Bayerischer VGH, Beschluss vom 07.06.2010 - 7 ZB 09.2415
Fundstelle
openJur 2012, 108468
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 616,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Fahrtkostenerstattung für den Besuch eines Gymnasiums.

Der im Landkreis Coburg wohnende Kläger besucht seit dem Schuljahr 2007/2008 das Gymnasium Georgianum in Hildburghausen (Thüringen). Zuvor hatten seine Eltern beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die Fahrt mit öffentlichen Bussen von Heldritt, einem Ortsteil von Bad Rodach, nach Hildburghausen beantragt. Mit Bescheid vom 26. März 2007 lehnte der Beklagte die Kostenübernahme ab. Der Kläger könne mit geringerem Kostenaufwand eines der Coburger Gymnasien besuchen. Die damit verbundenen längeren Fahrt- und Wartezeiten seien noch zumutbar.

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberfranken vom 29.10.2007) erhobene Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, die Beförderungskosten von Heldritt nach Hildburghausen für das Schuljahr 2007/2008 zu übernehmen, wies das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 27. Juli 2009 ab. Zwar könne die nächstgelegene Schule grundsätzlich auch in einem anderen Bundesland liegen. Trotz der kürzeren Entfernung im Vergleich zu den Coburger Gymnasien sei jedoch das Gymnasium in Hildburghausen von Heldritt aus nicht mit dem geringsten Beförderungsaufwand erreichbar. Der Beklagte habe im Rahmen seines weiten und nicht überschrittenen Organisationsermessens für die Einrichtung einer von ihm bezuschussten Buslinie im Linienverkehr gesorgt, die Schüler aus den Ortsteilen von Bad Rodach nach Coburg bzw. zur dorthin führenden Bahnverbindung bringe und die auch Nachmittagsfahrten umfasse. Hierdurch komme er seiner Beförderungspflicht ausreichend nach. Zwar seien die reinen Fahrtkosten für eine Schülerjahreskarte von Heldritt nach Coburg höher als die Kosten einer Fahrkarte von Heldritt nach Hildburghausen. Es sei jedoch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte beim Vergleich der Fahrtkosten nicht auf den reinen Tarif einer Schülerjahreskarte abgestellt habe, sondern auch die Kosten für das in jedem Fall vom Beklagten zu tragende Defizit für die Busverbindung von Heldritt nach Coburg in die Berechnung einbezogen habe. Schüler aus Bad Rodach selbst seien im Gegensatz zu Schülern aus den Ortsteilen nicht auf die zusätzlich eingerichtete Buslinie angewiesen, sondern könnten sowohl Hildburghausen als auch Coburg vor- und nachmittags mit nicht bezuschussten Verkehrsmitteln erreichen. Demgegenüber sei Heldritt von Hildburghausen aus am Nachmittag mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar. Zwar habe der Kläger in Hildburghausen erst ab der 8. Klasse Nachmittagsunterricht. Die jetzige Übernahme der Beförderungskosten nach Hildburghausen hätte jedoch zur Folge, dass der Beklagte in späteren Jahren wegen der Unzumutbarkeit eines Schulwechsels auch für eine Beförderung des Klägers am Nachmittag zu sorgen bzw. die hierfür anfallenden Kosten zu übernehmen hätte. Der im Vergleich zu Hildburghausen zeitlich längere Schulweg nach Coburg sei dem Kläger ebenso wie der dort zurückzulegende Fußweg vom Bahnhof zur Schule zumutbar. Da die Beförderungskosten nach Hildburghausen unter Berücksichtigung des Schulbusdefizits die Fahrtkosten nach Coburg um mehr als 20% überstiegen, seien auch die Voraussetzungen für die Kostenübernahme im Ermessenswege nicht gegeben. Schließlich könne sich der Kläger nicht auf die Kostenerstattung zugunsten einer anderen Schülerin aus Heldritt berufen, weil der Beklagte die Beförderungskosten insoweit vor der mit Nachmittagsunterricht verbundenen Einführung des G 8 in Bayern übernommen und seine Praxis inzwischen geändert habe.

Gegen das am 27. August 2009 zugestellte Urteil ließ der Kläger die Zulassung der Berufung beantragen und zur Begründung ausführen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Berechnungsweise des Beklagten unter Einbeziehung des 40%igen Busanteils für die Fahrkarte nach Coburg sei aus mehreren Gründen falsch. Es dürfe lediglich der normale Fahrpreis für eine Strecke von 20 km nach Coburg mit den offensichtlich niedrigeren Fahrtkosten für 13 km nach Hildburghausen verglichen werden. Der Beklagte messe mit zweierlei Maß, wenn er den Schülern aus Bad Rodach selbst die Fahrtkosten nach Hildburghausen erstatte, dies den Schülern aus den Vororten aber verwehre. Es wäre ein Leichtes, die nicht subventionierte Buslinie von Bad Rodach auch am Nachmittag auf die Vororte auszudehnen. Hierdurch könne die vom Beklagten subventionierte Busverbindung nach Coburg entfallen. Der Beklagte habe sich um eine solche Lösung aber nicht bemüht. Es sei auch fraglich, ob der Beklagte für die überfüllte Schulbuslinie nach Coburg überhaupt Zuschüsse erbringe. Außerdem seien auch die Gastschulbeiträge in die Berechnung einzubeziehen, die der Beklagte in Coburg, nicht aber in Hildburghausen zu erbringen habe. Im Übrigen habe der Kläger in Hildburghausen erst ab der dritten Gymnasialklasse einmal pro Woche Nachmittagsunterricht. Demgegenüber müsse er in Coburg im Unterschied zu Hildburghausen täglich einen längeren Fußweg vom Bahnhof zur Schule zurücklegen. Auch von Coburg aus gebe es nicht immer einen Nachmittagsbus, der die Vororte von Bad Rodach anfahre. Der deutlich längere Schulweg nach Coburg und der damit verbundene Zeitverlust sei dem Kläger im Hinblick auf den hohen Leistungsdruck nach Einführung des G 8 nicht zuzumuten. 20 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands dürfe auch die Ausrichtung nach Coburg kein Gewicht mehr haben. Das Verwaltungsgericht sei den Beweisangeboten des Klägers nicht nachgegangen, der die Namen anderer Schüler genannt habe, denen der Beklagte ebenfalls die Beförderungskosten erstatte. Hierdurch habe das Gericht seine Aufklärungspflicht verletzt. Der Kläger habe auf die Beibehaltung der bisherigen Praxis vertraut und werde vom Beklagten aufgrund seiner Herkunft aus Bayern benachteiligt. Aufgrund des Aufklärungsaufwands weise die Rechtssache auch besondere tatsächliche Schwierigkeiten auf. Wegen der erforderlichen Neubewertung nach der Grenzöffnung sei die Berufung auch wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten und grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Schließlich lägen aufgrund der unzureichenden Sachverhaltsaufklärung durch das Verwaltungsgericht auch Verfahrensfehler vor.

Der Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses treten dem Antrag entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beförderung zum Gymnasium in Hildburghausen oder auf Übernahme der entsprechenden Fahrtkosten durch den Beklagten. Vielmehr erfüllt dieser seine Beförderungspflicht zur nächstgelegenen Schule durch Erstattung der Fahrtkosten nach Coburg. Die dortigen vier Gymnasien sind unter den gegebenen Umständen mit geringerem Beförderungsaufwand erreichbar als das Gymnasium in Hildburghausen (a). Der Ermessensspielraum für eine Kostenübernahme zu einer anderen als der nächstgelegenen Schule ist ebenfalls nicht eröffnet (b).

a) Die notwendige Beförderung der Schüler auf dem Schulweg bei öffentlichen und staatlich anerkannten Gymnasien bis einschließlich Jahrgangsstufe 10 ist Aufgabe der kreisfreien Gemeinde oder des Landkreises des gewöhnlichen Aufenthalts des Schülers (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs – Schulwegkostenfreiheitsgesetz [SchKfrG] vom 12.10.1970 [GVBl S. 460] in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.5.2000 [GVBl S. 452, BayRS 2230-5-1-UK], zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.7.2005 [GVBl S. 271], § 1 Satz 1 Nr. 2 der Verordnung über die Schülerbeförderung [SchBefV] vom 29.7.1983 [GVBl S. 553, BayRS 2230-5-1-1-UK] in der Fassung der Bekanntmachung vom 8.9.1994 [GVBl S. 953], zuletzt geändert durch Verordnung vom 4.7.2008 [GVBl S. 414]). Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SchBefV besteht die Beförderungspflicht zur nächstgelegenen Schule. Diese ist bei anderen als Pflichtschulen oder Schulen, denen die Schüler zugewiesen sind, diejenige Schule der gewählten Schulart, Ausbildungs- und Fachrichtung, die mit dem geringsten Beförderungsaufwand erreichbar ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchBefV). Der Aufgabenträger erfüllt seine Beförderungspflicht grundsätzlich im Zusammenwirken mit Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG, Art. 3 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern [BayÖPNVG] vom 30.7.1996 [GVBl S. 336, BayRS 922-1-W], zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.7.2008 [GVBl S. 483], § 3 Abs. 2 Satz 1 SchBefV). Ein verfassungsrechtlich garantierter Anspruch auf kostenfreien Transport zur Schule besteht allerdings nicht (VerfGH vom 7.7.2009 BayVBl 2010, 76/77).

aa) In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass beim Vergleich des Beförderungsaufwands grundsätzlich nicht auf die Entfernung oder auf den Zeitaufwand abzustellen ist, sondern auf die unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit zu ermittelnden Fahrtkosten (BayVGH vom 12.2.2001 BayVBl 2001, 308/309, vom 8.1.2008 Az. 7 B 07.1008 <juris>, vom 23.6.2008 Az. 7 B 08.550 <juris> und vom 20.4.2009 Az. 7 ZB 08.3048 <juris>). Gastschulbeiträge wirken sich auf den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SchBefV maßgeblichen Beförderungsaufwand nicht aus und sind somit ebenso wie etwaige weitere Kosten nicht in die Vergleichsberechnung einzubeziehen. Eine Berücksichtigung sämtlicher Kosten, die für jeden einzelnen Schüler über die Beförderung hinaus anfallen, ist im Rahmen einer Vergleichsberechnung zur Ermittlung der nächstgelegenen Schule mit vertretbarem Aufwand nicht zu leisten und weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck der einschlägigen Bestimmungen erforderlich.

Zwar kann grundsätzlich die nächstgelegene Schule auch in einem anderen Bundesland liegen (BayVGH vom 10.1.1996 VGH n.F. 49, 12/13 und vom 17.6.2005 BayVBl 2006, 703). Der Senat hat jedoch bereits entschieden, dass bei der Ermittlung, welche Schule mit dem geringsten Beförderungsaufwand erreicht werden kann, zu berücksichtigen ist, in welcher Weise der Aufgabenträger im konkreten Fall seiner Beförderungspflicht nachkommt und wie er die Beförderung organisiert hat. In diesem Rahmen ist dem Aufgabenträger ein Organisationsermessen zuzubilligen. Hat er in Ausübung dieses Organisationsermessens für einen bestimmten räumlich-örtlichen Bereich seiner Zuständigkeit etwa eine Schulbuslinie eingerichtet, weil auf diese Weise die Beförderung wirtschaftlicher oder sachgerechter durchgeführt werden kann (Art. 1 Abs. 2 Satz 2 SchKfrG, Art. 3 Abs. 3 Satz 3 BayÖPNVG, § 3 Abs. 2 Satz 2 SchBefV), und dabei sein Organisationsermessen nicht überschritten, insbesondere den Grundsatz der Zumutbarkeit gegenüber den zu befördernden Schülern nicht verletzt, so ist der Aufgabenträger weder zur Übernahme der Kosten für Einzelfahrten von Schülern zu einer anderen, von der Schulbuslinie nicht angefahrenen Schule noch zur Einrichtung einer weiteren, dorthin führenden Linie verpflichtet (BayVGH vom 24.3.1980 VGH n.F. 33, 75/77 und vom 21.3.1983 BayVBl 1983, 566/567). Gleiches gilt, wenn der Aufgabenträger wie hier – dem Grundsatz des Vorrangs des öffentlichen Personennahverkehrs bei der Schülerbeförderung Rechnung tragend – für die Beförderung im öffentlichen Linienverkehr (§ 42 PBefG) sorgt und hierzu etwaige Kostendeckungsfehlbeträge gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 BayÖPNVG übernimmt. In beiden Fällen führt der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit dazu, dass grundsätzlich alle für den Schulbus oder den bezuschussten Linienverkehr in Betracht kommenden Schüler, welche die Kostenfreiheit des Schulwegs in Anspruch nehmen wollen, gehalten sind, die hierfür bereitgestellten Beförderungsmöglichkeiten zu nutzen, auch wenn damit in weniger dicht besiedelten Gebieten längere Fahrtzeiten verbunden sein mögen. Der Aufgabenträger ist nicht verpflichtet, allen Beförderungswünschen Rechnung zu tragen und bei ausreichendem und von ihm mitfinanzierten Beförderungsangebot darüber hinaus Kosten für Einzelfahrten zu einer an einem anderen Ort gelegenen Schule zu übernehmen oder Beförderungsmöglichkeiten zu mehreren Schulen derselben Ausbildungsrichtung einzurichten.

Bei der Ausübung seines Organisationsermessens hinsichtlich der Gestaltung der Schülerbeförderung darf der Aufgabenträger auch das Interesse des Freistaates Bayern berücksichtigen, gerade im Grenzbereich zwischen verschiedenen Bundesländern ein flächendeckendes Netz möglichst hochwertiger Schulen aller Ausbildungs- und Fachrichtungen einzurichten und aufrecht zu erhalten. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die Bestimmungen über die Kostenfreiheit der Schülerbeförderung nicht nur dem sozialen Zweck dienen, dem jeweiligen Schüler unabhängig von seinen finanziellen Verhältnissen den Schulbesuch zu ermöglichen bzw. zu erleichtern, sondern dass sie auch in engem Zusammenhang mit der Organisation des bayerischen Schulwesens stehen. Durch den Aufbau eines Schülertransportnetzes soll auch darauf hingewirkt werden, dass die einzelnen Schulen, die grundsätzlich für bestimmte Einzugsgebiete und im Hinblick auf voraussichtliche Schülerzahlen geschaffen und bereitgehalten werden, angemessen ausgelastet werden (BayVGH vom 15.6.1999 Az. 7 ZB 99.1103 <juris>). Dies gilt insbesondere für Schulen in der Nähe zu benachbarten Bundesländern, denen ohne Sicherung tragfähiger Einzugsbereiche die Schüler entzogen würden, für die sie eigentlich gebaut worden sind (BayVGH vom 11.2.2008 Az. 7 B 06.1390 <juris>). Unzumutbare Erschwernisse dürfen für die hierdurch betroffenen Schüler allerdings nicht entstehen.

bb) Gemessen daran ist die Ablehnung der Übernahme der Fahrtkosten des Klägers zum Besuch des Gymnasiums in Hildburghausen trotz der größeren Entfernung der Coburger Gymnasien und des zusätzlichen Zeitaufwands für die Beförderung dorthin nicht zu beanstanden. Eine Überschreitung des Organisationsermessens ist auch unter Berücksichtigung der Antragsbegründung nicht anzunehmen.

Im ländlich strukturierten Zuständigkeitsbereich des Beklagten ist die kreisfreie Stadt Coburg Hauptstandort für weiterführende Schulen. Der Beklagte wickelt den überwiegenden Teil des Schülerverkehrs durch den öffentlichen Personennahverkehr ab und kommt hierdurch seiner gesetzlichen Verpflichtung gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 1 SchKfrG, Art. 3 Abs. 3 Satz 2 BayÖPNVG, § 3 Abs. 2 Satz 1 SchBefV nach. Hierzu werden von den beauftragten Verkehrsunternehmen auch kleinere Ortsteile bedient, die ansonsten nicht an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden sind. Die zu diesem Zweck teilweise eigens eingerichteten und vom Beklagten bezuschussten Buslinien sind zeitlich stark an die Bedürfnisse der Schüler angepasst. Dabei ist es unvermeidlich, dass aufgrund der Linienführung längere Fahrzeiten anfallen als bei direkten Verbindungen nach Coburg. Es liegt auf der Hand und wurde vom Beklagten ausreichend nachgewiesen, dass solche Linien nicht eigenwirtschaftlich betrieben werden können, sondern auf Zuschüsse angewiesen sind. Aus dem vom Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Vertrag mit dem Verkehrsunternehmen ergibt sich, dass die Buslinie Coburg – Lange Berge – Bad Rodach, über die auch Heldritt angebunden ist, zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs und insbesondere des Schülerverkehrs zu weiterführenden Schulen nach Coburg eingerichtet wurde. Die Leistungen des Verkehrsunternehmens vergütet der Beklagte dem Vertrag zufolge einerseits durch den Bezug von Schülerfahrkarten und andererseits, soweit die Einnahmen aus dem reinen Schülerverkehr nicht kostendeckend sind, durch monatliche Zuschüsse und einen Defizitausgleich nach Vorliegen der Jahresrechnung. Gleiches ergibt sich aus der ebenfalls vom Beklagten vorgelegte Bestätigung des Verkehrsunternehmens vom 18. Mai 2009, wonach das Wirtschaftsergebnis der Linie seit ihrem Bestehen eine Kostenunterdeckung aufweist und die Zuschüsse des Beklagten durch die von diesem bezahlten Schülermonatskarten gemindert werden. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Beklagte aus Gründen der Wirtschaftlichkeit eine möglichst hohe Auslastung der von ihm bezuschussten Buslinie anstrebt und deshalb bei Schülern, die diese Beförderungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen können, keine Fahrtkosten zu anderen Schulen erstattet.

Durch das vom Beklagten entwickelte Beförderungskonzept sind auch am Nachmittag mehrere Rückfahrtmöglichkeiten von Coburg in die Ortsteile von Bad Rodach gewährleistet. Demgegenüber können nach den vorgelegten Fahrplänen von Hildburghausen aus nachmittags nur noch der Stadtkern von Bad Rodach, nicht aber die außerhalb gelegenen Ortsteile mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden. Zwar wirkt sich dies im Fall des Klägers im streitgegenständlichen Schuljahr (Jahrgangsstufe 5) noch nicht aus, da am Gymnasium in Hildburghausen erst ab der achten Jahrgangsstufe Nachmittagsunterricht stattfindet. Jedoch ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte insoweit die gesamte Schulzeit einschließlich der Jahrgangsstufe 10 in den Blick genommen hat, in der er gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG, § 1 Satz 1 Nr. 2 SchBefV die notwendige Beförderung auf dem Schulweg sicherzustellen hat. Die Übernahme der Fahrtkosten nach Hildburghausen in den ersten Schuljahren hätte Folgewirkungen auch für die Schuljahre ab der Jahrgangsstufe 8, weil dem Kläger allein wegen der besseren Nachmittagsanbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Coburg aus ein späterer Schulwechsel von Hildburghausen nach Coburg nicht ohne weiteres zugemutet werden könnte. Damit hätte der Beklagte für einen individuellen Rücktransport des Klägers nach Heldritt zu sorgen, der bei einem Schulbesuch in Coburg mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewerkstelligt werden könnte. Der Kläger kann insoweit auch nicht darauf verweisen, den verbleibenden Schulweg vom Stadtkern Bad Rodachs nach Heldritt zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen zu können. Vielmehr ist der Beklagte aufgrund der - wenn auch nur knapp - über 3 km liegenden Distanz verpflichtet, für die Beförderung des Klägers von und nach Heldritt zu sorgen (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 SchKfrG).

Die vom Beklagten angebotene Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Coburg bedeutet für den Kläger auch keine unzumutbare Erschwernis. Zwar ist der Kläger morgens von Heldritt nach Hildburghausen lediglich 25 Minuten unterwegs, während die Fahrt nach Coburg circa eine Stunde dauert. Außerdem kommt in Coburg noch ein Fußweg vom Bahnhof durch die Innenstadt zu einem der vier Gymnasien von maximal 1,74 km hinzu, wobei allerdings der Fußweg zum nächstgelegenen Gymnasium Casimirianum um einiges kürzer ist. Dies erscheint unter den gegebenen Umständen, insbesondere vor dem Hintergrund der besseren Nachmittagsanbindung, noch zumutbar (vgl. auch BVerwG vom 15.1.2009 Az. 6 B 78/08 <juris>). Im Falle einer Übernahme der Beförderungskosten nach Hildburghausen würde der Beklagte die Schulwegkosten des Klägers zum Teil doppelt finanzieren, da sich durch die Nichtinanspruchnahme der Busverbindung, die eigens für die außerhalb des Stadtkerns von Bad Rodach gelegenen Ortsteile geschaffen wurde, das insoweit anfallende Defizit erhöhen würde. Aufgrund des ausreichenden Beförderungsangebots nach Coburg ist der Beklagte jedoch nicht verpflichtet, durch Umgestaltung der bezuschussten Buslinien oder durch Übernahme der individuellen Fahrtkosten die Beförderung des Klägers zur Wunschschule in Hildburghausen zu finanzieren.

Der Kläger kann sich auch nicht auf vergleichbare Bezugsfälle berufen, in denen der Beklagte anderen Schülern die Fahrtkosten von Heldritt nach Hildburghausen erstatten würde. Insoweit hat der Beklagte dargelegt, dass lediglich einer weiteren Schülerin aus Heldritt einige Jahre zuvor der Schulweg nach Hildburghausen finanziert wurde. Der Beklagte ist hierdurch nicht gehindert, seine Praxis zu ändern und die Kostenübernahme für andere Schüler in späteren Jahren einzustellen. Der in den Behördenakten enthaltenen Schülerliste zufolge wurde bei mit dem Kläger vergleichbaren Schülern der Jahrgangsstufe 5 im Schuljahr 2007/2008 aus außerhalb des Stadtkerns gelegenen Ortsteilen von Bad Rodach die Kostenübernahme abgelehnt. Da der angefochtene Bescheid bereits mehrere Monate vor Beginn des Schuljahres ergangen ist, können die Eltern des Klägers auch nicht mit Erfolg geltend machen, sie hätten auf die Beibehaltung der bisherigen Praxis vertraut. Vielmehr war es ihnen frühzeitig möglich, sich auf die Nichterstattung der Fahrtkosten einzustellen.

Schließlich kann der Kläger einen Kostenerstattungsanspruch auch nicht daraus herleiten, dass der Beklagte bei Schülern aus dem Stadtkern von Bad Rodach die Fahrtkosten nach Hildburghausen weiterhin übernimmt. Im Unterschied zu Schülern aus den außerhalb des Stadtkerns liegenden Ortsteilen Bad Rodachs sind Schüler aus Bad Rodach selbst nicht auf die vom Beklagten bezuschusste Buslinie angewiesen, sondern können Hildburghausen sowohl vormittags als auch am Nachmittag mit eigenwirtschaftlich betriebenen öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Da die reinen Fahrtkosten von Bad Rodach nach Hildburghausen niedriger liegen als die Fahrtkosten nach Coburg und insoweit kein Defizit anzurechnen ist, haben die Bad Rodacher Schüler im Gegensatz zum Kläger insoweit einen Erstattungsanspruch.

b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich auch nicht daraus, dass eine Übernahme der Beförderungskosten zu einer anderen als der nächstgelegenen Schule nach § 2 Abs. 4 SchBefV in Betracht käme. Insbesondere liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 Nr. 3 SchBefV nicht vor. Hierfür dürfte der Aufwand der Beförderung zum Gymnasium in Hildburghausen die ersparten Beförderungskosten zur nächstgelegenen Schule in Coburg um nicht mehr als 20% übersteigen. Da jedoch der Beklagte aufgrund der mit dem Verkehrsunternehmen vereinbarten Defizitregelung zumindest 40% der Fahrtkosten nach Coburg in jedem Fall zu tragen hat, unabhängig davon, ob der Kläger das Gymnasium in Coburg oder in Hildburghausen besucht, stünden dem zusätzlichen Beförderungsaufwand keine ersparten Beförderungskosten in ausreichender Höhe gegenüber. Der Ermessensspielraum des Beklagten für eine Kostenübernahme gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 3 SchBefV ist daher nicht eröffnet.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Die im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt. Über die Frage der Kostenerstattung kann nur unter besonderer Würdigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entschieden werden, die das Verwaltungsgericht hinreichend aufgeklärt hat. Für eine Neubewertung der insoweit in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze besteht keine Veranlassung. Es besteht auch kein Zusammenhang zwischen der Reichweite des Organisationsermessens des Aufgabenträgers bei der Gestaltung der Schülerbeförderung und der seit 20 Jahren überwundenen Teilung Deutschlands. Die Reichweite des Organisationsermessens zur Sicherung eines tragfähigen Einzugsbereichs für bayerische Schulen im Grenzbereich zu einem benachbarten Bundesland hängt nicht davon ab, ob der Zuständigkeitsbereich des Aufgabenträgers an ein „altes“ (vgl. BayVGH vom 11.2.2008 a.a.O.) oder an ein „neues“ Bundesland angrenzt.

3. Schließlich liegt auch kein Verfahrensfehler vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat den Sachverhalt umfassend ermittelt und sowohl vom Kläger als auch vom Beklagten im Vorfeld der mündlichen Verhandlung weitere Auskünfte eingeholt. Des Weiteren bestand in der mündlichen Verhandlung für den Prozessbevollmächtigten des Klägers Gelegenheit zu Nachfragen, wovon dieser auch Gebrauch gemacht hat. Allerdings hat er davon abgesehen, in der mündlichen Verhandlung gemäß § 86 Abs. 2 VwGO Beweisanträge zu stellen. Die Aufklärungsrüge stellt jedoch kein Mittel dar, um das Unterlassen von Beweisanträgen in der Vorinstanz zu kompensieren (BVerwG vom 15.1.2009 a.a.O.). Aufgrund des hinreichend geklärten Sachverhalts musste sich dem Verwaltungsgericht eine Beweisaufnahme oder sonstige weitere Sachverhaltsaufklärung auch nicht aufdrängen.

4. Der Antrag auf Zulassung der Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 3 GKG (Kosten einer Schülerjahreskarte von Heldritt nach Hildburghausen im Jahr 2007).

5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).