LG Bayreuth, Urteil vom 15.07.2009 - 13 KH O 33/09
Fundstelle
openJur 2012, 102063
  • Rkr:
Tenor

I. Die mit Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 15. Mai 2009 erlassene einstweilige Verfügung (Az.: 13 KH O 33/09) wird bestätigt.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand

Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein. Zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben gehört die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere der Regeln eines lauteren Wettbewerbs. Ihm gehört der ... an. Zu diesem gehören 11 Landesverbände. Der Antragsgegner vertreibt als ... Gebietsleiter sogenannte ...-Geräte zum Zwecke der Trockenlegung feuchter Gebäudemauern.

Der Antragsgegner wirbt unter Internet-Domäne ... für das ...gerät (Anlage A 2). Mit diesem soll "ohne Chemie, ohne Schneiden – aber vor allem ohne Strom" altes, feuchtes Mauerwerk trockengelegt werden können (Anlage A 2, Seite 2). Die Wirkungsweise des Gerätes wird wie folgt beschrieben (Anlage 2, Seite 1):

"Bei diesem umweltfreundlichen System wird das Mauerwerk weder Durchschnitten noch chemisch injeziert, es wird kein Fremdstrom verwendet. Im Gebäude wird ein Aggregat installiert, welches die aufsteigende Feuchtigkeit in den Mauern über bestimmte und in der Natur vorkommende Schwingungen beseitigt. Das ... System besteht aus einem Empfangsteil und einem Sendeteil. Der Empfangsteil empfängt ein natürliches-geoener-getisches Kraftfeld. Diese angesaugte Bodenenergie wird im Sendeteil speziell umgewandelt und in den Wirkraum abgegeben. Zusätzlich fließt von oben Raumenergie ein und verstärkt das Gerät in seiner Wirkung, indem es die Stärke des abgegebenen Wirkfeldes erhöht. Im physikalischem Sinne ist es ein neuartiger Generator."

In seiner Werbung garantiert der Antragsgegner die Wirksamkeit des Gerätes. Es sei bewiesen, dass ... gerade für die Trockenlegung denkmalgeschützter Häuser optimal geeignet sei.

Der Antragssteller hält die Werbung des Antragsgegners für irreführend. Er hat ihn daher mit Schreiben vom 27. April 2009 zu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert (Anlage A 3). Der Antragsgegner gab mit Schreiben vom 05. Mai 2009 eine eingeschränkte Unterlassungserklärung ab (Anlage A 4), die nach Ansicht des Antragsstellers nicht ausreichend ist. Aufgrund des Antrags des Antragstellers vom 15. März 2009 erließ das Landgericht Bayreuth am 15. Mai 2009 ohne Anhörung des Antragsgegners folgenden Beschluss im einstweiligen Verfügungsverfahrens:

I. Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt,

im geschäftlichen Verkehr für das Gerät ... mit einer mauerentfeuchtenden Wirkung zu werben, insbesondere zu werben:

a. "... das Umweltfreundlichste System für dauerhaft trockene Mauern",

b. "Meist ausgezeichnetes Trockenlegungsverfahren ...",

c. "Im Gebäude wird ein Aggregat installiert, welches die aufsteigende Feuchtigkeit in den Mauern über bestimmte und in der Natur vorkommende Schwingungen beseitigt. Das ... System besteht aus einem Empfangsteil und einem Sendeteil. Der Empfangsteil empfängt ein natürliches-geoener-getisches Kraftfeld. Diese angesaugte Bodenenergie wird im Sendeteil speziell umgewandelt und in den Wirkraum abgegeben. Zusätzlich fließt von oben Raumenergie ein und verstärkt das Gerät in seiner Wirkung, indem es die Stärke des abgegebenen Wirkfeldes erhöht. Im physikalischen Sinne ist es ein neuartiger Generator",

d. mit der Abbildung:

e. ... erhielt in Polen 'Grand Prix' für Denkmalpflege 7. Nov. 2006 – "Die Tatsache, dass die polnische Jury für Denkmalpflege unsere Technologie zur sauberen und umweltfreundlichen Trockenlegung von feuchten Mauern mit dem 'Grand Prix' der 11. Fachmesse für Denkmalpflege ausgezeichnet hat, beweist einmal mehr, dass das ... System gerade für denkmalgeschützte Objekte sich optimal eignet, erklärt ... der Erfinder der ... Methode",

f. "Die ... Methode siegte im Punkto Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Das ... des renommierten Baumeisters ... auch ... genannt, konnte ohne auch nur einen einzigen zusätzlichen Schließtag erfolgreich trocken gelegt werden",

g. "Die ... entwickelten und patentierten Aggregate legen ohne Chemie, ohne Schneiden – aber vor allem ohne Strom – alte feuchte Gebäude trocken.",

h. "Mit der ... Technologie ist es einmal mehr gelungen, einen erhaltenswerten Bauernhof von Mauerfeuchte zu befreien und so vor dem Verfall zu retten",

i. "einzigartige Methode zur umweltfreundlichen Mauertrockenlegung",

j. "Trockenlegungs und Haltungs Garantie",

k. "Geld-zurück-Garantie",

l. "20 Jahre Trockenlegungsgarantie",

m. "Definition Austrocknungsindikatoren:

Das sind vor allem im ersten Jahr verschiedene mögliche Anzeichen im Objekt, die einen kapillaren Austrocknungsprozess anzeigen

Optisch:

Sichtbare Aufhellung, teilweise oder ganz (bei geringer oberflächiger Salzbelastung)

Feuchtefleckenbildung durch vermehrte Salzeinwanderung (vor allem im oberen Bereich der Mauer = Verdunstung)

Vermehrte Salzaustritte vor allem im oberen Verdunstungsbereich

Minimales Ansteigen des Feuchtespiegels am Anstrich bzw. Feinputz (1-3 cm bei stärkerer, oft unsichtbarer Salzbelastung)

Mineralische Anstriche (z. B. Kalk) lösen sich im oberen Verdunstungsbereich vom Putz.

Organische Anstriche z. B. Dispersion bilden Blasen (Salznester)

Vermehrte Putzabsprengungen durch die Salzkristallisationsdrücke

Entstehung von Austrocknungsschwundrissen am Putz

Tapeten können sich vor Allem im oberen Verdunstungsbereich durch Austrocknung von der Wand lösen und durch die Erhöhung der Salzkonzentration feuchter erscheinen.

Riech- und Tastbar:

Der oft unangenehme Modergeruch hat nachgelassen oder ist komplett verschwunden (von zusätzlichen Fäulniserregern z. B. im alten Holz abhängig) Messbare Austrocknungsindikatoren

Bei stark kapillar durchfeuchteter Mauer ist die Reduzierung der relativen Luftfeuchte im Keller am deutlichsten messbar. Durch die Austrocknung erhöht sich die Wandtemperatur daraus resultieren bessere Wärmedämmung und Einsparung von Heizkosten.

Mineralische Anstriche bröseln beim Berühren leicht ab.

Der Feinputz sandet beim Berühren leicht ab.

Der Putz kann stellenweise hohl klingen",

n. ... Garantieleistungen

Geld – Zurück – Garantie

bei Einhaltung der Techniker Empfehlungen seit 1985 beinhaltet unser Leistungsumfang:

...

– Trockenlegungs- und Haltungsgarantie

– Geld zurück Garantie ...

– 20 Jahre Trockenlegungs- und Haltungsgarantie",

o. mit den Abbildungen und/oder Text:

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 30.000,00 Euro festgesetzt.

Der Antragsgegner hat dagegen mit Schriftsatz vom 25. Mai 2009 Widerspruch erhoben (Bl. 41 d. A.). Er stellt folgenden Antrag:

"... die einstweilige Verfügung des Landgerichts Bayreuth vom 15.05.2009, Az.: 13 KH O 33/09, aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen."

Der Antragsteller hat beantragt,

einstweilige Verfügung des Landgerichts Bayreuth vom 15. Mai 2009 aufrechtzuerhalten.

Das Gericht hat am 15. Juli 2009 über die Anträge der Parteien verhandelt. Auf die bis zu diesem Zeitpunkt gewechselten Schriftschätze der Parteien wird ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Der Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 15. Mai 2009 ist gemäß §§ 936, 925 ZPO zu bestätigen, da er zu Recht ergangen ist. Die Werbung des Antragsgegners ist irreführend (§§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG), da sie die Verbraucher über die Zwecktauglichkeit, die Verwendungsmöglichkeit und die von der Verwendung des Gerätes ... zu erwartenden Ergebnisse täuscht.

1. Der Antragsteller ist aktivlegitimiert. Denn er ist ein Wettbewerbsverband im Sinne des § 13 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 UnterlKlaG. Da der Antragsteller im § 1 Nr. 4 UKlaV aufgeführt ist, wird die Aktivlegitimation des Antragstellers vermutet.

2. Der Antragsteller hat auch ein Rechtschutzbedürfnis. Denn es besteht Wiederholungsgefahr (Hefermehl, UWG, 26. Auflage, § 12 Randnr. 2.15).

553. Die Werbung des Antragsgegners ist irreführend. Entscheidend ist, dass er die Wirksamkeit des Gerätes ... zu beweisen hat, da er diese behauptet und garantiert. Der Ansicht des Antragsgegners, dass der Antragsteller hierfür beweispflichtig sei (Bl. 71 d. A.), folgt das Gericht nicht.

a) Gemäß Artikel 6 a der Irreführungsrichtlinie (2005/29/EG vom 11.05.2005) ist vom Werbenden der Beweis für die Richtigkeit der behaupteten Tatsachen zu verlangen, wenn ein solches Verlangen angemessen erscheint. Bei dieser Abwägung sind die Interessen des Werbenden und der anderen Verfahrensbeteiligten zu berücksichtigen (Hefermehl, a. a. O., § 5 Randnr. 3.22; 1.6).

57b) Der Antragsgegner behauptet für das Gerät ... eine Wirkungsweise jenseits jeglicher physikalischer Gesetze. Denn das Gerät soll – so seine Werbebehauptung – ohne Einsatz von Energie (Strom, Gas etc.) Mauerwerk trockenlegen, indem Raumenergie in das Gerät fließt und dadurch Bodenenergie angesaugt wird. Dies soll zu einer Trockenlegung des Mauerwerkes führen. Die Werbebehauptung wird mit Begriffen aus der Physik ummantelt, um ihr den Anschein der Wissenschaftlichkeit zu geben. Explizit wird in der Werbung behauptet, dass es sich um einen "im physikalischen Sinn" neuartigen Generator handele (siehe Anlage A 2, Blatt 3 – Seite 1 von 1). Ein wissenschaftlich nachprüfbarer Ursache-Wirksamkeits-Nachweis wurde aber nicht geführt. Bei einer derartigen Behauptung haben die Verbraucher ein Interesse daran, dass der Werbende sie auch beweist. Denn es besteht die Gefahr, dass sie wirkungslose nutzlose Geräte kaufen und ihnen im Vertrauen auf deren Wirksamkeit Schäden (evtl. auch Haftungsschäden) entstehen.

c) Soweit der Antragsgegner 143 Messprotokolle vorlegt (Anlage AG 2 – AG 4) sind diese für einen Nachweis nicht geeignet. Diese Messprotokolle wurden durch ... Mitarbeiter erstellt. Im Übrigen ergibt sich aus dem Protokoll nicht, dass die behaupteten Ergebnisse auf den Einsatz des Gerätes zurückzuführen sind, ob die Mauern überhaupt feucht waren und ob sie nicht durch andere Ursachen abgetrocknet sind.

d) Auch die vorlegten "Dokumentationsjournale zu Referenzobjekten" (Bl. 71 d. A., Anlage AG 5 – AG 8 und AG 10 – AG 14) sind kein wissenschaftlicher Beweis. Insofern handelt es sich um Beschreibungen der Firma ... bzw. deren Informationsbroschüren.

e) Auch mit dem Gutachten des ... vom 20. Juni 2003 hat der Antragsgegner den Beweis nicht geführt (Anlage AG 9) ... führt in seiner Stellungnahme selbst aus, dass sich ihm die physikalische Wirkungsweise des Gerätes nicht erschließe. Die Wirkung auf die Mauertrockenlegung sei dennoch nachweisbar. ... übernimmt in seiner Stellungnahme dann die vom Antragsgegner vorgelegten Messwerte um festzustellen, dass ein deutlicher Trockenlegungseffekt an den Messstellen 1 und 4 erkennbar sei (Anlage AG 9, Seite 11 – 13). Dieses Gutachten genügt nicht wissenschaftlichen Anforderungen. Nicht im Ansatz ist bewiesen, dass die behauptete Mauertrocknung auf das Gerät zurückzuführen ist. ... hat selbst keinerlei Werte erhoben, sondern die Messwerte des Antragsgegners übernommen. Da er selbst einräumt, dass er nicht erklären könne, ob die Wirkungsweise des Gerätes widerspruchsfrei und in sich schlüssig ist und dass eine endgültige Antwort auf diese Frage seines Wissens auf der Basis des derzeit als gesichert betrachteten physikalischen Weltbildes nicht möglich sei (siehe Seite 11 des Gutachtens, Anlage AG 9), sind an den vom Antragsgegner zu führenden Beweis hohen Anforderungen zu stellen. Diesen Beweis hat er nicht geführt.

f) Dem Antragsgegner sind auch die werblich benutzten Abbildungen nebst Texten (Ziffer 15 des Antrags) zu untersagen. Denn diese werden im Zusammenhang mit dem geworbenen Gerät ... verwendet. Durch die Texte und Abbildungen soll der Eindruck von Wissenschaftlichkeit erweckt werden, um nicht sachkundige Verbraucher zu überzeugen, obwohl es an einem wissenschaftlichen Wirkungsnachweis des Gerätes fehlt.

4. Ein Verfügungsgrund ergibt sich aus § 12 Abs. 2 UWG.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO; die Entscheidung über den Streitwert (siehe Ziffer III. des Beschlusses vom 15. Mai 2009) aus § 3 ZPO.

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