AG Fürth (Bayern), Urteil vom 07.05.2009 - 340 C 3088/08
Fundstelle
openJur 2012, 100771
  • Rkr:
Tenor

I.

Das Versäumnisurteil des Amtsgericht Fürth vom 9.2.2009 bleibt mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass

a) festgestellt wird, dass durch die Erklärung des Klägers vom 29.7.2008 der zwischen den Parteien am 16.5.2008 geschlossene Vertrag über die Erbringung von DSL-Leistungen zum 31.8.2008 außerordentlich gekündigt wurde.

b) die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von Euro 120,67 nebst Zinsen von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 25.12.2008 zu bezahlen hat.

II.

Im übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

III.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 3/4, der Kläger 1/4. Ausgenommen hiervon sind die Kosten der Säumnis der Beklagten, die diese trägt.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei kann jedoch die Vollstreckung durch die andere durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig Sicherheit leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf Euro 949,74 festgesetzt.

(§§ 48 GKG, 3 ZPO).

Tatbestand

Der Kläger bestellte am 16.5.2008 bei der Beklagten eine ... Doppel-Flat 6000 inklusive Speedoption 16.000 zum Preis von Euro 39,99 pro Monat. Dabei sollte in den ersten drei Monaten die Grundgebühr nicht in Rechnung gestellt werden. Die Vertragslaufzeit sollte 24 Monate betragen.

Unter dem 19.5.2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er benötige vorübergehend für seinen Anschluss noch einen T-Net Anschluss der Deutschen Telekom. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 19.5.2008 Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 30.6.2008 erhielt der Kläger dann die Mitteilung der Beklagten, dass die Freischaltung des DSL-Anschlusses zum 8.7.2008 mit einer Geschwindigkeit von 3072 kbit/s erfolge, was auch geschah. Er fragte daraufhin an, wann denn mit einer Freischaltung der von ihm gewünschten Leistung zu rechnen sei. Daraufhin erklärte die Beklagte, derzeit seine Änderung der zur Verfügung gestellten DSL-Leistung nicht geplant. Daraufhin foch der Kläger die mit der Beklagten getroffene Vereinbarung wegen arglistiger Täuschung an. Hilfsweise erklärte er die außerordentliche Kündigung. Beides wies die Beklagte zurück.

Der Kläger trägt vor, ein seitens der Beklagten im Internet angebotener Verfügbarkeitscheck, den er vor Vertragsabschluss durchgeführt habe, sei zum Ergebnis gekommen, bei ihm sei ein Surfen im Netz mit 16.000 kbit/s möglich. Daraufhin habe er den Vertrag mit der Beklagten geschlossen. Tatsächlich sei er arglistig getäuscht worden. Er habe aufgrund der bestellten Zusatzoption zumindest davon ausgehen können, dass er die nächst höhere Leistungsstufe aus dem Angebot der Beklagten erreiche, was jedoch nicht möglich gewesen sei.

Die Beklagte könne sich auch nicht auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, nach denen lediglich die am Wohnort des Kunden maximal mögliche Bandbreite bereit gestellt werden müsse. Denn dadurch werde er unangemessen benachteiligt. So müsse er die Vergütung für die bestellte Leistung bezahlen, während die Beklagte diese nicht erbringen müsse.

Die Beklagte schulde auch Schadensersatz. Insbesondere habe sie die Kosten des Anschlusses, den die Deutsche Telekom durchgeführt habe, zu übernehmen. Insoweit betrage seine Forderung Euro 109,95.

Der Kläger hat zunächst beantragt:

I.

Es wird festgestellt, dass durch die Erklärung des Klägers vom 29.7.2008 der zwischen den Parteien am 16.5.2008 geschlossene Vertrag über die Erbringung von DSL-Leistungen wirksam angefochten wurde bzw. zum 31.8.08 außerordentlich gekündigt wurde.

II.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 109,95 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 25.12.2008 zu zahlen.

III.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von Euro 155,29 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 25.12.2008 zu zahlen.

Am 9.2.2009 erging, nachdem die Beklagte zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen war antragsgemäß Versäumnisurteil.

Gegen diese, ihr am 12.2.2009 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.2.2009 Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt nunmehr:

Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Fürth vom 9.2.2009 aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt:

Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Fürth vom 9.2.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Fürth. Außerdem trägt sie vor, der Kläger habe bei ihr die ... Doppel-Flat 6.000 bestellt. Diese Leistung habe sie erbracht. Hinsichtlich der Zusatzoption habe es keine Vereinbarung gegeben.

In jedem Fall schulde sie nach ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen lediglich die Surfleistung, die am Wohnsitz des Klägers technisch möglich sei.

Den Telefonanschluss habe der Kläger in jedem Fall freischalten müssen. Dieser habe darüber hinaus Telefon auch genutzt, was letztlich zu Kosten von Euro 73,06 geführt habe.

Das Gericht hat keinen Beweis erhoben.

Es lagen unter anderem vor:

Ausdruck der Bestellung des Klägers vom 16.5.2008 sowie Ausdruck der AGB der Beklagten und Auftrag zur Anschluss- und Rufnummernmitnahme vom 26.6.2008 in Kopie. Außerdem wurde das Schreiben der Beklagten vom 19.5.2008 im Original vorgelegt.

Gründe

I.

Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Fürth vom 9.2.2009 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt gemäß §§ 338, 339, 340 ZPO.

Die Klage ist zulässig. Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Fürth ergibt sich aus §§ 29 ZPO, 23 GVG. So ist Erfüllungsort der seitens der Beklagten geschuldeten Leistung, d. h. hier Zugang zum Internet, der Wohnsitz des Klägers, der im hiesigen Bezirk gelegen ist.

Ein berechtigtes Interesse des Klägers an der mit Ziffer I. beantragten Feststellung ist gegeben.

II.

Die Klage ist zum Teil begründet.

1.

Die Feststellungsklage ist zum Teil begründet. Auf Antrag des Klägers war festzustellen, dass der Vertrag mit der Beklagten durch außerordentliche Kündigung zum 31.8.2008 beendet worden ist.

a) Zwischen den Parteien kam ein Vertrag zustande, nachdem sich die Beklagte verpflichtete, dem Kläger eine Surfgeschwindigkeit gemäß den Bedingungen der angebotenen Doppel-Flat 6.000 sowie eine Speedoption bis zu 16.000 kbit/s zur Verfügung zu stellen. So wurde eine dahingehende Bestellung unstreitig seitens des Klägers aufgegeben. Mit Schreiben vom 19.5.2008 hat die Beklagte dem gegenüber eine modifizierte Abnahmeerklärung abgegeben, wonach zunächst ein Telefonanschluss der Deutschen Telekom geschaltet werden müsse. Diese Erklärung war als neues Angebot zu sehen (§ 150 Abs. 2 BGB), welches der Kläger konkludent angenommen hat, in dem er den Telefonanschluss freischalten ließ und dies der Beklagten mitteilte.

Die Erklärung der Beklagten vom 19.5.2008 konnte nicht dahingehend verstanden werden, dass lediglich eine ... Doppel-Flat 2000 angeboten werden solle. Vielmehr musste der Kläger sie aufgrund seines vorherigen Angebots dahingehend verstehen, dass der von ihm gewünschte gesamte Anschluss, also auch zur Verfügungstellung einer Speed-Option 16.000 seitens der Beklagten angeboten werde, so dass auch diese Vertragsbestandteil geworden ist.

30b) Den Vertrag mit der Beklagten hat der Kläger fristlos gemäß § 626 BGB aus wichtigem Grund gekündigt.

31Unstreitig hat die Beklagte die von ihr versprochene Leistung, nämlich zur Verfügungstellung einer ... Doppel-Flat 6.000 inklusive Speedoption 16.000 nicht erbracht. Sie kann sich hier nicht auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, nach denen sie lediglich die am Wohnort des Kunden maximal mögliche Bandbreite bereit stellen muss, da die dahingehende Klausel gemäß § 308 Ziffer 4 BGB unwirksam ist. So bestehen zwar erkennbar Interessen der Beklagten, die versprochene Leistung zu ändern, nachdem, wie unbestritten vorgetragen wird, erst bei Herstellung des Anschlusses festgestellt werden kann, welche Surfgeschwindigkeit erreichbar ist. Eine Änderung ist aber für den anderen Vertragspartner nicht zumutbar. So hat der Kunde nach der Abrede, wäre sie so getroffen, die vollen Gebühren für die bestellten Leistungen zu bezahlen, ohne dass diese tatsächlich zur Verfügung gestellt werden. Dazu kommt, dass im Hinblick auf die versprochene Leistung auf sonstige Investitionen getätigt werden, die unter Umständen nicht gemacht würden, hätte man gewusst, dass die Beklagte nicht in der Lage ist, die Leistung vertragsgemäß zu erbringen.

Die Pflichtverletzung der Beklagten ist hier auch so erheblich, dass dem Kläger ein Festhalten am Vertrag bis zu dessen Ablauf, hier wären es 24 Monate, nicht zugemutet werden kann.

c) Die Voraussetzungen für die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung sind dagegen nicht gegeben. So ergibt sich aus den nunmehr vorliegenden Unterlagen, dass der Kläger aufgrund der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die ihm ja bekannt sein mussten, nicht getäuscht wurde. Zumindest ist Arglist zu verneinen. Dies gilt auch, wenn die allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam waren.

2.

Aus § 280 BGB schuldet die Beklagte dem Kläger vorgerichtlich entstandene Anwaltskosten aus einem Streitwert von Euro 734,82, hier einen Betrag von Euro 120,67 inklusive Mehrwertsteuer.

a) Aufgrund der Pflichtverletzung der Beklagten war der Kläger berechtigt, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die daraus entstehenden Kosten stellen somit einen kausalen und adäquaten Schaden dar.

Dass sie hier ausnahmsweise kein Verschulden an der Pflichtverletzung trägt, hat die Beklagte nicht ausreichend dargelegt. So hat sie, auch wenn sie, ausgehend von ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen, annahm, lediglich die technisch möglichen Leistungen zu schulden, dennoch fahrlässig gehandelt, da sie hätte erkennen können und müssen, dass die allgemeinen Geschäftsbedingungen insoweit unwirksam sind und in jedem Fall die versprochene Leistung geschuldet ist.

b) Für die Abrechnung war jedoch lediglich ein Streitwert in Höhe von Euro 734,82 zugrunde zu legen. So endete zum einen das Vertragsverhältnis, wie oben bereits ausgeführt, erst zum 31.8.2008 und war nicht bereits wegen arglistiger Täuschung nichtig. Zum anderen schuldet die Beklagte dem Kläger die Erstattung der Kosten für einen Telefonanschluss nicht. So ist insoweit nämlich der Eintritt eines Schadens zu verneinen. Der Kläger hatte immerhin die Möglichkeit aufgrund des Telefonanschlusses kostenlos aufgrund der mit der Beklagten vereinbarten Flatrate zu telefonieren. Die entstandenen Aufwendungen sind damit kompensiert.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 344 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Zitate0
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte