Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.01.2012 - 10 CS 11.1290
Fundstelle
openJur 2012, 120283
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf Euro 50.000,-- festgesetzt.

Gründe

I.

Mit Bescheid vom 20. Mai 2010 untersagte die Regierung von Mittelfranken der Antragstellerin, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln. Die Antragstellerin veranstalte oder vermittle auf den Seiten www….com, www.p...com, www.l...com sowie www…t.com öffentliches Glücksspiel über das Internet in Bayern und verstoße damit gegen § 4 Abs. 4 GlüStV. Die Antragstellerin könne der räumlich beschränkten Untersagung dadurch nachkommen, dass sie den Internetinhalt ganz entferne. Sie könne aber auch versuchen, ihre Internetauftritte mit Hilfe der sog. Geolokalisationstechnologie zu beschränken. Es könne offen bleiben, ob eine Internetgeolokalisation nach Bundesländern technisch mit der gebotenen Genauigkeit umsetzbar sei. Denn das auf Bayern beschränkte Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot führe insoweit nicht zu unangemessenen Folgen, da ihr der Einsatz von Geolokalisationstechnik jedenfalls zur weiteren Versorgung des sich außerhalb Deutschlands befindlichen Nutzerkreises zur Verfügung stehe. Es werde auf die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. November 2008 (Az. 10 CS 08.2399), vom 22. Juli 2009 (Az. 10 CS 09.1184) und vom 12. März 2010 (Az. 10 CS 09.1734) verwiesen.

Mit Bescheid vom 5. Juli 2010 wurde der Bescheid vom 20. Mai 2010 dahingehend ergänzt, dass der Antragstellerin nach Ablauf von sechs Wochen ab dem Tag der Bekanntgabe dieses Bescheides untersagt sei, öffentliches Glücksspiel über das Internet in Bayern zu veranstalten und zu vermitteln.

Den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verfügung vom 20. Mai in der Gestalt des Ergänzungsbescheides vom 5. Juli 2010 anzuordnen, hat das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 16. Mai 2011 abgelehnt.

Die Antragstellerin verstoße mit ihrem Angebot gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV normierte Verbot, öffentliche Glücksspiele im Internet zu veranstalten und zu vermitteln. Das Internetverbot sei mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar. Insbesondere sei die Bestimmung als hinreichend systematisch und kohärent im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anzusehen. Der Regierung von Mittelfranken stehe die für den Erlass der angegriffenen Verfügung erforderliche Verbandskompetenz zu. Der Bescheid sei auch dann verhältnismäßig, wenn die Antragstellerin ihm nur durch das vollständige Unterlassen der beanstandeten Tätigkeit im Internet für das gesamte Bundesgebiet nachkommen könne, weil § 4 Abs. 4 GlüStV für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen im Internet verbiete. Zur weiteren Erschließung des im Ausland befindlichen Nutzerkreises stehe jedenfalls der Einsatz von Geolokalisationstechnik zur Verfügung. Dem stehe nicht entgegen, dass die Geolokalisation gegebenenfalls Umgehungsmöglichkeiten nicht völlig ausschließe, nachdem die Regierung von Mittelfranken die Einrichtung einer solchen Technik als Erfüllung der durch die Untersagungsanordnung aufgegebenen Verpflichtung anerkenne. Vor diesem Hintergrund werde die Antragstellerin durch die betroffene Untersagungsanordnung weder rechtlich noch faktisch daran gehindert, im europäischen Ausland weiterhin im Internet Glücksspiele zu veranstalten bzw. zu vermitteln. Soweit durch die Geolokalisation überhaupt ein datenschutzrechtlich bedeutsamer Vorgang ausgelöst werden sollte, sei eine Anfrage auf Erteilung einer entsprechenden Zustimmung sowohl der Antragstellerin als auch dem Teilnahmewilligen unter dem Gesichtspunkt des hohen Stellenwerts der Zielsetzung des Internetverbots zumutbar. Auch die unter Ziffer 3 des Bescheides vom 20. Mai 2010 festgesetzte Gebühr in Höhe von 15.000,- Euro begegne keinen rechtlichen Bedenken.

Im Beschwerdeverfahren beantragt die Antragstellerin:

Unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. Mai 2011 wird die aufschiebende Wirkung der Klage vom 22. Juni 2010 gegen die Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 20. Mai 2010 in der Gestalt des Ergänzungsbescheides vom 5. Juli 2010 angeordnet.

Die angefochtene Untersagungsverfügung sei offensichtlich rechtswidrig. Deshalb streite eine sachgerechte Interessenabwägung für ein überwiegendes Aufschubinteresse der Antragstellerin gegenüber dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung. Dem Antragsgegner fehle es an der erforderlichen Verbandskompetenz. Darüber hinaus verstoße er mit der Untersagung von Tätigkeiten in Gibraltar gegen das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip. Wenn der Antragsgegner die Antragstellerin auf die technisch sicher mögliche Alternative der vollständigen bundes- bzw. weltweiten Abschaltung der Internetseiten verweise, liege darin eine Überschreitung seiner landesrechtlichen Kompetenzen. Das Internetverbot aus § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 GlüStV sei unanwendbar, weil es unionsrechtswidrig sei. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Zulässigkeit von Internetpferdewetten, aber auch hinsichtlich der Zulässigkeit von 50-Cent-Gewinnspielen. Das Internetverbot sei zudem verfassungswidrig. Der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 und 2 GlüStV sei ebenfalls europarechtswidrig. Die Untersagungsanordnung des Antragsgegners sei unverhältnismäßig. Sie sei zur Erreichung des Ziels weder geeignet noch angemessen. Die Geolokalisation sei technisch nicht mit hinreichendem Erfolg durchführbar. Sie sei insbesondere in zwischenstaatlichen Grenzgebieten mit Unsicherheiten behaftet. Die Datenbanken von Geolokalisationsanbietern erfassten nicht den Standort des einzelnen Nutzers, sondern nur den Standort der in der „WHOIS“-Datenbank registrierten Organisation. Dies könne ein Internetserviceprovider sein, aber auch ein größeres Unternehmen, dessen Internetzugang eine bestimmte IP-Adresse dauerhaft zugeordnet sei. Weiter gelinge die genaue Bestimmung des Ortes, an dem der eigentliche Internetzugriff stattfinde, also in der Regel des Einwahlknotens bzw. des Proxyservers nur bedingt. Zudem könne die Geolokalisation durch Proxyserver umgangen werden. Mit Hilfe eines Proxyservers könne man sich anonym im Internet bewegen. Die Geolokalisation verstoße gegen Datenschutzrecht. Die Implementierung eines zuverlässigen Geolokalisationsverfahrens sei weder technisch möglich noch rechtlich zulässig, so dass der Antragstellerin damit allein das vollständige, also weltweite Abschalten ihres Internetangebotes bliebe. Sie müsse das Glücksspielrecht sämtlicher Staaten berücksichtigen. Der Aufwand für die Einholung der Einwilligung jedes einzelnen Spielers zur Geolokalisation sei ebenfalls unverhältnismäßig. Im Übrigen sei das Angebot der Antragstellerin erlaubnisfähig, da die Tätigkeit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags nicht zuwiderlaufe. Die Verwaltungsgebühr sei nicht angemessen, weil sich der Antragsgegner vermutlich eines Musterbescheides zur Untersagung von Online-Glücksspielen bedient habe und diesen nur auf die Antragstellerin angepasst habe. Der relativ geringe Verwaltungsaufwand könne nicht die im Untersagungsbescheid festgesetzte Gebühr rechtfertigen.

Der Antragsgegner beantragt:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

Er verweist auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Juni 2011 im Verfahren 8 C 5.10. Den Bedenken gegen die Kohärenz des Internetverbots folge das Bundesverwaltungsgericht nicht, da die Veranstaltung und der Vertrieb von Pferdewetten im Internet ebenfalls als unzulässig angesehen würden. Ein Verstoß gegen das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip sei ebenfalls nicht ersichtlich. Der angegriffene Bescheid untersage der Antragstellerin nur die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel in Bayern. Dass gegebenenfalls dazu das Internetangebot in der ganzen Bundesrepublik abgeschaltet werden müsse, sei eine Frage der Verhältnismäßigkeit.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Der Sachvortrag im Beschwerdeverfahren, auf dessen Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. Mai 2011. Das Gericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 20. Mai 2010 in der Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 5. Juli 2010 voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, so dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen war.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Regierung von Mittelfranken die für den Erlass der Untersagungsverfügung vom 20. Mai 2010 erforderliche Verbandskompetenz zusteht. Die Untersagungsanordnung bezieht sich ausdrücklich auf die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel im Internet auf dem Gebiet des Freistaates Bayern. Auch wenn die bundesweite Einstellung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet die faktische Folge der Befolgung der Untersagungsverfügung für Bayern sein sollte, führt dies nicht zu einer rechtlichen Kompetenzerweiterung der bayerischen Landesbehörden. Es handelt sich hier nicht um eine Frage der Regelungskompetenz, sondern allenfalls der Verhältnismäßigkeit der Anordnung (zuletzt BayVGH vom 12.1.2012 Az. 10 ZB 10.2439 RdNr. 13 sowie vom 20.11.2008 Az. 10 CS 08.2399 RdNr. 50 und vom 22.7.2009 Az. 10 CS 09.1184 und 1185 RdNr. 25 alle <juris>).

Die Untersagungsverfügung an die Antragstellerin, die ihr Internetangebot von Gibraltar aus weltweit zur Verfügung stellt, verletzt auch nicht das Territorialitätsprinzip. Das Territorialitätsprinzip hat zum Inhalt, dass ein Staat nur dann die Regelungsgewalt für sich in Anspruch nehmen darf, wenn sich das geregelte Geschehen ganz oder teilweise auf seinem Staatsgebiet vollzieht oder wenn es um den Status von Sachen und Personen in seinem Staatsgebiet geht. Bei der Regelung eines Verhaltens genügt es, dass einzelne Elemente davon sich auf dem Gebiet des regelnden Staates ereignen (Herdegen, Völkerrecht, 7. Aufl. 2008, S. 170 RdNr. 5 und S. 183 RdNr. 4). Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine Untersagungsverfügung für das Land Bayern auch an ein Unternehmen aus einem anderen Staat gerichtet werden, wenn dessen Internetangebot zumindest auch von Bayern aus aufrufbar ist. Nehmen Nutzer aus Bayern an dem von der Antragstellerin veranstalteten Glücksspiel teil, so vollzieht sich das von der Antragstellerin veranstaltete Glücksspiel nicht nur auf Gibraltar, sondern auch in Bayern (BayVGH vom 19.7.2011 Az. 10 CS 10.1923 <juris> RdNr. 54). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV. Dieser Staatsvertrag ist zwar gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 GlüStV zum 31. Dezember 2011 außer Kraft getreten. Die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages bleiben aber mit Ausnahme der §§ 26, 28 und 29 bis zum Inkrafttreten des neuen Staatsvertrags in Kraft (Art. 10 Abs. 2 AGGlüStV). Dies gilt auch für das sogenannte „Internetverbot“ aus § 4 Abs. 4 GlüStV.

Das in § 4 Abs. 4 GlüStV enthaltene generelle Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet ist sowohl mit nationalem Verfassungsrecht als auch mit Unionsrecht vereinbar. Es steht mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang. Das Internetverbot dient dem Ziel der Bekämpfung der Wettsucht sowie einem effektiven Jugendschutz. Bei beiden Zielen handelt es sich um besonders wichtige Gemeinwohlbelange, die selbst objektive Berufswahlregeln rechtfertigen (vgl. BVerfG vom 14.10.2008 Az. 1 BvR 928/0 <juris> RdNr. 25 und dem folgend BVerwG vom 1.6.2011 Az. 8 C 5/10 <juris> RdNrn. 20 ff., BayVGH vom 25.8.2011 Az. 10 BV 10.1176 <juris> RdNr. 38 und vom 18.4.2011 Az. 10 CS 11.709 <juris> RdNr. 20). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die vom Senat festgestellte Unvereinbarkeit des staatlichen Wettmonopols mit Unionsrecht (vgl. zuletzt BayVGH vom 12.1.2012 Az. 10 BV 10.2271 RdNrn. 25 ff. unter Bezugnahme auf BVerwG vom 11.7.2011 Az. 8 C 11.10 und 1.6.2011 Az. 8 C 2.10, 8 C 4.10 und 8 C 5.10 sowie OVG NRW vom 29.9.2011 Az. 4 A 17/08 alle <juris>) das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht erfasst (vgl. BVerwG vom 1.6.2010 Az. 8 C 5.10 a.a.O. RdNr. 12, NdsOVG vom 21.6.2011 Az. 11 LC 348/10 <juris> RdNrn. 29 ff., BayVGH vom 1.4.2011 Az. 10 CS 10.2180 und 589 <juris> jeweils RdNr. 21 und vom 25.8.2011 a.a.O. RdNr. 41). Durch das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von Glücksspiel im Internet wird der freie Dienstleistungsverkehr (Art. 56 AEUV) zwar beschränkt, diese Beschränkung ist aber durch unionsrechtlich anerkannte Gemeinwohlziele gerechtfertigt (BayVGH vom 19.7.2011 Az. 10 CS 10.1923 <juris> RdNr. 40, vom 25.8.2011 a.a.O. RdNr. 42, BVerwG vom 1.6.2011 a.a.O. RdNrn. 30 ff., OVG NRW vom 19.6.2011 Az. 13 B 702/11 <juris> RdNrn. 24 ff., NdsOVG vom 21.6.2011 a.a.O. RdNrn. 68 ff.). Insbesondere trägt das Internetverbot zur Erreichung der mit ihm verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise bei, weil es nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert wird. Die ab 1. Januar 2012 in Schleswig-Holstein geltende neue Rechtslage und die sich daraus unter Umständen ergebende Frage der regionalen Inkohärenz bezüglich des Internetverbots wurde im Beschwerdeverfahren nicht problematisiert.

Zu den über das Internet angebotenen sog. 50-Cent-Gewinnspielen hat der Senat entschieden, dass diese dem vorrangigen Regelungsregime des Glücksspielstaatsvertrages unterfallen und daher nicht gemäß § 8a i.V.m. § 58 Abs. 4 Rundfunkstaatsvertrag allgemein zugelassen sind. Mit der in den Rundfunkstaatsvertrag neu eingefügten Regelung des § 8a sollte gerade keine abweichende Regelung zu den bereits geltenden Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages der Länder getroffen werden. Gewinnspiele mit einem Einsatz von maximal 50 Cent sind daher im Internet nicht zulässig (BayVGH vom 25.8.2011 a.a.O. RdNrn. 29 ff.).

Zur Problematik Kohärenz und Pferdewetten hat sich das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 1. Juni 2011 (Az. 8 C 5/10 RdNrn. 37 ff.) ausführlich geäußert. Es hat zunächst festgestellt, dass auch Pferdewetten nicht über das Internet angeboten oder vermittelt werden dürfen, weil die Buchmachererlaubnis nur für die Örtlichkeit erteilt werde, wo die Wette entgegengenommen oder vermittelt wird. Allerdings besteht – worauf auch das Bundesverwaltungsgericht hinweist – hinsichtlich der Annahme und Vermittlung von Pferdewetten im Internet in den Bundesländern ein Vollzugsdefizit, weil die Länder gegen die Annahme und Vermittlung von Pferdewetten im Internet nicht einschritten. Das Bundesverwaltungsgericht kommt jedoch zum Ergebnis, dass dieses Vollzugsdefizit die Eignung des Internetverbots, im gesamten sonstigen Glücksspielbereich die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen, nicht konterkariere. Der Bereich der Pferdewetten sei sogar unter Einschluss des tatsächlich verbreiteten Internetgeschäftes so geringfügig, dass nennenswerte nachteilige Rückwirkungen auf den vom Glücksspielstaatsvertrag geregelten Glücksspielmarkt praktisch ausgeschlossen seien. Es mag zutreffen, dass die Pferdewettangebote einen etwa gleich hohen Wetteinsatz wie die staatliche Sportwette Oddset/Fußballtoto generieren. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber zu Recht darauf hingewiesen, dass der kumulierte Wetteinsatz beim regulierten Markt für Sportwetten nur ca. 3 % des gesamten Glücksspielmarktes ausmacht. Auf den Pferdewettmarkt entfallen allenfalls ca. 1,5 % aller Wetteinsätze. Insoweit ist es durchaus gerechtfertigt, von einer untergeordneten Rolle der Pferdewetten im Glücksspielmarkt auszugehen.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von der Anwendbarkeit des Internetverbots ausgegangen, so dass es folgerichtig die geltend gemachte Unanwendbarkeit des Erlaubnisvorbehalts in § 4 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV außer Betracht lassen konnte. Die Untersagungsverfügung durfte allein wegen des Verstoßes gegen das Internetverbot unabhängig von einer Erlaubnispflicht für die Vermittlung und Veranstaltung von Glücksspielen im Allgemeinen erlassen werden. Im Übrigen geht der Senat von der Fortgeltung des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts aus (vgl. BayVGH vom 12.1.2012 Az. 10 BV 10.2505 RdNrn. 64 ff.).

Rechtsfehlerfrei hat das Erstgericht auch angenommen, dass die Untersagungsverfügung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Die Antragstellerin kann der Untersagungsverfügung, zumindest beschränkt auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, mit Hilfe der Geolokalisation nachkommen. Der Senat hält im Rahmen der summarischen Prüfung im Eilverfahren an seiner Auffassung fest, dass es sich hierbei um eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher der Internetseite der Antragstellerin innerhalb oder außerhalb Bayerns handelt (vgl. BayVGH vom 19.5.2010 Az. 10 CS 09.2672 RdNr. 23, vom 12.3.2010 Az. 10 CS 09.1734 RdNr. 25 und vom 20.11.2008 Az. 10 CS 08.2399 RdNr. 47 alle <juris>). Mit den von der Antragstellerin geäußerten Zweifeln an der technischen Machbarkeit der Geolokalisation hat sich der Senat bereits in seinem Beschluss vom 22. November 2008 auseinandergesetzt. Selbst wenn die derzeit auf dem Markt befindlichen Geolokalisationsanbieter nicht eine 99 %ige Genauigkeit auf Länderebene bieten sollten, führt dies nicht zur Ungeeignetheit der Technik, weil im Hinblick auf das im ganzen Bundesgebiet geltende Internetverbot die nicht trennscharfe Genauigkeit auf Länderebene nicht zur generellen Ungeeignetheit der Maßnahme führt. Dies gilt auch nach Außerkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags (s. dazu oben), weil alle Bundesländer eine der Regelung im Bayerischen Ausführungsgesetz entsprechende Fortgeltungsklausel in die jeweiligen Ausführungsgesetze aufgenommen haben. Im Übrigen geht die Regierung von Mittelfranken bei Einsatz der Geolokalisationstechnik von einer Einhaltung des Internetverbots aus, selbst wenn eine 99%ige Genauigkeit nicht erreicht werden kann. Bezüglich der von der Antragstellerseite besonders problematisierten Ungeeignetheit der IP-Adressräume zur Erfassung des Standorts des Nutzers und des Einsatzes von Proxyservern wird auf die Auswertung von routerspezifischen Informationen, Tracinginformationen und Antwortzeiten sowie auf andere Möglichkeiten der Ermittlung der IP-Adresse verwiesen (zum Ganzen vgl. Hören, Geolokalisation und Glücksspielrecht, ZfWG 2008, S. 229 ff. und S. 311 ff.). Die angesprochenen datenschutzrechtlichen Bedenken bei der Geolokalisation werden von der Rechtsprechung nicht geteilt (OVG NRW vom 2.7.2010 Az. 13 B 646/10 <juris>). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht zudem darauf hingewiesen, dass gegebenenfalls die Einholung einer Zustimmung des Nutzers zur Geolokalisation möglich und auch zumutbar ist. Einverständniserklärungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Datenschutzbedingungen gehören zum Standard in allen Geschäftsbereichen, die sich des Internets bedienen.

Die Ausführungen des Erstgerichts zur Verwaltungsgebühr sind nicht zu beanstanden. Die Regierung von Mittelfranken hat im Bescheid vom 14. April 2010 zu Art. 6 Kostengesetz ausgeführt, dass bei der Bemessung der Gebühr nicht nur der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, sondern auch die Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin berücksichtigt wurde. Sie hat auf das erhebliche wirtschaftliche Interesse im Hinblick auf die durch Internetglücksspielangebote erzielten hohen Umsätze und Gewinne abgestellt. Bei der Bemessung der Gebühr sind angesichts des Umfangs des von der Antragstellerin angebotenen Glücksspiels keine Rechtsfehler ersichtlich. Solche wurden von der Antragstellerin in Bezug auf das wirtschaftliche Interesse auch nicht dargelegt.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).