen statt einer vollständigen Untersagung zunächst Nebenbestimmungen in Betracht (vgl. BVerwG vom 01.06.2011 Az. 8 C 2/10 <juris> RdNr. 55; BVerwG vom 01.06.2011 Az. 8 C 4/10 <juris> RdNr. 55; BVerwG vom 11.07.2011 Az. 8 C 11/10 <juris> RdNr. 53).

b) War damit die Untersagungsverfügung von Anfang an rechtswidrig, so führt dies auch zur Rechtswidrigkeit der ihrer Durchsetzung dienenden Zwangsgeldandrohung, so dass der Bescheid vom 5. Juni 2008 insgesamt vom Zeitpunkt seines Erlasses bis zu seiner Erledigung mit Ablauf des 31. Januar 2009 rechtswidrig war.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

IV. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind. Nach Auffassung des Senats hat weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch beruht das Urteil auf einer Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).  

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG und Nr. 1.6.2 Satz 2 Streitwertkatalog.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Senftl Dr. Martini Zimmerer