LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 27.04.2012 - 19 S 10051/11
Fundstelle
openJur 2012, 122117
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Erlangen vom 30.11.2011, Az. 1 C 1436/11, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Beklagten, über den Fahrer des Kraftfahrzeugs des Beklagten mit dem amtl. Kennz: ERH - … am 16.3.2010 gegen 16.52 Uhr Auskunft zu erteilen.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Erlangen vom 30.11.2011.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Abänderung des am 30.11.2011 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Erlangen, Az. 1 C 1436/11, zu verurteilen, Auskunft über Vornamen, Familiennamen und Anschrift (Straße, Hausnummer, Postleitzahl und Wohnort) des Fahrers/der Fahrerin zu erteilen, der/die den Pkw VW mit dem amtl. Kennz: ERH - …, am 16.3.2010 gegen ca. 16.52 Uhr auf dem Parkplatz in 91052 Erlangen, Gossengelände, Nägelsbachstraße, geparkt hat.

Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des jeweiligen Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteivertreter Bezug genommen, im Übrigen auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet, da ein Auskunftsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten nicht besteht.

Zutreffend führt das Erstgericht aus, dass ein Auskunftsanspruch weder aus § 242 BGB noch aus anderer Rechtsgrundlage abzuleiten ist.

1.

Nach § 242 BGB wird Auskunft im Einzelfall dort geschuldet, wo sich aus dem Wesen des Rechtsverhältnisses ergibt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder über den Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer solche Auskünfte zu erteilen, die zur Beseitigung jener Ungewissheit geeignet sind (vgl. Krüger, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 260 Rdnr. 12, m.w.N.).

a)

Vorliegend fehlt es bereits an einer zwischen den Parteien bestehenden Sonderrechtsbeziehung.

Eine solche Sonderrechtsbeziehung folgt nicht allein aus dem Umstand, dass der Beklagte Halter des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennz: ERH - … ist.

Eine derartige Sonderrechtsbeziehung ist auch nicht deshalb gegeben, weil die Klägerin den Beklagten wegen Besitzstörung in Anspruch nehmen kann. Denn Schuldner eines derartigen Anspruchs ist derjenige, der die Besitzstörung durch seine Handlung selbst bewirkt hat oder von dessen Willensbetätigung die Störung durch einen Dritten oder eine Sache adäquat verursacht ist (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 71. Aufl., § 862 Rdnr. 8, m.w.N.).

Vorliegend hat der Beklagte - in zweiter Instanz unwidersprochen - vorgetragen, sein Kraftfahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt nicht selbst gefahren zu haben. Er ist damit nicht unmittelbarer Handlungsstörer. Er ist aber auch nicht mittelbarer Handlungsstörer oder Zustandsstörer, weil er die Besitzstörung nicht adäquat verursacht hat. Diesbezügliche Anzeichen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Soweit die Klägerin auf eine Entscheidung des BGH, NJW 2009, 2530 ff. abhebt, ergibt sich daraus nichts anderes. Denn der BGH hat in dieser Entscheidung lediglich dargelegt, dass Abschleppkosten für ein unbefugt abgestelltes Kraftfahrzeug als Schadensersatz vom Fahrzeugführer verlangt werden können.

b)

Ein Auskunftsanspruch der Klägerin scheitert aber auch deswegen, weil sie nicht in entschuldbarer Weise über den Umfang ihres Rechts im Ungewissen ist und sich nicht die notwendigen Informationen selbst auf zumutbare Weise beschaffen kann.

Es ist ausschließlich dem Geschäftsmodell der Klägerin zuzuschreiben, dass sie sich die klageweise begehrten Informationen nicht selbst verschaffen kann. Das Gericht ist auch nach der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass die Klägerin die Identität von nicht das Parkentgelt entrichtenden Fahrzeugführern ermitteln könnte, indem sie beispielsweise Parkkrallen an den widerrechtlich abgestellten Kraftfahrzeugen anbringt oder schon vorab den Zugang von nicht zahlenden Fahrzeugführern durch Anbringen von Parkschranken verhindert.

2.

Ein Auskunftsanspruch ergibt sich auch nicht aus direkter oder analoger Anwendung des § 25 a StVG. Zwar mag die Interessenslage des damaligen Gesetzgebers und der Klägerin vergleichbar sein. Bei dieser Vorschrift handelt es sich aber um eine Regelung, die den Ersatz von Verwaltungskosten vorsieht, hat mithin einen Auskunftsanspruch nicht zum Gegenstand. Im Übrigen zeigt die Schaffung des § 25 a StVG gerade, dass es einer gesetzlichen Regelung im Ordnungswidrigkeitenverfahren bedurfte, da eine allgemeine Auskunftspflicht des Fahrzeughalters nicht besteht (vgl. auch LG Rostock, Urteil vom 11.4.2008, Az. 1 S 54/07).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.