OLG München, Urteil vom 02.07.2009 - 6 U 2328/08
Fundstelle
openJur 2012, 102102
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung der Klagepartei gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 31. Januar 2008, Az. 7 O 11242/07, wird zurückgewiesen.

II. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klagepartei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Mit Endurteil vom 31.01.2008, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage, die im Hauptantrag auf Unterlassung des Vertriebs sogenannter "Fl 10% Einmalglasspritzen" – ein Mittel, das der Beklagte auf der Basis des § 21 Abs. 1 Nr. 2 AMG ohne arzneimittelrechtliche Zulassung ("defekturmäßig") herstellt und an Ärzte im gesamten Bundesgebiet verschickt – im Versandwege, im Hilfsantrag auf Unterlassung eben dieses Versands spezifisch an Ärzte gerichtet war, als unbegründet abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung, dem Klägervertreter zugestellt am 12. Februar 2008, richtet sich die mit Schriftsatz vom 06. März 2008 (bei Gericht eingegangen am 10. März 2008) eingelegte und innerhalb verlängerter Frist mit Schriftsatz vom 09. Mai 2008, bei Gericht eingegangen am selben Tage, begründete Berufung der Klagepartei, mit der sie ihr Ausgangsbegehren in vollem Umfang weiter verfolgt.

Ihren erstinstanzlichen Sachvortrag wiederholend und rechtliche Erwägungen vertiefend macht sie im Wesentlichen geltend, das Landgericht habe die Argumente der Klägerin unzureichend gewürdigt und komme daher zu einer fehlerhaften Entscheidung: Der Versand defekturmäßig hergestellter Arzneimittel sei nach § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 21 Abs. 1 AMG wettbewerbswidrig, da es an einer Erlaubnisnorm fehle. Die einzige insoweit in Betracht kommende Vorschrift, § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG, gestatte nämlich dem Apotheker nicht den Versand, sondern nur die Herstellung von Arzneimitteln ohne die grundsätzlich nach § 21 Abs. 1 AMG erforderliche Erlaubnis – und zwar nur dann, wenn die Abgabe derselben im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis erfolge, d. h. wenn das defekturmäßig hergestellte Arzneimittel in der Apotheke selbst (bzw. in einem nach § 1 Abs. 2 i. V. m. § 2 ApoG zulässigen Filialbetrieb) abgegeben werde. Dagegen gestatte die Norm es nicht, derartige Pharmazeutika zu versenden oder sonst den üblichen Versorgungs- und Einzugsbereich der Apotheke zu überschreiten. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts erfasse auch die (dem Beklagten erteilte, vgl. Anlage B 1) Erlaubnis nach § 11 a ApoG den Versand defekturmäßig hergestellter Arzneimittel nicht. Denn die Norm betreffe Arzneimittel nicht generell, sondern nur solche, die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG apothekenpflichtig seien, also Arzneimittel i. S. d. § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG, welche nicht durch die Vorschriften des § 44 AMG oder durch eine nach § 45 AMG erlassene Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb von Apotheken freigegeben sind; nach der Gesetzessystematik – §§ 43 ff. AMG regelten ausschließlich die Abgabe von zulassungspflichtigen Arzneimitteln – betreffe § 11 a ApoG mithin nur zugelassene Medikamente, nicht hingegen solche, die (wie die streitgegenständlichen Einmalglasspritzen) von der Zulassungspflicht freigestellt sind. Dementsprechend seien defekturmäßig hergestellte Medikamente in § 11 a ApoG bzw. in § 43 AMG ausdrücklich nicht erwähnt. Die Herstellung der Fl-Spritzen auf Vorrat sei dem Beklagten nach der – als Ausnahmevorschrift eng auszulegenden – Norm des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG nur erlaubt, soweit sie zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis, d. h. nach § 1 Abs. 2 ApoG vor Ort in der Hauptapotheke bzw. den bis zu drei Filialen bestimmt seien. Der Versand hingegen sei von der Apothekenbetriebserlaubnis nicht erfasst, da § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG nur auf §§ 1, 2 ApoG, nicht hingegen auf § 11 a ApoG Bezug nehme. Ein Versand defekturmäßig hergestellter Arzneimittel verstoße daher auch dann gegen die Norm des § 21 Abs. 1 AMG, wenn der Handelnde über eine Erlaubnis nach § 11 a ApoG verfüge. Dass der Gesetzgeber den Versand von Defektur-Arzneimitteln nicht gewollt habe, ergebe sich eindeutig aus der Gesetzeshistorie: Der ursprüngliche Wortlaut des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG "... und zur Abgabe in dieser Apotheke bestimmt sind" sei durch das 14. AMG-Änderungsgesetz vom 29. August 2005 ausweislich der Gesetzesbegründung (Anlage K 9) allein deshalb durch die Formulierung "... und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind" ersetzt worden, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Filialverbot für Apotheken gefallen war (§ 1 Abs. 2 ApoG); defekturmäßig in der Hauptapotheke hergestellte Medikamente sollen nunmehr auch an die Filialen abgegeben werden dürfen. Den Versand solcher Arzneimittel zu ermöglichen sei hingegen nicht Intention des Gesetzgebers gewesen. Wäre dies gewollt gewesen, hätte es genügt, das Tatbestandsmerkmal der Bestimmung zur Abgabe "in dieser Apotheke" ersatzlos zu streichen.

Darüber hinaus habe das Landgericht – in Abweichung von den überzeugenden Darlegungen des OLG Hamburg in dessen Entscheidung vom 11. Oktober 2007, Az. 3 U 127/06 – verkannt, dass § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG die Abgabe von Defektur-Arzneimitteln nur "im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs", d. h. ausschließlich im üblichen – nämlich im herkömmlichen – Einzugs- und Versorgungsbereich der Apotheke gestatte. Wie auch der aktuellen Kommentarliteratur (vgl. Anlage K 10) zu entnehmen sei, solle mit dieser räumlichen Beschränkung die Streuung eines (bei Defektur-Mitteln zumindest potentiell erhöhten) Risikos vermieden werden. Soweit das Landgericht zur Begründung seiner irrigen gegenteiligen Rechtsansicht auf den Gesetzeswortlaut Bezug nehme, der lediglich von der " Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" spreche, habe es sich den Blick auf den unlösbaren funktionalen Zusammenhang zwischen Herstellung und Vertrieb – jede Herstellung erfolge zu dem alleinigen Zweck der späteren Abgabe – verstellt. Für das klägerseits vorgetragene Verständnis sprächen Sinn und Zweck des Gesetzes auch insofern, als die Mengenbegrenzung (Herstellung von maximal 100 abgabefertigen Packungen pro Tag) nur die Versorgung eines beschränkten Einzugsgebiets erlaube. Zudem sei auch der Hintergrund der Regelung zu sehen: Die Ausnahmevorschrift des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG sei allein geschaffen worden, um es (Krankenhaus-) Ärzten zu ermöglichen, im Handel nicht erhältliche (und mangels Zulassung nicht verkehrsfähige) Rezeptur-Medikamente verabreichen zu können. Zu bedenken sei auch, dass serienmäßig hergestellte Arzneimittel im Interesse des Patientenschutzes gerade auch deshalb grundsätzlich einer – nur nach einem aufwendigen Verfahren zu erlangenden – Zulassung bedürften, da sie nicht nur in einem begrenzten Raum, sondern bundesweit vertrieben werden. Bei Defektur-Arzneimitteln werde dieses aufwendige Procedere allein deshalb als entbehrlich erachtet, weil die Ausnahmeregelung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG nur für jeweils regional begrenzte Gebiete, nämlich bezogen auf den üblichen Einzugsbereich einer Apotheke, Geltung beanspruche. Die strikte Einhaltung einer regionalen Begrenzung könne auch nicht durch eine Versanderlaubnis nach § 11 a ApoG, die sich allein auf zugelassene Arzneimittel beziehe, aufgehoben werden. Lediglich ergänzend sei anzumerken, dass der Beklagte das streitgegenständliche Mittel entgegen den Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG nicht etwa erst aufgrund nachweislich häufiger ärztlicher Verordnung herstelle, sondern auch unaufgefordert Angebote an Ärzte verschicke. Dementsprechend werde die Rezeptur nicht vom bestellenden Arzt vorgegeben. Im Übrigen sei ihr, der Klägerin, nicht bekannt, ob, wie § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG dies verlangt, die Herstellung der streitgegenständlichen Fl-Einmalglasspritzen in den wesentlichen Schritten in der Apotheke des Beklagten erfolge.

Hinsichtlich der rein vorsorglich formulierten Hilfsanträge sei festzuhalten, dass diese – ggf. als Minus – ohnehin im Hauptantrag enthalten seien. Soweit das Landgericht ein implizit bereits erstinstanzlich begehrtes Verbot der Abgabe "außerhalb des Versorgungsbereichs der Stadt Kiel" mangels Bestimmtheit für unzulässig halte, könne dem nicht gefolgt werden. Denn die Stadtgrenze sei eindeutig festgelegt.

Die Klägerin beantragt ,

den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 31. Januar 2008 zu verurteilen,

(a) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000.–, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr auf Basis des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG – also ohne arzneimittelrechtliche Zulassung – hergestellte Fl 10% Einmal-Glasspritzen außerhalb der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis im Versandhandel zu vertreiben

bzw. insoweit hilfsweise

(b) ... im geschäftlichen Verkehr auf Basis des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG – also ohne arzneimittelrechtliche Zulassung – hergestellte Fl 10% Einmal-Glasspritzen außerhalb der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis im Versandhandel an Ärzte zu vertreiben;

hilfsweise

(c) ... im geschäftlichen Verkehr auf Basis des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG – also ohne arzneimittelrechtliche Zulassung – hergestellte Fl 10% Einmal-Glasspritzen außerhalb des Versorgungsbereiches der Stadt Kiel ohne Zulassung gemäß § 21 Abs. 1 AMG in den Verkehr zu bringen

bzw. insoweit hilfsweise

(d) ... im geschäftlichen Verkehr auf Basis des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG – also ohne arzneimittelrechtliche Zulassung – hergestellte Fl 10% Einmal-Glasspritzen außerhalb des Versorgungsbereichs der Stadt Kiel ohne Zulassung gemäß § 21 Abs. 1 AMG an Ärzte in den Verkehr zu bringen;

höchst hilfsweise

(e) ... im geschäftlichen Verkehr auf Basis des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG – also ohne arzneimittelrechtliche Zulassung – hergestellte Fl 10% Einmal-Glasspritzen außerhalb der Stadt Kiel ohne Zulassung gemäß § 21 Abs. 1 AMG in den Verkehr zu bringen

bzw. insoweit hilfsweise

(f) ... im geschäftlichen Verkehr auf Basis des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG – also ohne arzneimittelrechtliche Zulassung – hergestellte Fl 10% Einmal-Glasspritzen außerhalb der Stadt Kiel ohne Zulassung gemäß § 21 Abs. 1 AMG an Ärzte in den Verkehr zu bringen,

vorsorglich

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Gesetzesauslegung als semantisch, systematisch und teleologisch zutreffend und betont ergänzend, für das vom Landgericht gewonnene Verständnis spreche zusätzlich der Gesichtspunkt einer einheitlichen Auslegung des Begriffs "üblicher Apothekenbetrieb", hätten doch auch verschiedene Verwaltungsgerichte (VG Regensburg, Beschluss vom 21.04.2004, RO 5 S 04.646; OVG Niedersachsen, Urteil vom 16.05.2006, 11 LC 265/05) im Kontext des § 13 Abs. 2 Nr. 1 AMG befunden, dass unter das Tatbestandsmerkmal alle gesetzlich erlaubten Verhaltensweisen zu subsumieren seien. Der klägerseits unter Rekurs auf veraltete Kommentarliteratur als Argument gegen einen Versand angeführten Risikostreuung werde nicht nur durch die in § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG vorausgesetzte Mengenbegrenzung (Herstellung von maximal einhundert abgabefertige Packungen pro Tag) entgegengewirkt, sondern insbesondere durch die in § 11 a ApoG normierten umfangreichen Informationspflichten. Überdies stehe die Ansicht der Klägerin nicht mit der Pflicht des Apothekers nach § 11 a Nr. 3 lit. a, b ApoG in Einklang, binnen zweier Tage alle bestellten Arzneimittel zu liefern, sofern sie (wie defekturmäßig hergestellte Medikamente) im Geltungsbereich des AMG überhaupt in Verkehr gebracht werden dürfen (und verfügbar sind). Ergänzend sei anzumerken, dass das Gesetz die Defekturherstellung keineswegs auf Arzneien beschränke, für die keine zugelassenen Pharmazeutika auf dem Markt sind. Das Gegenteil behaupte die Klägerin ohne jede Begründung. Das Tatbestandsmerkmal der Herstellung "im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" scheide aus dem Anwendungsbereich des Defekturprivilegs vielmehr spezifisch die in industriellem Maßstab durchgeführte Fertigung aus.

Wegen das Parteivorbringens im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, des Weiteren auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02. Juli 2009 Bezug genommen.

II.

26Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§§ 519 Abs. 1, Abs. 2; 517 ZPO) und begründete (§ 520 Abs. 3 Satz 2; Abs. 2 Satz 1, 3 ZPO) Berufung der Klagepartei bleibt in der Sache – auch in der Fassung der Hilfsanträge – ohne Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht den Versand der defekturmäßig hergestellten Fl-10%-Einmalglasspritzen nicht wegen eines Verstoßes gegen die das Marktverhalten regelnde Vorschrift des § 21 AMG als wettbewerbswidrig gemäß § 4 Nr. 11 UWG erachtet. Zur Begründung nimmt der Senat zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug, denen er sich anschließt. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind folgende Ergänzungen veranlasst:

1. Mit dem Landgericht versteht der Senat das Begehren der Klägerin dahingehend, dass sie primär die Frage geklärt sehen will, ob und ggf. in welchem räumlichen Bereich der Beklagte die von ihm defekturmäßig hergestellten Medikamente (§ 8 ApBetrO) im Versandwege vertreiben darf. Nicht Streitgegenstand sind dagegen die auch von der Klägerin nicht vertieft erörterten Gesichtspunkte, ob die Herstellung der Fl-Einmalglasspritzen beim Beklagten tatsächlich in den wesentlichen Schritten in der Apotheke erfolgt bzw. ob sie (angesichts der behaupteten unaufgeforderten Versendung von Angebotslisten an Ärzte) "auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher Verschreibung" erfolgt.

2. Dem Hauptantrag (a) kann, wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, bereits deshalb nicht in vollem Umfang stattgegeben werden, weil es für einen Versand der in Rede stehenden Einmalglasspritzen an andere Abnehmer als an Ärzte an der für einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG erforderlichen Wiederholungsgefahr fehlt: Dass der Beklagte das Mittel im Wege der Versendung an andere Personen abgegeben hätte, ist weder klägerseits dargetan noch sonst naheliegend – zumal das Fl nach den unangefochtenen Feststellungen des Erstgerichts ausschließlich im Rahmen einer vom (Augen-)Arzt zu diagnostischen Zwecken, nämlich zur Erkennung von Störungen der Hämodynamik, von Läsionen des Kapillarbetts und von vaskulär bedingten Netzhautschädigungen, durchzuführenden Fluoreszenzangiographie injiziert wird. Mangels entsprechenden vorangegangenen Verstoßes ist mithin ein Anknüpfungspunkt für die Vermutung gleichartigen Verhaltens in der Zukunft nicht gegeben. Auch auf den Gesichtspunkt einer Erstbegehungsgefahr (§ 8 Abs. 1 Satz 2 UWG) kann die Klägerin ihr Begehren insoweit nicht stützen. Denn tatsächliche Umstände, denen zu entnehmen wäre, dass ein Versand an andere Abnehmer als an Ärzte konkret drohe, hat sie ebenfalls nicht vorgetragen. Damit kommt insoweit ein Verbot bereits mangels Erstbegehungs- bzw. Wiederholungsgefahr nicht in Betracht.

2. Auch in der (im Hauptantrag (a) als Minus enthaltenen) Fassung des Hilfsantrags (b) kann dem Begehren der Klägerin nicht entsprochen werden.

30Wie bereits das Landgericht zutreffend und unter ausführlicher Erörterung der klägerseits vorgebrachten Argumente dargelegt hat, steht der Klägerin als Mitbewerberin (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG) des Beklagten im Bereich des Vertriebs von Arzneimitteln ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1, § 3, § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 21 Abs. 1 AMG nicht zu. Denn der Versand von Fl 10%-Einmalglasspritzen verstößt nicht gegen die markverhaltensregelnde Vorschrift des § 21 Abs. 1 AMG: Ungeachtet des Umstands, dass § 21 AMG nicht etwa bestimmte Formen des Vertriebs von Fertigarzneimitteln (wie z. B. den Versand) regelt, sondern deren Inverkehrbringen generell an im einzelnen genannte Voraussetzungen knüpft, ist jedenfalls auch die defekturmäßige Herstellung eines Fertigarzneimittels zum Zwecke des Versands von der Ausnahmeregelung gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG gedeckt, sofern der Apotheker – wie im Streitfall der Beklagte – über eine Erlaubnis nach § 11 a ApoG verfügt.

a. Nach § 21 Abs. 1 S. 1 AMG dürfen Fertigarzneimittel (d. h. solche, die – im Gegensatz zu einem sog. Rezepturarzneimittel, welches im Einzelfall auf ärztliche Verordnung hin für einen Patienten in der Apotheke hergestellt wird – im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Verpackung in Verkehr gebracht werden, vgl. § 4 Abs. 1 AMG) im Geltungsbereich des Gesetzes grundsätzlich nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Behörde zugelassen sind (bzw. wenn eine gemeinschaftsrechtliche Genehmigung für das Inverkehrbringen vorliegt). Von der Zulassungspflicht nach Absatz 1 ausgenommen sind – neben sog. Rezepturarzneimitteln, die im Einzelfall aufgrund ärztlicher Verordnung spezifisch für den Patienten hergestellt werden, § 7 ApBetrV, und daher keine Fertigarzneimittel darstellen, mithin nicht in den Anwendungsbereich des § 21 Abs. 1 AMG fallen – gemäß der Ausnahmevorschrift des Absatzes 2 Nr. 1 solche Humanarzneimittel, die (aufgrund nachweislich häufiger Verschreibung) in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs produziert werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind (sog. verlängerte Rezeptur oder Defektur, § 8 ApBetrO). Mit dieser Regelung ermöglicht es der Gesetzgeber dem Apotheker, dass häufig verordnete Rezepturen nicht jeweils im Einzelfall angefertigt werden müssen, sondern, in mehrfacher Menge der Einzelrezeptur, im Voraus in abgabefertigen Packungen (d. h. als Fertigarzneimittel) hergestellt werden können, um so durch eine zuverlässigere Dosierung und Durchmischung der einzelnen Bestandteile potentielle Fehlerquellen der Einzelherstellung zu minimieren und die Präzision der Wirkstoffverteilung in der Einzeldosis im Interesse der Patientensicherheit zu erhöhen. Dementsprechend wollte der Gesetzgeber mit § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG solche Fertigarzneimittel von der Zulassung freistellen, die im Wesentlichen in der Apotheke selbst produziert werden. Nicht von der Zulassungsfreiheit umfasst sind hingegen Fertigarzneimittel, die durch einen industriellen Hersteller produziert werden (vgl. Begr. des RegE zum 4. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes, BT-Drs. 11/5373, S. 13, zitiert nach BGH GRUR 2005, 778, 779 – Atemtest).

b. Die Erwägung der Klägerin, wonach der Versand von Defektur-Arzneimitteln nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 21 Abs. 1 AMG spezifisch aus dem Grunde als wettbewerbswidrig zu qualifizieren sei, weil die Herstellung zum Zwecke des Versands insofern nicht von der Ausnahmeregelung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG erfasst sei, als diese nur die Vorab-Produktion zum Zweck der Abgabe "im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis" erfasse – ein Tatbestandsmerkmal, welches nur auf die Erlaubnis nach §§ 1 Abs. 2; 2 ApoG rekurriere, kann ihrem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen. Denn sie legt dieser Argumentation eine Auslegung des genannten Tatbestandsmerkmals "im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis" zugrunde, welche nach Ansicht des Senats weder mit dem Wortlaut noch mit der Systematik des Gesetzes oder mit seiner Entstehungsgeschichte vereinbar ist. Auch eine teleologische Reduktion im Sinne der Klägerin ist nach Sinn und Zweck des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG nicht veranlasst:

Wenn der Gesetzgeber in § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG die Bestimmung der vom Apotheker defekturmäßig produzierten Medikamente zur "Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis" verlangt, um das Inverkehrbringen von der Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 1 AMG freizustellen, nimmt er damit, wie auch die Klägerin nicht in Abrede stellte, auf die Normen des ApoG Bezug. Dieses sieht nicht nur mit § 1 Abs. 2; § 2 einen Erlaubnistatbestand zum Betrieb einer Apotheke mit bis zu drei Filialapotheken vor, sondern regelt darüber hinaus auch in § 11 a die (dem Inhaber einer Erlaubnis nach § 2 ApoG unter bestimmten Kautelen zu erteilende) Erlaubnis zum Versand von Arzneimitteln. Schon mit Rücksicht auf die Verwendung derselben Begrifflichkeit erschließt sich dem Senat nicht, dass der Gesetzgeber in § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG ausschließlich auf die allgemeine Erlaubnis nach § 2 ApoG rekurriert habe, nicht hingegen auf die spezielle zum Versand von Arzneimitteln. Vielmehr verdeutlicht gerade die Betonung der "bestehenden" Betriebserlaubnis in § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG, dass der Apotheker im Umfang des ihm (nach der Novellierung des ApoG durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl. I S. 2190, 2253, zum 01.01.2004, mit welcher sowohl das Filialverbot gefallen wie auch die Möglichkeit des Versandhandels eingeführt wurde) jeweils behördlich gestatteten Apothekenbetriebs agieren kann, d. h. die defekturmäßig hergestellten Arzneimittel sowohl stationär in seiner Apotheke bzw. der Haupt- und den Filialapotheken abgeben kann wie auch (sofern er über eine entsprechende Erlaubnis verfügt) im Wege des Versands. Eine Einschränkung auf die Bestimmung der Defekturarzneien zur stationären Abgabe lässt sich mithin dem Wortlaut der Vorschrift gerade nicht entnehmen. Hätte der Gesetzgeber eine solche Einschränkung gewollt, hätte es nahegelegen, im Zuge des 14. AMG-Änderungsgesetzes, das die frühere Fassung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG ("und zur Abgabe in dieser Apotheke bestimmt sind") durch die nunmehrige Formulierung ersetzt hat, nicht auf die "bestehende Apothekenbetriebserlaubnis" Bezug zu nehmen, sondern explizit allein auf die Erlaubnis nach § 2 ApoG. Soweit in der amtlichen Begründung (BT-Drucks. 15/5316, abgedruckt bei Cloesel/Cyran, AMG) als Motivation für die Änderung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG lediglich die Variante der Abgabe an Filialapotheken erwähnt wird, lässt sich dem nichts Gegenteiliges entnehmen – zumal die Defekturmittel (wohl regelmäßig im Wege des Versands) auch an die (soweit ersichtlich nicht notwendig im räumlichen Umfeld der Hauptapotheke belegenen) Filialen übermittelt werden müssen, um von dort an Kunden abgegeben zu werden. Wenn die Klägerin dagegen anführt, bei den von der Norm des § 11 a ApoG allein erfassten apothekenpflichtige Arzneimitteln i. S. d. § 43 AMG handele es sich ausschließlich um zulassungspflichtige Präparate, wie sich aus der Systematik des AMG – dessen Siebter Abschnitt, §§ 43 ff., nur solche betreffe – ergebe, nicht dagegen um defekturmäßig hergestellte und daher nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG von der Zulassungspflicht befreite Medikamente, greift diese Erwägung nicht durch. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, bestätigt die Norm vielmehr die Rechtsauffassung des Senats, wenn dort ausdrücklich angeführt ist, dass apothekenpflichtige Arzneimittel i. S. d. § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AMG generell und unabhängig von der Herstellungsart (industriell, als Rezeptur oder als Defektur) – mithin auch Defekturmittel – nicht ohne eine Erlaubnis nach § 11 a ApoG im Wege des Versands in den Verkehr gebracht werden dürfen. Eine Einschränkung dahingehend, dass defekturmäßig hergestellte Präparate nach dem Willen des Gesetzgebers vom Versandvertrieb ausgenommen sein sollten, sieht die Vorschrift des § 43 AMG gerade nicht vor. Soweit die Klägerin anführt, dass Defekturpräparate weder in § 11 a ApoG noch in § 43 AMG ausdrücklich erwähnt seien und hieraus schließt, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Normen fielen, verkennt sie, dass der Gesetzgeber mit der generellen Bezugnahme auf Arzneimittel i. S. d. § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AMG gerade von einer Differenzierung nach der Herstellungsart abgesehen hat, mithin die entsprechenden Regelungen für alle Produktionsweisen Geltung beanspruchen.

Stehen demnach nach Wortlaut und Systematik der Ausnahmevorschrift des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG einer Herstellung von Defekturarzneimitteln zum Zwecke der Abgabe im Versandwege nicht entgegen, erlaubt auch die klägerseits weiter angeführte Erwägung, wonach das weitere Tatbestandsmerkmal der "Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" auf die Auslegung des Merkmals der Bestimmung der Medikamente zur "Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis" ausstrahle, keine abweichende Beurteilung: Wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Atemtest" (GRUR 2005, 778) ausgeführt hat, grenzt dieses Merkmal allein den tatsächlichen Umstand einer "handwerklichen" Produktion von Fertigarzneimitteln von einer industriellen Fertigung ab, besagt hingegen nichts zur Reichweite der – rechtlich, nämlich nach den Vorschriften des ApoG zu bestimmenden – "bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis". Der gegenteiligen Auffassung des OLG Hamburg in seiner Entscheidung Az. 3 U 127/06, wonach ein empirisches Moment im Sinne der Herkömmlichkeit, des bislang Üblichen, auch in die Auslegung des letztgenannten Elements einfließen müsse bzw. wonach mit der Formulierung "Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" auch zum Ausdruck gebracht werde, dass die Produktion nur für ein regional begrenztes Gebiet, nämlich für den üblichen Versorgungs- und Einzugsbereich einer Apotheke gelte, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Insbesondere greift der Gesichtspunkt, wonach Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG – nämlich die Gefahr einer breiten Streuung potentiell risikobelasteter Arzneimittel überschaubar und einschätzbar zu halten – es geböten, die Abnehmerschaft für Defekturmittel räumlich einzugrenzen, nicht durch. Denn dieser Gefahr trägt der Gesetzgeber durch die mengenmäßige Beschränkung der zulässigen Produktion auf 100 abgabefertige Packungen pro Tag Rechnung. Eine räumliche Begrenzung des zulässigen Vertriebsbereichs lässt sich hieraus nicht herleiten. Im Übrigen mutete die Erwägung, der Gesetzgeber habe nur jeweils (nicht am Ort der Apotheke lebende) auswärtige Patienten vor den möglichen Gefahren der in einer Apotheke hergestellten Defekturarzneien schützen wollen, ortsansässige hingegen diesen Risiken bedenkenlos ausgesetzt, eher befremdlich an. Denn eine solche Abstufung des Schutzes der Rechtsgüter Leben und Gesundheit nach dem Wohn- oder Aufenthaltsort des jeweiligen Rechtsträgers wäre mit Art. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 2 GG schlechterdings nicht vereinbar. Die Argumentation lässt überdies unberücksichtigt, dass – wie das Landgericht dargelegt hat – die defekturmäßige Herstellung ihrerseits die Risiken der Rezepturherstellung mindert, indem die Verarbeitung größerer Mengen der jeweiligen Substanzen eine bessere Durchmischung der Wirkstoffe erlaubt als die Anfertigung von Einzeldosen, wie dies bei der Rezeptur der Fall ist. Im Übrigen sieht sich der Senat in seiner Auffassung auch durch den Umstand bestärkt, dass Rezepturen (insofern keine Fertigarzneimittel) nicht der Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 1 AMG unterliegen und daher – auch unter Zugrundelegung des Gedankengangs der Klägerin – eo ipso keinem Versandverbot unterfallen.

Wenn aber das Produkt einer potentiell risikoreicheren Herstellungsweise im Wege des Versands abgegeben werden darf, ist eine sachliche Rechtfertigung dafür, zuverlässiger produzierte und damit gefahrlosere Defekturpräparate von dieser Vertriebsart auszunehmen, nicht ersichtlich. Diese Erwägungen zugrunde gelegt ist demnach auch eine teleologische Reduktion der Norm des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG auf Defekturmittel, die ausschließlich zum Zweck der stationären Abgabe hergestellt werden, nicht veranlasst – mit der Folge, dass es bei der festgestellten Rechtmäßigkeit des vom Beklagten vorgenommenen Versandvertriebs der Fl 10%-Einmalglasspritzen sein Bewenden hat, so dass der Klägerin – mangels Verstoßes des Beklagten gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 21 AMG – der im Berufungsverfahren mit dem Hauptantrag in der Fassung des Antrags (b) weiterverfolgte Unterlassungsanspruch nicht zusteht.

3. In der Fassung der erstmals im Berufungsrechtszug (im Hinblick auf das begehrte Verbot eines Inverkehrbringens klageerweiternd) gestellten Hilfsanträge (c) bis (f) ist dem Rechtsmittel der Klägerin ebenfalls kein Erfolg beschieden.

a. Zwar begegnet die Zulässigkeit der an § 533 ZPO zu messenden Klageänderung, die der Senat für sachdienlich hält, keinen Bedenken, da andere Tatsachen als diejenigen, welche ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen sind, für die Entscheidung nicht herangezogen werden müssen.

b. Die Hilfsanträge nach Fassung (c) und (d) sind mangels Bestimmtheit, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, unzulässig. Denn welche räumliche Erstreckung der "Versorgungsbereich der Stadt Kiel" aufweist, lässt sich weder den Ausführungen der Klägerin entnehmen noch sonst feststellen. Dementsprechend bliebe unklar, auf welchen geographischen Bereich sich ein entsprechendes Verbot erstreckt, die Auslegung der Reichweite des nach diesen Anträgen begehrten Titels würde mithin unzulässigerweise in das Vollstreckungsverfahren verlagert (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 253 Rdnr. 13 b). Wenn die Klägerin zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht den "Versorgungsbereich der Stadt Kiel" mit den geographischen Grenzen der Stadt Kiel, die eindeutig festgelegt seien, gleichsetzen möchte, steht dies nicht im Einklang mit der Fassung ihrer Hilfsanträge (e) und (f), nach welchen sie – als Minus gegenüber den Anträgen (c) und (d) – ein auf die Stadt Kiel beschränktes selbständiges Verbot begehrt. Wollte man ihrem Ansatz folgen, wären die (dann mit den Anträgen (c) und (d) identischen) Anträge (e) und (f) bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit als unzulässig abzuweisen.

c. Auch hinsichtlich der mit Anträgen (e) und (f) begehrten Verbotsvarianten dringt die Klägerin nicht durch. Insbesondere ist weder klägerseits dargetan noch sonst ersichtlich, welche vom Versand zu unterscheidenden anderen Formen des potentiell unerlaubten Vertriebs von Defekturarzneien (die stationäre Abgabe wird auch von der Klägerin nicht beanstandet) die Klägerin außerhalb der Stadt Kiel verboten wissen will. Soweit die Anträge mithin auf Versand an außerhalb Kiels lebende Abnehmer gerichtet sind, wäre der Streitgegenstand bereits in dem jeweils von Anträgen (a) und (b) erfassten enthalten, die Hilfsanträge (e) und (f) mithin wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Selbst wenn man diese Auslegung der Anträge nicht teilen wollte, könnte zur materiellen Rechtslage insoweit in vollem Umfang auf die obigen Ausführungen (II. 2.) Bezug genommen werden. Soweit die Hilfsanträge (e) und (f) auf andere, nicht näher ausgeführte ambulante Vertriebsformen abstellen, ist nicht dargetan, dass der Beklagte durch sein Verhalten eine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr begründet hätte. Damit scheidet ein Unterlassungsanspruch auch insoweit aus.

4. Kann dem Begehren der Klägerin mithin auch in den im Berufungsverfahren hilfsweise gestellten Fassungen nicht entsprochen werden, hat sie nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Der Ausspruch über die Vollstreckbarkeit entspricht §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Im Hinblick auf die von dem der Entscheidung des OLG Hamburg, Az. 3 U 127/06 zugrunde gelegten Verständnis abweichende Auslegung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG war nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen.